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RICHARD WAGNER

"Parsifal" in der Philharmonie: Eine erschöpfende Lust


Berliner Morgenpost
Sonntag, 10. April 2011 04:02  - Von Klaus Geitel

Es geht auch anders, aber so geht es auch - und zudem großartig und musikalisch kaum noch zu überbieten.

Das Rundfunk-Sinfonieorchester unter Marek Janowski will sich in diesem und


den beiden kommenden Jahren zu einem Berliner Bayreuth hochmausern und
zehn Opern Richard Wagners konzertant aufführen: in erstklassiger
Sängerbesetzung, zu Höchstpreisen (bis 189 Euro), ohne aufdringliche
Dreinsprache jeder Regie, jeden Bühnenbilds. Zehnmal Wagner konzertant, so
lautet die herausfordernde Devise. Beim zweiten Anlauf in der noch nicht ganz
ausverkauften Philharmonie stand "Parsifal" auf dem Programm und
rechtfertigte glänzend das ganze, leicht ausgeflippt wirkende Unternehmen. Die
Radioübertragung am 16. April um 18.05 Uhr (in Berlin auf 89,6 MHz) dürfte ihre
Zuhörer fraglos von ihrer Qualität überzeugen und Appetit auf die
Fortsetzungen machen.

Es war wirklich inzwischen an der Zeit, den immer mutwilligeren


Inszenierungen, nicht einzig von Wagners Werken, in die Zügel zu fallen und
sich auf das zu konzentrieren, was Oper nun einmal unerschütterlich
ausmacht: ihre Musik. Sie liegt bei Janowski in besten und sorgfältigsten
Händen. Es ist eine einzige, allerdings ziemlich erschöpfende Lust, ihm und
seinem Orchester sowie dem von Simon Halsey einstudierten Rundfunkchor
geschlagene fünf Stunden lang (und noch ein bisschen länger) zuzuhören.
Wem es gelingt, dessen Gewinn ist beträchtlich. Er lernt gewissermaßen
Wagner aufs Lebendigste neu und hoch konzentriert kennen. Ein Genuss
sondergleichen.

Es geht in diesem "Parsifal" um die einzige operngerechte Glaubensfrage: wer


am schönsten und zutreffendsten zu singen vermag. Diese Kardinalfrage aber
lässt sich in dieser Aufführung nicht leicht beantworten: Sie sind durch die
Bank alle vortrefflich. Evgeni Nikitin singt den Amfortas mit einer schier
allmächtigen Stimmschönheit, aber sein dahinsterbender Vater Titurel zeigt mit
dem gebieterisch wohlklingenden Bass von Dimitry Ivashchenko durchaus,
von wem der Sohn diesen überwältigenden Wohlklang geerbt hat. Christian
Elsner in der Titelpartie besitzt einen zarten, doch durchschlagskräftigen
Heldentenor: eine ganz unübliche Anmut des Singens. Michelle DeYoung hat
als Kundry keinen Vergleich zu fürchten. Sie durchsingt ihre Paraderolle mit
Glanz. Franz-Josef Selig schlüpft mit seinem astreinen Bass in die Rolle des
Gurnemanz, also des Steuermanns des Geschehens.

Eike Wilm Schulte schießt sogar auf seine älteren Tage noch großartig ziel-
und treffsicher die Pfeile Klingsors ab. Man kann ihm nur gratulieren. Aber
auch dafür, dass er um sich ein Sextett von Zaubermädchen zu versammeln
verstand, auf das jedes Opernhaus stolz sein würde. Soviel Vollendung ist
selten.

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