Professional Documents
Culture Documents
tM
mwmw^
http://www.archive.org/details/diemittlereoderd02baum
fe-.;>;^
::::^:4
'.ljbräry''.
H.
Friedrich Ueberwegs
Grundrife
der
Zweiter Teil
herausgegeben
Berün 1915
Ernst Siegfried Mittler und Sohn
Königliche Hofbuchhandlung
Zochstraße 68—71
Friedrich TJeberwegs
Grundrüs
der
herausgegeben
Berlin 1915
FRIEDRICH UEBERWEG
Zuerst Privatdozent an der Universität Bonn, zuletzt ord. Professor
an der Universität Königsberg
* 22. Januar 1826, f 9. Juni 1871
verfaßte auf Antragund nach dem Plan des Verlagsbuchhändlers Dr. Theodor
ToECHE-MiTTLER diescn Griuidriß in drei Bänden (1862— i866j und bearbeitete
auch die nächsten beiden Auflagen.
Der erste Band erschien 1862, der zweite 1864, der dritte 1866.
RUDOLF REICKE
Dr. phil. und Bibliothekar an der Universität Königsberg
* 5. Februar 1825, f 16. Oktober 1905
MAX HEINZE
Geheimer Hofrat und ord. Professor an der Universität Leipzig
* 13. Dezember 1835, f 17, September 1909
Von seiner Hand bearbeitet, erschien die zehnte Auflage des I. Bandes
im Jahre 1909.
die neuere und neueste Bibliographie, soweit sie mir bekannt wurde,
geboten. D? die Fertigstellung der gegenwärtigen Auflage sich mehr
als zwei Jahre hinzog, konnte leider eine Reihe in der Zwischenzeit
erschienener Publikationen nicht mehr Berücksichtigung finden. Sie in
einem Anhang beizugeben, erwies sich als untunlich.
Der aus der neunten Auflage übernommene Text hat überall
stilistische Verbesserungen erfahren mit der Tendenz, ihn einfacher,
die sich der nicht geringen Mühe unterzogen, die sämtlichen Korrektur-
bogen zu lesen, und mir auch sonst mit ihren Kenntnissen zur Seite
standen.
Ein besonderes Verdienst um die neue Auflage erwarb sich Herr
E. Hoff mann, der von den ersten 28 Bogen des Textes und von den
ersten 9 Bogen der Literatur das Register fertigte, das von mir so-
dann revidiert und zu Ende geführt wurde. Es sei ihm auch an
dieser Stelle für seine mühevolle Arbeit herzlicher Dank gesagt.
Nicht vergessen darf ich, der Verlagshandlung meinen er-
gebensten Dank auszudrücken. Sie übertrug mir, nachdem ich bereits
an einzelnen Partien und 9. Auflage auf Einladung von
der 8.
mir gütigst mitteilen zu wollen. Sehr verbunden wäre ich auch für Z u -
Sendung von Dissertationen, Programmen und Abdrücken
von Zeitschriftenartikeln. Nur vereinten Kräften kann es bei
der eigenartigen Anlage des Buches gelingen, absolut Zuverlässiges zu
bieten oder Fehler und Mängel wenigstens auf ein Minimum herab-
zudrücken.
Seite
Gedenktafel zu Ehren der Herausgeber V
Vorwort VII
Erste Periode.
Erster Abschnitt.
Seite
Seite
Zweite Periode.
Die scholastische Philosophie.
§ 19. B^riff und Einteilung der Scholastik. Ausgaben 196—200
§ 20. Die Quellen der Scholastik 200-207
§ 21. Die Methoden der Scholastik 207—213
Erster Abschnitt.
Die Frühscholastik.
§ 22. Die Karolingische Renaissance 213—221
Ausgaben. S. 214-216. — Alcuin. Fred^isus. S. 216
bis 217. — Hrabanus Maurus. Candidus von Fulda. Ser-
vatus Lupus. S. 218—219. — Paschasius Badbertus. ßa-
traranus. Godescalc. Hinkmar von Reims. S. 219—221.
§ 23. Johannes Scottus oder Eriugena 221 233
§ 24. Die Dialektik von der zweiten Hälfte des neunten bis zur ersten
Hälfte des elften Jahrhunderts 233—244
Ausgaben. S. 236 237. — —Ausgangspunkt des Univer-
salienproblems. S. 237 —238. —Eric (Heiricus) von .
Seite
Abhandlung De intellectibus. Der Traktat De generibus
et speoiebus. S. 292—293. —Die theologische Schule
Abälards repräsentiert durch vier Sentenzenbücher. S. 293
bis 294.
Zweiter Abschnitt.
Die Hochscholastik.
§ 35. Der Umschwung der scholastischen Philosophie um 1200 . . . 403—411
Die Übersetzungen aus dem Arabischen ins Lateinische. ^
S. 405—406. —
Die Übersetzungen aus dem Griechischen
ins Lateinische. S. 406—408. —
Die kirchlichen Verbote
gegen Aristoteles. S. 408—410. —
Methode und Literatur-
formen der Hochscholastik. S. 410 411. —
§ 36. Die erste Benützung der neuen Literatur 411 —431
Ausgaben, S. 412 414. — —
Dominicus Gundissalinus.
S. 414—416. —
Die Verbreitung der neuen Literatur
außerhalb Spaniens. S. 416—417. -^ Die Pariser Theo-
logen: WUhelm von Auxerre, Philipp von Grfeve und
Wilhelm von Auvergne. 8. 417—420. Die naturwissen- —
schaftlichen und naturphilosophischen Studien in der
ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts: Alexander Neckham.
S. 421. — Alfredus Anglicus. S. 421—424. Michael —
Scottus. S. 424—425. —
Robert Grosseteste. S. 425 bis
429. — Die Enzyklopädisten: Bartholomaeus Angbcus,
Vincenz von Beauvais. S. 429 431. —
§ 37. Die ältere Franziskanerschule. Der Augustinismus 431—45^
Ausgaben. S. 432 — 435. — 435
Alexander von Haies. S.
bis 437. — Alexander von Alexandrien. S. 437. Jo- —
hannes de Rupella. S. 437 438. —
Johannes Fidanza —
(Bonaventura). S. 438—447. —
Matthaeus ab Aquasparta.
S. 447-451.— Johannes Peckham. S. 451—452. —
Eustachius von Arras. S. 452. — Wilhelm de la Mare.
S. 452—453. — Wilhelm von Falgar. S. 453. — Adam
von Marsh. Thomas von York. S. 453—454. — Nicolaus
von Occam. S. 454 — 455. — Eoger von Marston. S. 455
bis 457. — Richard von Middletown. S. 457—458. —
Wilhelm von Ware. S. 458. — Petrus Johannis Olivi.
S. 458—459.
§ 38. Der Aristotelismus. Albert der Große v . . 459—477
Alberts Schüler: Hugo Ripelin von Straßburg. Ulrich
von Straßburg. S. 475—477.
§ 39. Der Aristotelismus. Thomas von Aquin 477 503^- —
§ 40. Der Kampf für und gegen Thomas 503—526
Ausgaben. S. 504—507. — Die Opposition gegen Thomas:
Rolmid von Cremona. Hugo von St. Cher. Peter von
Taren taise. Richard Fitsacre. Robert Kilwardby. John
Peckham. Stephan Templer. Wilhelm de la Mare.
S. 507—510. — Heinrich von Gent. S. 510-514. Die —
Reaktion der Dominikaner. Die Literatur der CJorrectoria,
Correptoria oder Defensoria. Die Traktate De unitate
formarum. Johannes Quidort. Rambert dei Primadizzi.
XVI Inhaltsverzeichnis.
Seite
Johannes von Neapel. Thom:».s de Sutton. liernhard von
Auvergne oder de Gannat. Thoma.s de Jorz. S. 514 bis
517. — Weitere strenge Vertreter des Thoraismus Aegjidius :
Literatur 1*—208*^^
Nachträge und Berichtigungen 2<J9* —211^
Register : 212*—266*
saeculi fragm. quae supersunt, 4 voll., Üxon. 1814 sqq., 2. ed., 5 voll., ib. 1846
— 1848.
Wertvoll ßind die Ausgaben in dem Corpus scriptorum ecclesiasti-
corum latinorum, editum consilio et impensis academiae litt. C'apsareae Vindo-
bonensis, Vindob. 1866 ff. Siehe bei den einzelnen lateinischen Kirchenvätern.
Seit 1897 ist zu Leipzig eine Sammlung der griechischen christlichen
Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte brennen worden, heraus-
gegeben von der Kirchenväterkoramission der Königl. Preuß. Akad. d. Wisscnsch.
Archiv für diese Ausgabe ist seit 1897 die neue Folge der Texte und Unter-
suchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur, hrsg. von
Ose. V Gebhardt und Ad. Harnack, jetzt von dem letzteren und Carl Scnmidt,
auch unter dem Titel Archiv für die älteren christlichen Schriftsteller in der
:
Heiligkeit und Sünde hat unter den Völkern des Altertums zumeist
das israelitische gehegt. Aber sein sittliches Ideal war an das Ritual-
gesetz gebunden, und die Offenbarung Gottes erschien ihm als be-
schränkt auf das auserwählte Volk der Kinder Abrahams. Die Auf-
hebung der rituellen und nationalen Schranken des sittlich-religiösen
Lebens wurde vorbereitet zumeist durch die alexandrinische Religions-
philosophie, welche als Vermittlung zwischen jüdischen Lehren und
hellenischer Philosophie anzusehen ist, aber erst vollzogen durch das
Christentum.
Zu der Zeit, als die griechische Kultur die geistige Abgeschlossen-
heit die Römerherrschaft die politische Selbständigkeit der Völker
und
aufgehoben hatte, trat im Christentum der Realität des Weltreichs die
Idee eines Gottesreichs gegenüber, welches auf Herzensreinheit
beruht. Der ursprüngliche Boden für das Christentum war das Juden-
tum mit seinem Glauben au den einen Gott, welcher Glaube freilich
auch in der griechisch-römischen Welt zu finden war, wenn auch nicht
so sicher stehend und so allgemein verbreitet. Aber als Produkt
der geschichtlichen Entwicklung läßt sich das Christen-
tum nicht Es gehörte zu seiner Entstehung die einzig-
erklären.
artige Persönlichkeit des Stifters, die noch weniger wie jede andere
eigentümlich schöpferische Individualität durch Abstammung und
sonstige äußere Bedingungen ganz verständlich gemacht werden
kann, wenn man ihr auch in mancher Beziehung geschichtlich nahe
kommt.
Jes^us Christus, in dem sich Gottheit und Menschheit auf das
innigste durchdrangen, erkannte sich als Sohn Gottes, und
alle ihm inneriich Gleichen sollten Söhne Gottes sein. Die echt
jüdische Messiasidee deutete er auf sich. Nur wurde die Messias-
hoffnung des jüdischen Volkes, die auf eine Herrschaft über die
vor 70.
Die drei ersten Evangelien (y.aiä Mat&alov, xaiä Mägxov, xazä Aovy.äv
— xaxa deutet die Autorschaft an) sind inhaltlich sehr verwandt. Sie erzählen
hauptsächUch die Wirksamkeit Jesu in Galiläa und seine letzte Reise nach Jeru-
salem, wo er gekreuzigt wurde. Matthäus und Lukas schicken auch eine Kind-
heitsgeschichte Jesu voran. Die weitgehende Gleichheit in der Anordnung wie
im Wortlaut der Berichte ermöglicht es, diese drei Evangelien in einer Synops«-
nebeneinander zu stellen; daher der Name Synoptiker. Es geht nicht an.
diese Ubereinstimmiuig allein dadurch zu erklären, daß alle drei Evangelisten unab-
hängig voneinander aus einer, auch der Form nach konstant gewordenen münd-
lichen Urtradition geschöpft haben (Traditionshvpothese). Die Synoptiker sind
auch unter sich direkt oder indirekt literarisch verwandt. Die Annahme eines
großen Ilrevangeliums (Lessing) oder vieler einzelner Flugblätter oder Diegesen
(Schleiermaclier), woraus die drei Synoptiker ihren Stoff entnommen hätten, stößt
aber auf große Schwierigkeiten. Man erkennt die direkten Beziehungen zwischen
Matthäus und Markus und zwischen Markus und Lukas jetzt ziemhch allgcoiein
an und ist nur hinsichtlich der Eeüienfolge im Zweifel. Doch hat die Markus-
priorität am meisten Zustimmung gefunden; auch wird die Entstehung dieses
EvangeUums vor 70 häufig noch zugestanden. Der Inhalt des Markusevangeliums
kehrt fast vollständig bei Matthäus und bei Lukas wieder. Beide fügen aber
zahlreiche nene Stoffe an: Matthäus z. B. die Bergpredigt (K. 5 — 7), Lukas den
sog. Reisebericht (9, 51 —
18, 14) und zwar so, daß beide manches wieder ge-
meinsam berichten, anderes aber auch als Sondergut überliefern. Darum muß
die Annahme, daß Matthäus und Lukas von Markus abhängig sind, noch durch
eine Erklärung der Verwandtschaft zwischen Matthäus und Lukas hinsichtlich
der nicht bei Markus stehenden Stücke ergänzt werden. Da eine direkte Ab-
hängigkeit infolge der sehr erheblichen Verschiedenheiten unwahrscheinlich ist,
greift man zu der Annahme einer beiden Evangelien gemeinsam vorliegenden
alten apostolischen Quelle (= Q). Da die Matthäus und Lukas gemeinsamen Stoffe
zum großen Teil Reden Jesu sind, vermutet man vielfach, daß auch diese Quelle
hauptsächlich Worte ,lcsu enthalten habe und nennt sie deshalb Logia. Doch
lauten die näheren Bestimmungen und Abgrenzungen dieser zweiten Quelle von
Matthäu« und Lukas - daher der Name Zweiquellentheorie — sehr verschieden.
Daneben müssen wenigstens dem Lukasevangelium noch eine Reihe von verloren
gegangenen Evangelien berichten (1, 1 mei8r):TSQ jtoXkoi f.-ie/Eiotjaar) vorgelegen
haben, darunter wohl ein aramäisches Kindheitsevangelium .Jesu. Das dritte
Evangelium scheint auch dadurch, daß sein Verfasser ihm bald in der Apostel
gescnichte eine Fortsetzung gab, die wahrscheinlich nach einer Gefangenschaft
—
Pauli in Rom (61 63) verfaßt wurde, in den Beginn der sechziger .Jahre datiert
werden zu können. Der gleiche Zusammenhang mit der Apostelgeschichte weist
auch atif den Begleiter des Apostels Paulus, auf Lukas, den Arzt" (Kol.
,,
Identität fest. D» r Apostel Johannes habe vor dem Jahre 70 Palästina verlassen
und bis in sein hohes Greiseniüter in Kleintisien, speziell in Ephtsus. Mission aus-
j^eübt. Iren aus habe durch Papia« und Polykarp zuverlässige Kunde um die
cphesinische Wirksamkeit des Apostels Johannes erhalten. Deshalb vordiene seine
.\ussa<;;e: „Johannes, der .Jünger des Herrn, der auch an seiner Brust geruht hat
(.loh. ]'.i, 25), hat nachher (d. h. nach den Synoptikern) ebenfalls ein Kvangelium
henuisgegeben, als er in Ephesus in Asien weilte" (Adv. haer. III, 1, 1 und
Euscb., Hist. eccl. V, 8, 4), vollen Glauben. Auch innere Kriterien werden
zugunsten der Echtheit angeführt: Der Evangehst verrät sich als ein mit palästi-
nensischen Örtlichkeiten und GebräuchMi gut vertrauter Augenzeuge der erzählten
Vorgänge. Da er sogar die Gedanken der Apostel kennt, ist er in diesem
Kreise zu suchen und dieselbe Person wie der Lieblingsjünger, der wieder nur
der Zebedäussohn Johannes sein kann. Die letztere Identifizierung gestehen
manche Bestreiter der Echtheit zwar zu, halten aber das Evangelium Joch für
eine spätere Erdichtung, die die metaphysische Gottsohnschaft Jesu und sonstige
.Jesus vergöttlichende Züge dem als bekannt vorausgesetzten synoptischen Christus-
liild(! hinzugefügt hal)e. In allem, besonders in den zahlreichen Ketien Jesu,
spiegle die Darstellung des Johannesevangeliums die fortgeschrittene christhche
Theologie wieder, a\if die schon die philonische Logosspekiilation und helle-
nistische l'hilosopheme ihren direkten Einfhiß ausgeübt hätten. Viele Ereignisse,
lK«(»nder8 die Wunder, seien nur symbolisch zu deuten. Von mehreren Seiten
wurde auch an diesem Evangelium der Versuch gemacht, seine Einheit in Abrede
zu stellen, sei es, daß man einen echten Redestoff und einen später hinzugefügten
Krzählungsstoff (Wendt) oder eine sonstige Urschrift und einen oder mehrere Be-
arbeitungen (W^ellhausen, E. Schwärt z, Spittaj unterschied. Die große Verschie-
denheit der Resultate zeigt, daß auf diesem Wege schwerlich die Lösung der
Prolileme liegt.
Dengleichen Verfasser, wie das vierte Evangelium, haben die drei Johan-
ne is eben Briefe — beim zweiten und dritten nennt sich derselbe 6 :zoEalivieQoq.
Auch der Verfasser der Apokalypse nennt sich mit Namen: Ein Johannes
schreibt an .sieben Gemeinden des vorderen Kleinasien. Inhaltlich bestehen ebenfalls
zahlreiche Verbindungen zur Johann eischen Literatur. Nur die Surache der
Apokalypse ist erhebüch reicher an Verstößen gegen Grammatik und Stil, wie
auch schon der älteste Bestreiter ihrer apostoüschen Herkunft, Dionysius von
Alexandrien (t 264/65), dem besonders Eusebius folgte, hervorhob. Die Datierung
hängt hier sehr von der Erklärungsweise ab. Die zeitgeschichtüche Deutung
findet Darstellungen damaliger Ereignisse und läßt deshalo auch eine Abfassung
vor 70, bald nach dem Tode des Christenfeindes Nero, zu. Die endgeschichtliche
Erklärung sieht hingegen in der Apokalypse nur Bilder der großen Katastrophen,
denen die christliehe Kirche, deren gegenwärtiger Zustand in den 7 Briefen (K. 2
und 3) geschildert wird, in der Endzeit entgegengeht, also eine große Ausführung?
der eschatologischen Rede Jesu (Matth. 24 u, Par.). Da eine Verfolgungszeit
Zeit der Abfassung ist. denkt mau meist an die domitianische Christenverfolgiuig
95/96. Die Wahl der Bilder erinnert häufig an die alttestamentUchen Prophezier
(Daniel, Ezechiel usw.) und auch an die spätere apokalyptische Literatur (Henoch,
4. Esdrasbuch, Baruchapokalypse). Auen hier ist die Kritik vielfach an der
Arbeit, ältere jüdische Apokalypsen von späteren christlichen Bearbeitungen
zu scheiden. Aber auch fiier stehen wieder manche Merkmale der Einheit
entgegen.
Größere Einheitlichkeit zeigt die Forschung über den Apostel Paulus,
Seine plötzliche Bekehrung zum Christentum (einige Jahre nach Jesu Tod), die
Übeniahme des Heidenapostolats, seine Mission in Cypem und im südlichen
Kleinasien, in Galatien und Mazedonien, sein IVg jähriger Aufenthalt in Korinth (An-
fang der 50er Jahre) und sein fast dreijähriger in Ephesus, eine je zweijährige
—
Gefangenschaft in Caesarea und dann in Rom (61 63) gehören zu den ziemlich
allgemein zugestandenen wichtigsten Tatsachen aus dem Leben Pauli. Hingegen
gehen die Meinungen darüber auseinander, ob Paulus schon nach der römischen
Gefangenschaft (i. J. 63) das Martyrium in Rom erUtten hat oder ob er noch
nach Spanien gereist und in den Orient zurückgekehrt und dann erst nach einer
zweiten römischen Gefangenschaft (etwa 67) hingerichtet wurdv.. J<. iiaohdem wird
auch die Echtheit der vor dem Jahre 63 nicht unterzubringenden drei Pastoral-
briefe (zwei Briefe an Timotheus imd einer an Titus) gdeugnet oder anerkannt.
Die übrigen zehn Briefe, die alle Pauli Namen als Bezeiclmung des Absenders
§ 4. Die neutest. Schriften. Jesus u. die AposteL Christentum u. Hellenismus. 9
Freude herrsche und kein Streit mehr wohne (Jes. IX, u. ö.), involviert den Ge-
danken der verwirklichten allumfassenden Liebe. In dem alttestamentlichen Nasi-
raatsgeliibde lag das Prinzip eines Hinausgehens über die vulgäre Gerechtigkeit
durch Abstinenz.
Indem Jesus von Johannes, dem Messiasverkünder, sich taufen ließ und sich
Messias fühlte, der auch dem ehedem verheißenen, Moses gleichen
selbst als
Propheten an Würde nicht nachstehe (5. Mos. XVIII, 15), und dem als dem
Menschensohn von Gott eine unvergängliche Gewalt, ein ewiges Reich verliehen sei
iDan. VII, 13 u. 14), trug er in sich den Beruf, ein Gottesreich aufzurichten,
die Mühseligen und Beladen en um sich zu scharen, über alles Bestehende hinaus-
zugehen und mehr nach seinem eigenen sittlichen Bewußtsein und dem Bedürfnis
des Volks, mit dem er Mitleid trug, als bloß nach der überlieferten Satzung zu
lehren und zu leben. Über die dem Orientalismus entstammten Anschauungs-
fornieii und über den Mangel entwickelter Begriffe von Arbeit und auf ihr ruhen-
der Selbständigkeit, von Eigentum, Recht und Staat prävaliert das Prinzip
der reinen Menschenliebe. Als eine Darstellung der vollendeten
Gerechtigkeit erscheint das Leben Jesu in der Liebe, mit welcher er für.
die Seinigen wirkt, in der unbedingten Opposition gegen die bisherigen Leiter
des Volkes und alle anderen feindlichen Mächte und in seinem eben hierdurch
herbeigeführten, unter furchtlosem Bekenntnis zu seiner Messiaswürde in der zu-
versichtlichen Erwartung der Wiederkunft willig übernommenen Tode. Die
Bitte, daß Gott seinen Richtern und Feinden vergeben möge, involviert das un-
gebrochene Bewußtsein seines absoluten Rechtes, und das gleiche Bewußtsein
blieb auch nach seinem Tode noch seinen Jüngern.
In dem durch den Messias gegründeten Gottesreiche soll mit der Heilig-
keit zugleich die Seligkeit wohnen. Das Gebet Jesu geht darauf, daß Gottes
Xame geheiligt werde, sein Reich komme, sein Wille geschehe, imd die Sünde auf-
gehoben werde. Den Mühseligen und Beladenen wird Erqnickung verheißen durch
Aufhebung des Druckes, welchen fremde Tyrannei und eigene Armut, Krankheit
und Sündhaftigkeit üben, durch das Verhältnis der Gotteskindschaft und durch
die Hoffnung der ewigen Seligkeit für die Genossen des Grottesreichs. Die Mög-
lichkeit der Erhebung zur Herzensreinheit und sittlichen Vollkommenheit, dem
Abbilde der VoUkonunenheit Gottes, des hiramlichen Vaters, setzt Jesu bei denen,
an welche seine Predigt sich richtet, ebenso unmittelbar voraus, wie er sich selbst
derselben bewußt ist.
Konsequenz der sittlichen Lehre und des Lebens Jesu lag die
In der
des mosaischen Ritnalgesetzes und damit zugleich die
Antiquierung
Durchbrechung der nationalen Schranke des Judentums. Diese
von Jesu selbst angebahnten Konsetjuenzen seines Prinzips hat ausdrücklich
zuerst Paulus gezogen, der zwai- jüdischer Hellenist ist, sich aber seines Ab-
hängigkeitsverhältnisses von Christus durchaus bewußt bleibt (..nicht ich, sondern
Christus in mir". Gal. II, 20). Auf Grund seiner persönlichen Erfahrung findet
er in dogmatischer Verallgemeinerung derselben für alle Menschen überhaupt
die Kraft zur Erfüllfing des reinen Sittengesetzes und den Weg zur wahrhaften
Geistesfreiheit in dem Glauben Christus. Paulus negiert die Gebun-
an
denheit des Heils an Gesetz und Nationalität und überhaupt an j^liches
Äußere („hier ist kein Jude, noch Grieche, kein Knecht, noch Freier, kein
Mann, noch Weib", Gal. III, 28; vgl. VI, 15: ovie negizofitj ovx dxQoßvaiia,
n/./.<\ xaivii y.ni'oic. auch Rom. X, 12 2. Kor. V, 17).
; Positiv knüpft er das Heil
J
§ 4. Die neutest. Schriften. Jesus u. die Apostel. Christentum u. Hellenismus H
an die schlechthin freie Gnade Gottes, deren Aneignung seitens des
Subjekts durch den Glauben an Christus als den Eriöser erfolgt. Das Gesetz
war der Zuchtmeister auf Christus {naidaycoyo? et? Xqiotov, Gal. III, 24). Durch
den Glauben wird der innere Mensch erbaut (o eoco äv&Qtonog, Rom. VII, 22
Ephes. III, i6; vgl. Rom. II, 29; 1. Petr. III, 4; vgl. auch 6 ivrds av^Q<onog bei
Piaton. Rep. IX, p. 589 A, wo aber dieser Ausdruck auf ein durchgeführtes
Gleichnis basiert ist. Das Gesetz führt nicht über den Zwiespalt zwischen dem
Wollen des Guten nach dem Geist und dem Tun des Bösen nach dem Fleisch
hinaus. Durch Christus aber ist dieser Zwiespalt gehoben, die Ohnmacht des
Fleisches überwunden durch seinen uns innewohnenden Geist (Rom. VII u. VIII).
ist
Der Glaube wird von Gott dem Menschen als Gerechtigkeit angerechnet
und verleiht ihm Avieder die seit Adams Sündenfall verlorene Kraft zur wahr-
haften Erfüllung des Sittengesetzes, indem er ihn des Geistes Christi teilhaftig
werden läßt. An die Stelle des knechtischen Verhältnisses der Furcht vor der dem
•Gesetzesübertreter angedrohten Strafe tritt mit der Hingabe an Christum, den Er-
löser, als Rechtfertigung durch den Glauben das freie Verhältnis der Kind-
schaft, der Gemeinschaf t mit Gott in der Liebe. Der Gläubige hat in der
Taufe Christum angezogen Christus soll in ihm Gestalt gewinnen. Wie Christus in
:
den Tod gegangen und auferstanden, so stirbt der Gläubige vermöge der Einheit mit
ihm der Sünde ab, kreuzigt sein Fleisch samt den Lüsten und Begierden und er-
steht zu neuem, sittlichem Greistesleben. Die Frucht des Geistes aber ist die Liebe,
Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Züchtigkeit
<Gal. II, 17; III, 27; IV, 19; V, 22-24; Rom. VI, 1; VIII, 12 ff.; XIII, 14).
Jedoch hat der Gläubige in diesem Leben nur die Erstlinge des Geistes (dnag/ij
Tov m-fvuazoi, Rom. VIII, 23); wir sind wohl selig, aber nur in der Hoffnung,
und warten in Geduld (Rom. VIII, 24 f.). Wir wandeln noch im Glauben, nicht
im Schauen {öiü nioxsojg :T£gt:n[aTovfi£r, ov biä fXöov?, 2. Kor. V, 7). Das neue
Leben wird (nach L Kor. XV, 23) vermittelt durch die Wiederkunft Christi (und
zwar nach dem ersten Thessalon icher- Brief IV, 17 durch Erhebung der noch
Lebenden und der Wiederauferweckten auf Wolken zum Herrn, vgl. Apok. XI, 12).
Den Kern des Sittengesetzes findet Paulus mit Christus in der Liebt-
(Gal. V, 14: o yng Tiäg t'öfiog iv ivi Ä6yo> nh]QOVzai, ev xui dyan^oeig tov nh/oiov aov
oV tavzor, Gal. VI, 2: i6r vöftov tov Xqiotov, Rom. XIII, 8 — 10: 6 dya^rutv ror
t'zsQov vüfiov :i£ji}.ijQioxi .... 7ikrjQ0)fj,a ovv vofiov tj dyäsii], vgl. 1, Kor IX, 21;
Rom. Ilf, 27; VIII, Die Liebe ist das Letzte und Höchste im Christentum;
2).
sie überragt auch den Glauben und die Hoffnung (1. Kor. XIII, 13). Die Liebe
ist die Betätigung des Glaubens (Gal. V, 6: ttIoti; fii dyöJTyj:: ireoyovnerti).
Die paulinische Lehre von dem Verhältnis des Glaubens zu der Liebe
enthielt einen mächtigen Antrieb zu fortschreitender Gedankenentwickelung in
bezug auf die Frage nach dem Bande, das diese beiden Seiten des religiösen Lebens
miteinander verknüpfe. Zwei verschiedene Auffassungen machten sich
geltend. Nach der einen involviert bereits der Glaube seinem Begriffe nach, wie
sich aus Gal. 111,26; V, 6; Rom, VI, 3 ff.; VIII, 1 ff.; 1. Kor. XII, 3 schließen
läßt, prinzipiell die Liebe oder die sittliche Gesinnung. Daher ist die an ihn
geknüpfte Rechtfertigung die göttliche Anerkennung einer in ihm enthaltenen
Wesensgerechtigkeit. Mit anderen Worten das göttliche gerechtsprechejide Frtcil
ist, wie man im Anschluß an die Kantische Terminologie sich ausdrücken kann
und ausgedrückt „analytisches Urteil über die subjektive sittliche
hat, ein
Beschaffenheit des Gläubigen". Nach der anderen Ansicht involviert aber der Glaube
di(> Liebe nicht notwendig (wie es nach Rom. IV, 19; X, 9 usw. scheinen kann).
12 § 4- ^i^ neutest. Schriften. Jesus u. die Apoete]. Christentuin u. Hellenismus.
Et tritt nur als ein neues statutarisches Element, als christlicher Ersatz für die
und Zermonien ein. Die götthehe Grerechtsprechung
jüdische Beteiligung^ an Opfern
der Gläubigen ist nur ein „synthetisches Urteil", ein Imputieren einer
fremden Grerechtigkeit. Die Veraittlichuiig der Gesinnung besteht zwar als Forde-
rung, erscheint aber nicht als unausbleibUche Konsequenz des Glaubens. Der
sittliche Vorzug eines jeden, der an Christi realen Tod und reale Auferstehung
glaubt und sich durch Christi Verdienst für erlöst von Schuld und Strafe hält,
vor allen Menschen, die nicht in diesem Glauben stehen, wäre eine willkürliche,
durch 4ie erfahrungsraäßigen Tatsachen keineswegs durchgängig bestätigte Be-
hauptung. Falls trotz der dem gläubig gewordenen Sünder zugerechneten Ge-
rechtigkeit, der Fortgang zur Weaensgerechtigkeit ausbleibt, müßte die göttliche
Gerechtsprechung des Ungebesserten neben der Verdammung anderer als Willkür,
Parteilichkeit und Ungerechtigkeit erscheinen. Auf selten des Menschen wäre dem
frivolen Mißbrauch der vergebenden (luade als eines Freibriefes zur Siinde ein
freier Spielraum eröffnet.
Indem Spätere danach strebten, die mystisch-religiöse Anschauung des Pau-
lus von dem Sterben und Auferstehen mit Christo in dogmatische Begriffe um-
zusetzen, trat diese Schwierigkeit (welche in neuerer Zeit die Schleiennachersche
Dograatik durch die Definition des rechtfertigenden Glaubens als der Aneignung
der Vollkommenheit und Seligkeit Christi, Hingebung an das christ-
folglich als
liche Ideal, zu lösen versucht hat) mit steigender Deutlichkeit hervor und gab
Anlaß zu mannigfachen theologischen und philosophischen Erörterungen, wovon
schon der Jaeobus-Brief zeugt. Im Augustinismus, in der Reformation, dann auch
in der theologischen und philosophischen Ethik der neueren Zeit bekundete sich
immer wieder in neuer Form die gegensätzliche Auffassung der paulinischen
Lehre.
Bei aller Anerkennung der Liebe ;üs des Höchsten im Christentum handelt
Paulus in seinen Briefen doch zumeist von dem das Gesetz aufhebenden
(Jlauben. In den Mittelpunkt der Darstellung tritt aber die Liebe in den
•Johannes-Briefen und in dem gleichnamigen vierten Evangelium.
Gott ist die Liebe (1. Joh. IV, 8; 16); seine Liebe hat sich durch die
Sendung seines Sohnes bekundet, auf daß alle, die an ihn glauben, das
ewige Leben haben (1, Joh. IV, 9; Joh. III, 16). Wer in der Liebe
bleibt, Gott und Gfott in ihm; das Gebot Christi ist die Liebe;
der bleibt in
sie ist neue Gebot; wer Gott liebt, muß auch seinen Bruder lieben;
das
die Liebe zu Gott bekundet sich durch das Halten seiner Gebote und den
Wandel im Licht (Joh. XIII, 34; XV, 12; 1. Joh. I, 7; IV, 16, 21; V, 2).
Die Gläubigen sind aus Gott geboren sie sind der Welt verhaßt
; die Welt ;
aber liegt im argen (Joh. XV, 18 u. ö.; 1. Joh, V, 19). An Stelle des paulinischen
Kampfes gegen einzelne konkrete Mächte, namentlich gegen die fortdauernde
(reltuug des mosaischen Gesetzes, tritt hier der Kampf gegen die „Welt" über-
haupt, gegen alle, dem Christentum widerstreitenden Richtungen, gegen die Juden
und gegen die NichtJuden mit ihrem Unglauben und ihrer Feindschaft wider das
Evangelium. Der Gegensatz des auserwählten Judenvolkes gegen die Heiden hat
sich zum Gegensatz der Christusgläubigen, die im Lichte wandeln, gegen die Un-
gläubigen und die Kinder der Finsternis umgestaltet und der zeitliche Gegensatz des
(dwv ovTog und /ue'A/.w»' zum lieständig vorhandenen Gegensatz zwischen der Welt
und dem Reiche Gottes, welches das Reich des Geistes und der Wahrheit ist.
Der Glaube, daß Jesus sei der Christus, ist die weltüberwindende Macht. Daß
durch Moses das Gesetz gegeben sei, durch Jesus aber die Gnade und Wahrheit
J
i; 4. Die neutest. Schriften. Jesus u. die Apostel. Christentum ii. Hellenismus. 13
(Joh. I, 17), erscheint als eme gesicherte Überzeugung. Das Gesetz ist abgetait,
das religiöse Leben wird nicht mehr durch Opfer und Zermonien genährt und
erfüllt. In die freigewordene Stelle tritt neben der praktischen Liebestätigkeit
Glaube sich fortbildet.
eine theoretische Spekulation, zu welcher der
Zunächst an die Beziehung zu der jüdischen Nation knüpft sich die An-
erkennung Jesu als Messias oder Davidssohnes, der als solcher zugleich Gottessohn
ist, in dem nach Matthäus benannten Evangelium. Die Bezeichnung Jesu als
des Sohnes Gottes prävaliert in dem Markus-Evangelium, wo die Be-
nennung „Sohn Davids" nur einmal (X, 47 f.) im Munde des Blinden zu .Tericho
vorkommt. Als Ausdnick des Bewußtseins von der allgemeingültigen Be-
deutung der christlichen Religion erscheint die Anerkennung Christi als des
Sohnes Gottes bei Paulus und die Hervorhebung dieser Auffassung nament-
lich in dem von paulinischen Anschauungen getragenen Lukas-Evangelium.
Die Erhabenheit des Christentums über das Judentum, des neuen Bundes über
den alten mit seüiem für die Christen nicht mehr gültigen Gesetze, erscheint als
l)ersönliche Erhabenheit Jesu Christi über Moses und über die Engel, durch
deren Vermittlung das Gesetz gegeben worden sei, in dem von der paulinischen
Denkweise getragenen, von ehiem alexandrinisch gebildeten Christen etwa um das
Jahr (56 verfaßten Briefe an die Hebräer. In diesem I, 2—3 wird von
Christus als dem Sohn Gottes ausgesagt, durch ihn seien von Gott die
Weltperioden (aioivsg) geschaffen worden, er sei der Abglanz
der göttlichen Herrlichkeit, das Ebenbild des göttlichen Wesens
(d^avyuoiia trj^ Sö^tjg xai ;^aga;<r^ß riy? vnoaräoecog avzovt, der ewige Hohe-
priester nach der Weise Melchisedeks, des Priester-Königs, dem auch Abra-
ham sich unterordnete, dem also auch die Leviten als Kinder Abrahams
nachstehen. Die Buße und Abkehr von den toten Werken und den Glauben an
(xott rechnet der Verfasser dieses Briefes zu dem Elementaren im Christentum,
der Milchspeise oder der Grundlegung, von welcher zur megea TQotpfj oder zur
rehiörrig fortzuschreiten sei.
Das Johanneische vierte
oder Evangelium, welches die
das
reine Geistigkeit Gottes lehrt und
Anbetung Gottes im Geist und in
die
der Wahrheit fordert, erkennt in Christus den fleischgewordenen Logos,
der von EAvigkeit her bei GrOtt war und mittels dessen Gott die Welt ge-
schaffen hat und sich den Menschen offenbart; der Logos ward Fleisch (d Xoyoi;
oägi iyevsTo), und aus seiner Fülle {ix zov Ttli^QM/iarog avzov) schöpfen wir Gnade
um Gnade. Das Fleischwerden des Logos ist das, was die Logoslehre des
Johannes von der damals in der hellenistischen Philosophie herrschenden wesentUch
unterscheidet und auszeichnet.
Damit stoßen wir auf die höchst interessante Frage der Beziehungen des
neuen Testaments und des Urchristentums zu den beiden Haupt-
mächten der antiken Geisteskultur, nämlich zur heidnischen Philo-
sophie und zu den heidnischen Religionen.
Ist der Gedankengehalt der Lehre Jesu und der neutestamentlichen Schrift-
steller abhängig und ableitbar aus der griechischen Philosophie? Diese Frage
wurde von manchen Forschem ebenso zuversichtlich bejaht, als sie von der weit-
aus überwiegenden Mehrheit mit gr ]ter Energie verneint wurde. So sind nach
E. Havet (Le Christianisme et ses origines, vol. I u. II, 2, ed., Paris lo73) und
Bruno Bauer (Der Ursprung des Curistentums aus dem römischen Griechentum,
Berlin 1877), Philon und Seneca die eigentlichen Stifter des Christentums. Rom
und Alexandrien, nicht Palästina sind die Heimat desselben. Das Urevangelium
14 § 4. Die neutest. Schriften. Jesus ii. die Apostel. Christentum u. Helloiiismus.
ist in den ersten Jahren der Regierunj^ Hadrians verfaßt (Bauer). Das Christen-
tum lediglich Stoizismus, der Erbe der antiken Philosophie (Havet).
ist Allein
derartige jeden soliden Haltes entbehrende Extravaganzen sind heute von allen
l)esonnenen Forschem in den Winkel geschoben. Mit vollem Recht schreibt
Wendland (Die hellen.-röm. Kultur, Tübing. 1907, 121 f.): „Jesu Predigt hat kein
Verhältnis zum Hellenismus." „Über die Möglichkeit reflektieren, ob etwa ein
(retlanke des Sokrates oder der stoischen Predigt durch irgendeine Vermittlung
an sein Ohr geklungen ist, heißt mit einem Zufall rechnen, der, selbst die Mög-
lichkeit als Wirklichkeit genommen, das Verständnis seines tiefsten Wesens nicht
fördern könnte." ßezügl. der Synoptiker kleidet E. Norden (Die antike Kunstprosa
II, 2. Abdruck, Leipzig und Berlin 1909, 472) seine Überzeugung in die scharf
urteile über die ootpia tov xöofiov (1. Kor. 1, 20; 3, 19). Dies schließt aber
nicht daß er die Philosophie der Griechen kennen lernte, wenigstens
aus,
in einigen ihrer Hauptsätze und soweit sie Gemeingut der Ge-
bildeten war. Trat er ja doch in Athen (Act. 17, 18) in direkte Beziehungen
mit den Epikureern und Stoikern, und wie hier mag es auch in anderen helle-
nistischen Städten gewesen sein. Es ist daher nicht verwunderlich, wenn er
sich nicht ganz philosophischen Einflüssen entzog, besonders in jenen Punkten
und Anschauungen, die sich mit seinen eigenen rehgiösen Überzeugungen und mit
seiner religiösen Aufgabe deckten.
Des Apostels berühmte Lehre (Rom. 1, 19—21) voji der Offenbarung.
Gottes auf dem Wege der Natur, der Gotteserkenntnis aus den
Werken der Schöpfung, ist zwar keineswegs aus der stoischen Philo-
sophie entnommen, sondern sie hat sicherlich ihre Grundlage in Sap. K?,
1—9. Aber anderseits muß zugegeben werden, daß das Sapientialbueh selbst
möglicherweise in der dieses Punktes
Formtilierung griechischen Einflüssen
nicht fernsteht. war der Grottesbeweis aus den Werken der Natur
Jedenfalls
ein Hauptstück der gegen Epikureer und Skepsis kämpfenden stoischen Theo-
logie und Apologetik, über die Beziehungen des Judentums zur griechischen
Philosophie vgl. P. Heinisch. Die griechische Philosophie im Buche der Weisheit,
Münster 1908 (Alttestämentl. Abb., herausgeg. von J. Nikel,1, 4); derselbe, Griechen-
tum imd Judentum im letzten Jahrh. vor Christus, Münster 1908 (Bibl. Zeit-
fragen, 1. F., H. 12).
Schärfer scheint ein gewisser Zusammenhang mit der stoischen Popular-
philosophie hervorzutreten bei einer anderen, für die Begründung der christlichen
Ethik bedeutsam gewordenen Paulinischen Anschauung. Rom. 2, 14 15 ent- —
wickelt der Apostel in kraftvollen, markigen Sätzen die Lehre vom natürlichen
Sittengesetz und vom Gewissen. „Wenn die Heiden, die das Gesetz nicht
haben, von Natur aus {(pvoixwg) die Werke des Gesetzes tiui, so sind sie, obgleich sie
das Gesetz nicht haben, sich selbst Gesetz {oitöi v6/iov fii] e/ovreg sui'toT? eiai vöpiog:).
Sic zeigen, daß das Werk des Gesetzes in ihren Herzen geschrieben ist (rö Foyov
lov v6fj.ov yocüizov h
taig nagöiatg amtöv), indem ihr Gewissen {arvet'drjatg) hier-
von Zeugnis ablegt, und zugleich die Gedanken sich untereinander anklagen oder
auch verteidigen." Bekanntlich ist die Lehre vom Sittengesetz als <fvotx6g vöftog
tuid als göttliches Gesetz in unserem Inneren ein Fundamen taldogma der stoischen
Ethik, das längst durch die stoische Predigt und die Diatribe {jopularisiert
worden war.
Wie erklärt sich nun das Zusammentreffen dieser Gedanken in der Stoa
und bei Paulus? Daß diese lapidaren Sätze nicht aus irgend einem Stoiker
entlehnt sein können, sondern dem innersten Quell des Paulinischen Denkens
entströmt sein müssen, zeigt die völlig individuelle Prägiuig und die Verschieden-
artigkeit des und paulinischen Gottesbegriffs. Anderseits läßt sich
stoischen
aber, Ausnahme Bonhöffers allgemein zugestanden wird, das Auf-
wie dies mit
tauchen spezifisch stoischer Termini, wie rpvaixäyg und avEidtjoi;, und insbesondere
die eigenartige Annäherung der Gedankenführung kaum anders erklären als
durch die Annahme, daß jene Sätze zwar der eigenen religiös-sittlichen Über-
zeugung des Paulus entsprungen sein müssen, daß er sich aber bei ihrer For-
mulierung an die stoische Lehre, die überall und sicher auch ihm bekannt
war, angelehnt hat. Eine weitere Stütze findet diese Ansicht in der Areopag-
rede des Paulus —
(Act. 17, 22 31), die in ihrer Echtheit anzuzweifeln, wie
dies vielfach geschieht, bei der frühen Abfassung der Apostelgeschichte noch zu
16 § 4. Die neutest. Schriften. Jesus u. die Apostel. Christentum u. Hellenismus.
Während aber Paulus, wie die von ihm gebrauchten Ausdrücke (Svi'a/n;,
<}0(fia) beweisen, sich noch eng an das alte Testament, an das Sapientialbuch und an
Jesus Sirach anschließt, tritt bei Johannes der spezifische Terminus der hera-
klitisch -stoisch-philonischen Philosophie auf. .,Im Anfange war der
Logos und der Logos war bei Gott und Gott war der Ix)gos" (Job. I, 1 'Ev doxfi >;»' :
« /.öyog xai 6 Xöyog 7}v tiooc tov &e6v xai d^sog »;>' ö /.öyog), und alles, was geworden
ist, ist 8iä tov Xoyov geworden (I, 3, 10: .^ätia 81 avxov iysvEzo). Man braucht keines-
wegs mit E. Norden fDie antike Kunstprosa II, 973 ff.) die Vermutung zu hegen,
„daß in einer der grandiosesten Schöpfungen des menschlichen Geistes eine direkte
imd be^vußte Eeminiszenz an das gedankengewaltige Proömium des ephesinischen
Philosophen vorliegt", obwohl diese Möglichkeit bei den überraschenden An-
klängen des johanneischen Prologs an die Eingangsworte des heraklitischen
Werkes (Diels, Die Fragmente der Vorsokratiker, Berlin 1903, 2. A. 190'). Fragm.
1: (roü 8s} köyov rov8' iövrog {^ds'c} yiyrofievcoi' yao (jrdrTfor) xarä z6%' Äöyov
t6v8s) offen bleibt, um Schwerpunkt seiner Wirksam-
so mehr, als Johannes den
keit nach der Heimat Heraklits verlegt hatte und von dem vielgelesenen Buch
des ephesinischen AV eisen leicht Kenntnis haben konnte. das Auf- Um
tauchen des hellenischen Logosbegriffs im vierten Evangelium
verständlich zu finden, genügt schon, darauf hinzuweisen, daß die heraklitisch-
stoische Logoslehre längst Gemeingut aller religiös interessierten hellenistischen
Kreise geworden war. Tatsächlich setzt ja auch Johannes den Logosbegriff als
l>ekannt voraus.
Mag nun aber auch die Ansicht wohl l)egründet sein, daß der vierte
Evangelist an die Logoslehre der Philosophie anknüpft, so darf doch der
tiefgreifende Unterschied mcht übersehen werden, der, von allem
§ 4. Die neutest. Schriften. Jesus u. die Apostel. Christentum u. Hellenismus. 1
Revue Biblique 1912, 210, 211) hätte Epiktet nicht nur von der Existenz des
Christentums Kenntnis gehabt, sondern er hätte auch Paulus gelesen und ihn in-
direkt angegriffen, ohne ihn ganz verstanden zu haben.
08 sind dot-h nur Hypothesen, die auf tönernen Füßen stehen. Der Nachweis der
Hauptsache, daß nämlich die Entstehung des Kerns der Poiraandresschriften in
«iie Zeit von Christi Geburt, überhaupt in die Zeit vor der johanneischen Lite-
ist ihm nicht geglückt, wie insbesondere Dibelius und Krebs (Der
ratur falle,
Logos Heiland im ersten Jahrhundert. Mit einem Anhang: Poimandres und
als
Johannes. Freiburg 1910, 119 ff.) im einzelnen gezeigt haben. Beide Forscher
weisen auf die Verwandtschaft der Poimandresschriften mit der Valentinia-
nischen Gnosis und damit auf eine viel spätere Abfassung hin.
Inseinem neuesten Werk (Die hellenistischen Mysterienreligionen, ihre
(Grundgedanken und Wirkungen, Leipzig und Berlin 1910) führt Reitzen stein
seine religionsgeschichtlichen Studien fort. Während er in Poimandres S. 79 die
paulin isc he Mystik nur flüchtig gestreift hatte, wird sie indem eben genannten
Buch in den Mittelpunkt gerückt. Reitzenstein behauptet einen weitgehenden Ein-
fluß der hellenistischen Mysterientheologie und speziell der hermetischen Literatur,
ihrer Sprache, ihrer Anschauungen, ihrer Bilder auf Paulus. Der Apostel habe
die hellenistische religiöse Literatur gelesen, er rede ihre Sprache, er habe sich in
ihre Gedanken hineinversetzt (a. a. O. 59). Diesen Aufstellungen gegenüber
müssen dieselben Bedenken geltend gemacht werden, wie vorhin bei der johanneischen
Literatur. Die Unsicherheit in der Datierung der benutzten Texte entzieht den
Heitzensteinschen Folgerungen jeden Schimtner von Wahrscheinlichkeit. Ein ein-
wandfreier Beweis für die Abhängigkeit des Paulus von der hellenistischen Mysterien
religion ist nicht erbracht.
sie anderseits, indem er ihr unterlag, doch zugleich mit mannigfachen Elementen
seiner selbst.
23), Den gebildeten Hellenen war die Ijchre von einem gekreuzigten Gotte aus
jüdischem Geschlecht eine abergläubische Torheit (ficogia, ebendaselbst), weshalb
nicht viele Hochstehende sie annahmen (1. Kor. I, 26 ff.). Die Schwachen, Be-
lasteten und Unterdrückten aber hörten gern die Botschaft von dem zu ihrer
Niedrigkeit herabgesti^enen Gotte und die Predigt von der zukünftigen Auf-
erstehung zu seligem Leben. Ihrem Bedürfnis entsprach der Trost im Unglück,
nicht die Reügion der heiteren Befriedigung. Die Opposition gegen die Unter-
drücker gewann in dem Glauben an Christus einen geistigen Halt, die gegen-
seitige Unterstützung in dem Gebote der Liebe ein kräftiges Motiv. Auf das
materielle und geistige Interesse des einzelnen, auf persönliche Moralität und
individuelle Glückseligkeit nach der Aufhebung der politischen Selb-
fiel jetzt
ständigkeit der in der frühem einander ganz femstehenden, teils be-
Zeit teils
ständig einander befehdenden Städte und Nationen ein weit volleres Gewicht als
zuvor.
verband mit dem Glauben an Jesus als den Messias die Beobachtung
des mosaischen Gesetzes, verlor aber bald an Kraft. Das Heiden-
christentum dagegen, welches sich zeitig und in allen Teilen des
römischen Reiches ausbreitete, hielt sich von der jüdischen Sitte fern,
war aber überzeugt, an die Stelle der Juden in die Bundesgemein-
schaft mit Gott eingetreten zu sein. Die Bedeutung und die histo-
rische Wirksamkeit dieses Unterschiedes ist seit Ch. F. Baur Gegen-
stand zahlreicher Untersuchungen gewesen und oft weit überschätzt
worden. Insbesondere war es verfehlt, aus diesem Gegensatz und
seiner Ausgleichung oder aus einem seiner beiden Glieder (Petrinismus,
Paulinismus) die Entstehung der katholischen Kirche ableiten zu
wollen. Andere Kräfte als jener Gegensatz bedingten die Gestaltung
des Christentums in der Form der katholischen Kirche mit ihrem
Universalismus, ihrer Hierarchie, ihrer Organisation in Lehre, Leben und
Kultus. Die Macht desselben Glaubens an dasselbe Evange-
lium Jesu, ohne nationale Schranken verkündet durch dieselben Lehr-
autoritäten der Apostel, verband in gleicher Weise Juden wie Heiden,
Griechen wie Barbaren, und schloß alle zur einen umspannenden
brüderlichen Gemeinschaft {ixxXt^ola rol ^eoc GaL 1, 13; l. Kor. 15,
19) zusammen. Daß ihre ursprüngliche und wie im Keime vorhandene
Eigenart und Struktur im Laufe der Zeit und im Kampfe mit den
Gegnern in Lehre, Kultus und Verfassung immer deutlicher und klarer
und in festen, objektiven Normen sich ausprägen mußte, erscheint als
das unabweisbare Ergebnis einer naturgemäßen und kraftvollen Ent-
wicklung
Ein dem unsrigen bereits nahekommender gesamtapostolischer
Schriftkanon, der den drei ersten unserer Evangelien unter Verweriung
anderer das Jobannes-Evangelium anreihte und damit eine Sammlung
apostolischer Schriften verband, wurde konstituiert. Das Christentum
entfaltete sich unter Aufhebung des mosaischen Zeremonialgesetzes
wesentlich als das neue Gesetz, welches eine Reihe von Ver-
pflichtungen auferlegte, allen Menschen die Möglichkeit
bot, sich zu bekehren, durch Reue Vergebung der Sünden
zu erhalten und sich durch ein sündenloses Leben Un-
sterblichkeit zu verschaffen. Durch die Glaubensregel wurde
der Glaubensinhalt in gesetzlicher Form bestimmt, im Zusammenhang
mit der Ausbildung einer neuen hierarchischen Verfassung. Die
Regula fidei geht vorwiegend auf die objektiven Voraussetzungen
des Heils, und zwar auf Grund der zumeist durch die Taufformel
allgemein im christlichen Bewußtsein sich fixierenden Begriffe von
Gott, dem Vater der Welt, und seinem eingeborenen Sohn und dem
heiligen Geist, im Gegensatz einerseits zum Judaismus, anderseits
22 § 5. Judenchristentum. Heidenchristentum. Katholische Kirche.
Die Bezeichnung xadohxi] exxkrjoia kommt zuerst vor bei Ignatius in seinem
Brief an die Christen zu Smyrna (c. 8, 2), und zwar
Gesamtgemeinde im
für die
Gegensätze zu den Einzelgemeinden, sodann im Muratorischen Fragment. Der
katholischen Kirche galt das Christentum wesentlich als neues Gesetz.
Vgl. schon Joh. XIII, 34: ivroÄrj xaivr), wie auch Paulus Gal. VI, 2 die Liebe,
die sich in gegenseitiger Unterstützung betätige, als den vöiAog zov Xgiaiov im
Unterschiede von dem mosaischen Gesetze anerkennt. Vgl. 1. Kor. XI, 25
2. Kor. III. t) und Hebräer VIII, 13: xaivr] fita^xrj Epist. Barnabae II, 6:
,
nova lex Jesu Christi. Die Gesetzes form im Glauben und Handeln und in der
Verfassung erklärt sich zum Teil aus dem Einfluß, den die alttestamentliche Ge-
setzesreligion und Hierarchie auf die Christen üben mußte, wie auch aus dem
Einfluß der altchristlichen Tradition, besonders der Adym Kvgcaxä, zum andern
Teil aus dem naturgemäßen Bedürfnis objektiver Normen und aus der moralischen
Reaktion gegen einen exzessiven Antinomismus. Geradeso beruhte auch der
Übergang von Luthers Glauben zu Luthers Glaubenssätzen und weiterhin zu den
Symbolen der lutherischen Kirche teils auf dem bei aller Gegnerschaft doch
wesentlich mit einwirkenden Vorbild der alten Kirche, teils auf der innern Not-
wendigkeit objektiver Normen und auf der Reaktion gegen extrem reformatorische
Richtungen.
Neander bezeichnet neben der geringen Macht und Reinheit des religiösen
Geistes in auch das alttestamentliche Vorbild, das
der nachapostolischen Zeit
zunächst in bezug auf die Verfassung Geltung erlangt habe, als Ursache, weshalb
in der altkatholischen Kirche eine neue Zucht des Gesetzes zur Geltung gelangt
sei. Auf die sukzessive Entfaltung und Ausgleichung des Gegensatzes zwischen
Judenchristentum (Petrinismus) imd Pauliniomus legen Baur und Schwegler
das Hauptgewicht. Für die Entstehung des katholischen Christentums schreiben
beide, besonders Schwegler, dem Judenchristentum den größten Einfluß zu.
Dagegen hat namentlich Albrecht Ritschi darzulegen unternommen, daß
das katholische Christentum nicht aus einer Versöhnung oder Synthese des
.Tudenchristentums und des Heidenchristentums hervorgegangen sondern eine ,
Stufe des Heidenchristentums allein sei. Der Grund der Umbildung des Pauli-
nismus liegt nach Ritschi in dem kirchlichen Bedürfnis allgemein gültiger
Normen des Denkens und des Lebens gegenüber der bei Paulus selbst durch seine
Eigentümlichkeit und seine Erfahrung getragenen mystischen Gebundenheit des
theoretischen und praktischen Elementes im Begriffe des Glaubens, wobei freilich
mit der Fixierung dessen, was in der Anschauung des Paulus flüssig und lebendig
war, auch die Innigkeit und Erhabenheit des paulinischen Christentums verloren
gegangen sei (Entstehung der altkath. Kirche, 1. Aufl. S. 273). In der zweiten
Auflage seiner Schrift hält A. Ritschi dafür, die Frage sei nicht so zu stellen,
ob sich die altkatholische Kirche auf der Gnnidlage des Judenchristentums oder
des Paulinisraus, sondern ob sie sich aus dem Juden- oder Heidenchristentum
entwickelt habe, und kommt zu dem Resultat, daß sie eine Stufe des Heiden-
christenturas allein sei. Das Heidenchristentum sieht er aber nicht als rein pa»i-
linische Richtung an, sondern es soll nur unter einem vorwiegenden Einfluß von
„paulinischen Gedanken, wenn auch in gebrochener Gestalt, stehen". Er bemerkt:
.,Die Heidenchristen bedurften erst der Belehrung über die Einheit Gottes und
die Geschichte seiner Bundesoffenbarung, über sittliche Gerechtigkeit und Gericht,
§ 5. Judenchristen turn. Heidenchristentuni. Katholische Kirche. 23
über Sünde luid Erlösung, über Gottesreich und Sohn Gottes, ehe sie ;iut die
dialektischen Beziehungen zwischen Sünde und Gesetz, Gnade und Rechtfertigung,
Glaube luid Gerechtigkeit einzugehen venuochten" (2. Aufl. S. 272). Als der
eigentliche Vertreter des sich zur katholischen Kirche entwickelnden Heideii-
christentums gilt ihm Justin der Märtyrer. Derselbe gibt, wie Ritschi meint, die
Auffassung des Christentums als des neuen Gesetzes in der Form, die von der
katholischen Kirche angenommen worden ist. Er hat aber auch die Ansicht
wenigstens in ihren Anfängen entwickelt, welche dann in der Lehre von der
„Homousie des Logos" zum vollendeten Ausdruck gelangte. Als Heidenohrist
war Justin nach Ritschi nicht fähig, in die alttestamentlichen Voraussetzungen
der pauhnischen Lehre voll einzudringen, und verwischte die (grenzen do^ reli-
worden: Die große Christenheit jener Zeit hat als heidenchristliche die über-
lieferten Grundzüge der evangelischen Botschaft und die Gabe des alten Testa-
ments auf ihren eigenen Gnmdlagen entwickelt. Der Paulinismus spielt dabei
eine verhältnismäßig geringe und das Jndenchristentum (im strengen Sinn) gar
keine Rolle" (A.Harnack, Dogmengesch. I, 4. A., Tübingen 1909, 242).
Das Judenchristentum ist charakterisiert durch die Vereinigung der
Beobachtiuig des mosaischen Gesetzes mit dem Glauben
Messiaswiude
an die
Jesu. Es schied sich seit dein Auftreten des Paulus in zwei Fraktionen. Die
strengeren Judenchristen, die Partei der Judaisten, welche an den nationalen
Grenzen und dem Partikularismus des Judentums festhielten, erkannten das
Apostelamt des Paulus nicht an und ließen die im Heidentum geborenen Christen
nur unter der Bedingung, daß sie sich der ßeschneidung unterwürfen, als (je-
nossen des Messiasreiches gelten. Die milder gesinnten Judenchristen «iber ge-
standen dem Paulus eine berechtigte Wirksamkeit unter den Heiden zu und
forderten von den aus dem Heidentum hinzutretenden Gläubigen nur die Beob-
achtung der für die Proselyten des Tores bei den Juden geltenden Gebote (nach
dem sog. Aposteldekret, Act. XV, 29: auri/sadm fi<S(o).oövTv)r yal uuiaio^ xni
.-TriPiTov xai
.TnovF.i'uc:. Gal. II, 10 dagegen wird nur die Beisteuer für die Armen
erwähnt). Die mildere Fraktion, welche den Heidenchristen Duldung gewährte,
war schon zur Zeit Justins zu einer nur geduldeten Richtung herabgesunken
(Dial. c. Tryph. c. 47). Die strengere Fraktion verlor an Haltung in dem Maße,
wie der Gegensatz zwischen Christen und Juden sich schärfte. Schließlich fanden
heidnisch-babylonische und gnostische Anschauungen Eingang und führten zu
den häretischen Parteibildungen der Ebioniten und Elkesaiteu und zu Schriften,
wie das judenchristlich-gnostische yt'/ovyua IJeroov, das den Pseudodementinen
als letzte Quelle zugrunde liegt (vgl. Hoennicke, Das Judenchristentum, Berlin
19(18. 228 ff. und A. Harnack, Dogmengesch. 1,4. A.. Tüb. 1909. 310-3341.
Das nach der Unterdrückung des Aufstandes unter Barkochba (135 n. Chr.) er-
lassene welches den .luden den Aufenthalt in Jerusalem untersagte,
Dekret,
schloß auch nach jüdischem Gesetz lebenden Judenchristen von diesem Zen-
alle
tralpunkte der Christenheit aus und ließ nur eine vom mosaischen Gesetze freie
Christengemeinde da.selbst bestehen, die sich nunmehr unter einem Bischof aus
den Heidetichrislen konstituierte. Endlich schloß die einen gesanitapostoliseheii
Kanon tum 175 n. Chr.) rezipierende katholische Kirche alles Judenchristentum
24 § 5* Judenchristentum. Heidenchristentum. Katholische Kirche.
als häretisch von eich aus, so daß es nach dieser Zeit nur noch als Sekte fort-
existierte.
Hat das Judenchristentum und der Judaismus in der Geschichte der Ent-
wicklung des Christentums und der Kirche keine große Bedeutung gehabt (Hoen-
nicke, Das Judenchristentum, Berlin 1908, 248), so war um so wichtiger die
RoUe, welche die Religion und die religiöse Organisation des Judentums
spielte. Das Judentum mußte naturgemäß in Kultur und Verfassung, in Glaubens-
und Sittenlehre einen mächtigen Einfluß auf das Christentum gewinnen, da das
letztere mit ihm aufs engste historisch zusammenhing und die Vollendung der
den Juden gewordenen göttlichen Offenbarung darstellte. Die aus dem Juden-
tum stammenden Christen, die den universalen Charakter der Religion Jesu rück-
haltlos anerkannten hatten gegenüber den aus dem Heidentum gekommenen
,
Anderseits mußte bei der schroffen und ablehnenden Haltung des größten
Teils der jüdischen Nation und bei dem raschen Anwachsen der Zahl der heiden-
christlichen Gemeinden in allen Missionsgebieten inersterLinie dieHeidenwelt
der fruchtbare Boden werden, auf welchem der lebenskräftige Stamm des Christen-
tums und der Kirche heranwuchs. Es konnte nicht ausbleiben, daß schon früh
den Heidenchristen innerhalb des Christentums eine führende Stellung zukam.
Dieser Umstand blieb aber für die Gestaltung der christlichen Lehre nicht ohne
Einfluß. Der christlichen Intelligenz aus dem Heidentum standen die wertvollen
Schätze einer reichen intellektuellen Kultur, der antiken und hellenistischen Philo-
liophie und Literatur, zur Verfügung. Nicht als ob das Christeuttmi das restlose
Ergebnis des Hellenismus gewesen wäre, oder als ob es durch die philosophische
Spekulation in seinem Wesen eine Alterierung erfahren hätte. Vielmehr stand es
in seinen Anfängen der weltlichen Kultur mit größter Reserve gegenüber,
ersten
und auch noch nach dem Vorbild von
später tmterließen seine Vertreter nicht,
Paulus (L Kor. 1, 18 ff. imd Koloss. 2, 3, 8) auf die tiefen Gegensätze und auf
die Kluft hinzuweisen, welche die Weisheit Christi von der Weisheit der Welt
trennte. Ja es fehlte nicht an solchen, die in der heftigsten Weise gegen die
Philosophie, ihre Lehren und Lehrer, polemisierten. Indessen waren aber doch
auch der Berührungspunkte zwischen beiden nicht wenige,
und eine breite Zone verwandter und gemeinsamer Überzeugungen und
Voraussetzungen trat mit luiverkennbarer Deutlichkeit heraus. Man braucht
sich nur an die theologischen, kosmologischen, ethischen, asketischen und
psychologischen Lehren der Philosophie zu erinnern. Aber noch mehr. Wie
schon oben S. 18 ausgeführt wurde, konnte das Christentum der Reflexion und
Spekulation, der Denkmittel wichtiger und einflußreicher philosophischer Begriffe
und Methoden, auf die Dauer nicht entbehren, sobald es sich darum handelte,
seine Lehren begrifflich zu formuüeren, zu begründen, zu verteidigen, in einen
inneren Zusammenhang zu bringen. Diese wertvollen rationalen Hilfsmittel
nahmen aber den Weg ins Christentum in erster Linie durch hochgebildete Hei-
den, die sich zur Religion Jesu bekannten.
Die Im vorigen angedeuteten, zu Anfang des Christentums herrschenden
Gegensätze und Bildungsunterschiede bedingen auch die Anfänge der philo"
§ 6. Die apoetolischen Väter. 25
Zur Feststellung des neutestamen tlichen Kanons sah sich die Kirche
genötigt diurch die über die Eeinheit der Lehre zu wachen, und durch
Pflicht,
das Bedürfnis nach gottesdienstlichen Vorlesungsbüchem. Im Kampfe mit den
gnostischen Häresien, insbesondere mit Marcion und seinen Anhängern, wurde
diese Notwendigkeit noch verstärkt. Von Wichtigkeit für die Kenntnis des Ka-
nons ist das Muratorische Fragment (H. Lietzmann, Kleine Texte für
theol. u. philol. Vorlesungen 1. G.Rauschen, Floril. patrist. III, 1905, 24—35),
ön lateinisches Verzeichnis der kanonischen Bücher des N. T., das von Lodov.
Ant. Muratori aufgefunden und 1740 in seinen Antiquitates italicae medii aevi III
veröffentlicht wurde. Das Verzeichnis ist im Abendland verfaßt und nicht später
als in dem letzten Viertel des zweiten Jahrhunderts.
Erster Abschnitt.
von Chiliasmus ist. Gott der Schöpfer und Regierer der Welt ist zu-
gleich Erlöser. Eine Erlösung ist aber nötig, Welt und da-
weil die
mit auch die Menschheit bald nach der Schöpfung in die Gewalt
böser Dämonen gekommen war. Vermittelt wird die Erlösung durch
Jesus, der gleich Gott als „Herr" bezeichnet wird, „himmlisches Geist-
wesen" ist, Fleisch angenommen hat und nach vollendetem Werk
wieder dahin, woher er gekommen, zurückgekehrt ist.
G. Jacobson, Oxon. 1838 u. ö.; ed. Car. Jos. Hefelc-, Tübinir. 1839. ed. 4, 1855;
Patres apostoliri. Textum rec., annotationib. critic, exeji^(>ticis, historicis illustrav.,
versionem latinam, prolegomena — addidit, F. X. Funk. Ed. post Hefelianam
tjuartam .juinta, 2 voll., Tub. 1878-1881; ed. 2 adaucta et emendata, Tub. 1901;
derselbe, Die apostolischen Väter, Freiburg 1901, 2. A. 1906 (Sammlung ausge-
wählter kirchen- und dogmen geschichtlicher (Quellenschriften als Grundlage tür
Seminarübungen, hrsg. unter Leitung V. G. Krüger); ed. Albert Dresse!, I^eipzig
1857. 2. Aufl. 1863. Patrum Apostolicorum Opp. Textum recensuerunt, comraent.
exeget. et bist, illustravenmt O. de Gebhardt, A. Harnack. Th. Zahn. Ed.
post Dresselianam alteram tertia, Fase. I Barnabae ep. Graeoe et Latine, Cle-
:
mentis R. epj). recens. atque illust.. Papiae (juae siipersunt. Presbyterorum reli-
quias ab Iren, servatas. Ep. ad Diognetuni adieeerunt O. de Gebhardt et
A. Harnack, Leipzig 187.5, Fa.sc. II: Ignatii et Polycarpi epistulae, martyria,
fragmenta, rec. et ill. Th. Zahn, ibid. 1876; Fase. IIJ: Herm.ie Pastor graece,
adaita versione latina etc. recensuerunt O. de Gebhardt et Ad. Harnack.
Lipsiae 1877. Fase. I. partis 1. ed. II.: Cleiuentis R. ad Corinth. epp. Textum
ad fidem co<lieum et Alexandr. et Gonstantinopolitani nui>er inventi rec. O. de
Gebhardt et A. Harnack, Leipzig 1876; Fasel, partis 2. ed. altera, Barnabae
epist., Papiae quae supersunt etc., Lipsiae 1878; Patrum ai>ostoliconim oj)era, —
recens. O. de Gebhardt. A. Harnack, Theod. Zahn, ed. minor. Lipsiae
1877, 5. Aufl. 1906. Novum Testamentum extra Ganonem receptuni (1. Cleni.
Rom. epist., Barnabas, 3. Hermas, 4, librorum deperd. fragmenta: Fv. sec.
2.
Hebr., sec. Petrum. sec. Aegyptios. Matthiae tradit.. Petri et Pauli praedicationis
et actunm. Petri apoealvpseos etc. quae supersunt) ed. Ad. Hilgenfeld, Leipzig
1866;. ed. II, Leipzig 1876—1884. - The Apostolic Fathers. Part. II S. Ignatins. :
Freiburg 1901, 2. ed. 1906. Über die handschriftl. LTberlieferung (codex Sinaiticos
n. cod. JBierosolymitanus, die den vollständigen griech. Text enthalten) und die
älteren Ausgaben siehe O. Bardenhewer, Patrol, 3. A., Freiburg 1910, S. 22 —
23. KirsoppLake, Codex Sinaiticus Petropolitanus. The New Testament, the
epistle of Barnabas and the Shepherd of Hermas, preserved in the libr. of St.
Petersburgh. Now
reproduced. in facsimile etc., Oxford 1911.
Die alte lateinische Übersetzung des Barnabasbriefes wurde neu heraus-
gegeben von J. M. Heer, Die Versio latina des Barnabasbriefes und ihr Ver-
hältnis zur altlateinischen BibeL Erstmals untersucht nebst Ausgabe und Glossar
d. griech. u. latein. Textes, Freiburg 1908.
V. Folykarp.
Migne, P. gr. 5, 1005-1016 (nach Hefele, Opp.
Patr. apost. ed. 3, Tubingae
1847). Ignatii et Polycarpi epistulae, martvria, fragm., rec. et ill. Th. Zahn,
Lips. 1876. F. X. Funk, Opp. Patr. Apöst. vol. 1, Tub. 1878, 1901; kleinere
Ausg. in d. Samml. Krüger, Freiburg 1901, 2. ed. 1906. J. B. Lightfoot,
The apost. fathers, II, Polycarp, London 1885. G. Volkmar, Lpistulam
Polycarpi Smyrnaei genuinam* rec, Zürich' 1885. Ignatii Antiocheni et Polycarpi
Smyrnaei epistulae et martyria. Ed. et annotationibus instruxit A. Hilgenfeld,
Berlin 1902. Ch. Papadopulos, Magrigtov tov dyiov IIo?.vxäQJiov fierä ngoXe-
youEvcov, 'ExxX. 4>äQog I, 1908, S. 209—230. A. Lelong, Ignace d'Antioche et
Polycarpe de Smyme. Texte grec, traduct. frang., introduction. Paris 1910 (Les
Peres Apostoliques III).
Die lateinische Übersetzung des Phihpperbriefes wurde zueret von J. Faber
Stapulensis, Paris 1498 herausgegeben. Neuere Ausgaben bei Migne 1. c. 5,
—
1015 1022; bei Zahn in seiner Ausgabe; bei Funk, Die Echtheit der Ignatia-
nischen Briefe, Tübingen 1883, 205—212.
menta, Lipsiae 1876; Fr. X. Funk, Opp. Patr. apost. vol. I, Tub. 1878, 2. ed.
liWl; kleinere Ausg. in der Samml. Krüger, Freiburg 1901, 2. ed. 1906; J. B.
Lightfoot, The Apostolic Fathers, Part. II, S. Ignatius, S. Polycarp. Revised
texts with introductions etc., 2 vols., Lond. 1885, 1S^9. A. Hilgenfeld, Ignatii
Antiocheni et Polycarpi Smyrnaei epistulae et martyria, Berlin l9Cß. A. Lelong,
Ignace d'Antioche et Polycarpe de Smyme. Texte grec, traduct. frany., intro-
duction, Paris 1910 (Les Pferes Apostoliques III).
Ausgaben der längeren Rezension finden sich bei Migne, 1. c. 5, 721
—941; bei Zahn, I. c. 174-296; bei Funk, 1. c. II, 46-213; bei Lightfoot,
§ 6. Die apostolischen Väter. Ausgaben und Übersetzungen. 29
1. c. 709—857. Über den Urheber der längeren Rezension Funk, Die aposto-
II,
lischen Konstitutionen, Eottenburg 1891, S. 281 — 355; derselbe, Kirchengesch.
Abhaudl. u. Unters. II, 1899, S. 347—359, III, 1907, S. 298—310.
Ein umfangreiches Fragment aus den Ignatiusbriefeu (ad Smyrn.) bringen
C. Schmidt und W. Schubart, Altchristi. Texte, Berlin 1910 (Berliner Klas-
gikertexte 6).
Die lateinische Übersetzung der längeren Rezensipn bei Zahn. 1. c, 175
—296, bei Funk, 1. c. II, 47—213. Die latebiische Übersetzung der kürzeren
R^ension bei Funk. Die Echtheit der Ignatianischen Briefe aufs neue ver-
teidigt, Tübingen 1883, S. 151—204, bei Lightfoot, 1. c. II, 597-652. Beide
lateinischen Übersetz, wurden ediert von P. de Lagarde, Göttingen 1882.
Die syrische Version dreier echter Briefe, die von W. Cure ton, London
1845 zuerst' publiziert wurde, findet sich neu herausgegeben von W. Wright bei
Lightfoot, 1. c. II, 659-687.
Die armenische Übersetzung ist neu herausgegeben worden von J. H.
Petermann, S. Ignatii quae feruntur epistulae una cum eiusdem martyrio,
Leipzig 1849.
1906. Ph. Schaff, The Teaching of the Twelve Apostles, 3. ed. New York
1889. A. Harnack, Die Lehre der zwölf Apostel, Leipzig 1884 (Texte und
Unters. II, 1 u. 2); derselbe, Die Apostellehre u. d. jüd. neiden Wege, Leipzig
1886, 2. A. 1896. H. Lietzmann, Die Didaehe mit krit. Apparat. 2. A.
(Kleine Texte f. theol. u. phUol. Vorles. 6). ^ Neueste Ausgabe von Laurent,
Oger et Hemmer, mit Einleit. u. französ. Übersetzung, Paris 1907.
Eine alle lateinische Übersetzung der sechs ersten Kapitel der Didaehe
hat nach einer Münchener Handschr. (s. XI) Schlecht, Doctrina XII aposto-
lorum, Friburgi 1900, herausgegeben.
Später wurden durch päpstliche Bullen von den Griechen Athanasius, Basilius d.
Gr., Cyrillus von Jerusalem, Gregor von Nazianz, Chrysostomus, Cyrill von Ale-
xandrien und Johannes von Damaskus, von den Lateinern Hilarius von Poitiers,
30 § »• r>ie apostolischen Väter. Clemens von Rom.
Petrus Chrysologns. Leo d. Große, Isidor von Sevilla, Beda Vener., Petrus Dami-
ani,Amselm von Canterbury, Bernhard von Clairvaux, Thomas von Aquino und
Bonaventura zu dem Range von Vätern und Lehrern der Kirche erhoben.
Nicht als patres, sondern nur als scriptores ecclesiastici werden
Männer anerkannt, bei denen jene Kriterien, insbesondere das der Orthodoxie,
nicht in vollem Maße zutreffen, namentlich: Papias, Clemens von Alexandrien,
Origenes, Tertullian, Eusebius von Caesarea und andere.
Clemens von Rom ist wahrscheinlich von dem im Philipperbriefe IV, 3
erwähnten Clemens in Philippi, mit welchem letzteren er von Origenes, Eusebius,
Hieronymus und anderen identifiziert wird, zu unterscheiden. Über seine Person
liegen einander widersprechende Angaben vor. Nach den pseudo-clementinischen
Rekognitionen war Clemens der Sohn eines vurnehmen Römers, namens Fausti-
nianus. Er reiste, um die christliche Lehre ivSnnen zu lernen, nach Caesarea in
Palästina, wo er den Petrus fand und von diesem Belehrung über das Christen-
tum empfing. Nach dem unechten Briefe des Clemens an den Apostt-l Jacobus
hat ihn Petrus zu seinem Nachfolger auf dem römischen Bischofsstuhle erwählt.
Nach Tertullian folgte er unmittelbar dem Petrus im Amte. Nach Irenäus, Eu-
sebius, Hieronymus und anderen war er der vierte römische Bischof, indem zwischen
Petrus und ihm Linus und Anacletus das Amt bekleideten. Eusebius und Hieronymus
lassen ihn von 92—101 n. Chr. der römischen Kirche vorstehen. Mit dem Konsul
Flavius Clemens, der 95 oder 96 n. Chr. als judaisierender Atheist (also wahr-
scheinlich als Christ) unter Domitian hingerichtet wurde, hatten ihn die späteren
Legenden identifiziert; doch ist die Identität nicht anzunehmen.
Eine Spaltung, die in der Gemeinde zu Korinth entstanden war, und zwar
nach der Angabe des in der Mitte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. lebenden
Hegesippus (bei PCuseb. Hist. eccles. III. Iß) zur Zeit des Domitian (81—96), erscheint
als der Anlaß zu dem im Namen der römischen Gemeinde verfaßten offiziellen
Sendschreiben, welches als der erste Clemens-Brief auf uns gekommen ist.
Das Schreiben zeigt, w^ eiche gewaltige Sprache die römische Gemeinde in da-
maliger Zeit anderen Gemeinden gegenüber schon führte. Seine Abfassungszeit
ist am besten zwischen 93 —95 anzusetzen, kaum erst 96 oder 97. (Nach Volk-
mars Ansicht ist es jedoch unecht und um 125 verfaßt, auch von Hausrath, Neu-
testämentliche Zeitgeschichte, wird seine Abfassungszeit weiter henmtergerückt.)
Clemens will in dem Briefe nichts Eigenes vortragen, sondern nur Be-
kanntes seinen Lesern zu Gemüte führen. "Wir werden zwar, so lehrt er, nicht
durch uns selbst gerecht, nicht durch unsere Weisheit, Einsicht, Frömmigkeit,
Werke, sondern durch deii Glauben. Aber wir sollen darum doch nicht träge
sein zu guten Werken und nicht ablassen von der Liebe, sondern mit freudigem
Eifer jedes gute Werk vollbringen, wie auch Gott, der Schöpfer, selbst sich seiner
Werke freut. Wir müssen Gutes tun, weil Gott es will, und die Heiligen der
Vorzeit sind gerecht erfunden worden nicht nur wegen ihres Glaubens allein, son-
dern auch wegen ihres Gehorsams. Wo
die Liebe herrscht, können Spaltungen
nicht bestehen. Haben wir nicht Einen Gott und Einen Christus und Einen
Geist der Gnade, der über uns ausgegossen ist, und ist nicht Eine Berufung in
Christo? Christus wurde von Gott gesandt, die Apostel von Christus. Durch die
Auferstehung Christi mit dem heiligen Geist erfüllt, verkündeten sie das Kommen
des Reiches Gottes und setzten die ersten Gläubigen zu Aufsehern und Dienern
{F:;iio>i6.-Tovg xai ötaaövov?, Vgl. Phil. I, 1) der übrigen ein. Den Vorstehern schul-
den wir Gehorsam, den Ältesten Ehrerbietung, Durch Hinweisung auf die alt-
testara entliche Ordnung, deren symbolisches Verständnis /vöjatg (vgl. 1. Kor.
§ 6. Die apostolischen Väter. Clemens von Rom. 31
XII, 8; Hebt. V. und VI.) ist, stützt der Verfasser die beginnende christliche
Hierarchie. Den Zweifel vieler an Christi Wiederkunft und an der Auferstehung
sucht er auch durch Naturanalogien, wie den Wechsel von Tag und Nacht, das
Wachsen des Samenkorns, das (vermeintliche) Wiederaufleben des Vogeb? Phönix
zu beschwichtigen. Das Soziale spielt, wie in dem alten Christentum überhaupt,
so auch Clemens eine gioße Rolle. Vorzüglich wird neben dem Glauben die
bei
liiebe gefordert, nach welcher jeder das allen NützUche und nicht das Seine sucht.
Der sogenannte zweite Brief, der die Lehrer zu einem ihrer Berufung
würdigen Lebenswandel ermahnt, ist kein Brief, sondern eine Homilie. Von
Christus heißt es 9, 5 Kgiazog 6 xvqioz 6 owaag rjfiäg <wv uiv i6 tiowtov Jivevfia
:
eyevEio oägS, xal ovxco? rjfiäg ixdXeasv. Die Homilie zeigt in ihren Anschaungen
viel innere Verwandtschaft mit der Ajwkalypse des Hermas und rührt nicht von
dem Verfasser des ersten Briefes her (nach Harnack vom römischen Bischof
Soter) Ihre Abfassung wird in die Zeit zwischen 130 167 zu setzen sein. —
Die Briefe an Jungfrauen (Asketen beiderlei Geschlechts), welche ziierst
Wettstein in einer syrischen Version entdeckt und 1752 zu Leiden herausgegeben
hat, sind unecht.
Die apostolischen Konstitutionen und Kanones, die dem Clemens
Romanus auch zugeschirieben wurden, moralische und kirchenrechtliche Lehren
enthaltend, stammen in ihrer gegenwärtigen Form erst aus dem Ende des vierten
oder aus dem Anfang des fünften Jahrhunderts n. Chr. Einzelne Partien sind
älter, so diejenigen, welche eine Bearbeitung der Didache (B. 7) und der Aposto-
Werken. Sie enthalten jedoch mehr spekulative Elemente als dit- Rekognitionen.
Ihr theoretischer Fundamentalsatz ist, daß Gott, der Eine, alles nach Gegensätzen
geordnet habe. Gott steht zu seiner Weisheit, der Bildnerin des All, in dem
Doppelverhältnis der avarokij, wodurch er mit ihr eine Einheit (/noväg) bildet, und
exxaaig, wodurch diese Einheit sich in eine Zweiheit zerlegt. Auf dem Gegensatze
des Warmen und Kalten, Feuchten und Trockenen beruht die Vierzahl der Ele-
mente, in welche Gott die an sich eingestaltige Materie zerlegt, und aus denen
er die Welt gebildet hat. Der Mensch aUeln hat Willensfreiheit. Die Seelen der
Gottlosen werden durch Vernichtung Der wahre Prophet ist zu ver-
gestraft.
schiedenen Zeiten unter verschiedenen Namen und Gestalten aufgetreten, zuerst
in Adam, zuletzt in Christus. Durch Christus sind auch die Heiden der göttlichen
Offenbarung teilhaftig geworden. Was er von dem Gesetze aufgehoben hat, wie
namentlich das Opferwesen, hat niemals wahrhaft zu demselben gehört, sondern
schreibt sich von der Verfälschung her, welche die echte Tradition der dem
Moses gewordenen Offenbarung bei ihrer späteren Aufzeichnung in den alttesta-
mentlichen Schriften erfahren hat. Wer auch nur an die eine der Offenbarungen
Gottes glaubt, ist schon Gott wohlgefällig. Das Christentum ist der universelle Judais-
mus. Wenn der geborene NichtJude gottesfürchtig das Gesetz erfüllt, so ist er
.Tude, wo nicht, Heide (,"EXkr)v").
Schrift. Sie sind zuerst bezeugt von Eusebius (H. e., III, 38) und gehören in der
überlieferten Grestalt nach Bardenhewer (Patrologie, 3. A., S. 68) der zweiten
Hälfte des dritten Jahrhimderts, nach Harnack erst den ersten Jahrzehnten des
vierten Jahrhunderts an (s. Theol. Lit. Zeit., 1902, S. 570, Dogmen-Gresch. I, 4. A.,
S. 332). Der letztere hält es daß sie nicht von häretischen
für wahrscheinlich,
Christen, sondern von katholischen vornehmlich zum Zwecke religiöser Unterhal-
tung verfaßt seien, wenn ihnen auch ursprünglich judenchristliche Quellen (ein
xriQv/na JlezQov) zugrunde gelegen hätten. Die Grundschrift ist nach Harnack
und Funk-Bihlmeyer (Lehrb. d. Kirchengesch., 6 A., Paderborn 1911, 8. 97)
um 200, nach Chapman (s. Lit.) erst um 330 entstanden.
Aus den Homilien existiert eine 'Emzofirj in mehrfacher Redaktion (zuletzt
von A. Dressel herausgegeben, Leipzig 1859).
Die Schrift „Der Hirt" ist wahrscheinlich (s. Harnack, Chronologie, I,
S. —
257 267) in der Gestalt, wie sie vorliegt, um 140 — 155 veröffentlicht worden,
während einzelne Teile von ihr bereits früher geschrieben sein werden, vielleicht
auch schon in weiteren Kreisen bekannt gewesen waren. So ist es auch möglich,-
daß die Erwähnung des Bischofs Clemens, als noch mit dem Verfasser gleich-
zeitig lebend, nicht auf einer Fiktion beruht. Sie wird einem Herraas beigelegt,
der aber nur der wirkliche Verfasser sein kann, wenn \mter Hermas nicht der
Rom. XVI, 14 erwähnte, sondern der Bruder des um 139 155 der römischen —
Gemeinde vorstehenden Bischofs Pius verstanden wird, der in dem Muratorischen
Fragment als Verfasser bezeichnet wird.
Diese Schrift, die zwar offenbar aus verschiedenen, nicht unmittelbar hinter-
einander entstandenen Teilen besteht, aber doch eine einheitliche Schlußredaktiou er-
fahren hat, rührt jedenfalls von einem Heidenchristen her. Sie enthält Visionen
loQÜaeic:), die dem Hermas die Kirche als alte, aber immer jünger werdende Frau
vorführen, um schnelle Buße als nötig darzustellen, Gebote (kvtoXcU), welche ein
Schutzgeist in Hirtenkleidung (noiuriv), gesandt von einem ehrwürdigen Engel,
dem Hermas erteilt für sich und die Gemeinde, und Gleichnisse (naoaßolai), die
§ 6. Die apost. Väter. Der Hirt des Honnas. Der Barnabasbrief. 33
gedeutet Die Gebote gehen auf den Glauben an den Einen Gott, der
werden.
alleDinge geschaffen hat —
Schöpfung aus nichts auf Buße und auf den — ,
Wandel in der Furcht Gottes. Das alttestamentliehe (Jesetz bleibt unerwähnt, aber
in den Vorschriften über Enthaltsamkeit, J'asten usw. bekundet sich ein ge-
setzlicher Standpunkt, und die Lehre von überverdienstlichen Werken wird auf-
gestellt. Nach der Taufe soll noch einmal Buße zulässig sein, wenn sich die Ge-
fallenen von dem Bösen nur vollständig abwenden. Die christliche Lehre wird
vorausgesetzt, aber nicht dargelegt, und der Verfasser leitet seine eigenen Gedanken
weder aus dem Alten Testamente, noch von Sprüchen des Herrn ab. Christus
•wird von ihm als der ersterschaffene Eiigel bezeichnet wenigstens ist dies die —
wahrscheinliche Deutung der Worte — , der stet.s das reine Organ des heiligen
Gottesgeistes, ja sogar Ratgeber bei der Schöpfung gewesen sei. Gott wird mit
dem Hausherrn verglichen. Der heilige Geist ist identisch mit dem präexistenten
Sohn Gottes oder mit der präexistenten göttlichen Weisheit. Christus ist der
treueste Knecht oder Mitarbeiter des Geistes und wird durch Adoption auch Sohn
Gottes. Hiermit war eine rein adoptianische Christologie aufgestellt, von der öfter
Iwhauptet wurde, daß sie von den Ajwsteln gelehrt worden und die herrschende
gewesen sei. Durch Buße und gute Werke zur Vollendung gelangt, wird Hernias
von zwölf hilfreichen Jungfrauen umspielt, welche die Kräfte des heiligen Geistes
darstellen. Er ist als ein Baustein dem Gebäude der Kirche eingefügt. In —
seinem Poimandres behauptet Reitzen stein, der Hirt des Hermas zeige in der
fünften Vision Ähnlichkeit mit dem Anfang des ersten Stücks des hermetischen
Schriften korpus Poimandres und sei infolgedessen von der hermetischen Literatur
abhängig. Allein diese The.sc muß mit Krebs und anderen, solange keine stich-
haltigeren Gründe beigebra!-ht werden können, abgelehnt werden.
Der sogenannte Brief des Barnabas, der sich in Abhängigkeit von Philo
der allegorisierenden Schriftdeutung sehr befleißigt, ja „in der Leugnung des Wort-
sinnes der Bibel seinen Lehrer weit übertraf" (Heinisch), ist, wie Hilgenfeld
(Das Urchristentum, S. 77, und Nov. fest, extra Can. rec. II, S. XIII) annimmt, 9G
oder 97 n. Chr. unter Nerva geschrieben tvorden. Nach Harnack (Chronologie I.
S. 410—428) entstand er im Jahre 130, spätestens 131, wo auf Hadrians Befehl
Jerusalem wieder aufgebaut wurde, und der Wiederbau des Temjwls, freilich als
eines solchen des kapitolinischen Jupiter, erwartet werden konnte. Richtiger ist
es indessen, die Notiz des Briefes (c. IC) vom Tempelbau, worauf Harnack sich
stützt, als Aufbau des geistigen Tempels im Innern der gläubigen Christen zu
deuten. Verfaßt ist der Brief ganz ersichtlich von einem mit der alcxandrinischeii
Bildung vertrauten, dem Judentum bestimmt gegenüberstehenden Heidenehristen
(c. 1(): »jv tjfiibv z6 xnTOixt]Ty)Qiov ifj^ xno/^inc: .-r/Sjosg flöwXokaxQEias), vielleicht nach
der eigenen Absicht des Verfassers im Sinne luid Namen des Barnabas als des
Gesinnungsgenossen des Paulus, keinesfalls jedoch von diesem Barnabas selbst, was
freilich das gesamte christliche Altertum annahm.
Fleischwerdung Christi und durch seinen Kreuzestod geworden ist. Die Einsicht
in diesenwahren Sinn der Schrift mittels allegorischer Deutung bezeichnet der
Barnaba-sbrief als yvcHoi? (vgl.1. Kor. XII, 1 ff.; Hebr. V und VI), die .sich zu
der .-Ttor*«: höhere Stufe verhalte. Doch soll keine aristokratische Absonde-
als die
rung von der Gemeinde eintreten (vgl. Hebr. X, 25). Die (judaistische) Ansicht,
daß das Testament der Juden in dem Sinne, wie diese es auffassen, auch für die
Christen gelte, hält der Verfasser des Bamabasbriefes für eine sehr schwere Ver-
irrung. Er warnt: Iva fi?] jiQoaFoxo)ftft}a cwc frttj/.vrai xo'/ ixfivMv v6(ko (ut non
incurramus tanquam proselyti ad illorum legem, c. 3 ne similetis iis, qui peccata
;
Bua congerunt et dicunt: quia testamentum illorum et nostrum est, c. 4). Der
Schluß des Briefes (c. 19 u. 20) .schildert zwei entgegengesetzte Lebens-
wege, den Weg des Lichtes und den Weg der Finsternis, wobei wahrscheinlich
die ersten Kapitel der Didache das Vorbild abgegeben haben.
fiam, welches dem Verfasser nahe bevorstehe. In den späteren Stiicken tritt
immer stärker die hierarchische Absicht hervor. Nur die Anhänglichkeit an Gott.
Christus,- den Bischofund die Vorschrift der Apostel schützt vor der Verfühnmj^
durch die Häretiker, welche Jesum Christum mit Gift vermischen (ad Trüllianos,
e. 1 ff,). Die Doketen werden hauptsächlich in den Briefen an die Ephesicr,
Trallianer und Smymäer, die Judaisten in den Briefen an die Magnesier und
Philadelphier bekämpft. Die Theologie des Ignatius ist eng mit der christlichen
Heilslehie verbunden, wenn Ignatius auch sein Griechentum nicht verleugnet.
Durch Christus ist der Tod vernichtet worden, an Stelle der Vergänglichkeit ist
durch ihn die ünvergänglichkeit getreten. Unmittelbar mit der Erkenntnis
scheint aber die Ünvergänglichkeit nicht verbunden zu sein. Es ist ein Gott, der
sich offenbart hat durch Jesus Christus durch diesen ist die volle Gotteserkennt-
;
aber er wird yevvrjzog, geboren von der Jungfrau, und jiadfjröc:, im Fleische dem
Vater Untertan.
Die Aidux^l xvijiov den röjv ödyösxa u.-tootö/.cov toi; t'üvenir un- —
gefähr von dem Umfang des Galaterbriefs — verdanken wir demselben Jerusa-
lemer Kodex aus dem Jahre 1056, in dem sich die beiden Briefe des Clemens von
Rom vollständig gefunden haben. Sie ist dem Clemens Alex, schon bekannt. Er
zitiert sie alszur '/Qaipii gehörend (Strom. I, 20, 100). Sie ist eine Zusammen-
fassung „überlieferter Regeln und Anweisungen" und in ihrer vorliegenden Ge-
stalt nach Bryennios und Harnack (Chronologie I, S. 428—438) in der Zeit
zwischen 131 und 1(50, nach Bardenhewer u. a. dagegen schon in den letzten
Dezennien des ersten Jahrhunderts in Syrien oder Palästina entstanden. Ihr erster
moralischer Teil, der mit den Worten beginnt: 'OSoi Ovo eiot, entwickelt unter dem
Bilde zweier Wege, der Wege
des Lebens (c. 1 —
4) und des Todes (c. 5), die christ-
Wahrscheinlich liegt diesen Kapiteln eine jüdische Schrift,
lichen Sitten Vorschriften.
ein Proselytenkatechismus zugrunde (Harnack, ablehnend dagegen Barden-
hewer). Doch ist auch dieser Teil, der sich mehrfach mit dem Barnabasbriet
b'rührt, philosophisch nicht von Bedeutung. Umstritten ist das Verhältnis der
Didache zum Barnabasbriet. Während die einen (Bryennios, Harnack) die
Abhängigkeit der ersteren von letzterem behaupten, halten Funk, Zahn Schaff, ,
mentliche Offenbarung völlig isolierte und deren Urheber als ein bloß
I. i^aellensehrifteq.
Von der außerordentUch reichen ^nostischeii Literatur sind uns nur einige
Quellenschriften erhalten gebUeben: Die ophitischen Kreisen angehörende, in
koptischer Übersetzung überlieferte Schrift Pistis Sophia: Opus gnosticum
Valentine adjudicatum e codice raanuscripto coptico Londinensi descripsit et latine
vertit M. G. Schwartze. Edidit J. H. Petermann, Berolini 18.Ö1. Eine
Übersetzung des Werkes ins Französische hat A m41i n ea u, Pistis Sophia, ouvrage
gnostique de Valentin , traduit du copte en franyais etc., Paris 1895 und
eine solche ins Englische G. R. S. Mead, Pistis Sophia. A gnostic Gospel etc.,
London 1896 geliefert. Zwei weitere gnostische Schriiten, die zwei Bücher .Jeü
und ein anonymer Traktat, wurden ediert nach einem koptischen Papyruscodex zu
Oxford (Papyrus Brucianue s. V
vel VI) von C. Am^lineau, Notice sur le
Papyrus gnostique Bruce, texte et traduction, Paris 1891 und von K. Schmidt,
Gnostische Schriften in koptischer Sprache aus dem Ck)dex Brucianus.herau8g^.,
übersetzt und bearbeitet, Leipzig 1892 (Texte und Unters. 8, 1/2). Eine Übersetzung
ins Deutsche von Pistis Sopma, wie der Stücke aus dem Codex Brncianus, gibt
K. Schmidt, Koptisch-gnostische Schriften I: Die Pistis Sophia, Die beiden
Bücher .Teü, unbelcanntes altgnostisches Werk, Leipzig 1905 (Die Griechischen
christl. Schriftsteller der ersten drei Jahrhunderte). —
Über eine für das Ägyptische
Museum in Berlin erworbene Papyrushandschnft und deren gnostische Stücke
berichtet K. Schmidt, Ein vorirenäisches gnostisches Originalwerk in koptischer
Sprache, Sitzungsb. der .^Jiad. d. Wiss. zu Berlin 1896, S. 839—847. Auszüge iu
deutscher Übersetzung aus dieser von Irenäus bei der Schilderung der Barbelo-
Gnostiker exzerpierten, Apokryphon Johannis betitelten Schrift von der
Richtung der sethianischen Gnosis gibt K. Schmidt. Irenäus u. s. Quelle in adv.
haeres. I, 29, Philotesia, Festschr. f. P. Kleinert, Berlin 1907, 317—336.
38 vj 7. Der (liiostizismiis. Quellen.
piays. Paris 1Ö99 u. neuerdings bei Graf f in, Patrologia feyriaca L 2, Paris 1907,
p. 492— (JSr. Eine deutsche Übersetzung gab A. Merx, Bardesanes von Edes?»a,
Halle 1S63. — E. Preuschen, Die apokryphen gnostischen Adamsschriften.
Aus dem Armenischen übersetzt und untersucht, Gießen 19(lO; derselbe, Zwei
gnostische Hymnen mit Text und Übersetzung, Gießen 1904. —
Eine Auswahl
gnostischer Quellenschriften in deutscher Obersetzung bietet W. Schultz,
Dokumente der Gnosis, Jena 1910. Vgl. dazu P. Koetschau, Theolog.
Literaturz. 1911, 11, S. W9—
652 und O. Stähliii. Wochensehr. für klassische
Philol. 1910. 44, S. 1202—1204. iBeide bemängebi die Unzuverlässigkeit der
L^bersetzung.)
Wien 1898 in Corp. script. eccl. lat. 38). Femer sind zu erwähnen Schriften des
:
§ 7. Der Gnostizismus. Der Begriff yvcöoi;. 39
Pseudo-Ienatius, des Justin, des Tertullian, des Clemens Alexaiid., des Origenes,
des Eusebius, des Theodoret, des Auj^ustin und anderer, auch des Neuplatonikers
Plotinus Abhandlung gegen die Guostiker, Ennead. II, 9. Siehe dazu Karl
Schmidt, PlotLns Stellung zum Gnostizismus und kirohl. Christentum, Texte
und Untersuch, usw., Leipzig 1900. Zu erwähnen ist auch die dem Or igen es
fälschlich zugeschriebene zl<dAft<c 'Aöa/iavti'nv y.al 'Qoiyfvoi'c rceoi tj/c ej'c i'^for
oo^ij? :iioTE(o^, in der Ausgabe des Origenes von De la Rue, I, 173)5, auch in
lateinischer Übersetzung des Rufinus vorhanden, worin ein Gespräch z^^is•hen
dem Rechtgläubigen Adaraantius und den Marcioniten Megethius imd Marcus,
dem Anhänger des Bardesanes Marinus, den Valentinianern Droserius und Valens
mitgeteilt wird. Benutzt sind darin Schriften des Methodius. Der Verfasser ist
—
unbekannt. Abfassungszeit 295 .335. Der Dialog wurde neu herausgegeben von
W. H. van de Sande Bakhuyzen (Die Griech. Schriftst. der ersten drei Jahrb.,
herausg. v. d. K. V. Komraiision der Kgl. Fr. Ak. d. W.), Leipzig 1901. \'gl.
Th. Zahn, Ztschr. f. Kirchengesch. 1888, 193—239, und Gesch. des neutestam.
Kanons, II, 2, 1892, 419—426. O. Bardenhewer, Patrologie, 3. A., Freilairg
1910, 8. 145/146.
Der vollständigste Überblick über die gnostischen Schriftsteller und Schritten
findet sich bei A. Harnack, Gesch. der altchristl. Lit. I.. S. 143-231; II, 1,
i<. 289—311, 533 -.541.
.,Die Gnosis ist der erste umfassende Versuch einer Philosophie des
Christentums aber dieser Versuch schlägt angesichts der ungeheuren Tragweite
;
der den Gnostikern in genialer Weise sich aufdrängenden und doch weit über
ihr wissenschaftliches Vermögen hinausgehenden spekulativen Ideen in Mystik,
Theosophie. Mythologie, kurz in eine durchaus unphilosophische Darstellung um"
(Lipsius in : Encyclop. der Wissensch. und Künste, hrsg. von Ersch imd Gvutier,
I, 71, Leipzig 1860, S. 269). Damit ist aber auch schon zum Ausdruck gebracht,
daß der Hauptanteil an den gnostischen Systemen nicht der griechischen Philo-
sophie, wie Harnack betont, sondern den orientalischen Reli^jionen und dem heid-
nischen Mysterienwesen zufällt. Die Einteilung der Formen .der Gnosis wird am
besten (mit Baur, Das Christentum der drei ersten Jahrhunderte, S. 225, wenn
schon im einzelnen nicht durchweg in der Weise Baurs) auf die Religionen ge-
gründet, deren verschiedenartige Element« den Inhalt der Gnosis bedingen.
Der Begriff der j')o">öts überhaupt, in dem Sinne religiöser Erkenntnis
im l^nterschied von dem bloßen Glauben, ist beträchtlich älter als die Ausbildung
der gnostischen Systeme. Siehe über die verschiedene Bedeutt|»ng und die ge-
schichtliche Entwicklung des Begriffs yvcöai? insbesondere Reitzenstein, Helle-
nistische Mysterienreligionen, Leipzig-Berlin 1910, 38 — 42, 112 — 136'Und Poimandres,
Leipzig 1904, 157-1.59. Die allegorische Deutung der heiligen Schriften durch
die alexandrinisch gebildeten Juden war ihrem Wesen nach Gnosis, und an die
Alexandriner, namentlich an Philon, haben die Gnostiker vielfach angeknüpft.
Matth. XIII. 11 gibt Christus, nachdem er zu der Menge in Gleichnissen geredet
hat, seinen .Tüngern die Deutung, da ihnen die der Menge versagte Fähigkeit
verliehen sei: yvwvai in fivoii'iQia r^c ßaaikeiag röir oigavöjv. Paulus (1. Kor. I,
4 und Gott dafür, daß die Korinther reich seien iv jiarzi /.nyoi y.al uüoij
5) preist
yvwoEi. (1. Kor. VIII, 1 ff.) die rationelle Ansicht vom Genuß des
Er bezeichnet
Oötzenopferfleisches als eine yj-won, und er unterscheidet (1. Kor. XII, 8) unter
den Gnadengaben den /.o'yos ooqpiac und den Xöyog yvwofMg von der jtioti;. Hier
scheint die yvwoi^ ebenso, wie im Hebräerbriefe (V, 14) die oieüfü too'p'i, be-
sonders auf allegorische Schriftdeutung zu gehen (vgl. 1. Kor. X, 1 -12; Gal. IV,
21 — 31). Apokal. II, 24 wird von einer Erkenntnis der Tiefen des Satans geredet,
wahrscheinlich gegen .solche, die sich eine Erkenntnis der Tiefen der Gottheit
zuschrieben.
40 § 7. Der Gnoetizismus. Der Begriff yvcöat?. Cerinth.
An
den urchristlichen Begriff der yvüaig haben eich Judenchristen, wie die
Verfaeser der Clementinen, und Heidenchristen, orthodoxe wie heterodoxe, in dem
Streben nach Vertiefung der christlichen Erkenntnis angeschlossen. Insbesondere
fällt bei den alexandriniechen Kirchenlehrern auf den Unterschied zwischen Tiimis
und yvcöaig ein großes Gewicht. Der ßarnabas-Brief will seine Leser belehren zu
dem Zweck: Iva ftexä x^g maxeax; teXeiav fXV^^ ''<^*
^V*" Diese yvwon ist
yv&oiv.
die Einsicht in den typischen oder allegorischen Sinn des mosaischen Kitual-
gesetzes (s. oben 8. 34), Zur all^orischen Deutung neutestamentlicher Schriften
aber gingen zuerst solche fort, die (bewußter- oder unbewußterweise) den Ge-
dankenkreis derselben zu überschreiten versuchten. Diese Ausdehnung des I*rin-
zips allegorischer Deutung kommt zuerst bei häretischen Gnostikem und besonders
den Valentinianem auf, wird danach aber auch von den kirchlich gesinnten
Alexandrinern und anderen geübt.
Von den verschiedenen Sekten, die man unter dem Namen der Gnostiker
zusammenzufassen pflegt, sollen insbesondere die Ophiten (nach Hippel, philos.
V, 6 und Epiph. haeres. 26) oder Naassener sich selbst so bezeichnet haben
{(fäoxovxeg fiövoi xä ßä^ yiyvcöaxetv). Eine eigentliche Geschichte des Fort-
schritts im Gnostizismus kann kaum gegeben werden, da frühere Formen neben
späteren noch fortbestehen, darum ist sie auch hier nicht versucht. Ferner ist
M) gut wie keine der gnostischen Sekten örtlich begrenzt. Als die Gegend, in
welcher der Gnostizismus entstanden ist, wird neuerdings mehr und mehr Syrien
und Mesopotamien angesehen, wohin namentlich die Ähnlichkeit des Mandäismus
mit gnostischen Lehren führt. Reitzenstein (Poimandres, Leipzig 1904, 248)
denkt an Ägypten, ohne indessen die Entstehung des Gnostizismus ganz nach
Ägypten verlegen zu wollen. Jedenfalls sei wahrscheinlich um die Zeit von
Christi Geburt durch einen ägyptischen Priester die Poimandresgemeiude mit
gnostischen Lehren gegründet worden. Friedländer (Der vorchristhche jüdische
Gnostizismus, Göttingen 1898, 68, 110) sucht den Ursprung des Gnostizismus im
vorchristlichen Judentum der Diaspora, im jüdischen Alexandrinismus. Allein
keiner der beiden Autoren hat mit seinen Anschauungen durchzudringen ver-
mo<'ht, wie dies gegenüber Friedländer G. (Das Judenchristentum Hoennicke
im 1. und 2. Jahrhundert, über Minim und Minäismus)
Berlin 1908, 381—400:
des näheren gezeigt hat, Hoennicke selbst hält den judenchristlichen Synkre-
tismus Palästinas und Syriens für einen nicht unbedeutenden Faktor bei der
Entstehung des Gnostizismus (a. a, O, S. 240).
Der religionsphilosophische Gedanke, daß das Judentum eine bloße Vor-
stufe des Christentums sei, kleidete dem um 115 n, Chr, in Kleinasien
sich
lebenden, vielleicht in Alexandrien gebildeten Cerinthus (nach Hippol, philos,
VII, 33 : Aiyvjixioiv naideia doxrj^eig) in die Form einer Unterscheidung des von
den Juden verehrten Gottes, der die Welt geschaffen und ein das Christentum
vorbereitendes Gesetz gegeben habe, von dem höchsten wahren Gott, Der letztere
ließ auf Jesu von Nazareth, den Sohn des Joseph und der Maria, bei der Taufe
eine reale göttliche Kraft, welche Christus genannt wird, hemiedersteigen. Dieser
Christus verkündete den wahren Gott, verließ aber Jesum vor dessen Tode
wieder und nahm an dem Leiden desselben nicht teil, da dieses Leiden nur ein
Unglück war, aber keine erlösende Kraft hatte (Iren, I, 26; Hippol, loc, cit,).
Das von Epiphanius (Haeres. 28) dem Cerinth und seinen Anhängern zugeschriebene
"..
partielle Hinneigen zum Judaismus [:TQoaexeiv xcö 'lovdal'a/'' ' "^oovg) darf
wohl nicht als ein rückschreitendes Judaisieren von einer schon entwickelteren
Kirchenlehre aus angesehen werden, wofür es in leicht erklärlichem Mißver-
§ 7. Der Gnostizismus. Die Nikolaiten. Simon Magas. Saturnilus. 41
Saturnihis aus Antiochien und Basilides gestanden haben (Iren. I. 24). Auch
Cerdon soll an Simon und die Nikolaiten angeknüpft haben (Iren. I. 27; Philos.
VII, 37).
Saturnilus, Satornil, aus Antiochia. lebte unter Hadrian. Daß seine
Anhänger und andere Gnostiker schon Gemeinschaften neben der Kirche zu der
Zeit, wo Justin den Dialogus cum Tryphone schrieb, also um 155, bildeten,
sehen wir aus eben diesem Dialog. 35: xai elaiv aitcov oi fxev ttvsg xa/.ovftemi
äkXfo ovöficiTc djTO rov doxTjyeTov i^c yvcofirjg exaazog orofiaCö/Lierog. Er lehrte
(nach Iren. I, 24; Philos. VII, 28), es gebe einen unerkennbaren Gott (iVföc
42 § 7. Der Gnostizismus. Cerdoii. Marcioii.
öyvcöOToc), den Vater. Dieser habe die Engel, Erzengel, Kräfte und Gewalten
geschaffen. Dem Eeiche dieses Gottes steht gegenüber das Reich des Satans,
welcher Herrscher der vXt] sei. Durch cieben Engel (äyyeloi xoafioy.gäioQs;). die
sich ein selbständiges Reich hätten gründen wollen,
sei der v}.t} ein Stück ent-
rissen worden und die Welt entstanden. Auch der Mensch sei ihr Gebilde. Doch
habe diesem die höhere Kraft, nach deren Bilde er gestaltet sei, den Lebens-
fimken verliehen, der nach dem Tode zu seinem Ursprung zurückkehre, während
der Leib \i seine Elemente sich auflöse. Der Vater ist ungeworden, körperlos
und gestaltlos und nur vermeintlich den Menschen erschienen. Der Gott der
Juden aber ist einer der niederen Engel, welche die Welt erschaffen haben.
Christus ist gekommen zur Aufhebung der Macht des Judengottes, zur Rettung
der Gläubigen und Guten und zur Verdaramiüs der Bösen und der Dämonen.
Nicht in einem wirklichen Leibe, sondern in einem Scheinleibe ist Christus, der
Äon Novg, erschienen, weil er nichts mit der Sinnlichkeit gemein haben durfte.
Durch Gnosis und Askese muß die Reinigung von der Materie vollzogen werden
daher ist auch Ehe und Zeugung vom Satan. Die Prophezeiungen sind zum
Teil von den weltbildenden Engeln eingegeben worden, zum Teil aber vom Satan,
der jenen Engeln luad besonders dem Judengott entgegenwirkte
Cerdon. kam nach dem Zeugnis des Irenäus 1, 27, 1 und III,
ein Syrer,
4, 3 nach Rom, Hyginus, der Nachfolger des Telesphorus und Vorgänger des
als
Pius, Bischof war, also um 140 n. Chr. Er unterschied, gleich wie Cerinthus und
S<aturnüus, den durch Moses und die Propheten verkündigten Gott von Gott, dem
Vater Jesu Christi. Jener werde erkannt, dieser aber sei unerkennbar; jener sei
gerecht, dieser aber gut (Iren. I, 27; Hippol. philos. VII, 37). Er hat auf Mar-
rion stark eingewirkt.
Marcion von Sinope im Pontus trat schon zu Sinope noch unter der
Regierung des Hadrian mit Sonderlehren auf und wurde bereits daselbst von
dem dortigen Bischof, welcher sein Vater war, exkommuniziert. In den ersten
Jahren der Regierung des Antoninus Pius als Schiffsherr nach Rom gekommen,
wurde er in die Gemeinde aufgenommen, trat aber mit seinen eigentümlichen
Lehren rasch hervor, so daß er bald in Streit kam und 144 seine eigene Gemein-
schaft gründete. Jedenfalls lebte er noch in den fünfziger Jahren und wirkte
erfolgreich zur Verbreitung seiner Kirche. In ethischer Beziehung vertrat er als
Antinomist einen extremen Paulinismus. Von den Evangelien ließ er nur das
des Lukas in einer seinem Standpunkt entsprechenden Redaktion gelten. Seine
Schrift "^Iviid'eoFic: diente dem Zwecke, Widersprüche zwischen dem Alten und
dem Neuen Testament nachzuweisen. Seitdem er auf gnostische Spekulationen
sich eingelassen hatte, gab er auch den theoretischen Fiktionen, in denen die
praktische Stellung zum jüdischen Gesetze einen phantastisch-theologischen Aus-
dnick fand, die schroffste Gestalt. Er begnügte sich nicht mit der L^nterschei-
dung des Weltschöpfers, den die Juden verehrten, von dem höchsten Gotte und
mit der Unterordnung jenes unter diesen, sondern er erklärte jenen zwar für
gerecht im Sinne der schonungslosen Gesetzesvollstreckung, aber nicht für gut,
da er auch Urheber von bösen Werken und kriegstüchtig und wankelmütig und
widerspruchsvoll sei. Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Tiberius sei Jesus
von dem Vater, dem höchsten Gott, in Menschengestalt nach Judäa gesandt
worden, um das Gesetz und die Propheten und alle Werke des Gottes, der die
Welt geschaffen habe und beherrsche (des Koofioxoäxoin) aufzulösen.
, Zum
Kampf gegen den Weltschöpfer gehört auch, daß wir der Ehe uns enthalten.
Clemens Alex. (Strom. III, 3 und 4) berichtet, Marcion habe die ablehnende
>j 7. Der Gnostizismus. Apelles. Die Clementim-n. Kaqxikrates. 43
Stellung gegen Ehe und Zeugung von Flaton und den Pythagoreern ühernoniiiien.
Zur ewigen Seligkeit kann nur die Seele gelangen, der irdische Leib aber kann
den Tod nicht überdauern (Iren. I, 27; Hippel, philos. VII, 2'.i)- Daß die Mar-
cioniten das Licht und die Finsternis als ewige Prinzipien anseheix und ein
drittes, verniittebides ^Veseu, Jesus, annehmen, den Weltschöpfer von dem Licht-
gotte unterscheiden und im Kampf mit dem Bösen ein asketisches Verhalten
fordern, sagt der Fihrist (bei J'liigel, IVIani, Leipzig 1862, S. 159 f.).
Christentum versetzt.
Karpokrates aus Alexandrien, der schon um 130 gelehrt haben mag, und
zu dessen Anhängern unter anderen auch eine Marcellina gehörte, die imter
Aoicet (um 160) nach Rom kam, vertritt einen universalistischen Rationalismus.
Seine Anhänger hielten sich Bilder der Personen, denen sie die größte Verehning
zollten, namentlich ein Bildnis von Jesus, auch von Paulus, aber auch von Ho-
mer, Pythagoras. Piaton, Aristoteles und anderen. In der Bestimmung des Ver-
hältnisses des Christentums zum Judentum kommt Karpokrates im wesentlichen
44 § "• Der Gnostizismuß. Karpokrate«. Die Ophiteii.
mit Cerinthus und Cerdoii und am nächsten mit Saturnilus überein. Er nimmt
an, daß die Welt und alles, was in ihr ist, von Geistern geschaffen sei, die aus
dem ungewordenen Vater, der Monas, hervorgegangen sind, ihm aber weit nach-
stehen und sich gegen ihn empört haben. Mit den Ebioniten lehrt Karpokrates,
Jesus stamme von Joseph und Maria, aber nicht, wie die Ebioniten meinten, als
der vollkommene Jude, dem um seiner absolut treuen Gesetzeserfüllung willen
die Messiaswürde zuerteilt worden sei, sondern vielmehr als der vollkommene
Mensch. Nach Karpokrates ist Jesus gerade darum, weil er trotz seiner jüdischen
Erziehung das jüdische Wesen zu verachten gewußt habe, der Erlöser geworden
und hat die Leiden, die den Menschen zur Züchtigung auferlegt seien, aufge-
hoben. Jede Seele, die gleich Jesu die weltbeherrschenden Mächte zu verachten
vermöge, wird gleiche Kraft wie er empfangen. Karpokrates begründet diese An-
sicht tiefer durch Dogmen, welche er dem Piatonismus entnommen hat.
Die Seelen der Menschen haben existiert, ehe sie in die irdischen
Leiber herabgestiegen sind. Sie haben mit dem ungewordenen Gott zusammen wäh-
rend des Umschwungs der Welt das Ewige jenseits des Himmelsgewölbes geschaut,
eine offenbare Anspielung auf die nach dem Mythus im Phaedrus aui^erhalb des
Himmels ruhenden Ideen. Je kräftiger und reiner eine jede Soeie ist, um so
mehr vermag sie in ihrer irdischen Existenz sich des damals Geschauten wieder
zu erinnern. Wer aber dies vermag, dem wird eine Kraft {8vvaf.it?) von oben zu-
teil, durch die er die Obmacht über die weltbeherrschenden Gewalten gewinnt.
Diese Kraft dringt von der Stelle jenseits des Himmelsgewölbe, wo Gott ist,
durch die Planetensphären und die denselben innewohnenden weltbeherrsehenden
Mächte hindurch und strebt, frei von ihrer Macht, liebend zu den Seelen hin,
die ihr selbst ähnlich sind, wie die Seele Jesu es war. Wer völlig rein und un-
befleckt von jeglichem Vergehen i^eleht hat, kommt nach dem Tode zu Gott.
Alle anderen Seelen aber müssen zur Buße in verschiedene Leiber nacheinander
gehen, bis sie endlich, nachdem sie genug gebüßt haben, alle gerettet werden
und in Gemeinschaft mit Gott, dem Herrn der weltbildenden Engel, leben. Jesus
hat für die Würdigen und Folgsamen eine Geheimlehre aufgestellt. Durch
Glaube und Liebe wird der Mensch gerettet. Jedes Werk ist als solches ein
Adiaphoron und nur nach menschlicher Meinung gut oder böse.
Die Karpokratianer trieben nicht bloß Spekulation, sondern hatten auch einen
sehr ausgebildeten Kultus, den ihre kirchlichen Gegner als Magie bezeich-
neten (Iren. 1, 25 Hippol. philos. VII, 32, wonach die Ungenauigkeiten de»
;
lateinischen Textes des Irenäus und die von vielen Neueren geteilten Mißverständ-
nisse des Epi^hanius, Haeres, 27, zu berichtigen sein möchten vgl. Theodoret. ;
haer. fab. I, 5). Des Karpokrates Sohn Epiphanes vertrat, das Prinzip seine»
Vat«'rs auf die Spitze treibend und wohl auch durch Piatons Republik mitbe-
Mtmiiit, einen anarchischen Kommunismus (Clem. Strom. III, 2).
Gnostiker ihre Lehre auf Jakobus, den Bruder des Herrn, zurück (ebend. c. 7).
Ein durchgeführteres, dem valentinianischen ähnliches System wird ihnen von
Irenäus und Epiphanius zugeschrieben wahrscheinlich gehört dieses späteren
;
Ophiten an.
Mit den Ophiten verwandt sind die Peraten welche durch die Erkenntnis
,
das selbsterzeugte und das gewordene. In die irdische Welt, die Stätte des Wer-
dens, sind alle Kräfte aus den oberen Welten herabgekommen, und ist auch
Christus, der Erretter, aus der Ungezeugtheit herniedergestiegen, der Sohn, der
Logos, die Schlange, welche die Vermittlung ist zwischen dem bewegungslosen
Vater und der bewegten Materie. Die Schlange bei dem Sündenfall, o ooq)6^ rijc
Evag köyog, die von Moses aufgerichtete Schlange und Christus sind identisch
(Philos. V, 12 ff.).
dem Urvater zusammen den Himmel, Aus ihnen seien andere Engel her-
ersten
vorgegangen, die einen zweiten Himmel, ein Nachbild des ersten, hervorgebracht
haben. Aus diesen Engeln seien wieder andere hervorgeflosseh, die einen dritten
Himmel bildeten, und so fort, so daß im ganzen 365 Himmel (oder Himmelssphären)
und Engelordnungen entstanden seien, an deren Spitze der Herrscher Abraxas
oder Abrasax stehe, in dessen Namen die Zahl 365 liegt (1 -f- 2 + 100 -j- 1 -}- 60
4- 1 + 200 nach dem Zahlenwerte der griechischen Buchstaben). Der unterste
Himmel wird von uns erblickt, und die Engel, die ibn innehaben, sind auch die
Bildner und Herrscher der irdischen Welt; ihr Haupt ist der von den Juden
verehrte Gott. Diesem Reiche des Lichtes steht gegenüber das Chaos, die Sita
Tov xnxov, weit getrennt von ihm. Aber dennoch sind aus den höheren Regionen
einzelne Strahlen dahin gedrungen, und die dadurch entstandene Mischung ge-
braucht der Herrscher des letzten Himmels dazu, die irdische Welt zu bilden,
indem er so seine eigene Macht zu erweitern beabsichtigt. Jedoch ist mit dem
Entstehen der sinnlichen Welt der Anfang gegeben, den in der Materie gefangenen
Geist zu befreien, und die Zwecke der ^rgövoia gehen ihrer Verwirklichung ent-
gegen. Der Judengott wollte mm dem von ihm auserwählten Volke alle übrigen
Völker unterwerfen. Nun aber widersetzten sich ihm die anderen himmlischen
Mächte alle, und die übrigen Völker seinem Volke. Von Erbarmen ergriffen,
sandte jetzt der ungewordene Vater seinen erstgeborenen Nus, welcher Christus
ist,zur Befreiung der Gläubigen von der Gewalt der weltbeherrschenden Mächte.
Dieser Nus erschien in menschhcher Gestalt, ließ aber nicht sich selbst kreuzigen,
sondern substituierte sich den Kyrenäer Simon. Wer an den Gekreuzigten glaubt,
ist noch unter der Botmäßigkeit der Weltherrscher; man muß glauben an den
ewigen Nus, der nur anscheinend dem Kreuzestod unterworfen war. Nur die
46 § 7. Der Gno6tizismu8. Basilides.
namentlich bei der Darstellung des Basilides, bessere Quellen als jener besessen
habe. Hilgcnfeld dagegen hält wohl mit Recht, besonders auf Grund seiner
eigenen und Lipsius' Forschungen, für enviesen, daß Hippolytus' Philosophumena
eine spätere entartete Form des Basilidianismus zeigen. Aristoteles, auf dessen
Lehre Hippolytus die basilldianische zurückzuführen sucht, hat wohl nur auf die
astronomischen Ansichten einigen Einfluß geübt. Richtig aber ist ohne Zweifel
die Bemerkung (Hippol. philos. I, 22), daß die Lehre von der Beflügelung aus
Pia ton entnommen sei. Aus der Vergleichung des Christentums mit den vor-
christlichen Religionen, die sich zu der Vergleichung der Gottheiten gestaltete,
stammt der wesentliche Inhalt des Systems.
Die ethische Aufgabe des Menschen setzte des Basilides Sohn und Anhänger
Isidorus in die Tilgung der Spuren der niederen Lebensstufen, die uns noch
anhaften (als TioooaQTrifiara).
Das umfassendste unter den gnostischen Systemen ist das des Valentinus,
dem lierakleon und Ptolemäus, Secundus und Marcus und viele andere anhingen.
Valentinus lebte und lehrte bis gegen das Jahr 135 n. Chr. in Alexandrien und
danach in Rom bis 160 und starb in Cypem. Iren aus bezeugt (III, 4, 3,
griechisch bei Euseb. Hist. eccles. IV, 11): Ovakevxlvog ixkv yÖQ fjk&sv Fig 'Pwfirjv
inl 'Yyivov, Uiov xal TiaQEfieivsv ecog ^Avixrjxov.
yx/Liaae Se fjit Er nahm mehr
als irgend ein anderer Gnostiker von Piaton und der Stoa in seine Lehre
auf, ist aber auch "durch die Ophiten beeinflußt. Die Haupt quellen unserer
Kenntnis des valentinianischen Systems sind die Schrift des Irenäus gegen die
falsche Gnosis, welche hauptsächlich gegen die Lehre des Valentinus und Ptole-
mäus gerichtet ist, und Hippolyt, Philos. VI, 29 ff., femer Tertullians
Schrift adversus Valentinianos und manche Angaben und Quellenauszüge des
Clemens Alexandrinus.
An die Spitze alles Existierenden stellen die Valentinianer ein einheit-
liches, zeit- und raumloses Wesen, eine fiovag äysvvTjzog, äfp^agzog, dxazä/.rjTiTog,
astsQivörjTog, yort/iiog (nach Hippol. VI, 29). Sie neimen dieselbe Vater {:7taT7/Q nach
Hippol. 1, 1) oder Vorvater {TißOJidzüiQ nach Iren. I, 1, 1), auch Tiefe (ßv^ög nach
Iren. I, 1), den Unnennbaren (äoßtjzog) und den vollkommenen Äon {züeiog
atd>v). Valentin selbst (nach Iren. I, 11, 1) und manche Valentinianer stellen
diesem als weibliches Prinzip die Sige (aiyij) oder die iwoia zur Seite. Andere
jedoch wollen (nach Hippol. 1, 1) den Vater des AU nicht mit einem weiblichen
Prinzip verbunden, sondern (nach Iren. I, 2, 4) über den Cieschlechtsunterschied
erhaben sein lassen. Aus Liebe hat der Urvater gezeugt (Hippolyt, Phil. VI, 29:
<fd£ßT]fiog yäg ovx rjv, dydnri ydg, <pt}aiv, ^v oXog, rj 8e dydjirj ovx eoztv dydnrjf
iciv fiT] fi
z6 dyajiwfisvov). Die beiden ersten Erzeugnisse des obersten Prinzips
sind vovg und dktj&eia, die mit dem erzeugenden und dem gebärenden Prinzip,
dem ßvdög und der aty^, zusammen die Tetraktys (ptQOiztjv xal aQyJyovor
IIv^ayoQiHrjv zezQaxzvv) bilden, die Wurzel aller Dinge {giCa zü>v Tidvztov). Dem
vovg wurde von ihnen das Prädikat novoyevrjg gegeben, er war ihnen (nach
Irenäus I, 1) nazriQ xal
dßxv ^<«'' ^dvzcov. Aus dem vovg (und der dh)§sia)
stammen Xöyog und
daraus wiederum dv^Qwnog (das Urbild für die gött-
C«»?,
liche Individualisierung) xai kxxXrjola (das Urbild für die göttliche Lebensgemein-
schaft). Diese alle bilden zusammen eine dydodg. Noch andere zehn Äonen
stammen aus Xöyog und C<«»?, und zwölf Äonen aus dvdQOiJzog und ixxXrjoia. Der
jüngste dieser zwölf Äonen, also der jüngste dei dreißig Äonen überhaupt, ist die
Sophia, ein weiblicher Äon. Die Gesamtheit aller dieser Äonen ist das Pleroma,
48 § 7. Der (Tiiostizismus. Valentin.
das Reich der göttlichen Lebensfülle {jTX^nM/m), welches sich teilt in jene oydoäg
und (icxö? und dw^Exäg. Dreißig Jahre lang lebte der Heiland (aont'io), dem sie
das Prädikat xvqioc nicht gaben, in der Verborgenheit, um das Geheimnis dieser
dreißig verborgenen Äonen anzudeuten. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung
und der Schranken in diesem Reiche wird noch der Aon Sqo; geschaffen.
Die Sophia begehrte, vermeintlich aus Liebe, in der Tat aus Überhebung, in
die unmittelbare Nähe des Urvaters zu kommen und seine Größe zu erfassen,
wie der vovg, und dieser allein, dieselbe erfaßt. Sie würde in diesem Streben
sich aufgelöst haben, hätte nicht der ogog mit Mühe sie überzeugt, daß der höchste
Gott unerkennbar {uxatüXtj.'iTog) sei. Da sie (nach der Meinung einiger Valen-
tinianer) gleich dem obersten Prinzip allein hervorbringen wollte, ohne Beteiligung
ihres Gatten, und dies doch nicht wahlhaft vermochte, so entstand ein unvoll-
kommenes Wesen, das ein Stoff ohne Form war, weil das männliche, gestalt-
gebende Prinzip nicht mitgewirkt hatte, eine ovaia aftogqpog, eine Fehlgeburt
ifXTQ<ofin). Die Sophia litt unter diesem Mißerfolge, Avandte sich flehend an den
Vater, und dieser ließ sie durch den Koros reinigen und trösten und ihrer Stelle
in dem Pleroma wieder teilhaftig werden, nachdem ihr Streben {iv^v/itjatg) und
ihr Leiden (:iddog) von ihr abgelöst worden waren.
Auf das Geheiß des Vaters ließen nun vovg und n?.i]&eia Christus und den
heiligen Geist emanieren. Christus gab dem Erzeugnis der 00710 Form und
Wesen, sprang dann in das Pleroma zurück und belehrte die Äonen über ihre
Stellung zum Vater, und der heilige Geist lehrte dieselben danken und führte sie
zur Ruhe und Seligkeit. Als Dankopfer brachten die Äonen, indem jeder der-
selben sein bestes beisteuerte, unter der Zustimmung Christi und des heiligen
Geistes ein herrliches Gebilde,nämlich Jesus, den Heiland, dem Vater dar, der
patronymisch auch Christus und Logos genannt wird Er ist die gemeinsame
Frucht des Pleroma {xotrog xov nXrfQÖii^iaxog xagnög), der große Hohepriester. Ihn
hat das Pleroma gesendet, um die außerhalb des Pleroma umherirrende h'&v/itjatg
der oberen Sophia, eine niedere Sophia, die sogenannte 'A/a/.iw{) (von CSn, nt^m)
von den Leiden zu erlösen, die sie trug, indem sie Christus suchte. Ihre jidO»/
waren Furcht und Trauer und Not und Flehen (cfößog xai Ivni} y.al (inooia xai
öü]oig oder txF.TEta). Jesus trennte diese jrai?»/ von ihr und machte dieselben zu ge-
sonderten Wesen und zu Grundlagen der sichtbaren Welt, die Furcht zu einer
psychischen Begierde, die Trauer zu einer hylischen, die Not zu einer dämonischen,
die Bitte und das Flehen aber zur Umkehr und Buße und Restitution des
psychischen Wesens.
Die Region, in welcher die Achamoth weilt, ist eine niedere, die Ogdoas.
Diese ist durch den Horos {ÖQog xov n'/.riQwnuiog) und durch das Kreuz [oxav^ög)
von der Region der Äonen getrennt. Unterhalb der Ogdoas ist die Hebdomas
als die Region des Psychischen mit dem Weltbildner {br)i.uovQy6g)y der sich für
den höchsten Gott hält und aus der materiellen Substanz für die Seelen die
Leiber gebildet hat. Der materielle Mensch (o vXixög avOocoTxo?) ist der Wohnsitz
bald für die bloße Seele, bald für die Seele und die Dämonen, bald für die Seele
und die Vernunftkräfte {Uyoi), welche letzteren von Jesus, dem gemeinsamen Er-
zeugnis des Pleroma, und von der Weisheit {noqf)ia) in diese Welt ausgestreut
worden sind und in die Seele einziehen, wenn nicht Dämonen in ihr wohnen.
Das ganze Menschengeschlecht teilt sich in Hyliker, Psychiker, Pneumatiker.
Die Heiden sind der Mehrzahl nach Hyliker. die meisten Juden sind Psychiker,
\uk1nur die vorzüglichen Geister unter beiden sind Pneumatiker, welche die
Wahrheit entweder vorher verkünden oder derselben bei ihrer Offenbarung durch
§ 7. Der Gnostizismus. Valentin. Ptoleinäus. Herakleon. Pistis Sophia. 49
Jesus sich sogleich hingeben. von der Knechtschaft eines jeden äußeren
Frei
Des Geistes teilhaftig, erheben sie sich
Gesetzes, sind sie sich selbst ein Gesetz.
über den Glauben zur Gnosis, die ihnen zum Heile genügt, so da({ sie der W'orke
nicht bedürfen. Das Gesetz und die Propheten stammen von dem Deraiurgos.
Als aber die Zeit der Offenbarung der Mysterien des Pleroma gekommen war, da
ward Jesus, "der Sohn der Jungfrau Maria, geboren, der nicht bloß von dem
DemiurgOB, wie die Adamskinder, sondern zugleich auch von der (niederen) Weis-
heit (der Achamoth) gebildet worden ist oder von dem heiligen Geist, der ihm
das geistige Wesen verUeh, so daß er ein himmlischer Logos ward, von der Ogdoas
erzeugt durch die Maria.
Der italischen Schule der Valentin ianer gehören insbesondere Ptolemäus
und Herakleon an. Ptolemäus hat vielfach die Evangelien und auch das
vierte, von ihm, wie namentlich aus seinem Briefe an die Christin Flora bei
Epiph. haeres. XXXIII hervorgeht, dem Apostel Johannes zugeschriebene, be-
nutzt und großenteils allegorisch gedeutet. Einer Schrift des Ptolemäus ist nach
C. Barth (Die Interpretation des Neuen Testaments in der valentinianischen
Gnosis, Leipzig 1911, Texte und Unters. 37, 3, S. 19) ein Teil der Excerpta e
Theodoto des Clemens von Alexandrien entnommen. Herakleon hat um 175
das Lukas-Evangelium, um 195 das Johannes-Evangelium kommentiert. Den
ersten Kommentar erwähnt Clemens Alexandrinus, aus dem z«-eiten gibt
Origenes Auszüge.
Die italische Schide lehrte, der Leib Jesu
psychisch gebildet worden und der
sei
Geist bei der Taufe auf ihn herabgekommen. Die morgenländische Schule aber,
insbesondere Axionikus und Ardesianes (Bardesanes?) lehrte, der Leib Jesu
sei pneumatisch gewesen, mit dem Geiste gleich von der Empfängnis und der
Geburt an begabt. Wie der Christus, den der vov^ imd die akrj^eia emanieren
ließen, innerhalb der Aonenwelt, und der Jesus, den das Pleroma gebildet hatte,
in der Ogdoas bei der Achamoth ein Hersteller und Retter war, so ist Jesus, der
Sohn der Maria, der Erlöser für diese irdische Welt. Die Erlösten sind durch
ihn des Geistes teilhaftig geworden. Sie erkennen die Geheimnisse des Pleroma,
und für sie gilt nicht mehr das von dem Demiurgen gegebene Gesetz. Die voUste
Seligkeit knüpft sich an die Gnosis. Nur einer beschränkten Seligkeit werden
die psychischen Menschen teilhaftig, die bei dem bloßen Glauben (der man.;)
stehen bleiben. Diese bedürfen neben dem Glauben der Werke zur Seligkeit.
Der Gnostiker aber wird ohne die Werke selig als ein pneumatischer Mensch.
Die Ausbeutimg dieser Lehre zur Beschönigung der Unsittlichkeit und nament-
lich geschlechtlicher Ausschweifungen gehört besonders dem Markus und seinen
Schülern an, bei denen zugleich die Spekulation sich mehr und mehr in Aben-
teuerlichkeiten und Albernheiten verlor (Iren. I, 13 ff.).
Auf der valentinianischen Lehie von der Verirrung, dem Leiden und der
Erlösung der Sophia beruht auch der Inhalt der Schrift Pistis Sophia, die aus
vier Büchern besteht, aber keine geschlossene Einheit, sondern eine Kompilation
aus zwei verschiedenen Schriften darstellt, die nach Harnack imd K. Schmidt
(Koptisch-gnostische Schriften I, Leipzig 1905) beide im 3. Jahrhundert in Ägypten
in den enkratitischen Kreisen der Barbelo-Gnostiker oder Ophiten entstan-
den sind. In Gesprächen zwischen dem auferstandenen Christus und den Jüngern,
besonders aber mit Maria Magdalena wird der Roman der Leiden der Pistis Sophia
weiter gesponnen und die Büß- und Klagelieder derselben mitgeteilt. Die Leiden
der Sophia zeigen vorbildlich an, was mit der Menschheit selbst vorgehen wird. Als
Quellen werden unter anderem benutzt die erst jüngst entdeckten OdenSalonaos,
Ueberweg, GrundriB II. 4
50 § "• Der Giiostizisraus. BardesancB. Mani.
Werken. Die J c u B c h e r gehören eben falls dem dritten Jahrhundert (erste Hälfte)
- ii
geflossen.
Der Perser Mani (Manes), nach der wahrscheinlichsten Annahme 216 nach
Chr. geboren, trat 242 zuerst mit seiner Lehre öffentlich hervor. Er erklärte sich
für den Parakleten, der die christliche Lehre zur Vollendung bringen solle.
Nach nahezu vierzigjähriger Wirksamkeit fiel er 276 dem Hasse der persischen
zum
Priester Opfer. Die von ihm aufgebrachte Religion ist ein phantastisches
Gemisch aus gnostisch-christlicheu, babylonisch-chaldäischen und parsistischen
oder zoroastrischen Vorstellungen. Sie hat fast nur durch ihr dualistisches
Prinzip, die Ursprünglichkeit eines bösen Urwesens (Reich der Finsternis) neben
dem guten Prinzip (Reich des Lichts), und durch die daran geknüpfte asketische
Form der Ethik ein philosophisches Interesse. Auch im Menschen finden sich,
zwei Seelen, eine Leibseele, von dem bösen Prinzip stammend, und eine Licht-
§ 8. Die Apologeten. Quadratus. Aristides. Justin. 51
seele, von dem guten sich herleitend. Sie wiederholen den Kampf, der zwischen
den kosmischen Prinzipien stattfindet. Den VoUkommenen, die schon hier von
aller Materie frei sein sollen, war ein dreifaches Siegel der Vollkommenheit
auferlegt, das signaculum oris, Ejithaltung von aller animalischen Nahrung und
unreiner Rede, das signaculum manuum, Enthaltung von allem Eigentum und
jeglicher Arbeit, und das signaculum sinus, Entsagung der Ehe und des Bei-
schlafs.
erscheint, die sie nach denen einrichteten, für die sie bestimmt
waren.
Die Schrift des ersten Apologeten Quadratus ist uns bis
auf ein kurzes Fragment verloren gegangen.
Die älteste uns erhaltene, in den letzten Jahren erst (1878) auf-
gefundene Apologie rührt von dem atheniensischen Philosophen Mar-
cianus Aristides her, der Christ geworden war, aber doch trotz aller
Wärme für das Christentum nach der Seite des Glaubens und der Sitte
hin in seiner Schrift sich noch als Grieche erkennen läßt.
Als der hauptsächlichste Repräsentant dieser Richtung muß Justi-
nus Flavius Justinus aus Flavia Neapolis (Sichem) in Palästina,
gelten.
wahrscheinlich im ersten Jahrzehnt des 2. Jahrhunderts geboren, um
150 nach Chr. wirkend, lernte zuerst die griechische Philosophie, ins-
besondere die stoische und platonische, kennen, wurde dann aber
teils durch die Achtung, welche die Standhaftigkeit der Christen ihm
christianorura saec. II; 9 voll., Jenae 1847—1872 (d. 5 ersten Bde. erschienen
—
neu 1876 1881). Bei Migne, P. gr. 6, ist der Text der Apologeten der Aus-
gabe des Maranus entnommen. Beigetügt sind aber textkritische Fut<T-
suchungen von J. H. Nolte (col. 1705— 181B). E. Goodspeed, Iudex
apologeticus Justini mart. aliorumque sive clavis operum apologetarum pristinorum,
Lipsiae 1912.
A. HarnaCk, Die Überlieferung der griech. Apologeten des 2. Jahrh. in
der alten Kirche und im Mittelalt.: Texte und Untersuchungen usw. I, 1. 2
Leipzig 1882. Siehe dazu A. Hilgenfeld in: Zeitschr. f. wissensch. Theol. l8So,
S. 1-45. A. Harnack, Gesch. der altchristlichen Literatur I, Leipzig 1893.
O. von Gebhardt, Zur handschriftl. Überlieferung der griechiscnen Apo-
logeten: Texte und Untersuchungen usw., I, 3, 1883, S. 154—190. (Harnack und
von Gebhardt zeigen, daß die meisten der auf uns gekommenen Handschriften
von griechischen Apologien des 2. und 3. Jahrh. auf eine einzige Vorlage zurück-
geheu, die im Aretixaskodex der Nationalbibliothek zu Paris (cod. Par. gr. 451)
erhalten ist.
II. Qaadratus.
Das einzige erhaltene Fragment aus der Apologie des Quadrat us bei Routh,
Reliquiae sacrae, ed. 2, 1, 69—79; J. C. Th. de Otto, Corp. Apologet, christ. 9,
1872, 333-341.
IIL Aiistides.
Vonder Apologie des Aristides sind drei verschiedene Texte, ein armenischer
(Fragment), ein syrischer und ein griechischer auf uns gekommen, von denen die
syrische Übersetzung das nicht erhaltene Original am getreuesten wiedergibt.
Die Mechitaristen auf San Lazzaro veröffentlichten unter dem Titel M. Aristidis,
Philosophi Atheniensis, Sermones duo, Venetiis 1878 ein Fragment der Apologie
aus einem armenischen. Kodex des 10. Jahrhunderts (lateinische Übersetzung bei-
gegeben), welches die Überschrift trägt: An den Imperator Hadrianus Caesar, von
dem Philosophen Aristides aus Athen. (Das Schriftstück ist höchst wahrschein-
lich an Antoninus Pius gerichtet, dessen Name auch mit Hadrianus anfängt.) Bei-
gefügt ist aus einem armenischen Kodex des 12. Jahrhunderts ein Traktat oder
eine Homilie über Luk. XXIII, 42, 43, zugeschrieben dem atheniensischen
Philosophen Aristides (nicht Aristäus), die aber aus dem Streit gegen die Nesto-
rianer stammt. Eine deutsche Übersetzung der beiden Stücke lieferte Fr. Sasse
in Zeitschr. für kath. Theol. 3, 1879, 612-618 und Himpel, Das Fragment
der Apologie des Aristides und eine Abhandlung über Luk. 23, 42, 43. Aus dem
Armenischen übersetzt und erläutert, in Theolog. Quartakchr., Jahrgang 62,
:
1880, S. 109—127. Eine neue Ausgabe des armenischen Textes erschien von
P. Martin bei Pitra, Analecta sacra 4, Paris 1883, 6—11 (armenisch), 282—286
(lateinisch).
J. Rendel Harris fand 1889 in einem Sinaikloster eine syrische Bear-
beitung, die viele Erweiterungen hat. Robinson hat gleichzeitig entdeckt, daß in
der Legende von Barlaam und Josaphat (ed. Boissonade, Anecdota, Bd. 4, ins
Deutsche übers, von Liebrecht, Münster 1847, bei Migne, P. gr. 96, 1108—1124)
die Rede, welche der Christ Nachor vor dem König hält, im wesentlichen die
Apologie des Aristides ist, im einzelnen wohl verändert, im ganzen treu. Beide
publizierten ihre Funde: The Apology of A. on behalf of the Christians from a
syriac MS. preserved on Mount Siiiai, ed. with an introduction and translation by
J. Rendel Harris, with an appendix containing the main po'-l Ion of the original
freek text by J. Arm. Robinson, in: Texts and Studies, contributions to
iblical and ed. by J. Armitage Robinson, Vol. I, Cam-
patristic literature,
bridge 1891, 1893.' Siehe dazu. A. Harnack, Theol. Lit.-Zeit., 1891, S. 301—
309, 325-329. Eine deutsche Übersetzung des syrischen Textes gab R. Raabe,
Die Apologie d. Aristides aus dem Syrischen mit Beiträgen zur Textvergleichung
und Anm. in: Texte und Untersuchungen usw. 9, 1 Leipzig 1892; ferner
J. Schön felder. Theolog. Quartalschr. 74, 1892, 531—557.
Den ursprünglichen Wortlaut der Apologie suchten wiederherzustellen,
R. Seeberg, Der Apologet Aristides. Der Text seiner uns erhaltenen Schriften
nebst einleitenden Untersuchungen über dieselben bei Zahn, Forschimgen zur
54 § 8. Die Apologeten. Ausgaben und Übersetzungen.
Gesch. des neutestamentl. Kanons usw. 5, Erlangen 1893, 159 --iH und E. Heu-
necke, Die Apologie des Aristides, Rezension und Rekonstruktion des Textes in:
Texte und Untersuchungen usw 4, !{ Leipzig 189.!; derselbe, Zur Frage nach der
ursprünglichen Textgestalt der Aristic' 's-Apologie, Zeitschr f. wissensch. Theol. 30,
1893, 42—120. Eine Gesamtausgabe der Aristidesschriften erschien von R. See-
berg, E^rlangen 18'J4. Die Apologie wurde neuerdings herausgegeben von
J. Geffcken, Zwei griech. Apologeten (Aristides und Athenagoras") Leipzig 1907
(Ausgabe, Übersetzung aus dem Svrischen resp. Armenischen una Kommentar).
Vgl. dazu K. Meiser, Philol. 1908, 314 ff. M. Pohlenz, Berliner philolog.
Wochenschrift 1909, 11, 325 f.
IV. Justinus.
Überdie Überlieferung siehe A. Harnack, Die Überlieferung der griech.
Apologeten des 2. Jahrh. § 11, 73 ff. und Gesch. der altchristl. Lit. I, Leipzig
1893, 99—114; O. Bardenhewcr, Patrologie, 3. Aufl. 1910, S. 39 ff.
Justins Werke
haben herausgegeben: Rob. Stephanus 1551, ergänzt von
Heinrich Stephanus durch die Oratio ad Graecos und den Brief an Diognef,
Paris 1592: Friedrich Sylburg mit einer (zuerst zu Basel 1505 erschienenen) lat.
Übersetzung von Lang, Heidelb. 1593; Morellus, Colon. 1686; Prudentius
Maranus, Par. 1(42 (auch in der von Gallandi herausgegebenen Bibl. vet. patr.,
t. I, 1765, und in den Opera patr. gr.. vol. I —
III, 1777—1779). Die beste neuere
Ausgabe ist die von Joh. Car. Theod. de Otto. Zuerst in 3 voll., Jena 1842—
1843, dann als Teil des Corpus apologetarum christianorum saeculi secundi, vol. I :
Justini apolog. I et II; vol. II: Justini cum Tryphone Judaeo dialogus; vol. III:
Justini opera addubitata cum fragmentis deperditorum actisque martvrii; vol. IV
et V: Opera Just, subditicia, ed. II, Jenae 1847—1850; ed. III, '1876-1881.
Bei J. P. Migne, P. gr., bilden Justins Werke den VI. Band.
Die Apologie J.s, hrsg. von G. Krüger, Samml. ausgew. kirchen- und
dogmengeschichtl. Quellenschriften als Grundlage für Seminarübungen, Frei-
burg i./B. 1891, 2. Aufl. 1896, 3. Aufl. 1904. S. Justini Apologiae duae ed.
G. Rauschen. Bonn 1904, 3. ed. 1911 (Florilegium Patristicum fasc. 2). Justin,
Apologies. Texte grec, trad. franf., par L. Pautigny, Paris 1904 (Textes et docu-
ments par Hemmer Lejay 1).
et P.
Justin, avec Trvphon, t. I, II, texte grec, trad. frunc., par
Dialogue
G. Archambault, Paris 1909 (Textes et documenü? 8). —
E. Goodspeed,' Index
apologeticus Justini mart. aliorumque sive clavis operum apologetarum pristi-
nonim, Lipsiae 1912.
Deutsche Übersetzungen der beiden Apologien von P. A. Reichard,
Kempten 1871 (Biblioth. der Kirchenv.) und H. V^eil, Justin d. PhUos. und
Märtyrers Rechtfertigung des, Christentums (Apol. I u. II). Eingeleitet, ver-
deutscht und erläutert, Straßburg 1894.
Die Bruchstücke von de resurrectione wurden neu herausgegeben von
K. Holl, Texte und Untersuchungen usw. 20, 2, 1899, 36-49.
Eine spätere Bearbeitung der oratio ad gentiles ist syrisch und englisch
von W. Cureton, Spicilegium Syriacum, London 1855, 38—42, 61—69 ver-
öffentlicht worden. In den Sitzungsb. der Kgl. preuß;. Akad. d. Wissensch. zu
Berlin 1896, 627— (546 hat A. Harnack eine deutsche Übersetzung der syrischen
Version von F. Baethgen mitgeteilt und den ursprünglichen Text der Oratio in
verbesserter Form beigegeben.
J. Dräseke hat die kürzere Fassung der Expositio fidei als eine Schrift
des Apollin aris von Laodikeia herausgegeben in Texte und L"'^ntersuchungen
—
usw. 7, 3-4, 353 363; vgl. 158—182. Bruchstücke einer syrischen Bearbeitung
der Expositio fidei publizierte P. Martin bei Pitra, Analecta" sacra 4, Paris 1883,
11-16 (syrisch \ 287—292 (lateinisch).
Die Quaestiones et responsiones ad orthodoxes wurden nach einer
Handschrift d. 10. Jahrh., in welcher sie Theodoret von Cyrus zugeteilt werden,
neu herausgegeben von A. Papadopulos-Kerameus, St. Petersburg 1895.
im gewissen Sinne die christliche. Sie gleicht ihr in der Offensive gegen die heid-
nischen Götter und vielfach auch in der Stellung zur hellenischen Philosophie."
(J. Geffcken, Zwei griech. Apologeten, Leipzig 1907, XXXII). Sie hat aber den
Kampf gegen zwei Fronten zu führen, gegen das Heidentum und gegen die An-
hänger der Synagoge. Schon bei Paulus zeigt sieh diese doppelte Frontstellung,
und sie bleibt auch bestehen für die nachfolgenden Generationen. Die Fäden
aufzudecken, welche die christUche Apologetik mit der jüdischen und heidnischen
verknüpfen, und die Beziehungen darzutun, welche die einzelnen christUchen
Apologeten wieder unter sich verbinden, hat sich insbesondere J. Geffcken in
seiner vorhinerwähnten, trotz aller Übertreibungen anregenden und wertvollen
Publikation bemüht. Freilich einwandfreie und greifbare Resultate über direkte
und unmittelbare Beziehungen und Abhängigkeiten nach den angedeuteten Rich-
tungen sind auch von ihm nicht oder nur in vereinzelten Phallen konstatiert
worden. „Die überaus häufigen Berührungen entstammen eben nur dem apo-
logetischen Grundstoff" (a. a. O. XLII). Durch die Geschichte der alten Ajx)-
logetik ziehen sich „Komplexe von Ideen", immer wiederkehrende Tropen inid
Typen, Schemata und Leitmotive, die aber je nach der Art und dem Wechsel der
Gegner — man erinnere sich an den Kampf gegen Celsus, Porphyrius, Julian im
Gegensatz zur Adresse der frühesten Apologien —
variieren und bei besonders be-
gabten Persönlichkeiten, wie Tertullian und insbesondere Augustin, eine
starke individuelle Färbung und Gestaltung erfahren.
Qtiadratus (Kodoäzog) von Athen, der nach Eusebius Apostelschüler ge-
wesen ist, ist älter als Aristides und Justin und hat seine den Unterschied des
Christentums vom Judentum hervorhebende, für uns bis auf ein Fragment ver-
lorene Verteidigungsschrift um 124 dem Kaiser Hadrian eingereicht. Sie soll
nicht ohne eine für die Christen günstige Wirkung geblieben sein. Durch phi-
losophische Argxnnente hat er wohl nicht das Christentum verteidigt; hiermit
hat Aristides begonnen, und darin folgte ihm Justinus nach.
Aristides imd .Fustin eröffnen für uns die Reihe derjenigen Väter und
Lehrer der Kirche, welche nicht „apostolische Väter" sind. Justins Lehrtypus
entspricht im wesentlichen der Richtung der katholischen Kirche. Es ist ihm
aber trotz alles Strebens nach Kechtgläubigkeit nicht gelungen, sich in allen
Punkten von irrigen Abweichungen freizuhalten.
Das Reskript des Hadrian, welches .Justin am Schluß seiner größeren
Apologie mitteilt, ohne Zweifel echt, aber nicht so zu deuten, als ob die
ist
Christen nur wegen etwaiger gemeiner Verbrechen und jiicht wegen des Christen-
tums selbst verurteilt werden sollten. Unter den Begriff der gesetzwidrigen Hand-
lungen überhaupt, den das Reskript aufstellt, fällt unzweifelhaft auch die Verweige-
rung der den Göttern und dem Genius des Kaisers darzubringenden Opfer. Das
bekannte Reskript desTrajan, welches zwar die offizielle A uf suchung der Christen
untersagt, aber doch in dem beharrlichen Bekenntnis zum Christentum und der
Verweigerung der gesetzmäßigen Opfer ein todeswürdiges Verbrechen erkennt
blieb unaufgehoben. Es wurde eine milde Praxis eingeführt, indem nicht )iur
ausdrücklich jedes tumultuarische Verfahren verboten, sondern auch Ankläger, die
ihre Beschuldigungen nicht zu erweisen vermochten, mit schweren Strafen bedroht
wurden. Schon unter An tonin us Pius wurde auf Grund des unaufgehobenen
56 § 8. Die Apologeten. Aristides.
trajanischen Reskripts die Praxis wiederum eine härtere. Hierin lag der Anlaß zu
den Apologien des Justin. Unter Marc Aurel wurde bei dessen persönlicher
Abneigung gegen das Christentum das Reskript am rücksichtslosesten zur Aus-
fühning gebracht.
Der Himmel und alles Geschaffene wird von ihm umschlossen. Unbeweglich ist
er und unaussprechlich, ganz und gar vernünftig. Opfer, Geschenke und andere
Darbringungen sind ihm nicht vonnöten. Er hat alle sichtbaren Geschöpfe in
seiner Güte geschaffen und alles der Menschen wegen gemacht. „Darum ziemt
sich, ihm als dem einzigen Gott zu dienen imd ihn zu verherrlichen und sich
untereinander zu lieben wie sich selbst."
Sodann handelt Aristides von den Menschengeschlechtern, deren es vier
gibt Barbaren und Griechen, Juden und Christen. Die Christen leiten sich ab von
:
dem Herrn Jesus Christus, welcher der Sohn des hocherhabenen Gottes ist, durch
den heiligen Geist geoffenbart. Er ist vom Himmel hemiedergestiegen imd von
einer hebräischen Jimgfrau geboren worden. Sein Fleisch hat er angenommen
von der Jungfrau und geoffenbart hat er sich in der menschlichen Natur als der
Sohn Gottes. Er wählte die zwölf Apostel aus und lehrte die ganze Welt durch
seine heilsmittlerische lichtspendende Wahrheit, wurde von den Juden getötet,
nach drei Tagen wieder lebendig und fuhr auf zum Himmel. Von einer Ver-
mischung des Sohnes Gottes mit dem philosophischen Logos findet sich bei
Aristides keine Spur. Ausführlich tut er femer von den vier Elementen, Erde,
Wiisser, Liift, Feuer dar, daß sie keine Götter seien, ebenso von der Sonne,
von Menschen der Vergangenheit. Weiter weist er darauf hin, wie die Griechen
von ihren Göttern allerhand Gottloses ausgesagt hätten, und geht die einzelnen
Götter durch, wie ferner die Ägypter in ihrem Unverstand mehr als alle anderen
geirrt hätten. Über den Juden stehen noch die Christen, die frei sind von den
Lastern der Heiden, die fremde Götter nicht anbeten, die einander lieben und
§ 8. Die Apologeten. Justin. 57
den Armen und Fremdlingen helfen, indem sie Brüder nennen, die es nicht im
Leibe, sondern die es im Geiste sind.
EVQiaxov cpiXcPOffiav daqpa/.fj re xal ov/ii(poQov), welche den Anfang und das Ziel
aller Dinge offenbare, die Erkenntnis Gottes \tnd Christi gebe und es jedem
möglich mache, vollkommen und glücklich zu werden. Justin zog nun im Philo-
sophengewand (iV q)doa6(fov oxrjßaTi) herum als Lehrer der wahren Philo-
sophie und verteidigte das Christentum als solche, z. B. öffentlich und im eigenen
Hörsaal zu Piom gegen den kynischen Philosophen Crescentius, der einer seiner
erbittertsten Feinde wurde und aus Haß über die erlittene Niederlage ihm nach
dem Leben trachtete. Den Märtyrertod erütt Justin unter Marc Aurel nach der
nicht ganz zuverlässigen Angabe des Chron. Alex. (ed. Rader S. 609) im Jahre
166 n. Chr. Wahrscheinlich ist aber, daß er schon ein oder zwei Jahre früher zu
Bom enthauptet worden ist.
58 § 8. Die Apologeten. Justin.
Von den unter Justine Namen auf uns gekommenen Schriften sind nur
die beiden Apologien und der Dialog mit Tn'phon von unbezweifelter Echtheit.
Die erste sogenannte größere Apologie ist höchst wahrscheinlich einige Jahre
nach 150 n. Chr. (s. Harnack, Chronologie I, S. 274 ff., Bardenhewer, Patro-
logie, 3. Aufl. 1910, S. 40) verfaßt worden. Sie ist nach Wehofer, dem aber
Rauschen, J. Geffcken und J. M. Pfättisch (siehe die Literatur) wider-
sprechen, eine Rede, in welcher zum genau beobachtet
Teil die iächultheorie sehr
ist, ohne zum Vortrag bestimmt zu sein. Die zweite, sogenannte kleinere, un-
mittelbar darauf, auch unter Antoninus, noch zur Zeit des Stadtpräfekten
Urbicus, verfaßt, war gar nicht als selbständige Schrift von Justin selbst
beabsichtigt, sondern sollte nur eine Vervollständigung oder einen Nachtrag für
die erste bUden. Beide sind an den Kaiser Antoninus Pius gerichtet worden
(nach manchen Forschem die letztere, die dann irrigerweise als selbständige
Schrift angesehen wird, an Marc Aurel).
Der Dialog mit Tryphon ist zwischen 155 und 160 niedergeschrieben
worden, versetzt uns aber in das Jahr 135. Vorangegangen war ihm als erster
christlicher Dialog der Aristons von Pella, s. u. § 9.
Schon um 144 hat Justin eine Streitschrift gegen Häretiker verfaßt, die
aber kaum das von Irenäus benutzte Zvvtay^a ngog Maoxicova Justins ist.
Die dem Justin irrtümlich zugeschriebene Cohortatio ad Graecos schöpft
aus der Chronologie des Julius Africanus (wohl nicht umgekehrt), der 232
starb; in ihr ist auch nach Di Pauli die Irrisio des Hermias (siehe unten
§ 9) und nach Harnack (Chronol. II, 157) Porphyrius benutzt. J. Dräsekc
(Ztschr. für K.-G. VII, 1884, S. 257-303) schreibt sie dem ApoUinaris, Bischof
von Laodicea, in der 2. Hälfte des 4. Jahrh., zu und hält sie für identisch mit
der von Sozomenus genannten Schrift jieqI uh^&eiag. Sie stammt aber ebenso-
wenig von diesem ApoUinaris, wie von ApoUinaris von Hierapolis (Völter). Es
wird in diesem Aöyog naQaivexixoi; nQog "EXkrjvai; der Nachweis versucht, daß weder
Dichter noch Philosophen, sondern nur Moses und die Propheten wahrhafte
Gotteserkenntnis besitzen. Der Verfasser kennt die viel gebrauchten pseudo-
plutarchischen Placita philosophorum, benutzt sie und Avendet sich auf:h gegen
die in ihnen luitgeteilten Lehren.
Unecht ist der kürzere Aöyo? (Oratio ad Graecos), welcher
jtqoc: "E}^h]vai
wahrscheinlich aus dem Ende des 2. oder dem Anfang
des 3. Jahrhmiderts stammt
und die Unsittlichkeit und Unhaltbarkeit der heidnischen Mythen dartiui will.
Sein Verfasser ist unbekannt.
Das Schriftchen tteqI fiorao/i'ag, in welchem durch Zeugnisse der heid-
nischen Dichter und Philosophen der Polytheismus als verwerflich erwiesen
werden soll und die euhemeristische Theorie vertreten wird, ist seinem I^r-
spnuig nach unsicher. Es dem Justin bestimmt abzusprechen, liegen keitie
Gründe vor.
Die Abhandlung tisqI ävaordoeMg, von der uns noch bedeutende Fragment«
in den Sacra Parallela 'des Johannes Damascenus (Migne, P. gr. 6, 1571 1592) —
erhalten sind, stamnit aus der zweiten Hälfie des 2. Jahrhunderts. Wenn auch
der Inhalt nicht ganz den justinischen Gedanken entspricht, so ist es doch nicht
unmöglich, daß sie Justin verfaßt hat.
Sicher unecht sind: die Expositio fidei seu de trinitate, die Con-
futatio dogmatum quorumdam Aristotelicorum ('ArarooTii/ ^oyiiänov
Ttvö)»' 'AQiaroxshxw-), die an einen Presbyter Paulus gerichtet ist, rein philo-
sophischen Inhalt hat und etwa im 5. .Jahrhundert verfaßt zu sein scheint,
§ 8. Die Apologeten. Justin. 59
Justin davon überzeugt, daß die Lehre, die er vorträgt, die Lehre aller
ist
Christen sei, durchaus oQ^oyvwi^icov sein. Diese Lehre ist von den Pro-
er will
pheten schon ausgesprochen, welche verkündigen, daß .Tesus der Messias ist,
der Sohn Gottes, der andere Gott, der zur Erlösung der Welt vom
Vater, dem Schöpfer der Welt, gesandt ist. Trotzdem, daß Justin diesen
christlichen, apostolischen Glauben aus dem Alten Testamente, als „der heiligen
Schrift", beweisen wollte, hielt er auch nach seiner Bekehrung zum Christentum
die griechische Philosophie hoch als Bekiindung des allverbreiteten Aöyog
a^iFQiiaxiHÖg, ein Ausdruck, der zwar von der Stoa herübergenommen, aber aller
Beziehung auf die natürliche Entwicklung entäußert ist und bei Justin nur den
Logos in seiner geistigen und sittlichen Einwirkung auf den Menschen bedeutt-t.
In Christo allein aber als dem menschgewordenen Aöyoi; selbst sei die volle
Wahrheit. An dem A6yo<; anegfiarixög hat das ganze Menschengeschlecht teil
(Apol. II, c. 8: öid lö fiirpvTov jiavrl yivzi dvdQ('oji(ov ojidg/ia rov ?.6yov). Nach
dem jSIaße ihres Anteils am Logos konnten die Philosophen und Dichter die
Wahrheit erkennen (oi yäo ovyyQaqjsi? jrävrsg öiä rijg Fvovotjg Efi<fVTov rov ?.öyo>'
a:TOQHs äfd'dQcö? sSivarro oqüv xd ovra). Ein anderes aber ist der nach dem
Maße der Empfänglichkeit verliehene Same und das Abbild, und ein anderes
dasjenige selbst, an welchem Anteil verliehen wird (Apol. II, c. 13). Alles W
ah re.
Vernunftgemäße ist christlich: oaa ovi' nagd jiäot xakwc: e.l'gtjrai, ij/iojv tu>v
Xgiaxiavibv eoxiv (Apol. II, c. 13). Christus ist der Logos, an welchem das ganze
Menschengeschlecht teil hat, Gottes Erstgeborener (Apol. I, c. 4G: x6r Xgiozdr
jxQwxözoxov TOV ßsov Eivai eöi8dj(^&r}f.iev xal jxgosfitjvvaa/^isv /.öyov ovxa, ov ,t«)'
yevog dvdgcoTicor jiExioye). Die, welche mit dem Logos gelebt haben {ol ßexd löyov
ßiMoavxsg), sind Christen, obschon sie für Atheisten gehalten Avorden sein mögen,
wie unter den Hellenen Sokrates und Heraklit und die ihnen ähnlichen, unter
den Nichtgriechen Abraham und Ananias und Azarias und Misael und Elias und
viele andere (Apol. I, c. 46). Sokrates hat den Homer verbannt und zur ver-
nünftigen Erkenntnis des wahren Gottes angespornt. Er hat jedoch die Verkün-
digung des Vat^ers und Werkmeisters der Welt an alle Menschen nicht für ratsam
gehalten. Das aber hat Christus geleistet durch die Kraft Gottes, nicht durch die
Kunst menschlicher Rede (Apol. II, c. 10).
Neben der inneren Offenbarmig durch den allverbreiteten Logos aber nimmt
Justin eine Bekanntschaft griechischer Philosophen mit der mo-
saischen Lehre an. Die Lehre von der sittüchen Wahlfreiheit hat Piaton von Moses
entnommen. Ferner stammt alles, was Philosophen und Dichter über die Unsterb-
lichkeit der Seele, über die Strafen nach dem Tode, über die Betrachtunj»; der himm-
60 § 8. Die Apologeten. Justin.
lischen Dinge und ähnliches gesagt haben, ursprünglich von den jüdischen Propheten
her. Von
hier aus sind überallhin Saatkörner der Wahrheit (o.-repjwara zrjg ah^Ostag)
gedrungen. Aber durch ungenaue Auffassung ist Widerstreit unter den Ansichten
entstanden (Apol. I, c. 44). Nicht nur von der jüdischen Religion überhaupt hat
Piaton gewußt, sondern das ganze Alte Testament hat er gekannt, aber vielfach
mißverstanden so ist z. B. (Apol. I, c. 60) seine Lehre von der Ausbreitung der Welt-
;
seele in der Form eines Chi (x) [T\m. p. 36, wodurch Piaton den Winkel darstellt,
den die Ekliptik mit dem Äquator macht) eine Mißdeutung der Erzählung von
der ehernen Schlange (4. Moses XXI, 9). Orpheus, Homer, Solon, Pythagoras
und andere haben in Ägypten den Mosaismus kennen gelernt und sind dadurch
wenigstens teilweise zu einer Berichtigung irriger Ansichten über die Gottheit
gelangt (Cohortatio ad Graecos, c. 14). Diese Ansicht des Verfassers der Cohor-
tatio kommt Für eine Schrift des Justin selbst darf
mit der des Justin überein.
freilich die darum nicht gelten, weil sie cap. 23, 70 die
Mahnrede schon
Schöpfung der Materie lehrt und auf das Argument gründet, über einen unge-
schaffenen Stoff würde Gott keine Macht haben, wogegen Justin mit Piaton nur
die BUdung der Welt aus einer äfwoqpog vätj lehrt, Apol. I, c. 10, 59, also
Dualist bleibt.
Die Gottesvorstellung ist angeboren (i'fztfvxog rfj (pvoei xiöv avOodtstcov
dö^a, Apol. II, c. 6). Auch die allgemeinsten sittlichen Begriffe sind
allen Menschen obschon vielfach getrübt (Dial. c. Tryph. c. 63). Gott ist
eigen,
einheitlich und um seiner Einzigkeit wüUen namenlos (dvoivöfiaazog, Apol. I,
c. 63) und unaussprechlich {äggrjrog, Apol. I. c. 61). Er ist ewig, unerzeugt
{dyfvvtjTog, Apol. I, c. 14; II, c. 6 u. Ö.) und unbewegt (Dial. c. Tryph. c. 127). Er
thront jenseits des Himmels (Dial. c. Tryph. c. 56: iv roTg vnEQovQavioig det
fiEvovTog). Er hat aus sich vor der Weltbildung eine Vemunftkraft {dvvafjtv ziva
koyixrjv), den Logos, erzeugt und durch ihn die Welt erschaffen 6 81 viog exeIvov 6 fiövos
:
}.ey6fiEvog xvQicog viog, ö Xöyog Jioo zcöv noirifxdroiv xal avvcov xal yEvrcofXEVog oze
z?jv daß eine immanente Existenz des
dgyrjv 8t' avzov sidvza exzioe xal ixocfitjoE, so
Logos in Gott und eine Erzeugung desselben nach außen angenommen wird
(Apol. II, c. 6; Dial. c. Tryph. c. 60 ff.). Weil dieser dem väterlichen "Willen
dient und von Gott geschaffen worden ist, hat er die verschiedensten Bezeich-
nungen {xakEizai Jiozk 8s viog, jioze 8s oo<fia, nozk 8e äyysXog, jiote Se ^sog, -Torc de
xvQiog xa^ Xöyog, jiozs 8£ xal aQXiozQäxrjyov iavzov XiyEi, Dial. C Tryph. C 61), ja
er ist sogar Gott (Apol. 1, c. 63). Wie eine Flamme neben der andern besteht,
aus ihr hervorgeht, ohne sie zu verringern, so besteht auch der Logos neben Gott.
Der Logos ist Mensch geworden als Jesus Christus, der Sohn der Jungfrau (Dial.
c. Tryph. c. 48: ozt xal jzqovtitjqxsv viog zov noii]ZGv zmv oXcov, ßsog a>v, xal
yEyivvrjzai äv&QWJiog 8iä. zfjg Ttagdhov). Durch Um ist das mosaische Gesetz auf-
gehoben worden, in welchem nicht nur die Opfer, sondern auch die Beschneidung,
überhaupt alles Rituelle nur um der Herzenshärtigkeit des Volkes willen ange-
ordnet worden war, und an die Stelle desselben hat Christus das Sittengesetz treten
lassen (Dial. c. Tryph. c. 18).
Neben Gott dem Vater und dem Logos, seinem eingeborenen Sohne, samt
den Engeln oder Kräften Gottes, ist der heilige Geist oder die Weisheit Gottes
ein Objekt der Verehrung. Apol. I, c. 6: öuokoyov/zsv zwr zoiovrov vofit^ofisvcov
dscbv (der hellenischen Götter, welche Justinus xaxovg xal dvoolovg 8ai/iiovag nennt)
a&Eot Etvai, dA/.' ovxl ^ov dXrj&EOzdzov xal nazQog 8ixacuovv7]g xal acocpQoovvrjg xal
xü)v ukXoiv aQEZwv dvETzifxCxzov ZE xaxiag -dsov. dÄA' exeTvov xe xal zov nag avzov
vio%' iXi^ovxa xal 8i8d§avxa fjfiäg xavxa, xal zov zäjv alkwv kjtofiivcov xal e^ofioiovfiBvwv
§. Die Apologeten. Justin. 61
Apostel Johannes in der Apokalypse es prophezeit hat. Danach wird die allge-
meine Auferstehung folgen und das Gericht, welches (Jott durch Christum
vollzieht (Dial. c. Tryph. c. 58; c. 81). Zwar erscheint es den Heiden unglaublich
und unmögHch, daß die gestorbenen Leiber, die in der Erde zerstreut liegen,
wieder lebendig werden sollen. Die Christen wissen es aber, nach der Weissagung,
daß es so sein wird. Ein Jeder wird zur ewigen Strafe oder Seligkeit gelangen
nach dem Werte seiner Handlungen (exaaxov in alo>viav xöXaoiy i} oont^oiav xui
a^tav rwv Ttgä^süiv :xoQeveo&ai, Apol. I, c. 12). Die Hölle (yierru) ist der Ort,
wo diejenigen durch Feuer gestraft werden sollen, die ungerecht gelebt und nicht
an das Eintreffen dessen, was Gott durch Christus verkündigt hat, geglaubt haben
(Apol. I, c. 12; 19; 44 u. ö.). Die Strafe dauert so lange, wie Gott wUl, daß die
Seelen seien und gestraft werden (Dial. c. Tryph. c. 5), d. h. ewig (Apol. I, c. 28;
Dial. c. Tryph. c. 130), und nicht, wie Piaton gemeint hat, bloß tausend Jahre
lang (Apol. I, c. 8).
Das sittliche Leben, auf dem die Erkenntnis Gottes beruht, betont Justin
sehr stark, so daß allerdings eine gesetzliche oder moralisierende Auffassung des
Christenturas bei ihm zu konstatieren ist. Hierbei folgt er aber der griechischen,
d. h. der damals heiTschenden platonisch-stoischen Denkweise und nicht etwa dem
Judentum. Za weit geht Aube, der meint, Justins Christentum sei nichts anderes
als popularisierte, heidnisch-phüosophische Moral, und durch den Glauben an
Christum als den Sohn Gottes sei dieser Moral nur eine festere religiöse Griuid-
lage gegeben worden, die im Heidentum nicht möglich gewesen sei. Dagegen be-
tont M. V. Engelhardt in dem erwähnten Werk (Abschnitt: Das heidnische
Element im Christentum Justins, S. 447 490), daß Justin allerdings in den —
Moralisraus des Heidentums geraten sei, daß man ihn daneben aber auch als
62 § 9- Die Apologeten. Fortsetzung.
III. Miltiades.
Tatian s Rede an
die Griechen erschien zuerst, zugleich mit anderen
patristischen Schriften, Zürich 1546 (durch Johannes Frisius). Eine latei-
zii
nische Übersetzung von Conrad Gesner erschien ebendaselbst 1546. Neuere
Ausgaben erschienen von W. Worth (Oxford 1700), Maranus (Paris 1742), von
J. C. Th. de Otto (in Corp. apol., vol. VI, Jen. 1851), zuletzt von Ed. Schwartz,
in Texte u. Untersuch, usw., 4, 1, Leipzig 1888.
Übersetzungen ins Deutsche von V. Gröne, Kempten 1872 (Bibliothek
der Kirchenväter) und von Ad. Harnack, Gießen 1884.
Ö4 § Ö- Die Apologeten. Fortsetzung. Ausgaben und Übersetzungen.
VI. Atbenagoras.
Die Überlieferung bei A. Harnaok, Gesch. der altchristl. Lit. I, 1893,
256-258. Bardenhewer, Patrologie, 3 A., 1910, S. 51.
Die Schrift des Athen agoras negl dvaaräaecog xwv vsxqöjv ist zuerst von
P. Nannius 1541 zu Löwen und die ITosaßeia :isoi Xgiaziavöjv zugleich mit
der vorhin genannten Schrift 1557 von C. Gesner zu Zürich, danach öfters,
zuletzt in: Corpus apologetarum saeculi II, ed. J. C. Th. de Otto, vol. VII, Jena
1857, gedruckt worden. Athenagorae libellus pro Christianis, oratio de resuiTectione
cadaverum, reo. Ed. Schwartz, Texte u. Untersuchungen, IV, 2, Leipzig 1891.
Die Apologie wurde neuerdings ediert von J. Geffcken, Zwei griechische Apo-
logeten (Aristides und Athenagoras), Leipzig 1907 (Ausgabe und Kommentar).
Eine deutsche Ubersetzring beider Schriften hat A. ßieringer, Kempten
1875 (Bibl. der Kirchenväter) geliefert.
VIL Theophilus.
Über die Überlieferung, auf cod. Marcianus 496 s.
die XI zurückgeht,
siehe A. Harnack, Gesch. der altchristl. Lit. I, 1893, 496—502. 0. Barden-
hewer Patrologie, 3. A., 1910, S. 53.
,
IX. Hermias.
Über die Überlieferung siehe A. Harnack, Gesch. der altchristl. Lit
I, 1893, 782—783.
Des Hermias irrisio gentilium philosophorum wurde zuerst griechisch und
lateinisch von J. Oporinus zu Basel 1553 herausgegeben, dann öfters, nament-
lich auch in dei- Ausgabe des Justin von Maranus (1742), femer in dem Corpus
etc. von de Otto, vol. IX, 1872, zuletzt von Herrn. Diels in: Doxographi
Graeci, Berlin 1879, S. 649-656; vgl. auch ebd. in den Proiegoraenis S. 259—263:
De Herraiae gentüium philosophorum irrisione.
Eine deutsche Übersetzung hat J. Leitl, Kempten 1873 (Bibl. d. Kirchen-
väter) gegeben.
von Sardes, Apollinaris von Hierapolis und den Rhetor Miltiades, deren
Schriften nicht auf uns gekommen sind (wenigstens keine in griechischer Sprache),
und die drei oben erwähnten, von denen wir noch Schriften besitzen: Tatian,
Athenagoras und Theophilus. Gf!gen das Judentum schrieben außer Justin
namentlich Ariston von PeUa und Miltiades.
Melito, Bischof von Sardes, war ein sehr fruchtbarer Schriftsteller und
verfaßte unter anderem auch eine Apologie des Christentums, welche er um 172
dem Kaiser Marc Aurel überreichte. In dieser Schutzschrift an den philosophischen
Kaiser wurde von ihm das Christentum als eine zwar unter den Barbaren zuerst
aufgekommene, im römischen Reiche aber zu der Zeit der Kaiserherrschaft zur
Blüte gelangte „Philosophie" bezeichnet, die diesem Reiche zum Heile gereicht
habe und noch gereiche (Melito ap. Euseb. bist. eccl. IV, 26). Er hat zuerst
den Satz von den zwei Naturen Christi, der wahren Gottheit und der wahren
Menschheit, aufgestellt. —
Die dem Melito zugeschriebene Apologie, die durch
Cureton und Renan in syrischer Übersetzung aufgefunden und zuerst heraus-
gegeben worden ist, kann nicht die Schutzschrift des Melito sein, da sich die
aus letzterer bei Euseb ius erhaltenen Reste nicht in ihr finden. Auch ist sie
wohl nicht identisch mit der Schrift des Melito UsqI d).t]§siag, wie auch ange-
nommen worden ist (Ewald, Gott, gelehrte Anzeigen, 1856, Xr. 658), obgleich
sie aus dieser Zeit stammen mag, auch Verwandtschaft mit Aristides zeigt
Barden hew er (Patrol., 3, A., S. 106) will sie für ein Werk des syrischen Gnostikers
Bardesanes Die gleiche Ansicht verficht Ulb rieh (siehe Literatur).
halten.
Es wird in ihr die Anbetung der Elemente und vieler Götter gegeißelt im Gegen-
satz zum wahren Gottesdienst.
Apollinaris, Bischof von Hierapolis, schrieb (etwa 172) einen Aöyog vjieq
mozecog zugunsten des Christentums an Marc Aurel und Ugo; "EXXrjt'ag avyygäfi-
fiaxa TTEVTs (Euseb. hist, eccl. IV, 26 und 27), eine Schrift in mehreren Büchern
ITegi ähjdBiag u. a.
alexandrinischen Juden Papiscus nach langem Kampfe von der Wahrheit des
Christentums überzeugt, jedoch hauptsächlich nur durch den Nachweis von der
Erfüllung der messianischen Weissagungen in Jesus von Nazareth,
weshalb diese Apologie für die Philosophie des Christentums nur von geringem Belang
gewesen sein mag. Celsus erwähnt sie verächtlich, aber auch ürigenes nimmt
sie nur relativ in Schutz. Daß, wie Ad. Harnack (Texte u. Untersuch. 1, 3, 1883)
annahm, das Wesentliche dieser Schrift uns erhalten ist in der einem gewissen
Evagrius zugeschriebenen ,,Altercatio Simonis Judaei et Theophili Christiani'* aus
dem fünften Jahrhundert (bei M igne,
P. gr. 20 und Harnack a. a. O.), hat dieser
selbst nicht mehr angenommenen Umfange aufrechterhalten. Eine
in dem früher
gewisse Abhängigkeit dieser jüngeren Schrift von der älteren kann aber fest-
stehen. Gegen Harnack wandten sich P. Corssen, Th. Zahn u. E. Bratke
(siehe die Literatur).
Kitters Ausdruck, Gesch. der Philos. V, S. 332) „weniger der Christ, als der
Barbar sich vernehmen läßt", die griechische Bildung, Sitte, Kunst und Wissen-
schaft herabzusetzen, um an ihrer statt das Christentum zu empfehlen. Zu
diesem Behuf verschmäht er es nicht, auch die gemeinsten Verleumdungen auf-
zufrischen, welche gegen die angesehensten griechischen Philosophen vorgebracht
worden waren, unter Entstellung ihrer Lehrsätze (Grat, ad Gr. c. 2). Mit rohem
Despotismus der Abstraktion stellt er die ästhetische Verklärung des sinnlichen
Bedürfnisses und die viehische Lust, sofern beide nicht der moralischen Regel
untenvorfen sind, unter den nämlichen Begriff der Immoralität, um dadurch die
christliche Reinheitund Enthaltsamkeit in ein helleres Licht zu setzen, z. B.
c, 33: Kai ^ (xiv Zanqioi yvvaiov noQvixov sQmxofiavig xai tijv iavTtj? doilyeiav
aÖFi. Tiäoai 8i ai nag rjfüv atoqpQOvovai xai Ttsgi zag fjXaxäTag ai naQ^evoi lä xaxä
deöf /.aXovaiv extpovrjfiaza Trjg nag v/aTv jiaido? anovSaiÖTEQOv. Die griechischen
Götter werden mit den Dämonen identifiziert und sind deshalb sittlich verwerflich,
el>enso wie die Materie, mit welcher sie behaftet sind, sitthch schlecht ist.
gleichartig und zusammengehörig sei nur, was einem gemeinsamen Vorbilde nach-
gebildet sei, also Gewordenes und Endliches, nicht Ewiges und Göttliches; ver-
schiedene Orte aber für verschiedene Götter gebe es nicht. Denn der Gott, der
die kugelförmige Welt gebildet habe, nehme den Baum jenseits derselben ein als
überweltliches Wesen (d fj.kv x6a/u)g avpaigixcx; djiozsXea&elg ovgavov xvxkoig auio-
xexXsiOTai. 6 de rov xöofiov noirjzrjg dvcotigoi reüv yeyovözwv inexcov aviov zfj zov-
Tcov TTQoroia).Ein anderer fremder Gott würde weder innerhalb der Weltkugel,
noch da, wo der Weltbüdner ist, sein können, und wäre er draußen in einer
anderen oder um eine andere Welt, so ginge er uns nichts an, wäre auch wegen,
der Begrenztheit seiner Daseins- und Wirkungssphäre kein wahrer Gott.
Auch hellenische Dichter und Philosophen haben bereits die Einheit Gottes
gelehrt, indem vom göttlichen Geiste, selbst forschten. Aber die volle
sie, angeregt
Klarheit und Sicherheit der Erkenntnis wird doch nur durch die göttUche
Beiehrung gewonnen, die wir in der heiligen Schrift bei Moses, Jesaias, Jeremias
und den anderen Propheten vorfinden, welche, aus ihren eigenen Gedanken heraus-
tretend, dem göttlichen Geist zum Organe dienten, vom
gleich wie die Flöte
Flötenspieler geblasen wird (Suppl. c. ö — 9). Alles ist von Gott durch seinen
Verstand, seinen /.öyog ,
gebildet {Xoyog tov Jiazgb? iv iöm xal ivegyet'q, jzQog
ai'roij yug y.ai öi avzov :Tävza syEvsro), der von Ewigkeit her bei ihm ist, da er
immer vernünftig v/ar. Derselbe ist aber hervorgetreten, um Urbild und wirkende
Kraft (tSea xal ivegyeia) für alle materiellen Dinge zu sein und ist so das erste ,
Erzeugnis des Vaters, der Sohn Gottes. Vater und Sohn sind eins. Der Sohn
ist im Vater und der Vater im Sohn durch die Einheit und Kraft des Geistes.
Auch der Geist, der in den Propheten wirkte, ist ein Ausfluß Gottes {djioggota
TOV ^eov),von ihm ausgehend und zu ihm zurückkehrend gleich einem Sonnen-
strahl. Wir erkennen an als Objekt unserer Verehrung Gott, den Vater, Sohn
und heihgen Geist, ihre einheitliche Kraft und ihre geordnete Gliederung (zi]v iv
T^ ivwaei ftvvaiur xal zijv h zfj zd^ei ötaigeaiv) und beschränken auch hierauf
noch nicht unsere Gotteslehre, sondern nehmen an, daß Engel und Diener von
Gott durch seinen Logos zur Beteiligung an der Leitung der Welt bestimmt
worden sind (c. 10). Wir betätigen unseren Gottesglauben durch Seelenreinheit
und Feindesliebe (c. 11); denn wir sind überzeugt, daß wir von unserem Leben
nach dem Tode Rechenschaft werden geben müssen (c. 12). An der Verehrung
der vermeinthchen vielen Götter können die Christen sieh nicht beteiligen (c. 13 ff.).
6g § 9. Die Apologeten. Fortsetning. Athenagoras. Theophilus.
Die sittlichen Anschuldigungen weist Athenagoras mit Berufung auf die Sitten-
reinheit der Christen zurück (c. 32 ff.).
bis 25) positive Argumente. Sollte die Auferstehung nicht möglich sein, so müßte
entweder die Fähigkeit oder der Wille zur Auferweckung der Toten Gott fehlen.
Die Fähigkeit würde ihm nur dann fehlen, wenn ihm entweder das Wissen
abginge oder die Macht. Das Werk der Schöpfung aber beweist, daß ihm beides
nicht abgeht. Hält man die Auferstehung wegen des Stoffwechsels für unmög-
lich, der die nämlichen Stoffe nacheinander verschiedenen menschlichen Leibern
zuführe, so daß es widersprechend sein würde, diese Stoffe zugleich dem einen
imd auch dem anderen Leibe bei der Auferstehung wiederzugeben, so ist jene
vermeintliche Tatsache selbst in Abrede zu stellen, da ein jedes Wesen von den
Nahrungsmitteln, die es zu sich nimmt, nur das üun Gemäße sich assimilieren
kann, Bestandteile eines menschlichen Leibes nicht in tierisches Fleisch über-
gehen können, welches wiederum von einem andern menschlichen Leibe assimiliert
würde. Der Wille würde Gott nur dann fehlen, wenn die Auferweckung unge-
recht wäre gegen die Auferstehenden selbst oder gegen andere Geschöpfe, was sie
doch nicht ist, oder wenn sie Gottes unwürdig wäre, was sie gleichfalls nicht ist,
•da sonst auch die Schöpfung seiner unwürdig sein müßte. Positive Argumente
für die Wirklichkeit der Auferstehung sind: 1) der Grund der Erschaffung der
Menschen, der darin liegt, daß sie beständig die göttliche Weisheit anschauen
sollen, 2) das Wesen des Menschen, welches eine ewige Fortdauer des Lebens
zum Behufe eines vernunftgemäßen Lebens erheischt, 3) die Notwendigkeit eines
göttlichen Gerichtes über die Menschen, 4) der in diesem Leben nicht erreichte
Endzweck der Schöpfung des Menschen, der weder in der Schmerzlosigkeit, noch
in der sinnlichen Lust, noch auch in dem Seelenglück allein liegt, sondern in
der Betrachtung des wahrhaft Seienden und in der Lust an seinen Beschlüssen.
— Auffallen kann, daß die Auferstehung Christi als Argument nicht heran-
gezogen wird. Offenbar wollte sich Athenagoras möglichst auf philosophischem
Boden halten.
gewonnen. In seiner wahrscheinlich bald nach 180 unter der Regierung des
Commodus verfaßten Schrift AdAutolycum, die drei selbständige Schriften in
drei Büchern umfaßt und eigenartige Gedanken kaum aufweist, ermahnt er diesen,
gleichfalls zu glauben, damit er nicht, wenn er ungläubig bleibe, später zu seinem
Nachteil durch die ewigen Höllenstrafen überführt werde, welche die Propheten
und, von ihnen stehlend, auch griechische Dichter und Philosophen vorhergesagt
haben (I, 14). Auf die Aufforderung des Autolycus: zeige mir deinen Gott",
,,
antwortet Theophilus (I, 2): „zeige mir deinen Menschen", d. h. zeige mir, ob du
frei von Sünden bist; denn nur der Reine kann Gott schauen. Auf die Auf-
forderung: „beschreibe mir Gott", antwortete er (I, 3): Gottes Wesen ist unaus-
sprechlich, seine Ehre, Größe, Erhabenheit, Kraft, Weisheit, Güte imd Gnade
übersteigen aUe menschlichen Begriffe. Wenn ich Gott Licht nenne, so nenne ich
sein Gebilde, wenn ich ihn Logos nenne, so nenne ich seine Herrschaft, wenn
Vernunft (vovg), so seine Einsicht ((pQÖvtjaig), wenn Geist, so seinen Hauch, wenn
Weisheit, so sein Erzeugnis, wenn Stärke, so seine Macht, wenn Kraft, so seine
Wirksamkeit, wenn Vorsehung, so seine Güte, wenn Herrschaft, so seine Ehre,
§ 9. Die Ajxylogeten. Fortsetzung. Thoophilus. Hermogenes. 69
wenn Herr, so bezeichne ich ihn als Richter, wenn Richter, so nenne ich ihn
gerecht, wenn Vater, so nenne ich ihn hebend (dyouiwvra nach Heumanns Con-
jectur für za jidvza, oder richtiger: Schöpfer, sofern bei tö jiävra, wie Grabe
annimmt, Jiotijoavra ausgefallen ist, vgl. c. 4 : JtaxrjQ diä zo elvai avxov ngo zwv
oimv, und Philen De nom. mut ed. Mang. I, p. 582 f., wo ^eö?, noirjxixi] Svvafiig,
St ^c e^xE zd Tiävza und jiaztjQ einander gleichgesetzt werden), wenn Feuer, so
nenne ich seinen Zorn, den er gegen die Übeltäter h^. Er ist unbedingt, weil
ungeworden, unveränderlich, wie unsterblich. Er heifit Grott (deo?) von der
Gründung des All {8iä x6 xe&eixivai zä navza) imd wegen des Bewegens und
Wirkens (diä zo ^htv). Gott hat alles, auch die Materie, aus nicht Seien-
dem geschaffen zu seiner Ehre (I, 4: zd ndvza 6 dcöc inoirjaev i^ oix ovzcov stg z6
etvai, iva Sid xmv sQytov yivutaxrjTac xai vorj^fj zd fieye^og avzov). Theophilus be-
kennt sich also entschieden zur Schöpfungslehre. Wäre die Materie ewig, so
wäre sie unwandelbar und könnte nicht umgebildet werden.
Der unsichtbare Gott wird aus seinen Werken erkannt, gleich wie
aus dem geordneten Laufe eines Schiffes die Anwesenheit eines Steuermannes er-
schlossen werden kann. Gott ist Einer, und diese reine Einheit ergibt sich aus der
weisen Einrichtung der Welt. Um
zur Erkenntnis Grottes zu gelangen, muß sich der
Mensch der weisen Führung Gottes überlassen, muß gehorsam «ein und glauben
an die Weisungen Gottes. Der Mensch ist aber ungehorsam gewesen, imd da-
durch ist das Böse in die Welt gekommen. Jedoch gewährt uns Gott die Mittel
zur Besserung. Ist diese an uns ausgeführt, dann erkennen wir das Gute in uns
und dadurch Gott. Dieser hat alles durch seinen Logos und seine Weisheit ge-
bildet (I, 7). Der Logos war von Ewigkeit her bei GrOtt als Aöyog ivScddezog kv
zoZg iöioig (zov dcoü) ajtXdyx^oig (II, 10) oder ivdiä&ETog iv xagöia &eov (II, 22).
Ehe Welt ward, hatte Gott an ihm, der vovg xal qpQÖvtjaig war, seinen Ratgeber
die
{ovfißovXog). Als aber Gott die Welt schaffen woUte, zeugte er diesen Logos,
ihn außer sich setaend {zovxov zov Xöyov eyewriOE jxgo(poQix6v) als den Erst-
geborenen vor der Schöpfung, nicht als wäre er dadurch selbst des Xoyog entleert
worden, sondern so, daß er auch nach der Zeugung noch selbst des löyog teil-
haftig bheb (II, 22). Die drei Tage vor der Erschaffung der Lichter sind Bilder
der Trias: Gottes, des Logos und der Weisheit (II, 15: xviioi x^g xgidSog zov
&eov xal zov Xoyov avxov xai zrjg ao<piag avzov). Gott, der uns geschaffen hat, kaim
und wird uns auch einstmals wieder schaffen bei der Auferstehung (I, 8.) Die
Namen der griechischen Götter sind Namen vei^ötterter Menschen (I, 9 ff.) Der
an die Götterbilder geknüpfte Kultus ist unvernünftig. Die Lehren der heidnischen
Dichter und Philosophen sind töricht. Die heiligen Schriften des Moses und der
Propheten sind die älteren und enthalten die Wahrheit, welche die Griechen
VCTgessen und verworfen haben (II, III).
Inwieweit der unter des Theophilus Namen auf uns gekommene Kommen-
tar zu den vier Evangelien von ihm herstammt, ist zweifelhaft.
Die von Euseb. bist, ecdes. IV, 24 erwähnte Streitschrift des Theophilus
gegen Marcion, wie auch gegen den aristotelisierenden und platonisierenden
Hermogenes. und andere Schriften sind verloren gegangen. Indessen will
E. Preuschen, Zeitschr. f. neutestam. Wiss. 12, 1911, S. 243—269, in einem
antimarcionitischen, unter Ephräms Namen gehenden Traktat die Schrift des
rheophüus gegen Marcion erkennen.
Hermogenes nahm eine ungeschaffene, chaotische Materie an, auf welche
wieder Magnet auf das Eisen, welche Doktrin auch Tertullian,
Grott einwirke,
Verfasser zweier Schriften g^en Hermogenes, von denen die eine: Adversus
70 § 9- Dit" Apologeten. Fortsetzung. Briet an Dioiznet.
•
Herinogenem noc-h erhalten ist, bestritten hat. Vgl. Erich Heintzel, Hermo-
genes, der Hauptvertreter des philosophisc^hen Dualismus in der alten Kirche,
Berl. 1902. (Der Verfasser glaubt mit Unrecht alle Verbindung des Herroogeoes
mit der Gnosis in Abrede stellen zu müssen.)
Der (anonyme) Brief an Diognet (kaum der von Capitolin. Wt. Ant. c. 4
erwähnte Günstling Marc Aureis) pflegt bald den Schriften Justins, bald denen
der apostolischen Väter beigefügt zu werden, obschon der Stil und der dogma-
tische Standpunkt von dem des Justin wesentlich abweicht (siehe Semiseh.
Justin I, S. 178 ff.), und die Abfassung durch einen unmittelbaren Apostel-
schüler mehr als zweifelhaft ist, da der Verfasser vielmehr auf das katholische
Prinzip der „traditio apostolorum" sich zu beziehen scheint. Der Brief ent-
hält eine lebendige christliche Apologetik. Seine Abfassungzeit ist sehr
unsicher, jedoch nicht vor 1(X), wahrscheinlich erst ans Ende des zweiten oder
sogar erst in das dritte Jahrhundert zu setzen. F. O verbeck rückt ihn in
die Zeit nach Constantin herab. Donaldson schreibt ihn sogar der Renais-
sancezeit zu und
sieht Ln ihm nur eine Stilübung. Der Versuch Krügers,
Kihns u. a.,den Apologeten Aristides als Verfasser zu bestimmen, ist ent-
schieden mißglückt. Ebenso unhaltbar ist die Ansicht Dräsekcs. der Apelles,
einen Schüler Marcions, für den Autor hält.
Der Verfasser beantwortet einige Fragen des Diognet nach der christlichen
Gottesverehrung und der christlichen Nächstenliebe und danach, warum das
Christentum so spät in die Welt gekommen sei. Der Standpunkt erinnert mehr-
fach an den der Johannes-Briefe und des vierten Evangeliums, ist aber doch noch
mehr paulinisch. Der Judaismus wird verworfen. In der Beschneidung ein
Zeugnis der Erwählung und der göttlichen Vorliebe finden zu woUen, erscheint
dem Verfasser des Briefes als eine prahlerische Anmaßung, die Hohn verdiene.
Den Opferkultus hält er für eine Verirrung, die ängstliche Strenge in der Aus-
wahl der Speisen und für unbegründet. Ebenso entschieden
in der Sabbatfeier
aber bekämpft er das Heidentum.
Die griechischen Götter sind ihm seelen-
lose Gebilde aus Holz, Ton, Stein und Metall und der ihnen dargebrachte Kultus ist
eine Sinnlosigkeit. In der vorchristlichen Zeit hat Gott die Menschen dem unge-
ordneten Spiel ihrer sinnlichen Lüste überlassen, um zu zeigen, daß nicht aus
menschlicher Kraft xmd Würdigkeit, sondern allein durch die göttliche Barm-
herzigkeit das ewige Leben erlangt werden könne. Die sittlichenVorzüge der
Christen schildert der Verfasser des Briefes mit glänzenden Farben. Bewunderns-
wert und ausgezeichnet ist der Wandel der Christen. Das eigene Vaterland be-
wohnen sie wie Fremdlinge. An allen Leistungen beteiligen sie sich als Bürger,
und alles dulden sie wie Auswärtige. Jede Fremde ist ihnen Vaterland, jedes
Vaterland eine Fremde. Sie heiraten, wie alle, sie erzeugen Kinder, aber sie
setzen die erzeugten nicht aus. Den Tisch, aber nicht die Frauen,haben sie
gemein. Sie befinden sich auf der Erde, aber ihr Leben ist im Himmel. Sie
gehorchen den bestehenden Gesetzen, aber durch ihr Leben überbieten sie die-
selben. Sie lieben alle und werden von allen verfolgt. Man kennt und
sie nicht
verurteilt sie doch. Sie werden getötet und leben. Sie sind arm und machen
viele reich. Was die Seele im Leibe ist, das sind die Christen in der Welt.
Der Grund dieses Wandels liegt in der Liebe Gott^, die sich durch die Sendung
des Logos, des Weltbildners, bekimdet hat, welcher in den Herzen der
Heiligen immerdar neu geboren wird (jrdrroTc reo? iv ayicov xaoblaig yevvatfisvoi).
Der Logos ist der xexvhr)? xal drjfitovßyo^ icDv okmv, ov tä ftvoTtjgia :ttax(ä^ nana
q^vXdaoBi rä aioi/eia, cap. 7.
I
§9. Die Apol<^et«n. Forts. Hermias. § 10. Die Gnosisgegner. Irenäus. Hippolyt. 71
I. IrenUus.
divi Irenaei episcopi Lugdunensis in quinque libros digestum, in quibus niire rete-
git et confutat veterura haereseon inipias ac portentosas opiniones, ex vetustiss.
codicum coUatione emend. opera Des. Erasmi Roterodami ac nunc primum in
luceni ed. opera Je. Frobenii, Basil. 1526; wiederholt ebd. 1528, auch 1543 u. ö.;
daran schließen sich die Ausgaben von Gallasius (Genf 1570), Grynaeus
(Bas. 1571), Fr. Feuardentius (1575 u. 1576; 1596 u. ö.); Job. Ern. Grabe
(Oxon. 1702), R. Massuet (Par. 1710 u. Venet. 1734), Ad. Stieren (Lnz. 1848
— 1853), welcher letzteren Ausgabe auch Massuets Abhandlungen über tlie Gno-
stiker und über das Leben, die Schriften und die Lehre des Irenäus beigedruckt
sind; ed. W. W. Harvey, Cantabrig. 1857. Bei Migne bildet Irenäus den
VII. Bd. der griechischen Abteilung des Cursus Patrologiae completus (ein Ab-
druck der Ausgabe von Massuet). Eine neue Ausgabe von Iren. Hauptschrift
erseheint v. U. Manne ci, Irenai Adversus Haereses libri V, Pars I, Rom 1907
(Bibl. s. patrum et script. eccles. Series 2: Scriptores graeci antenicaeni,
Vol. III, pars I.).
Einige neue Fragmente des g riech. Textes von Adversus haereses publizierte
A. Papadopulos-Kerameus in: 'AväkexTa UooaoXvftnixijg aiaxvoloyiag 1,
St. Petersburg 1891. 387—389. Vgl. dazu J. Haußleiter, Zeitschr. f. Kirchen-
gesch. 14, 1894, 69—73. Ein weiteres neu entdecktes griechisches Fragment
—
(V, 28, 2 30, 2) findet sich in: Des Origenes Scholienkoramentar zur Apokalypse
.lohannis. Nebst einem Stück aus Irenäus über V Graece. Entdeckt und ner-
ausgeg. von C. Diobouniotis und A. Harnack, Leipzig 1911 (Texte und
Unters. 38. 3).
Die syrischen und armenischen Fragmente sind gesammelt bei
—
Harvey (2,431 4.53) u. von P. Martin bei Pitra, Analecta sacra 4, Paris 1883.
17 sqq., 292 sqq. ^Ekey^og xal avazQOJirj rfjg ^isvdovvfiov yvojaewg. Buch IV und
V in armenischer Version entdeckt von Lic. K. Ter-Me kerttschian heraus- ,
II. Hippoljrtus.
nicht festgestellt. Bardenhewer setzt seine Geburt um das Jahr 140 an.
Nach Hieron ym US (Br. 75) war er auch ein Schüler des Papias. Bald her-
§ 10. Die Gnosisgegner. Irenäus.
7^
nach kam Irenäus nach Gallien, wurde in Lyon Presbyter und nach dem im
Jahre 177 erfolgten Märtyrertode des Pothinus Bischof. Hieronyraus nennt auch
den Irenäus einen Märtyrer. Nach Gregor von Tours (Gesch. Galliens 1, 27)
soll er in der severianischen Verfolgung (um 202) den Tod erlitten haben, was
aber sehr unsicher ist, da über das Martyrium erst in so später Zeit be-
richtet wird.
Eusebius (Hist eccl. V,26) erwähnt auch eine Abhandlung gegen die helle-
nische Wissenschaft {Uqoi; "EXlrjvag Xöyo? zzeqI Emoz7)[i>fg), einen Brief Utgi ftovanyla^
jj :ifQi xov fii) firat tov &evv noi7]T7]v y.axü)v, ferner eine Schrift „Zum Erweise der
apostolischen Verkündigung", die erst 1907 in armenischer Übersetzung entdeckt
und bekannt geworden ist, apologetischen Charakter trägt und den Beweis der
Göttlichkeit der Offenbarung aus der Prophetie zur Aufgabe hat, aber zu den
Anschauungen des Hauptwerkes nichts wesentlich Neues hinzufügte, und andere
^k'hriften.
Als den Grundcharakter des Gnostizismus bezeichnet Irenäus die Blasphemie,
daß der höchste Gott von dem .Weltschöpfer verschieden sei. An diese Zerteilung
des Vaters schließe sich(namentlich bei den Valentinianem) die Zerteilung des
Sohnes in eine Mehrheit willkürlich angenommener Wesen an. Das gnostische
Vorgeben einer Geheimlehre Jesu ist falsch. Die wahre Gnosis ist die apostolische
Lehre, wie sie uns durch die Kirche überliefert wird. Irenäus mahnt an die
Schranken des men sc hliehenWissens. Der Schöpfer ist unbegreiflich, nicht
auszudenken, seine Größe ist nicht zu ermessen. Er ist Verstand,, aber nicht dem
menschlichen Verstände ähnlich. Er ist Licht, aber nicht unserem Lichte ähnlich.
Alle unsere Vorstellungen von ihm sind inadäquat. Besser ist es, nichts zu
wissen, an Gott zu glauben und in seiner Liebe zu verharren, als durch spitz-
findige Untersuchungen in Gottlosigkeit zu verfallen. Was wir von Gott wissen,
wissen wir durch seine Offenbarungen. Ohne Gott kann Gott nicht erkannt
werden. Wie die, welche das Licht erblicken, in dem Lichte sind, so sind auch
die, welche Gott schauen, in Gott und haben teil an seinem Glänze. Gott seibat
ist der Weltschöpfer und offenbart sich in der Welt als seinem Werke,
woraus auch schon die Besseren unter den Heiden ihn erkannt haben. Was er getan
habe vor der Schöpfung der Welt, weiß nur er selbst. Auch die Materie der
Welt durch seinen Willen geworden.
ist Er hat die Welt so geschaffen, wie er
sie seinem Geiste gedacht hatte.
in Er bedurfte dazu keiner (platonisc-hen)
Vorbilder; denn die Vorbilder hätten wieder Vorbilder vorausgesetzt ins Unend-
liche hin.
An Gottnichts Maßloses. Das Maß des Vaters ist der in Jesu raensch-
ist
gewordene Sohn, der ihn erfaßt, das Organ aller seiner Offenbarungen, der Ver-
walter und Austeiler der väterlichen Gnaden zum Segen der Menschheit. Der
.Sohn oder das Wort und der Geist oder die Weisheit sind die Hände des Vaters.
Der Logos ist nicht einer der untergeordneten Äonen, die aus Gott emaniert
§ 10. Die Gnosisfregncr. Ircnäus. 75
wären, sondern gleich ewig mit Gott (semper coexistens filius patri olim et üb
initio semper revelat patrem. II, 30, 9) und gleichen Wesens mit ihm. Der Her-
vorgang des Sohnes ist nicht eine Scheidung desselben von der Substanz des
Vaters denn die göttliche Substanz läßt keine solche Scheidung zu, sondern in
;
seinem Hervorgange bleibt der Logos mit dem Vater dem Wesen nach Kins. Er
ist dem Vater subordiniert, nicht dem Sein nach, sondern insofern der Vater die
Quelle seines Seins und seiner Tätigkeit ißt. Gott gründet und erhält die Welt
durch seinen Logos und tut dies durch sich selbst (ipse est, qui per semetipsum
constituit et elegit et adomavit et continet omnia). Jesus war in Wahrheit Mensch
und hat auch jedes Lebensalter (bis gegen das 50. Jahr) durchlebt. Er hat „per
adoptioncm" die menschliche Natur göttlich gemacht.
Das natürliche Sittengesetz hat Gott den Menschen ins Herz gelegt.
Es nachdem durch Adams Fall die Sünde gekommen war. Im
blieb ihnen auch,
Dekalog ist es aufgezeichnet. Den Juden wurde wegen ihrer Geneigtheit zum
Abfall von Gott das Zeremonialgesetz auferlegt, das dem Götzendienst wehrte und
Typen des Christentums enthielt, dem aber keine ewige Gültigkeit bestimmt war.
Christus hat die Bande der Knechtschaft, die es enthielt, weggenommen, die
Dekrete der Freiheit aber ausgedehnt und den Dekalog nicht abrogicrt. Die
Offenbarung in der Natur, im alten und im neuen Bunde sind die drei Heils-
stufen. Es ist der nämliche Gott, der in den verschiedensten Heilsstufen den
Menschen hilft, je nach deren verschiedenem Bedürfnis.
So Avahr die Leiblichkeit Christi Realität hatte, so wahr wird auch unser
Leib wieder auferstehen und nicht die Seele allein fortleben. Ihrer eigenen Natur
nach ist die Seele nicht unsterblich, da sie nicht selbst Leben ist. Sie nimmt nur
teil an dem von Gott verliehenen Leben, und
Fortdauer hängt von Gottes
ihre
Willen ab. Zwar hat Gott den Menschen Schöpfung durch seinen Logos
bei der
und seinen Geist bestimmt zur Unsterblichkeit, allein durch die Sünde Adams ist
der Mensch dem Tode und dem Teufel verfallen. Die Seele hat nicht vor dem
gegenwärtigen Leben existiert; eine Seelenwanderung gibt es nicht. Daß sie
nach dem Tode des Menschen sich sofort zu Gott aufschwingen könne, bezeichnet
Irenäus als eine ketzerische Ansicht, die freilich selbst von einigen, welche für
rechtgläubig gelten, geteilt werde. Aber es werde dabei die Ordnung der Be-
förderung der Grerechten überschritten und die Stufenfolge der Übung zur Unver-
weshchkeit verkannt. Zuerst müssen die Seelen in den Hades eingehen. Sie
steigen aus dickem zur Zeit der Auferstehung empor und bekleiden sich wieder
mit ihrem Leibe. Dieser Zeit geht die Erscheinung des Antichristen voran, in
welcher die Scheidung der Guten und Bösen, die sich mit dem Fortschritt der
Offenbarungen Grottes in steigendem Maße vollzogen hat, ihre Vollendung erreicht.
Der Antichrist ist der menschgewordene Satan. Nachdem er einige Zeit (drei
und ein halb Jahr) r^iert und in dem Tempel zu Jerusalem gethront haben wird,
wird Christus kommen von den Himmeln in demselben Fleisch, in dem er ge-
litten hat, in der Herrlichkeit des Vaters und den Antichrist mit seinen
An-
hängern und zwar, nachdem die Welt genau 6000 Jahre
in die Feuerflut werfen,
bestanden hat, so daß jedem Tag ihrer Erschaffung 1000 Jahre ihres Bestehens
entsprechen. Christus wird dann unter den auferweckten Gerechten 1000 Jahre
lang herrschen während der Zeit, die dem siebenten Schöpfungstage, dem Tage
der Ruhe, entspricht. Die Erde seilet ist dann durch Christus zu ihrem ur-
sprünglichen Stande erneut. Dieses Freudenreich ist das Reich des Sohnes. Ihm
folgt dasReich des Vaters, die ewige Seligkeit; denn wie der Geist durch den
Glauben zum Sohne führt, so führt der Sohn wiederum die, welche das Heil er-
76 § 10- Die Gnosisg^ner. üippolytus.
langen, zum Vater. Da aber derselbe Gott, der gütig ist, auch der gerechte ist,
so wird nach Ablauf des Reiches des Sohnes eine zweite Auferstehung stattfinden,
worin auch die Ungerechten wieder erweckt werden, diese aber zum Grericht.
Alle, welche Strafe verdienen, werden zu dieser gelangen in ihren eigenen Seelen
und Leibern, in denen sie von der göttlichen Gnade abgewichen sind. Die Strafe
ist <ler Verlust aller Gnadengüter. Sie ist ewig und iinendlich, wie die göttlichen
Güter selbst es sind.
Hippolytus, nach Photius (Bibl.cod. 121) eil Schüler des Iren aus, wahr-
scheinlich in Rom war Presbyter daselbst mter Zephyrin (199 217),
geboren, —
dann einige Jahre Bischof einer Sondergemeinde w^en eines Zerwürfnisses mit
dem römischen Bischof Kallistus. Um 235 wurde er nach Sardinien exiliert, wa
er wahrscheinlich um 236 oder 237 auch gestorben ist. Im Lateran zu Rom be-
findet sich eine in der Nähe von Rom 1551 gefundene Statue Hippolyts, die ihn
auf einer Kathedra sitzend darstellt, worin ein Verzeichnis seiner zahlreichen
ex^etischen, apolc^etischen, chronographischen, kirchenrechtlichen Schriften, wie
auch der von ihm berechnete üsterzyklus eingegraben ist. Darunter ist «n
Buch IleQi zfjg Tov ^lavrog ovaiag. Auch der Verfasser des in der Literatur zitierten
Kaia jiaaöiv aigeascov ileyxog bezeichnet sich (im 10. Buch) als Verfasser eines
Buches unter diesem Titel, so daß schon hiernach mit Wahrscheinlichkeit der
'EXeyxog dem Hippolytus zuzuschreiben ist. Ferner wird dem Hippolytus ein
Svwayfia xaza aigiaetov beigel^, und der Verfasser des 'Elsyxo? erwähnt seiner-
seits (im Eingang) eine kleinere Schrift, in der er früher schon die ketzerischen
Doktrinen behandelt habe, und die mit jenem ZvvzayiMi identisch zu sein scheint.
Das Svvtayfia ist zwar verloren gegangen, wir kennen aber seinen wesentlichen
Inhalt ausPseudo-Tertullian (Libellus adv. omnes haereses), ausEpiphanius
(Haereses)imd ausPhila8trius(Liber dehaeresibus). Photius legt die Schrift /Zcg«
ifjg TOV navxcy; ovxjiag dem römischen Presbyter Graius bei, den Baur (Theol. Jahrb.
1853, 1; 3) für den Verfasser des "ßXeyxog hielt. Allein das Verhältnis der von
diesem stammenden Nachrichten über Cerinth zu den im 'EXeyxog enthaltenen und
anderes, was Dionysius von Alexandria und Eusebius über Graiiis berichten,
zeugt gegen dessen Autorschaft. Den Hippolytus hielten namentlich J. L. Jacobi,
Duncker, Bunsen, Gieseler, DöUinger, A. Ritschi für den Verfasser
des "EXeyxos, imd diese Autorschaft muß jetzt als gesichert gelten. Andere haben
noch auf andere Verfasser geraten, jedoch ohne zureichenden Grund. Der 'E}.syxog,
dessen eigentlicher Titel nicht Philosophumena, sondern wohl nach Photius
(Bibl. cod. 48) „AaßvQiv&og" lautete, ist nach dem Tode des römischen Bischofs
Kallistus (223 n. Chr.), also zwischen 223 und 235, geschrieben worden, wahrschein-
lich vor 230. Bisher galt Buch 2 und 3 und der Anfang von Buch 4 als ver-
loren. Neuestens suchte aber Ä. d'Alfes (La th^logie de S. Hipp., Paris 1906,
80—90) darzntun. daß in Buch 4 unserer Ausgaben 2, 3 und 4, wenn auch etwas
verkürzt, enthalten seien.
Hippolytus sucht darzutun, daß die gnostischen Irrlehren nicht aus den
heiligen Schriften und der christlichen Tradition, sondern aus der hellenischen
Wösheit, aus philosophischen Lehren, aus Mysterien und aus der
Sternkunde g^chöpft seien (Buch I, Prooem). Um diesen Beweis zu führen,
gibt er in dea vier ersten Büchern einen Abriß der griechischen Philo-
sophie, der Astrologie und des Mysterienwesens. In der Darstellung
des Valentinianismus folgt er im wesentlichen dem Irenäus. Über die basüidia-
nische Lehre aber hat er eigene Studien gemacht, wobei jedoch in Frage kommt.
§ 11. Minuciufi Felix. Tertullian. Cypiian. Commodian. 77
Tier wird durch Greißel und Zaum, der Mensch aber durch Gebote imd Lohn
und Strafe r^ert. Das Gesetz ist durch gerechte Männer von Anfang an, dann
namentlich durch Moses festgesetzt worden. Der Logos, der zur Befolgung
mahnt und führt, hat zu allen Zeiten gewirkt, ist aber zuletzt selbst als Sohn der
Jungfrau erschienen. Der Mensch ist nicht Gott. Willst du aber auch Gott
werden (ei de düxig xai deog yevia&ai), so gehorche deinem Schöpfer und über-
schreite nicht sein Gebot, damit du, in Geringem treu erfunden, auch mit dem
Großen einst betraut werden kannst (X, X, 34: earf de 6f*i).r)xijg deov xai
33, vgl.
avyxirjoovöfxog XotOTOv ovx ijTi{}v/itaig xai nädeai öovf.ovfievog, yeyovas /'«o {^eög).
Es gibt nicht zwei Götter, sondern nur einen, wohl aber zwei Personen und eine
dritte (Ökonomie, die Gnade des heiligen Geistes. Der Logos ist der Verstand,
welcher aus dem Vater hervorgehend {}.6yog TtQOfpoQixög) als Sohn Gottes in der
Welt offenbar wurde. Alles ist durch ihn. Er ist aus dem Vater, wie Licht aus
Licht, wie Wasser aus der Quelle, wie der Strahl aus der Sonne. Gott ist nur
Eüner, der befehlende Vater, der gehorchende Sohn, der erleuchtende heilige Geist.
Anders können wir nicht an den Einen Gott glauben, wenn wir nicht wahrhaft
an den Vater, Sohn und heiligen Geist glauben.
Die Schrift üfgi xijg zov .Tovrö? ovaiag ist höchstwahrscheinlich iden-
tisch mit der in dem Verzeichnis der Statue erwähnten: ITodg "E}lr]vag xai ngög
Jlläxoyva ^ xai mceoi zov jzavzög, aus der ein längeres Bruchstück ims erhalten ist
(Pitra, Anal. II, 2G9 f.; Holl, Texte u. Untersuch. N. F., Bd. 5. H. 2, S. 137 ff.).
Nach Photius (Bibl. cod. 48) sucht Hippolyt in der Schrift zu beweisen, daß
Pia ton sich widerspreche, und polemisiert gegen die Lehren des Platonikers
Alkinous über die Materie, die beele und die Auferstehung. Siehe Grundr. 1,
10. A., S. 324.
§ 11. Wie bei den Griechen, erwachte auch bei den christlichen
Lateinern frühzeitig das
den gebildeten Heiden und den
Bedürfnis,
Machthabern gegenüber die christliche Religion in das rechte Licht
zu stellen und gegen die vielfachen AngriflFe und Verleumdungen in
Schutz zu nehmen. Dieser Tendenz verdankt die christlich-latei-
i nische Literatur überhaupt ihren Ursprung.
Die Keihe dieser apologetischen Schriftsteller in lateinischer
Sprache eröffnet Minucius Felix, ein römischer Anwalt von philo-
sophischer, besonders stoischer, und ästhetischer Bildung. Er ver-
78 § 11- MinuciuB Felix. Tertullian. Cyprian. Commodian.
die Mutter der Häresien. Alle weltliche Wissenschaft und Bildung ist
ihm Torheit vor Gott. Er möchte Jerusalem von Athen, die Kirche
von der Akademie schlechthin abtrennen. Seine antiphilosophische
Richtung kulminiert in dem Satze : Credo quia absurdum, dessen Wort-
laut bei Tertullian allerdings nicht nachweisbar ist. Dennoch finden
wir viel Philosophisches, besonders phantasievolle Spekulation, aber
auch Konsequenz des Gedankens bei ihm. Die stoische Bildung
und die apologetische Literatur hatten besonders auf ihn eingewirkt,
und er selbst hat zu weiterem Philosophieren mannigfache Anregung
gegeben. Trotz aller heftigen Polemik gegen die griechischen Philo-
sophen, die er genau kannte, hat er denselben, besonders den Stoikern,
für den Ausbau seines eigenen Gedankensystems vieles entnommen.
So huldigt er namentlich dem stoischen Realismus oder Materia-
lismus. —
Unter Tertullian s Einfluß steht Cyprian, der hauptsäch-
lich durch seine Schrift De unitate catholicae ecclesiae von Bedeutung
§ 11. Minucius Felis. Tertullian usw. Ausgaben u. Übersetzungen. 79
U. Tertullian.
Zur Überlieferung siehe A. Harnack, Gesch. d. altchnstl. Literatur I,
Leipzig 1893, 667—687.
a) Gesamtausgaben: Tertulliani opera ed. Rhenanus, Bas. 1539; ed.
J. Pamelius, Antwerpen 1579; ed. Rigaltius, Paris 1634, 1666; ed. Semler et
Schütz, 6 voll., Hai. 1769-76; Migne, P. lat. 1-2, Paris 1844. E. F. Leo-
old in: Gersdorf, Bibl. patr. lat., voll. IV- VII, Lips. 1839-1841; F. Oehler,
I voll., Lips. 1851 — 1854; derselbe, ed. minor Leipzig 1854. Neueste Ausgabe von
A. Reif ferscheid, nach dessen Tode fortgesetzt von G. Wissowa u. E. Kroy-
mann. Pars 1, Ex recens. A. Reiff-erscheid, Wien 1890 (Corp. script. eccL
lat. 20). Pars 3. Ex rec. Aemilii Kroymann, Vindob. 1906 (Corp. scnpt eccl.
lat. 47). Siehe dazu C. Wevman, Berliner philolog. Wochenschr. 1908, N. 32/33,
1000 ff.
Zur Textkritik haben Beiträge geliefert: M. Klußmann, Curarum Ter-
—
tullianeamm particulae I III, Halis 1881 Gothae 1887 derselbe, Excerpta
, ;
IIL Cypriauas.
Zur Überlieferung siehe A. Harnack, Gesch. d. altchristl. Literatur I,
Leipzig 1893, 688—723.
Gesamtausgaben der Werke Cyprians haben veranstaltet J. Andreas,
Rom 1471 u. ö., Erasmus, Basel 1520 u. ö., J. Pa melius, Antwerpen 1568 u. ö.,
N. Rigaltius, Paris 1648 u. ö., J. Fell u. J. Pearson, Oxford 1682 u. ö.,
St. Baluzius u. Pr. Maranus, Paris 1726, Migne, P. lat. 4 (vgl. auch 3 u. 5).
Die neueste und zuverlässigste Gesamtausgabe stammt von W. Hartel, Wien
—
1868 — 1871, 3 Teile (Corp. script. eccl. lat. 3, pars 1 3). Vgl. dazu die kritischen
Bemerkungen v. P. de Lagarde in den Göttinger gelehrten Anzeigen 1871, 521
—543. Die vita CaecUii Cypriani bei Hartel, 3, 1871, XC-CXIV. Fr. Kemper,
De vitarum Cypriani etc^ Monasterii 1904.
Eine deutsche Übersetzung der meisten Abhandlungen von U. Uhl,
Kempten 1869, der sämtlichen Briefe von J. Niglutsch und A. Egger,
Kempten 1879 (Bibiioth. d. Kirchenväter).
Über Ausgaben einzelner Schriften siehe O. Bardenhewer, Patrol.,
3. A. 1910, 171 ff.
lY. Commodiauus.
Die beiden erhaltenen Schriften Commodians Instructiones per litteras ver-
suum primas und Carmen apologeticum haben C. Ludwig, Leipzig 1877 1878 —
und B. Dombart, Wien 1887 (Corp. script. herausgegeben.
eccl. lat. 15) —
Sonderausgaben der Instructiones v. N. Rigaltius, Toni 1649 und Migne, P.
lat. 5, des Carmen apologeticum von J. B. Pitra, Suicil. Solesmense 1, 1852,
21—49; 4, 1858, 222—224 und v. H. Rönsch, Zeitschr.^f. d. bist. Theol. 42, 1872,
163-302.
Der durch Anmut der Darstellung und Milde der Gesinnung ausgezeichnete
Dialog des zu Rom als juristischer Sachwalter lebenden Minucius Felix lehnt
sich in der Einkleidung an Ciceros De natura deorum und an Seneca
an und erinnert in seinem Inhalt und seiner Form vielfach an die Supplicatio
des Athenagoras. Seine Abf£tösungszeit ist vielumstritten. Die einen, darunter
schon Hieronymus (de viris ill. c. 53, 58), von den Neueren besonders Masse-
—
bieau (s. d. Lit.), Monceaux (Hist. litt. I, 463 508), Harnack (Chronologie,
324-330), Kroll und neuestens Heinze und R^vay (s. d. Lit.) treten
II, 1904,
für die Abhängigkeit des Minucius von Tertullian ein. Einige wie Hartel,
Wilhelm nehmen für beide eine gemeinsame Quelle an. Eine große Zahl von
Forschem hält aber an der Priorität des Minucius gegenüber Tertullian fest,
so insbesondere Bardenhewer, der die Abfassung des Octavius in den Anfang
der Regiemng des Commodus (180-192) verlegt (Patrologie, 3. A. 1910, 57).
§ 11. Minucius Feüx. gi
Vorzug des mit sermo und ratio begabten Menschen und folge aus der Ordnung
der Natur, insbesondere aus der zweckmäßigen Bildung der Organismen, zuhöchst
des Menschen. Quid enim potest esse tarn apertum, tarn confessum tamque perspi-
cuum, quum oculos in coelum sustideris et quae sunt infra circaque lustraveris,
quam esse aliquod numen praestantissimae mentis, quo omnis natura inspiretur;
moveatur, alatur, gubemetur? — Ipsa praecipue formae nostrae pulchritudo Deum
fatetur artificem; nihil in homine membrorum est, quod non et necessitatis causa
sit et decoris. — Nee universitatisolummodo Dens, sed et partibus consulit
(c. 17; 18).
Die Einheit der Naturordnung beweist die Einheit der Gottheit. Gott
ist unendlich, allmächtigund ewig; vor der Welt war er sich selbst statt der Welt:
Ante mundum sibi ipse fuit pro mundo. Er ist nur sich selbst vollständig be-
kannt, über unsere Sinneserkenntnis und über unseren Verstand erhaben. Um
seiner Einheit willen bedarf er keines Eigennamens. Das Wort Gott genügt.
Auch dem Volksbewußtsein ist die Anschauung der Einheit des Göttlichen nicht
fremd (si Dens dederit etc.). Ausdrücklich wird sie fast von allen Philosophen
anerkannt. Selbst Epikur, der den Göttern die Tätigkeit, wenn nicht die Exi-
stenz abspricht, findet eine Einheit in der Natur. Aristoteles erkennt eine einheit-
liche Gottesmacht an. Die Stoiker lehren die Vorsehung. Platou spricht im
Timäus fast ganz christlich, indem er Gott den Vater und Büdner der Welt
nennt, der schwer erkennbar und nicht öffentlich zu verkünden sei; denn auch
den Christen gilt Gott als der Vater aller Dinge, und sie verkünden Ihn öffenthch
nur dann, wenn sie zum Zeugnis aufgefordert werden. Man kann dafür halten, daß
die Christen Philosophen seien oder die Philosophen schon Christen.
Die Götter des Volksglaubens sind vergötterte Könige oder Erfinder. Der Glaube
unserer Vorfahren darf für uns nicht maßgebend sein. Die Alten waren leicht-
gläubig und haben an Wundererzählungen sich erfreut, die wir als Fabeln er-
kennen denn wären solche Dinge geschehen, so würden sie auch heute ge-
;
schehen. Sie sind aber nicht geschehen, weil sie nicht geschehen können. Am
meisten schaden die Dichter der Wahrheit, indem sie ims mit süßer Täuschung
Ueberweg, Grundriß II. u
g2 § 11. Minucius Felix. Tertullian.
umstricken. Mit Recht hat Piaton sie verbannt. Die Mythen beschönigen die
Laster Menschen.
der Unreine Dämonen lassen sich unter dem Namen der
Götter verehren. Der wahre Gott ist aUgegenwärtig: ubique non tantum nobis
proximus. sed infusus est; non solum in oculis ejus, sed et in sinu vivimus.
Die Welt ist vergänglich, der Mensch unsterblich. Grott wird auch den Leib
wieder auf erwecken, wie ja schon in der Natur alles sich erneut. Die Meinung,
daß nur die Seele unsterblich sei, ist eine halbe Wahrheit, die Seelen Wanderung
eine Fabel, doch liegt auch in ihr eine Ahnung des Wahren. Mit Recht wird
den Christen insgesamt ein besseres Los alß den Heiden zuteil werden, denn schon
die Nichtkenntnis Gottes rechtfertigt die Bestrafung, die Gotteserkenntiiis die
Verzeihung. Ferner aber ist auch das sittliche Leben der Christen besser als das der
Heiden. Die Lehre von der göttlichen Vorausbestimmung streitet nicht wider
die Gerechtigkeit Gottes oder wider die menschliche Freiheit; denn Gott sieht
die Gesinnungen der Menschen voraus und bestimmt danach ihr Geschick. Das
Fatum ist nur Gottes Ausspruch. Quid enim aliud est fatum, quam quod
de unoquoque nostrum Dens fatus est? (c. 36). Den Christen dienen die Leiden zur
Prüfung, zur Bewährung im Kampfe mit den feindlichen Mächten. Mit Recht
enthalten sie sich der weltlichen Vergnügungen, die in sittlicher und religiöser
Beziehung bedenklich sind. —
Der Hauptsache nach erklärt sich am Ende des
Gesprächs Cäcilius überzeugt, obgleich noch Zweifel übrigbleiben.
Evangelium (De praescr. 7). Wir sollen nicht über Christi Lehre hinaus noch
suchen. Der Christ darf nicht mehr erforschen, als zu finden erlaubt ist. Die
endlosen Fragen verbietet der Apostel.
Was konnte Thaies, der erste der Physiologen, dem Krösus Gewisses über
die Gottheit sagen? Sokrates wurde verdammt, weil er durch Zerstörung der
Götter der Wahrheit näher rückte. Aber auch die Weisheit des Sokrates ist
nicht hoch anzuschlagen. Denn wer hätte ohne Gott die Wahrheit erkannt, und
wem ist Gott bekannt ohne Christus? wem ist Christus verständlich ohne den
•heiligen Geist? und wem ist dieser zuteil geworden ohne das Sakrament des
Glaubens? Sokrates wurde, wie er selbst gesteht, von einem Dämon geleitet
(De an. 1). Jeder christliche Handwerker hat Gott gefunden, weist auf ihn und
beantwortet alles, was mau über Gott fragt, während Piaton versichert, daß es
schwer sei, den Weltbaumeister zu finden, und es nicht angehe, den Gefundenen
allen mitzuteilen (Apol. 46). O armseliger Aristoteles, der du den Häretikern
84 § 11- Tertullian.
die Dialektik, die Kunst des Bauens und Zerstörens, erfunden hast, die alles er-
um nichts zu Ende zu führen! (De praescr. 7). Was beginnst
wägt, du, verwegene
Akademie? Den ganzen Bestand des Lebens hebst du aus den Wurzeln, die
Ordnung der Natur störest du,du hebst die Vorsehung Gottes auf, wenn du
meinst, daß dieser seinen Werken in den Sinnen trügerische Mittel ihrer Er-
kenntnis und ihres Grebrauches beigab (De an. 17; eine Antizipation der kartesia-
nischen Argumentation aus der vdracit^ de Dieu). Aus dem Alten Testament haben •
druck macht, als solle die allein gültig sein nihil non ratione
Vemunfterkenntnis :
ist. Die Seele ist einfach und einförmig. Der Geist, auch der Verstand, der
vovg, ist nicht in aristotelischer Weise von ihr zu trennen. Der vovs ist nur eine
besondere Verfassung (suggestus) und Einrichtung (structus) der Seele, welche
ihr eingeboren und eingepflanzt und von Geburt an eigen ist, vermöge deren sie
handelt und erkennt, und in deren Besitz sie sich aus sich selbst in sich selber
bewegt, so daß sie durch sie wie durch eine andere Substanz bewegt zu werden
scheint (De an. 12, vgl. dazu die ausführliche Erörterung von Hauschild,
S. 30 Mit der Seele vererben sich die geistigen Eigenschaften der Eltern
ff.).
auf die Kinder; daher die Erbsünde seit Adam (tradux animae tradux peccati),
nfben der jedoch auch ein Rest des Guten oder des göttlichen Ebenbildes in uns
geblieben ist (quod a deo est, non tam extinguitur, quam obumbratur, ebend. 41). Die
Seele hat einen natürlichen Zug zum Christentum (anima naturaliter
christiana, De testim. an. 1 f.;-Apolog. 17), indem nämlich in den einfachsten
und natürlichsten Äußerungen des religiösen Bewußtseins auch bei den Polytheisten
doch wieder unwillkürlich auf die monotheistische Grundlage zurückgegangen wird.
Die Seele gelangt von ihrem Selbstbewußtsein auszumWissen von ihrem
Schöpfer. Sie kennt einen einzigen Gott und sie kennt auch seine Natur, die in
Güte besteht, aber fürchtet doch seine Strafe. Das Gute kann der Mensch dvurch
freie Wahl tun, und hierdurch kann er im eigentüchen Sinne gut werden, da er im
Kampfe gegen das Böse immer stärker wird zum Guten (De an. 21). Es ist so dem
Menschen volle Willensfreiheit nach beiden Seiten hin verliehen. Die Seele ist
unsterblich ihrer Natur nach, da sie Gott verwandt, unteilbar, unauflöslich ist, und
auch im Schlafe ihre Tätigkeit nicht aufhört. Auch dieser ihrer Natur wird sie
sich durch sich selbst bewußt (De tert. an. 4 De carn. Chr. 12).
;
86 § n. Tertullian.
Wie die l^nne von uns nicht in ihrer wirklichen Substanz am Himmel,
sondern nur aus ihren auf die Erde geworfenen Strahlen erkannt wird, so wird
auch Gott dem Menschen niemals in der Fülle seiner Majestät offenbar, sondern
nur nach der menschlichen Fassungskraft als ein menschlicher Gott, der sich in
seinem Sohne geoffenbart hat (Adv. Prax. 14). Gott kann als der größte nur
Einer sein (Adv. Marc. I, 3 und 5). Er ist ewig und unveränderlich, frei, keiner
Notwendigkeit unterworfen. Seine Natur ist die Vernunft, die mit seiner
Güte eins ist. Auch Zorn und Haß kommt Gott zu; mit seiner Güte ist die
Gerechtigkeit vereint (Adv. Marc. I, 23 ff,; II, 6 ff.). Sobald Gott die Weisheit zu
dem Werke der Weltschöpfung notwendig fand, hat er sie in sich selbst empfangen
und gezeugt als eine geistige Substanz, welche Wort ist zur Offenbarung, Ver-
nunft zur Anordnung und Kraft zur Vollendung. Wegen der Einheit
dieser Substanz mit der Substanz Gottes heißt auch sie Gott. Sie ist aus Gott
hervorgegangen, wie der Strahl aus der Sonne hervorbricht. Gott ist in ihr, wie
die Sonne im Strahl ist, weil die Substanz nur ausgedehnt und nicht getrennt wird.
Creist ward vom Geist, Gott von Gott, Licht von Licht, ohne daß der Urgrund
der Wesenheit durch den Sprößling vermindert ward. Der Vater ist die ganze
Substanz, der Sohn aber eine Ableitung und ein Teil derselben, wie er auch
selbst bekennt: der Vater ist größer als ich (Adv. Hermog. 18; Apol. 21; Adv.
Praxean Stets war die Vernunft in Gott, aber es gabeine Zeit, da der
9).
Sohn nicht war. Dieser ist erst geworden, da Gott ihn als Organ der Welt-
schöpfung bedurfte und aus sich als zweite Person hervorgehen, emanieren ließ
(Adv. Prax. 14; Adv. Hermog. 3). Doch ist die Zeit im eigentlichen Sinne erst
mit der Welt geworden. Die Güte, welche die Zeit gemacht hat, hatte vor der
Zeit noch keine Zeit (Adv. Marc. II, 3).
Auch in der Lehre vom Logos, die allerdings auch soteriologische Bedeutung
hat, schließt sich Tertullian bewußt an die Stoa an, Apolog. 21: Apud vestros
quoque sapientes Xoym', e. sermonem
i. atque rationem, constat artificem videri
universitatis. Hunc enim Zeno determinat factitatorem, qui cuncta in dispositione
seit derselben aber ist er Herr; jenes ist der Name der Substanz, dieses der Name
der Macht (Adv. Hermog. 3 ff.). Nach dem Bilde Gottes ist der Mensch
geschaffen, indem Gott bei der Gestaltung des ersten Menschen sich den zu-
künftigen Menschen Christus zum Vorbilde nahm (De resurr. 6). Die Götter der
Heiden sind gefallene Engel, die durch die Liebe zu sterblichen Weibern sich
zum Abfall von Gott verleiten ließen (De cultu femin. I, 2).
fürchtet. Dann gelangte sie durch das Gesetz und die Propheten zur Kindheit
§ 11. TertuUiau. 87
(jedoch nur bei den Juden, da bei den Heiden Gott nicht war; sie standen
draußen, wie der Tropfen am Eimer, sind wie der Staub auf der Tenne). Durch
das Evangelium erstarkte sie zur Jugend. Durch die neue (montanistische)
Prophetie, welche vollkommene Heiligung fordert, wird sie zur männlichen Reife
Hades der Auferstehung und des Gerichts. Die Gerechten erwartet ein seliges
Los. Alle Mißbildung und Verletzung virird ausgetilgt, und auch das weibliche
Geschlecht in das männliche verwandelt werden (De resurr. 57 De cultu fem.
;
I, 2). Wenn der heilige Geist auch auf die getauften Christen noch wirkt und
ihnen beisteht, so geschieht dies als eine Einflößung eines feinen göttlichen
Stoffes, der den freien Willen unterstützt, wobei der stoische Einfluß wieder zu
erkennen ist. Wenn auch die Gnade betont wird, so wird anderseits doch das
Verhältnis des Menschen zu Gott in gesetzlich-moralistischer Weise aufgefaßt.
Der Christ, dem zwar in der Taufe die früheren Sünden vergeben sind, muß sieb
die Seligkeit, die verschiedene Grade hat, verdienen, wobei Askese noch be-
sonders hoch angerechnet wird.
Ein wesentliches Verdienst hat sich Ter tullian durch seine energische
Verteidigung der Religionsfreiheit envorben. Die Wahl der Religion ist
ein Recht des Individuums. Es ist nicht reUgiös, zur Religion zwingen zu wollen.
Humani iuris et naturalis potestatis est unicuique quod putaverit colere. Nee alii
obest aut prodest alterius religio. Sed nee religionis est cogere religionem, quae
sponte suscipi debeat, non vi, quura et hostiae ab animo libenti expostulentur. Ita
etsi nos compuleritis ad sacrificandum, nihil praestabitis diis vestris (Ad Scap. 2).
Colat alius Deum, alius Jovem, alius ad Coelura supplices manus tendat. alius ad
aram Fidei, alius, si hoc putatis, Nubes numeret orans, alius Lacunaria, alius
8uam animam Deo suo voveat, alius hirci. Videte enim, ne et hoc ad irrehgiosi-
tatis elogium concurrat, adimere Ubertatem religionis et interdicere optioneni
divinitatis, ut non liceat mihi colere quem veüm, sed cogar colere quem nolim.
Nemo se ab invito coh volet, ne homo quidem (Apol. c. 24). (In ähnlicher Art
äußert sich Justin Apol. I. c. 2, 4, Y2, auch Lactantius Instit. V, 19, 20). Doch
mag zweifelhaft bleiben, obTertullian dieselbe Religionsfreiheit den Heiden und
Häretikern zugestanden hätte, wenn die Christen in der Majorität und im Besitze
der Staatsgewalt gewesen wären. Die unverkennbare Genugtuung, mit der er von
den jenseitigen Martern der Feinde Christi redet (De spectac. 30; cf. Apol. 49),
läßt es kaum voraussetzen.
Durch Tertullians Schriften und Anschauungen hatte sich besonders
gebildet Thascius CäcUiusCyprianus, der, etwa um 2(X) geboren, längere Zeit in
Karthago Lehrer der Rhetorik war, 246 zum Christentum übertrat, 248 schon Bischof
von Karthago war und 258 unter Valerian enthauptet wurde. Philosophische
Ansichten sind bei ihm kaum zu finden. „Cyprian ist ein Mann der Praxis, nicht
der Theorie, ein Mann des Glaubens, nicht der Spekulation. Auch seine Feder
steht durchweg im Dienste praktischer Zwecke und Interessen" (Bardenhewer.
Patrol., 3. A., 1910, 168). Von seinen Werken sind besonders die Schrift De
unitate catholicae ecclesiae, die 251 verfaßt und später von Cyprian selbst
überarbeitet wurde (Chapman), und seine Briefe hervorzuheben. Seine Be-
deutung liegt darin, daß er (ür die Einheit und Macht der Kirche aufs
entschiedenste gestritten hat, die Einheit der Kirche aber in dem Episkopat er-
bhckte. Er ist so für die Entwicklung der lateinischen Kirche von größter Be-
deutung gewesen. Ihm gehört der Ausspruch an: Habere non potest Deum
patrem, qui ecclesiam non habet matrem (De uait. cath. eccles. c. 6).
88 § 11- Cyprian. Commodian.
Die mit de» Schriften Cyprians eine gewisse Verwandtschaft zeigende Ab-
handlung Dealeatoribus, in welcher das Würfelspiel als vom Teufel erfunden
hart gegeißelt wird, ist betreffs ihres Verfassers Gegenstand mehrfacher Unter-
suchungen gewesen, ohne daß ihr Autor noch hat bestimmt testgestellt werden
können.
I'nter den lateinischen apologetischen Schriften des dritten Jahrhunderts
sind auch noch zu nennen die Gedichte des Commodian us aus Gaza, die In-
structiones adversus gentium deos, aus achtzig längeren und kürzeren Akrostichen
bestehend und zwischen 251 und 254 entstanden, und das vor 258 (nach Zeller)
abgefaßte Carmen apologeticum, 1053 Verse. Beide Werke sind in rhythmischen
Hexametern geschrieben, die auf Quantität und Hiatus keine Rücksicht nehmen.
Der Dichter vertritt einen grobsinnlichen Chiliasmus und schließt sich in der
Trinitätslehre zunächst an Noetus aus Smyrna an. Neuestens hat Brewer in
zwei Schriften die These verfochten, daß Commodian als einfacher Asket in Arles
gelebt habe, und seine literarische Wirksamkeit in die zweite Hälfte des 5. Jahr-
hunderts falle, Avas von Zeller, C. Weyman und anderen mit guten Griinden
bestritten wird.
Sofern die Entwicklung der Lehre von der Einheit und Dreiheit
in Gott auf der Exegese der Bibelstellen über den Vater, über Christus und über
den heiligen Geist beruht, gehört sie nur der positiven Theologie an. Soweit sie
aber auf spekulativen Gründen beruht, und es sich dabei um Einführung
und Abgrenzung der Begriffe ovaia und vitöotaaig {jigöoconov, vjto-
xetfievov) handelt, ist sie der theologischen Dogmengeschichte und der Ge-
schichte der christlichen Philosophie gemeinschaftlich. An dieser Stelle mag
eine summarische Erwähnung um so eher ausreichen, je ausführlicher und ein-
gehender die Dogmengeschichte jenen Streitpunkt zu behandeln pflegt und be-
handeln muß.
Eine Fraktion der Monarchianer, nämlich die Anhänger Artemons, be-
hauptete, daß bis auf den römischen Bischof Victor ihre Lehre in der römischen
Gemeinde die herrschende gewesen und erst durch Victors Nachfolger Zephy-
rinus (nach 200) verdrängt worden sei. Diese Behauptung mag eine Über-
treibung sein, die auf einer monarchianischen Ausdeutung der Unbestimmtheit
älterer Formeln beruht. Daß jedoch der Monarchianismus in der älteren Zeit in
der Tat sehr verbreitet gewesen sei, geht aus manchen auf apostolische Väter
zurückgeführten Schriften, insbesondere aus dem lange in hohem Ansehen
stehenden „Hirt des Hermas" und auch aus dem Zeugnis eines Gegners des
Monarchianismus, nämlich des Tertullian, hervor (Adv. Praxean, c. 3): simpüces
quique, ne dixerim imprudentes et idiotae, quae maior semper credentium pars
est, quoniam et ipsa regula fidei a pluribus diis saeculi ad unicum et verum
Deum transfert, non intelligentes unicum quidem, sed cum sua olxovofiia esse
credendum, expavescunt ad olxovoixiav. Numerum et dispositionem trinitatis,
90 § 12. Der Monarchianißmus. Der Subordinatianiünrns. Das Dogma d. Homousie.
a nobis praedicari; se vero unius Dei cultores praesumunt, quasi non et unitas
irrationaliter coUecta haeresim faciat, et trinitas rationaliter expensa veritatem
constituat.
Theodotus von Byzanz und Artemon vertreten die dem Deismus
oder viebnehr dem alttestamentlichen Offenbarungsglauben, dem Ebionitismus
nahe stehende Form des Monarchianismus, die man die dynamistische Form
nennen kann. Theodotus lehrte, Jesus sei nach dem Willen des Vaters von
der Jungfrau als Mensch geboren, bei der Taufe aber sei der obere Christus auf
ihn herniedergestiegen. Diesen oberen Christus aber dachte sich Theodotus als
den Sohn des mit dem Weltschöpfer identischen höchsten Gottes und nicht (mit
Cerinth und anderen Gnostikern) als den Sohji einer den Judengott überragenden
Gottheit, wollte ihn aber nicht „Gott" nennen. Artemon nahm eine besondere
Einwirkung des höchsten Gottes auf Jesus an, wodurch dieser, vor allen anderen
Menschen ausgezeichnet, zum Sohne Gottes geworden sei. Der Logos-Begriff
fehlt bei diesen Monarchianern.
Noetus aus Smyrna brachte den rein modalistischen Monarchianismus
auf, indem er lehrte (nach Hippol. philos. IX, 7 ff.), der Eine Gott, der die Welt
geschaffen habe, an sich zwar unsichtbar, aber dennoch nach seinem Wohl-
sei
gefallen von alters her den Gerechten erschienen, und eben dieser Gott sei auch
der Sohn geworden, als es ihm gefallen habe, sich der Geburt zu unterwerfen.
Er sei somit sein eigener Sohn, und in der Identität des Vaters und des Sohnes
liege eben die novagxia Gottes. (Hippolytus vergleicht diese Lehre mit der
heraklitischen von der Identität des Entgegengesetzten und hält dafür, daß sie
durch den Einfluß derselben entstanden sei.) Über Noetus und seine Anhänger
sagt Theodoretus Haeret. fabul. comp. 3, 3: sva rpaolv slvai dedv xai naxiga
Twv oXcav ÖTjuiovQyöv — dyevvrjtov fiev i^ o.Qxfj<;, ysvvrjTov 8e oie rx nag^hov yev-
vrf&rjvaL i^diXtjoEV, anad-F] xai a&dvajov xai nd?uv av na^tov xai &vrjTW' outa^i;
ydg wv, (pr}ai, x6 xov aravQov nd&os i&sXrjoag VJiEfieivs' rovrov xai viov ovo/id^ovai
xai naxBQa, jiqo? rö? XQ^^^^ xovxo xdxeTvo xaXovfisvov.
Genosse und Anhänger des Noetus war Epigonus, der die Lehre
Ein
nach Rom
brachte. Dessen Schüler war wiederum Kleomenes, welcher imter
dem Bischof Zephyrinus, dem Nachfolger des Victor, diese Doktrin vertrat.
Mit diesem Kleomenes war nach Hippolytus Kallistus, der Nachfolger des
Zephynnus, befreundet und gleicher Ansicht, indem er lehrte: xov Uyov avxbv
eivai viov, avxov xai Txaxiga, ovofiaoi /xev (dvai) xaXovfisvov, ev 8s ov, xo Tivevfia
döiaigexor. Die eine Person ist zwar der Benennung, aber nicht dem Wesen
nach geteilt (ev xovxo noöownov ovöfiaxi ixiv iiEQiCöfisvov, ovai'a d'ov). Vater und
Sohn sind nicht zwei Götter, sondern Einer. Der Vater hat zwar nicht als
solcher gelitten, wohl aber mit dem Sohne gelitten (Philos. IX, 12: xov jxaxega
ov(i3ienovMvai xä> vuö, ov jxsnovdevat).
. Vgl. J. Dräseke, Noetos und die
. .
Noetianer und des Hippolytos refutatio IX, 6—10, Zeitschr. für wiss. Th. 1903,
S. 213-232.
Der Monarchianer Praxeas, der in Rom zur Zeit des Bischofs Victor auf-
trat, später aber sich nach Karthago wandte, wo Tertullian eine Streitschrift
^'egen ihn verfaßt hat, scheint die Ansicht des Noetus angenommen und das
Herabsteigen des Vaters in die Jungfrau gelehrt zu haben. Er unterscheidet
das Göttliche und das Menschliche in Christo als Geist und Fleisch. Unter dem
Fleische aber versteht er die gesamte menschliche Natur. Gelitten habe Christus
§ 12. Der Monarchianismus. Der Subordinatianismus. Das Dogma d. Horaousie. 91
(der er selbst sehr zuneigt) aufgefaßt und mit ihm viele neuere Forscher, im
wesentlichen auch Baur.
Aber dem angeführten Ausspruch steht der andere zur Seite (ebend. 4, 25 1:
o :Tuxi}Q 6 auTÖs /wev tan, elg vlor y.ai :Tt'fVfia,
ji).axvveiai öi Darnach kann es
keinem Zweifel unterliegen, daß die fiovdg,. welche sich zum Sohne und Geiste
erweitert, der Vater selbst ist, daß also die Lehre des Sabellius voji der (philo-
nischen und) johanneischen, wonach der Vater der an und für sich seiende Gott
und der Logos das Offenbarungsprinzip ist, nur durch die Nichtanerkennurig
einer eigenen Persönlichkeit des Logos (und durch die bestimmtere Ausprägung
der Lehre vom heiligen Geiste) sich unterscheidet, nicht aber dadurch, daß von
ihm der Vater (gleich den übrigen Personen) in eine sekundäre Stellung zur
Monas herabgedrückt worden wäre. Wie wenig der Ausdruck: »; ftornc: :i?.aivv-
9sToa yiyovE tqiÜs gegen die Identität der Monas mit dem Vater zeugt, geht
klar aus dem ganz analogen Ausdruck hervor, den Tertullian im eigenen Namen
gebnxucht: unitas e.x semetipsa derivans trinitatem, da doch kein Zweifel sein
kann, daß Tertullian selbst den Vater für schlechthin ursprünglich hält und nur
aus ihm den Sohn und Geist horfließen läßt. Es findet eine syraaic und eine
ovaroh'i der Gottheit statt [avozi?.keödtti xal .To/.tr gxrriveaOai rbv O^eöv, Äthan.
Gr. contra Ar. 4, 13, Ausdrücke, die von den Stoikern entlehnt sind, sowie auch die
Lehre an die Stoa erinnert). Es stellt sich die eine Gottheit der Welt gegen-
über in drei verschiedenen Angesichtern layr'i^iaxu, TiQÖaoiaa), analog dem Leibe,
der Seele und dem Geiste des Menschen, oder der Sonne, die ein Wesen bleibt
und doch drei ^^'i^kungen hat, die runde Gestalt für das Gesicht, die erleuchtende
und die erwärmende Kraft. Um der Schöpfung der Welt und insbesondere des
Menschen Avillen ist der Logos hervorgetreten (Iva t)fieig xxioOJ}fity, jiQooy/.&ey
6 löyo:;). Der Logos ist die göttliche Vernunft, nicht eine zweite Person, sondern
eine Kraft dottcs. Als Person (oder Hypostase) erscheint er erst in Christo.
Der Logos ist nicht Gott denx Vater untergeordnet, sondern identisch mit Gottes
Wesen sein hyjxjstatisches Dasein in Christo aber ist ein vorübergehendes. Wie
;
92 § 12. Der Monarchianismus. Der Subordinatianismus. Das Dogma d. Homousie.
die Sonne den Strahl, der von ihr ausgegangen ist, in sich zurücknimmt, so
kehrt der göttliche Logos, nachdem er in Christo sich hypostasiert hat, wiederum
zu dem Vater oder der fioväg zurück. Vgl. Voigt, Äthan. 8. 249; 265 ff.
Sabellius unterscheidet in der Monas den deog atwnöiv und den ^to? lak&v,
und der letztere heißt bei ihm Logos.
Daß der Logos vor seiner Erscheinung in Christo zwar existiert habe, aber
noch nicht als eine eigene Person, nicht in einer besonderen Abgrenzung seines
Wesens, sondern nur als dem Wesen Gtottes des Vaters immanent, diesen (sabel-
lianischen) Gredanken drückte Beryllus, Bischof von Bostra in Arabien (nach
Euseb., Hist. eccl. VI, 33) in der Formel aus, Christus habe vor seinem irdischen
Dasein nicht xar' i&iav ovaiag jieQtygaqpijv präexistiert, und er habe nicht eine ihm
ursprünglich eigene Crottheit, sondern es wohne in ihm nur die (lottheit des
Vaters (nrjde ^eozrjza Idiav e^eiv, dXX efijrolnevoftevrjy avTip fxövrjv Ttjv jiaTQixt'jv).
Doch hat man, aber unhaltbarerweise, die Angaben über Berylls Lehre auch im
Sinne des Noetianismus zu deuten versucht. Beryll wurde durch Origenes, der
freüich die persönliche Präexistenz allen Menschenseelen zuschrieb, also sie auch
dem Geiste Christi konsequentermaßen zuschreiben mußte, für die kirchliche
Ansicht gewonnen, daß der Logos als eine besondere Person neben Gott dem
Vater bereits vor der Menschwerdung existiert habe. Vgl. Ulimann, De Beryllo
Bostreno, Hamb, 1835, und Heinr. Otto Friedr. Fock, Die Christol(^e des
Beryll von Bostra, in der von Niedner herausgeg. Zeitschr. für histor. Theol.,
Leipz. 1846, S. 376—394.
Die Konsequenzen für die Lehre von der Person Christi zog aus der sabel-
üanischen Doktrin insbesondere Paulus von Samosata und sein Gesinnungs-
genosse, der Presbyter Lucian von Antiochien (f 312), der Begründer der
antiochenischen Exegetenschule und der Lehrer des Arius. Ist der Logos keine
zweite Person, sondern nur Gottes Vemunftkraft, so muß
Jesus (ebenso wie auch
jeder vom heiligen Geist erfüllte Prophet) eine von Gott unterschiedene Person
als M
e n Bch sein. So wenig daher der Logos als Gottes Vemunftkraft Gott dem
Vater untergeordnet, sondern vielmehr mit ihm identisch ist, so entschieden steht
Christus im Verhältnis der Unterordnung zu Gott dem Vater. Jesus ist nach
Paulus von Samosata, wenn schon auf übernatürliche Weise erzeugt, doch an
sich nur Mensch, aber durch sittliche Vervollkommnung Gottes Sohn und Grott
geworden (ix TiQoxonfjg xedEonoirjxai). Wohl wohnt in ihm Gottes Vemunftkraft,
aber nicht vermöge einer substantiellen Vereinigung des Gottes und des Menschen,
sondern vermöge einer die menschlichen Verstandes- und Willenskräfte erhöhenden
göttlichen Einwirkung. Paulus von Samosata polemisierte (nach Äthan as.. De
syn. c. gegen die Annahme einer Homousie zweier göttlichen Personen, des
51)
Vaters und des Sohnes denn danach würde, meinte er, die gemeinsame ovala
;
das Erste, Absolute sein müssen, die beiden Personen aber sich nicht wie Vater
und Sohn, sondern wie zwei Brüder als gemeinsame Söhne der ovaia verhalten
{dväyxTj TQEig ovaiag elvai, fiiav fih' ^Qotjyov/nevrji' , tag 6e dvo ixeitTjg). Daß
diese von Paulus bestrittene Ansicht mit der von Sabellius aufgestellten der
Sache nach identisch sei (wie Baur
indem die fiovdg des Sabellius zu den
will),
jTQÖocoTTa sich so wie jene ovaia verhalte, ist nach dem Obigen nicht anzunehmen.
Der Samosatener polemisiert vielmehr gegen die kirchliche Ansicht, indem er
aus ihr jene Konsequenz zu ziehen versucht, durch deren anerkannte Absurdität
er die Voraussetzung selbst stürzen will; vgl. A. E.eville, La Christologie
de Paul de Samosate, Etudes de Grit, et d'Hist., 1896. In der Tat hat die
Synode zu Antiochien 269 n. Chr., indem sie an dem Unterschiede der Personen
§ 12. Der Monarchlanismus. Der Subordinatianismus. Das Dogma d. Homousie. 93
und der Identität Christi mit der zweiten Person der Gottheit festhielt, den Aus-
druck ofioovaiog darum abgewiesen, um jener Konsequenz zu entgehen, zu der
später Synesius fortging.
Die Lehre des A r i u s der die zweite Person der Grottheit dem Vater
,
unterordnet und annimmt, daß sie irgend einmal noch nicht war {rjv jioze, 6'ze ovx
fjv, f| ovx dvrcov eaziv), sowie der kirchliche Abschluß dieser Verhandlungen durch
den Si^ des Athanasius und der Lehre von der Wesensgleichheit (Homousie)
des Sohnes mit dem Vater (ofioovaux; reo :iaTQl) auf dem Konzil zu Nicäa (325), wie
auch die fernere Entwicklung des kirchlichen Dogmas darf hier als aus der
Kirchen- und Dogmengeschichte bekannt vorausgesetzt werden. Die Erinnerung
an die dogmatische Basis der nachfolgenden philosophischen Spekulation mag für
unsem Zweck genügen.
Eine Darstellung des Athanasius (296—373) hat vom katholischen Stand-
pimkte aus J. A. Möhler (Mainz 1827, 2. Aufl. Mainz 1844) geliefert. Vom
orthodox-protestantischen aus stellt H. Voigt (Bremen 1861) ihn dar. Von
philosophischer Bedeutung sind seine Apologie: Oratio contra gentea
{Aöyog xaxä ' EXXi^vcov), worin er das Christentum gegen das Heidentum verteidigt,
seine Oratio de incarnatione verbi {A&}'og Tiegi «•«vdßw.TjJoco)? zov X-oyov)
worin er seine psychologischen Ansichten
darlegt, und sein dogmatisches
Hauptwerk Orationes tres contra Arianos. —
das in den Handschriften
und Ausgaben stehende vierte Buch ist wahrscheinhch unecht in welchem er — ,
den Kampf gegen den Aiianismus führt. Piaton hat er gekannt, auch manches
von ihm aufgenonmien, wenn er auch anderseits gegen ihn polemisiert. Bekiannt
ist sein Satz (Orat. de incarnat. verbi 54; Orat. c. Ar. 38-39): avzdg ivrjv&QO)-
1,
jttjaev, iva ^fiei? ^eojzoiTj^cjfiev, was nicht nur ,,eine Lebensgemeinschaft mit
Gott durch Christus im heiligen Geiste" bedeutet. Auch ist die „Vergottung"
nicht gleich der vionoirjaig zu setzen. Athanasius hat im Vergottungsgedanken,
der schon bei Clemens, Hippolyt und Origenes auftaucht, das Grundthema
der christlichen Mystik berührt, das dann von den Kappadoziem und Pseudo-
Dionysius weiter ausgeführt wurde.
Wie man übrigens über Athanasius, den die Nachwelt Pater orthodoxiae
nannte, urteilen mag, jedenfalls muß das historische Faktum anerkannt werden,
daß die Ausprägung des Lehrb^riffe der Homousie, an welcher er hervorragen-
den Anteil nahm, nicht von Anfang an die allgemein geteilte Überzeugung
in der christlichen Kirche war. Nach manchen Frühern, wie Justin, Athena-
goras, TheophUus. Hippolyt, welche zeitliche Weltbildung oder Weltschöpfung
lehrten, war der Logos als Xöyog jzgoqpogixog und als persönliches Wesen zum
Behuf und aus Anlaß derselben aus Grott hervorgetreten. Die Lehre des Ori-
genes von der ewigen Weltschöpfung gab dem Logos als einem persön-
lichen Wesen Ewigkeit, was auch mit des Origenes Lehre von. der Präexist«nz
der Menschen seele harmonierte. Die kirchliche Orthodoxie konnte die Präexistenz
der Menschenseelen und die Ewigkeit der Weltschöpfung nicht anerkennen, hielt
aber an der ewigen Existenz des Logos als einer zweiten, von Gott dem Vater
gezeugten, Person fest, wodurch deren Rang in der Art bestimmt war, daß die
Formel der Homousie nahe lag. Der heilige Geist endlich wurde nun
auch in deöi Kampfe mit den Mazedonianem oder Pneumatomachen auf der
Synode von Konstantinopel (381) als dritte Peraon in gleichen Rang mit der ersten
und zweiten gestellt.
94 § 13. Die Alexandriner.
I
§ 13. Die Alexandriner. 95
des Vaters nach seinem Willen hervorgegangen denkt, aber dem Vater
nicht gleich stellt. Doch sucht Clemens auch die Selbständigkeit des
Logos zu wahren.
Auen die Weltschöpfung gilt dem Clemens und dem Origenes
als eine nicht in der Zeit, sondern von Ewigkeit her vollzogene Tat
Gottes.
Den menschlichen Seelen schreibt Origenes (mit Piaton)
Präexistenz vor dem Eintritt in den irdischen Leib zu, in den sie
infolge einer Schuld herabgestiegen sind. Die Seele hat Willens-
freiheit.Auf der Willensfreiheit beruht der Unterschied des Guten
und Bösen, der Tugend und des Lasters. In ihrer vollen Anerkennung
liegt der sittliche Charakter des Christentums im Gegensatz zum
Heidentum. Die tätige Befolgung der göttlichen Gebote ist die Be-
dingung der Seligkeit.
In der Freiheit liegt das Band der gott menschlichen
Einheit Christi. In der Person Christi d' rchdringen sich das
Menschliche und Göttliche nach der Weise eines vom Feuer durch-
glühten Eisens. Die Erlösungstat Christi ist ein Kampf wider die dä-
monischen Mächte. An diesem Kampfe nimmt jeder Christ teil, der
die Welt verleugnet und die Gebote Gottes befolgt.
Das Ende der Dinge ist, nachdem die Strafen für die Ver-
gehungen abgebüßt sind, die Wiederherstellung (Apokatastasis) aller
zur ursprünglichen Güte und Seligkeit, auf daß Gott sei alles in
allem. —
Schüler des Origenes waren Dionysius Alexandrinus, genannt
„der Große", der eine Schrift gegen den atomistischen Materialismus
verfaßte, und Gregorius Thaumaturgus, der in seiner Dankrede
ßöyog xoQioryJQiog) ein lebensvolles Bild von der Unterrichtstätigkeit
seines Lehrers in Caesarea überliefert hat. An Origenes knüpfte auch
an Pamphilus von Caesarea, der Lehrer des Eusebius.
I. Pantänos.
Die Zeugnisse Altertums über ihn siehe bei Routh, Reliquiae sacrae, ed.
d.
2, 1, 373—383; Migne. P. gr. 5, 1327—1332; A. Harnack, Gesch. d. altchristl.
Lit.. I, 291-296.
1869; bei Migne bilden dieselben den VIII. und IX. Bd. der criech. Väter. Die
neueste Ausgabe von O. Stähl in, in: Die griechischen christi. Schriftsteller der
drei ersten Jahrhunderte; Bd. I, ProtreptikoB und Paedagogus, Leipzig 1905;
Bd. II, Stromata Buch 1-G. ebd. 1906; Bd. III, Stromata Buch 7—8. Excerpta
ex Theodoto. — Eclogae Propheticae. —Quis dives salvetur. —
Fragmente, eod.
1909, (R^;ister fehlen noch). Siehe dazu J. Dräseke, Wochenschrift f. klass.
Philol. 24, 1907, No. 33/34, 912—918; F. A. Winter, Berliner philol. WochensQhr.
27, 1907, No. 36, 1121—1127; M. Pohlenz. ebend. 27, 1907, No. 41. 1281-1290.
Cl. A.. Quis dives salvetur, hrsg. von K. Köster, in Krügers Samml. aus-
gew. kirchengesch. Quellenschriften, 6, Freib. 1893. P. M, Barnard, Clement
of A. Quis dives salvetur. Re-edited together with an introdnction of the mss.
of Clements works, Cambridge 1897, O. Stähl in, Leipzig 1908.
Die Bruchstücke der verlorenen Schriften des Clemens, namentlich
seiner Hypotyposen, einer erklärenden Übersicht des Inhalte der Bibel, finden sich
in: Supplementum Clementinum, 3. Teil der Forschungen zur Gesch. des
neutest. Kanons u. der altkirchl. Lit. von Th. Zahn, Erlang. 1884, 64-103, 130
bis 156. G. Mercati, Un frammento delle ipotiposi di Clem. Aless., Roma 1904
{Studi e testi 12, 1, 1—15). A. Harnack, Ein neues Fragment aus den Hypo-
typosen d. Clem., Sitziipgsb. d.Kgl. preuß. Akad. z. Berlin 1904, 901—908.
Eine deutsche Übersetzung von dem Protreptikos, dem Paedagogus imd
von der Homilie: Quis dives salvetur naben L. Hopfenmüller und J.„W immer,
Kempten 1875 (^Bibl. d. Kirchen v.) .geliefert. Eine italienische Übersetzung
des Paedagogus ist von A. Boatti, Genova 1912 (I padri della chiesa, anno I, 1)
erschienen.
HI. Origenes.
Zur Überlieferung siehe A. Harnack, Gesch, d. altchristl. Literatur I,
Leipzig 1893, 332 -405.
a) Gesamtausgaben: Die Werke des Origenes sind, nachdem J. Mer-
—
lin, Paris 1512 1519 u. ö., die lateinischen Texte ediert hatte, und die in
griechischer Sptache erhaltenen Kommentare zu biblischen Schriften durch
Huetius mit noch wertvollen einleitenden Abhandlungen, Rouen 1668, Paris 1679
usw. ediert worden waren, vollständig von Charles und Charles Vinzent
Delarue, Paris 1733— 1759, herausgegeben worden, danach von Oberthür(15volI.),
Würzburg 1780-1794, und von C. H.E. Lommatz6ch,25 Bde., BerUn 1831— 1847.
Bei Migne, Series graeca, enthalten die Bde. XI -XVII Origenes' Werke. Die
neueste Gesamtausgabe wird veranstaltet im Auftrage der Kirchenväter-Kommission
der Kgl. Preußisch. Ak. d. Wiss. (Die griech. christi. Schriftsteller der ersten drei
Jahrh.), Origenes Werke, Bd. I und II, Lpz. 1899: Die Schrift vom Martyrium,
die 8 Bücher gegen Celsus, die Sehr, vom Gebet, herausgeg. v. P. Koe tschau.
S. dazu P. Wendlaud in d. Göttineisch. gelehrten Anz. 1899, Heft 4, S. 276
— 304, und die Entgegnung Koetschaus, Krit. Bemerkungen zu meiner Aus-
gabe des Orig., Lpz. 1899; derselbe in Zeitschr. f. wiss. Theol. 43, 1900, 321 —
377. Bd. in, enthaltend Homüien u. Bibel-Kommentare, herausg^. von. Erich
Klostermann. 1901; Bd. IV, Der Johannes-Kommentar, hrsg. von E. Preu-
schen, 1903. P. Koetschau, Beiträge zur Textkritik von Ongenes Johannes-
kommentar, Leipzig 1905 (Texte u. Unters. N. F. 13, 2. H.).
b) Ausgaben einzelner Schriften: Sepaiatausgaben erschienen von der
Schrift Adversus Celsum lateinisch bereits 1481 zu Rom in der Übersetzung
des Christophorus Persona, dann griechisch zuerst von David Höschel,
Augsburg 1605, dann von W. Spencer, Cantabrig. 1658, 2. ed. 1677, von
W. Selwyn, London, 1876.
Die Schrift Uegl agxtöv hat namentlich Redepenn ing, Leipzig, 1836
separat herausgegeben.
Ins Deutsche übersetzt wurde Adversus Celsum von J. Röhm,
Kempten 1876—1877, 2 Bde., ferner die Schriften: Ermunterung z. Martyrium
und über das Gebet v. J. Kohlhof er, Kempten 1874 (Bibl. d. Kirchenv.;.
Th. Zahn, Die Predigten d. Origenes über das Evangelium d. Luka.«;,
Neue kirchl. Zeitschr. 22, 1911, 253 -268 (Ausgabe d. griech. Textes d. 7. Homilie).
Der Schohenkommentar d. Origenes zur Apokalypse Johannis. Nebst einem
Stück aus Irenaeus V, graece. Entdeckt imd herausgeg. v. C. Diobouniotis
u. A. Harnack, Leipzig 1911 (Texte tmd Unters. 38, 3). Die Autorschaft d.
§ 13. Die Alexandriner. Ausgaben und Übersetzungen. 97
Origenes unterliegt aber starken Bedenken. Siehe dazu Th. Scher mann,
Theol. Revue, 1912, No. 1, 29, der Scholion 5 ak direktes Zitat aus Clemens
Alex. (Strom. 4, 25, 156 f.) nachwies. Ferner Fr. Diekamp, ebd. 1912, No. 2,
—
51 55. E. Klostermann, Theol. Literaturz. 1912, No. 3, 73—74 bringt einige
Texteraendationen. Ebenso G. Wohlenberg, Theol. Literaturblatt 1912
No. 2...N0. 3. No. 10. C. H. Turner, Journ. of theol. stud. 1912, 387—397,
Über Separatausgaben der übrigen Werke, sowie über die Fragment-
sammlungeii der außerordentUch zahlreichen und umfassenden bibelkritischen und
exegetischen Schriften zum Alten und Neuen Testament siehe O. Bardenhewer,
Patrologie, 3. A., 1910, 122-132.
Eine brauchbare Anthologie aus den WW. d. Or. ist die Philorkalia, verf.
von Gregor v. Nazianz und.Basilius d. Gr., hrsg. von J. Tarinus, Par.
1619 u. J. A. Robinson, Carabr. 1893. —
The Philocalia of Origen. Transl. into
Engl, by G. Lewis, Edinburgh 1911.
Über Origenes handelt in alter Zeit Gregorius Thaumaturgus, Ek
^ÜQiyh-tjv nQo?(p(ovt]ii.y.6g oder Aoyo? ;»;aptari;^«o?. Zuletzt herausgegeben von
Lommatzsch in den WW. des Orig. und von P. Koetschau, Samml. ausg.
kirchen- u. dograengesch. Quellenschnft., 9, hrsg. von G. Krüger, Freib. 1894.
als Anhang der Briefe des Orig. an Gr. Th. Eine deutsche C'bersetzung der
Dankesrede Gregors gab J. Margraf, Kempten 1875 (Bibl. d. Kirchenv.) und
H. Bourier, Kempten und München 1911 (ebd.).
Eine Apologie für Origenes haben Pamphilus und Eusebius verfaßt
— Hauptsache stammt von ersterem — von der wir noch einige Bruchstücke
,
und das 1. B. in der Übersetzung Ruf ins besitzen. S. auch das G. B. der
Kirchengesch. des Eusebius. Ruf ins Übersetzung findet sich in den Origenes-
Ausgaben, z. B. bei Migne, P. gr. 17, 521—616.
V. Gregrorius Thaumatnrg'us.
Zur Überlieferung siehe A. Harnack, Gesch. d. altchristl. Literatur I,
Leipzig 1893, 428-436.
Sammelausgaben von Schriften Gregors verdanken wir G. Voß, Mainz
1604; Fronton du Duc, Paris 1622; Gallandi, Bibl. vet. patr. III, 377 bis
469; Migne, P. gr. 10, 963-1232.
Die Separatausgabe der Dankrede siehe unter III.
Die Schrift an Theopompus nach einer Handschrift des 6. Jahrh. wurde
syrisch herausgeg. von P. de Lagarde, Analecta Syriaca, Lips. et Lond. 1858,
456 — 64; syrisch und lateinisch v. P. Martin bei Pitra, Analecta sacra IV, 1883,
103-120, 363 —376. — Eine Übersetzung ins Deutsche siehe bei Ryssel, Gre-
gorius Thaumaturgus, Leipzig 1880, 71 99. —
Die syrische Übersetzung der Schrift über die Seele nach einer Hand-
schrift d. 7. Jahrh. A. Smith Lewis in Studia vSinaitica I, London 1894,
bei
19—26. — Eine deutsche Übersetzung von Ryssel, Rhein. Museum N. F. 51,
1896, 4-9; v^l. 318-320.
Die syrische Biographie Gregors v.urde zuerst in deutsche; L'bersetzung
Ryssel, Theol. Zeitschr. aus der Schweiz
publiziert v. V. 11, 1894, 228—254, dann
syrisch von P. Bedjan, Acta martyrum et sanctonim 1896, 93—106. 6, Eine
lateinische Biographie findet sich gednickt in Bibliotheca Casinonsis, t. III,
1877, 168 —
179. Siehe dazu A. Poncelet, La vie latine de S. (Jrögüire le Thau-
maturge, Recherches de science religieuse 1, 1910, 132—160, 567 — 369.
Ueberweg, Grundriß II. 7
98 § 13. Die Alexandriner. Der Piatonismus der Kirchenväter. Clem. v. Alex.
des Stück als achtes Buch zu bieten). In ihnen entwickelt Clemens den
Inhalt des christlichen Glaubens, also das Wesen des Christentums, in
seinem Verhältnis zum Judentum, zu den Lehren griechischer Philosophen und
christlicher Häretiker und sucht vom bloßen Glauben zur Erkenntnis,
zu der wahrhaften Gnosis, fortzugehen. Wie er selbst zugesteht imd
durch den Titel andeutet, der die Schrift durch den Vergleich mit einem bunt-
durchwirkten Teppich charakterisiert, geschieht die Darstellung nicht in syste-
matischem Zusammenhang, sondern aphoristisch. Ein Zweck der Zrocaf^axeig
scheint neben anderen eine Rechtfertigung der griechischen Philosophie
und ihrer hohen Bedeutung gewesen zu sein, ohne deren Methoden Clemens .
Seelen erleuchtet. Durch Moses und die Propheten belehrte er die .luden (Päd. I, 7,
ed. Stählin 1, 121 lt.). Unter den Griechen aber erweckte er weise ^Männer und
gab ihnen die Philosofiliie als Anleitung zur Gerechtigkeit (Strom. I. j, ed. Stählin
2, 18: E:taiöuyü})'st yäij yjü avTi/ (t) 'fikoooqia) zu 'EÄkr/viPcdr o>g ö röiiog lorg Eßoaiovg
Fi; XoioTÖy, vgl. VI, 17, ed. Stählin 2, 510), und zwar durch Vermittelung der
niederen Engel, die er zu Hirten der Völker aufgestellt hatte (Strom. VII, 2, ed.
Stählin 3, 6>. Ganz wie Justin, hält auch Clemens dafür, daß die Philosophen
manches heimlich von den Orientalen und insbesondere aus den jüdischen Keli-
gionsbüchcrn geschöpft haben, Avns sie dann aus Ruhmsucht lügnerisch für das
Resultat ihrer selbständigen Forschung ausgaben und noch dazu verfälschten und
verdarben (Strom. 1. I, ed. Stählin 2, 8, 13; I, 17, ed. Stählin 2, .^5 f.; Strom.
II, 1, ed. Stählin 2. 113). Doch haben die griechischen Thilosophen anderes
100 § 13. Die Alexandriner. Clemens von Alexandrien.
wirklich selbst gefunden vermöge des ihnen eingesenkten Samens des göttlichen
Logos (Protr. VI, 6, ed. Stählin 1, 51 f.). Die wahre Philosophie findet er
nicht bei einer einzelnen Schule, nicht bei der stoischen, platonischen, epikurei-
schen oder aristotelischen, sondern in allem, was von einer jeden dieser Schulen
richtig gesagt ist, und was Gerechtigkeit mit gottesfürchtigem Wissen lehrt.
Diese allen Schulen entnommene Auslese will er Philosophie
nennen. Der trefflichste der griechischen Philosophen ist Piaton (o nävxa
ägiaxog WAicov, . . . olov i^eo<poQovfisvog, Päd. III, 11, ed. Stählin 1, 267; Strom.
I, 7, ed. Stählin 2. 24 f.; VI, 17, ed. Stähün 2, 508 ff.).
Wir bedürfen der Hilfe der Philosophie, um von der nion? zur
yviöatg fortzuschreiten. Die Pistis verhält sich zur Gnosis so, wie die nQÖkrjrpi?
zur s:TiaTj^fxrj. Das Eine ist die notwendige Voraussetzung für das Andere. Der
Gnostiker steht zu dem, der ohne die Erkenntnis bloß glaubt, in dem gleichen
Verhältnis, wie der Erwachsene zu dem Kinde; der Furcht des Alten Testaments
entwachse ., steht er auf einer höheren Stufe der göttlichen Erziehung. Wer
ohne die Philosophie, Dialektik und Natorbetrachtung die Gnosis erreichen will,
gleicht dem, der ohne die Pflege des Weinstocks Trauben zu ernten trachtet
(Strom. I, 9, ed. Stählin 2, 28—30). Doch ist die Übereinstimmung mit
dem Glauben das Entscbeidungsmerkmal der Echtheit der Wissen-
schaft, Strom. II, 4, ed. Stählin 2, 120: xvoiwiegov ovv xijg iniaxruxrig fj matig,
xal ioTiv avrrjg xQitrjQiov. Die rwr 6ia yiiovEcog ^laQedrjfifiivojv
yvcöaig ist anödei^i?
xfj jiicnEi EJioixoöov/iiFrt], sie ist rs/.eccoaig dv&ij(o:iov, Strom. VII, 10, ed. Stählin
Akzidens, noch etwas, dem etwas zukommt (Strom. V, 11 und 12, ed. Stählin
2, 370—381). Er ist über die Einheit und über das Wesen von allem erhaben
{inexEiva xov ivbg xai inkg avxrjv /^ovdda Päd. I, 8, ed. Stählin 1, 131, vgl.
Piaton, Rep. VI, 509 B: ovx ovaiag ovxog xov dya&ov, hi EixixEiva xijg
dXX'
ovaiag Tigsaßsia xai dvvdfisi vnsQsxovxog und nach ihm , Philon). Daß sich
Clemens aber doch nicht bei dieser bloßen Negation voll zufrieden gibt, sondern
daß Gott nach der Schrift und auch nach dem Vorgange Philons vielfach
er
analog dem menschlichen Geiste sich vorstellt, ist nicht verwunderlich. Besonders
wird aber hervorgehoben dvEvbEEg x6 §eIov xai aTza^sg. :
Nur der Sohn, der des Vaters Macht und Weisheit ist. ist positiv erkennbpj-
(Strom. V, 1 ff., ed. Stählin 2, 326 ff.). Er ist vor aller Zeit erzeugt, aber nicht
geworden wie die Geschöpfe. Er ist dem ewigen Gotte wesensgleich, steht in
Wesenseinheit mit dem Vater und ist selbst Gott. Er ist die dvaoyog — dgxi] xwr
m-xcov (Strom. VII. 1 f.. ed. Stählin 3, 3 f.). Doch neigt sich Clemens auch dem
Subordinationismus zu, wenn er den Sohn als eine Natur bezeichnet, welche dem
Allherrscher am nächsten stehe, und anderseits ihn wieder gleichsam für eine
Tätigkeit des Vaters [eoxiv wg eL-ieIv jtaxQixij zig irsgyEia, Strom. VII, 2, ed.
Stählin 3, 7) erklärt, so daß ein gewisses Schwanken in betreff des Verhältnisses
§ 13. Die Alexandriner. Clemens von Alexandrien. 101
zwischen dem Ix^os und dem Vater, wie bei Philon, so auch bei Clemens
nicht zu verkennen ist. Femer ist der Lo^os das Urbild der Well, und
durch ihn hat Gott die Welt geschaffen. Er ist der Mittler zwischen Gott und
der Welt und erhält die Welt. Er istdie Vernunft und das Gesetz des
Weltganzen. Hiemach ist auch die Weltordniing eine vernünftige. Durch den
Lc^os erkennen wir auch den Vater, soweit wir ihn erkennen. Wie bei Philon,
isi der Logos die Zusammenfassung der Ideen und der schöpferischen Kräfte. —
Der heUige Geist nimmt in der göttlichen Trias die dritte Stelle ein; er ist die
Kraft des Wortes, wie das Blut die Kraft des Fleisches (Strom. V, 14, ed. Stählin
2, 395; Päd. II, 2, ed. Stählin 1, 167 f.).
In seiner Psychologie nimmt Clemens vieles von der Stoa und von Piaton
auf. — Was seine ethischen Lehren anlangt, so muß sich der Gnostiker durch
die Welt der Geburt und der Sünde zur Gemeinschaft mit Gott erheben (Strom.
VI, 16, ed. Stählin 2, 500 f.). Diese volle, aber freie Hingabe an Gott, das
höchste ethische Ziel, ist nicht zu erreichen durch den Glauben,sondern
nur durch die Erkenntnis. Mit der Gnosis verbinden sich notwendig auch
die Liebe, die den Menschen vollendet, und die guten Werke, welche der
Gnosis folgen wie der Schatten dem Körper (Strom. VII, 10, ed. Stählin 3,
40—43). In dem christlichen Gnostikers, das er als Ideal
Bilde des
darstellt, ahmt er das Bild des stoischen Weisen nach und zieht auch die ojid-^Eia
in dasselbe hinein, da Gk)tt selbst caia^rj? ist. Der Gnostiker muß die Welt
überwinden, die äußeren Güter verachten, die fleischlichen Regungen unterdrücken.
Seine Werke sind vollkommen gute Werke (xaro^^c6//ara\ da sie gemäß der
rechten Vernunft sind. Der Gnostiker vpird sogar hier schon auf Erden zu einem
im Fleische wandelnden Gott (Strom. VII, 16, ed. Stählin 3, 71:
6 rip xvQicp :iei^6fiEvog xai rfj do^eiaij di avxov xaTaxoXovfttjoag nQotprjzein
xeXiwg sxteXslxai xaz' eixöva zov StdaaxäÄ.ov iv aagxi jisoijtoIcöv &e6g), nicht
nur gottähnlich, deoeidrjg, sondern ^sovfievog.
^eoeixeXog, Er erhebt sich
über die Erde. Raum und Zeit schwinden ihm. In ewiger Betrachtung
erschaut und ergreift er Gott, nicht nur in einzelnen ekstatischen
Momenten, wie Philon und später die Neuplatoniker lehrten.
dies So
genießt er Ruhe in Gott {atdiog avamavaig iv §s<p). Sonst schließt
die ewige
Clemens sich in der Ethik sogar dem Ausdrucke nach vielfach der Stoa an, z. B.
wenn er sagt, unsere Werke sollten sein di<6kov^a zto Xöyw, oder xurd vöfiov, wenn
er die Tugend definiert als öiädeaig y^v^fj? ovfjiqxovog vno zov Xoyov, wenn er das
F,v C^v gleich setzt dem evX6y<üg ßiovv oder xazä vöfiov ßiovv.
treu zu erhalten weiß, sich nicht an Äußeres hängt, sondern innerlich frei
bleibt {vis 6 ooi^öpuvo? nXovaio?: besonders c. 19, ed. Stählin 3, 171 f.). Auch
beim Märtyrertum ist das Wesentliche nicht der Akt des Bekenntnisses und des
Leidens sondern das beharrliche und erfolgreiche Streben, sich von Sünden
selbst,
zu reinigen und alles willig zu erdulden, was das Bekenntnis zum Christentum
erfordert (Strom. IV, c. 9; 10, ed. Stählin 2. 279 ff.; 282). Zum Schluß des
Pädagogus fiibt er eine Darstellung des „christlichen Lebensideals", dessen
Grundzüge er zum Teil wörtUch den Vorträgen des Musonius entlehnte
(Wendland).
wurde er auf zwei alesandrinischen Synoden des Lehramts verlustig erklärt und aus
dem Priesterstande ausgeschlossen. Deshalb genötigt, Alexandria im Jahre 232 zu
verlassen, lebte er in Cäsarea in Palästina, wo er als Presbyter viel predigte
und eine bald Kurze Zeit hielt er sich in
berühmt gewordene Schule gründete.
Tyrus auf, wo er 254 oder 255 starb. Wegen seines eisernen Fleißes erhielt er den
Beinamen Adamantius. Zu wörtliche Ausl^:ung von Bibelworten brachte ihn
dazu, sich selbst zu entmannen.
Von seinen vielen Schriften haben besonders philosophische Bedeutung
die vier Bücher Tleol aoywv (über die Grimdlehren, verfaßt z^vischen 220 und
230 in Alexandrien), worin er die Glaubenslehren in systematischem Zusammen-
hange darzustellen unter allen christlichen Theologen zuerst unternommen hat.
Sie sind aber bis auf einige bei Hieronymus (Ep. 124) erhaltene Fragmente der
von diesem Kirchenvater selbst veranstalteten Übertragung nur in der lateinischen
Übersetzung oder vielmehr das Heterodoxe mildernden Überarbeitung desRufinus
auf uns gekommen. Weiterhin kommt für die Philosophie in Betracht die Schrift
Kaxa KeXaov Bücher zwischen 246 und 248 wahrscheinlich abgefaßt), eine
facht
Verteidigung des christlichen Glauoens gegen die Einwürfe des Platonikers Celsus
in seiner um 178 entstandenen Schrift ''AhpJrj; ).6yo^. Obgleich Origenes von der
griechischen Philosophie wenigstens in gleichemMaße abhängig ist, wie Clemens,
zoUt er ihr doch weniger Anerkennung. Trotzdem sieht er in der rhristlichon
Lehre die Vollendung der griechischen Philosophie, also in der heid-
nischen Weisheit die Vorbereitung zum CTiristentum. Porphyrius sagt, freilich etwas
übertrieben, von ihm (Euseb. a. a. O.): xarä uh- rov ßiov jroiatiavcjg ^wv xal :iaoa-
vöuoi:, y.arä de rä? :i£Qi rwv :toayuäxbiv xai xov üeiov hö^a^; t/J.ijvi^Mr xai xa
E/.).7jvo)y Tol; 6{/veif)ig i-noßa/löiuro? ftvüoi^. Jedenfalls hat Origenes in seiner
wissenschaftlichen Dogmatik die Metaphysik seiner Zeit sehr stark benutzt, aber
vielfach selbständig ausgebildet.
Verloren sind von den Schriften, die uns hier iiäher angehen ^^ürdcn, die
§ 13. Die Alexandriner. Origenes. 103
SxQomazEiQ, in denen nach Clemens' Vorbild der Versuch gemacht war, die
Übereinstimmung der mit den philosophischen Ansichten darzutun,
christlichen
sowie :pceQl Auf die zahlreichen spezifisch theologischen, die bibel-
ävaordaeojg.
kritischen und die exegetischen Schriften des Origenes, die in
(Hexapla)
Scholien (kurze Bemerkungen zu einzelnen Stellen und Vätern), in Homilieii
(populäre gottesdienstliche Vorträge) und in Kommentare (eingehende xmd oft
sehr umfassende Erläuterungsschriften, roftoi, volumina, libri) zerfallen, ist hier
nicht näher einzugehen.
Gregor Thaumaturgus entwirft in seiner Lobrede auf Origenes, „diesen
bewunderungswürdigen Mann", „das Musterbild eines Weisen'', ein höchst inter-
essantes und anschauliches Bild von dem Schul betrieb desOrigenes, von seiner
Methode, von dem Lehrgang und den Lehrgegenständen. Anfang und
Grundlage des Unterrichts bildete das Studium der Dialektik, um „nach den Ge-
setzen des Denkens das Urteilsvermögen der Seele zu entwickeln" (c. 7). In hohem
Ansehen stand das Studium der Natur und der Welt, die Naturwissenschaften
und Naturphilosophie, weiterhin „die erhabenen Zweige" der mathematischen
Wissenschaften, der Geometrie und Astronomie, wobei die Geometrie als Ideal
und Vorbild aller Wissenschaften gewertet wird und als sicherer Unterbau des
Ganzen gilt (c. 8). Als weiterer Lehrgegenstand erscheint die Ethik, die in den
vier Kardinaltugenden Piatons und in der Liebe zur Gottesfurcht als der Mutter
aller Tugenden gipfelt und den Sokratisch-Platonischen Begriff der Tugend als
Wissen und Erkennen, als Selbsterkenntnis, als Ordnung und inneres Gleich-
gewicht, als Gottähnlichkeit und Glückseligkeit akzeptiert (c. 9; 11; 12). Eine
bevorzugte Stellung im Origenistischen Schulprogramm nahm die .hellenische ,
Philosophie" ein, deren Studium sich nicht einseitig nur mit einem System unter
Ausschluß der anderen, sondern mit den verschiedensten Richtungen befassen
sollte (c. 14). AUe vorhandenen Schriften der alten Philosophen und Dichter
sollten gelesen werden mit einziger Ausnahme der Werke der Gottesleugner
{c. 13), um aus allen das Brauchbare und der Wahrheit Entsprechende auszu-
wählen (c. 14). Den Höhepunkt des Unterrichts endlich nahm die Theologie ein,
die Erkenntnis des letzten Grundes von allem (c. 13).
Eine staunenswerte Universalität, eine seltene Unbefangenheit, volle For-
schungsfreiheit, das waren naeh der Schilderung Gregors die glänzenden Wahr-
zeichen des Origenistischen Schulprogramms, die das Walten eines mächtigen
Genius bekunden, dessen Weitblick prinzipiell für keine Richtimg verschlossen
blieb, der in allen Systemen einen Wahrheitskern zu entdecken vermochte, dessen
Denken aber erster Linie materiell und formell von der Weisheit
tatsächlich in
Piatos befruchtet Dies zeigt schon seine Stellung zur Mathematik und
wurde.
Geometrie, in der er sein wissenschaftliches Ideal erkannte, und welcher er
seine wissenschaftlicheMethode abgelauscht hat. Die Methode des Origenes
ist die synthetisch-deduktive, die Methode des platonischen Rationalismus, die
Methode der Geometrie, „etwas Unerschütterliches ist".
die Wie der Geometer,
entwickelte er aus einfachsten Voraussetzungen seine Beweisgründe, die zu einem
unzerreißbaren und schwer zu lösenden Gewebe sich gestalteten (c. 7). Die geo-
metrisch-deduktive Methode wurde ihm auch das formelle Mittel, um in seinem
Hauptwerk Uegl aQxiöv aus den Bausteinen des Piatonismus und des Offen-
barungsglaubens das erste große System der christlichen Wissen-
schaft zu formen, das man nicht mit Unrecht mit den theologischen Summen
des Mittelalters in Parallele gestellt hat (F. Prat).
Vor Origenes gab es kein System der christlichen Lehre. Anfänge einer
§ 13. Die Alexandriner. Origenes.
IQ4:
arbeiten für ein System. Auf sie gestützt, gründete Origenes ein geordnetes
Lehrgebäude der christlichen Dogmen, zu welchem er auch neuplato-
iiische Elemente verwandte.
Origenes sagt: die Apostel haben nur das Notwendige, aber nicht alle
Der Gang der Darstellung in den vier Büchern über die Grundlehren
ist (nach der von Redepenning, Orig, II, S. 276 gegebenen Übersicht) folgender:
..An die Spitze tritt die Lehre von Gott, dem ewigen Urgninde alles Daseins,
als Ausgangspunkt einer Darstellung, Erkenntnis des Wesens und
in welcher die
der Wesensentfaltungen Gottes zu dem Entstehen dessen hin überleitet, was in der
Welt das Ewige ist, der geschaffenen Geister, deren Fall erst den L^rspning der
gröberen Körperwelt herbeiführt. Ohne Mühe ließ sich dieser Stoff um die kirch-
lichen Lehren Sohn und Geist, von der Schöpfung, den Engeln und
vom Vater,
dem Sündenfall zusammenordnen. Dies alles enthält bei Origenes das erste
Buch der Grundlehren. Hierauf betreten wir, im zweiten Buche, die Welt,
wie sie jetzt ist, sehen sie entstehen in der Zeit aus einem vorweltlichen, obschon
nicht urewigen Stoffe, um
in demselben ihr wandelbares Dasein bis zur Wieder-
erhebung und Befreiung der Geister fortzuführen. In diese Welt tritt der Sohn
Gottes ein, gesendet von dem Gott des Alten Testaments, welcher kein anderer
als der Vater Jesu Christi ist. Wir hören von der Menschwerdung des Sohnes,
von dem heiligen Geiste, wie er von ihm ausgeht in die Gemüter, von dem
Seelischen im Menschen im Unterschiede von dem, was in ihm reiner Geist ist,
von der Läuterung und Wiedererhebung des Seelischen <^- 1. Bericht und
Strafen und von der ewigen Seligkeit. Vermittels der Freiheit, die dem Geiste
unverlierbar eigen ist, ringt er sich hinauf im Kampf mit den bösen Mächten
der Geisterwelt und den inneren Versuchungen, unterstützt durch Christus selber
§ 13. Die Alexandriner. Origenes. 105
lind alle Mittel der Gnade oder alle Gaben und Wirkungen des heiligen
Geistes.Diese Freiheit und das Freiwerden der Menschen zeigt
das dritte Buch. Das vierte sondert sich als Lehre von dem Grunde
dieses Lehrbegriffs, der Offenbarung in der heiligen Schrift, selbständig ab"
(wogegen spätere diese Lehre dem übrigen Inhalt der Dogmatik voranzustellen
pflegen).
Von den ei nzelnea Lehren des Origenes, die ebenso wie die dps Clemens
vielfach an Philon erinnern, sind folgende die bemerkenswertesten. Als aposto-
lische Lehre hält er gleich Irenäus u. a. den Gnostikem gegenüber fest, daß
Gott, der aus nichts die Welt geschaffen habe, zugleich gerecht und gut, Ur-
heber des Alten und des Neuen Testamentes, Gesetzgeber imd Vater Jesu Christi,
des durch den heiligen Geist aus der Jungfrau geborenen, durch freiwillige Er-
niedrigung menschgewordenen Sohnes sei (De princ. praef. 4). Er faßt Gott
als ein rein geistiges Wesen auf, das nicht Feuer, nicht Licht, nicht Hauch,
sondern eine schlechthin körperlose Einheit (/lovdg oder hdg) sei (De principiis
I, 1, 6). Nur unter der Voraussetzung der Unkörperlichkeit kann Gott als
schlechthin unveränderlich denn alles Materielle ist wandel-
gedacht werden,
bar, teilbar und Die Tiefen der göttlichen Weisheit und Er-
vergänglich.
kenntnis sind unerforschlich. Keiner Kreatur ist die ganze Fülle des göttlichen
Lichtes zugänglich (Tom. in Joh. II, 80 f.). Nur in reinen Werken und durch
dieselben ist Gott zu erkennen. Er ist die ivdg und /uoväg, die noch über Wahr-
heit und Weisheit, über Geist yßd Vernunft, über Wesen und Sein hinausliegt
{sjiixEiva vov xai ovaiag, C. Cels. VII, 38). Doch ist er nicht ohne Maß und
Grenze, sondern sich selbst begrenzend. Das schlechthin Unbegrenzte würde sich
selbst nicht fassen können (Tom. in Matth. XIII, 1, ed. Delarue, t. 3, p. 569).
Gottes Allmacht ist durch seine Güte und Weisheit begrenzt (C. Cels. III, 70).
Von Gott dem Vater wird immerdar der Sohn erzeugt, gleichwie von
dem Lichte der Glanz des Lichtes, oder wie der Wille aus dem Geist hervorgeht,
ohne ihn zu trennen oder von ihm getrennt zu werden (De princ. 1, 2, 4 7). Es —
ist also falsch zu sagen: quando non fuit filius (ib. IV, 28).
fuit aiiquando, An
allem, was der Vater ist und hat, nimmt der Sohn teil und steht in diesem
Sinne mit dem Vater in Wesensgemeinschaft.. Doch ist er (De orat., 15) nicht nur
als Individuum (xarä vnoxeiixevov) ein anderer als der Vater, ein zweiter Gott
(C. Cels. V, 39: deviegog dsog), sondern auch dem Wesen nach (pcar ovaiav)
ihm nachstehend, sofern er bedingt und von dem Vater abhängig ist. Er ist
^tög, aber nicht, wie der Vater, 6 ^sög oder avxo^eog. Er ist ofAoovaiog mit dem
Vater, aber diese Homousie ist keine unb^KÜngte. Der Sohn erkennt den Vater,
aber seine Erkenntnis des Vaters ist minder vollkommen als das Wissen des
Vaters von sich (Tom. in Joh.XXXII, 18, ed. Delarue, t. 4, p. 449). Er steht
als dem Urbilde nach und verliält sich zum Vater wie wir zu ihm.
Abbild
Mindestens in dem Maße, wie der Sohn und der Geist alle Geschöpfe überragen,
überragt beide wiederum der Vater (Tom. in Joh. XIII, 25, ed. Delarue, t. 4,
p. 235). Im Verhältnis zur Welt ist er das Urbild, 18 ia idecöv
(C. Cels. VI, 64), und durch ihn sind alle Dinge geschaffen, und diese sind
Abbilder des Logos, nicht Gottes selbst. Der Sohn oder der Logos ist
omnium creaturarum et dei medium, e. mediator (De princ. II, 6, 1). Er gehört
i.
teils zu Gott
von allem Erschaffenen geschieden, teils gehört er doch wieder
als
in die Reihe des Erzeugten (C. Cels. III, 34). In der Entfaltung der göttlichen
Einheit zur Vielheit ist der Sohn das erste Glied, der Geist das zweite, das der
geschaffenen Welt zunächst steht, aber doch selbst noch zur Gottheit gehört als
106 § 13. Die Alexandriner. Origenes.
das letzte Moment in der anbetungswürdigen Dreiheit (Tom. in Joh. VI, 17,
ed. Delarue, t. 4, p. 133: xijg ngogxvvtjzrjg iQ'äSog). Der Geist empfängt alles,
was er ist und hat, durch den Sohn, wie dieser alles vom Vater empfängt. Er
ist der Vermittler unserer Gemeinschaft mit Gott und dem Sohne. Der Ordnung
nach später als der heilige Geist, aber nicht zeitlich später, ist durch des
Vaters gütigen Willen die ganze Reihe der Geister vorhanden, in einer für uns
unermeßlichen, jedoch nicht schlechthin unbegrenzten Zahl (De princ. II, 9, 1).
Einst sollen die Geister alle die Erkenntnis Gottes in derselben Vollkommen-
heit besitzen, in welcher der Sohn sie besitzt, und jeder ein Sohn Gottes sein,
wie es jetzt allein der Eingeborene ist (Tom. in Joh. I, 17, ed. Delarue, t. 4, p. 19),
durch Teilnahme an der Gottheit des Vaters selbst vergottet (Tom.
in Joh. II, 2, ed. Delarue, t. 4, p. 50: /iszo/f/ i^? ixeivov ^eözTjTo; ^sonotov^isvot),
so daß dann Gott alles in allem ist (De princ. III, 6, 1 3). —
Die Güte Gottes konnte niemals unbetätigt bleiben, und seine Allmacht
niemals ohne Objekte seiner Herrschaft sein. Daher kann die Schöpfung der
Welt nicht in irgend einem Momente der Zeit begonnen haben, sondern muß
als anfangs los gedacht werden (De princ. I, 2, 10; III, 4, 3). Auch würde
der Anfang der Weltschöpfung notwendig eine Veränderung in Gott voraus-
setzen in dem Augenblick, wo er zur Schöpfung schritt. Weltleere Äonen hat
es niemals gegeben. Doch ist diese gegenwärtige Welt eine gewordene und
vergängliche, und es schließt sich eine Welt an die andere an (De
princ. III, 5, 3), jedoch so, daß keine dieser unendlich vielen Welten der
andern ganz gleich ist (De princ. II, 3, 4—5). Gott hat nicht eine Materie vorge-
funden und diese nur gestaltet, sondern er ist auch der Urheber der Materie.
Andernfalls müßte eine Voreehung, die älter wäre als er, für die Darstellbarkeit
seiner Gedanken in der Materie gesorgt, oder ein glücklicher Zufall die RoUe der
Vorsehung gespielt haben (De princ. II, 1, 4). In der Welt ist Gott, der an sich
unräumlich ist, allgegenwärtig durch seine wirkende Kraft, wie der Baumeister
in seinem Werke oder wie unsere Seele als Empfindungsvermögen durch unsem
ganzen Körper verbreitet ist, nur das Böse erfüllt er nicht durch seine Gegenwart
(De orat. 23; De princ. II, 1, 3). Zu den Menschen steigt er nicht räumlich,
sondern durch seine Vorsehung herab (C. Gels. VI, 71).
Die Seelen sind ursprünglich in ganz gleicher Qualität von Gott geschaffen.
Aber das Gute gehört nicht zu ihrem Wesen, sondern von ihrer Selbstbestimmung
hängt es ab, ob sie sich für das Gute oder für das Böse entscheiden. Die, welche
nicht das Gute ergriffen haben, sind zur Strafe für diese ihre Schuld von Gott
verstoßen und mit Materie umhüllt worden. Auch jetzt haben die menschlichen
Seelen noch Wahlfreiheit zwischen dem Guten und Bösen; es sind noch Keime
zur Wiederherstellung in ihnen zurückgeblieben. Das Willensvermögen und die
Kraft zum Guten haben sie von Gott, aber die Entscheidung ist ihr eigenes
Werk. Doch gewährt Gott dazu auch seinen Beistand durch seinen heiligen Geist.
Jede unserer Taten ist eine Mischung eigenen Wählens und göttlicher Beihilfe
(De princ. III, 5, 4). Der ewige Logos gibt allen Vemunftwesen, damit sie üue
Bestimmung erfüllen, so viel AnteU an sich, als sie Liebe zu ihm empfinden.
Das Böse ist die Abwendung von der JFülle des wahren Seins
zur Leere und Nichtigkeit, also eine Privation (Tom. in Joh. II, 7, ed. De-
larue, t. 4, p. 65). Das Leben in der Sünde ist ein Leben des Todes. Ursache
des Bösen ist nicht Gott und auch nicht die Materie, sondern die freie Tat jener
Abwendung von Gott, die Gott nicht angeordnet, sondern der er nur nicht ge-
wehrt hat (C. Geis. VII, 68). Im Jenseits finden Lohn und Strafe statt. Aber
§ 13. Die Alexandriner. Origenes. 107
schließlich muß auch das Böse dem Guten dienen. Die Folgen des Bösen können
nicht bis über das Weitende hinaus dauern.
fähig und sollen erlöst werden (De princ. I, 6, 3; III, 6, 1 ff.). Gute Engel
stehen uns zur Seit«. Zuletzt ist aus Liebe der Logos selbst herabgekommen,
indem er nicht bloß einen menschlichen Leib, sondern auch eine vollständige,
—
vernunftbegabte menschliche Seele annahm (De princ. II, 6, 3 6; IV, 32). Zahl-
reichen Weltzeiten ist nicht der Logos selbst erschienen; in der gegenwärtigen
ist er als Erlöser herabgekommen, um alles wieder zu Gott zu führen. Der
göttliche Logos, mächtiger als die Sünde, ist die welterlösende Macht.
Durch ihn führt der allmächtige Gott, für welchen nichts unrettbar verloren ist,
—
auch alle wieder zum vollen und seligen Leben zurück (De princ. I, 6, 2 3; III, 5,
—
6 7). Eine satisfaktorische Bedeutung des Todes Christi kennt jedoch Origenes
in seinem System nicht, nur eine vorbildüche. Die jenseitigen Strafen dienen
zur Läuterung. Wie durch Feuer wird das Böse in uns getilgt, rascher in dem
Remeren, langsamer in dem Unreineren. Die schlimmsten Sünder verharren darin
als in ihrer Hölle bis zum Ende der Zeit, wonach Gott sein wird alles in allem,
das Maß und die Form der ganzen Bewegung der Seelen, die nur ihn empfinden
und schauen (De princ. III, 6, 3). Möglich ist es übrigens, daß Origenes. im
Sinne der Stoiker und anderer griechischer Philosophen die iiiavögOcoai? nicht
als absolutes Weltende, sondern nur als vorübergehenden Abschluß der endlosen
Weltentwicklung angesehen hat.
Die heiligen Schriften sind von Gott inspiriert und enthalten sein Wort
oder seine Offenbarungen; sie sind die Erkenntnisquellen der Wahrheit. Die in
ihnen enthaltene Lehre hat als geoffenbarte Wahrheit schon unter allen Völkern
Eingang gefunden, wogegen die philosophischen Systeme, die mit Beweisen auf-
treten, nicht einmal einem einzigen Volke, geschweige allen Nationen, sich zu
empfehlen vermögen. Aber nicht nur die Verbreitung, sondern auch der Ein-
druck, den wir beim Lesen empfangen, zeugt für die Inspiration der biblischen
Schriften denn wir fühlen uns dabei von dem Wehen des heiligen Geistes be-
;
zwar das größte aller Charismen. Von Origenes wird dasselbe nicht mehr
nach der Weise der Früheren und noch des Clemens Gnosis (die ihm nur
eine geringere Stufe des Erkennens ist), sondern Weisheit genannt (17 ^eia
oo<pia, C. Cels. VI, 13; Sei. in Ps., ed. Delarue, t. 2, p. 568). Bei der Er-
klärung der heiligen Schrift sind dreierlei Arten zu unterscheiden:
ut simpUciores quique aedificentur ab ipso — corpore scripturarum, sie enim
appellamus communem istum et historialem intellectum; si qui vero aliquantum
iam\ proficere coeperunt et possunt amplius aliquid intueri, ab ipsa scripturae anima
aedificentur; qui vero perfecti sunt — ab ipsa spirituali lege, quae umbram habet
futurorum bonorum, tamquam a spiritu aedificentur. Sicut ergo homo constare
dicitur ex corpore et anima et spiritu, ita etiam sancta scriptura (De princ. IV,
11). Die allegorische Deutung setzt Origenes der eigentlichen als eine geistige,
pneumatische, der' somatischen entgegen. Von beiden unterscheidet er mitunter
noch die moralische Deutung als eine psychische. In der Tat ist die allego- —
rische Deutung überall da, wo
der Verfasser selbst eine Allegorie beabsichtigt
hat — welche Absicht freilich die Alexandriner demselben jedesmal unterschoben,
wenn der Wortsinn sie selbst nicht erbaute — nur ein aphoristisches Philo- ,
Dann sucht Origenes die einzelnen Dogmen wesentlich so, wie auch in der
Schrift Tlegi dgxcöv, zu begründen. Das Recht der Christengemeinden, gegen den
Willen des Staates zu bestehen, gründet Origenes auf das von Gott stammende
Naturrecht, welches höher stehe als das geschriebene Recht (C. Cels. V, 35).
§ 13. Die Alexandriner. Dionys. v. Alexandrien. Gr^or. Thaumaturgus. 109
Den Origenes hat die spätere Orthodoxie bekämpft und nur sein apolo-
getbches, jedoch nicht sein systematisches Hauptwerk gelten lassen, während
anderseits Arianer und später Pelagianer sich auf ihn beriefen. In ihm lagen
(wie in neuerer Zeit in Schleiermacher) Keime zu einander entgegengesetzten
theologischen Doktrinen welche später zu selbständiger Entfaltung ge-
vereint,
langen sollten. Derselbe Justinian, der (529) die Schule der Neuplatoniker
aufhob, hat 543 in einem Edikt durch neun Anathematismen den Origenes
verdammt. Ein gleiches Verdamm ungsurteü gegen den Alexandriner und seine
Anhänger erging 553 auf dem 5. allgemeinen Konzil zu Konstantinopel.
Dionyeius der Große, ein Schüler des Origenes, geb. gegen Ende des
2. Jahrhunderts, übernahm 231 nach Heraklas die Leitung der Katechetenschule
in Alexandrien, wurde gegen 248 daselbst Bischof und starb 264 oder 265. Er
verfaßte, wahrscheinlich ehe er Bischof wurde, eine in Briefform gekleidete Schrift.
IIsqI <pva£(o?, von der wir eine Reihe ziemlich umfangreicher Fragmente bei
XIV, 23—27 besitzen. Er greift darin den demokritischen
Eusebius, Praep. ev.
und epikureischen Atomismus an, indem er mit Schärfe nachzuweisen
sucht, wie die Atomistik nicht genüge, eine befriedigende Erklärung der Welt und
des Geschehens in ihr zu geiien, und wie sie mit sich selbst in Widerspruch gerate.
Auf den spezifisch christlichen Standpunkt stellt er sich freilich dabei nicht, sondern
auf den eklektiach-hellenistisch-christlichen, wie es zu Anfang des Fragments
heißt: MÖtegov ev iazt rö. Tiäv, (äg f}fA,iv xs xal zoTi; aoqpcoTdzoig 'EXh'jvav Ilkdxüivi
y.ai Jlv&ayoga xai roTg dno xfjg oxoäg xal 'Hgaxkeucp tpaivexai.
Auch von seinen sonstigen Schriften die namentlich
, gegen religiöse
Schwärmer und Gegner in theologischen Sachen gerichtet waren, sind uns nur
Bruchstücke erhalten.
Nach Dionysius hatten an der Katechetenschule das Lehramt inne
Theognostus, der Verfasser eines nach dem Vorbild von Origenes' Ilegl aQx<öv
geformten Systems der Dogmatik mit dem Titel i'jioxvTKoaeig, von dem wir aber
nur mehr Fragmente femer Pierius, der ebenfalls im ter origenistischera
besitzen,
Einfluß stand, und Petrus,
seit 300 Bischof von Alexandrien, der sich aber
gegen Origenes wandte. Von seinen Schriften sind nur Bruchstücke erhalten.
(Über die genannten Lehrer siehe A. Harnack, Gesch. der altchristl. Lit. I,
437-449; II, 2, 66—75.)
Ein Schüler des Origenes aus der Schule in Caesarea war Gregor der
Wundertäter (Thaumaturgus), 213 in Neocaesarea im Pontus, ge-
geb.
storben als Bischof seiner Vaterstadt zwischen 270 und 275. Zwei Biographien
mit stark legendarischem Charakter, die unter sich eine enge Verwandtschaft auf-
weisen, eine griechische von Gregor von Nyssa und eine syrische von einem
unbekannten Autor, behandeln das Leben des einflußreichen Mannes. Eine
lateinische Biographie, die von Ruf in benützt wurde, hat Poncelet als eine
Übersetzung und Umarbeitung der griechischen nachgewiesen. Als Gregor nach
fünfjährigem Aufenthalt im Jahre 238 Caesarea verließ, hielt er eine schvrung-
volle Dankrede auf Origenes {elg 'Ügiyert/v ziQoaqpwvrjxixog xai :ravT]yvQixdg Xoyog.
köyog /aQioTi'/oiog), die uns einen interessanten Einblick in die Unterrichtsmethode
und Unterrichtsgegenstände des großen Lehrers ermöglicht (siehe oben S. 103).
Außer der Dankrede Gregors verdienen hier Erwähnung seine nur syrisch er-
haltene Schrift „an Theopompus über die Leidensunfähigkeit und Leidensfähig-
keit Gottes" und der in seiner Echtheit angezweifelte, aber nach Entdeckung
einer syrischen Übersetziuig aus dem 7. Jahrhundert kaum mehr als echt zu
bestreitende Traktat über die Seele an Tatian {Xöyog xsq>aXaia)dt)g negl v'r;^»?? ngitg
110 § 14. Amobius. Lactantius.
logie für Origenes C^jtokoyca vjikg 'Qgiyevovg) in fünf Büchern, denen sein
Freund und Schüler Eusebius, der nachmalige Bischof von Caesarea, ein
sechstes hinzufügte. Nur das erste Buch in der nicht ganz zuverlässigen Über-
setzung Ruf ins ist erhalten geblieben.
J
§ 14. Arnobius. Lactantius. Hl
er als und verderblich bekämpft, obschon er zugesteht, daß
falsch
es keiner Elementen der Wahrheit fehle.
Ansicht an einzelnen Die
rechte Auswahl aber vermöge nur der zu treffen, der zuvor von Gott
belehrt sei. Die Vereinigung der wahren Weisheit mit der
wahren Keligion ist der Zweck, den er durch seine Schriften zu
fördern sucht.
' Verwerfung des Polytheismus, Anerkennung der Einheit
Gottes und Christologie sind ihm die Stufen der religiösen Erkenntnis.
Die echte Tugend ruht auf der wahren Religion. Sie hat ihren Zweck
nicht in sich selbst, sondern in dem ewigen seligen Leben. Die ein-
zelne Menschenseele ist unendlich wertvoll, da sie einen ethischen
Gehalt in sich hat.
IL Lactantius.
Über die Überlieferung Harnack, Gesch. der altchristl.
siehe A. Lit. I,
Leipzig 189.3, 736-744. O. Bardenhewer, Patrologie, 3. A. 1910, 179.
Die Werke des Lactantius, von dem zuerst die Institut, div. (Sublaci
1465, dann Rom 1470) erschienen, sind sehr häufig gedruckt worden,- u. a. Canta-
brigiae 1685; weitere Ausgaben von Chr. A. Heumann,
Göttingen 1736; von
J. L. Bünemann, Leipzig 1739; von J. B. Le Brun
und Nie. Lenglet-Du-
fresnoy, Paris 1748; von F. Eduardus a S. Xaverio, 11 Bde., Rom 1754
—1759; von O. F. Fritzsche in Gersdorfs Bibl., vol. und XI, Leipzig 1842 X
— 1844; von J. P. Migne, P. lat., 6—7, Paris 1844. Opp. omnia recens. —
8. Brandt et G. Laubmann, 2 voll., Wien 1890—1897 (Corp. script eccl.
lat. 19, 27).
Ausgabe von de mort. persec. veranstaltete S. Baluze, Paris 1679.
Die erste
Neuere Separatausgaben von F. Dübner, Paris 1863, 1879, von S. Brandt,
Wien 1897.
Deutsche wurden übersetzt die Epitome div. inst, und De mortibus
Ins
persecutorum von P. H. Jansen, Kempten 1875 (Bibl. der Kirchenv.), De ira
dei von R. Storf, Kempten 1875 (ebd.), De opif. dei von A. Knappitsch,
Graz 1898.
Die bald nach 303 verfaßte Schrift des in Sicca in Afrika (Numidien) als
Lehrer der Rhetorik lebenden Arnobius Gegen die Heiden (Adversus gentes
oder Adversus nationes) ist in den zwei ersten Büchern apologetisch, in ihren fünf
letzten mehr polemisch, Sie wurde rasch geschrieben, damit ihr Verfasser zur
Taufe zugelassen würde, und nahm vieles in unselbständiger Weise von Clemens
Alexandrinus, insbesondere aus dem Protreptikus die Darstellung der
griechischen Mythologie, auf. Arnobius benutzte femer besonders die Schriften
des Neuplatonikers Cornelius Labeo (eines Zeit- und teilweisen Gesinnungs-
genossen des Apuleius), der einer der bedeutendsten römischen Antiquare in
112 § 14. ArnobiuK. Lactantius.
schenstatue, die in dem Sensualismus Condillacs eine so große Rolle spielt (s.
Grundr. III, 10. A., unter Condillac). Die Wahrnehmung ist die einzige Quelle aller
Erkenntnis für die Seele, welche als von vornherein leer angesehen wird. Eine
Idee nur ist dem Menschen von vornherein angeboren, das ist die Gottes-
idee, die eines Lenkers und Herrn aller Dinge (I,
Mit ihr ist gegeben die
33).
Grewißheit der Existenz Grottes, seiner Güte und Vollkommenheit. Die
seiner
wahre Gottesverehrung liegt nicht in Opfern, sondern in richtigen Ansichten über
die Gottheit: opinio religionem facit et recta de divis meris (VII, 51). Frei-
lich neigt Arnobius auf Grund seines Empirismus zu einer Art Skeptizismus.
Alle sogenannte Erkenntnis, die sich nicht auf Erfahrung stützt, kommt üljer
Unklarheit und Ungewißheit nicht hinaus. Aber auch die auf der Empirie ruhende
soll nicht zu völligei; Unbestreitbarkeit gelangen, und so bliebe denn nichts übrig
als Verzichtleistung auf positive Urteile (11, 57). Hiermit ist dann das Bedürfnis
nach Offenbarung gegeben.
Ungefähr zu gleicher Zeit, wie Arnobius sein Werk verfaßte, etwa zwischen
305 und 310, schrieb der zum Christentum bekehrte Rhetor Caeciiius Firmi-
anus Lactantius seine In stitutiones divinae. Wahrscheinüch in Afiika
von heidnischen Eltern etwa 250 geboren, war er Lehrer der lateinischen Bered-
samkeit in Nikomedien. Später Schüler des Arnobius, wurde er an den Hof
Konstantins des Großen zur Erziehung dessen Sohnes Crispus berufen und ist
wahrscheinlich bald nach 325 gestorben. Vor seinem Übertritt zum Christen-
tum scheint er sich dem Stoizismus zugeneigt zu haben, woher wohl auch die
heftigen Angriffe auf epikureische Lehren rühren, während er freihch auch
anderseits manches aus Lucretius, den er genauer kannte, biUigt und auch
gegen stoische Sätze polemisiert. Ein selbständiger Denker war Lactantius
nicht. Dagegen muß anerkannt werden, daß er der erste im Abendland war,
der den Versuch unternahm, die christlichen Lehren und die
christliche Weltanschauung zu einem System zusammenzu-
schließen. Wegen der Reinheit seines Stils und wegen der gefälligen Dar-
stellung erhielt er den Namen eines christlichen Cicero-
Ueberweg, Orundriß EL 8
114 § !*• Lactantius.
von einigen in seiner Echtheit bezweifelt worden, aber di<! Mehrzahl der Forscher
hält an der Autorschaft des Lactantius fest.
Hieronymus nennt (de vir. 111. 80) den Lactantius einen Schüler des Arno-
bius. Doch ergibt sich aus den eigenen Schriften des Lactantius dieses Schüler-
verhältnis nicht. Er nennt in den Instit. div. (V, 1 -4) als seine Vorgänger
insbesondere den TertuUian, den Minucius Felix und den Cyprian, nicht den
Arnobius. Auch der Inhalt seiner Schrift scheint nicht auf arnobianischen
Einfluß zurückzuweisen. TertuUian genügt ihm nicht von selten der Form. Den
Minucius Felix gebraucht er geradezu als Vorbild. Er erwähnt ihn lobend und
meint, seine Schrift bekunde, daß er, wenn er sich ganz dieser Sache gewidmet
hätte, Vollgenügendes hätte leisten können. Cyprian aber redet ihm für den
apologetischen Zweck zu mythisch: er fehle in der Art der Beweisführung, da
die Berufung auf die biblischen Schriften die L^ngläubigen nicht zu überzeugen
vermöge.
Lactantius hat seine Insti tutiones und auch den Auszug aus denselben
offenbar zu einer Zeit verfaßt, da das Christentum noch nicht öffentliche Anerken-
nung gefunden hatte. Die Anreden an Konstantin als den Gönner der Christen
sind dem Hauptwerke von ihm selbst oder von anderen später eingeschoben,
worden. Die Schrift De opificio Dei, welche eine Ergänzung zu dem vierten
Buche der Republik Ciceros sein will und in ihrem stoischen Charakter so gut
wie nichts von dem Christentum ihres Verfassers kundgibt, gründet den Gottes-
glaiiben auf die zweckmäßige Gestaltung der Organismen, bei deren Nachweisung
Lactantius sehr ins einzelne eingeht. Manches in dieser Schrift ist aus Varro,
aus Tubero, aus Cicero De republ., aus Seneca De immat. morte genommen.
Die Abhandlung De ira dei., gegen die epikureische Lehre von der Apathie
Gottes gerichtet, schöpft aus dem zweiten Buch von Ciceros De natiira deorum.
der wahre Gott erkannt und als Vater geliebt werde, mit der Reügion, durch die
er als Herr verehrt werde, vereinigen. Die Erkenntnis aber müsse der Verehrung
vorausgehen. Das höchste Gut des Menschen ist weder die Lust, die auch das
Tier hat, noch auch die Tugend, die nur der Weg zu ihm ist, sondern die Religion.
Denn die Humanität ist Gerechtigkeit, Gerechtigkeit aber ist Frömmigkeit,
Frömmigkeit aber ist Anerkennung Gottes als des Vaters (Inst. III, 11 ff.; IV, 4;
VI, 1). Lactantius setzt in den Inst. div. den (in der Schrift De opif. Dei aus-
führlich begründeten) Gedanken als einen kaum bezweifelten voraus, daß die
vernunftgemäße Weltordnung eine Vorsehung beweise. Instit. I, 2:
Xemo est enim tam rudis, tam feris moribus, qui non, oculos suos in coelum
tollens, tametsi nesciat, cuius dei Providentia regatur hoc omne quod cemitur,
ahquara tarnen esse intelligat ex ipsa rerum magnitudine, motu, dispositione,
constantia utilitate, pulchritudine, temperatione, nee posse fieri quin id, quod
ut esse debet, non potest esse nisi imus, ut in eo sint omnia. Eine Mehr-
§ 14. Lactantins. 115
heit von Göttern würde die Teilbarkeit der göttlichen Macht involvieren,
woraus deren Vergänglichkeit folgen würde. Mehrere Götter würden Entgegen-
gesetztes wollen können, woraus Kämpfe zwischen ihnen herfließen könnten,
welche die VVcltordnung stören würden. Nur wenn eine einheitliche Vorsehung
alle Teile beherrscht, kann das Ganze bestehen; also muß notwendig die Welt
durch den Willen eines Wesens gelenkt werden (I, 3). Wie unsom Leib ein
Geist regiert, so die W^elt Ein Gott (ebend.). Wesen, die dem Einen Gotte
gehorchen müssen, sind nicht Götter (ebend.). Die Einheit Gottes wird von den
Propheten bezeugt (I, 4), ja auch von Dichtem und Philosophen, nicht als ob
diese die Wahrheit recht erkannt hätten, sondern weil die Gewalt der Wahr-
heit so groß ist,daß sie auch wider den W^Ulen der Menschen denselben ein-
leuchtet (I, 5). Keine philosophische Schule ist ganz ohne Elemente der Wahr-
heit (VII. 7).
In der Berufimg auf die philosophischen Zeugen für die Einheit Gottes
folgt Lactantius offenbar im wesentlichen dem Minucius Felix. Beide schöpfen
ihre Kenntnis vorwiegend aus Ciceros Schrift De natura deonim. Aber von des
Minucius günstigem Urteil über die Philosophen weicht Lactantius doch wiederum
weit ab, indem er, wie TertuUian, die heidnische Religion und Philosophie als
falsch und irreleitend, der von Gott geoffenbarten Wahrheit entgeg<>nsetzt (1, 1;
III, 1, u. ö.) und gegen die Philosophen den biblischen Satz kehrt, daß die
menschliche Weishoit Torheit vor Gott sei. Das dritte Buch der luslit. ist eigens
der Aufgabe gewidmet, die Nichtigkeit der Philosophie aufzuzeigen philosophiam :
quoijue ostendore (juani inanis et falsa sit, ut omni errore sublato veritas patefacta
clarescat (111, 2). Philosophia quaerit sapientiara, non ipsa sapientia est (ibid.).
Die Philosophie müßte Wissen oder Meinung sein. Das Wissen (und zunächst
das naturphilosopMsche) ist dem Menschen nicht erreichbar. Er kann dasselbe
nicht aus dem eigenen Geiste schöpfen, weil dies iuir Gott und nicht dem Menschen
zukommt mortalis natura non c^pit scientiani nisi quae veniat extrinsecus. Wir
:
erkennen die Ui"sachen der Dinge nicht, wie mit Recht Sokrates und die Akade-
miker lehren. Auf bloßes Meinen aber darf der Philosoph sich nicht beschrä.iken,
wie mit Recht die Stoiker lehren. Die Widersprüche zwischen den verschiedenen
Philosophen schulen benutzt er zur Widerlegung der philosophischen Lehren. Also
führt nicht die Philosophie, sondern nur die ( >f fenbarung zur Erkenntnis d(!r
Wahrheit. Die Dialektik ist unnütz (III, 1.3). In der Ethik differieren ebenso,
wie in der Physik, die Ansichten der Philosophen. Lm zu wählen, müßten wir
schon Aveise sein, da wir doch von ihnen erst die Weisheit lernen .sollten. Zudem
mahnt der skeptische Akademiker uns ab, irgendeiner Schiüe zu glauben, wodurch
er freilich auch den Glauben an seine eigene Richtung zerstört. Was also bleibt
übrig, als die Zuflucht zu dem Geber der wahren Weisheit?
Nach der Widerlegung der falschen Religion und Philosophie wendet sich
Lactantius zur Darlegung der christlichen Lehre, indem er nachzuweisen
sucht, Gott habe von Anfang alles so geordnet, daß bei dem Herannahen des
Weltendes (d. h. des Ablaufs der auf 0000 Jahre bestimmten Welttiauer) der
Sohn Grottes hai)c auf die Erde herabsteigen inid leiden müssen, um Gott einen
Temf>el zu bauen und die Menschen zur Gerechtigkeit zu führen. Hauptsächlich
auf die Zeugnisse der Propheten gründet er den Glauben an Christus als den
Logos und Gottessohn (Inst. IX). Vater und Sohn sind ein Gott, weil ihr Geist
und Wille eins sind: der Vater kann nicht ohne den Sohn wahrhaft verehrt
werden (IV, 29). Der von Christus errichtete Gottestem}>el ist die katholische
Kirche (Inst. IV, 30).
116 § 14 Lactantius.
Sie hielten irrtümlicherweise dafür, die Tugend sei um ihrer selbst willen zu er-
streben und trage ihren Lohn in sich selbst allein.
Inst. V, 18: qui sacramentum hominis ignorant ideoque ad hanc vitam tem-
poralem referunt omnia, quanta sit vis justitiae scire non possunt; nam et quum
de virtute disputant quamvis intdligant aerumnis ac miseriis esse plenissimam,
tarnen expetendam esse ajunt sua causa; ejus enim praemia quae sunt aetema et
immortalia nullo modo vident; sie rebus omnibus ad hanc praesentem vitam relatia
virtutem plane ad stultitiam redigunt. Inst. V, 19 virtus et mercedem suam Deo
:
judice accipiet et vivet ac semper vigebit; quae si tollas, nihil potest in vita
hominum tam inutile, tarn stultum videri esse quam virtus. Inst. VI, 9: nee
aliter virtus quum pfer se diu-a sit, haberi pro bono potest, quam si acerbitatem
suam maximo bono penset. In dieser Weise schließt Lactantius auf die Un-
sterblichkeit der nicht durch Zeugung, sondern durch göttliche Schöpfung
entstehenden (De opif. Dei 19) Seele und den von Gott bestimmten jenseitigen
Lohn (Inst. V, 19), ohne den die Tugend unnütz sein würde. Das höchste
Gut ist die Unsterblichkeit, zu der die Tugend führt. Die Welt ist lun des
Menschen, dieser um der Unsterblichkeit, diese um des ewigen Gottesdienstes
willen. Die Überzeugung von der Unsterbüchkeit wiU Lactantius zuvörderst auf
die Zeugnisse der heiligen Schriften, dann aber auch auf glaubhafte Argumente
gründen. Die Argumente, welche Piaton von der Selbstbewegung und von der In-
tellektualität der Seele entnimmt, scheinen ihm nicht zuzureichen, da andere
Autoritäten entgegenstehen (Inst, VII, 8). Die Seele kann körperlos existieren,
da ja auch Gott körperlos ist. Sie wird fortleben, da sie Gott, den Ewigen er-
kennen und verehren kann. Ohne die Unsterblichkeit hätte die Tugend nicht
den Wert, der ihr doch zukommt, und das Laster nicht die ihm gebührende
Strafe (Inst. VII, 10 f.). Die auferstandenen Seelen werden von Gott mit Körpern
umkleidet werden (VII, 23). Zuerst erstehen die Gerechten zu seligem Leben.
Erst in der zweiten Auferstehung werden auch die Ungerechten oder Ungläubigen,
und zwar zu ewigen Qualen, wiedererweckt (VII, 26).
I
§ 15. Die Griechen des vierten Jahrhunderts. 117
Zweiter Abschnitt.
Mit Gregor von Nyssa hat einige Ähnlichkeit der Apologet Ma-
karius von Magnesia. Der von den Kappadoziern wegen seiner
christologischen Anschauungen bekämpfte Apollinaris von Lao-
dicea unterschied im Menschen trichotomisch Geist (vovg, 7ivev{j.a.\
Seele (ipvxy) und Körper {aut^a). Eine tief mystisch gestimmte
Natur war Makarius der Ägypter, der ein System christlicher
Mystik auf der Grundlage der stoischen Psychologie und Physik
aufbaute.
Im Gegensatz zur Schule von Alexandrien befolgten die Vertreter
der antiochenischen Schule in der Exegese die historisch-
philologische Methode. Den platonischen Spekulationen abhold
§ 15. Die Griechen d. vierten Jahrhunderts. Ausgaben u. Übersetzungen. 1 19
Die Werke des Gregor von Nyssa sind teilweise v. L. Sifanus. Basel 1562
und 1571, vollständiger von Morellus, Paris 1615 herausgegeben worden. Die
erste griechisch-lateinische Gesamtausgabe erschien von Fronto Ducaeus,
2 Bde., Paris 1615, erweitert durch Nachträge von J. Gretser, 3 Bde., Paris
1638. Weitere Veröffentlichungen von unge<mickten Materialien erfolgten durch
L. A. Zacagni, Rom 1698, J. B. Caraccioli, Florenz 1731, A. Mai, Rom
1833, 1847. J. G. Krabinger veranstaltete 1835-1840 Sonderausgaben schon
bekannter Schriften. Auf Grund dieser Vorarbeiten erschien die bis jetzt voll-
—
ständigste Sammelausgabe von Migne, P. er. 44 46, Paris 1858. Über die
Anfänge kamen nicht hinaus die Gesamtausgaben v. G. H. Forbes (erschienen
sind nur die zwei ersten Faszikel d. I. Bd.), Burntisland 1855 1861 und von —
Fr. Gehler (erschienen ist nur Tom. I continens libros dogmaticos), Halle 1865.
Separat erschien die Oratio Katechetica von J. G. Krabinger, München
1835 und von demselben der Dialog de anima et resurrec tione, Leipzig 1837.
Neu herausg^eben wurde die zuerst genannte Schrift v. J. H. Srawley, The
catechetical oration of Gregory of Nyssa, Cambridge 1903. L. Möridier, Gr^goire
de Nysse, Discours cat^hötiaue, Paris 1908, gab einen Abdruck d. Srawleyschen
Edition nebst französischer Uoersetzung.
Eine deutsche Übersetzung der bedeutendsten Schriften hat Fr. Gehler
in seiner Bibliothek der Kirchenväter T. I: Gregor von Nyssa, Bd. 1—4, Leipzig
—
1858 1859 geliefert (mehr als di^er TeU ist nicht erschienen).
Ausgewählte Schriften haben ins Deutsche übersetzt H. Hayd u. J. Fisch,
2 Bde., Kempten 1874-1880 (Bibl. d. Kirchenv.). —
Der Dialog über die Seele
und die Auierstehung wurde von H. Schmidt in deutscher Bearbeitung und
mit kritischen Anm. Halle 1864 herausgegeben.
Die fünf zig Homilien des Makarius sind zuerst 1559 von .Johannes Picus
nach Pariser Handschriften ediert worden. Eine Ergänzung der Homilien und
eine Erweitcnuig durch zwei Briefe und die preces brachte H. .T. Floß, Macarii
Aegyptii epistolae, homiliarum loci, preces, Coloniae 1850. Eine Gesamtausgabe
de» bisher Gedruckten besorgte Floß bei Migne, P. gr. 34, Paris 1860. Die Be-
arbeitung des Simeon Metaphrastes in der Form von Auszügen aus Makarius
in sieben opuscula findet sich bei Migne, ibid. .34, 821 968. — —
Zwei von H. .T.
Floß. Bonn 1866 i^Pr.) dem Namen des Mak.
unter herausgegeb. Fragmente sind
unecht. Siehe dazu .T. Gildemeister, Über die in Bonn entdeckten neuen
Fragmente d. Mak., Elberfeld 1867.
122 § 15. Die Griechen d. vierten Jahrhunderts. Ausgaben u. Übersetzungen.
X. Nestoriu.s.
Eine Sammlung der Fragmente
von Schriften des Nestoriiis veranstaltete
F. Loofs, Nestoriana. Die Fragmente des Nest., gesammelt, untersucht und
herausgeg. Mit Beiträgen von Stanley, A. Cook und G. Kampffmeyer,
Halle 1905.
Umfangreiche Bruchstücke aus einer der Selbstverteidigung dienenden Schrift
des Nestorius, die in syrischer Version erhalten ist unter dem Titel: Tegürtä
Heraclidis =
Handel, Bazaar, oder wie andere übersetzen Buch oder Abhandlung
des Heraclides, wurden in englischer Übersetzung zuerst bekannt durch J. F.
Bethune- Baker, Nestorius and bis teaching With special reference to the
. . .
Im Geiste des Origenes, wenn auch nicht mit der gleichen Genialität,
arbeitete Eusebius von Caesarea. Geboren um 2G5 in Caesarea in Palästina,
empfing er daselbst in der Schule des Pamphilus eine reiche und umfassende
Bildung; .3i;5 wurde er Bischof von Caesarea, wo er 339 oder 340 starb. Eusebius
zählte zu den gelehrtesten Männern des 4. Jahrhunderts und zu den fruchtbarsten
Schriftstellern seiner Zeit.
Ein geborener Historiker, hatte er sich schon früh geschichtlichen Studien
zugewajidt. Als Frucht seines Fleißes erscheint seine um 303 fertiggestellte
Chronik in zwei Teilen {Xgovixol xavöve; y.al t-jtno^irj :ravToda:Tiic loroola^ 'EU.r'jroii-
TF xai ßdoßäoüiv), die ganz in armenischer Übersetzung erhalten ist, während \om
griechischen Text nur Bruchstücke vorhanden «ind. Der zweite Teil wurde
von Hieronymus ins Lateinische übersetzt und bis zum .Fahre 37.S fortgeführt.
Unvergänglichen Ruhm hat ihm ein weiteres geschichtliches Werk verschafft.
nämlich seine Kircheng esc hichte CE?<x?.i]ainoTiy.i) laroniu), die, bis 313 reichend
in ihrer letzten Ausgabe 324 oder 325 in zehn Büchern erschien und den Grund-
stock für alle weiteren kirchengeschichtlichen Bearbeitungen im Altertum bildete.
Enger begrenzten historischen Aufgaben gewidmet sind die in zwei Versionen
überlieferte Schrift ,,Von den Märtyrern in Palästina" und die Enkomien
auf Konstantin, .speziell die Vita Constantini. Die Oratio ad Sanctorum
coetum ist nach Pfättisch (s. d. Lit.) eine echte, ursprünglich lateinische Rede
Konstantins, die aber in der gegenwärtigen griechischen Fassung von einem un-
bekannten Philosophen im engsten und direkten Anschluß an den Timäus starke
platonische Zusätze erfahren hat, während E. Seh war tz (s. d. L.) mit Unrecht
lediglich an eine Übersetzung der von Konstantin lateinisch verfaßten Rede denkt,
die vom Übersetzer mit platonischen Sentenzen verziert worden sei.
eine Evangelien synopse sind seine Leistungen auf diesem Gebiete. — Weniger
von Bedeutung sind zwei dogmatische Schriften {Kazä ManyJllov und TTegl rfjc
sxy.XrjaiaoTixrig &FoXoyta<:), in denen er eine zum Arianismus neigende Stellung
emnimmt.
Um so hervorragender und glänzender gestaltete sich des Eusebius apolo-
getische Tätigkeit. Mit einem wahren Feuereifer und mit einer immensen
Belesenheit in der antiken Literatur, wobei ihm die Bücherschätze der Bibliothek
von Caesai*ea eine starke Stütze boten, versuchte er, sich der hellenischen Bildimg
zu bemächtigen. Aus dieser von den Alexandrinern Clemens und Origenes er-
erbten Tendenz erwuchs seine mächtige Apologie des Christentums gegenüber dem
—
Heidentum, die um 315 320 entstandene Praeparatio evangelica {Evayyehy.}]
124 § 15. Die Griechen des vierten Jahrhunderts. Eusebius.
als eine Art Bekapitulation der beiden großen Apologien die für weitere Kreise
bestimmte Schrift über die Theophanie {Uegi r?;? deoq?avias) in 5 Büchern, die
aber, von wenigen griechischen Bruchstücken abgesehen, nur in einer syrischen
Übersetzung auf uns gekommen ist. Wie einstens Origenes gegen Celsus zur Feder
griff, so wandte sich auch Eusebius gegen einen bedeutenden philosophischen
Gegner, gegen Porphyrius, in einem 25 Bücher umfassenden Werke, das aber bis
auf wenige Reste verloren ging. Eine kleine noch erhaltene, zwischen 311 und
313 verfaßte Schrift ist gegen Hierokles, den Statthalter von Bithynien, ge-
richtet, der Apollonius von Tyana als Wundertäter mit Christus in Parallele
gestellt hatte.
aber noch nicht zur Wahrheit selbst Diese ist erst erreicht in den Lehren des
Christentums. Siestellen die Höhe der Philosophie dar und die Philo-
erst
sophie für alle. Im
Christentum sind nicht bloß die Männer Philosophen
geworden, sondern auch die Frauen, die Reichen wie die Armen, die Sklaven
mitsamt den Herrn (ebd. I, 4). Wie bei Justin, Clemens und später bei
Augustinus, erscheinen auch bei Eusebius Offenbarung und Philosophie als
identisch.
Wie erklären sich nun Übereinstimmungen zwischen Plato-
die auffallenden
nismus und Christentum? Eusebius Antwort wie Clemens,
gibt die gleiche
Origenes, Tertullian u. a. Er denkt an eine Entlehnung, an direkte Ab-
hängigkeit des jüngeren Hellenismus von dem älteren Hebräismus. „Gerade das
126 § 15. Die Griechen d. viert. Jahrhunderts. Methodius. Die Kappadozier.
yeyrjTwv, worin er die Lehre von der Ewigkeit der Welt bekämpft, und Uegl
dvaoiäoewg, für uns aus der slawischen Übersetzung wesentlich ergänzt, worin
er die spiritualistische Auferstehungslehre besonders angreift. Von dier g^en
den Neuplatoniker Porphyrius nur Fragmente er-
gerichteten Schrift sind
halten geblieben. In der im Griechischen zum größten Teü, in slawischer
Übersetzung vollständig erhaltenen Schrift IJegl tov avze^ovaiov (über den freien
WDlen) polemisiert er gegen den Dualismus und Determinismus der Gnostiker.
Vollständig ist uns erhalten das sehr wenig Philosophisches bietende Zvfjjtöoiov
tätv dexa jzag&ivcov t} jisqI ayvsiag. Slawisch ist uns überliefert: Über das Leben
und die vernünftigeHandlung.
Die Darstellung des Methodius, nach dem Vorbild Piatons meist in der
Form des Dialogs, ist reich an spielenden Analogien. So viel er auch sonst
platonisiert, so greift er doch die Lehre von der Präexistenz der Seele, von ihrem
Fall und Herabsteigen in den Leib als ihren Kerker heftig an. Der Mensch ist
nach ihm ein geistleibliches Wesen und als solches, das zugleich ein schönes und
das vollendetste Geschöpf ist. durch Gottes Hände gebildet. Demnach kann mit
dem Leibe nicht ursprünglich Sünde verbimden sein. An dem Fleische als solchem
haftet nichts Böses, sondern dies ist aus dem freien Willen des Menschen
hervorgegangen. Das Böse ist überhaupt wesenlos. Der Leib als Avesentlicher
Bestandteil des Menschen ist auch unvergänglich, und durch den Tod wird die
Seele nur zeitweilig vom Leibe getrennt. Übrigens istGottallein körperlos, die
Seele ist körperlich, ein ocöf^a vosgov. Es erinnert dies an den Materialismus
der Stoiker, mit deren Lehren auch die ethischen Sätze des Methodius, so die über
Güter imd Übel, Ähnlichkeit haben, wenn sich auch Neuplatonisches hier ein-
mischt, er ein asketisches Leben anempfiehlt, z. B. die Vorzüge der Virgini-
und
tät preist. Ein konsequenter oder selbständiger Denker war Methodius nicht.
Den Origenes scheint er öfter geradezu nicht verstanden zu haben.
In der späteren Zeit ragen hen'or „die drei Lichter der Kirche von Kappa-
dozien": Basilius der Große von Cäsarea, sein Freund Gregor von Nazianz
und des Basilius Bruder Gregor, Bischof von Nyssa. Diese alle zollten dem
Origenes einehohe Verehrung. Basilius und Gregor von Nazianz veran-
stalteten eine Anthologie aus seinen Schriften \mter dem Titel cpdoy.aUa (s. ob.
S. 97). Als Freunde des Origenes waren sie auch Parteigänger des Piatonismus,
wenngleich auch die kynisch-stoische Diatriben-Literatur auf sie nicht ohne merk-
lichen Einfluß blieb. Gregor von Nazianz stand sogar eine Zeitlang mit dem
Kyniker Maximus in freundschaftlichen Beziehungen. Ihre platonischen Kennt-
nisse schöpften sie teils aus Philo, Clemens, Origenes, Plutarch, weniger
wie es scheint aus P lotin und Porphyr, teils direkt aus den phitonischen
Dialogen, so aus dem I'haedrus, dem Phaedon, dem Symposion, aus der Repubhk,
aus dem Timaeus, aus dem Kratylus (nach Gronau s. d. Lit.). An hierarchischem
Talent ist Basilius, auf dem Gebiete der kirchlichen Theologie und Beredsam-
keit Gregor von Nazianz unter ihnen der ausgezeichnetste, für die plxilo-
§ 15. Die Griechen des vierten Jahrhunderts. Basilius. 127
Rophische Begründung des Dogmas aoer hat Gregor von Nyssa die gi-ößte
Bedeutung.
Basilius, geb. um 330 zu Cäsarea in Kappadozien, empfing die Grundlagen
seiner Bildung zu Cäsarea, dann zu Konstantinopel bei Libanius und zu Athen
bei Himerius, wo er in Gregor von Nazianz einen idealen, gleichgesinnten
Freund fand. 370 bestieg er den Bischofsstuhl seiner Vaterstadt, starb aber
schon 379. In erster Linie ein Mann der Praxis und ein hierarchisches Talent, hat
er doch auch in den trinitarischen Kämpfen seiner Zeit eine scharfe Feder zu
führen verstanden in den drei Büchern Adversus Eunomium (AvaxQSTiTty.o; mv
ä:tokoyqiixov rov dvaoeßovg Eivoj-iiov) und in der Schrift De Spiritu sancto.
Hohes Interesse verdienen seine Homilien, insbesondere die Homiliae novem
in Hexaemeron.
In Betrachtimgen und Kommentare zum Hexaemeron der Genesis
pflegten die theologischen Schriftsteller —
und diese Sitte blieb herrschend auch das
Mittelalter hindurch —
naturwissenschaftlichen, kosmologischea
ihre
und anthropologischen Anschauungen einzukleiden. Der erste Kommentar zum
Hexaemeron findet sich bei Theophilus von Antiochien in dem zweiten Buch
seiner Schrift A d A utoly cu m. Weitere Erklärungen zu demselben Gegenstand, von
denen aber nur Bruchstücke erhalten sind, schrieben Hippolyt und Or igen es. Um
so erfreulicher Basilius Homilien zum Hexaemeron einen Avichtigen
ist es, in
Zeugen patristischer Naturbetrachtung und Naturphilosophie zu besitzen. Beseelt
von einer starken Natarfreudigkeit imd einem lebhaften Interesse an den Natur-
dingen hat er eine Fülle teils aus fremden Quellen, teils aus eigener Beobachtmig
geflossener naturkundlicher Kenntnisse in seinen Homilien verarbeitet. Daß auch
die im ganzen Altertum von Theophrast bis zu Plinius, Oppian und Aelian
so beliebten Naturwunder und Natur- und TierfabeLn bei dem Kappadozier Auf-
nahme fanden, wird bei dem Fehlen des Begriffs strenger und imverbrüchücher
Naturgesetzlichkeit bei Basilius, wie überhaupt in weiten Kreisen der antiken
Welt, niemand verwunderlich finden. Unter den von Basilius benützten
Autoren steht außer Oppian und Aeliaji Aristoteles an erster Stelle. Nach
den Untersuchungen von PI aß (De Basilii et Ambrosii excerptis ad historiam
animalium pertinentibus, Marpurgi 1905) ist Basilius bei der Beschreibung der
Tiere fast ganz von dem Stagiriten abhängig, dessen Bücher über die Tierge-
schichte, über die Teile der Tiere, über die Entstehung der Tiere er gelesen und
z. T. fast wörtlich exzerpiert hat (PI aß a. a. O. 21 ff.). Dagegen findet sich das
Hauptbuch einer phantastischen imd fabulosen, moralisierenden Zwecken dienenden
Tierbeschreibung, der in Alexandrien entstandene, im christlichen Altertum und
im Mittelalter außerordenthch verbreitete, sogenannte Physiologus in dem
Hexaemeron des Basilius nicht benützt. Plaß (a. a. O. 10—12) zieht daraus
den keineswegs sicheren Schluß, daß jenes Buch in seiner vorliegenden Gre-
stalt damals noch nicht existiert habe. Er verlegt seine Entstehung, abweichend
von Lauchert (Geschichte des Physiologus, Straßburg 1889), der es vor 140
entstanden sein läßt, im Anschluß an Kraus (Geschichte der christl. Kunst, I,
Freiburg i. B. 1896, 100 ff.) an das Ende des vierten Jahrhunderts.
Basilius Homilien wurden von den Zeitgenossen umd den Späteren außer-
ordentlich hochgeschätzt. Der Verfasser eines Hexaemeronkommentars, Eusta-
thius, der aber nicht mit dem 361 gestorbenen Antiochenischen Bischof gleichen
Namens identifiziert werden darf, hat sie, wie auch den vorhin erwähnten Phy-
siologus, ausgeschrieben (siehe Plaß a. a. O. 13 —20), Ambrosius übersetzte
sie ins Lateinische und durch engsten Anschluß an sie in seinem eigenen Hexae-
128 § l-^- ^'^ Griechen des vierten Jahrhunderts. Gregor von Nazianz.
geben. Misch hält es nicht für unwahrscheinlich, daß Fäden von seiner auto-
biographischen Schriftstellerei zu Augustin s
Bekenntnissen hinüberführen.
Gregors Philosophie, die in den Reden, Gedichten und Briefen ihren
Niederschlag gefunden hat, bewegt sich in den Bahnen des Piatonismus (Gott-
wald, s. Daneben sind aber für das ethische Gebiet die Einwirkungen des
d. L.).
Kynismus wie Asraus, Sinko und zuletzt J. Geffcken
nicht zu übersehen,
(Kynika, s. d. Lit.) gezeigt haben. Der letztere nennt eine Reihe von moralischen
Gedichten direkt Diatriben und glaubt in dem Gedicht 25 eine ältere Diatribe
nachweisen zu können, „die vielleicht nahe Berührung mit Bions Schrift von)
Zorn hatte" (a. a. O. S. 28). Von Prantl (Gesch. d. Log. I, Leipzig i8.ö5, 657)
wird Gregor unter Berufung auf Ph. Labbaeus (Nova Biblioth., Paris 1653,
113) eine aristotelischen Organon zugeschrieben.
Synopsis des Allein ob hier
wirklich eine Abhandlung des Nuzianzeners vorliegt, erscheint sehr zweifelhaft.
Bei H. Omont (Inventaire Sommaire des manuscrits grecs de la bibl. Nationale,
2e partie, Paris 1888, Ckxl. N. 2082) führt die Abhandlung den Titel: Aristotelis
organi Synopsis, ex ore S. Gregorü Nazianzeni.
Der philosophisch hervorragendste und gelehrteste Geist unter
den Kappadoziern, dessen Gedankenwelt der Spekulation des Origenes am
nächsten steht, und der neben der I'flege dt'rnüchteinen logischen Systematisierung
arbeit auch die Wege der Mystik wandelte, war des Basdius Bruder Gregor.
Schwester Makrina nach dem Tode des Basilius, em Nachbild des platonischen
Phädon, Aöyoi dvxiSQrßixoi xaxa Evyo/ii'of, Aarä Etiiao/th-rjs, gegen die heidnische
Weltanschauung vom Fatum, 'A.^o/.oyr/Ttxo; jrrn't tTjs EiaTjufoov, Tletn y.ataoxrvfj^
'
Mit dem Auftreten des Christentums war das alte, schon in der vorchristlichen
Zeit zu Konflikten führende Problem des Verhältnisses von Religion und
Wissenschaft in ein neues und akutes Stadium getreten. Wie verhält sich der
Offenbarungsglaube {niani) zum Wissen {yywaii), zur Philosophie, zur Vernunft"
Welches sind ihre Quellen, ihre Grenzen, ihre Gewißheitsgrade, ihre beiderseitigen
Beziehungen? Stehen sie gegensätzlich zueinander, in einem unausgleichbaren
Widerspruch oder nicht? Wenn nicht, wie ist das beiderseitige Verhältnis zu
bestimmen? Vermag Wissen und Vernunft dem Glauben Dienste zu leisten, in-
wieweit und in welcher Weise? Verm.ig die möti; zur yvcöaci fortzuschreiten,
zum Wissen zu werden, in welchem Sinn urid bis zu welchem Grade? Wem ge-
bührt die Superiorität, und wem ist das letzte und oberste Wahrheitskritoriam zu
entnehmen? Dieser Fragenkomplex geht durch die ga nze Geschichte
des christlichen Glaubens und Denkens.
Von den ersten Anfängen an wurde von Seite der Christen Glaube und Wissen
geschieden nach Ursprung, Inhalt und Gewißheitsgrad, so sehr, daß sie
Ueberwe«!. Grundriß H. 9
130 § 15. Die Griechen des vierten Jahrhunderts. Gregor von Nyssa.
lichen Logos erblickten, oder daß sie an eine Entlehnung aus Moses und den
Propheten dachten. Alle sahen femer in dem Glauben die höhere, unfehlbare
Macht, die eigentliche und wahre Philosophie, der sich das Wissen, die ratio,
unterzuordnen hat, und welcher der Maßstab zu entnehmen ist, an welchem da»
Wissen und seine Ergebnisse gemessen werden müssen.
Nicht die gleiche Einigkeit zeigte sich in der Frage nach dem
Werte des Wissens für den Glauben. Während leidenechaftliche
Naturen, wie Tatian, Tertullian, dem profanen 'Wissen jede Bedeutung
für den Glauben absprachen, zwischen beiden einen unheilbaren Wider-
spruch konstruieren wollten, erkannten schärfer blickende Geister den hohen
Wert der Wissenschaft unumwunden an. Sie schreiben ihr eine vorbereitende,
propädeutische, pädagogische Bedeutung zu. Sie sehen femer in ihr das Vorbild
und formale Mittel, die Bestandteile des Glaubensinhalts zu gmppieren, unterein-
ander nach der logischen Form von Grund und Folge zu verknüpfen, kurz zu
systematisieren. Im Zusammenhang damit suchen sie endlich das in den Glau-
bensquellen Gegebene
avif jede mögliche Weise der Vernunft nahezubringen, in
^oif/g. De vita Moysis, Migne 44, 336 D) zu dem höheren Leben der Tugend,
und der Glaubenslehre möge die Weisheit der Griechen als Gattin beigesellt wer-
den (ebend.). Die Wissenschaft bietet dem Glauben gewisse natürliche Vorkennt-
nisse, die praeambula fidei, wie man im Mittelalter sagte, vor allem die Über-
§ 15. Die Griechen des vierten Jahrhunderts. Gregor von Nyssa. 131
Zeugung von der Existenz Gottes (Gr. catech. Praef. Migne 45, 12 A). Si«'
hat aber noch andere tiefer greifende Funktionen. Die Dialektik gibt die Me-
thoden, um den Glaubensinhalt zu systematisieren, wie Gregor auch tatsächlich
in seinem Aöyog xatrjxtitixög ein System der Theologie schuf, das als die be-
deutendste systematische Leistung nach Origenes Ilfgi aoxüyv erscheint. Zugleich
bietet das Mittel, die Glaubenssätze zu begründen, zur yvCtoi'; fortzu-
die ratio
schreiten, wenn
dies auch vielfach nur mit der größten Vorsicht und in Form
von Hypothesen geschehen kann (De hom. opif. c. 16, Migne 44, 185 A). Nie-
mand vor Gregor hat die rationale Begründung des Glaubens in so umfassender
Weise durchzuführen gesucht. Neben den Antoritätsbeweis stellt er fast immer
den Vernunftbeweis {Ix xtov xoivmv ivvoiojv, ix tij? twv eixözoiv koyiofiwi' äxokov-
&iac). In seinem Aoyog y.aztjxfjTixög und in einigen anderen Schriften, wie ITegi
y^'Z^)? j<ae dvaazüasojg, operiert er fast ausschließlich mit Vernunftgründen und
nach der rationalen Methode, wie im 12. Jahrhundert Anselm von Canter-
bury. Selbst der Zweifel wird von ihm in seinem Gespräch mit seiner
Schwester Makrina „über die Seele und die Auferstehung" als methodisches
Hilfsmittel eingeführt und höchst geistvoll gehandhabt (Migne, 46, 20 A B).
den jüdischen Monotheismus, der das Wort nicht als ein lebendiges und wirk-
sames und schaffendes gelten läßt, wie die des hellenischen Polytheismus, da wir
die Gleichheit der Natur des Wortes und des Vaters des Wortes anerkennen.
Denn mag jemand die Güte oder die Macht oder die Weisheit oder die Ewigkeit
oder die Freiheit vom Bösen, vom Tod und Untergang, oder die allseitige Voll-
kommenheit als Merkmal des Vaters aufstellen, so wird er mit den gleichen Merk-
malen auch den Logos ausgestattet finden, der aus dem Vater seinen Bestand
hat {Ä6y. xazrjx- prolog. und cap. 1).
In gleicher Weise sucht Gregor, ausgebend von dem Atem in uns, der frei-
lich nur der Zug der Luft, eines uns fremdartigen G^enstandes sei, die Gemein-
schaft des göttlichen Geistes mit Gottes Wesen und die Selbständigkeit seiner
Existenzdarzutun (ebend. cap. 2) und meint dann in dieser Lehre die richtige
Mitte zwischen Judentum und Heidentum zu finden. Aus der jüdischen
Annahme werde die Einheit der Natur (»J xi}? qivaecog erozr/g), aus dem Hellenis-
mus aber die Sonderung nach Hypostasen (^ xatä rä? v:iooidaeig diäxQioig) ge-
wahrt (ebend. cap. 3). (Daß freilich die gleiche Argumentation, die zuletzt doch
nur auf dem Doppelsinn von vnöaxaais: a) wirkliches Bestehen, b) individuell selb-
ständiges, nicht attributives Bestehen, beruht, auf jede der göttlichen Eigenschaften
bezogen und somit der volle Polytheismus wiederhergestellt werden könnte, läßt
Gregor unbemerkt.)
Eine Reihe von Schwierigkeiten, in welche diese Betrachtungsweise hinein-
führt, erörtert Gregor vom Standpunkt der platonischen Ideenlehre
aus in einigen Abhandlungen: „Über die heilige Dreieinigkeit", „Über den Tri-
theismus", „An die Hellenen aus den allgemeinen Vernunftbestimmungen" (ex
xiöv xoivöiv ivvoicöv).In der letztgenannten Schrift (Migne, 45, 175 — 186) sagt
er: Wenn der Name
Gott die Person bedeutete, so würden wir, indem wir von
drei Personen sprechen, notwendig auch von drei Göttern sprechen. Wenn aber
der Name Grott das Wesen bezeichnet, so nehmen wir nur einen Gott aft, indem
wir bekennen, daß das Wesen der heiligen Trias nur eines sei. In der Tat aber
geht der Name Gott auf das Wesen. Ginge derselbe auf die Person, so würde
nur eine der drei Personen Gott genannt werden, sowie nur eine Vater genannt
wird. Wollte man aber sagen: Wir nennen doch Petrus und Paulus und Bama-
bas drei Menschen und nicht einen Menschen, wie es sein müßte, wenn Mensch
das allgemeine Wesen und nicht vielmehr das individuelle Dasein (ztjv fisQix^v
oder, was Gregor den genaueren Ausdruck bezeichnet, löixijv ovaiav) bedeutete
als
(a. a. O. p. 177 C
so daß nach dieser Analogie, gleich wie das Wort
D),
Mensch, auch das Wort Gott auf die Einzelpersönlichkeit bezogen werden
sollte und so allerdings von drei Göttern geredet werden müßte, so gesteht
Gregor zwar die Analogie zu, wendet sie aber im entgegen-
gesetzten Sinne an, indem er behauptet, das Wort Mensch werde, wie
alle ähnlichen, nur mißbräuchlich auf die Individuen bezogen, und zwar in-
folge des zufälligen Umstandes, daß sich nicht immer das gleiche Wesen in
derartigen Individuen wahrnehmen lasse. Dies ist freilich eine mißliche Aus-
kunft, da der Plural gerade nur die Vielheit von Individuen gleichen Wesens
bezeichnen kann, indem an die Gleichheit des Wesens und die Identität des Begriffs
die Möglichkeit der Zählung gebunden ist. Wenn Gregor sagt a. a. O. p. 180 D
iaxi 8k IIsxQog xal JlavXog xai Bagvdßac xaxa x6 är&o(07cog eJ? äv&QCono? xal xaxä
x6 avzo zovro, xaxä x6 av&Qcojxog noXXol ov Svvavzat slvai, Xs}'oviai de TiolXol av9o<o-
7101 xaxaxQTjoxixcög xal ov xvglcog, 80 ist die Verwechslung des abstrakten Begriffs,
welcher freilich nicht den Plural zuläßt, und des konkreten Begriffs, der denselben
§ 15. Die Griechen des vierten Jahrhunderts. Gregor von Nyssa. ]33
fordert, unverkennbar. Mitunter setzt denn auch Gregor geradezu das Abstraktum
ein, indem er (a. a. O. p. 181 A) von der heiligen Schrift sagt: (piddzzovaa xavxözrjxa
^eoTtfto? iv Idiöjfjxi vjiooxdaecov. Wohl nicht ohne ein Gefühl der Mängel seiner
Argumentationen gesteht Gregor, der Mensch könne durch scharfe Betrachtung
der Tiefen des Geheimnisses nar eine mäßige Einsicht gemäß der unaussprech-
lichen Natur desselben (xaxä xd ojiöqqtjxov fiexgiav xiva xaxavdrjatv} erlangen {A6y.
Kattjx. cap. 3 init.).
Gott hat die Welt durch seine Vernunft und Weisheit erschaffen, denn er
kann dabei nicht unvernünftig verfahren sein. Seine Vernunft und Weisheit aber
ist nach dem Obigen nicht wie ein gesprochenes Wort oder wie der Besitz eines
Wissens zu denken, sondern als eine substantiell existierende, persönliche und
willenskräftige Macht. Durch diese zweite göttliche Hypostase ist, wenn die ganze
Welt, dann gewiß auch der Mensch erschaffen worden, aber nicht nach irgendeiner
Notwendigkeit, sondern aus überschwenglicher Liebe {dydjrrjg ixegiovom),
damit es ein Wesen gebe, das der göttlichen Güter teilhaftig werde. Sollte der
Mensch für diese Güter empfänglich sein, so mußte ein gottverwandtes Element
seinerNatur beigemischt werden, wozu namentlich auch das Teilhaben an der
göttlichen Ewigkeit, also die Unsterblichkeit, gehört. So ist denn auch der
Mensch nach dem Bilde Gottes und zum Besitz aller jener Güter erschaffen
worden. Er durfte demgemäß nicht die Gnadengabe der Freiheit, der Unab-
hängigkeit und der Selbstbestimmung entbehren. Der Anteil an den Gütern
mußte ein Kampfpreis der Tugend sein. Durch die Freiheit konnte er sich zum
Bösen entschließen, das nicht in dem göttlichen Willen seinen Ursprung haben
kann, weil er dann keinem Tadel unterliegen würde, sondern nur in unserm
Innern entspringt als Abweichung von dem Guten, gleich wie die
Finsternis Privation {axeQTjoig) des Lichtes oder die Blindheit Privation der
Sehkraft ist. Der Gegensatz zwischen Tugend und Schlechtigkeit darf nicht so
gefaßt werden, als ob sie zwei selbständige Existenzen wären. Wie dem
Seienden das Nichtseiende entgegengesetzt wird nicht als eine zweite
Existenz, sondern als gegenüber der Existenz, auf dieselbe Weise
Nichtexistenz
steht auch die Schlechtigkeit der Tugend gegenüber, nicht als etwas an und
für sich Seiendes, sondern als Abwesenheit des Bessern.
Da alles Geschaffene der Veränderung unterworfen ist, so konnte es geschehen,
daß zunächst einer der geschaffenen Geister, nämlich der, welcher mit
der Aufsicht über die Erde betraut war, vom Guten sein Auge ab wandte und
neidisch ward. Seine durch Neid entstandene Hinneigung zur Schlechtigkeit
bahnte dann in natürUcher Folge allem andern Bösen den Weg. Er verführte
die ersten Menschen zu der Torheit der Abkehr vom Guten, indem er die von
Gott gesetzte Harmonie ihrer Sinnüchkeit mit ihi-er Geistigkeit störte und ihrem
Willen hinterlistig die Bosheit zumischte (Ady. xax. c. 5 u. 6). Gott wußte, was
geschehen werde, und hinderte es nicht, um nicht die Freiheit aufzuheben. Er
hat aber auch nicht um jener Voraussicht willen den Menschen ungeschaffen
gelassen; denn besser als das Nichtschaffen war die Zurückfühning der Sünder
auf dem Wege tler durch sinnliches Leid angeregten Reue zur ursprünglichen
Gnade.
Die Aufrichtung des Gefallenen geziemte dem Geber des Lebens, dem
Gotte, der Gottes Weisheit und Kraft ist. Er ist zu eben diesem Zwecke
Mensch geworden (a. a. O. c. 7). Die Menschwerdimg war seiner nicht
unwürdig; denn nur das ßö.se schändet (a. a. O. c. 9). Der Einwurf, das End-
liche könne nicht das Unendliche umfassen, also die menschliche Natur nicht
134 § 15. Die Griechen des vierten Jahrhunderts. Gregor von Nyssa,
zum Wesen der Seele, sondern sind nur Zustände derselben {jTuOt] ri/g (pomcüg xai
ovx ovaia). Sie sind uns und wir können und sollen
nicht ursprünglich eigen,
uns wiederum derselben entäußern (ebd. 49 B ff.; 53 D f.), und solange sie uns
als etwas, das uns mit den Tieren gemeinsam ist, anhaften, uns ihrer zum Guten
bedienen (ebd. 57 C ff.). Der Hades, in den die Seele nach ihrer Abtrennung vom
Sinnlichen geht, ist nicht ein bestimmter Ort, sondern das Unsichtbare (rö dqpavig
IE xai deiöeg, ebd. 68 B; Plat. Phädon
p. 80 D).
vgl. Die biblischen Ausdrücke,
Gregor nicht im eigentlichen Sinne nehmen
die auf das Unterirdische gehen, will
und auf den Ort beziehen, sondern allegorisch verstehen, ohne übrigens die
Anhänger der entgegengesetzten Auffassung bekämpfen zu wollen, da in der
Hauptsache, der Anerkennung des Fortbestehens Übereinstimmung stattfinde
,
(ebd. 69 B).
Gott verhängt über die Sünder in der^ Ewigkeit heftige und langdauernde
Schmerzen, nicht aus Haß, auch nicht um der Strafe selbst willen, sondern zur
Besserung, die nicht ohne schmerzhaftes Ausziehen des Unreinen aus der Seele
erfolgen kann (ebd. 97 C D). Die Größe der Schlechtigkeit in einem jeden ist
notwendigerweise auch das Maß der Schmerzen (ebd. 1(X) C). Wenn die Reinigung
ganz vollzogen ist, so tritt das Bessere wieder hervor, Unvergänglichkeit, Leben.
Ehre, Gnade. Euhm, Kraft, überhaupt alles, was der menschlichen Natur als dem
Ebenbilde Gottes zukommt (ebd. 160 C). In diesem Sinne ist die dväoiaatg Wieder-
eintritt in den ursprünglichen Zustand, wie Gregor sie öfters definiert
{dyüoraoi; iorcv -q eig lo aQ^eJor t/)c (pvaeoig tj/itwy d:ioy.axdoxaaig, ebd. 148 A U. Ö.),
Gott dann alles in allem.
ist
der gemütstiefe Augustinus verfolgten. Die christliche Mystik, die Erbin der
jüdischen^ zog ihre Nahrung aus dem Alten und Neuen Testament,
kräftigste
aus der Genesis, aus den Psalmen, dem Hohen Lied, aus den Sapientialbüchern
und vor allem aus dem paulinischeu und johanneischen Schriftenkreis (J. Stof-
fels, a. a. O., 35-44». Dazu kamen aber als fremde Einflüsse die philonische
und neuplatonische Mystik. Aus allen diesen Quellen, aus der Schrift und aus
dem Ideenkreise Philos und Plotins, entsprangen auch Gregors mystische
Lehren.
Sie gnippieren sich um eine Grundanschauung, um die nach Genesis 1, 27
entwickelte Lehre von der Gottesebenbildlichkeit der Seele (De hom. opif. c. 16,
Migne 44, 180 A ff.), wobei sowohl an die natürliche wie an die übernatürliche
Ausstattung des Menschen gedacht wird. Das Gottesbild wird für den Mystiker
das Mittel,um das übernatürliche Leben der Seele dem Verständnis näher zu
bringen. Die Sünde ist der Verlust des Gottesbildes, die Rechtfertigung und
Wiedergeburt die Herstellung desselben. Es erscheint ferner als der Seelen-
spiegel, in welchem das Urbild d. h. die Gottheit geschaut wird. ,,In seiner
eigenen Schönheit erblickt derjenige, welcher sein Herz von jedem Geschöpf
und jeder leidenschaftlichen Neigung gereinigt hat, das Bild der göttlichen
Natur" (De bealitudinibus, Migne 44, 1269 C, 1272 ff.). A
Aber noch ein anderer, direkter Weg führt zu Gott. Gregor schildert, wie»
Philo und abhängig von ihm, die einzelnen Stufen der mystischen Er-
hebung und des mystischen Erkennens bis zur unmittelbaren Gottschauung
auf der Höhe der Ekstase, die ihm als das Werk des heiligen Geistes er-
scheint. ,,Wer Erscheinungen hinter sich läßt^ nicht nur was der Sinn,
alle
sondern auch was die Vernunft zu erblicken scheint, strebt immer mehr zur
Innerlichkeit hin, bis er durch das Forschen der Vernunft in das Unsichtbare
und Unbegreifliche eintaucht und dort Gott sieht. Denn darin liegt das wahre
Wissen des Gesuchten, darin besteht das Sehen, daß man nicht .sieht {.h-
TOiixM z6 iSstr iv x<i> Lii] iSeTv), Aveil das Gesuchte über jedes Wissen hinausliegt,
allenthalben von der Unbegreiflichkeit, wie von einem gewissen Dunkel, umfangen"
(Migne 44, 377 A. Siehe Diekamp, Die Gotteslehre d. hl. Greg. v. N., Münster
1896, 93). Diekamp, der mit allem Nachdruck auf die Mystik des Nysseners
aufmerksam machte, wollte bei Gregor nur eine bildmäßig vermittelte Schauung
der Gottheit finden. Gegen ihn hat aber H. Koch (Das mystische Schauen beim
hl. Gregor v. Nyssa, Theol. Quartalschr. 1898, 397 ff.) gezeigt, daß der Kappa-
dozier bei der Ekstase eine unmittelbare, intuitive Gottschauung im Sinne Plotins
im Auge hatte.
So findet sich schou bei Gregor die christliche Mystik in voller Entfaltung
ungefähr ein Sakulum vor Pseudo-Dionysius, für den sicherlich der Ny ssener
als Quelle in Betracht kommt. Diekamp sieht den Zusammenhang beider ins-
besondere darin, „daß beide in der Lebensgeschichte des Moyses den Aufstieg der
Seele zur mystischen Einigung und zur Anschauung Gottes vorgebildet finden.
Was Dionysius im ersten Kapitel seiner ,, mystischen Theologie" mehr in den Um-
rissen zeichnet, Gregor in seinem „Leben Moyses" ausführlich und in der
stellt
12. Homüie zum Hohenliede in ähnlicher Kürze wie jener dar" (a. a. O. 91).
Dabei bleibt freilich, wie H. Koch (a. a. O. 398) bemerkt, die Mögüchkeit offen,
daß beide bei der Zeichnung des mystischen Weges aus Philo als gemeinsamer
Quelle geschöpft haben.
Ohne Zweifel überragt Augustin den Gregor an Genialität. Nichtsdesto-
weniger behauptet auch die origenistisch-gregorsche Lehrweise gegenüber der
138 § 15' I)ie Griechen d. vierten Jahrh. Makarius v. Magnesia, Apollinaris.
augustinischen von seilen des Gedankens und der Gesinnung ihre eigentümlichen,
dem lateinischen Kirchenvater unerreicht gebliebenen Vorzüge.
An Gregorius von Nyssa erinnert vielfach Makarius, Bischof von
Magnesia, dessen große Apologie (vollständiger Titel walirscheinlich: Maxagiov
M. Mov<y)'evTjc: t} oJtoxgittxog ^gog "EkXrjvag ;rfp< riöy anogovfievoiv iv zfj xaivfj 6ia-
5. 23) anlehnt, die aber der aristotelischen Trennung des voC? von der sensitiven
Seele sehr ähnlich sieht,und verteidigte das Christentum gegen Porphyrius und
den Kaiser Julian. Manche seiner Schriften wurden, um sie als rechtgläubig er-
scheinen zu lassen, unter fremdem Namen verbreitet, unter dem des Gregorius
Thaumaturgus, sogar unter dem des Athanasius und vielleicht Justins. So
werden ihm, freilich mit Unrecht, wie Funk zeigte (Theol. Quartalschr. 1896,
—
116 147, 224—250), von J. Dräseke namentlich zugeschrieben die pseudo-
justinischen Schriften 'Ex&saig jcsgl Ttjg og^odö^ov niarecog rj negi zgiddog und
Aöyog :Tagaiv£Tix6g ngog "EXkrjvag, einige kurze Stücke, für deren Verfasser man
auch JuüuB von Kom oder Athanasius gehalten hatte. Siehe oben S. 58.
Einem Anhänger des Apollinaris, dem Vitalis aus Laodicea, gehört nach
Dräseke (Ztschr. f. kirchl. Wissensch. 9, 8. 186-201) ein Schriftchen Ilegi moTEcoc
an. das unter dem Namen des Gregorius Thaumaturgus geht und lehrt,
daß der Logos nur Fleisch und Seele angenommen habe, und daß die Gottheit
an die Stelle des Geistes bei ihm trete.
In die Reihe der markanten Persönlichkeiten des vierten Jahrhunderts ge-
hört auch Makarius der Ägypter oder der Große, geboren um 300 in
Oberägypten, Mönch in der sketischen Wüste und gestorben kurz vor 390. In
stiller Weltabgeschiedenheit hätte nach der bisherigen Annahme der Asket, wie in
die Erlösung und durch die Wiedergeburt aus (iott wird „das himmlische Bild",
das .,Siegel des hl. Geistes" wiederhergestellt. Diese Wiederherstellung vollzieht
sich durch das Wirken Gottes auf die Seele und durch Mitwirkung des mensch-
lichen Willens, bis die Höhe der oTiädeia, die auf göttlicher Erleuchtung {ff^omo-
fiög) beruhende Schauung (opaotc). die Enthüllung ((bioxäkv^ng) der Welt und der
Geheimnisse Gottes und endlieh als höchste Stufe, die exaraoiz und die Gotteini-
140 § 15. Die Qriech. d. viert. Jahrh. Die antioch. Schule. Der Aristotelißmus.
gung, die Vergottung {iv<aai^, ^eicoatg), erreicht ist (J. Stoffels, a. a. O. S. 120 ff.).
All diese Prozesse werden in stoischen Vorstellungen entwickelt. Gott ver-
mindert sich, macht sich körperlich, gleicht sich den Seelen an, damit der Unsicht-
bare von den Seelen gesehen und der Unantastbare gemäß der feinen Natur der
Seele betastet werden kann. Gott vermischt sich mit den Seeleu und nimmt sie
in sich auf. Er wird mit ihnen zu eiuem nvevfxa nach Pauli Wort (1 Kor. 6, 17),
und die Seele wird mit Christi G^ist zu einem Geist und zu einer Mbchung
{eis ev jivsvfxa xai fiiav xgäaiv. Hom. 4, 9; 9, 12).
394, und die Schüler Diodors und des Libanios, Theodor, Bischof von
Mopsuestia, ein kritischer, rationalistisch angelegter Geist, der als Exeget
noch größeren Ruhm erntete als der Bischof von Tarsus, und Johannes
Chrysostomus, der große Prediger von Antiochien, seit 398 Bischof von
Konstantinopel, inVerbannung gestorben 407.
der Schüler dieser beiden
letzteren waren Xestorius, seit 428 Bischof von Konstantinopel, gest. nach
451, und Theodoret, Bischof von Cyrus, gest. um 458. Nestorius wurde
auf dem Konzil zu Ephesus 431 wegen seiner Lehre von zwei Personen in
Christus, die vor ihm schon Diodor von Tarsus und Theodor von Mopsuestia
vorgetragen hatte, verurteilt und nach Ägypten verbannt. Seine Selbstapologfe
unter dem Titel „Buch des Heraklides von Damaskus" ist in einer syrischen, um
540 enstandenen Übersetzung erhalten, die von J. F. Beihune-Baker 1908 zuerst
in englischer Übersetzung bekannt und 1910 durch P. Bedjan im syrischen Text
veröffentlicht wurde. Dieser neue Fund hat die Frage in Fluß gebracht, ob
Nestorius in dem Maße Häretiker war, als welcher er verurteilt Avurde. Jeden-
falls sind die Meinungen z. Z. noch nicht geklärt.
Das Charakteristische der antiochenischen Schule liegt darin, daß sie
Methode der Alexandriner wandte und an deren Stelle
sich gegen die allegorische
zu setzen suchte, überhaupt gegenüber
die historisch-philologische Schriftauslegung
der hochfliegenden Spekulation auf nüchternes Denken drang. Im engsten Zu-
samn'enhang damit stand die reservierte Haltung gegenüber dem Platonismus und
die Hinneigung zu einer mehr empirisch gerichteten, aristotelisierenden
Denkweise. Jahrhundertelang hatte der Platonismus und zum Teil auch
der Stoizismus die Sympathien der christlichen Denker zu erringen gewußt
und in der Konstruktion ihres Weltbildes eine maßgebende Rolle gespielt. Der
Aristotelismus war nicht unbekannt. Seit Justin hat die lange Reihe
der christlichen Schriftsteller von Aristoteles Notiz genommen, die meisten
haben ihn aber bekämpft w^en seiner Lehre von der Ewigkeit der Welt und
der Sterblichkeit der Seele als der Entelechie des Leibes, oder sie haben
in seiner Dialektik Gefahr für den Glauben erblickt (siehe die Beleg-
eine
stellen bei K. Werner, Der hl. Thomas von Aquin I, Regensburg 1889, 46). Einige
haben ihn positiv benützt, so Basilius, der die naturRissenschaftlichen Schriften
in seinen Homilien zum Hexaemeron verwertet (siehe oben S. 127; K. Müllen-
hotf, Hermes 2, 1867, 252 ff.), und Gregor von Nyssa, der den Abstraktions-
§ 15. Die Griechen des vierten Jahrh. Der Aristotelismus. Eunomins. I4I
begri^ff und das Gegensatzpaar dvva/m; und ivsgyeia kennt (Fr. Diekamp, Die
Gotteslehre des hl. Gregor von Nyssa, Münster 1896, 34) und den aristotelischen
Tugendbegriff erörtert (C. Gronau, De Basilio, Gregorio Nazianzeno Nyssenoque
Piatonis iroitatoribus, Gottingae 1908, p. 2). Nach Prantlg freilich sehr un-
sicheren Noti^ oben S. 129) hätte Gregor von Nazianz einen Auszug des
(s.
Organon geschrieben. Indessen sind dies lediglich mehr oder minder zufällige
Berührungen mit dem Aristotelismus, auf die Gestaltung des Denkens hat er
keinen Einfluß zu nehmen vermocht. Nur bei Nemesius läßt sich eine tiefer-
gehende Einwirkung, insbesondere der aristotelischen Psychologie und Ethik,
nicht verkennen (siehe unten § 17).
Größere Bedeutung hat nach Tertullian (siehe oben S. 83 f.), sowie nach
dem Berichte des Eusebius (Hist. eccl. V, 28) und des Theodore t (Graec.
affect. curatio; Migne, P. gr. 83, 939) Aristoteles und seine Logik für die
kritischen und rationalisierenden Tendenzen der Häretiker, der Theodotianer und
Arianer gehabt. Sie suchten die Glaubenslehren vor das Forum der Dialektik
zu zerren, in Vemunftsätze aufzulösen, mit Vemunftbegriffen und Vernunft-
methoden auszuschöpfen. So vor allen Eunomins, der in seinen Schriften
(AjioXo'/Tjrixög um 360 entstanden, bei Migne, P. gr. 30, 836 —868, ferner 'Ynkg
Tij; anoXoyia? ojro/.Gyia, um 378 gegen Basilius' 'AvaTgejirixoc geschrieben, aber bis
auf die Auszüge in der Gegenschrift Gregors von Nyssa verloren) als gewandter
Dialektiker mit den Mitteln der aristotelischen Logik gegen die Kirchenlehre den
Kampf Mit Bezug darauf sprach Gregor von Nyssa von der xaxore/via
führte.
des Aristoteles und sah in den Irrtümern des Eunomins ,,die Erfolge der
aristotelischen Technologie" (Diekamp, Die Gotteslehre d. hl. Gregor von Nyssa,
Münster 1896, 22). Außer der rein fonnal logischen Schulung scheint aber
Eunomius von Aristoteles nichts gelernt zu haben. Denn sein erkenntnis-
tbeoretischer Standpunkt ist nichts weniger als aristotelisch. Es kreuzen sich in
ihm empiristisch-nominalistische Tendenzen mit einem traditiona-
listisch begründeten Rationalismus, der die adäquate Erkenntnis des
göttlichen Wesens mit Hilfe des Begriffs der Agennesie {ayewtjxöv) behauptete.
Die Aussagen der menschlichen Vernunft (eTiivoia), so lehrte Eunomius, seien
leere Laute, bloßeNamen. Was yat' btlvoiav ausgesagt wird, hat lediglich in der
Aussprache Existenz und verschwindet naturgemäß alsbald mit dem Laute. Die
menschliche Vernunft ist lediglich ein Kombinationsapparat der sinnlichen Wahr-
nehmungen, vermag aber das Wesen der Dinge nicht zu erreichen.
Mit diesen ausgesprochen empiristischen und nominalistischen Sätzen ver-
band nun Eunomius Gedankengänge der heraklitisch-platonischen Sprach-
philosophie, wie sie im Kratylus im Mythus des vo/no^hrj? vorlagen, erweitert
durch stoische Einschläge. Die Namen drücken seiner Ansicht nach das Wesen
der Dinge aus und zwischen den Namen und den Dingen besteht ein naturge-
mäßer und unveränderlicher Zusammenhang. Diese Wesensnamen vermag aber
die menschliche Vernunft aus eigener Kraft den Dingen nicht beizulegen, da sie
ja keine Erkenntnis des Wesens der Dinge besitzt. Vielmehr hat Gott selbst bei
der Erschaffung jedem Ding den naturgemäßen Namen beigelegt und den Men-
schen die die Natur eines jeden Dinges adäquat bezeichnenden Namen und damit
das Wesen der Dinge geoffenbart. Dies geschah dadurch, daß er die Seelen mit
einem gewissen Samen dieser Benennungen ausstattete, aus welchem wie von
selbst die entsprechenden Namen als Frucht hervorgehen und uns über die
wesentliche Beschaffenheit und die wahre Bedeutung der Dinge belehren. Ein
solcher das Wesen enthüllender Name ist nun auch der des ayiwr)xov, durch
142 § 16- l^ie Lateiner des vierten Jahrhunderts.
der Existenz der Körperwelt aber ist ihm nur ein nicht abzuweisender
Glaube.
Die heidnische Religion und Philosophie bekämpfend, verteidigt
Augustin die spezifisch-christlichen Lehren und Institutionen und ver-
tritt insbesondere gegen die Neuplatoniker, die er unter allen alten
Philosophen am höchsten schätzt, die folgenden christlichen Sätze:
Nur in Christo ist das Heil. Außer dem dreieinigen Gotte ge-
bührt keinem anderen Wesen göttliche Verehrung. Derselbe hat alle
Dinge selbst geschaffen und nicht untergeordnete Wesen, Götter.
Dämonen oder Engel, mit der Schöpfung der Körperwelt beauftragt.
Die Seele wird mit ihrem Leibe wieder auferstehen und zur ewigen
Seligkeit Verdammnis gelangen, aber nicht immer wieder von
oder
neuem in das irdische Leben eingehen. Sie hat auch nicht vor ihrem
Leibe existiert und ist nicht in denselben als einen Kerker gekommen,
sondern mit demselben zugleich entstanden. Die Welt ist geworden
und vergänglich. Obgleich Gott transzendent ist, bleibt er doch in
innerem Zusammenhang mit den aus nichts geschaffenen Dingen.
So kommt es bei August in zu einer Innerweltlichkeit Gottes neben
seiner Außerweltlichkeit.
Gegen den Dualismus der Manichäer, die das Gute und das
Böse als gleich ursprünglich ansahen und einen Teil der göttlichen
Substanz in die Region des Bösen eingehen ließen, um dasselbe zu be-
kämpfen und zu besiegen, verteidigt Augustinus den Monismus des
guten Prinzips, des rein geistigen Gottes. Er erklärt das Böse für
eine bloße Negation oder Privation und sucht die Übel in der
Welt aus der Endlichkeit der weltlichen Dinge und der Stufenfolge
in denselben als notwendig und dem Schöpfungsgedanken nicht
widerstreitend zu erweisen. Auch hält er gegen den Manichäis-
mus (und gegen den Gnostizismus) an der katholischen
Lehre von der wesentlichen Harmonie des Alten und Neuen Testa-
mentes fest.
in. Ambrosius.
Die Werke des Ambrosius sind herausgegeben worden von Erasmus, Basel
1527, am besten von den Maurinern J. du Frische und Nie. 1 e. Nourry,
Paris 1686-1690 (zu Venedig nachgedruckt 1748-1751 und 1781-1782).
—
Migne, P. lat. 14 17, Paris 1845 und wiederum 1866 enthält ebenfalls nur
einen Abdruck der Mauriner Ausgabe. Eine neue Edition voranstaltete P. A.
Ballerini, Mailand 1S75— 1883, die aber die Mauriner an Genauigkeit nicht er-
reicht. Vgl. Ihm, Studia Ambrosiana, Jahrbb. f. klass. Philol., Suppleraentb. 17,
Leipzig 1890, 13. Von der neuesten Wiener Aus";abe im Corp. .-«cript. eccl.
lat. 32 sind erschienen Pars 1—2 von C. Schenk 1, Wien 1897 und Pars 4 von
dessen Sohn H. Schenkl, ebd. 1902 (exegetische Arbeiten enthaltend). Die —
Schrift De officiis ministrorum libri tres hat J. G. Krabinger, Tübingen 1857
§1(1. Die Lateüier des vierten Jahrhunderts. Ausgaben u. Übersetzungen. 145
»eparat ediert. —
Eine Neuausgabe der Hymnen findet sich bei Blume und
l)reve8, Analecta hymnlca medii aevi 50, Leipzig 1907.
Ins Deutsche übersetzt wurden ausgewählte Schriften des Ambrosius von
Fr. X. Schulte, 2 Bde., Kempten 1871-1877 (Bibl. d. Kirchenväter).
N
V. Augustiuu8.
A. Gesamtausgaben der Werke Augustins haben veranstaltet J. Amer-
bach, Basel 1506, wiederabgedruckt Paris 1515; Erasmus, Basel 1528—1529, öfter
wiederholt; die Lovanienses theologi, Antwerpen 1577, öfter wiederholt.
Dem Üratorianer H. Vignier verdanken wir ein wertvolles Supplernentum operuni
S. Augustini, 2 Bde., Paris 1854—1655. Die genannten Ausgaben wurden weit
übertroffen durch die Edition der Mauriner (Th. Blampiu, P. Coustant
u. a.). 11 Foliobände, Paris 1679-1700. Siehe R. C. Kukula, Die Mauriner-
Ausgabe des Augustinus, 1-2, Wien 1890; 3, 1, Wien 1893; 3, 2, Wien 1898
(Silzungsb. d. Kais. Akad. d. Wiss. zu Wien). O. Rottmanner, Biblio-
graphische Nachträge zu Kukulas Abhandlung, Wien 1891 (Sitzungsb. d. Kais.
Akad. d. Wiss. zu Wien). Nachgedruckt wurde die Mauriner-Ausgabe zuerst
—
Amsterdam 1700 1702 (nicht Antwerpen), sodann sehr häufig im Laufe des 18.
und 19. Jahrh., zuletzt von J. P. Migue, Paris 1845 und bei Migne, P. lat.
— —
32 47, Paris 1845 1849. Eine neue Gesamtausgabe erscheint seit 1887 in
dem Wiener Corpus script. eccles. lat., ist aber noch lauge nicht vollendet.
Eingehende Indices nat der Dominikaner D. Lenfant zu den Werken
Augustins geboten in seinen Concordantiae Augustinianae, 2 Bde., Paris 1656—1665.
Ins Deutsche übersetzt wurden Werke Augustins in der Bibliothek der
Kirchenväter: Ausgewählte Schriften d hl. Aurelius Augustinus, Kirchen-
lehrers, nach dem Urtext übersetzt, 8 Bde —
Kempten 1871 1879. Bd. 1: Con-
,
fessiones (Molzberger) Bd. 2-3: De civ. dei (Uni); Bd. 4: De doctrina chri-
;
VL Pelagrias.
yn. Cassianos.
Die Werke Cassians wurden zuerst gedruckt von AI. Gazäus (Qsa,et),
Douai 1616, dann öfters neuaufgelegt, so auch von Migne, P. lat. 49 50. Die —
beste Ausgabe stammt von M. Petschenig im Ctorpus Script, eccles. lat. 13, 17,
Wien 1886—1888.
Ins Deutsche übersetzt von A. Abt und K. Kohlhund finden sich die
Werke Cassians in d. Biblioth. d. Kirchenv., 2 Bde., Kempten 1879.
und 1782. Die letztere Ausgabe ist bei Migne, P. lat. 51 abgedruckt. Die
Mehrzahl der Schriften Prospers findet sich auch bei Migne, P. lat. 45
1793—1898.
—
(374 397) übte er großen Einfluß auf geistliche und weltliche Diuge, na mentlich
ordnete er den Kultus und förderte das Mönchtum. In seinen dogmatischen
Schriften De fide ad Gratianum Augustum (fünf Bücher, 378—380 ent-
standen) und De Spiritu Sancto ad Gratianum Augustum (drei Bücher,
um 381 geschrieben) führte er den Kampf g^en und Mazedonianer.
die Arianer
In der letzteren Schrift zeigt er sich nach den Untersuchungen von Seh er-
mann und Stolz (8. d. Lit.) von den griechischen Theologen, insbesondere von
Athanasius, Basilius und Didymus dem Blinden, abhängig. Daß die
Griechen seine Lehrmeister waren, bekunden weiterhin seine exegetischen
Werke. In der Erklärung der Schrift huldigte er der allegorischen Methode der
Alexandriner in der Weise Philons, dessen Werke er ausgiebig benützt hat.
Auch von Hippolyt, Origenes und Basilius ist seine Exegese beeinflußt
worden. An die Homilien des letzteren über die Schöpfungsgeschichte der
Genesis lehnt er sich aufs engste an in der historisch wichtigsten von seinen
ex^etischen Arbeiten, in den sechs Büchern über das Hexaemeron, wie
dies für die Behandlung der Tiere von PI aß (s. d. Lit.) im einzelneu gezeigt wurde.
Außer Basilius kommen für die Tierkunde als Quellen in Betracht die Historia
animalium von Aelian und die Historia naturalis von Plinius (Plaß a. a. O.).
In den Schemata und Dispositionen der antiken Beredsamkeit, eines Cicero,
Seneca, Menandros, bewegen sich des Ambrosius Trauer- und Trost-
reden auf seinen Bruder Satyrus (De excessu fratris sui Satyri), auf Valen-
tinian II. (De obitu Valentiniani consolatio) und auf Theodosius den Großen (De
obitu Theodosii oratio). — Seine Briefe, in denen insbesondere Philon, Fla-
vius Josephus, Origenes, Sallust, Cicero, Vergil Verwertung finden,
biden lateressantes geschichtliches Material.
Für Geschichte der Ethik ist von größter Bedeutung seine nach
die
De off iciis ministrorum. Ambrosius gibt hier eine
386 entstandene Schrift
christliche Sittenlehre nach dem Muster des ciceronianischen Werkes De
officiis, indem er zunächst die Einteilung von diesem nimmt, dann aber auch
im einzelnen sich meist an dasselbe anschließt, so daß wir hier eine stark stoisch
gefärbte, aber doch aus dem christlichen Geiste entstandene und von demselben
durchdrungene Ethik haben. Das Ziel der Sittlichkeit liegt nach Ambrosius in
dem jenseitigen, in dem ewigen Leben. Es ist die ewige Glückseligkeit
in Gott. Hierauf muß sich die Tugend beziehen, und alles, was sittlich gut ist,
ist daher auch nützlich: Ibi plenitudo praemii, ubi virtutum perfectio. Es ist
somit eine Verbindung des stoischen Ziels, der Glückseligkeit, die in der Tugend
besteht, mit dem ewigen Leben zustande gebracht. Die Pflichtenlehre des Am-
brosius verdient insofern Erwähnung, als sie eine der wenigen von der christlichen
Glaubenslehre abgesonderten Darstellungen der- christlichen Ethik ist, bevor der
heilige Thomas die Ethik des Aristoteles kommentierte und die christliche in
Verbindung mit dieser brachte. Das ambrosianische Werk wurde sehr hoch
gehalten und viel gelesen. Sein Einfluß auf die Gestaltimg der späteren Ethik
ist nicht zu unterschätzen.
Auf Entwicklung Augustins war von nicht unbedeutendem Einfluß, der
die
aber von Chr. Gore (s, d. Lit.) weit überschätzt wird, der aus Afrika stanuuende
Marius Victorinus, bekannt als Rhetor und Grammatiker des 4. Jahrhunderts,
der sich im ganzen an Plotin und die Neuplatoniker hielt und erst in
spätem Alter um 355 Christ wurde. Augustin bezeichnet ihn (Confess. VIII, 2)
als doctissimus senex et omnium liberalium doctrinarum peritissimus quique philo-
sophorum tam multa et legerat et dijudicaverat. Er übersetzte „Schriften der
§ 16. Die Lateiner des vierten Jahrhunderts. Augustinus. 149
Augustins Vater Patricius blieb bis kurz vor seinem Tode der alten Reli-
gion zugetan. Seine Mutter Monica war eine Christin und übte einen tief-
gehenden Einfluß auf den Sohn. Zu Thagaste, Madaura und Karthago gebildet,
trat Augustin zuerst in seiner Vaterstadt, dann in Karthago und Rom und von
384 bis 386 in Mailand als Lehrer der Beredsamkeit auf. Der Hortensius des
Cicero weckte in dem sinnlicher Lust ergebenen Jüngling Liebe zu philosophischer
Forschung. In die biblischen Schriften vermochte er damals von seiten der Form
und des Inhalts sich nicht zu finden. Auf die Frage nach dem Ursprung des Übels
schien ihm der manichäische Dualismus die befriedigendste Antwort zu
geben. Auch schien ihm derselbe, indem er das Alte Testament als dem Neuen
widersprechend verwarf, richtiger zu urteilen als die katholische Kirche, welche
die durchgängige Harmonie aller biblischen Schriften voraussetzte.
ihr (wie Prantl vennutet) «ne Überarbeitung der Paraphrase des Themistius
zu den Kategorien vor. Vgl. W. Crecelius, S. Aurelii Augustini de dialectica
über, G.-Pr., Elberfddae 1857 (für die Echtheit der Dialektik und Rhetorik und
ünechtheit der Gramm., nebet Emendatiouen des Textes der Dialektik). An die
Schrift über die Unsterblichkeit schließt sich die auf der Rückreise von Mailand
nach Afrika während des Aufenthaltes Rom verfaßte Schrift De quantitate
in
animae (über das Verhältnis der Seele zum Leibe) an. Dieser folgten die gegen
die manichäische Lösting der Frage nach dem Ursprung des Bösen gerichteten
drei Bücher De libero arbitrio (an denen er später in seinen Retraktationen
am meisten zu ändern hatte), deren zwei letzte er erst in Afrika 395 schrieb, vind
Rom b^onnenen Schriften De moribus
die ebenfalls in ecclesiae catholicae
und De moribus Manichaeorum.
In Thagaste, wohin er 388 zurückkehrte, vollendete er die Bücher über
die Musik und die vorhin genannten Arbeiten gegen die Manichäer, und
verfaßte die Schrift De genesi contra Manichaeos, die eine all^orische
Deutung der biblischen Schöpfungsgeschichte den Dialog de
ist, ferner
magistro und das Buch De vera religione, das er schon in Casaiciacxun
projektiert hatte. Dasselbe ist ein Versuch der Fortbildung des Glaubens zum
Wissen. G^en den Äf anichäismus ist auch die Schrift De utilitate cre-
dendi gerichtet, die Augustin als Presbyter in Hippo 391 verfaßte, wie auch die
Schrift De duabus animabus, worin von ihm die Lehre von der Vereinigung
einer guten und einer bösen Seele in dem Menschen bekämpft wird, femer die
Schrift g^en Manie Schüler Adimantus (Contra Adimantum Manichaei
discipulum), die das Verhältnis des Alten Testaments zum Neuen erörtert, und
die Disputation mit Fortunatus (Acta seu disputatio contra Fortunatura
Manichaeum). In die Zeit, da Augustin Presbyter war, fallen außerdem nament-
lich noch neben Auslegung biblischer Schriften, darunter auch einer wört-
lichen Auslegung des Anfangs der Genesis (De Genesi ad litteram liber
imperfectus), eine Rede über den Glauben und das Glaubenssymbol (De
fide et symbolo) und seine kasuistische Schrift über die Lüge (De mendacio).
Unter den von Augustin da er Bischof war, verfaßten Schriften sind
später,
die meisten teils gegen die teils gegen die Pelagianer gerichtete
Donatisten,
Streitschriften, jene für die Einheit der Kirche, di^e für das Dogma der Erbsünde
und der Prädestination des Menschen durch die freie Gnade Gottes. Von hervor-
ragender Bedeutung ist neben der dogmatischen Schrift De trinitate (398 416) —
und den exegetischen Werken De doctrina christiana (397 426) xind De —
—
Genesi ad litteram libri XII (401 415) die vom Gottesstaate (De civitate
Dei), AugustinsHauptwerk, begonnen 413, vollendet 426. Die Confessiones
hat Augustin um 400 geschrieben. Um 421 entstand die einzige systematische
Darstellung der christlichen Glaubenlehre, das Enchiridion ad Laurentium
sive de fide, spe et caritate liber unus. Die Retractationes sind eine
von AugUBtin wenige Jahre vor seinem Tode verfaßte Übersicht über seine eigenen
Schriften mit berichtigenden Bemerkungen, welche hauptsächlich frühere Äuße-
rungen, die für die Wissenschaften imd für die menschliche Willensfreiheit zu
günstig lauteten, im streng kirchlichen Sinne einzuschränken bestimmt sind.
Es findet sich bei Augustin eine große FüUe von Gedanken, die sich er-
klärt aus der Vielseitigkeit seiner wissenschaftlichen Beschäftigung und aus seinem
Lebensgange. Widersprüche, z. B. in der Ideenlehre, in der Erklärung des Bösen,
in der Lehre von der Schöpfung, in der Naturentwicklung und ihrer Beeinflussung
152 § 16. Die Lateiner des vierten Jahrhunderts. Augustinus.
durch göttliche Kausalität, sind nicht vermieden, so daß von ^einem abgerundeten
System bei ihm nicht die Eede sein kann. Sie finden aber ihre Erklärung in
den mannigfachen Entwicklungsstadien, die das augustinische Denken durchlaufen
hat vom manichäischen Sensualismus und Materialismus zum akade-
mischen Skeptizismus, von da zum neuplatonischen Rationalismus
und Spiritualismus und endlich zur christlichen Glaubenslehre und
Theologie. Oft gewinnt die Philosophie bei ihm einen tiefgehenden Einfluß.
Meist jedoch steht das religiöse Moment lebendiger Frömmigkeit über dem spekulativ
theologischen und philosophischen, wie es sich schön ausspricht in dem Worte:
fecisti nos ad te, et inquietum est cor nostrum, donec requiescat
in te (Conf. 1, 1). In seiner Schreibweise spricht sich die leidenschaftliche afri-
kanische Natur aus. Die antike Einfachheit ist bei ihm nicht mehr zu finden.
Aber „Augustin ist auch als Stilist die gewaltige, Vergangenheit und Nachwelt
überragende Persönlichkeit" (E. Norden, Die antike Kunstprosa II, 2. A., 621).
Die Erkenntnis, welche Augustin sucht, ist die Gottes- und Selbsr-
erkenntn is. Soliloq. 1,2, n. 7: Deum Nihilne plus? Xihil
et aniraara scire cupio.
omnino. Ib. II, 1, n. 1: Dens semper idem, noverim rae, noverim te. Von den Haupt-
zweigen der Philosophie erfüllt die Ethik oder die Lehre vom höchsten Gute
ihre Aufgabe nun dann recht, wenn sie dieses Gut in dem frui Deo findet. Die
Dialektik hat Wert als instrumentale Doktrin, als Wissenslehre, welche das
Lehren und Lernen lehrt (Deord. II, 13, n. 38; vgl. Deeiv. Dei VIII, 10: rationalem
partem sive logicam, in qua quaeritur, quonam modo veritas percipi possit). Die
Physik ist nur als Lehre von GrOtt, der obersten Ursache, von Wert, im übrigen
aber entbehrlich, sofern sie nichts zum Heile beiträgt (Confess. V, 4, n. 7: infelix enim
homo, qui seit illa omnia, te autem nescit; beatus autem qui te seit, etiamsi illa
nesciat; qui vero et te et illa novit, non propter te solum
illa beatior, sed propter
beatus est; X,
ib. 35, n. 55: hinc
ad perscrutanda naturae, quae praeter nos est, oi>erta
proceditur, quae scire nihil prodest), Ira Gegensatz zu dem (in der frühen Schrift
De ordine II, 18, n. 47) geäußerten Gedanken, daß die Wissenschaften der Weg
seien, um zur Erkenntnis der Ordnung in allen Dingen und demgemäß zur Weis-
heit Gottes zu führen, bemerkt Augustin in den Retraktationen (I, 3, n. 2), viele
MSnner seien heilig ohne Kenntnis der freien Wissenschaften, und viele, welche
diese inne haben, seien ohne Heiligkeit. Die Wissenschaft nützt nur, wenn
Liebe dabei ist, sonst bläht sie auf. Wir wollen streben, das, was wir mit festem
Glauben ergrtffen haben, auch durch die Vernunft zu erkennen (Ep. 120). Von
dem Streben nach unnützem Wissen muß die Demut uns heilen. Den guten
Engeln ist die Kenntnis aller körperlichen Dinge, mit der die Dämonen sich
blähen, etwas Niedriges gegenüber der heiligenden Liebe des unkörperlichen und
unveränderlichen Gottes. Sie erkennen sicherer das Zeitliche und Veränderliche
gerade darum, weil sie Ursachen in dem Worte Gottes anschauen,
dessen erste
durch welches die Welt gemacht ist (De civ. Dei IX, 22). Diese Ansichten
Augustins über den Wert oder Unwert der verschiedenen Doktrinen sind von
bestimmendem Einfluß auf die gesamte Geistesrichtung des christlichen Mittel-
alters gewesen.
Der Ansicht über die Philosophie entspricht Augustins Urteil über die
vorchristlichen Philosophen, welches hier hauptsächlich wegen seines Ein-
flusses auf die spätere Zeit ausführlich erwähnt werden mag. Ira achten Buche
der Civitas Dei (c. 2) gibt er eine Übersicht über die italische'' und „ionische"
,,
rechnet er Lehre des Thaies, des Anaximander, des Anasimenes und seiner
die
beiden Schüler, des Anaxagoras und des Diogenes, von denen jener Gott ab den
Bildner der Materie, dieser aber die Luft als den Träger der göttlichen Vernunft
gedacht habe. Ein Schüler des Anaxagoras war Archelans, und für dessen Schüler
gilt Sokrates, der (c. 3) zuerst die gesamte Philosophie auf die Ethik beschränkt
hat, sei es wegen der Dunkelheit der Physik, oder, wie einige wohlwollender über
ihn geurteilt haben, weil erst der ethisch gereinigte Gteist sich an die Erforschung
des ewigen Lichtes wagen dürfe, in welchem die Ursachen aller geschaffenen
Wesen unveränderlich leben. Unter den Schülern des Sokrates erwähnt August in
nur kurz den Aristippus und den Antisthenes und redet dann ausführlicher (c. 4 ff.)
von Piaton und den Neuplatonikem als den vorzüglichsten unter allen
alten Denkern (inter discipulos Socratis, non quidem immerito, ex-
cellentissima gloria damit, quae omnino caeteros obscuraret, Plato).
Piaton machte sich nach dem Tode des Sokrates mit der ägyptischen und pytha-
goreischen Weisheit bekannt. Er teilte die Philosophie in die moralis, naturalif«
und rationalis philosophia. Die letztere gehört vorwiegend mit der naturalis zu-
sammen zur theoretischen (contemplativa), die moralis aber bildet die praktische
Philosophie. Die sokratische Weise, die eigene Ansicht zu ver-
(activa)
hüllen, hat Piaton in seinen Schriften so sehr beibehalten, daß es
schwer ist, in den wichtigsten Dingen seine wirkliche Meinung zu
erkennen. Augustin will sich deshalb an die neueren Platoniker halten, ,.qui
Platonem ceteris philosophis gentium longe recteque praelatum acutius atque
veracius intellexisse atque secuti esse fama celebriore laudantur". Den Aristo-
teles rechnet Augustin den alten Piatonikern zu. Doch habe derselbe
neben den Akademikern seine eigene „secta" oder „haeresis" gegründet. Er war
ein „vir excellentis ingenii et eloquio Piatoni quidem impar, sed
multos facile superans" (De oiv. Dei VIII, 12). Die neueren Anhänger
Piatons wollen nicht Akademiker, noch auch Peripatetiker, sondern Platoniker
heißen. Unter ihnen ragen hervorPlotinus. Porp hyrius, lamblichus. Diesen ist
(rott die causa subsistendi.die r atio inte 11 igen di und der ordo vivendi
„Nulli nobis, quam isti. propius accesserunf' (c. 5). Ihrer Lehre stehen
(c. 4).
nach die religio fabulosa der Dichter, die religio civilis des heidnischen Staates
und auch die religio naturalis aller andern alten Philosophen, auch der Stoiker,
die im Feuer, und die Epikureer, die in den Atomen die erste Ursache der Dinge
zu finden glauben, und die beide in der Erkenntnislehre zu sensualistisch, in der
Moral zu wenig theologisch verfahren. In der Erforschung des ewigen und un-
veränderlichen Gottes sind die Platoniker mit Recht über die Körperwelt und über
die Seele und die veränderlichen Geister hinausgegangen (De civ. Dei VIII, 6
euncta corpora transscenderunt quaerentes Deum; omnem animam mutabilesque
omnes Spiritus transscenderunt quaerentes summum Deum).
Aber darin weichen
sie von der christlichen Wahrheit ab, daß sie neben diesem höchsten Gotte auch
untergeordneten Gottheiten und Dämonen, die doch nicht Schöpfer sind, religiöse
Verehrung zollen (De civ. Dei VIII, 24). Der Christ weiß auch ohne Philosophie
aus der heiligen Schrift, daß Gott uns Schöpfer, Lehrer und Spender der Gnade
sei (De civ. Dei VIII, 10).
Dei VIII, 11), daß Piaton beträchtlich später als Jeremias gelebt habe. Er hält
nicht für unmöglich, daß Piaton sich durch einen Dolmetscher mit dem
Inhalt der biblischen Schriften bekannt gemacht habe, und meint,
Piaton könne wohl die Lehre von der Unveranderlichkeit Gottes aus den Bibel-
sprüchen: Ego Bum qui sum, und: qui est, misit me ad vos (Ejiod. III, 14) ge-
schöpft haben. Doch halt er (ebd. C.12) für eben so möglich, daß Pia ton aus der
Betrachtung der Welt Gottes ewiges Wesen erschlossen habe, nach
dem Ausspruche des Apostels (Böm. 1, 19 f.). Sogar die Erkenntnis der
Trinität ist den Piatonikern nicht ganz verschlossen geblieben,
obwohl mit undisziplinierten Worten von drei Göttern reden (De cW. Dei X, 29),
sie
und Augustin geht bei seiner eigenen Lehre von Gott von der neuplatonischen
Fassung aus. Aber sie verwerfen die Inkarnation des unveränderlichen Sohnes
Oottes und glauben nicht daran, daß die göttliche Vernunft, die sie den nojQixo^
vovg nennen, den menschlichen Leib angenommen tmd den Kreuzestod erlitten
habe: denn sie lieben nicht wahrhaft und treu die Weisheit und Tugend, ver-
schmähen die Demut und machen an sich das Wort des Propheten wahr (Jesaias
XXIX, 14): perdam si^ientiam sapientium et prudentiam prudentium reprobabo
(De civ. Dei X, 28). In ihren Büchern findet sich sehr vieles von der christ-
lichen Lehre, aber namentlich nicht die Fleischwerdnng des Worts; Confess.
VII, 9: ibi (in libris Platonicorum) non quidem his verbis, sed hoc idem omnino
multis et multiplicibus suaderi rationibus, quod in principio erat Verbum
et Verbum erat apud Deum; hoc erat in principio apud Deum; omnia
per ipsum facta sunt et sine ipso factum est nihil quod factum est.
In ipso vita erat, et vita erat lux hominum, et lux in tenebris lucet,
•et tenebrae eam non comprehendernnt. Et quia hominis anima, quamvis
testimonium perhibeat de lumine, non est tarnen ipsa lumen, sed tarnen
Verbum, Deus est lumen verum, quod illuminat omnem hominem veni-
•entem in hunc mundum. Et quia in hoc mundo erat, et mundus per
«um factus est, et mundus eum non cognovit Quia vero in propria
sua venit, et sui eum non receperunt; quotquot autem receperunt
eum, dedit eis potestatem filios Dei fieri credentibus in nomen eius,
non ibi legi. Item legi ibi, quia Verbum. Deus non ex carne. non ex san-
guine, non ex voluntate viri, neque ex voluntate carnis, sed ex Deo
natus est. Sed quia Verbum caro factum est et habitavit in nobis,
non ibi legi. Ebenso soll sich finden: quod sit Filius in forma patris, non
rapinam arbitratus esse aequalis Deo, aber nicht, quia semetipsum
exinanivit formam servi accipiens in similitudinem hominum fac-
tus etc. Auch hat er in denselben Büchern gelesen, daß der Sohn vor aller Zeit,
Gott gleich ewig ist, imd daß von seiner Fülle die Seelen die Seligkeit empfangen,
aber nicht: quod secundum tempus pro impiis mortuus est, und daß
Gott seines eigenen Sohnes nicht geschont und ihn für uns alle dahingegeben
hat. Diese Philosophen sahen, obschon dunkel, das Ziel, das ewige Vaterland.
Aber re verfehlten den Weg; sie schämten sich, aus Schülern Piatons Schüler
Christi zu werden, der seinem Fischer Johannes durch den heiligen Geist die
Erkenntnis von dem flebchgewordenen Worte erschloß (De civ. Dei X, 29).
Nicht wer, der Vernunft folgend, nach menschlicher Weise lebt, sondern nur,
wer Gott seinen Geist unterwirft und Gottes Geboten folgt, wird selig (Re-
tract. I, 1, 2).
In den frühesten der auf uns gekommenen Schriften sucht AUgustin gegen
die Akademiker die Notwendigkeit des Wissens darzutun. Es ist charakte-
§ 16. Die Lateiner des vierten Jahrhunderts. Augustinus. 155
ristisch, daß er dabei nicht von der Frage nach dem Ursprünge unserer Erkenntnis
ausgeht, sondern von der Frage, ob der Besitz der Wahrheit uns Bedürfnis sei,
oder ob auch ohne denselben die Glückseligkeit bestehen könne, daß er also zu-
nächst nicht genetisch, sondern teleologisch verfährt. Der eine der Mitunterredner,
der junge Licentius, verteidigt den Satz, daß schon das Forschen nach Wahrheit
uns glücklich mache, da die Weisheit oder das vernunftgemäße Leben und die
geistige VoUkoramenheit des Menschen, worauf seine Glückseligkeit beruhe, wenig-
während seines irdischen Lebens nicht in dem Besitz, sondern in dem treuen
stens
und unablässigen tauchen der Wahrheit bestehe. Des Licentius Altersgenosse
Trygetius aber erklärt den Besitz der Wahrheit für erforderlich, da das beständige
Suchen ohne Finden gleichbedeutend mit dem Irren sei. Licentius entgegnet, der
Irrtum sei vielmehr die Billigung des Falschen anstatt des Wahren. Das Suchen
aber sei nicht Irrtum, sondern Weisheit und gleichsam der gerade Weg des
Lebens, auf welchem der Mensch soviel als möglich seinen Geist von allen Um-
strickungen des Leibes befreie und in sich selbst sammle und am Ende seines
Lebens der Erreichung seines Zieles würdig befunden werde, um alsdann göttliche
Glückseligkeit, wie jetzt menschliche, zu genießen. Augustin selbst aber billigt
keineswegs die Ansicht des Licentius, die später Lessing wieder aufgenommen hat,
wogegen Aristoteles das Wissen für beseligender als das Suchen erklärt (Eth. Nie.
X, 7 : Er behauptet
Bv/.oyov 8k roT? eidoat röjv C^xovvioiv ^8ioi xrjv diaycoyrjv elvai).
zunächst, daß ohne das Wahre auch nicht einmal die Wahrscheinlichkeit sich
gewinnen lasse, welche doch die Akademiker für erreichbar hielten; denn das
"Wahrscheinliche als das dem Wahren Ähnliche habe an dem Wahren sein Maß.
Dann bemerkt er, niemand könne doch ohne den Besitz der Weisheit weibe sein
Jede Definition der Weisheit aber, welche das Wissen aus dem Begriffe derselben
ausschließe und sie in das bloße Bekenntnis des Nichtwissens und die Enthaltung
von jeglicher Beistimmung setze, würde sie mit dem Nichts oder mit dem
Falschen identifizieren, sei also unhaltbar. (Hierbei bleibt freilich die Weisheit
als „Lebensweg" unbeachtet.) Gehöre aber das Wissen zur Weisheit, dann auch
zur Glückseligkeit, da nur der Weise glückselig sei. Das Spiel mit dem Namen
des Weisen ohne den Besitz der Wahrheitserkenntnis locke nur bedauernswerte
betrogene Anhänger herbei, die, immer suchend, niemals findend, veröüewn, von
keinem Lebenshauche der Wahrheit erquickten Geistes schließlich ihre irre-
als solche in der Schrift Contra Academicos teils die disjunktiven Sätze,
teils bemerkt er, die sinnlichen Perzeptionen seien doch mindestens sub-
jektiv wahr: noli plus assentiri, quam ut ita tibi apparere jjersuadeas, et nulla
deceptio est (Ckjntra Acad. III, 11, n. 26). Bereits in der fast gleichzeitigen
Schrift De beata vita (II, n. 7) stellt er den so folgenreich gewordenen Grund-
satz auf, an dem eigenen Leben lasse sich nicht zweifeln, der in den unmittel-
bar hernach verfaßten Soliloquia die Wendung erhält, das eigene Denken
und daher das eigene Sein sei das gewisseste. Sol. II, 1, n. 1: Tu. qui
vis te nosse, scis esse te? Scio. Unde scis? Nescio. Simplicem te sentis an
multiplicem? Moveri te scis? Nescio. Cogitare te scis? Scio. Im
Nescio.
gleichen Sinne schließt Augustin De lib. arbitr. II, 3, n. 7 aus dem falli posse
auf das Sein und stellt Sein, Leben und Denken zusammen. De vera religione
39, n. 72 sagt er: noli foras ire, in te ipsum redi, in interiori homine habitat veri-
tas; et si animam mutabilem inveneris, transscende te ipsum Ib. n. 73: omni«,
qui se dubitantem intelligit, verum intelligit, et de hac re, quam intelligit, certus
est; de vero igitur certus est. Omnis igitur qui utrum sit veritas dubitat, in se
ipso habet verum unde non dubitet, nee ullum verum nisi veritate verum est
Non itaque oportet eum de veritate dubitare, qui potuit undecunque dubitare.
De trinitate X, 10, n. 14: utrum aeris sit vis vivendi — an ignis —
dubita-
verunt homines; vivere se tarnen et meminisse et intelligere et velle et cogitare
quam id, quod sibi praesto est, nee menti magis quidquam praesto est, quam
ipsa sibi.
Bild der göttlichen Trinität in der Dreiheit unseres Seins, der Erkenntnis unseres
Seins und der Selbstliebe in welchen drei psychischen Momenten kein Irrtum sei
nam et sumus et nos esse novimus et id esse ac nosse diligimus; in
his autem tribus quae dixi nulla nos f alsitas verisimilis turbat non enim ea, sicut illa ;
quae foris sunt, ullo sensu corporis tangimus, quorum sensibilium etiam imagines
. . .
iis simillimas nee jam corporeas cogitatione versamus, memoria tenemus et per
ipsas in istonim desideria concitamur, sed sine ulla phantasiarum vel phantas-
juoniam miserabilius fallitur, qui nunquam putat eis esse credendiim) Auch zur
Erkenn tuit; des "Willens anderer Menschen bedürfen wir des Glaubens (De fide
verum, quae non vid. c. l,n. 2). Der Glaube im allgemeinsten Sinne ist die
Zustimmung zu einem Gedanken (cum assensione cogitare. De praedest.
t>nnct. c. 2. 11 5). Was Mir erkennen, glauben wir auch nicht alles aber, was wir glauben.
. ;
§ 16. Die Lateiner des vierten Jahrhunderts. Augustinus. 157
vermögen wir sofort zu erkennen. Der Glaube ist der Weg zur Erkenntnis (De
div. qu. 83, qu, 48: De tnn. XV, 2; Epist. 120).
Bei der Reflexion auf uns selbst finden wir iu uns nicht nur die Sinnes-
empfindungen, sondern auch einen inneren Sinn, welcher sich jene zum Objekt
macht (denn wir wissen ja von unseren Sinnesempfindungen, die äußeren Sinne
aber können nicht ihr eigenes Empfinden wahrnehmen), endlich die Vernunft, die
den inneren Sinn und auch wiederum sich selbst erkennt (De lib. arb. II, 3 ff.).
Jedesmal steht dasjenige, was über ein anderes urteUt, über dem Beurteilten. Aber
über dem Urteilenden steht wiederum das, wonach es urteilt. Die menschliche
Vernunft findet über sich etwas Höheres; denn sie ist wandelbar, bald kundig,
bald imkundig, bald nach Erkenntnis strebend, bald nicht, bald richtig, bald un-
richtig urteilend. Die Wahrheit selbst aber, nach der sie urteilt, muß unwandel-
bar sein (De lib. arb. II, 6, n. 14; De vera rel. 29, n. 54 und 31, n. 57; De civ. Dei
VIII, 6). Findest du deine Natur wandelbar, so gehe über dich selbst hinaus
zur ewigen Quelle des Lichtes der Vernunft. Schon wenn du nur erkennst, daß
du zweifelst, so erkennst du wahres; wahr aber ist nichts ohne die Wahrheit.
Also läßt sich an der Wahrheit selbst nicht zweifeln (De vera rel. 39, n. 72 f.).
Gute, durch welches aUes andere gut ist (De trin. VIII, 3, n. 4 quid plura et plura?
;
bonum hoc et bonum illud? tolle hoc et illud et vide ipsum bonum, si potes, ita
deum videbis non alio bono bonum, sed bonum omnis boni). Gott ist der ewige
Grund aller Form, welcher den Geschöpfen ihre zdtlichen Formen verliehen hat,
die absolute Einheit, nach der jedes Endliche strebt, ohne sie ganz zu erreichen,
die höchste Schönheit, welche über jede andere Schönheit hinausgeht und jede
bedingt („omnis pulchritudinis forma unitas est"), die absolute Weisheit, Seligkeit,
Gerechtigkeit, das Sittengesetz usw. (De vera rel. 11,, n. 21 u. ö., De lib. arb. II,
9, n. 26; De trin. XIV, 15, n. 21), Durch die veränderliche Kreatur werden wir
an die beständige Wahrheit gemahnt (Conf. XI, 10).
In Gott sind die Ideen. De div. qu. 83, qu. 46. De ideis 2: sunt
namque ideae principales formae quaedam vel rationes rerum stabiles atque
incommutabiles, quae ipsae formatae non sunt, ac per hoc aeterne ac semper
eodem modo se habentes, quae in divina intelligentia continentur; et quum
ipeae neque oriantur neque intereant, secundum eas tamen fomiari dicitur ouine.
quod oriri et interire potest et omne, quod oritur et interit. Piaton hat
darin nicht geirrt, daß er eine intelligible Welt annahm so nannte derselbe näm-
;
lich die ewige und unveränderliche Vernunft, durch welche Gott die Welt ge-
macht hat. Wollte man diese Lehre nicht annehmen, so müßte man sagen, Gott
sei unvernünftig bei der Weltbildung verfahren (Retract. I, 3, 2). In der Einen
göttlichen Weisheit sind unermeßliche und unendliche Schätze der intelligibleu
Dinge enthalten, in denen alle die unsichtbaren und unveränderlichen
vernunftgemäßen Gründe der Dinge (rationes rerum) liegen, und
zwar auch der sichtbaren und veränderlichen Dinge, die durch
diese Weisheit geschaffen worden sind (De civ. Dei XI, 10, 3; cf. De
div. quaest. 83, qu. 46, 2: singula igitur proprüs sunt creata rationibus). Die
Keime der Dinge sind in die Urmaterie gelegt, und
Entwicklung dieser
in der
Keime beruht die Ordnung in der Welt —
eigentlich die stoische Lehre von den
Xöyoi ojisQfxatixoi, nur mit platonischer Ideenlehre vermischt. Die Ordnung der
158 § 16- 1^6 LAteiner des vierten Jahrhunderts. Augustinus.
Welt zeigt sich zunächst in den species, den Gattungen, die sich aber wieder
nur in den Einzeldingen, darstellen können. Schließlich wird der umge-
kehrte Weg wieder eingeschlagen, d. h. die Einzeldinge streben zurück zu den
Gattungen, und diese wieder zu der allgemeinen Ordnung.
Bei dem Körper ist Substanz und Eigenschaft verschieden. Auch die
Seele wird, wenn sie einst immer weise sein wird, die« doch nur sein durch
Partizipation an der unveränderüchen Weisheit selbst, mit der sie nicht identisch
ist Bei den einfachen Wesen aber, die ursprünglich und wahrhaft göttlich sind,
ist nicht die Qualität von der Substanz verschieden, da sie eben nicht durch Teil-
nahme an anderem, sondern an und für sich göttlich oder weise oder glücklich
sind (De civ. Dei XI, 10). Ganz
auch von Gott selbst, daß
so gilt
der Unterschied von Qualität und Substanz, ja der Unterschied
der (aristotelischen) Kategorien überhaupt auf ihn keine Anwen-
dung findet. Gott fällt unter keine der Kategorien. De trin. V, 1, n. 2:
ut sie intelligamus Deum, si possumus quantum possumus, sine qualitate bonum,
sine quantitate magnum, sine indigentia creatorem, sine situ praesidentem, sine
habitu omnia continentem, sine loco ubique totum, sine tempore sempitemum,
sine uUa mutabüia facientem nihüque patientem. Auch die Kate-
sui mutatione
gorie der Substanz paßt nicht eigentlich auf Gott, obwohl er im höchsten Sinne ist
oder Realität hat. De trin. VII, 5, n. 10: res ergo mutabiles neque simpüces proprie
dicuntur substantiae; Deus autem si subsistit, ut substantia proprie dici possit,
inest in eo aliquid tamquam in subjecto et non est simplex, tmde manifestum —
est Deum abusive substantiam vocari, ut nomine usitatiore intelligatur essentia,
quod vere ac proprie dicitur. Es ist nicht richtig zu sagen, Gott sei Substanz,
und die Güte, Wahrheit, Schönheit, Glückseligkeit seien Attribute oder Akziden-
tien dieser Substanz, sondern er ist Essenz, und diese Essenz fällt mit allem dem
was man als seine Eigenschaften angibt, zusammen, VI, 7, n. 8 Non est ibi (in
ib. :
deo) aliud beatum esse et aliud magnum esse aut sapientem aut verum aut bonum
aut omnino ipsum esse (vgl. ib. VII, 5, n. 10; Soliloq. I, 1, n. 4). Gottes Wesen
ist einfach, und es gibt nichts Getrenntes in ihm. Auch das Wissen, Wollen,
Handeln, Sein ist in Gott ein und dasselbe. Doch will Augustin dem kirch-
lichen Sprachgebrauche folgen (ib. II, 18, n. 35), um so mehr, da doch eine adä-
positiveAussage über ihn im eigentlichen Sinne gelte (De trin. V, 10, n. 11 cfr. ;
Conf. XI, 20, n. 26). Wir wissen mit Bestimmtheit nur, was er nicht
sei (De ord. II, 16, n. 44 und 18, n. 47). Doch liegt auch schon ein beträcht-
licher Gewinn in der Verneinung des Irrtums. (De trin. VIII, 2, n. 3). Kennten
wir Gott überhaupt nicht, so könnten wir ihn nicht anrufen und lieben (Confess.
I, 1; VII, 10, n. 16). Gott ist, wie schon die Platoniker richtig erkannt haben,
das Prinzip des Seins und Erkennens und die Richcschnur des
Lebens (Conf. VII, 10, n. 16; De civ. Dei VIII, 4). Er ist das Licht, in
welchem wir das Intelhgible sehen, das Licht der ewigen Vernunft; wir erkennen
in ihm (Conf. X, 40, n. 65; XII, 25, n. 35; De trin. XII, 15, n. 24).
Willens, oder innerhalb -der Vernunft die des Bewußtseins der Ewigkeit, der WeiB-
heit und der Liebe zur Seligkeit (De trin. XI, 9, n. 16; XV, 3, n, 5 ff.), oder wenn
er in allen geschaffenen Dingen ein Bild der Trinität findet, indem sie alle das Sein
überhaupt, ihr besonderes Sein und die geordnete Verbindung jenes Allgemeinen
mit diesem Besonderen in sich vereinigen (De vera rel. 7, n. 13: esse, species, ordo;
vgl. De trin. XI, 11, n. 18: mensura, numerus, pondus). Auch die Analogie von amans
et quod amatur et amor kommt vor Von der Trinität erscheint, soweit es sich
mit deren Würde verträgt, die Spur in allen Kreaturen (De trin. VI, 10, n. 11 f.).
Gott ist das höchste Sein (summa
essentia). Er ist im vollsten Sinne
(summe est) daher unveränderlich (immutabilis). Den Dingen, die er aus
und ist
nichts erschaffen hat, hat er das Sein gegeben, aber nicht das höchste Sein,
welches nur ihm selbst zukommt, sondern den einen ein volleres, den anderen ein
geringeres. Er hat die Naturen der Wesen stufenmäßig geordnet (naturas essen-
tiarum gradibus ordinavit. De civ. Dei XII, 2). Ihm ist kein Wesen entgegen-
gesetzt. Nur das Nichtsein bildet zu ihm den Gegensatz und das aus dem Nicht-
sein herfließende Böse (De civ. Dei XII, 2 f.). Der gute Gott hat mit ab-
soluter Willensfreiheit, keiner Notwendigkeit unterworfen, die
Welt geschaffen, um Gutes
zu machen (De civ. Dei XI, 21 ff.). Die
Welt zeugt durch ihre Ordnung und Schönheit für ihre Erschaffung durch Gott
(ib. XI, 4). Gott hat sie nicht aus seinem Wesen gezeugt, denn dann würde sie
Gott gleich sein, sondern aus dem Nichts geschaffen (De civ. Dei XIV, 11;
Confess. XII, 7). Aus dieser Negation, dem Nihil, stammt das Veränderliche in der
Welt (De civ. Dei XII, 2). Wenn auch dieses Nichts nicht gleich dem /*^ dv,
der Materie, ist, so scheint es doch bisweilen bei Augustin als eine Macht ange-
nommen zu werden, die sich mit der operatio divina verbindet, um die veränder-
liche Welt entstehen zu lassen. In dieser Verbindung ist das Esse vermindert;
die Welt hat das minus esse gegenüber dem summe esse. Als substantia
creatrix ist Gott ubique diffusus. Die Welterhaltung ist eine fort-
gehende Schöpfung. Zöge Gott seine schaffende Macht von der Welt zurück,
80 würde sie sofort in das Nichts wiederum übergehen (De civ. Dei XII, 25).
160 § 16- l-^»^ Lateiner des vierten Jahrhunderts. Augustiim«.
Sein Schaffen ist denn die Welt muß als das fJudlir-lie
nicht ein ewiges;
begrenzt in der Zeit, wie Räume sein. Man darf nicht vor ihr unbegrenzte
iin
Zeiten und nicht neben ihr unendliche Räume denken; de n n Zeit und Raum exi-
stieren nicht außer der Welt, sondern nur in und mit ihr. Die Zeit
ist das Maß der Bewegung; im Ewigen aber gibt es keine Bewegung oder
Veränderung. Die Welt ist also vielmehr zugleich mit der Zeit als in der Zeit
geschaffen worden (De civ. Dei XI, 6 si recte discernuntur aeternitas et tempu»,
:
(juod tempus sine aUqua mobil! mutabilitate uon est, in aeternitate autem nuUa
inutatio est, qui» non videat, quod tempora non fuissent, nisi creatura fieret, quae
aliquid aUqua motione mutaret?). Gottes Entschluß zur Weltbildung aber ist ein
«wiger (De civ. Dei XI, 4 ff.). Die Welt ist nicht einfach, wie das Ewige, sondern
mannigfach, aber doch einheitüch. Viele Welten anzunehmen, ist ein leeres Spiel
der Einbildungskraft (De civ. Dei XI, 5).
In dejr Ordnung des Universums durfte auch das Greringste nicht fehlen
,De civ. Dei XII, 4). Wir dürfen nicht den Maßstab unseres Nutzens anlegen,
nicht für schlecht halten, was uns schadet, sondern müssen ein jedes Objekt nach
seiner eigenen Natur beurteilen. Jedes hat sein Maß, seine Form und eine
gewisse Harmonie in sich selbst. Gott ist in Betracht aller Wesen zu loben
(ib. 4 f.). Alles Sein ist als solches gut (De vera rel. 11. n. 21: quantum est,
in
quidquid est, bonum est). Auch die Materie hat in der Ordnung des Ganzen
ihre Stelle. Sie ist von Gott geschaffen; ihre Güte ist ihre Gestaltbarkeit (De
vera rel. 18, n. 36).
Die sichtbare Welt gipfelt im Menschen. Er ist der Mikrokoemus, der
die wesentlichen Eigenschaften des Tieres, leblosen Körpers in
der Pflanze, des
sich schließt. Jedoch hat er auch Vernunft imd verbindet so die materielle
Welt mit der geistigen. Die Seele ist eine immaterielle, vom Leibe wesentlich
verschiedene Substanz. Sie findet in sich nur Funktionen wie Denken, Erkennen,
Wollen, sich Erinnern, nichts Materielles (De trin. X, 10, n. 13). Sie ist eine Substanz
oder ein Subjekt, nicht eine bloße Eigenschaft des Leibes (ibid. 15). Sie empfindet
eine jede Affektion des Leibes da, wo dieselbe stattfindet, ohne sich erst dorthin
zu bewegen. Sie ist also in dem Körper ganz und auch ganz in jedem
Teile desselben gegenwärtig. Das Körperhöhe dagegen ist mit jedem seiner
Teile nur an Ebern Orte (Ep. 166 ad Hier. 4; contra ep. Mau. c. 16).
Augustin unterscheidet in der Seele namenthch memoria, intellectus
und voluntas. Die voluntas ist in allen Affekten (De civ. Dei XIV, 6: volun-
tas est qoippe in umnibus, immo omnes nihil aliud quam voluntates sunt). Das
Verhältnis der memoria, des intellectus und der voluntas zu der Seele so^' nicht
wie das der Farbe oder Figur zu dem Körper, oder überhaupt der Akädentien
zu dem Substrat gedacht werden, denn diese können ihr Substrat (subjectom
v^oxsifisvov) nicht übersehreiten. Die Figur oder Farbe kann nicht Figur oder
Farbe eines andern Körpers sein, der Geist (mens) aber kann durch die Liebe
sich und auch anderes lieben, durch die Erkenntnis sich und auch anderes er-
kennen. Sie teilen demgemäß die Substantialität mit dem Geist selbst (De trin.
IX, 4, n. 4), obschon derselbe die memoria, intelligentia und dilectio nicht ist,
sondern hat (ib. XV, 22, n. 42). AUe jene Funktionen können sich auch auf sich
selbst wenden, der Verstand sich selbst erkennen, das Gedächtnis dessen gedenken,
daß wir ein Gedächtnis besitzen, der freie Wille die Willensfreiheit anwenden
oder nicht (De lib. arbitr. II, 19, n. 51).
Die Unsterblichkeit der Seele folgt philosophisch aus ihrem Teilhaben
an der unveränderUchen Wahrheit," aus ihrem wesentlichen Vereintsein mit der
§ 16. Die Lataner des vierten Jahrhunderte. Augustinus. IQ\
ewigen Vernunft und mit dem lieben (Solu. II, 2 ff.; De imm. an. 1 ff.). Die
Sünde raubt ihr nicht das Leben, wohl aber das selige Leben (De civ. Dei VI,
12). Doch begründet nur der Glaube die Hoffnung auf die wahre Unsterblich-
keit, das ewige Leben in Gott (De trin. XIII, 9, n. 12). (Vgl. unter Piatons Argu-
menten besonders das in der Rep. X, p. 609 und das letzte im Phädon, Grdr. I,
% 42, 10. Aufl., 8. 174 f.)
Die Ursache des Bösen ist der Wille, der sich von dem Höheren zu
dem Niedern abwendet, der Hochmut solcher Engel und Menschen, die sich von
Gott ab wandten, der das absolute Sein hat, zu sich selbst, die doch nur ein be-
schränktes Sein haben (Enchirid. 23: nequaquam dubitare debemus, rerum quae
ad nos pertinent bonarum causam non esse nisi bonitatem dei, malanun vero ab
immutabili bono deficientem boni mutabilis voluntatem, prius angeli, hominis
postea). Nicht als ob das Niedere als solches böse wäre; aber die Abwendung
von dem Höheren zu ihm hin ist böse. Der böse Wille bewirkt das Böse, wird
aber nicht selbst durch irgendeine positive Ursache bewirkt. Er hat keine
causa efficiens, sondern nur eine causa deficiens (De civ. Dei XII, 7 f.).
Das Böse keine Substanz oder Natur (Wesen), sondern eine Schädigung der Natur
ist
(des Wesens) und des Guten, ein defectus, eine privatio boni, amissio boni,
eine Verletzung der Integrität, der Schönheit, des Heils, der Tugend. Wo nicht
Gutes verletzt wird, ist kein Böses. Esse vitiura et non nocere non potest. Also
kann das Böse nur dem Guten anhaften, und zwar nicht dem unveränderlichen,
sondern dem veränderlichen Guten. Es kann ein unbedingt Gutes, aber nicht ein
unbedingt Böses geben (De civ. Dei XI, 22; XII, .3). Hierin liegt das Haupt-
argument gegen den Manichäismus, der das Böse für gleich ursprünglich mit dem
Guten und für ein zweites Wesen neben jenem annimmt.
Auch das Böse trübt nicht die Ordnung und Schönheit des
Universums: vermag sich den Gesetzen Gottes nicht ganz zu entziehen. Es
es
bleibt nicht unbestraft, die Strafe aber, von der es getroffen wird, ist nur Be-
tätigung der Gerechtigkeit. Wie ein Gemälde mit schwarzer Farbe an rechter
Stelle, so ist die Gesamtheit der Dinge für den, der sie zu überschauen vermöchte,
auch mit Einschluß der Sünden schön, obschon diese, wenn sie für sich allein be-
trachtet werden, ihre Mißgestalt schändet (De civ. Dei XI, 22; XII, 3; vgl. De
vera rel. 23, n. 44 et est pulchritudo universae creaturae per haec tria inculpabiüs.
:
dafür halten, die Welt und Menschen seien immer gewesen, sondern auch die,
welche, auf unglaubhafte Schriften gestützt, Tausende von Jahren für ge-
viele
schichtlieh konstatiert halten, da doch aus der heiügen Schrift hervorgeht, daß
noch nicht sechstausend Jahre seit der Erschaffung des Menschen verflossen sind (ib.
XII, 10 u. 11). Die Kürze dieses Zeitraums kann denselben nicht unglaubMÜrdig
machen; denn wäre auch eine unaussprechUche Zahl von Jahrtausenden seit der
Menschenschöpfung verflossen, so würde dieselbe doch gegen die rückwärts liegende
Ewigkeit, während welcher Gott den Menschen nicht geschaffen hätte, ebensowohl,
wie jene sechstausend Jahre verschwinden, gleich einem Tropfen gegen den Ozean
oder vielmehr noch in unvergleichlich höherem Maße (ib. XII, 13). Ganz ver-
werfhch iat die (stoische) Meinung, daß nach dem Weltuntergang die Welt sich
so, wie sie früher war, erneuere, und alle Ereignisse wiederkehren. Nur einmal
ist Christus gestorben und wird nicht wieder in den Tod gehen, und wir werden
einst auf ewig bei Gott sein (ib. XII, 14).
Aus dem ersten Menschen sollten die Menschen werden, von denen die
einen mit den bösen Engeln in der Bestrafung, die anderen mit den guten in der Be-
lohnung vereint werden sollten, nach dem verborgenen, aber doch gerechten Rat-
schluß (rottes. dessen Gnade nicht ungerecht, dessen Gerechtigkeit nicht grausam
kann (De eiv. Dei XII, 28). Durch den Sündenfall, der in dem Un-
sein
gehorsam gegen das göttliche Gebot lag, verfiel der Mensch dem
Tode als der gerechten Strafe (ib. XIII, 1). Es gibt aber einen zweifachen
Tod: den des Leibes, wenn die Seele ihn verläßt, und den der Seele, wenn Gott
sie verläßt. Der letztere ist nicht ein Aufhören des Bestehens und Lebens über-
haupt, wohl aber des Lebens aus Gott. Auch der erste Tod ist an sich ein Übel,
gereicht aber dem Guten zum Heil. Der zweite Tod, der das summum malum ist,
trifft nur die Bösen. Auch der Leib wird auferstehen, der der Gerechten in
verklärter Gestalt, edler, als der der ersten Menschen vor der Sünde war, der der
rngerechten aber zur ewigen Pein (ib. XIII, 2 ff.). Da Adam Gott verlassen
hatte, war er von Gott verlassen, und der Tod in jeglichem Sinne war die ihm
angedrehte Strafe (ib. XIII, 12 15). Freiwillig depraviert und mit Recht verdammt,
;
niam (jui hoc primitus admisit, cum ea quae in illo fuerat radicata sua stirpe
punitus est, ut nullus ab hoc justo debitoque supplicio nisi misericordia et inde-
bita gratia liberetur).
Diese Sätze scheinen in betreff der Entstehung der menschlichen
Seelen den Generatianismus oder Traduzianismus zu involvieren, zu
dem in der Tat Augustin wegen des Dogmas von der Erbsünde sich hinneigt.
Doch hat er sich nicht unbedingt für ihn entschieden. Nur die Präexisteuz-
lehre hat er als irrtümlich abgewiesen und mit ihr zugleich auch die früher von
ihm angenommene platonische Lehre von dem Lernen als einer Wieder-
erinnerung (Sohl. II, 20, n. 35; De quant. an. 20; verworfen, den Creatia-
§ 16. Die Lateiner des vierten Jahrhunderts. Augustinus. 163
n 18 raus aber, der jede Seele durch einen besonderen Schöpfungsakt Gottes ent-
stehen läßt, hat er nicht mißbilligt. Jedoch erheben sich gegen diesen auch
Schwierigkeiten, da die Seelen, wie sie täglich von Gott geschaffen worden, doch
gut sein müssen. So ist Augustin beim Zweifel stehen geblieben ;Kfcir. I, 1, n. 3;
sich ihm nicht nur negativ zu einer Kritik der gesamten antiken Kultur, sondern
positiv zu einer Geschichts- und Kulturphilosophie größten Stils. Er
versucht, das historische und kulturelle Geschehen, die religiösen, politischen,
sozialen, sittlichen und philosophischen Phänomene von dem religiös-ethischen
Standort des Christentums aus zu begreifen, zu konstruieren und zu bewerten.
Einen alten Gedanken aufgreifend, dessen Geschichte von H Scholz (Glaube
und Unglaube in der Weltgeschichte, Leipzig 1911, 71 81) im einzelnen verfolgt —
wird unter Hinweis auf die hl. Schrift, auf Piaton und den Neuplatonismus,
auf die Stoiker und speziell Seneca, femer auf Philon, Origenes, Ambrosius
und insbesondere auf den Apokalvpsenkommentar des Ticonius, bei dem sich
auch schon die Ausdrücke civitas dei und civitas diaboli finden und der nach
Scholz (a. a. O. S. 78) einen nicht unbeträchtlichen Einfluß auf die „Zwei-
staaten-Konzeption" gehabt zu haben scheint, schildert Augustinus die
Menschengeschichte als den Kampf zweier einander entgegen-
gesetzter Reiche, des Reiches der irdisch Gesinnten, der Gottesfeinde, des
Weltreichs, der civitas terrena oder diaboli, der societas impiorum und deH
Gottesreiches, der civitas coelestis oder der civitas Dei.
Voji diesen beiden Gemeinschaften ist die eine prädestiniert, ewig mit Gott
2U herrschen, die andere ewige Strafe zu leiden mit dem Teufel (ib. XV, 1).
Die ganze Zeit, in welcher die Menschen leben, ist die Entwicklung
§ 16. Die Lateiner des vierten Jahrhunderts. Augustinus. 165
(excursus) jener beiden Staaten (ib. XV, 1). Augustin unterscheidet bald
drei, bald sechs Perioden. Die Menschen lebten zuerst noch ohne Gesetz, und
es bestand noch kein Kampf mit der Lust dieser Welt, dann unter dem Ge-
setz, da sie kämpften und besiegt wurden, endlich in der Zeit der Gnade, da
sie kämpfen und siegen. Von den sechs Perioden aber geht die erste von Adam
bis Noah. Kain und Abel sind die ersten Repräsentanten der beiden Staaten.
Sie eudigt mit der Sintflut, gleich wie bei den einzelnen Menschen das Alter der
Kindheit durch Vergessenheit begraben wird. Die zweite Periode aber geht
von Noah bis Abraham. Sie ist dem Knabenalter zu vergleichen. Zur Strafe der
Hoffart der Menschen erfolgte die Sprachverwirrung bei dem Turmbau zu Babel.
Nur das Volk Gottes hat die erste Sprache bewahrt. Die dritte Periode reicht
von Abraham bis David. Sie ist das Jünglingsalter der Menschheit. Das Gesetz
wird gegeben, aber es ertönen auch schon deutlicher die göttlichen Verheißungen.
Die vierte Periode, die des Mannesalters der Menschheit, reicht von David bis
zur babylonischen Gefangenschaft. Es ist die Zeit der Könige und Propheten.
Die fünfte Periode reicht von der babylonischen Gefangenschaft bis auf Christus.
Die Prophetie hörte auf, und die tiefste Erniedrigung Israels begann genau zu
der Zeit, als es nach der Wiedererbauung des Tempels und der Befreiung aus
der babylonischen Gefangenschaft auf einen; besseren Zustand gehofft hatte. Die
sechste Periode beginnt mit Christus und schließt mit der irdischen Geschichte
überhaupt. Sie ist die Zeit der Gnade, des Kaiflpfes und des Sieges der Gläu-
bigen und schließt ab mit dem da der Kampf in der
Eintritt des ewigen Sabbats,
Ruhe, die Zeit in der Ewigkeit verschlungen sein wird, die Genossen der Gottes-
stadt der ewigen Seligkeit sich erfreuen, und die Stadt dieser Welt der ewigen
Verdammnis anheimfällt, so daß die Geschichte mit einer Scheidung schließt, die
unauflösbar und ewig und unwiderruflich ist.
Bei dieser Geschichtsphilosophie hat Augustin die Geschichte der
Israeliten zugrundegelegt und nach ihren Perioden die der Weltgeschichte über-
haupt bestimmt. Von den übrigen Völkern berücksichtigt er vorzugsweise neben
den orientalischen das griechische, bei welchem Könige schon vor der Zeit des
Josua den Kultus falscher Götter einführten und Dichter teils ausgezeichnete
Menschen und Herrscher, teils Naturobjekte vergötterten, und das römische,
welches um die Zeit des Untergangs da in Israel die
des assyrischen entstand,
I*ropheten lebten. Rom ist das abendländische Babylon,
schon in seiner Ent-
stehung durch Brudermord befleckt, allmählich durch Herrschsucht imd Habgier
und durch scheinbare Tugenden, die vielmehr Laster waren (ib. XIX,
25; vgl. V, 13 ff.), zu einer unnatürlichen, riesenhaften Größe angewachsen. Zur
Zeit seiner Herrschaft über die Völker sollte Christus geboren werden, in welchem
die dem Volke Israel gewordenen Weissagungen ihre Erfüllung finden und alle
Geschlechter der Menschen gesegnet werden (De civ. Dei XV ff.). Wenn Augustin
80 ein sittlich-religiöses Reich in der Geschichte nach christ-
licher Anschauung sich verwirklichen läßt, so geht er damit über die
neuplatonische Lehre, die nur einen begrifflichen, geschieh tslosen Weltprozeß
kennt, wesentlich hinaus.
In sieben Stufen des mystischen Aufstiegs läßt Augustin auch die
einzelne Seele zu CrOtt gelangen. Doch hat er diesen Gedanken nur in seiner
früheren Zeit durchgeführt. Er bestimmt die Stufen so, daß er von der aristote-
lischen Doktrin ausgeht, aber (analog der neuplatonischen Lehre von den höheren
Tugenden) neue Stufen anfügt. Die Stufen sind 1) die vegetativen Kräfte, 2) die
:
rationale Kraft, auf der die Aiisbildunj^ der Künste und Wissenschaften beruht,
4) die Tugend als Reinigung der Seele durch den Kampf gegen die sinnliche
Lust und durch den Glauben an Gott, die Sicherheit im Guten, (3) das Ge-
.'))
langen zu Gott, 7) die ewige Anschauung Gottes (De quant. an. 33, n. 70 ff.).
Das hwhste, das iinendliche Gut ist Gott selbst, und die höchste Cilückseligkeit
des Menschen besteht in der ewigen Anschauung und Liebe Gottes. Wir sind
nach Gott geschaffen, und unser Herz ist unruhig, bis es in Gott
ruht. Freilich wird diese Glückseligkeit in diesem Leben nicht erlangt, und
das ethische Ziel fällt demnach in das Jenseits. In der Anschauung Gottes
gewinnen wir die vollkommene Ähnlichkeit mit Gott, wodurch wir zwar nicht
Götter, nicht Gott selbst gleich werden, aber doch sein Bild in uns hergestellt
wird (De trin. XIIL 9, n. 12, XIV, 18, n. 24). Von Wert ist nur das Handehi,
durch welches sich der Glaube betätigt. Deshalb sind auch die Tugenden des
Nicht-Christen viel mehr Laster (vitia, Defekte) als Tugenden (De eiv.
Dei XIX, 25). Siehe zu dieser Stelle J. Mausbach, Die Ethik d. hl. Aug.,
II, 259 und Th. Scholz, Glaube und LTnglaube in der Weltgeschichte, Leipzig
1911, 45.
Augustin bekämpft entschieden und häufig die Ansicht, daß alle Strafen
bloß zur Reinigung der Bestraften dienen sollen. Sie sind erforderlich als
Beweis der göttUchen Grerechtigkeit. Würden alle ewig bestraft, so würde dies
nicht ungerecht sein. Da aber auch die göttliche Barmherzigkeit sich bekunden
muß, jedoch nur der kleinere; der weit größere bleibt
80 wird ein Teil gerettet,
in der Strafe, damit gezeigt werde, was allen gebührte (De civ. Dei XXI, 12).
Kein Mensch von gesundem Glauben kann sagen, daß selbst die bösen Engel
durch Gottes Erbarmung gerettet werden müßten, weshalb auch die Kirche nicht
für sie betet. Wer aber aus unzeitigem Mitleid die Rettung aller Menschen an-
nehmen möchte, müßte aus dem gleichen Grunde auch die der bösen Engel an-
nehmen. Die Kirche bittet zwar für alle Menschen, aber nur danun, weil sie von
keinem einzelnen mit Sicherheit weiß, ob Gott ihn zum Heil oder zur Ver-
dammnis bestimmt hat, und weil noch die Zeit erfolgreicher Beue vorhanden ist.
Wüßte sie gewiß, welches diejenigen seien, die „praedestinati sunt in aetemum
ignem ixe cum diabolo'', so würde sie für diese ebensowenig beten, wie sie Grott
um (De civ. Dei XXI, 24). Demgemäß hält Au-
Errettung des Teufels anfleht
Dualismus zwischen Gutem und Bösem hinsichtlich des
gustin den
Endes der Weltentwicklung ebenso entschieden fest, wie er denselben
gegenüber dem Maniehäismus hinsichtlich des ewigen Prinzips aller Wesen be-
kämpft und durch den Gedanken der Stufenordnung aufhebt.
Die Schriften Augustins waren Jahrhunderte lang eine Haupt-
quelle für die christliche Philosophie und Theologie. Die Geschichte
der Dogmen war vielfach durch ihn bestinarat, und häufig knüpften die großen
dogmatischen Differenzen in der christlichen Kirche an seine Lehre an. In Au-
gust in waren, wie das bei geistig hoch angelegten, mächtigen Persönlichkeiten
häufig der Fall ist, widerstrebende Elemente miteinander verbunden, die später
wieder frei wurden und Entwicklung auf Augustin als ihren Vertreter
in ihrer
gestützt werden konnten. Unter den großen Philosophen der neueren Zeit finden
sich namentlich bei Descartes viel augustinische Elemente, vor allem der
Ausgang vom Bewußtsein, der aber ebensowenig Descartes, wie Augustin,
mit einer objektiven Metaphysik brechen ließ.
Als Augustins getreuester Schüler gilt Tiro Prosper von Aquitanien,
gest. um 463,dem es wie keinem anderen gelang, sich in den Ideenkreis Au-
§ 17. Die Griechen des fünften bis achten Jahrhunderts. ]67
von Schriften widmete. tJm 450 schrieb er in Rom den liber Sententiarum
ex operibus S. Augustini delibatarum, das erste Sentenzenbuch im
Abendland, das in 392 den verschiedensten Schriften Augustins ent-
nommenen Lehrsätzen einen Abriß der augustinischen Theologie bot. Auch auf
rein historischem Gebiet ist Prosper tätig gewesen durch die Fortsetzung der
Chronik des Hieronymus.
Mus. 57, 1902, 449-459 (über d. Cod. Vat. 2249). — Die „Kirchen geschichte"
wurde von H. Valesius, Paris 1673 u. ö., dann von Th. Gaisford, Oxford
1854. zuletzt von L. Parmentier Leipzig 1911 (Die griech. christl. Schriftsteller
,
Venedig 1535, zuletzt von Hugo Rabe, Leipzig 1899 (ßibl. Teubn.). — De
opifioio mundi libri VIT hat zuletzt Gualt. Reichardt, Leipzig 1897 ediert
Hibl. Teubn.): den libellus de paschate C. Walter, Jena 1899.
X. Pseado-Dionysius Areopagita.
Die dem Dion ysius Areopagita zugeschriebenen Schriften: lleoi üeioiv 6ro-
uätcov, Usgl fA.vaitxf]'; Oeoloyia?, IJegl rf}'; ovgat'tag 'legagxtaSf Tlegl zfjg lxx).r}oiaaziKi\i
JegaQxiag und 10 Briefe, erschienen griechisch zuerst als Dion. Areopag. opera zu
Florenz 1516, zu Basel 1539, dann Ven. 1558, Paris 1562; ed. Lan seil ins, Paris
1615; ed. Balthas. Corderius, Ant. 1634, wiederabgedruckt Paris 1644, Venedig
1755 — 1756. Die Venediger Ausgabe ist abgedruckt bei Migne, P. gr. 3 — 4.
Zur Textkritik Giuseppe Turturro. II trattato UfqI deUov dvofiäxoiv
dello Ps.-Areopagita nei mss. Laurenziani. Contributo a una futura edizione
critica, Bessarione, Ser. III, anno XII, 1907—1908, Vol. III, 93-138; anno
XIII, 1908-1909, Vol. V, 1-25.
Deutsch von J. G. V. Engelhardt (die angeblichen Schriften des Areo-
pagiten Dionysius, übersetzt und mit Abhandlungen begleitet, Sulzbach 1823), der
auch die Abhandlung von Dal laus (Genevae 1664) über das Zeitalter des Ver-
fassers der areopagitischen Schriften reproduziert. Ins Englische hat sämtliche
Schriften übersetzt J. Parker, Oxford 1897, die myst. Theol. u. d. Briefe
A. Schärpe, London 1910 Die ecoles. Hierarchia hat R. Storf, Kempten
1877 ins Deutsche übertragen (Bibl. der Karchenv.). Eine neue Übersetzung
der beiden Hierarchien bietet J. Stiglmayr, Kempten und München 1911
(Neuaufl. d. Bibl. d. Kirchenv.).
XL MaxJmus Confessor.
Eine Gesamtausgabe der Werke des Maximus veranstaltete Fr. Com-
befis, 2 Bde., Paris 1675 (der geplante 3. Bd. ist nicht mehr erschienen). Dit
Schriften De variis difficilibus locis St. Dionysii et Gregorii Theologi und
Ambig ua in S. Gregorium Theologura sind vollständig erst von Fr. Oehler
(Anecdota Graeca 1), Halis 1857 ediert worden. Die Ausgaben von Combefis un,d
Oehler sind abgedruckt bei Migne, P. gr. 90-91, Paris 1860. Die Schollen
des Max im US zu den Schriften des Areopagiten bringt Migne, P. gr. 4. 15 —
432, 527—576 nach der Venediger Ausgabe des Areopagiten von 1755—1756.
die reine bUdlose Wahrheit sei nur wenigen erkennbar und würde auf die schwachen
Geistesaugen der Menge nur blendend wirken. Eben dieser dem christlichen
Gemeingeiste widerstreitende Aristokratismus der Intelligenz gibt sich in den
Dichtungen kund, die er verfaßt hat, nachdem ihm trotz jener Erklärung
die Bischofswürde erteilt worden war. Mehr noch in neuplatonischer als in
christlicher Weise faßte er Gott auf als die Einheit der Einheiten,
die Monade der Monaden, die Indifferenz der Gegensätze, die in über-
seienden Wesen, durch ihre erstgeborene Gestalt in imaussprechlicher Weise er-
gossen, eine dreigipfelige Kraft erhielt, als überseiende Quelle gekrönt durch die
Schönheit der Kinder, die, der Mitte entströmt, um die Mitte sich scharen.
Nach Darlegung aber legt Synesius der allzukühnen Leier Schweigen auf.
dieser
Sie soll nicht dem Volke der Heiligtümer geheimstes (die Priorität der Monas
vor den drei Personen?) verkünden. Indem der ewige Gott, ohne Teüxing ge-
teilt, in die Materie einging, erhielt die Welt ihre Form und Bewegung. Er
lebt auch in denen, die hierher herabsanken, als die zum Himmel wieder empor-
ftihrende Kraft.
Auch Nemesius, der höchst wahrscheinlich zu Ende des 4. oder zu Anfaug
des 5. Jahrhunderts, nicht aber erst, wie Ritter und Zeller annahmen, um die
Mitte oder in der zweiten Hälfte desselben schrieb, steht in seiner psychologischen
Schrift IJegi(pvoscog av&QOinov im wesentlichen auf dem neuplatonischen
Standpunkt, ohne indessen gegen die anderen philosophischen Richtungen sich ab-
zuschließen.Neben der stoischen Affekten! ehre und mannigfachen Be-
rührungen mit der Lusttheorie Epikurs tritt insbesondere das aristotelische
Element in einer eingehenden Erörterung des Entelechiebegriffs und in der
Verwertung wichtiger psychologisch-ethischer Begriffe auffallend stark
hervor. Die naturwissenschafthchen und physiologischen Kenntnisse werden aus
Aristoteles und Galen geschöpft. Des Nemesius Psychologie benützte vielfach
Johannes Damascenus, insbesondere in dem dritten Teil seiner nrjyt) yvcöoewg
(8. unten). Aber auch im Mittelalter war
wohl bekannt und wurde oft zitiert unter
sie
dem Namen des Gregor von Nyssa, eine Verwechslung, die sich wohl daraus er-
klärt, daß auch der Nyssener ein anthropologisches Werk {ITsqI xazaaxtvfjg är&QWTiov)
verfaßt hatte (s. oben S. 134 f.). Ihre Kenntnis verdanken die mittelalterhchen Autoren
einer im 11. Jahrhundert höchst wahrscheinlich von Alfanus L, 1058—1085 Erz-
bischof von Salerno, gefertigten Übersetzung ins Lateinische, die von Holzinger
1887 veröffentlicht wurde. Eine zweite, im 12. Jahrhundert (1159) entstandene,
mit einem Widmungsbrief an Kaiser Barbarossa eingeleitete, aber nicht vollständige
Übertragung stammt von Johannes Burgundio von Pisa (f 1194), die von
§ 17. Die Griech. d. fünft, b. acht. .Tjihrh. Neme«ius. Cyrill. v. Alex. Theodoret. 173
bestimmte Triebe gebunden; die Handlungen der Menschen aber sind unendlich
mannigfach. In der Mitte zwischen dem Sinnlichen und Übersinnlichen stehend,
hat der Mensch vermöge seiner Vernunft sich zu entscheiden, wohin er sich
wenden will. Das ist seine unbedingte Freiheit. Die Vernunft {Äöyog, qjQÖvijoig,
to ::iQaxzix6r) vollzieht die Wahl. Als überlegende Kraft setzt sie dem Praktischen
das richtige Maß (dgdog köyog) als feste Grenze und ist somit das Prinzip des
freien Handelns.
Ohne philosophische Bedeutung ist Cyrill, Patriarch von Alexandrien 412 l)is
Cyrill und das Epbesinum in mehreren Schriften und den Eutychianismus in dem
umfangreichen Werk „Der Bettler" oder „Der Vielgestaltige" (Egavtaty? tJToi :i<M-
/togqfoc), dessen Hauptquelle nach l;»altet ein vielleicht von Helladius von
Ptolcmais una 430 oder 431 verfaßtes dogmatisches Florilegium war. Er ist
ferner bekannt durch seine um 450 verfaßte Kirchen geschichte, die eine Fort-
setzung der Kirchengescliichte des Eusebius darstellt, und durch sein später ge-
schriebenes Kompendium der häretischen Fabeln laiorttxTj<; xaxofiv&Ca^
t:taopiri\. eine Geschichte der Häresien in vier Büchern. Im fünften Buch ist ein
Abriß der orthodoxen Glaubens- und Sittenlehre angefügt (j?ci'a>v doy^äxoiv fnixofii)),
nach Or igen es und Gregor von Nyssa ein weiterer bedeutender Versuch einer
systematischen Darstellung der christlichen Dogmen, der auf den letzten, ab-
schließenden Systematiker der griechischen Patristik. auf Johannes Damas-
cenus, nicht ohne Einfluß blieb. Auf dem Gebiet der Exegese, wo er ,,als der
größte Exeget des griechischen Altertums" gilt (Bardenhewer, Patrologie, 3. A.,
1910, 329), folgte er der grammatisch-geschichtlichen Auslegung seiner antioche-
nischen Vorgänger.
In der Philosophie lehnte er sich vielfach an Piaton an, tadelte diesen
aber namentlich wegen seines Dualismus. Mit Theodoret schließt die Reihe der
griechischen Apologeten. In seiner zwischen 429 und 437 geschriebenen
Apologie Heilung der heidnischen Krankheiten oder Erkenntnis
,,
Streitschrift gegen die ZroixsioHns ^eoloyixi^ des Proklus unter dem Titel:
UqöxXov ^ealoyixä xe(päXaia zugeschrieben. Dieses Bruchstück
'AvriQptjaig stg rä rov
findet sich, wie D. Bussos entdeckte, wörtlich in des Nikolaus von Menthone
(11.Jahrhundert) '^vöjixv^ig r^g ^eokoyixifg azotj^ettooEcog Tlgöxkov. J. Dräseke
zog daraus den überelten Schluß, daß die ganze Schrift des Nikolaus von Men-
thone Eigentum des Prokop sei. Allein J. Stiglmayr hat in überzeugender
Weise das Unzureichende der Dräsekeschen Beweisführung dargetan und es höchst
wahrscheinlich gemacht, daß nicht einmal jenes Fragment dem Prokop angehört,
sondern aus der '^vcaizv^ig des Nikolaus stammt, und somit der Rhetor und Exeget
von Gaza als Bestreiter des Proklus nicht in Frage kommt. Über Nikolaus
von Menthone siehe unten § 27.
Aeneas von Gaza undZacharias von Mitylene (Scholasticus) billigen
von den platonischen Lehren nur die, welche mit dem christlichen Dogma über-
einstimmen. Aeneas, geboren um 450, ein Schüler des Neuplatonikers Hierokles
in {siehe über seine vielleicht schon christlich beeinflußte Lehre
Alexandrien
K. Praechter, Christlich-neuplatonische Beziehungen, Byzantin. Zeitschr. 1912,
1— 27), Zeitgenosse des Prokopius von Gaza, ein berühmter Lehrer der Rhetorik
und Liebhaber der Philosophie {eQaaxijg zrjg qpdoaoq)tag) dortselbst, verfaßte vor
534 gegen den Neuplatonismus den interessanten Dialog .,Theophrastus oder
von der Unsterblichkeit der Seele und der Auferstehung des Leibes'",
in welchem psycholc^sche. kosraologische und esehatologische Probleme vom
S^tandpunkt des christlichen Platonikers behandelt werden. Aeneas übernimmt
den platonischen Seelen begriff, bekämpft aber die Lehre von der Präexistenz der
Seelen und von der Seelenwanderung. Er tritt ein für den Kreatianismus, für die
Willensfreiheit, für die Unsterblichkeit der Seele. Ferner bestreitet er die Anfangs-
losigkeit der Welt, die auf der Schöpfnng durch Gott und den Logos
dem Wege
entstanden ist. Der Entstehung des Kosmos entspricht seine Auflösung, die aber
nur als eine einmalige zu denken ist, und der die Umwandlung in eine neue un-
sterbhche Welt folgt. Wie der Kosmos, wird auch der Leib des Menschen bei
der Auferstehung umgestaltet werden. Bei den Tieren dagegen, weil ihre Seeleu
unvernünftig und sterblich sind, ist es unnütz, den Leib wieder zu erwecken.
Aeneas erweist sich als einen guten Kenner Piatons. Nach den Unter-
suchungen Sikorski's benützte er reichlich formell und inhaltlich die platonischen
Dialoge» insbesondere den Timäus, den Phädrus, die Republik, den Gor-
gias, den Phädon, den Protagoras. Aber auch die übrigen platonischen
Schriften hat er sehr wahrscheinlich gekannt, während er von den aristotelischen
Werken keinerlei Kenntnis besaß. Was er von dem Stagiriten anführt, die Lehre von
der Ewigkeit der Welt und von der Sterblichkeit der Seele, war Gemeingut der
Zeit. Um so mehr gilt ihm aber Plotin, den er öfter fast wörtlich ausschreibt
(Sikorski, S. 22—34). In der Entwicklung und Begründung des Auferstehung,s-
dogmas steht er unter dem Einfluß des Gregor von Nyssa, dessen Schriften
De opificio hominis und De anima et rcsurrectione er verwertet (Sikorski,
S. at—41).
Zacharias. der Bruder des Prokopius, zuerst Rechtsanwalt {axokaattxö^.
et't^cog) in 53G Bischof von Mitylene, gestorben vor 553, schrieb
Konstantinopel, seit
In der gleichen Stellung, welche die Schule von Gaza zum Neu-
platonismus einnimmt, finden wir den Zeitgenossen der Gazäer, den in der
ersten Hälfte des G. Jahrhunderts lebenden alexandrinischen Grammatiker und
Aristoteleskommentator Johannes Philoponus, einen Schüler des Ammonios
Hermiae (Grundriß I, 10. A., 347, 352), dem Aristotelismus gegenüber. Er
übernimmt von Aristoteles nur die Lehren, welche mit dem Christentum nicht
im Widerspruch stehen, ohne daß ihm dies jedoch durchw^ gelungen wäre. Neben
den Kommentaren zur Etaaycoyri des Porphyrius und zu aristotelischen
Schriften (zu den Kategorien, zu den beiden Analytiken, zur Physik, zu den
Meteorologica, zu de generatione et corruptione, zu de anima, zur Metaphysik der —
Kommentar zu de gen. anim. gehört Michael von Ephesus an; siehe Grundr. I,
10. A., S. 349 u. 192 —
193) schrieb er gegen Proklus eine Verteidigung der Lehre
von der Weltschöpfung (De aeternitate mundi contra Proclum), ferner einen
Kommentar über den biblischen Schöpfungsbericht (De opificio mundi). In
seinem, bis auf Fragmente, die bei Johannes Damascenus gerettet sind, verloren
gegangenen christologischen und trinitarischen Werke, der „Schiedsrichter"
(JiatT»;T^? ?; negi evdiaEwg) ergriff er Partei für den Monophysitismus. Durch An-
wendung der aristotelischen Substanzlehre auf die Trinität kam er zum Tritheis-
mus. In Gott seien xqsTc fjEfjixai ovolai. In seiner ebenfalls nicht mehr er-
haltenen Schrift über die Auferstehung des Leibes {Tlsgi avaoTnaewi;) leugnete er
die Identität des Auferstehungsleibos mit dem jetzigen Leib. Er urgiort, im
Unterschiede von Simplicius und anderen Neuplatonikern, die Differenz zwischen
der platonischen und aristotelischen Lehre. Die Ideen sind ihm die schöpferischen
Gedanken Gottes, die als Urbilder vor ihren zeitlichen Abbildern existieren
können und müssen. Seine theologischen Schriften und seine Kommentare, die
größtenteils ins. Syrische übersetzt wurden, standen bei den syrischen Monophy-
siten in höchstem Ansehen.
Zu Justinians Zeiten, um 475 bis um 543, lebte teils in Jerusalem, teils in
Konstantinopel Leontius von ßyzauz, über dessen Leben und Schriften erst
die Untersuchungen von Loofs einiges Licht verbreiteten. An den christolo-
gischen Kämpfen in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts nahm er hervor-
ragenden Anteil und griff mit einer Reihe bedeutsamer philosophischer Termini
in den Streit ein. Er schrieb „Drei Bücher gegen Nestorianer und Euty-
chianer" und zwei Schriften gegen Severus, den monophysitischcn Patriarchen
von Antiochien („Widerlegung der von Severus vorgebrachten Argu-
mente", auch kurz „Epilysis" genannt, und ,, Dreißig Thesen (capita)
gegen Severus"). Die Echtheit der übrigen bei Migne (P. gr. SO) gedruckten
Schriften ist nicht gesichert. Loofs teilte Leontius noch ein weiteres großes,
aber verloren gegangenes Werk mit dem Titel 2x6'/.ia zu, das nach Loofs An-
sicht für die bei Migne 1. c stehenden Werke de sectis, contra Monophysitas,
contra Nestorianos die Grundlage gebildet haben soll, eine Hypothese, die von
Junglas (S. 6—15) mit guten Gründen bekämpft wird. Für die unter dem
Namen des Leontius gehende Schrift De sectis, die schon von Loofs
Leontius aberkannt wiirde, wenn sie auch in engster Abhängigkeit von ihm
steht,wird von Junglas (S. 15—20) der Abt und Philosoph Theodor von
Raithu (Anfang des 7. Jahrhund.) als Autor in Anspruch genommen, während
J. Stiglmayr (Zeitschr. für kathoi. Theol. 32, 1908, 567) und M. Grab mann
wieder für die Urheberschaft des Leontius eintraten (siehe die Lit.).
So wenig wie irgend ein anderer seiner Zeitgenossen oder seiner Nachfolger
war Leontius ein schöpferischer Geist. Von der gewaltigen Produktionskraft der
§ 17. Die Griechen des fünften bis achton Jahrh. Leontius von Hvzanz. 177
früheren Jahrhunderte den Griechen nach Theodore t von Cyrus, wie ebenso
ist bei
bei den Lateinern nach Augustin, wenip; mehr zu spüren. Ausdrück-
in der Zeit
lich bekennt Leontius von sich selbst, wie später Johannes Daraascenus,
nichts sei sein Eigentum, sondern alles habe er den Vätern entnommen (Migne,
P. gr. 8G, 1, 1343 D). Als Hauptquellen dienen ihm Basilius, Gregor von Na-
zianz, Cyrillus von Alexandrien, Ephräm von Antiochien, Heraklian
von Chalcedon, einige Male auch Pseudo-Dionysius (s. Jung las, S. 40 — 65).
Aber nicht nur seine Theologie, sondern auch seine philosophischen
Kenntnisse sind in der Hauptsache aus den Vätern, insbesondere aus Basilius u.
Gregor von Nazianz, geflossen. Doch treten als neue und außeqiatristische
Quellen die vielgelesene Isagoge des Porphyrius und die Kategorien des
Aristoteles in der Bearbeitung des Porphyr oder seiner Schüler auf (J un glas»
8. 46). Darin bekundet sich unzweifelhaft ein starkes logisches Interesse
und ein bemerkenswertes Eindringen der porphyrianischen Prädikabilien
und der aristotelischen Kategorientafel in die Theologie, speziell in die
Erörterungen des trinitarischen und christologischen Problems.
vnoaiaai; ovj[ oazXöjg oitSe TZQorjyov/nh'Cog z6 ziXstov dtjXoT, dXXä z6 xaä' iavzo vjiÜqx^ov).
Gleichwertig mit vjzöozaaig gebraucht Leontius
die Ausdrücke ngöaw^zov, äzo/iov,
vnoxeifxevov (Migne Die Hypostase wird charakterisiert durch
1. c. 86, 1, 1305 C).
die Ansammlung von Akzidenzien {ä&Qoio/na), die von keinem anderen
in Wahrheit ausgesagt werden können (Migne 1. c. 86, 2, 1915 B C). Es
gibt keine Natur, die dwjtöazazog wäre, anderseits ist aber nicht jede Natur
Hypostase (Migne, 1. c. 86, 1, 1280 A). Es gibt Fälle, wo die Natur weder
das eine, noch das andere ist. So kommt Leontius zu einem weiteren Begriff,
zum Begriff des iwjzöazazov, der eine Natur bezeichnet, die zwar nicht selbst
Hypostase ist, die aber in einer Hypostase existiert (Migne 1. c. 86, 1, 1277 D,
1280 A B). Dies trifft zu für die Verbindung von Leib und Seele im Menschen
und für die Vereinigung der menschüchen Natur Christi in der Hypostase des
Logos (Junglas, S. 88, 148 ff.).
Loof s, Ermon i und Harnack sehen in Leontius einen Aristoteliker und
vertreten die Ansicht, mit ihm bt^inne in der Philosophie der Kirchenväter eine
Wendung vom Piatonismus zum Auch Grabmann hatAristotelismus.
sich dieser Auffassung angeschlossen.In Wirklichkeit steht aber Leontius, wie
dies bereits von Junglas betont wurde, dem Wesen und den Grundlehren des
Aristotelismus ebenso fremd und verständnislos g^enüber, wie alle seine ortho-
Ueberweg, Grundriß n. 12
178 § 17. Die Griechen des fünften bis achten Jahrh. Leontius v. Byzanr.
Auf der Grundlage dieser Ausführungen erhellt ztigleich, daß die Begriffe
vjiooTaoig und svvTiöarazov nicht unmittelbar, wie Loof s meint, der aristotelischen
Logik, der Unterscheidung von ovaia jiQwrrj und ovaia devrega, entsprangen, son-
dern auf dem Boden des christologischen Dogmas und der neuplatonischen
Anschauungen über die Art der Verbindung von Leib und Seele als zweier
vollkommener und unv ermisch ter Naturen in der Einheit der menschlichen
Hypostase erwachsen sind, wie dies bereits Junglas (S. 150 ff.) genauer be-
gründet hat.
Es besteht somit kein Grund, bei Leontius einen Wendepunkt in der pa-
tristischen Philosophie anzunehmen. Leontius' Denken bew^ sich tatsächlich in
den Bahnen der herrschenden ZeitphUosophie d. h. des Neuplatonismus, der
Neuplatonismus blieb, auch nachdem er die aristotelischen Kategorien und andere
aristotelische Termini und Formeln absorbiert hatte. W^ie es sich nicht recht-
fertigen ließe, Augustinus wegen seiner Kenntnis und Verwertung der Kate-
gorientafel einen Aristoteliker zu nennen, ebensowenig kann dies aus dem gleichen
Grunde bei Leontius zutreffen. Auch die äußere Technik seiner Schriften, die
in Fragen und Antworten, also in der Form des Dialogs, verlaufende Unter-
suchung, kennzeichnet ihn als einen Nachahmer der Platoniker.
Harnack (Lehrb. d. Dogmengesch. II, 4. A., Tübingen 1909, 406) nennt
Leontius den „ersten Scholastiker". Aber auch dieser Vorrang kann ihm nicht
zugesprochen werden, wenn man unter „Scholastiker" einen Autor versteht, der
die Philosophie mit ihren Begriffen, Distinktionen, Schlüssen und Argumenten,
kurz die Methoden der ratio, bei der Behandlung der christlichen Glaubenslehre
§ 17. Die Griechen de6 fünften bis achten Jahrh. Pseudu-Dionysins. 179
Greraeingut der Gläubigen geworden war, suchte man auch wieder eine größere
Tiefe des Glaubens im Gegensatz gegen den öffentüchen Glauben, weil dieser in
demselben Grade, in welchem er auch den Oberflächlichsten zugänglich zu sein
schien, den tiefer Strebenden ungenügend erscheinen mochte. Hierzu kam, daß
durch die heidnische Philosophie, indem sie von neuem und in größerem Maße
unter die Christen eindrang, dem Zweifel und mithin dem Mystizismus Nahrung
geboten werden mußte" (Ritter).
Die erste Erwähnung der areopagitisehen Schriften findet sich in
einem Briefe des Bischofs I nnocentius von Maronia, in welchem dieser über eine
Unterredung referiert, die um 531 oder 533 auf Befehl des Kaisers Justinian unter
dem Vorsitz des Metropoliten von p]phesus, Hypatius, mit den Severianern
(bekanntlich gemäßigteren Monophysiten, welche zugestanden, daß Christus xaxä
oÜQxa ofioovnioc rj^iiv gewesen sei, von den strengeren Monophysiten aber als
7 &uQToläzoai bekämpft wurden) zu Konstantinopel gehalten worden war. Die
Scverianer berieten sich auf Stellen des Cyrillus, Athanasius, Felix, Julius, Gre-
gorius Thaumaturgus und auch des Dionysius Areopagita, dessen Schriften die
Streitfragen kaum berühren, obschon sie einzelne der auf dem chalcedonischen
Konzil 451 gebrauchten Ausdrücke enthalten und lieber die Lehre positiv entwickeln
als Gegner verdammen wollen, hierdurch aber dem Sinne des 482 erlassenen kaiser-
lichen Henotikon gerecht werden. Hypatius, der Wortführer der Katholiken, be-
stritt die Echtheit der dem Dionysius beigelegten Schriften, die weder Cyrill.
Credogesang in der Meßliturgie erwähnt (De eccl. hier. 3. 2), und es zeigen sich
Anzeichen vom Einfluß des Henotikons aus dem Jahre 482.
Die Abfassung der Schriften wird somit in die letzten De-
zennien des fünften Jahrhunderts fallen. Ihre Heimat dürfte in
Syrien zu suchen sein. Über den Verfasser ist Sicheres nicht bekannt. Die
von Hipler (1861) aufgestellte These. Dionysius von Rhinokorura sei der
Verfasser, ist von ihrem Urheber seibat aufgegeben worden. Die Annahme
G. Krügers, der Autor sei ein Scholastikos von Gaza, namens Dionysios, ist
eine bloße Vermutung. Nach J. Stiglmayr (Des hl. Dionys angebliche Schriften
über die beiden Hierarchien. Aus dem Griech. übersetzt, Kempten und München
1911, S. XXIII) sind „die Schriften in der Zeitsphäre des kaiserlichen Henoti-
kons (482) entstanden und rühren von einem Anhänger jener Mittelpartei her,
welche zwischen den schrofferen Monophysiten und den strengeren Orthodoxen
eine Einigung herbeizuführen suchte".
Dionysius unterscheidet im Anschluß an Proklus eine bejahende
Theologie, xazaq.'aTix^, die, von Gott zu dem Endlichen herabsteigend, Gott ab
den AUnamigen betrachtet, und eine verneinende, d:roq)atix^, die, den Weg der
Verneinungen einhaltend, von dem Endüchen wiederum zu Gott aufsteigt und
§ 17. Die Griechen des fünften bis achten Jahrh. Pseudo-Dionysius. J}^}
ihn als den Namenlosen, über alle positiven und negativen Prädikate Erhabenen
betrachtet, ura schließlich,nach vollendetem Aufsteigen in das über den Geist er-
habene Dunkel eingetreten, ganz lautlos mit dem Unaussprechlichen gänzlich ver-
eint zu sein (De theol. myst. c. 1; 3). Der ersteren gehören an die von Dionysius
(De div. nom. c. 1 u. 2, § 1 De theol. myst. c. 3) erwähnten, nicht auf uns ge-
;
gute und übergöttliche Güte und Gottheit an sich die Urheberin der (ideellen)
Güte und Gottheit an sich sei, insofern die letztere die Gutes schaffende aus Gott
hervorgegangene Gabe sei, daß femer die Vorsehungen und Güten, an welchen das
Existierende teilnehme, von Gott, dem Unteilbaren, in überschwenglicher reicher
FiUle ausfließen, so daß in Wahrheit der alles Verursachende über alles erhaben
sei, und das Überseiende und Übernatürliche durchaus jegliche Natur und Wesen-
heit übertreffe (De div. nom. c. 11, § 6). Das überwesentliche Eine begrenzt das
seiende Eine und alle Zahl und ist selbst Ursache und Prinzip des Einen und der
Zahl und alles Seienden Zahl und Ordnung zugleich. Deshalb wird die über
alles erhabene Gottheit als Monas gepriesen und als Trias, ist aber weder als
Monas, noch als Trias von uns oder von irgendeinem erkannt, sondern, damit
wir das Übergeeinte in ihm und seine göttliche Schöpferkraft wahrhaft preisen,
nennen wir mit der triadischen und einigen Benennung ihn den Namenlosen, den
ÜberwesentUchen in bezug auf das Seiende. Keine Monas oder Trias, keine Zahl,
keine Einheit, keine Erzeugung, kein Seiendes oder von Seiendem Gekanntes er-
klärt die über allen Verstand erhabene Heimlichkeit der überwesentlich
übererhabenen Übergottheit. Sie hat keinen Namen, keinen Be-
182 § !"• Die Griechen des fünften bis achten Jahrh. Pseudo-Dionysius.
griff, sondern ira Unzugänglichen ist sie über alles hinaus. Und
nicht einmal den Namen der Güte geben wir ihr, als ob er für sie paßte, sondern
von jener unaussprechlichen Natur etwas einzusehen und zu
in der Sehnsucht,
sagen, weihen heiligsten und ehrwürdigsten Namen und
wir ihr zuerst den
stimmen dadurch auch wohl mit den heiligen Schriften überein. Wir bleiben
aber weit unter der Wahrheit des Gegenstandes zurück, weshalb sie auch den
Weg der Verneinungen vorgezogen haben, der die Seele von dem ihr Ver-
wandten wegrückt und sie durch alle göttlichen Intelligenzen durchführt, über
welchen das über allen Begriff, über allen Namen, über alle Erkenntnis Erhabene
steht (De div. nom. c. 13, § 3).
Die gesamten Ausflüsse dessen, der aller Dinge Ursächliches ist,
faßt Dionysius unter der Benennung des Guten zusammen (De div. nom.
c. 5, § 1 ff.). Gott hat alle Vorbilder des p]xistieronden in sich bestehen
(die Ideen), welche die heilige Schrift :iQoooia/iiovi nennt (ebd. c. 5, § 8).
Das Gute erstreckt sich weiter als das» Seiende, es umfaßt das Seiende
und Nichtseiende und ist über beides erhaben. Das Böse ist ein Nichtiges.
Das Böse würde, wenn es als solches subsistierte, sich selbst böse sein, also sich
vernichten (ebd. c. 4, § 26). Der Name des Seienden erstreckt sich auf alles
Seiende und ist über alles Seiende erhaben. Das Seiende erstreckt sich weiter als
das Leben. Der Name des Lebens erstreckt sich auf alles Lebende und ist über
alles Lebende erhaben. Das Leben erstreckt sich weiter als die Weisheit. Der
Name der Weisheit erstreckt sich über alles Greistige und Verstandbegabte und
Empfindende und ist über dieses alles erhaben. Auf die Frage, warum dennoch
das Leben höher stehe und Gott näher sei, als das (bloß) Seiende, das Emp-
findende höher, als das (bloß) Lebende, das Verständige höher, als das (bloß)
Empfindende, und die Geister wiederum höher, als das (bloß) Verständige, ant-
Avortet Dionysius: darum, weil das von Gott reicher Begabte auch besser und über
das Übrige erhaben sein muß; der Geist aber ist am reichsten begabt, da ihm
ja auch das Sein und Leben und Empfinden und Denken zukommt usw. (De div.
nom. c. 4 und 5). (In dieser Antwort stellt Dionysius das, was den größten
Reichtum von Attributen hat, am höchsten nach der Weise des Aristoteles.
Und doch stellt derselbe Dionysius innerhalb des Ideellen und Überideellen das
Abstrakteste, das den größten Umfang, aber beschränktesten Inhalt hat, am
höchsten nach der Weise des Pia ton. Er so wenig, wie Proklus und wie
überhaupt irgendeiner seiner neuplatonischen Vorgänger, vermag die eine
oder die andere dieser entgegengesetzten Gedankenrichtungen konsequent durch-
zuführen.)
Welchen bedeutenden Einfluß Pseudo-Dionysius nicht nur auf Johannes
Eriugena und auf die Mystiker des Mittelalters, sondern auch auf die Scholastik,
sogar auf Thomas und die Thomisten, gehabt hat, ist aus den zahlreichen Kommen-
taren zu ersehen, die zu den areopagitischen Schriften geschrieben wurden, so von
Hugo von St. Victor, Robert Grosseteste, Albertus Magnus, Thomas
von Aquin, Dionysius Carthusianus. Vgl. Corderius, Observationes in
Dionysii opp. Tom. I, bei Migne, P. gr. 3, 77 — 107.
Maximus' Bedeutung liegt auf dem Gebiete der Mystik und der
Christologie. Wenn die pseudo-dionysianischen Schriften im 7. und in den
folgenden .Jahrhundertenzu höchstem Ansehen emporstiegen, so ist dies vor-
nehmlich das Werk des Maximus und
seiner orthodox gehaltenen Interi)retationen
des dionysian Ischen Gedankenkreises. Maximus lehrte eine Offenbarung Gottes
durch Natur und Schrift. Der Logos läßt alles Geschaffene von sich ausgehen
und führt auch alles wieder in sich zurück. Aus ihm entspringt alle Bewegung,
und er ist alles Bewegten Ziel. Die Sünde hat den Menschen und die Natur von
ihrem ewis^en Grunde getrennt. Daher mußte die Versöhnung durch die Mensch-
werdung des Logos wieder zustande kommen. Da jedoch die Menschwerdung
Gottes in Christo der Gipfel der Offenbarung ist, würde sie auch ohne den Sünden-
fall stattgefunden haben. Sie ist zugleich des Menschen Vergottung (ßeojan). Da
der Mensch Mikrokosmus ist, so erstrecken sich die Folgen der Menschwerdung
des Logos auch auf alles übrige außer dem Menschen, und so ist das letzte Ziel
die Einigung aller Dinge mit Gott.
In der Christologie knüpfte Maximus an Leontius von Byzanz an,
ßaoikidi aßqmg ziaiv vnrjQ£zeio&ai) Der zweite Teil gibt eine kurze Geschichte
der Häresien nach Epiphanius, Theodoret, Leontius von ßyzanz und
anderen. Der dritte Teil {exSoots dxgtßrfg zijs Sg^odö^ov jiiarews) entwickelt auf
der Grundlage von Väterzitaten in systematischer Ordnung und in 4 Büchern das
orthodoxe Lehrgebäude, die Lehre von Gott (1. B.), von den Schöpfungswerken
(2. B.), von der Menschwerdung (3. B.), von der Verherrlichung des Gott-
menschen, von den Sakramenten, von der Heiligenverehrung, von den heiligen
Schriften und von den letzten Dingen (4. B.). Übrigens findet sich die Vier-
teilung noch nicht in den griechischen Handschriften; sie tritt erst im Abend-
land auf vermutlich unter dem
Einfluß der Vierteilung des Sentenzenbuches des
Petrus Lombardus (siehe Bardenhewer, Patrologie, 3. A., 1910, 504 f.;
M. Grab mann, Die Gesch. der scholast. Methode I, Freiburg i./B. 1909, 109,
II, 367).
Im einzelnen sei nur hingewiesen auf die vi'icht^e Lehre von den nd&tj
(passiones), vom Willen und von der Willensfreiheit, wo nahezu voll-
ständig mit Begriffen der aristotelischen Psychologie und Ethik operiert
wird. Johannes schöpfte dabei freilich nicht direkt aus Aristoteles, sondern
wie Verweyen und Burkard gezeigt haben, aus der Schrift des Nemesius.
Die von dem letzteren formulierte Definition der .to^»; (De nat. hom. c. 16) und
die zur Bewältigung des Willens- und Freiheitsproblems dem Stagiriten ent-
nommenen und oben (S. 173) besprochenen Begriffe kehren sämtlich bei dem
Damaszener wieder.
Die Autorität von Johannes „Quelle der Erkenntnis' ist im Morgenland
noch heute groß. Aber nicht bloß die Orientalen, sondern auch die Scholastiker
des Abendlandes haben in der theologischen Doktrin und in der Philosophie unter
ihrem Einfluß gestanden, seitdem auf Veranlassung des Papstes Eugen III. (1145
—1153) der dritte Teil der Schrift durch Burgundio Pisano (1151) ins La-
teinische übersetzt worden war. Mehrere Kapitel haben Petrus Lombardus und
Gandulph von Bologna als mannigfach benutzte Quelle gedient. Aber auch
noch Spätere, wie Albertus Magnus und insbesondere Thomas von Aquin,
berufen sich sehr häufig auf die Schrift De fide orthodoxa. Bei dem kompila-
torischen, die lange Entwicklungsreihe der griechischen Väter zusammenschließen-
den Charakter, der dem Werke eigen ist, bedeutete sein Eintreten in das Ge-
sichtsfeld der mittelalterlichen Lateiner nach der theologischen Seite hin
eine Einführung in die Gedankenwelt der griechischen Väter und damit eine
wertvolle stoffliche Bereicherung. Philosophisch und methodisch betrachtet
186 § 18. Die Lateiner des fünften bis achten Jahrhunderts.
Auf den Leistungen dieser Männer und auf den Schultern der
älteren Profan- und Kirchenschriftsteller ruhen wiederum die Schriften
des Martin von Bracara und des Isidorus Hispalensis, welche
den Sueven und Westgoten die antike Bildung übermittelten, und des
Beda Venerabilis, der bei den Angelsachen die gleiche Vermittler-
rolle übernahm.
§ 18. Die Lateiner des fünft, b. acht. Jahrh. Ausgaben u. Übersetzungen. 187
IV. BoSthlus.
Die gesammelten Werke des Boethius erschienen zu Venedig 1492
und 1499, zu Basel 1546 und 1570, dann am vollständigsten bei Migne, P. lat.
63—64, Paris 1847. In der Wiener Ausgabe ist bis jetzt von den Boethius-
AVerken nur ein Band erschienen: Corp. script. eccles. lat 48. Er enthält die
beiden Kommentare zur Isagoge des Porphyrius, von Schepß begonnen und
von S. Brandt vollendet: Anicü Manlii Severini Boethi in Isagogen Porphyrii
eommenta. Copiis a G. Schepß comparatis suisque usus rec. S. Brandt,
Vindob. 1906.
Separatausgaben haben geliefert: C. Meiser, A. M. S. Boetii Commen-
tarii in ÜDrum Aristotelis Tiegi sQtirjveia?, 2 voll., LipsLie 1877, 1880. G. Fried- —
lein, A. M. S. Boetii De institutione arithmetica libri duo, De institn tione
musica libri quinque. Accedit Geometria quae fertur Boetii. E libris mss.
ed., Lipsiae 1867. N. Bubuov, G^rberti opera mathematica,., Berolini 1899.
Bubnov publiziert im Appendix S. 161—179 Fragmente der Übersetzung der
Elemente des Euklid durch Boethius und S. iS)— 196 Fragmente aus zwei '
V. Cassiodonis.
Die Werke des Cassiodorus sind zu Paris 1579, dann von J. Garetius
Kothomagi 1679, dann zu Venedig 1729 herausgegeben worden, der früher un-
edierte Schluß der Schrift De artibus ac disciplinis liberalium htterarum von
A. Mai, Kom 1831. Die Ausgabe von Garet mit den Ergänzungen v. A. Mai
wurde abgedruckt bei Migne, P. lat. 69—70.
Cass. Chronik hat Th. Mommsen herausgegeben in: Abhandl. d. philol.-
histor. Kl. d. Kgl. sächsischen Gesellsch. d. Wiss. 3, Leipzig 1861, S. 547—696
und Chronica min. Berolini 1894,
II, S. 109 — 161, Monum. Germ. bist. Auct.
antiquiss. 11. In der zuletzt genannten Sammlang Berol. 1882 erschien auch
5, 1,
Cassiodors nur im Auszug von Jordanis erhaltene Geschichte der
Goten, herausgeg. von Th. Mommsen. Ebendaselbst 12, Berol. 1894 hat
Th. Mommsen die Variae und als additamentum tertium L. Traube, Cassiodori
orationum reliquiae ediert.
Die einen Teil des zweiten Buches der Institutiones bildende Rhetorik hat
C. Halm, Rhetores ktini minores, Lipsiae 1863, S. 493 504 herausgegeben. De —
orthographia und De arte grammatica excerpta sind abgedruckt bei
H. Keil, Grammatici latini 7, Lipsiae 1878, S. 127—216.
Ein kurzes von A. Holder entdecktes Fragment einer unbekannten Schrift
Cassiodors hat H. Usener, Anecdoton Holden, Bonn 1871 veröffentlicht.
Zur handschrif tl. Überlieferung und Textkritik: G. Laubmann,
Sitzungsb. d. K. Bayr. Akad. d. Wiss. zu^München, philos.-philol. und bist. Kl.
1878, 2, S. 71—96 (Zur handschriftl. Überl. d. 2. Buches d. Institutiones).
Th. Stangl, Zu Cassiodorius Senator. Sitzungsb. d. Kais. Akad. d. Wiss. zu
Wien, philos.-hist. Kl. 114, 1887, S. 405—413 (Textberichtigungen zu den Com-
plexiones in psalmos); derselbe, Blätter f. d. bayr. Gymnasialschulwesen 34, 1898,
249ff., 545ff. M. Manitius, Cassiodor (Zur handschriftl. ÜberUef.), Neues
Archiv d. Ges. für ältere deutsche Geschichtsk. 32, 1907, 652-653. C. Weyman,
Histor. Jahrb. .32, 1911, 337.
74, 381— 394 (Aegyptiorum patrum sententiae); ebdas. 84, 574-586 und 130, 575
—588 (Capitula Martini).
Die Schrift De correctione rusticorum wurde v, C. P. Caspari,
Christiania 1883 ediert. Die Schriften De paupertate, Libellus de moribus
und Formulavitae honestae sind auch abgedruckt in der Seneca-Ausgabe
V. Fr. Haase, Leipzig 1852—53, 1884-1887, III, S. 458—475. Die Formula
vitae honestae wurde neu herausgegeben v. A. Weidner, l-*r., Magdeburg
1872 und v. O. May, Jahresb, d. kgl. kath. Gymnas. zu Neiße 1892, Die Ab-
handl. De pascha erschien neu v. A. E. Burn, Niceta of Remesiana, Cam-
bridge 1905, S. 93—107.
hat also ein örtliches, mithin auch ein körperhches Dasein. Alles Geschaffene
hat QuaUtät und Quantität, da nur Gott über die Kategorien erhaben ist, mit der
Quantität aber notwendig auch Räumlichkeit. Die Seele wohnt im Leibe, ist also
eine räumlich begrenzte und daher auch körperliche Substanz.
Diesen stoisierenden Anschauungen stellte Claudianus Mamertus in seiner
190 r>ie Lateiser des füsftec bii achten JahrbaiidertB, MArtianus Capeila.
insbesondere kommt ihr nicht eine Qu.-uitität im eigentlich räumlichen Sinne dieses
Wortes m. Sie hat eine Größe nur der Tugend und Einsicht nach. Die Be-
wegeng der Seele geschieht nur in der Zeit, nicht wie die des Körpers, in Zeit
und Kaum. Auch die Einheit der Seele rengt für ihre UnkörperUchkeit, Ore-
dächtnis. Denken. WoUen sind nicht veis\.'hiedene Teile, sondern nur verschiedöie
Seiten der einen Seele, die giuir im Gedächtnis, im Denken und Wollen aufgeht,
Sie fai-U ja auch die Empfindunireu aller Sinne in ems rusammen und ist bei jeder
^nneeempfiiiduDg gans beteiligt. Die Welt mul5 um raUständig ru sein alle
. .
Arten des Daseins in sich haben. &ul>er dem körperiichen auch das imkörperÜohe.
Das Letztere ist durch seine Freiheit von Quantität und Raum Gott ähnhch imd
über die Körper erhalien. durch seine Geschöpfiichkeit aber und sein Behaftetsein
mit Qualität und leitlicher Bewegung von dem quaiitätslosen imd ewigen Gotte
verschieden und der Körperweit ähnlich. Die Seele wird nicht vom Körper um-
faßt, sondern umfaßt den Körper, indem sie ihn zusammenhält. Claudianus
adoptiert auch den neuplatonisch-augnstinischen Gedanken, daß die Seele ganz
in allen Teilen ihres Leibes gegenwärtig sei. so wie Gott in allen Teilen
der Welt.
Die \mi 43C' irwischen 4i>J und 439") von Martianvis Capella (der sich
nicht zum Christentum bekannt hat. aber von großem Einfluß auf die gäjize Kultur des
Mittelalters gewesen isi^ verfaßte Schrift Denuptiis Mercurii et Philologiae.
ein Abriß der artes hberales. eingeleitet durch die Vermählung des Merkur mit
der Philologie- enthält das älteste vollständig auf uns gekommene Kompendiuiu
der dAmais und später in den Schulen gelehrten Doktrinen. Es wurde im Mittel-
alter oft kommentiert, so von Kemigius von Auxerre. und im 11. Jahrb. von
Notker Labeo ins Deutsche übersetzt, v^*^'? § 21).
Über Boethins (4^»^—52ö) vgl. Gr\mdr. I. 10. Aufl., S. 350. 353 u. 125".
Boethius hegte den gTx.iäea Plan, sämtliche Schriften des Aristoteles und
Fla ton da' Welt zugängUch zu machen und die Übereinstimmung
lateinischen
beider Denker m
den Hauptpunkten der Philosophie darzurun iln librum de
Interpret, ed. secunda 1. 2, prooem.i Migne. P. lat, (34. 433 CDu Allein nur ein
geringer Teil des weitausschauendeij Unternehmens scheint tatsächlich zur Aus-
führung gekommen sein. m
Wir besitzen noch seine LT>ersetzung des Buches De
interpretatione nebst rwei Kommentaren —
der erste ist für Anfänger, der
zwäte. weit ausführlichere, für Geübtere geschrieben; der letitere, 507 ö<X} eni- —
stendeo. ist luiter allen diesen gelehrt-philosophischen Schriften die wertvollste.
Weiterhin haben wir seine Cl>erset2nng der Kategorien nebst Kommentar aus
dem Jahre ök». seinen vor öCCi geschriebenen Kommentar zu des Victorinus
Übersetzung der von Porphvrius verfaßten Isagoge. seine eigene Übersetzung
der Isagoge des Porphvrius. welche er gleichfalls »^vor ölOi mit einem Kom-
mentar vösah, dann die Schriften: Introductio ad categoricos syllogis-
mos; De svllogismo caiegorico: De syllogismo hypolhetico; De
divisione; De differentiis lopicis, Nicht ganz erhalten ist sein Kommentar
«ir Topik Cieeros. In den beiden Erläuterungsschriften zur Isagoge Porphyrs
baaützte Boethius den Kommentar des Neuplatonikers Ammonius Hermiae
oder einen schon vtai diesem zu Kate gezogenem älteren Kommentar.
Die in den Boethius- Ausgaben (.Basel 134<5. Migne. P. lat- ^.i stehenden
Die Lateiner des fünften bis achten Jahrhunderts. Boethios. 191
bezeugt die Übersetzung der Topik (De diff. top. I, IV; Migne 64, 1173 C,
1216 D) und der ersten Analytiken (De diff. top. II; Migne 64, 1184 D f.; vgl.
die allgemein gehaltene SteUe In Top. Ciceronis Com. I; Migne 64, 1052 B).
Sehr auffallend bleibt daß jede handschriftliche Kunde von diesen boethiani-
freilich,
schen Übertragungenfehlt. Die ebenfalls unter den Schriften des Boethius sich
findende Abhandlung De definitione (Migne, P. lat. 64, 891—910) ist
Eigentum des Marius Victorinus (vgl. H. Usener, Anecdoton Holderi, Bonn
1877, 59—66). Die früher Boethius zugeschriebene Abhandlung De unitate
gehört Dominicus Gundisalvi an.
Die Beantwortung der Frage, ob Boethius Christ gewesen sei, ist mit der
Anerkennung der Echtheit der erwähnten theologischen Abhandlungen entschieden,
wenn auch in der Consolatio das Christentum des Boethius keinen unmittelbar
greifbaren Ausdruck gefunden hat.
aber auch noch von späteren Scholastikern, wie Gilbertus Porretanus (f 1154),
Pseudo-Beda (wahrscheinlich Gottfried von Auxerre, f 1180), Clarem-
baldus, Thomas von Aquin. Auf einen von den eben genannten verschiedenen,
noch ungedruckten Kommentar in der Münchener Hof- und Staatsbibliothek
(Chn. 2580, s. XII.) und in der Erlanger Universitätsbibliothek (Cod. 229,
8. XII.) hat M. Grabmann (Gesch. d. schol. Methode I, S. 167 — 108) aufmerksam
gemacht.
Noch zahlreicher sind die Glossen und Kommentare zur Consolatio
philosöphiae, die zu den am meisten gelesenen Büchern des Mittelalters zählte
und auch noch Dichternaturen, wie Dante (Convivio 2, 13) und Boccaccio, in
ihren Bann zog. Aus der langen Reihe der Kommentatoren des Trostbuches
Johannes Eriugena, Remigius von Auxerre, Bovo II. von
ragen hervor
Corvey, Wilhelm von Conches, Nicolaus Trivet. Pierre d'Ailly,
Dionysius Carthusianus, Johannes Murmellius. Wie sehr die Conso-
latio sich der Weitschätzuug weitester Kreise erfreute, geht auch daraus hervor,
daß sie im Laufe der Jahrhunderte in fast alle Kultursprachen übersetzt wurde,
so von König Alfred von England (f 901) ins Angelsächsische, von Notker
Labeo in St. Gallen (f 1022) ins Deutsche, von Jean de Meung (f 1318) ins
Französische, von Maximus Planudes (t 1310) ins Griechische; ja selbst eine
Übertragung ins Hebräische fehlte nicht (siehe M. Grabmann, Die Gesch. d.
mehr vom Aristotelismus in sich aufgenommen, als dies für die griechische der
gleichen Zeit der Fall war. Kommentare und logischen
Seine Übersetzungen,
Abhandlungen brachten der Frühscholastik die aristotelische Logik, Me-
thodik und einen wertvollen Abriß der aristotelischen Outologie.
Boethius ist fast ausschließlich der Träger und Vermittler des Aristotelis-
mus für die Frühzeit der Scholastik. In formeller Beziehung gab er den
ersten Anstoß und die erste Anleitung zu eigenen Interpretierungs- und Kommen-
tierungsversuchen und bildete das einflußreiche Vorbild für die im Mittelalter
vielgeübte Literaturgattung des philosophischen Kommentars.
durch eine räumliche Form begrenzt (De an. 2, Migne 70, 1284 BC: quia ubique
ßubstantialiter inserta est; tota ergo est in partibus suis, Jiec alibi maior, ahhi
minor est, scd alicubi intensius, alicubi remissius, ubique tarnen vitali inteusione
Ueberweg, Uruudriß II. 13
194 § 18. Die Lateiner des fünften bis achten Jahrhanderte. Martin von Bracara.
porrigitur; ib. 4. Migne 70, 1289 D: ubicuraque est nee formam recipit). Im
Unterschiede von Claudianns Maraertus will Cassiodorus auch die Kate-
gorie der Qualität nicht im eigentlichen Sinne auf die Seele beziehen (De an. 3).
VA
196 § 19- Begriff und Einteilung der Scholastik.
Hainmelausg'nben.
Dieumfassendste Sammlung von Werken scholastischer Autoren bietet
J. P. Migne, Patroiogiae cursus c onipl itus. Serie» latina. 221 Tomi,
Paris 1844 — 18(34 (reicht bis I21ti). Fortsetzuni: durch Horoy, Medii aevi
bibliotheca patristica seu eiusdera tempori8 patrologiä ab anno 1216
§ 19. Begriff und Einteilung der Scholastik. Ausgaben. 197
Willensfreiheit, 1905. M. Horten, Das Buch der Ringsteine Farabis (950 f)-
Mit dem Kommentare des Emir IsmaTl El-Hoseini El Fareni (um 1485) übersetzt
und erläutert, 1906. P. Minges, Ist Duns Scotus Indeterminist?, 1905. E. Krebs,
Meister Dietrich (Theodoricus Teutonicus de V^riberg). Sein Leben, seine Werke,
seine Wissenschaft, 19<JG. VI. B. enth.: H. Ostler, Die Psychologie des Hugo
v. St. Victor. P2iii Beitrag zur Ge-sch. d. Psychologie in der Frühscholastik, 1906.
J. Lappe, Nicolaus von Autrecourt. Sein Leben, seine Philosophie, seine Schriften,
1(KJ8. G. Grunwald, Geschichte der Gottesbeweise im Mittelalter V)is zum Aus-
gancc der Hochscholastik. 1907. E. Lutz. Die Psychologie Bonaventuras, 1909.
P. Rousselot, Pour Thistoire du problt*me de l'amour au moyen age, 1908.
VII. B. enth.: P. Minges, Der angebliche exzessive Realismus des Duns Scotus,
1908. B. Geyer, Die Sententiae Divinitatis, ein Sentenzenbuch der Gilbertschen
Schule, 1909. Otto Kcicher, Raymundus Lullus und seine Stellung zur ara-
bischen Philosophie. Mit einem Anhang, enthaltend die zum erstenmale ver-
öffentlichte Declaratio Raymundi per modum Dialogi edita, 1909. A. Grünfeld,
Die Lehre vom göttlichen Willen bei den jüdischen ReligionsphUosophen des
Mittelalters von Saudja bis Maimüni, 19W. VIII. B. enth. A. Daniels, Quellen-
:
de Jean Weuck de Herren berg contre Nicolas de Cuße. Text in^it et 4tude,
1910. G. Graf, Die Philosophie und Gotteslehre des Jahjä Ibu'Adl und späterer
Autoren. Skizzen nach meist un";edruckten Quellen, 1910. IX. B. enth. L. Baur, :
Die philosophischen Werke des Kobert Grosseteste, Bischofs von Lincoln. Zum
erstenmal vollständig in kritischer Ausgabe bes., 1912. X. B. enth,: O. Renz,
Die Synteresis nach dem hl. Thomas von Aquin, 1911. J. Fischer, Die Er-
kenntnislehre Anselms von Canterburj', 1911. J. Guttmann, Die philosophischen
Lehrendes Isaak Ben Salomon Israeli. 1911. H. Baur, Die Psychologie Alhazens,
1911. Fr. Baeumker, Die Lehre Anselms von Canterbury über den Willen und
seine Wahlfi-eiheit, 1912. XI. B. enth.: Th. Steinbüchel, Der Zweckgedanke
in der Philosophie des Thomas von Aquino, 1912. M. Meier, Die Lehre des
Thoma.«! von Aquino De passionibus animae, 1912. E. Krebs, Theologie und
Wissenschaft nach der L^hre der Hochscholastik an der Hand der bisher un-
gedruckten Defensa doctrinae D. Thomae des Hervaeus Natalis, 1912. A. Rohner,
Das Schöpfungsproblem bei Moses Maimonides, Albertus Magnus und Thomas
von Aquin. Ein Beitrag zur Gesch. d. Schöpfungsproblems im Mittelalter (In
Vorbereitung). R. Dreiling, Der Konzeptualismus in der üniversaüenlehre des
Franziskanerbischofs Petrus Aureoli (Pierre d'Auriole) nebst biographisch- biblio-
graphischer Einleitung (In Vorbereitung).
Les Philosophes Beiges. Textes et Etudes. Collection publice
par l'institut supärieur de Philosophie, sous la direction deM.de
Wulf: Louvain 1901 ff. Vol. 1: M. de Wulf, Le traite des formes de Gilles
de Lessines (texte inedit et ^ude), 1901. Vol. II: M. de Wulf et A. Pelzer,
Les quatres premiers Quodlibets de Godefroid de Fontaine« (texte inedit), 1904.
Vol. III-IV: M. de Wulf, Les Quodlibets V—
XIV de Godefroid de Fontaines.
(In Vorbereitung). Vol. VI VII: P. MandonneJ, Siger de Brabant et l'aver-
roisme latin au XIII si^cle. Premifere partie: Etüde critique, t. VI, 1911.
Deuxii^me partie: Textes, t. VII, 1908. Vol. VIII: A. Wallerand, Siger de
Courtrai (texte et ^tude. In Vorbereitung'. Vol. IX: A, Pelzer, Deux trsit<!^
in^its de Siger de Brabant. (In Vorbereitung.)
Bibliotheca Franciscana Scholastica medii aevi: T. I: Fr. Mat-
thaei ab Aquasparta Quaestiones disputatae de fide et cognitione. Ad Clatv
Aquas 1903. T. III: Fr. Gulielmi Guarrae, Fr. Joannis Duns Scoti, Fr. Petri
Aureoli Quaestiones disputatae de immaculata conceptione B. Mariae Virginis,
ibid. 1905.
Bibliotheca Franciscana Ascetica medii aevi: T. IV: Stimulos
araoris Fr. Canticnm pauperis Fr. Joannis Peckam. See.
Jacobi Mediolanensis.
S. Bonaventurae, Ad Claras Aquas 1905.
Codices niss. edita a PP. Collegii
Quellen und Untersuchungen zur lateinischen Philologie des
Mittelalters herausgeg. v. L. Traube, München 1905 ff. Ausdrücklich
genannt seien: I. B. 1. H. J. Hell mann, Sedulius Scottus, 1905. 2. H. E. K.
Rand, Johannes Scottus (I. Der Kommentar d. Job. Scottus zu den Opuscola
Sacra des Boethius. IL Der Kommentar des Remigius von Auxerre zu den
Opuscula Sacra des Boethius), 1906. IL B. L. Traube, Nomina sacra. Versuch
einer Gesch. d. christl. Kürzung. 1907. III. B. 4. H. K. Neft, Die Gedichte
des Paulus Diaconus. Kritische und erklärende Ausübe, 1908.
Wertvolle unedierte Texte und handschriftliche Mitteilungen bieten aoch:C. D.
Bulaeus, Historia universitatis Paris., Paris 1665—1673. Notices et extraits
de quelques manuscrits latins de la Biblioth^que nationale. B.Hau-
r^ au Singularit^ historiques et litt^raires, Paris 1861 derselbe, Histoire de la philoe.
, ;
lingischen Literatur, Neues Archiv der Ges. für ältere deutsche Geschichtskunde
.%, 1911, 43—75 {enthält eine Reihe handsohr. Mitteiluuoeii).
Ein Verzeichnis der Incipit gibt A. F. Little, Initia operina quae satvulis
XIII, XIV, XV
attribuuntur, secundum ordinem alphabetiouin disposita, Man-
chester 1904.
Von großer Bedeutung für die gründliche und zuverlässige Erforschung der
philosophischen Literatur des Mittelalters sind die alten Bibliolhekskatalogc
und die. Verzeichnisse der handschriftlichen Bestände der heutigen
Bibliotheken. Folgende Hilfsmittel seien ausdrücklich verzeichnet Montfaucon, :
Der Name Scholastiker (doctores scholastici), mit dem die Lehrer der
aus dem
antiken Schulbetrieb übernommenen Septem art es liberales (Gramma-
tik, Dialektik, Rhetorik im Trivium; Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie
im Quadrivium) in den seit Karl dem Großen gegründeten Dom- und Kloster-
schulen, wie auch die Lehrer der Theologie, bezeichnet wurden, ward demnächst
auf alle übertragen, die sich schulmäßig mit den Wissenschaften beschäf-
tigten. (Der früheste Gebrauch der Bezeichnung ayolaoiixo^ als Terminus ist bei
Theophrast nachweisbar in einem ßrief an seinen Schüler Phanias, woraus Diog.
L. V. 50 einiges erhalten hat. An das Mittelalter kam der Ausdruck durch Ver-
mittlung des römischen Altertums.)
Im Beginn der scholastischen Periode steht das philosophische Denken
durchaus in dem Verhältnis der Dienstbarkeit zur Kirchenlehre.
bereits Eine
Ausnahme bildet nur Johannes Scottus. Er behauptet mehr die Identität
der wahren Religion mit der wahren Philosophie als die Unterordnung
dieser unter jene, weicht tatsächlich von der Kirchenlehre nicht unwesentUch ab
und sucht durch Umdeutung derselben im Sinne der von ihm angenommenen
pseudo-dionysisch-neuplatonischen Philosophie die Kluft zu überbrücken. Auch
in der nächstfolgenden Zeit wird die Angleichung des Denkens an die Kirchen-
lehre nur unter heftigen Kämpfen gegen manche Denker, wie Berengar von
Tours, Roscelin, Abaelard gewonnen.
In dem zweiten Zeitabschnitt (seit der Mitte des 13. Jahrhunderts) er-
scheint trotz der mächtigen Gegenbestrebungen des lateinischen Averroismus unter
Führung Sigers von Brabant die Konformität zwischen der umgebildeten
und dem kirchlichen Glauben als fest begründet. Doch
aristotelischen Philosophie
ist dieselbe von Anfang an dadurch eingeschränkt, daß die spezifisch christ-
von der Begründbai'keit durch die Vernunft ausgenommen werden müesen. Das
von den namhaftesten Scholastikern ausdrücklich behauptete Verhältnis der
Dienstbarkeit der Philosophie ist nicht so zu verstehen, daß aWc Dogmen
philosophisch hätten begründet werden sollen. Auch nicht so, daü alles Philo-
sophieren in direkter Beziehung zur Theologie gestanden, und ein Interesse an
philosophischen Problemen um ihrer selbst willen überhaupt gar nicht bestanden
hätte. Ein solches war vielmehr, wenn schon in einem eingeschränkten Kreise
von Pn)blemen, in großer Intensität vorhanden. Die Dienstbarkeit bestand
darin, daß der Freiheit des Philosophierens durch die Festigkeit des kirchlichen
Dogmas eine unüberschreitbare Schranke gesetzt war. Der Entscheidungsgrund
über Wahrheit imd Falschheit auf dem der Philosophie und Theologie gemeinsamen
Gebiete wurde nicht in der Beobachtung und dem l>enken selbst, sondern in der
kirchlichen Lehre gefunden. Demgemäß wurde die aristotelische Doktrin teils
in der Kosmologie (hinsichtlich der Lehre von der Weltewigkeit), teils in der
Psychologie (hinsichtlich der Lehre von dem vor; in seinem Verhältnis zu
den niederen Teilen der Seele) von den hervorragendsten Scholastikern umgebildet,
während die philosophisch nicht begründbaren Dogmen überhaupt nicht zum
Gegenstand rein philosophischer Diskussion gemacht werden durften. Auf dem
durch diese Schranken abgegrenzten Gebiet ließ die Theologie der Philosophie eine
nur selten und ausnahmsweise angetastete Freiheit.
Allmählich ward (zumeist zur Zeit der durch Wilhelm von Occam erneuten
Herrschaft des Nominalismusj der Kreis der durch die Vernunft beweisbaren
theologischen Sätze immer mehr eingeschränkt, bis endlich an die Stelle der
scholastischen Voraussetzung der Vermin ftgemäßheit der Kirchenlehre ein Zwie-
spalt zwischen der (aristotelischen) Schulphilosophie und dem christlichen Glauben
trat. Diese Diskrepanz führte in der Periode des Übergangs zur Philosophie der
Neuzeit is. Bd. III, ff.) einen Teil der Philosophen (wie nament-
10. Aufl. 1907, § 3
lich Pomponatius und Anhänger) zur verhüllten Parteinahme für ein dem
seine
dogmatischen Supranaturalismus feindliches Denken. Ein Teil der Gläubigen
dagegen (Mystiker und Keformatoren) ergriffen offen Partei gegen die Schulver-
nunft und traten für eine unmittelbare Hingabe an die alles menschliche Denken
überragende Offenbarung ein. Wiederum andere aber sahen sich zu neuen Ver-
suchen in der Philosophie veranlaßt, und zwar teils durch Emeuenmg älterer
Systeme (insbesondere der reuplatonischen), teils auch durch selbständige For-
schung (Telesius, Francis Bacon u. a.).
Dem Mittelalter waren (wie nach Jourdains Untersuchungen über die Physik
und Metaphysik des Aristoteles namentlich Cousin, Prantl, Rose, Clerval
nachgewiesen haben) von philosophischen Schriften der Alten ausschließlich
folgende bekannt. Von Aristoteles kannte man nur logische Schriften und
Kategorien und die Schrift i/fft eQfitjveia?,
zwar jahrhundertelang lediglich die
Porphyrs Isagoge in den Über-
beide in der boethianischen Übersetzung, femer
setzungen des Marius Victorinus und des Boethius. weiterhin die boethia-
nischen Kommentare: Ad Porphyrium a Victorino translatum. ad Porphyriiun a
se translatum, ad Aristotelis Categorias, ad Aristotelis de interpretatione, adCiceronis
Topica. dann die logischen Abhandlungen des ßoethius: Introductio ad
categoricos syllogismos, De syllogismo cjitegorico, De syllogismo hypothetico, De
divisione. De differentiis Topicis, endlich die logischen Schriften des Marius
Victorinus; De und den Kommentar zu Cicero de inventione, und
definitionibus
die unter dem Xamen Apuleius gehende Schrift Perihermenias. Dazu
des
kommen — um das logische Repertorium voll zu machen — August ins De
dialectica, Pseud o-Augustins Decem catagoriae und die Logikdarstellungen
in den Artes-Lehrbüchern des Martianus Capella, Cassiodor und Isidor.
Wie ersichtlich, fehlte die Kenntnis der beiden Analytica, der Topik
und der Sophistici elenchi des Aristoteles. Diese Hauptschriften der
Logik traten erst im zweiten Dezennium des zwölften Jahrhunderts
aristotelischen
in den Gesichtskreis <les Mittelalters, aber nicht, wie man bisher glaubte, in der
Übersetzung des Boethius (siehe oben S. 191), sondern in der 1128 angefertigten
Übertragung des Jakob von Venedig. Zu einer Stelle der Chronica des
Robert von Mont-Saint-Michel (über ihn siehe W. Wattenbach, Deutschi.
Geschichtsquellen II, Berlin 1894, 163) bei dem Jahre 1128 hat eine „alia manus",
die aber nach SS. VI, S. 293, gleichfalls aus dem 12. Jahrhundert ist,
Monum. G.
die Notiz beigefügt (M. G. SS. VI, 489) Jacobus Clericus de Venetia transtulit de
:
Anselm berichtete an Papst Eugen III. (Dialogi II, 1; Migne, P.lat. 188, 1163):
Aderant quoque non pauci Latini, quos fuerunt tres viri sapientes, in utraque
inter
hngua Jacobus nomine, Veneticus natione, Burgundio
periti et literarum doctissimi,
noraine, Pisanus natione, tertius inter alios praecipuus, graecarum et latinarum
literarum doctrina apud utramque gentem clarissimus, Moysis nomine, Italus natione
ex civitate Pergamo. Bemerkenswert ist, daß die Übersetzung der Hauptwerke der
aristotelischen Logik aus dem Griechischen ins Lateinische durch den gelehrten
Venetianer zusammentrifft mit dem Aufblühen der aristotelischen Studien im
Michael Psellos, Johannes Italos, Michael
byzantinischen Reiche imter
von Ephesus und Eustratius von Nicaea (gest. um 1120). Siehe M. Grab-
mann, Die Gesch. d. scholast. Methode, II, Freiburg i./B. 1911, S. 74—75.
J. Schmidlin, Die Philosophie Ottos von Freismg, Philos. Jahrb. 1905, 168 ff.
Mit Adam von Petit-Pont um 1132 (Prantl II, 104) war der erste,
welcher zwischen 1136 und 1141 die Analytiken, die Topik und die Elenchi
Sophistici vom Tode oder Schlafe erweckte und in die Schiüe ein-
gleichsam
führte, Thierry von Chartres. (Joh. Saresb. Metalog. III, 5; Migne,.
202 § 20. Die Quellen der Scholastik.
P. lat. 199, 902 D: Aetate nostra diligentis ingenii pulsante stiulio quasi a
morte somno excitatus est. Vgl. Clerval, Les ticolen de Chart res, S. 222 ff.,
vel a
S. 244 ff Thierrys Heptateuchon enthält allerdings nur das erste Buch der
.
Analyt. Priora. Joh. Saresb. berichtet indessen, daß man die zweiten Analytiken
ihrer Schwierigkeit wegen bei Seite liegen ließ, Clerval, a. a. O. S. 245.) Gil-
bert US Porretanus, gest. im Jahre 11.54, zitiert in seinem Liber de sex principiis
(Migne, P. lat. 188, 1268 A) bereits die aristotelische Analytik als ein verbreitetes
Werk. Sein Anhänger Otto von Freising hat nach dem Berichte seines
Kanzlers Rahewin (Gesta Friderici IV, 11, M. G. SS. XX, 451) die Topik, die
Analytica und die Elench. Soph. zuerst oder doch der Ei-sten
als einer wie —
Schmidlin O. S. 172) vermutet von seiner italienischen Reise (1145)
(a. a. —
nach Deuteehland gebracht. In seiner Chronik (II, 8; M. G. SS. XX, 147) sagt
Otto: Alter (Aristoteles) logicara in sex libros, id est praedieamonta, pcri ermenias,
priora analetica, topica, posteriora analetica, elencos distinxit. Der Text, welcher
Otto vorlag, war die Übersetzung des Jakob de Venetia,
welche auch die
Grundlage für die logische Arbeit der folgenden Jahrhunderte bildete. Siehe
J. Schmidlin, a. a. O., S. 173—175. „Otto von Freising hatte dieselbe lateinische
Übertragung der Topik, der beiden Analytiken und der Elenchen vor sich, die
auch Albert der Große und Thomas von Aquin bei ihren Aristot^leserklä-
rungen verwerteten'' (M. Grabmann, a. a. O., S. 70). Johann von Salisbiiry
kennt sowohl diese als auch eine neu angefertigte Übersetzung. Metalog. II, 20;
Migne, P. lat. 1Ü9, 885 D: Gaudmnt, inqnit Aristoteles (Analyt. post. I, 22, 83a
33), species; monstra enim sunt vel secundum novam t ranelationem cicada-
tiones. In dieser nova translatio sieht V. Rose —
und diese Hypothese hat viel
Wahrscheinlichkeit für sich — eine Arbeit des Archidiakon Henricus Aristippus
von Catania, geb. in Severina in Cjüabrien, gest. 1162, der unter Wilhelm I., er-
mutigt von WUhelms Minister Majo von Bari und dem Erzbischof Hugo von
Palermo, mit der Übersetzung griechischer Autoren ins Lateinische beschäftigt
war. Siehe V. Rose, Hermes I, 1866, S. 383 f.; M. Grabmann, a. a. O-, S. 76 f.
Der erst um die Mitte des zwölften Jahrhunderts bekannt gewordene Teil
der Logik wurde von nun an jahrhundertelang als „nova Logica'" bezeichnet,
und der schon früher bekannte Teil als „vetus Logica''. Mit dieser Unter-
scheidung ist nicht zu verwechseln die einer „Logica antiqua" (oder antiquo-
rum), welche sowohl die nova, als die vetus Logica umfaßte, und einer „Logica
modern a*' (modemorum). Die letztere gehört ihren Anfängen nach bereits der
ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts an und beruht auf einer Verschmelzung def
logischen Terminologie mit der grammatischen (besonders der des Priscian), ihre
weitere Ausbildung hat sie aber in der zweiten Hälfte des 12. und im Laufe des
13. Jahrhtmderts gefunden im Anschluß an die durch Verraittelung der Araber und
demnächst auch duröh direkte Übersetzung aus dem Griechischen neu bekannt
werdenden Schriften von Aristoteles und Aristotelikem.
Was das frühe Mittelalter an mathematisch-astronomischen undnatur-
wissenschaftlichen Kenntnissen besaß, schöpfte es aus den Abhandlungen des
Boethius über die Arithmetik (De institutione arithmetica), über die Musik (De
institutione musica) und aus der boethianischen Übersetzung der Elemente Euklids
(De geometria). Femer kommen in Betracht Makrobius und die Darstellungen
der Disziplinen des Quadriviuras in den schon genannten Lehrbüchern des Artes
von Martianus Capella, Cassiodor und Isidor, sowie des letzteren und
Bedas enzyklopädiechen Werken De rerum natura.
Hatte gegen die Mitte des zwölften Jahrhunderts das gesamte aristotelische
Organon in den christlichen Schulen des Abendlandes Eingang gefunden so ,
§ 20, Die Quellen der Scholastik. 203
dem zwölften Jahrhundert besaß man auch eine lateinische Übersetzung eines
Hauptwerkes der antiken Skepsis, nämlich der „pyiThoneischen Grundzüge" von
Sextus Empiricus, das aber ohne jeden Eindruck blieb. Im zwölften oder drei-
zehnten Jahrhundert entstand endlich eine Übersetzung der Biographien des
Diogenes Laertius, die neben Augustins Civitas Dei (liber VIII; siehe oben
S. l.'>2f.), dem Chalcidius - Kommentar zum Timaeus und den Werken
Ciceros die Kenntnis der antiken Philosophiegeschichte vermittelte.
Außer den philosophischen Schriftstelleru waren für den Aufbau der scho-
lastischen Philosophie von grundlegender Bedeutung die Werke der Väter oder
der Sancti im Gegensatz zu den Philosophien, und zwar in erster Linie die
Werke der lateinischen Patristik. Unter den Latoineni. wie überhaupt unter deu
Vätern, nahm A ugustin eine dominierende und über ragen de Stellung ein.
Nicht nur die ganze Frühscholastik beugte sich vor seiner mächtigen Autorität; auch
noch in den Zeiten der Hochscholastik galten seine Anschauungen in weiten und
einflußreichen Kreisen als Wahrheitsnorm. Augustins Bedeutung liegt vor allem
in seiner Stellung als Bannerträger des Platonismus beziehungsweise Neuplatonis-
mus mit pythagoreisierenden imd stoisierenden anschlügen, wie er durch Plotin
und Marius Victorinus ausgebaut wurde. Er gab dem Mittelalter eine plato-
nisierende Erkenntnis- und Gotteslehre, eine auf platonischem Boden erwachsene
Psychologie, Kosmologie und Theoiicee, eine stoisch - neuplatouisch beeinflußte
Grundlf^ng der Ethik. Aus Civitas Dei nahm das Mittel-
seiner gewaltigen
alter bis zum Bekanntwerden der Politik im dreizehnten Jahr-
aristotelischen
hundert seine Staats- und Geschichtsphilosophie. Auf die Bedeutung der Civitas
Dei als Quelle für die Kenntnis der Systeme der antiken Philosophen wurde bereits
hingewiesen.
Nur eine Persönlichkeit und Umfang
unter den Lateinern reicht an Tiefe
der Wirksamkeit an Augustinus Boethius. ,,Der letzte Römer'' war
heran,
der erfolgreiche Träger des Aristotelismus, der große Lehrer der aristotelischen
L«^)gik. Methodik und üntologie bis ins zwölfte Jahrhundert herab. Er bot
eine geschlossene Weltauschanung in seiner viel verbreiteten Consolatio philo-
Bophiae. Er war der Vermittler mathematisch-musikalischer und pythagorei-
sierender Bildungselemente. Seine Opera theo log ica wirkten als anregendes
Vorbild in der Anwendung der Philosophie auf die Theologie. Auch seine Tätig-
keit als Schöpfer einer philosophiiJchen Terminologie für das Mittelalter ist nicht
gering einzuschätzen.
August in und Boethius treten die übrigen lateinischen Väter, wie
Hinter
Hilarius, Ambrosius, Cassian, Claudianus Mamertus, Cassiodor,
Isidor, Beda an Einfluß weit zurück.
Nicht so tiefgehend und intensiv, wie die lateinische, hat die griechische
Patristik auf Lchrgehalt und Jjehrbetrieb der Scholastik zu wirken vermocht.
Man besaß zwar die lateinischen Übersetzungen Rufins von Origenes' Haupt-
werk Ileoi aQjcüJv und von einigen seiner exegetischen Werke, ferner einige Reden
des Basilius und des Gregor von Xazianz ebenfalls in der Übersetzung des
Rufin. Man kannte ferner von Basilius die schon von Ambrosius (siehe
oben S. 127) übersetztenund stark verwertettu neim Homilien zum Hexaemeron
in der Übertragung des Eustatius Afer und einzelne Werke des Johannes
Chrysostomus in der Übersetzung des Anianus und des Mutianus (siehe
obeu Seite 122). Allein eine merkliche Wirkung kann diesen Üborsetzungswerken
nicht zugesprochen werden. Siehe M. Grabmann, a. a. O. 8. HO— SU.
Indessen hat doch ein Grieche sfhon in den Anffiiigen des Mittelalters und auch
in späteren Jahrhunderten einen faszinierenden Einfluß ausgeübt. Er ist neben
206 § 20. Die QueUen der Scholastik.
Augustin der Vat«r der Mystik und eine Hauptquelle des Neuplatonismus^
insbesondere in der und Eigenart, die er durch Proklus
Ausgestaltung
erfahren hatte, nämlich Pseudo-Dionysius Areopagita, Seine Schriften hat^
wie bereits früher erwähnt wurde (siehe oben S. 179), nach der wenig gelungenen
Übertragung durch Abt Hild\iin Johannes Eriugena auf Veranlassung
Karls des Kahlen aufs neue ins Lateinische übersetzt. Auch noch später ent-
standen von den Areopagitica neue Übersetzungen, so im zwölften Jairhundert
von Johannes Saracenus, dem Freunde des Johannes Saresberieusis
(siehe M. Grab mann, a. a. O. S. 94), und im dreizehnten Jahrhundert von
Robert Grosseteste (siehe L. Baur, Die philos. Werke des Robert Grosseteste,
Münster ldl2, S. 3rff.). Mit den Traktaten des Pseudo-Dionysius übersetzte
Johannes Eriugena auch die Kommentare des Maximus Confessor zu den
areopagitischen Schriften und zu den Reden des Gregor von Nazianz und die
psychologische Abhandlung De hominis opificio des Gregor von Nyssa.
Neue griechische Quellen, die von den Lateinern viel benutzt wurden, und
die das abendländische Denken vielfach befruchteten, wurden im 11. und 12. Jahr-
hundert erschlossen. Um die Mitte des elften Jahrhunderts übersetzte A Hanns,
—
Arzt in Salerno, später Abt in Monte Oassino und von 1058 1085 Erzbischof von
Salerno, die trotz ihrer platonisierenden Richtung wertvolle Elemente der aristo-
teüschen Psychologie und Ethik enthaltende Schrift des Nemesius JJeQi (pvoeas
av&Q(Ö7iov. Welches Interesse man dem griechischen Schriftsteller entg^enbrachte,
ergibt sich daraus, daß im zwölften Jahrhundert (1159) Johannes Burgundio
von Pisa, der Zeitgenosse des Jakob von Venedig, eine neue, dem Kaiber
Barbarossa gewidmete, Übersetzung anfertigte (siehe oben S. 172). Die
Nemesianische Psychologie wurde im Mittelalter oft zitiert unter dem Namen des
Gregor von Nyssa, eine Verwechslung, zu der die Bearbeitung der Psychologie
des Nysseners durchJohannes Eriugena die Veranlassung geboten haben mag.
Nemesius war aber nicht der einzige Autor der griechischen Kirche, mit
dem die Übersetzungskunst des Johannes Burgundio, gestorben 1194, das
Abendland bekannt machte. Ein gleiches Ziel verfolgte er bezüglich der Werke
des Johannes Chrysostomus. Um 1151 übersetzte er dessen Kommentar zum
Matthäusevangelium, später seine Homilien zum Johanncsevangeliura und einen
Teil seiner Genesis-Homilieri. Die größten Verdienste um die Herstellung des
Kontaktes zwischen dem lateinischen Mittelalter und der griechischen Patristik
hat sich aber der Pisaner Übersetzer erworben durch die um 1151 entstandene
Übertragung des De fide orthodoxa betitelten dritten Teils der Ilrjyi] yvö>ofO)g des
Johannes Damascenus. Die umfassendste systematische Leistung der grie-
chischen Patristik, welche die Gedankenwelt der gesamten griechischen Väter in
einheitlicherZusammenstellung bot, trat damit in den Grcsichtskreis der Scholastik.
Die Lücke, welche bisher zwischen dem lateinischen Mittelalter und der Lehr-
entwicklung der griechipchen Kirche klaffte, und die durch die eben besprochenen
Übersetzungen nur notdürftig ausgefüllt war, wurde jetzt bis zu einem gewissen
Grade geschlossen. Nicüt nur die Schätze der lateinischen Väter, sondern auch
der Gedankenreichtum der griecliischen Patristik stand nunmehr der Intelligenz
des Abendlandes zur Verfügung. Das bedeutete eine gewaltige Stoffbereicheruug
von patristischer Seite genau zu derselben Zeit, als auch die philosophischen
Quellen reichlicher zu fließen begannen. Aber nicht nur in stofflicher Beziehung
ist das Bekanntwerden des Werkes des Damasceners für die Scholastik von ein-
im Dienste der Theologie wurde, ähnlich wie durch die Opera theologica des
Boethius, die Übertragung der dialektischen Methode und ihrer Hilfsmittel auf
das Gebiet der Theologie gefördert. Endlich haben seine philosophischen Bestand-
teile an aristotelischer Logik, Ontologie, Psychologie und Ethik, welche beide
letzteren durch Nemesius vermittelt waren (siehe oben S. 185), dem aufstrebenden
Aristotelismus des zwölften Jahrhunderts neue kräftige Nahrung zugeführt.
Die hohe Wertschätzung, die man im Mittelalter dem großen Systematiker der
griechischen Kirche entgegenbrachte, gibt sich auch darin kund, daß J. de
Ghellinck (L'entr^e de Jean de Damas dans le monde litt, occidental, Byzantin.
—
Zeitschr. 21, 1912, 448 457) eine weitere dem 12. Jahrh. angehörige Übersetzung
eines Teils der Schrift De orthodoxa
fide —
es handelt sich um die ersten acht
Kapitel des dritten Buches —
nachgewiesen hat, und daß Robert Grosseteste
im dreizehnten Jahrhundert die Schrift teils neu aus dem Griechischen übersetzte,
teils die alte Übersetzung verbesserte (L. Baur, Die philos. Werke d. Robert
Wie ein Rückblick erkennen läßt, ist das Repertorium der Autoritäten und
Quellen, mit deren Gedankengut die mittelalterliche Scholastik wucherte, und mit
deren Hilfe sie groß geworden ist, außerordentlich bunt und mannigfaltig. Diese
Vielgestaltigkeit der Quellen spi^elt sich wider in der Buntheit der Tendenzen
und Strömungen des mittelalterlichen Denkens. Alle philosophischen Richtungen
des Altertums, wenn auch die einzelnen zu verschiedenen Zeiten und in ver-
schiedenem Grade und Maße, kommen zu Wort: der Piatonismus und Neu-
platonisraus, derAugustinismus, der Aristotelismus, der Stoizismus,
der Py thagoreismus und der demokritische Atomismus. Dazu
kommen die Elemente, welche die arabische und jüdische Philo-
sophie und Naturwissenschaft beigesteuert haben, und endlich die
stets führenden Gedankengänge, welche aus der Unterordnung und
Orientierung an der christlichen Glaubensleh'-e und Theologie sich
ergaben. Mußte aber die Scholastik angesichts eines so mannigfaltigen und
anscheinend stark divergierenden Baumaterials nicht im Chaos enden? Das gerade
Gegenteil war der Fall. Die dem Mittelalter eigentümliche unvergleichliche Ord-
nungs-, Gliederungs-und Harmonisierungskunst verstand es, unter Aufbhck zu
den unwandelbaren Richtpunkten der Schrift und des christlichen Glaubens, das
Disparate abzustoßen oder umzubi^en und im Verschiedenartigen das Nicht-
widerstrebende oder Gemeinsame zu entdecken und so ein widerspruchsloses
Ganzes, eine umfassende harmonische Synthese aufzubauen.
Mit dem Wesen der scholastlBchei) Philosophie als einer Synthene aus dem
verschiedeuartigsten überlieferten Material hän^t der eigentümhche Charakter der
von den Scholastikern bei ihrem Wissenschafts- und Lehrbetrieb aus-
gebildeten Methoden zusammen.
Mit der Frage nach der scholastischen Methode haben sich in der letzten
ZeitM.de Wulf,G. Robert und besonders eingehend M. Grabmann beschäftigt.
De Wulf unterscheidet Methoden der wissenschaftlichen Arbeit (Hist. de laphüos.
—
m^iöv., 4e ^d., Louvain-Paris 1912, 141 142, 153) und didaktische Methoden,
Lehr- oder Unterrichtsmethoden. Unter den erstereu versteht er die rein
logischen Methoden, Methode der reinen Deduktion, wie sie bis zum
die
zwölften Jahrhundert vorherrschte und in Johannes Scottus und Anselm ihre
bedeutendsten Vertreter gefunden habe, und die analytisch-synthetische
Methode, die seit dem dreizehnten Jahrhundert iu Übung gekommen sei. Als
didaktische Methoden bezeichnet er das Unterrichtsverfahren in der Form
der lectio. der disputatio und der seit Abälard ausgebildeten Sic et non-
Methode.
M. Grabmann dagegen sieht „das Wesen und die Seele der scholastischen
Denk- und Arbeitsweise", ,,die scholastische Methode schlechthin" (Gesch. d.
schol. Methode I, Freiburg i. B. 1909, 32) in der Anselmischeu Devise: credo ut
intelügam, fides quaerens inteUectum. in dem Zusammenwirken von fides oder
auctoritas und ratio, in der Heranziehung der Philosophie zur Begründung und
zum Verständnis der Theologie. Eationibus humanis nituntur probare fidem vel
articulos fidei (Wilhelm von Auxerre. Bei Grabmann, a. a. O., S. 34).
Infolgedessen gibt er folgende Definition der scholastischen Methode: ,JI>ie
scholastische Methode will durch Anwendung der Vernunft, der Philosophie, auf
die Offenbarungswahrheiten möglichste Einsicht in den Glaubensinhalt gewinnen,
um so die übernatürüche "Wahrheit dem denkenden Menschengeiste inhaltlich
näher zu bringen, eine systematische, organisch zusammenfassende G^ämtdar-
stellung der Heilswahrheit zu ermöglichen und die gegen den Offenbarungsinhalt
vom Vemunftstandpunkt aus erhobenen Einwände lösen zu können. In all-
mählicher Entwicklung hat die scholastische Methode sich eine bestimmte
äußere Technik, eine äußere Form geschaffen, sich gleichsam versinnlicht und
verieibücht" (a. a. O., S. 36 f.).
Wenn man von scholastischer Methode spricht, so kann das Wort einen
dreifachen Sinn haben. Man kann darunter mit Grabniann die Anwendung
der Philosophie auf die Theologie verstehen. Dann trifft aber die De-
finition nur für die scholastische Theologie zu. Weiterhin kann man das Wort
nehmen im Sinne der wissenschaftlichen oder logischen Methoden,
nach denen die Scholastik, Theologie wie Philosophie, arbeitete. Endlich kami
man bei dem Wort scholastische Methode das Lehr- oder Unterrichts-
verfahren der Scholastik im Auge haben, das gerade im Mittelalter ein
§ 21. Die Methoden der Scholastik. 209
höchst eiü:enartiges Gepräge crfahrc^n hat und der Theologie, wie der Philosophie,
gemeinsam war.
Die scholastische Methode. da.< Wort in dem zuerst dargelegten Sinn \'er-
praktische Anwendung der Regebi der Syllogistik und der Beweisführung bei
Entscheidimg einzelner strittiger Fragen. Erhöht« Bedeutung mußte sie gewinnen,
nachdem sich nach dem Bekanntwerden und unter dem Einfluß der wichtigsten
"Werke der aristotelischen Logik ein genau geregeltes Schema herausgebildet hatte,
Ausflriicklich bezeichnet Johannes 8ar esberiensis (Metalog. III, 10; Migne,
P. lat. 199, 910 C) das achte Buch der aristotelischen Topik als Quelle der Regeln
der Dispr.tierkunst (siehe M. Grabniann, a. a. O. II, S. IS). Das Mittelalter hat
gern und \'iel disputiert. Man unterschied — um nur die wichtigsten unterschiede
herauszuheben —
disputationes ordinariae, die alle vierzehn Tage statt-
fanden, in engster Beziehung zum Schulunterricht standen und der Vertiefung
einzelner (regenständo desselben dienten, und disputationes de quolibet oder
quodlibeticae, die über den engen Rahnit-n der Schule hinausgritfen. allen Stu-
dierenden und überhaupt allen %viBSenschaftlich interessierten Kreisen die Möglich-
keit boten, J'ragen zu stellen und ihre Lösung zu veraJtla.ssen. Der Hauptunter-
schied gegenüber den disputationes ordinariae hig in der Mannigfaltigkeit
und Buntheit der behandelten Probleme. Sie fanden gewöhnlich zweimal im
Jahre statt, vor Weihnachten und Ostern (siehe R. Janssen, Die Quodlibeta
auf. Durch ihn, seine Schule und seine 2ieitgenossen, wurde das Verfahren auch
§ 22. Die Karolmgische Renaissance. 213
auf die systematische Theologie übertragen und von den großen Systercatikern
des folgenden dreizehnten Jahrhunderts in ihren Summen und Quaestionen zur
höchsten Vollendung gebracht.
Die Theologie blieb aber Domäne, in welcher das
nicht die einzige
Harmonisierungsschema herrschend wurde. Philosophie und die
Auch die
philosophischen Autoritäten unterlagen seinen Normen, wenn auch viel-
fach sich. Ausnahmen finden. So arbeitet die dem Robert Grosseteste
zugeschriebene Summa philosophiae (ed. Baur, Die philos. Werke des Robert
Grosseteste, Münster 1912. Beiträge z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. B. IX) fort-
während an der Hand der verschiedensten Autoritäten, ohne aber das drei-
gliedrige Schema zur Anwendung zu bringen. Auf philosophischem Gebiet zeigen
sich auch stärker als in der Theologie die der Methode anhaftenden Mängel.
Der erstrebte Ausgleich der divergierenden Autoritäten ließ eine unbefangene
Würdigung der einzelnen Lehren in ihren historischen Zusammenhängen und
in ihrer historischen Bedeutung nur schwer aufkommen. Er mußte oft um den
Preis gewagter und gewaltsamer Umbiegungen und Umdeutungen erkauft werden,
wie dies G. von Hertling (Augustinus-Zitate bei Thomas von Aqiüu, München
1904. Sitzungsb. d. philos.-philol. u. d. hist. Klasse d. k. bayr. Akad. d. Wiss. 1904,
H. 4, 535 —602) für Thomas von Aquin gegenüber Augustinus und seinen
erkenntnistheoretischen Lehren in lichtvoller Weise gezeigt hat.
Erster Abschnitt.
Die Frfihscholastik.
Schon gleich in den allerersten Anfängen wußte man den Wert und
die Bedeutung der Artes liberales für die Theologie zu schätzen.
Sie galten als Vorstufe und Propädeutik für die Theologie und wurden
unter diesem Gesichtspunkt in das Unterrichtsprogramm der Schulen
aufgenommen. Eine frühe Pflege, freilich in gänzlicher Abhängigkeit
von der patristischen Seelenlehre (August in, Cassian, Cassiodor),
erfuhr auch die Psychologie. Das naturwissenschaftliche Mate-
rial der Vorzeit wurde in großen Lnzyklopädien vermittelt, und die
alten Klassiker erfreuten sich, insbesondere in der Schule von
Ferneres, einer wenn auch nicht ganz unbestrittenen Wertschätzung.
Die führende Persönlichkeit, die Karl dem Großen mit Rat und
Tat zur Seite stand, der Inspirator seiner bildungsfreundlichen Ten-
denzen und wissenschaftlichen Reformen, war der aus England her-
beigerufene Angelsachse Alcuin, der Leiter der königlichen Hof-
schule, der Begründer der Schule von Tours und der Organisator des
Studienwesens im Frankenreich. Alcuin, der durch seine Lehrbücher
einen breiten Einfluß gewann, versuchte bereits die Philosophie in den
Dienst der Theologie zu stellen und preist die Artes liberales als die
sieben Säulen der Theologie. Seine Schüler waren Fredegisus und
Hrabanus Maurus. Der letztere gab in seiner Institutio clericorum
dem deutschen Klerus eine Studienordnung, in welcher auch den Artes
liberales eine bedeutsame Stelle zuerkannt war. In seinen enzyklopä-
dischen und exegetischen Schriften suchte Stofifmassen der er die
Ausgaben.
I. ALeuin.
Alcuins gesammelte Schriften halben Quercetanus (Duchesne), Parisüs
1617 und Frobenius Forster, Ratisb. 1777 heraiisgegeben. Die letztere Aus-
gabe ist abgedruckt bei Migne, P. lat. 100 — 101.
§ 22. Die Earolingische Benaisaaace. Ausgaben. 215
V. Servatus Lupus.
Die gesammelten Werke des Servatus Lupus hat St. Baluzius, Servati
Lupi . . . opera, Paris 1664, 2. ed., Antwerpen 1710 herausget^. ferner Miene, :
Lettres de Servat Loup, Paris 1888. E. Dum ml er, M. G., Ep. Karol. aevi IV,
Berol. 19<D2.
YII. Ratramnns.
Eine Gesamtausgabe der Werke des Rat. findet sich bei Migne, P. lat.
121, 13—346(1153—1156). —
Eine kritische Ausgabe der Briefe hat E. Dümmler,
M. G. Epist. Karol. aevi IV, Berol. 1902, 149-158 geliefert.
Tin. Godescalc.
Die Gedichte Godescales hat L. Traube, M. G.
Poet. lat. aevi Carol.
III, Berol. 1S96, 707—737 veröffentlicht. Seine — Hymnen
siehe bei Dreves,
Analecta hymnia 50, Leipzig 1907, 219—228. —
Eine kritische Ausgabe der
Ecloge Theoduli verdanken vrir Osternacher, Theod. eclogam reeens. et
proleg. instr.. Ripariae prope Lentiam 1902. Derselbe lieferte auch eine kommen-
tierte Ausgabe: Q,uos auctores latinos et bibl. sacr. locos Theod. imitatus esse
videatur, IJrfahr prope Lentiam 1907.
tik, die aus Priscian, Donat, Phokas, Isidor, Beda geschöpft ist, seine
Rhetorik (De rhetorica et virtutibus), ein Exzerpt aus Ciceros Schrift De
inventione und aus der Ars rhetorica des Julius Victor, seine Dialektik,
die auf die pseudo-augustinischen Kategorien, auf Boethius (De differentiis
topicis) und auf Isidors Etymologien zurückgeht, seine Orthographie, die
§ 22. Die Karolingische Renaissauce. Fredegfsas. 217
ans Bedas und Isidors gleichnamigen Schriften genommen ist. Anoh Alcuins
Abhandlung De animae ratione ad Eulaliam Virginem, die erste
Psychologie des Mittelalters, ist ein Exzerpt aus Augusti n und Cassian.
Es ist der piaton isch-augustinische Seelenb^riff, der auf diesem Wege dem Mittel-
alter zugeführt wird (De an. rat., c. 10; Migne, P. lat. 101, 643 DL). Auch in
der Frage nach dem Ursprung der Seele teilt Alcuin mit Augustinus den
Standpunkt der philosophischen ünlösbarkeit des Problems (De an. rat., c. 13;
Migne 101, &45 B). Im zwölften Jahrhundert wurde Alcuins Psychologie von
Alcher von Clairvaux in dem Traktat De spiritu et anima stark verwertet.
Den gleichen kompilatorischen Charakter, wie die philosophischen Arbeiten,
tragen auch die theologischen Werke Alcuins. Das bedeutendste unter ihnen
ist „De fide sanctae et individuae trinitatis libri tres", ein
die Schrift
aus Augustinus geschöpftes Lehrbuch der Dogmatik, in welchem zum erstenmal
an der Schwelle des Mittelalters nach dem Vorbilde Augustins und der boethia-
nischen Opera theologica die ratio,die Philosophie, in den Dienst der Theologie
trat, und mit philosophischen Mitteln und Methoden die Begründung und der
systematische Aufbau der Glaubenslehre versucht wurde. „Die Art und Weise
Alcuins, den Glaubensinhalt dialektisch zu entwickeln und sein Anlauf z\i einer
Systematik der Offenbanuigslehre lassen sein Buch „De trinitate" als eine bedeut-
same Vorbereitung und Anbahnung der scholastischen Methode erscheinen"
(M. Grabmann, Die Gesch. d. schol. Meth. I, Freib. 1909, S. 195).
Alcuin erscheint als der große Organisator des Unterrichtswesens
im mächtigen Frankenreiche. Durch seine persöidiche Wirksamkeit, durch seine
Lehrbücher, durch seine Wertschätzung der ailes liberales, die er als die sieben
Säulen der W^eisheit preist und als ebenso viele Wege zur vollkommenen Wissen-
schaft ansieht (Migne, P. lat. 101, 853 C: Sapientia liberalium litterarum septero
columnis confirraatur nee aliter ad perfectara quemlibet deducit scientiam, nisi
his Septem columnis vel etiam gradibus exaltetur), femer durch seine Bestrebungen,
die ratio und die Philosophie in den Dienst der Theologie zu stellen, hat er dem
frühmittelalterlichen Schulwesen auf Jahrhunderte hinaus Richtung und Ziel
gelben.
Unter den Schülern Alcuins ist zu erwähnen der mit ihm an den König-
üchen Hof gekommene Angelsachse Fredegisus, welcher Alcuins Nachfolger
als Abt von St. Martin in Tours und seit 819 bis kiu-z vor seinem 834 erfolgten
Tode Kanzler unt^-r Ludwig dem Frommen war. Er schrieb eine Schrift mit
dem Titel Denihiloettenebris. In dieser sucht er nachzuweisen, daß das Nichts
nicht reine Negation, sondern etwas Reales sei, ebenso wie die Finsternis. Jeder
Name bezeichne etwas, müsse auch mit dem Namen „Nicht«" etwas be-
folglich
zeichnet werden, und ihm ein Sein zukommen. Offenbar war ihm das Nichts der
tmbekannte Stoff, aus dem alles gebildet wäre, Elemente und Feuer, Engel und
Menschenseelen, die gestaltlose Materie, nicht aber die göttliche Natur selbst.
Einen Pantheismus, den man bei ihm hat finden wollen, lehrt Fredegis nicht.
Wohl aber scheint er die Lehre von der Präexistenz der Seele vertreten zu haben.
Deshalb erfuhr er von seinem Gegner Agobard von Lyon in dessen ,,Liber
contra obiectiones Fredegisi Abbatis" scharfen Tadel (Migne, P. lat. 104, HiS B).
Agobard selbst bekennt sich im Anschluß an Isidor (Sent. I, 12; Migne, P.
lat. 83, ,062 B) zur Theorie dos Creatianismus. Der menschlichen Seele kommt
kein Sein vor ihrer Verbindung mit «lern Leibe zn. Sie wird vielmehr erst dann
geschaffen, wenn auch der Leib, mit welchem sie vcreiuiat wird, geschaffen wird
(Migne, P. lat. 1<'J4, ]()8D).
In Alcuins Schule empfing auch der Mann Anregung: und Bildung, der in
218 § 22. Die Earolingische Benaiseance. Hraban. Candidos.
abhängt. Diese allmächtige Gewalt, welche herrscht über alle Dinge, die sind,
leben und erkennen, ist Gott (G. Grunwald, Gesch. d. C-TOttesbeweise, S. 20 f.).
von den Dicta" getrennt, noch in einer zweiten, durch augustinische Elemente
,,
erweiterten, dialogischen Form vor. Beide Formulierungen treten vereint auf bei
Benedict von Aniane (Siehe G. Grunwald, a a. O., S. 19).
Ein Schüler Hrabans war auch Servatus Lupus, von 842 bis zu seinem
Tode 862 Abt von Ferriferes in der Diöcese Sens. Als begeisterter 'Verehrer der
Klassiker, insbesondere Ciceros, und als Textkritiker ist er und sein wertvoller
Briefwechsel in erster Linie für die Geschichte der klassischen Philologie von
Bedeutung. Servatus Lupus ,,sind wir für die lateinische Literatur zu demselben
Danke verpflichtet, wie dem ein halbes Jahrhundert später lebenden Arethas für
die griechische" (E. Norden, Die antike Kunstprosa, II, Aber nicht
S. 099).
bloß als Humanist und Philologe ist Lupus tätig gewesen.Er hat auch den
theologischen Streitigkeiten der Zeit sein lebhaftes Interesse zugewandt und
mit dialektischen Mitteln eine Lösung derselben versucht in seinem Liber de
tribus quaestionibus. Die drei umstrittenen Fragen betreffen die Willens-
(De libero arbitrio), die Prüdestination (De praeclestinatione bonorum et
freiheit
malorum) und die Lehre von der Eucharistie (De sanguinis domini taxatione).
Als Anhang ist entsprechend der kompilatorischen, auf die Autoritäten sich
stützenden Arbeitsweise der Zeit ein Collectaneum aus den Kirchenvätern bei-
gegeben.
An Stelle der enzyklopädischen Tendenz, welche für die Schriftstellerei
Alcuins und Hrabans charakteristisch ist, finden wir bei Lupus von
Ferriferes die Vertiefung in einzelne wissenschaftliche Probleme und das Be-
streben, sie allseitig denkend zu durchdringen und zu bemeistern. Die gleiche
Richtung, in welcher trotz dem engen Anschluß an die Autoritäten die Anfänge
selbständiger wissenschaftlicher Tätigkeit und der Beginn systematisierender
Arbeit li^en, wird vertreten von den Mönchen des Klosters Corbie, Paschasius
Radbertus und Ratramnus.
Paschasius Radbertus, seit 842 Abt von Corbie, gest. um 860, entfaltete
eine umfangreiche Tätigkeit auf dem Gebiet der Exegese. Sein großer
Matthäus kommentar gilt als die beste exegetische Arbeit des neunten Jahr-
hunderts. De corpore et sanguine domini be-
In der 831 verfaßten Schrift
trat er das dogmatisch-philosophische Gebiet. Es ist der erste Versuch,
das gesamte über die Eucharistie in der Schrift und bei den Vätern vorliegende
Material einheitlich zu gestalten und n»it Hilfe der Dialektik systematisch zu
verarbeiten. Augustinus erscheint nls die Hauptautorität. Es ist der Geist
Augustins, in welchem Paschasius arbeitet, wenn er die Verbindung von
Glauben und Wissen, von mysterin-a und scientia anstrebt. Das gleiche Ziel
verfolgte er in einer weiteren theologischen Monographie mit dem Titel: De fide,
«pe et charitate. Auch zwei Biographien hat Paschasius verfaßt, die Vita
Adalhardi und das Epithaphium Arsenii, in welches vielfach aus Cicero
und Seneca Zitate eingestreut sind. Obwohl er sich in den kla.ssischen Autoren
außerordentlich bewandert zeigt, so wandte er sich doch in seinem Matthäus-
kommentar (Prolog zum dritten Buch) heftig gegen die Beschäftigung mit den
alten Klassikern, gegen die Erklärung von Ciceros Acadeniica und von
Makrobius' Somnium Scipionis, wie gegen die des Vergil (M. Manitius,
Gesch. d. lat. Lit. I, 8. 408).
220 § 22. Die Karoling. Renaissance. Ratramnus. Godescalc. Hinkmar.
Wie ein Rückblick erkennen läßt, herrschte ein reiches und mannigfaltiges
Wfissenschaftliches Leben in den Karolingischen Schulen. Zahlreiche und vielseitig
gebildete Männer arbeiteten mit Erfolg im Dienste der Wissenschaft. Sie alle
aber überragt an Tiefe der Begabung, an Selbständigkeit des Schaffens und an
Eigenart der Leistungen Johannes Scottus, die bedeutendste Gelehrtenpersön-
lichkeit nicht bloß der Karolingerzeit, sondern der ganzen Frühscholastik bis auf
Anselm und Abälard.
Diese
des sukzessiven Hinzutretens der Differenzen und Proprietäten.
Lehre beruht auf der Hypostasierung des Allgemeinen als
«iner der Ordnung nach vor dem Besonderen realiter exi-
stierenden Wesenheit, also auf der platonischen Ideenlehre in der
Auffassung, die später rem" be-
durch die Formel: „universalia ante
zeichnet zu werden pflegte. Doch
Scottus auch das Sein des
schließt
Allgemeinen in dem Besonderen nicht aus. Den Hervorgang der end-
lichen Wesen aus der Gottheit nennt Scottus den Prozeß der Ent-
faltung (analysis, resolutio) und stellt demselben zur Seite die Bück-
222 Johannen Scottus, Ausgaben.
Aoggaben.
Die y.chrift des Scottus De divina praedestinatione erschien (nach-
dem seine Ubersetzuug des Diouysius schon zu Köln 1556 gedruckt war) zuerst
in Guilberti Mauguini vett. auett. qui nono saeculo de praedestinatione et
gratia scripserunt opera et fragmenta, Par. 1650. tom. I, p. 103 saq. Das Werk
De divisione natnrae gab zuerst Thomas
Gale, Oxf. J681 neraus, danach
C B. Schlüter, Münster 1838, femer zugleich mit der Übersetzung und den
noch vorhandeneu Kommentaren zu Dionysius und mii der Schrift De prae-
destinatione H. J. Floss, Par. 1853 als 122, Bd. von Migne's Patrologiae cnrsus
completus. Ser. lat. Deutsch mit e. Schlußabt. über Leb. u. Schriften d. Eng.,
d. Wissensch. und Bildung seiner Zeit, die Voraussetzungen s. Denkens u. Wiss. etc.
versehen von liudw. Noack, in v. Kirchmarnis philos. Bibl, Berl., später Lpz.
1870—1876.
Die beiden Widmungsß<;hreiben der Übersetzung der Werke des Dionysiüs
uud der Ambigua des Maxim us an Karl den Kanlen hat E. Dümmler.'M. G.
Epist. Karol. aevi IV, Berol. 1902, 1.58— 162 ediert.
Eriugenas Comm. zu Martianus Capella hat Haur^au, Notices et
extraits des manuscrits, t. XX, 2e p. S. 1 ff., Par. 1862, in Auszügen ediert. Vgl.
anch noch Notices et extraits de quelques manuscrits latins de la bibhoth.
ders.,
nat., Par. 1891, t. Ergänzungen bringt. E. K. Band, Johannes Scottus,
II, S. 140.
München 1906 (Quellen und Unters, z. lat. Philol. d. Mittelalt. herausgcj^. von
L. Traube, I, 2). S. 21, S. 81—^, femer M. Manitius, Neues Archiv d. Ges.
f. alt. deutsche Gefichicht.«k. 36, 1911, S. 57 ff. (Der den Martianuskommentar
enthaltende Cod. Paris, lat. 12960 wird beschrieben und die Einleitung niitgetoilt.
Johannes Scottus u. d. Ixe Dunchad, der ebenfalls einen Kommentar zu Mar-
tianus schrieb, haben aus gemeinsamer Quelle geschöpft); derselbe, Zu Dunchads
u. Joh. Scottus Martian kommen tar, Didaskaleion 1912, 138 172. —
Die Glossen des Johannes Scottus zu den Opuscula «acra des
Boethius (Opusc. I, II, III. V ed. Peiper) hat E. K, Rand 1906 in der vorhin
erwähnten Schritt publiziert, nachdem bereits Peiper in seiner Ausgabe der
C'onsolatiound der Opera theol. (Leipzig 1871) einiges daraus veröffentlicht hatte.
Die urktuidliche Bestätigung des Beweisganges von E. K. Rand brachte M. Ma-
nitius, Zu .Johannes Sc/)ttus ii. z. Bibliothek Fuldas, Neues Archiv d. Ges. f.
ältere deutsche Geschichtsk. 34. lOW, 759—762. Der Fuldaer Katalog aus s.
XV, der aber alte Bestände registriert, enthält: Joannis super Boetium de s.
trinitate. Siehe auch derselbe, Gesch. d. lat. Lit. d. Mittelalt. I. T., München 1911,
S. 330, 337 f.
Über die von Ravaisson (Rapport« sur les bibl. des depart. de
zuerst
l'oue.«;t, 334 ff .), dann von Taillandier und Floss veröffentlichte
Pariti 1841,
Homilie des Scottus zum Prolog des Johannesevangeliums berichtet auf
Grund von Cod. Paris, lat. 29.50 B. Haur^-au (Notices et extraits des manu^cr.
de la bibl. nat. 38. 2e p., Paris 1903, 411—414; femer Bratke (Zeitschr. f.
Kircheng. 21, 1901, 445—452), der die HomUic in Cod. 890 der Bibl. von Troyes
unter dem Namen des Origenes entdeckt und, wie Haureau, Abweichungen
gegenüber der Ausgabe von Ravaisson konstatiert, hat^
Die Gedichte des Johannes wurden von L. Traube, M. G., Poetae lat.
aevi Carol. III, 1896, 518—553 veröffentlicht.
Die Solutiones Prisciani Lydi hat J. Bywater, Berolini 1886 ediert.
§ 23. Johannes i^ottiis. Ausgaben. 223
Eriugena oder nach späterer Lesart Jerugena, aber nie Erigena genannt wird
(vgl. Gl. Baeumker, Ein Traktat gegen, die AmaWcianer Jahrb. f. Philos. u. ,
spekul. Theologie, Bd. 7, 1893, S. 346; Bd. 8, 1894, S. 222), war in Irland geboren.
Daher der Beiname Eriugena von der keltischen Fonn (h) ^riu = Erin, Irland;
vgl. L. Traube, O Roma nobilis. Philolog. Untersuchungen aus dem Mittelalter.
Abh. d. philos.-philolog. Klasse d. k. bayr. Akademie der Wiss. Bd. 19, 1892
S. 360. Egli, Nomina geographica, 2. Aufl., Leip. 1893, c. 453. Seiner Nationali-
tätnach war er ein Schotte. Daher der andere Beiname Scottus oder Scottigena.
Irland hieß bis ins 11. .Jahrhundert Scottia major als das Stammland der Schotten,
die aus ihm nach Schottland hinübergewandert sind. Gales Deutmig von
Erigena auf Ergene in der Grafschaft Hereford als Geburtsort, ist falsch, wie nicht
minder Mackenzies Deutung auf Aire in Schottland. Auch die Ableitung von
Floß, der an legov, und von Huber, der an'Jsgvrj denkt, läßt sich nicht halten.
Der Name weist (wie schon Thomas Moore, History of Ireland I, c. 13 an-
genommen hat) auf Erin, lateinisch Hibemia (Uqvtj) hin. Das Geburtsjahr muß
um 810 fallen.
Seine Bildung hat Johannes auf den damals in Irland blühenden Schulen
erhalten. Er verstand das Griechische ebensowohl als das Lateinische. Von
den Lateinern sind insbesondere Augustinus und Boethius seine Führer ge-
wesen. Von den griechischen Vätern hat er nach den Untersuchungen
Draesekes (Joh. Scot. und dessen Gewährsmänner) außer Pseudo-Dionysius
und Maximus Confessor, deren Schriften er its Lateinische übertrug, Epi-
phanius und Gregor von Nysß.a im griechiscLcü Urtext benutzt. Von den
Schriften alter Philosophen kannte er den Timäus des Piaton in- der Über-
setzung des Chalcidius oder, wie Draeseke annimmt (a. a. O. S. 28), des
Cicero, femer die aristotelischen Schriften De interpretatione und die Kategorien
nebst der Isagoge des Porphyrius und den Lehrbüchern des Boethius,
Cassiodorus, Martianus Capella, Isidorus und Späterer, weiterhin die
dem Augustin zugeschriebenen Principia dialectices und Decem Categoriae.
Anfang der vierziger Jahre (sicher vor 847) kam er nach Westfrancien.
Karl der Kahle berief ihn bald nach seinem Regierungsantritt an die Hofschule
(schola palatina) zu Paris, der er längere Zeit vorstand, imd beauftragte ihn mit
der Übersetzung der 827 Ludwig dem Frommen Michael
durch den Kaiser
Balbus geschenkten Schriften des vermeintlichen Dionysius Areopagita.
224 § 23. Johannes Scottus.
Der Papst Nicolaus I. beklagte sich (860 oder 862) beim Könige, daß Johannes,
diese Übersotziuig ihm nicht vor der Veröffentlichung zur Zensur zugesandt habe,
und wollte ihn wegen häretischer Ansichten zur Verantwortung ziehen. Außer-
dem hatte Johannes noch Verdrießlichkeiten, indem er von Hinkraar von
Reims in dessen theologischen Streit gegen Godescalcs „Prädestinations-
lehre" hineingezogen und wegen seiner über den beiden Parteien stehenden
Meinung der Ketzerei verdächtigt wurde. Mit dem Tode seines hohen Gönners,
des Königs Karl, im Jahre 877. verschwindet auch seine Persönlichkeit aus der
Geschichte. Nach Haur^au (Nouvelle biographie gön^rale, t. XVI) L^t er um
877 in Frankreich gestorben. Nach einigen Angaben soll er durch Alfred den
Großen an die zu Oxford gegründete Universität berufen und später als Abt zu
Malmesbury, anderen Chronisten zufolge als Abt von Athelney, von den Mönchen
ermordet worden sein; doch liegt hier offenbar eine Verwechselung mit einem
andern Johannes vor.
Nach den Forschungen von Jacquin lassen sich deutlich zwei Perioden in
der Entwicklungsgeschichte des Johannes unterscheiden. Während der ersten
Periode sind es ausschließlich lateinische Väter, neben Gregor d. Gr. und Isidor
welchem die syllogistische Logik und die dialektische Gewandtheit des Verfassers
große Triumphe feiert. Das geistige Niveau der Zeit überragend blieb ee für viele
^ine imverstandene Schöpfung. Dennoch fand es, wie sich aus der großen Zahl
der älteren Handschriften entnehmen läßt, im neunten Jahrhundert nicht geringe
Verbreitung, und trotz aller widrigen Schicksale, die ihm im Laufe der Jahr-
hunderte beschieden waren, hat sich nach L. Traube (Vorwort p. VIII zu
§ 23. .lohannts Sc<^>ttU8, 225
J. E. K. Rand, Johannes Scottus, München ]90t>) in einer Eeimser (Cod. 87j) und
in einer Bamberger Handeclirift (Ceti. H. J. IV, .5 u. 6) das Autograph erhalten.
Wie es scheint, stammt aus der Feder des Johannes auch ein Kommentar
zur Consolatio des ßoethius. Wenigstens enthält die l^tadtbibiiothek zu
Trier (Cod. 1093, XI) Teile von Conaolatio-Kommentaren des Johannes und
s.
alten Fuldaer Katalog, den M. Manitius raitteüte (siehe oben S. 222), nicht zu
zweifehl. Die Glossen stammen aus den letzten Lebensjahren des Scottus. Sie
entStauden um 870, genauer zwischen 867 und 891. ,.Sie nehmen zur Divisio
naturae etwa dieselbe Stellung ein, die die Retractationes in der theologisehen
Schriftstellerei des Augustinus einnehmen'' (Rand, a. a. O., S. 18").
Endlich seien noch erwähnt die Gedichte des Johannes und die vo'i
Quicherat und L. Traube dem Scottus zugeschriebene Übersetzung der
Solationes des Priscianus Lvdus, der zur Zeit Justinians ein Werk
schriel) in der Form von Antworten auf Fragen aus der Psychologie, Physiologie,
Physik und aus der Naturgeschichte, die der Pei-serkötiig Chosroes an den Ver-
fasser gerichtet haben soll (siehe M. Manitius, Gesch. d. lat. Lit. d. Mittelalt. I,
S. 331, 338).
Mit dem Glauben an die geoffenbarte Weisheit muß nach
Scottus alle unsere Forschung beginnen. De praedest. c. 1, ed. Floß;
Migne, P. lat. 122, 359 ß: salus uostra ex fide inchoat. De divis. nat. II,
20;nbd.. r)56 B: non enim alia fidelium aniraarum salus est, quam de uno omniiuu
principio, quae vcre praedicantur, credere, et quae vere creduntur, intelligere. Wir
dürfen, heißt es (ib. 1. 64 sq., 1. c., .ö09B sq.), über Gott nicht unsere eigenen Er-
findungen vorbringen, sondern nur das, was in der heiligen Schritt geoffenbart
ist und aus ihren Aussprüchen sich entnehmen läßt (ib. II, 15, 1. c, 545 B):
raliocinationis exordium ex divinis eloquiis assiimendum esse existimo. Unsere
Sache aber ist es. den Sinn der göttlichen Aussprüche, der ein vielfaltiger und
gleich der Pfauenfeder in mancherlei Farben schillernder ist, denkend zu ermitteln
(ib. IV, 5, l. c., 749 C), insbesondere auch den bildlichen Ausdruck auf den eigent-
lichen zurückzuführen (ib. I, 64, 1. c, 509 A). Bei der Aufgabe, in die (Geheimnisse
der Offenbarung einzudringen, sollen die Schriften der Kirchenväter uns leiten.
Uns ziemt es nicht, über die Einsichten der Väter abzuurteilen, sondern wir
müssen uns fromm und ehrfurchtsvoll an ihre Lehren halten. Aber es ist uns
gestattet, das auszuwählen, was den göttlichen Aussprüchen nach dem Ermessen
der Vernunft mehr zu entsprechen scheint (ib. II, 16 1. c, 548 D. 549 A), zumal
wo bei den alten Kirchenlehrern selbst Widersprt-chendes sich find>;t (ib. IV, 16,
1. c., 816 D). Die wahre Autorität kann nach Scottus nicht in Wider-
spruch kommen mit der wahren Vernunft, und ebensowenig di-
Ueberweg, Grundriß II. 15
226 § 23. Johannes Scottus.
wahre Vernunft mit der wahren Autorität, da sie beide aus derselben
Quelle, nämlich der göttlichen Weißheit, fließen (ib. I, 66, 1. c, 511 B): NuUa itaque
auctoritas le terreat ab his, quae rectae contemplationis rationabilis suasio edocet.
Vera enim auctoritas rectae rationi non obsistit, neque recta ratio verae auctoritati.
Ambo siquideni ex uno fönte, divina videlicet sapientia, manare dubium non est.
Die wahre Autorität ist eben nichts anderes als die durch Vernunft gefundene
Wahrheit, die von den Vätern schriftlich überliefert ist.
Die zweite umfaßt die in Cirott subsistierenden Ideen als die primordiales causas.
Die dritte geht auf die im Raum und in der Zeit erscheinenden Dinge. Die vierte
endlich fällt mit der ersten zusammen, sofern beide auf Gott gehen, die erste
nämlich auf Gott als den Schöpfer, die vierte auf Gott als den Endzweck aller
Dinge. Alles, was aus der Alhirsache hervorgeht, strebt auch durch natürUche
Ikiwegung zu seinem Anfange zurück, außer dem kommt es nicht zur Ruhe. So
ist das Ende jeder Bewegung ihr Anfang; sie endigt mit keinem andern Ausgang
als mit ihrem Anfang, zu dem sie immer zurückkehren muß, um darin zu ver-
hauen und zu ruhen: Finis enim totius motus est principium sui, quod
appetit et quo repcrto cessabit. non ut substantia ipsins pereat, seil nt in suas
rationcs, ex quibus profectns est, revertatur (De div. nat. V, 3, 1. c. 866 CD;
§ 23. Johannes Scottut*. 227
cfr. 34, 952 (.'). Die Brücke nun von dem Einen zum Vielen und von dem Vielen
zum Einen bildet der Logos.
Unter dem Nicht^eicnden, welches Johannes Scottus in seine Ein-
teilung mit aufnimmt, will er nicht dasjenige versteheji, was gar nicht ist (quod
penitus non est), die bloße Privation, sondern zuhöchst das, was unsere sinnliche
und vernünftige Erkenntnis überragt, daim das, was in der Ordnung des ge-
schaffenen Seins, die von der Vernunftkraft (virtiis intellectualis) durch ratio und
sensus hindurch bis zu der anima nutritiva et auctiva herabfi'üirt, jedesmal das
Höhere ist, softjrn es als solches von dem Niederen nicht erkannt wird, wogegen
es als ein Seiendes zu bezeichnen sei, sofern es von den Höheren und von sich
selbst erkannt wird. Ferner werde auch das bloß potentiell Existierende (wie das
Menschengeschlecht in Adam, die Pflanze in dem Samen) ein Nichtseiendes ge-
nannt. Viertens nach philosophischer Redeweise das Körperliche, da es werde
und vergehe und nicht gleich dem Intelligibeln wahrhaft sei. Fünftens die Sünde
als Verlust des göttlichen Ebenbildes (De div. nat. I, 2 ff., 1. c, 442 B ff.).
Das schaffende unerschaffene Wesen hat allein essentielle Subsistenz.
Es wahrhaft. Es ist die Essenz aller Dinge. De div. nat. 1, 3, I. c,
ist allein
443 B: ipse namque omnium essentia est, qui solus vere est, ut ait Dionysius
Areopagita. Ib. I, 13, 1. c, 455 B: solummodo ipsam (naturara creatriceni om-
niumque causalcm) essen tialiter subsistere. Gott ist Anfang, Mitte und
Ende der Dinge. Ib. I, 11, 1. c, 451 t); 4.52 A: est igitur principium, medium
et finis. Principium, quia ex se sunt omnia, quae essen tiam participant; mediiun
autem, quia in ipso et per ipsum subsistunt atque moventur; finis vero, quia ad
ipeum moventur, quietem motus sui suacque perfectionis stabilitatem quaerentia.
Er ißt alles in allem, jedoch so, daß er unvermischt für sich bleibt, also über allem
steht, ib. 1, 62, 1. A: nuUique ad participandum se plus aut minus
c, 506 D, 507
adest (universalis essentia); sicut lux oculis. Tota enim in sLngulis est et in se
ipsa. III, 20, 1. c, 683 B: ac sie ordinale in omnia provenieus facit omnia et fit in
Omnibus omnia et in se ipsum redit, revocans in se omnia, et dum in omnibus
fit super omnia esse non desinit. Er ist für die Welt zugleich das immanente
und auch das transzendente Sein.
Gottes Wesen ist unerkennbar den Menschen und selbst den Engeln.
Als das Nichts kennt Gott sogar sich selbst nicht, was er ist: Dens itaque nescit
se, quid est, quia non est quid; incomprehensibilis quippe in aJiquo et sibi ipsi et
omni intellectui (De div. 589 B), womit jedoch das Selbst-
nat. II, 28. 1. c,
bewußtsein Gottes nicht ausgeschlossen zu sein braucht. Aus dem Sein der Dinge
kann Gottes Sein, aus ihrer Ordnung, wonach sie sich in Klassen gliedern, seine
Weisheit, aus ihrer konstanten Bewegung sein Leben erschaut werden. Unter
sdnem Sein aber ist der Vater, unter seiner Weisheit der Sohn, unter seinem
Leben der heilige Geist zu verstehen (ib. I, 13, 1. c, 455 C). Gott ist also ein
Wesen (essentia) in drei Substanzen. Freilich treffen alle diese Bezeichnungen
nicht im eigentlichen Sinne zu. Mit Recht sagt Dionysius, durch keinen Namen
könne die höchste Ursache wahrhaft bezeichnet werden. Jene Ausdrücke haben
nur symbolische Geltung. Sie gehören der affirmativen Theologie an, die
bei den Griechen xazaq^axixij heißt; die verneinende Theologie, ujioqpaTixT],
hebt sie wieder auf. Symbolisch oder metaphorisch kann Gott Wahrheit, Güte,
Essenz, Licht, Gerechtigkeit, Sonne, Stern, Hauch, Wasser, Löwe und unzähliges
andere genannt werden. In Wahrheit ist er über alle diese Prädikate erhaben, da
jedes derselben einen Gegensatz hat, er aber gegensatzlos ist. De div. nat. I, 14,
1. c, 459 D: essentia ergo dicitur Dens, sed proprie essentia non est, cui opponitur
nihil; vjrsgovoiog igitur est, id est superessen tialis. Item bonitas dicitur, setl proprie
i;r-
228 § 23. Johannes Scottus.
btjiiitaä iioii est; bonitali eDim malitia opponitur; v.-xegÖYadtii igitur, |^u.s quam
lx»nu6, et i'jxfQayaUöir);;, id est plus In gleicher Art legt Johanne»
4|uam bonita'^.
•<cottus der natura creatrix non creata die Pnidikate v}TiQ&t<K, vjtegaXij&t'/c und
vnBgaitöviog und vneoaicoyla, VJrioaoq)o^ und vntQaofpia bei, welche
V7feQaJii){^fia,
alle zwar affirmativ lauten, aber einen nejrativcn 8inu involvieren. Ebenso läßt
er dieselbe (und zwar dies ausdrücklich auch nach AuguHtin) über die zehn
Kate«:orien erhaben sein, jene allgemeinsten (»enera, in welche Aristoteles alles
Gesi^'haffene eingeteilt halx? (ib. I, 14 ff., 1. c, 4(52 D ff).
Aus dem unerschaffonen schaffenden Wesen geht die Hchöpfung her>or, und
zwar zunächst das geschaffene und doch zugleich auch selbst schaffende
AVesen, welch»* die Gesamtheit der primordiales causae, der prototypa, primor-
dialia exempla oder ideae ist, der ewigen Frbilder der Dinge. De divis. nat. II,
2. 1. c, 529 B: species vel formae, in quibus omnium rerum faciendarum, prius-
quam incommntabiles rationes
essent, Tigoogioftata conditae sunt
prae- Auch ,
destinationes, werden diese Ideen genannt. Die Einheit dieser causae primordiales
ist der Logos, wenn er auch der apophatischen Betrachtungsweise nach nur
„die vom menschlichen Geiste gedachte Einheit der Welt in den göttlichen Eigen-
schaften" ist, also mit (lOtt zusammenfällt (Buch wald. S. 30). Die Idealwelt ist
ewig, aber doch geschaffen, und verhält sich zu Gott, wie das Werk zum Meister;
sie i.«t nicht gleich ewig, wie Gott, sondern ewig von Gott geschaffen.
Die ersten Gründe aller Einzelobjekte sind enthalten in der göttlichen
Weisheit oder dem göttlichen Wort, dem eingeborenen Sohne des Vaters. Sie
entfalten sich ihrerseits unt«r dem Einfluß des heiligen Geistes (oder der pflegenden
göttlichen Liebe; zu ihren Wirkiuigeu, den geschaffeneu und nicht schaffen-
den Objekten. Ib. II, 19, I.e., 554 BC: Spiritus enim sanctus causas pri-
mordiales, qiias Pater in principio, in Filio videlicet suo, fecarat. ut in ea,
cjuoruni causae sunt, procederent, hoc est, divini amoris fotu nutriebat.
fovebat,
Ad hoc nanKjue ova ab alitibus, ex quibus haec metaphora assurapta est, foventur,
ut intima invisibilisque vis scminum, quae in eis latet, jjer numeros locoi^um
temporum(|ne in formas visibiles cor]X)ralesque pxilchritudines igne aereque in
humoribus seminum terrenaque raateria operantibus erumpat. Die Materialität
dieser letzteren Objekte ist, wie Scottus ib. 1, 34, 1. c, 479 B mit
Berufung auf Gregor von Nyssa (vgl. ob., § 15, S. 135) lehrt, nur Er-
scheinung. Sie beruht auf der Verflechtung der Akzidentien
accidentium quorundam concursus) untereinander. Unter dem
Nichts, aus dem sie nach der kirchlichen Lehre geschaffen sind, ist Gottes
eigenes, alle Erkenntnis überragendes Wesen zu verstehen. De divis. nat. III,
19, 1. c, 680 D : ineffabilem et incomprehensibilem divinae bonitatis (naturae)
inaccessibilemque claritatem omnibus intellectibus sive humanis sive angelicis
incognitam — superessentialis est enim et supematurali« eo nomine (nihili) —
significatara crediderim.
Die Schöpfung ist ein Hervorgang (processio) Gottes durch die
primordiales causae oder principia in die unsichtbaren und sicht-
b-aren Kreaturen (ib. III, 25, 1. c, 692 ff.). Auch dieser Hervorgang ist ein
ewiger. Ib. III, 17, 1. c, ()78 B: omnia, quae semper vidit, semper fecit. Non
enim in eo praecedit visio 0)>erationem, quoniam coaeterna est visioni operatio. . . .
catio) steht Eriugena auf dem Boden der griechischen Vät«r, des Irenäus,
Hippolytus, Clemens, Origenes, Athanasius und vor allem des Dio-
nysius Areopagita und Maximus. Die Anfänge dazu finden sich freilich
schon mannigfach in der griechischen Philosophie.
Das Wesen, welches weder schafft, noch geschaffen wird, ist nicht
ein viertes neben den drei ersten, sondern sachlich mit dem schaffenden unge-
schaffenen Wesen identisch. Es ist Gott als das letzte Ziel der Dinge,
wohin sowohl die physische als die intellektuelle Natur, schließlich zurück-
alles,
kehrt, lim in ihm zu ruhen und nicht aufs neue aus ihm hervor-
datm ewig
zugehen. De divis. nat. II, 2, l. c, 526 Cff. prima namque et quarta unura :
objekt als eine Svibstanz betrachten, von der das Generelle auszusagen und
in der das Akzidentelle enthalten sei. Alles ist ihm vielmehr in der Einen gött-
lichen .Substanz und das Spezielle und Individuelle dem Generellen
enthalten
immanent, und dieses wiederum in jenem als in seinen natürlichen Teilen (De
ist
divis. nat. I, 25 ff., 1. c, 470 D ff.). Aber diese Ansicht ist auch nicht mit der
ursprünglich platonischen identisch. Sie beruht auf der Übertragung des aristo-
telischen Substanzlsegriffs auf die platonische Idee und des Verhältnisses der
av/itßsßrjxÖTa zur Substanz auf das der Individuen zur Idee.
Daß diese gesamte Doktrin aus Dionysius dem Areopagiten und seinem
Kommentator Maxi mus gezogen ist, sagt Johannes Scottus ausdrücklich, be-
sonders in der an den König gerichteten Dedikation seinerÜbersetzung der
Schollen des Maximus zu Gregor von Nazianz. Auch bekundet sich durch-
weg die platonische und neuplatonische Basis. Trotz der Anlehnung an die
christlichen System im wesentlichen als neuplatoniseh
Lehren ist sein
zu bezeichnen. Piaton ist ihm philosophorura summus (De div. nat.
III, 36, 1. c, 728 A), aber dann sagt er doch: ne videar sectam iUius sequi (Ib. III.
37, 1. c, 732 D). Neupia tonismus mit der
Die versuchte Verschmelzung des
kirchlichen Lehre konnte nicht ohne
Inkonsequenzen durchgeführt
freilich
werden. Ist die Gottheit das ov, das reale Wesen, das durch den allgemeinsten
Begriff, den des Seins, erfaßt wird, so kann einesteils die Auffassung unter der
Form der Persönlichkeit nur der Phantasie, nicht dem Gedanken angehören,
andemteils kann die Mehrfachheit, Insbesondere die Trinität, nicht ihr selbst,
sondern erst ihrer Entfaltung zukommen. Demgemäß sollte namentlich der Logos
der zweiten Form, der geschaffenen und schaffenden, angehören, wie Plotin in
der Tat auf das schlechthin einfache Urwesen an zweiter Stelle den vovs mit den
Ideen und dann als dritte Grottheit die Weltseele folgen läßt. Und doch muß
Johannes Scottus zufolge der athanasianischen Logoslehreden Logos, wie auch
den heiligen Geist, dem Urwesen selbst zurechnen und stellt nur die Ideen die ,
wegende, das bew^te Bewegende, das bewegte Nichtbewegende, welche Scottus aus
^ner Stelle des Augustin kennen konnte (De civ. Dei V, 9; Migne, P. lat., 41,
151: causa itaque rerum, quae facit, nee fit, Dens est. Aliae vero causae et
faciimt, et Sunt; sicut sunt omnes creati spiritus, maxime rationales: Corporales
autem causae, quae magis fiunt, ((uam faciunt, non sunt inter causas efficientes
annumerandae). Die dionysische Lehre von der Rückkehr in Gott ergab dann
die vierte Form.
Dem Johannes Scoitus sind die Uni Versalien vor, aber darum nicht
weniger auch in den Einzelobjekten oder vielmehr die Einzelobjekte in jenen.
Der Unterschied der realistischen Lehrformen voneinander ist bei ihm noch nicht
zur Entfaltung gelangt. Wenn Prantl {II, 33, 36) zwar den christlich -plato-
nischen Realismus des Scottus anerkennt, ihn aber seltsamerweise zugleich zum
Kominalisten stempeln will, so hat er hierfür keinen Beweis erbracht. Scottus
st«ht im Gregenteil dem Nominalismus so fern wie möglich. Aus der alten
Historia a Roberto r^e ad mortem Phihppi primi hat zuerst Buläus in seiner
Hißtor. univers. Paris I, p. 443 z. Teil, vollständig aber Duchesne (Script, hist.
franc, t. IV, S. 88) und Bouquet (Recueil des de la histor. des Gaules et
France, t. XI, S. 160, t. XII, p. 3 B C) die Notiz veröffentlicht: Hoc temjwre
tarn in divina quam in humana philosophia floruerunt Lanfraneus Cantuariorum
^(Hscopas, Guido Longobardus, Maingaudus Teutonicus, Bruno Remensis, qui
poeftea duxit vitam heremiticam. In dialectica quoque hi potentes exstiterunt
sophistae: Johannes, qui eandem artem sophisticam vocaleni esse disseniit,
ein späterer Dialektiker und zwar wahrschein Uch der berühmte Mediziner
Johannes aus der Schule von Chartres. Siehe darüber näheres unten § 26.
Eriugena ist durchaus Realist. Zwar gehen nach ihm die Grammatik
und Rhetorik Zweige oder Hilfsmittel der Dialektik nur auf die Worte (voccs),
als
nicht auf die Dinge, und gelten ihm daher nicht als eigentliche Wissenschaften
(De divis. nat. V, 4, 1. c. 870 B.: matri artium, quae est Dialectica, semper
,
adhaerent. Sunt enim veluti quaedara ipsius brachia rivulive ex ca manantes, vel
certe instrumenta, quibus suas intelligibiles inventiones humanis usibus nianifestat).
Die Dialektik selbst aber oder die Xoyixt), rationalis sophia, koordiniert er (De div.
nat. III. 29, 1. c, 705 B) der Ethik, Physik und Theologie als die Lehre von der
methodischen Form der Erkenntnis (quae ostendit, quibus regulis de unaquaque
triniii aliarum sophiae partium disputandum) und weist ihr insbesondere die Er-
örterung der allgemeinsten Begriffe oder der Kategorien (Prädikamente) zu, die
er keineswegs für bloß subjektive Gebilde, sondern für die Bezeichnung
der höchsten Genera alles Geschaffenen hält. De divis. nat. I, 14, 1. c,
402 D ff.: Aristoteles, acutissimus apud Graecos. ut aiunt, naturalium rerum
discretionis repertor omniiim rerum, quae post Deum sunt et ab eocreatae, in-
numerabiles varietates in decem universahbus gener ibus conclusit; .... illa pars
philosophiae , quae dicitur dialectica, circa honim generum divisiones a genera-
232 § 23. Johannes Boottus
oder unkörperliche Wesen seien, und ob sie von den sinnlich wahr-
nehmbaren Objekten gesondert oder nur in und an diesen existieren.
Porphyrius weist die nähere Erörterung dieser Fragen (welche er
namentlich in den dem früheren Mittelalter unbekannten metaphysischen
Schriften des Aristoteles, in dem platonischen Parmenides
und endlich bei seinem Lehrer Plotinus vorfand) als eine für seine
einleitende Schrift zu schwierige Aufgabe
ab. Aber schon die wenigen
Worte reichten hin, um Problem selbst und die möglichen
das
Lösungsversuche so zu bezeichnen, daß sich daran das Hervortreten
des Realismus und Nominalismus anknüpfen
mittelalterlichen
konnte, um
mehr, da die dialektische Behandlung der kirchlichen
so
Fundamentaldogmen immer wieder darauf zurückführen mußte.
Die (platonische oder doch von Aristoteles dem Piaton zu-
geschriebene) Ansicht, daß die üniversalien eine von den Einzelobjekten
gesonderte, selbständige Existenz haben und vor diesen existieren, sei
es bloß dem Range und dem Eausalverhältnis oder auch der Zeit
nach, ist der extreme Realismus, der später auf die Formel ge-
bracht wurde: universalia ante rem.
Die (aristotelische) Ansicht, daß die üniversalien zwar eine
reale Existenz haben, aber nur in den Individuen, ist der gemäßigte
Realismus, für den die Formel gilt: universalia in re.
Der Nominalismns ist die Lehre, daß nur die Individaen reale
Existenz haben, die Gattungen und Arten aber bloß subjektive Zu-
sammenfassungen des Ähnlichen seien. Sie werden mittels des gleichen
Begriffs (^conceptus) vollzogen, durch den wir die vielen einander
gleichartigen Objekte denken, und mittels des gleichen Wortes
(nomen, vox), durch das wir aus Mangel an lauter Eigennamen die
einander gleichartigen Objekte bezeichnen. Der Nominalismus ist,
sofern er die Subjektivität des Begriffs betont, Konzeptualismus,
sofern aber die Identität des Wortes, extremer Nominalismus
{oder Nominalismus im engeren Sinne). Die Formel des Nominalismus
lautet: universalia post rem.
Indessen finden sich diese verschiedenen Hauptrichtungen noch
keineswegs in der Glossenliteratur des neunten und zehnten Jahr-
hunderts voll entwickelt vor. Soweit unsere heutige Kenntnis der
Dokumente reicht, stellt sich für die frühe Zeit, um die es sich hier
handelt, der Realismus als die herrschende Richtung dar. Nur
Keime und Ansätze zum Nominalismus machen sich bemerkbar, von einer
Parteispaltung und bewußten Gegensätzen aber zeigt sich keine Spur.
Die vollere Entfaltung, die dialektische Begründung und die schärfere
gegenseitige Bekämpfung, wie auch das Hervortreten der verschiedenen
möglichen Modifikationen und Kombinationen, gehört erst der Folge-
zeit an.
236 § 24. D. Dialekt, v. d. 2. Hälfte d. 9. b. z. 1 . Hälfte d. 11. Jahrh. Ausgaben.
Aiisg'aben.
I. Erie Ton Auxerre.
Die Vita S. <_iermani nebst den dazu gehörigen Olosseii dea Hoiricus
wurden neu heraushieben von L. Tratibe, MT G. Poetae I^atini aevi L'arol. III,
428 — 517; vgl. p. 755 ff. —
Von seinen Glwseu zu den pseudo-au^^ustiiiidchcn
Kate.^orieu aus Cod. Paris, 12 949 s. IX (= Sangermanensis 1108) hat
lat.
Cousin, Ouvrages in^ita d'Äb^lard. Paris 1836, f., LXXX
621 berichtet, und
Haureau, Hi^t. de ia philos. scol. I, —
lb8 195, Paris 1872 einiges veröffentlicht.
— Ebendaselbst 8. 187 wird von Haureau auch eine Stelle aus Erics Glossen
zu Augustiiis Dialectica mitgeteilt. Weitere Mitteilungen hatte schon Cousin,
a. a. O., 618-620 gegeben.
Auszüge aus den Glossen des sogenannten Jepa zur Isagoge Porphyrs
in der boethianischen Übersetzung gibt Cousin, a.a, O., LXXXII— LXXXV, 623.
den beiden ersten Büchern Martians wurden von K. Schulte, Das Verhältnis
von Notkers Nuptiae Philologiae et Mercurii zum Kommentar des Remigius
—
Antissiodorensis, Münster 1911,' S. 3 89 nach Cotl. 14 271 der Münchner Hof- und
Staatsbibliothek veröffentlicht. —
Auszüge aus den Glossen zu den Opuscula
Sacra des Boethius und zwar zu Tract. IV hat E. K. Rand, Johannes Scottus.
Münchöi 1906, 99-106 publiziert.
Jleßi EQitrfvdag, der von Boethius verfaßten fünf Bücher De consolatione philo-
§ 24. D. Dialekt, v. d. 2. Hälfte d. 9. b. r. 1. Hälfte d. 11. Jahrh. Ausgab«». 237
sophiae, der von Marl. Oapella verfaßten zwei Bfieher De nuptiis Mercnrii et
Philolopiae, Berlin 1837, voUntändiger und frenauer von Heinrich Hattemer,
in: Denkmale des Mittelalters, B. II, St. Gallen 1840 (Psalmeuübersetzung); B. III,
ebend. 1847 (Philosophische Schriften). Paul Piper, Schriften Notkers und
seiner Schule. Freib. i. B. ISJÖ, I. Bd.: Schriften philosophischen Inhalts. II. B,
Psalmen und katechetische Denkmäler nach der St. Galler Handsehriftengnippe,
ebend. 1883. III. B Wessobninner Psalmen, Predigten und katechetische Denk-
:
*
mäler, ebend. 1883.
figuris iUustravit, Berolini 1899. An Gerberts Geonietria lehnt sich an ein von
M. Curtze, Monatshefte f. Mathemat. und Physik VIII, 1897, S. 193 ff. edierter
anonymer geometrischer Traktat (Geometria practica). Siehe auch H. Q o n t Xotices m ,
et extraits des manuscrits, t. 39, Ire partie, Paris 1909, 1—1.5 (über eine neue
Handschr. zu den mathematischen Schriften Gerberts).
YIL Fseudo-Hmbanus.
Von der in Cod. S.-Germain 1310, s. XIII, fälschlich dem Hrabanus zu-
geschriebenen Glosse zur Isagoge Porphvrs wurden Bruckstücke veröffentlicht
von Cousin, Ouvrages in^its d'Ab^lard, Paris 1836, LXXVII— LXXIX, 613—
616 (vgl. p. X, XVI f.) und von Haur^au, De la. phüos. scol. I, Paris 1850,
109 f.; Hist. de la philos. scol. I, Paris 1872, 145—147.
Löwe weist nach, daß am Schlüsse der antiken Philosophie nebst dem
Nominalismus Hauptrichtungeu des Realismus schon vertreten waren,
alle
und bemerkt, daß „das Mittelalter den Kampf wieder aufgenommen, fortgesetzt,
durch eingeschobene Mittelgüeder modifiziert, mit einem großen Aufwände von
Scharfsinn bis in die feinsten Unterscheidungen verzweigt, ihn aber weder ge-
schaffen, noch eine Lösung zustande gebracht hat, die nicht schon vor ihm im
wesentlichen gegeben worden wäre''. So finden wir bei Porphyrius den ent-
schiedenen Realismus, bei Boethius, Macrobius und Chalcidius vermittelnde
Richtimgen und bei Martianus Capeila den ausgesprochenen Nominaüsmus.
Dieser letzte faßte den Gattmigsbegriff in ganz nominalistischer Weise als die
Zusammenfassung vieler Arten durch einen Namen.
Die Stelle der Isagoge des Porphyrius (ed. A. Busse, Berolini 1887,
p. 1), an welche das Aufkommen der verschiedenen dialektischen Richtungen sich
238 § 24. D. Dial. v. d. 2. Hälfte d. 9. b. z. 1. Hälfted. 11. Jahrh. Eric v. Auxerre.
geknüpft hat, lautet in der Übersetzung des Boethius (MignC, P. lat. 64, 77 A
82 A), in welcher sie dem Mittelalter vorlag: Quum Bitnecessarium, Chrysaori, etad.
eam quae est apud Aristotelem praedicamentorum doctrinani, noesc quid sit genus,
quid differentia, quid specics, quid proprium et quid accidens, et ad definitionum
assignationem, et omnino ad ea i^uae in divisione et in demonstratione sunt, utili
istanim rerum speculatione, compendiosam tibi traditionem faciens, tentabo breviter
modo, ea quae ab antiquis dicta sunt aggredi, ab altioribus
velut introductionis
quidem quaestionibus abstinens, simpliciores vero mediooriter conjectane. Mox de
generibus et speciebus illud quidem, sive subsistant, sive in soli*
nudis intellectibus posita sint, sive subsistentia corporalia sint an
incorporalia, et utrum separata a sensibilibus an in sensibilibus
posita et circa haec consistentia dicere recusabo; altiseimum enim
,
has glossas. Cousin, Ouvrages in^dits d'Ab^lard, p. 621), und die von Haureau
zum Teil veröffentlicht wurden. Die Darstellung ist klar und leicht. Der Gegensatz
der logischen Standpimkte noch wenig ausgeprägt. Heiricus sagt (Haureau,
ist
Philos. scoL S. 142, Histoire de la philos. scol. I, S. 195) mit Aristoteles und
Boethius (In libr. de interpret., ed. prima; Migne, P. lat. 64, 297 BC): rem
conoipit iutcllectus, intellectum voces designant, voces autem litterae significant.
Er erklärt (nach Arist. De interpr. 1, 2) res und inteUectus für naturalia, die voces
aber und vollends die litterae für konventionell (secundum positionem hominum).
Er äußert sich im engen Anschluß an den Text der zu glossierenden pseudo-
§ 24. D. Dial. v. d. 2. Hälite d. 9. b. x. 1. Hälfte d. 11 Jahrh. Eric
. v. Auxerre. 239
augustiniachen Vorlage (Migne, P. lat. 32, 1419 f.) in einer Weise, die an Nomi-
naliemus anklingt, ohne es indessen zu sein (Haur^au, Philos. scol. S. 141,
Hist. de la philos. eool. I, S. 194): Sciendum aatem, quia {uropria nomina primum
sunt innumerabilia, ad qaae cognoeoenda intellectus uoIIub seu memoria sufficit,
haec ergo omnia coartata speeies c<»nprehendit et facit primum gradum, qui latisai-
mus est, scilicet hominem, eqaum, leonem et species hujasmodi omnes continet.
Sed quiahaec rursus erant inniunerabllia et inocnniNreheosibilia (quis enim potest
(xnnes species animalis cognoscere ?}, alter factus est gradus angustior, iaznqoe
constat in gen^«, quod est animal, surculus et lapis iterum haec genera, in unom
;
et certa substantia, in qua continetur, per hoc non pot«rit cMtam rem ostendere,
nisi dicat albus homo yd equus aut niger.
In dönselbeu Kodex finden sich mit Marginalnotai versehen vor: die
boethianische Übersetzung der aristotelischen Schrift De interpr.,
Augttstins De dialectica und die boethianische Übersetzung der
Isagoge des Porphyrius. Siehe Cousin, a. a. O., LXXX, 618— 623.
Hanr^au (a. a. O. S. 184 ff.) ninunt auch diese Glossen für Heiricus
in Anspruch. Ebenso E. K. Band (Johannes Scottus, S. 15 f., 83 f.) und ihm
folgend M. Grabmann (I, S. 190). Allein die Autorschaft Erics läßt sich uur
fftr Augustins Dialectica wahrscheinlich machen, wofür die
die Glossen zu
Boiutzimg der Divisio naturae des Johannes Öcottus zu sprechen scheint
(siehe Haur^au, Hist. de la phüos. scol. I, p. 187). Dag^en bleibt es sehr
zweifelhaft, ob auch die Erklärung zur Isagoge Porphyrs Eric angehört.
Die Handschrift selbst bietet den unverständlichen Namen Icpa, was Cousin
(p. 623) als Jepa gdesen hat. L. Traube und M. Manitins sprechen die
GlOBsen dem Eric ab, imd ersterer ist geneigt, sie dem Iren Dunchad zuzu-
adueiben (Neues Archiv 18, 105). In diesen Isagoge-Glossen werden die porphy-
rianischen Fi'agen im Sinne des gemäßigten (aristotelisch - boethia-
nischen) Realismus entschieden, der sich uns überhaupt als die in jener
Zeit herrschende Lehrform bekundet. Den genera et species wird (bei Cousin,
o. a. O., LXXXII —
LXXXV) das vere esse oder vere subsistere vindiziert; sie
set^i an sich unkörperlich, aber in dem Körperlichen subsistierend. Dieses sei als
einzdnes der G^^enstand der sinnlichen Wahrnehmung, das Allgemeine aber, als
für sich bestehend aufgefaßt, sei der Gegenstand des Gedankens. Das genus wird
erklärt cogitatio collecta ex singularum similitudine specierura.
als
Diese kommentierenden Glossen sind einschließlich der Angabe über Piaton:
Sed Plato genera et species non modo inteUigit universalia, verum etiam esse
atque praeter corpora subsistere putat, fast nur Auszüge aus den beiden
Kommentaren des Boeth. ad Porphyr, a se translatum. Siehe J. Rei-
ners, Der aristoteüsche Realismus, 8. 14 f.
Auf demselben Staudpunkt, wie Eric in seinen Glossen zu den pseudo-
augustinischen Kategorien, steht ein anonymer Kommentar zu derselben Schrift,
aus dem C. S. Barach, Zur Geschichte des Nominalismus vor Roscelin, Wien
1866 Auszüge veröffentlicht hat. Gleich Eric und zum Teil in fast wörtlicher
Übereinstimmung mit ihm kennt auch der Anonymus drei Stufen o<ler Grade des
Zusammenfassens. Barach, a. a. O., S. T f. Per gradus, per quasdam ascensiones
:
iisja. Primus ergo gradiis est, cum dicitur horao, equufl, leo, taurue. . . . Secun-
du8 gradns est animal, quo notattir horao, equuB etc. Tertius j^cradtjs . . . est, cum
dico usia, quod est oomcn c4ipaoissimura omninm reruui viBibiliuni sive invisibilium,
et quo comprehenditur, quicquid est et ultra quid nihil est. Siehe J. Reincrs,
Der Nominalismus in der Frühschol., S. 23 24. —
Ein Schüler des Heiricus war Kemigius von Auxerre, geb. um 841.
gest. um 908, ein Verwandter des Servatus Lupus, und nach dem Tode Eric?
dessen Nachfolger im Lehramt an der Schule von Auxerre. 883 Murde er an die
Schule von Reims berufen vuid erteilte später in Paris, wo er namentlich auch
Odo von (Uugny zum Schüler hatte, Unterricht in der Grammatik und in
den Klassikern, in der Dialektik im Anschluß an Augustins Dialectica, über-
haupt in den Artes liberales in Anlehnung an das Lehrbuch des .Martianus
Capella. Wie Lupus und sein Lehrer Heiricus, ein Freund der klassischen
Literatur, gehört er zu den fruchtbarsten philologischen Exegeten der Zeit, wie
seine Kommentare zu den Grammatikern Donat (außerordentlich viel gebraucht
war insbesondere sein Kommentar zur Ars minor des Donat), Prisciau, Phnkas.
Eutyches, ferner zu den Dichtem Terenz, Juvenal, Prudentius, Sedulius,
zu den Disticha Catonis beweisen. Auch an theologischen Gegenständen
versuchte er seine exegetische Kunst, in der Expositio super Geneeim,
die auf das Hexaemeron des Ambro sius zurückweist, und hi einer Psalm en
erklärung, die hauptsächlich aus Augustin schöpft. Weitere biblische Kom-
mentare sind unter dem Namen des Hairao von Halbcrstadt l)t'i Mignc,
P. lat. 117 gedruckt.
Für die Philosophiegeschicbte ist vor allem von ßedoutung sein um-
fangreicher, die särathchen umfassender Kommentar zu
Disziplinen der Artcs
Martianus Gapella, der großen Teils aus den Martian - Kommentaren des
Johannes Scottus und des Iren Dunchad entnommen ist. und der das ganze
frühe Mittelalter anlkrordectlich verbreitet war und viel benutzt wurde, so von
Notker Laljeo und insbesondere von AI bericus mythologus (Siehelt. Raschke.
De Alberico mythologo, I. D., Vratislaviae 1912). In diesen Martian(Jlosse)i be-
kundet Remigius eine i-ealistische Tendenz im Sinne des Johannes Scottus.
Er lehrt platonisierend, daß das Spezielle und Individuelle durch Partizipation am
Allgemeinen bestehe. Er erklärt das Genus für die Koraplcxion vieler species
(genus est complexio id est collectio et comprehensio multarum formarura i. e.
si>ecierum). Daß von bloß subjektiver Zusammenfassung, sondern von
dies nicht
einer objektiven Einheit zu verstehen ist, geht aus der Definition der forma oder
species als eines substantiellen Abschnittes des genus (partitio substantialis) oder
als der substantiellen Einheit der Individuen hervor (homo est niultoruni hoiuinum
substantialis unitjis). Remigius erörtert die (auch von früheren schon behandelte)
Frage, in welcher Art die Akzidentien vor ihrer Vereinigung mit den betreffenden
Individuen existieren, z, B. die rhetorische Bildung vor ihrer Vereinigung mit Cicero.
Et entscheidet dieselbe imter dem Einfluß der platonischen Anamnesislebre dahin,
daß die Akzidentien, bevor sie hervortreten, potentiell schon in den Individuen
liegen, daß z. B. die rhetorische Bildung in der menschlichen Natur überhaupt
angelet sei. daß sii- aber infolge der Sünde Adams in die Tiefe der L'nwissenheit
herabgesunken sei, in der memoria ruhe und durch da> Lernen zum Bewußtsein
(in praeseutiam intelligcntiae) hervorgerufen werde (Haiircau. Notices et extraits
jfelien. Um das Bild von dei Art der philosophischen Betätigung des Remigius
zu vollenden, sei schüeßlich noch erwähnt, daß er nach dem Zeugnis de;-: Cod.
Trevirensis 1093, s. XI, fol. 115b, gleich Johannes Scott us, auch einen Kommen-
tar zur CJonsolatio des Boethius schrieb.
Der Schulbetrieb der Dialektik, wie überhaupt der artes liberales, lw:?tand
fort während des zehnten und elften Jahrhunderts, jedoch bis gegen die
Mitte des letzteren fast ganz ohne neue wissenschaftliche Resultate. Xeben den
logischen Schriften des Boethius fand insbesondere seine Consolatio philo-
sophiae Beachtung. Am Anfang des zehnten Jahrhunderts schrieb Bovo IL,
900—919 Abt von Corvey in Sachsen, einen meist auf Macrobius und Vergil
{Aeneis VI, —
724 727) fußenden Kommentar zu liber III, raetrum IX, der Con-
solatio philosophiae, in welchem er Boethius vom platonischen Standpunkt
aus interpretiert (siehe Endres, Philos. Jahrb. 1912, 364—367). I'm die Mitte
des 10. Jahrhunderts soll ein Mönch Poppo in Fulda hauptsächlich auf der
Grundlage des Boethius, wie es dort und überhaupt zu jener Zeit durchweg
traditionell war, gelehrt und auch dessen Schrift Deconsolatione])hilosophiae
kommentiert haben (s. Prantl II, 2. Aufl., S. 49 nach Trithem. Ann. Hirsaug.
p. 113); doch ist diese Notiz unsicher. Ferner soll ein gewisser Reinhard im
Kloster zu St. Burchard in Würzburg die Kategorien des Aristoteles kom-
mentiert haben.
Eine außerordentlich rege Schultätigkeit und in Ab-
auf der Grundlage
hängigkeit von dem vorhandenen im Kloster zu
logischen Material entfaltete sich
St. Gallen, zuerst, wie es scheint, durch die von Hrabanus zu Fulda gegründete
Schule angeregt. Notker Labeo (gest. 1022) hat um die Erhaltung und Ent-
wicklung derselben wesentliche Verdienste. Er hat die aristotelischen Schriften
Categoriae und De in terpretat., des Boethius Consol. philos. und De
sancta trinitate, des Martianus Capeila De nuptiis Philologiae et
Mercurii, Principia arithmetica, weiterhin dichterische Werke, nänüich
die Disticha Catonis, die Bucolica Vergilii, die Andria Terentü, wie auch die
Psalmen Deutsche übersetzt und eine Abhandlung über die Rhetorik (De
ins
rhetorica) imd die Musik (De musica) verfaßt. In den Erklärungen zu Mar-
tianus Capella ist Notker von dem Martiau-Koramentar des Remigius von
Auxerre (siehe oben S. 240) abhängig. Ferner stammen von ihm (Grimm,
Hattemer) oder sind wenigstens imter seiner Leitimg entstanden (Wacker-
uagel, Prantl) eine Reihe logischer Abhandlungen, so ein Tractatus inter
magistrura et discipulum de artibus, der sich als Auszug aus dem Kompen-
dium Alcuins darstellt, ferner De partibus loicae, d. h. eine kurze Inhalts-
angabe der Isagoge, der Kategorien, der Schrift De interpreiatione, der beiden
Analytiken und der Topik, wobei aber der Verfasser von den Analytiken und der-
Topik lediglich durch Boethius und Isidor Kenntnis hat, weiterhin eine wert-
volle Abhandlung über die Schlüsse (De syllogismis). Siehe bei Prantl II,
S. (52 ff. Weitere mit der Schule Notkers zusammenhängende logische Traktate
hat P. Piper, Die Schriften Notkers und seint-r Schule 1 Freiburg i/Br. 1SS2, ,
veröffentlicht.
In dem Kloster zu Aurillac in der Auvergnc. das von Odo von Clugny,
dem Schüler des Remigius, unter eine strengere Regel gebracht worden war, danach
auf anderen St-hulen Frankreichs und auch in Spanien bei den Arabern (von
denen er auch die ni<lischen Zahlzeichen entnahm) bildete sich Gerbert aus. Er
wirkte seit 972 als Lehrer an der Schule von Reims, wurde 982 Abt von Bobbio,
Uoberwog, UrundriU II. 16
242 § 24. D. Dialekt, v. d. 2. Hälfte d. 9. b. z. 1. Hälfte d. 11. Jahrh. Gerbert.
991 Erzbiechof von Reims, 998 Erzbischof von Ravenna, bestieg 999 den päpst-
lichen Stiihl als Sylvester II. und starb 1003. Ein Mann von umfassendtT Gelehr-
samkeit, er die Fächer des Quadriviums ebensosehr wie die des
beherrschte
Triviums. Durchdrungen von der hohen Bedeutung der klassischen Studien,
erwies er sich als Freund der Klassiker und Dichter, auf deren Lektüre er das
Studium der Rhetorik aufbaute, und trat energisch ein für die Erhaltung und
Sammlung der alten Handschriften, insbesondere von Ciceros Beden (E. Norden II,
B. T08). Einen interessanten Einblick in die Ordnung, den Umfang und die
Hilfsmittel des dialektischen Unterrichts in der Schule Gerberts ermög-
licht uns der Ii*'richt seines Richer (Historiarum über
Schülers, des Historikers
III, 44 ff.; M. G. SS. Gerbert las die Isagoge Porphyrs in
III, p. 617 ff.).
Das Vernünftige Ewiges und Göttliches (wozu Gerbert auch die plato-
ist teils ein
nischen Ideen rechnet), teils ein in der Zeit Lebendes jenes betätigt stets die Ver-
;
nunftanlage, dieses nur mitunter. Bei jenem ist nur Aktualität, es ist sub necessaria
IC
specie actus, bei diesem gehört nur die Fähigkeit des Vernunftgebrauches zum
Wesen, der wirkliche Vemunftgebraueh dagegen ist hier nur ein accidens. nicht
eine substantialis ditferentia. Daher gilt der Satz: rationale ratione utitur bei den
Vemunftwesen der ersten Klasse allgemein, bei denen der zweiten aber nur parti-
kular. Gerbert meint, das ohne Angabe der Quantität hingestellte Urteil könne
auch in partikularem Sinne genommen werden. So löst Gerbert die Schwierigkeit.
Er verflicht auf eine nicht unangemessene Weise mit der Erörterung dieses
Problems die Unterscheidung des höheren Begriffs im logischen Sinne, d. h. des
Begriffs mit weitcrem Umfange, von dem B^riff, der auf ein dem Range nach
in der Stufenreihe der \Vesen höher stehendes Objekt geht.
Auf die Theologie wandte Gerb er t die Dialektik an in der ihm, wenn
auch nicht mit völliger Sicherheit, zugeschriebenen Schrift De corpore et
sanguine domini. unternimmt es hier, die Diskrepanz der Väterautoritäten
F)r
mit dialektischen Argumenten zu lösen, wobei er sich zugleich für die realistische
Auffassung der Dialektik auf Johannes Scottus beruft (Migne, P. lat. 139,
185 B: Et nos aliquando, antequam tantorum virorum, CyrUli dico et Hilarii,
auctoritatibus in.strueremur, hanc supra dictorum sanctorum discrepantiam alicujus
5« 24. D. Dial. V. d. 2. H. d. 9.b. z. 1. H. d. 11. Jahrb. Fullwrt. Pseiido-Hraban. 243
dialectici argumenti sede absolvere meditabamnr. Xon eiiira ars illa, quae dividii
genera in species ab huniunis maohinationibus ösi
et species in j^eiiera resolvit,
facta; sed in natura remm ab anctore omniuni artium, quae verae artes sunt, et
a sapientibus inventa et ad utilitatem solertis rerum indaginis est usitata; vgl.
Di> divis. nat. IV, 4, ed. Floß bei Mipne. 122, 741) A). Gcrbert beschreitet mit
seinem Harmonisieninf!:8ver8uch mit Hilfe der Dialektik den methodischen Weg.
den dann nach um Bernold von Konstanz und Abälard weiter ver-
folgten.
Aber nicht bloß als Dialektiker stand Gcrbert in hohem Ansehen. Noch
größeren Ruhm erntete er als Mathematiker. In seinem für tue Wissenschafts-,
wie für die Zeitgeschichte wertvollen Briefen, die von Bubnov auf ihre Ent-
stehung und Anordnung untersucht und von J. Havet neu ediert wurden, be-
schäftigte er sich vielfach mit arithmetischen und geometrischen Fragen. In
einem Briefe an seinen Freund C'onstantin entwickelte er die Regeln der Multi-
plikation numerorum abaci rationibusK In
und Division (Regulae de
an denselben Adressaten handelte er kurz über die Sphäre (De
weiteren Briefen
sphaera) oder gab Erkläriuigen zu einzelnen Stellen von Boethius' Musik und
Arithmetik. Das bedeutendste mathematische Werk Gerberts ist sane
Geometria, die vor 983 abgefaßt zu sein scheint, da in ihr die Elemente des
Euklid, von denen er in dem genannten Jahre in Bobbio die von Boöthius
angefertigte Übersetzung vorfand (Bubnov, App. 180), nirgends benützt wird
(Bubnov, S. 48). Nach den Untersuchungen Würschraidts (S. 48) zeigt die
Geometrie arabischen Einfluß. „Wir können somit als sieher annehmen, daß die
Meßmethoden und Meßapparate, wie sie im zweiten Teile der Gerbert-Geonictrie
dargestellt werden, von den Arabern stammen."
Zu den Schülern Gerberts gehört Fulbert, der im Jahre 990 zu Chart res
eine Schule eröffnete und 100(5 - 1028 Bischof daselbst war. Anhängliche SchiUer
nannten ihn ihren Sokrates. Ausgezeichnet in geistlichem und weltlichem Wissen,
richtete er bei seinem Unterricht und m
seinen Briefen doch auch die dringliche
Ermahnung an seine Schüler, nicht von den Pfaden der heiligen Väter abzuweichen
(Ep. 3; P. lat. 141, 192 D f.: Nos vero trita et perv'ulgata patrum via in-
Migne,
cedentes,patrum memoriam in rationali pectoris nostri id est praecedentium patrum
exempla prae oculis habeamus, et quae rationabüiter eos egisse cognovimus, tenea-
mus). Zugleich betonte er die Grenzen der rein meuschlichen Erkenntnis auf
dem Gebiet der göttlichen Geheimnisse, die sich nicht ipenschlicher Disputation,
sondern nur den Augen des Glaubens offenbaren, und warnte vor den Irrgängen
der Dialektik (Ep. f)^ Migne, P.lat. 141, 19G CD; Incomprehensibilem enim divini
consilii altitudinem sapientia humana puro cognitionis intuitu comprehendere non
potest. .profunda raysteriorum dei non humanae disputationi, sed fidei oculis
. .
per se discutere non valet, ad hoc, quod comprehendere non valet, revcrenter erroneae
disputationis oculos claudat, nee invisibilia ex visibilibus nee incorruptibilia ex
corruptibilibus metiri praeeumat).
Ein von Cousin in Cod. Ö.-Germain n" 1310 aufgefundener und (in: Ou\Tages
inÄiits d'Ab^lard, Paris 1836, S. X
ff., S. LXXVI ff., S. 613 ff.) veröffentlichter
Kommentar: Super Porphyrium, für dessen Verfasser Cousin und Hauröau
(Hist. de la phil. scol. I, S. 142, 144 f.) auf Grund der Handschrift den Hrabanus
Maurus halten, wird von Prantl, dem auch Kaulich folgt, einem seiner (un-
mittelbaren oder mittelbaren) Schüler zugeschrieben. Seine Abfassungszeit fällt
aber walirschelnlich erst in die erste Hälfte des elften Jahrhunderts. Die Logik
wird dort eingeteilt nicht, wie von Hrabanus selbst (De universo XV, 1, ed.
16*
244 §24. n. Dialekt, v.d. 2. Hälfte d.O. b.z.I.HSlftod.n.Jahrh. Pseudq-Hraban.
daß die Vernunft und ihre Regeln die einzige Erkenntnisquelle auch
in theologischen Dingen sei unter Ausschaltung der Autorität der hl.
Ausgaben.
I. Anselni, der Pcripak'tlker.
Die Schrift Anselms mit dem Titel Rhetoriraachia wurde von E. Dümni-
ler, Anselm der Peripatetiker, Halle 1872 herausgegeben.
niachia prunkt er mit der rhetorischen Theorie Ciceros und erörtert in phan-
tastischer und abstoßender Weise die Frage der Anwendbarkeit des Widerspruchs
gesetzes. Seine dialektischen Hilfsmittel beschränken sich, wie bei Ger bort und
in der Schule Fulberts, fiuf die Isagoge Porphyrs, auf die Kategorien und
die Schrift De interpretatione des Aristoteles und auf die logischen Traktate
des Baethius.
Es blieb aber nicht bei der einseitigen Betonung der dialektischen Kunst
und ihrer Emanzipation von den Aufgaben der Theologie, wie dies bei Ansein»
der Fall Andere Dialektiker gingen viel weiter.
ist. Sie stellten die Dialektik
über die Theologie,Boethius über die Schrift und die Väter. Sie be-
anspruchten das jus raagisterii auch in theologischen Fragen und
suchten die Lehren des Glaubens dem Maßstab des dialektischen Wissens zu
unterwerfen. Sie richteten ihre Syllogismen gegen die Dogmen der Kirche so ,
gegen die Geburt Christi aus der Jungfrau, gegen seinen Erlösungstod und seine
Auferstehung, gegen die Unsterblichkeit der Seele (siehe Endres Die Dialektiker ,
und ihre Gregner im 11. Jahrb., Philos. Jahrb. 19, 190G, S. 23), wobei vielleicht
die in dem weit verbreiteten Kommentar des Marius Victorinus zu Ciceros
Üe inventione enthaltenen dialektischen Angriffe, die aus der Zeit vor der Be-
kehrung des Rhetors stammen, das Urbild abgegeben haben (siehe J. de Ghel-
linck, R^miniscences de la dialectique de Marius Victorinus dans les conflits
theologiques du Xle et Xlle sifecle, Revue n6o-scol. 1911, 432—435). Scharf beleuchtet
wird die rationalistische Tendenz mancher Dialektiker durch Otloh von St.
Emmerara wenn er berichtet, es gäbe Dialektiker, die so exklusiv seien,
,
daß sie selbst die Aussprüche der hl. Schrift nach der Autorität der Dialektik
einschränken zu müssen wähnten und mehr dem Boethius als den hl. Schrift-
stellern Glauben schenkten (Otloh, Dialogus de trib. quaestionibus. Prol., bei
Pez, Thes. anec. noviss. TU, 2, p. 144; Migne 146, 60 A B. nam dialecticos quos-
dam ita simplices inveni, ut orania sacrae scripturae dicta juxta dialeoticac auctori-
tatem constringenda esse decernerent, magisque Boetio quam sanotis scriproribus in
plurimis dictis crederent; unde et evmdem Boetium secuti me reprehendebant, (juod
personae noraeu ahcui nisi substantiae rationali adscriberem etc.l. Ein Kollisionsfall
lag vor in der Definition der Person als der substantia rationalis bei der An-
wendung auf die kirchliche Trinitätslehre, und der Streit sollte auf diesem Punkte
bald nachher (durch Roscelin) zum Ausbruch gelangen.
Auf einem anderen Gebiet, nämlich auf dem der Eucharistie, war es scjion
vor Roscelin zum heftigsten Zusammenstoß zwischen Dialektik und Theologie
gekommen durch den Schüler Fulberts, Berengar von Tours, Leiter der
Martinsschule in Tours und seit 1040 zugleich Archidiakon von Angers (gest. 1088),
dessen dialektischer Eifer größer war als sein Respekt vor der kirchlichen Auto-
rität. Er mußte zweimal seine Ansichten über das Abendmahl gegen seine Über-
zeugung widerrufen. An seinen rationalisierenden Standpunkt in der Abend-
mahlsfrage knüpfte sich sein Konflikt mit Lanfranc. welchem nach der Meinung
der Zeitgenossen und dem Urteil der Kirche Berengar unterlag. Die Ansicht
des Berengar, die derselbe in seiner Schrift De sacra coena adv. Lanfran-
cum verteidigt, wird von dem Bischof Hugo von Lang res so zusammengefaßt:
dicis üi hujusmodi sacramento corpus Uhristi sie esse, ut panis et vini natura et
essentia non mutetur, corpusque quod dlxeras crucifix,uin intellectuale constituis.
Berengar bekämpft die Annahme der Änderung der Substanz ohne entsprechende
Änderung der Akzidentien, indem er sich dabei auf dialektische Argumente gegen-
über dem kirchlichen Dogma stützt und von einem sensualistischen , konsequent
zum Nominalismus hindrängenden Su))stanzbegriff ausgeht. Er proklamiert naeh
248 § 25. D. Kampf gep. d. Dialektik in d. 2. H. d. 11. Jnhrh. Berengar. Damiani.
dem Vorgange des .Johannes Scottus aufs schärfste den Primat der Ver-
nunft und der Dialektik gegenüber der Autorität (De sacra «oena, i-d.
Vischer p. 1<'X): quamnuam ratione agere in perceptione veritatis incomparabiliter
superius esse). Nach Lanfrancs Bericht steht er auf dem Standpunkt des
extremsten Rationalismus, der alles mit der Vernunft begreifen will (Lauf ran cus.
De eorp. etsang, domini c. 17; Migne, P. lat. 150, -127 B: Katioiiibus omnia
velle comprehendere) und die heiligen Autoritäten vollständig ausschaltet (Laii-
franeus, ibid. c. 7; Migne 150. 41ü D: Relictis sacris auctoritatibus ad dialec-
ticara coiifugium facis). Es wiederholt sich der schon von den Arianen) und von
Eunomins in der patristischen Zeit unteraommene Versuch, die Glaubensge-
heimnisse unter die Dialektik zu beugen und sie in Vernunftsätze aufzulösen
(siehe oben S. 141). Bei der Erkenntnis der Wahrheit müsse man mehr die
Vernunft als Autoritäten gebrauchen. Berengar beruft sieh hierfür auf
August in. der gelehrt habe, überall auf die Vernunft, das Ebenbild Gottes in
uns, zurückzugehen, also sich der Dialektik zu bedienen (De sacra coena, ed.
Vischer, p. Maximi plane cordis est, per orania ad dialecticam confugere,
101:
quia confugere ad eam ad rationem est confugere, quo qui non confugit, cum
six-undum rationem sit factus ad imaginem dei suum honorem reliquit .... ,
syllogismos eorumque vorsutiah destruit, et quae apud eos necessaria iam atque
philosophonim argiunenta oonfiindit). Die Macht
iiievitabJlia judicantnr, oraiiimn
Gottes \rird durch die Xa^urgesetze in keiner Weise beschränkt. Der Urheber der
Xatur kann ihre Notwendigkeit aufheben (Ib. c. 11; Migne. P. lat. 145, 612 BC:
(^ui enini naturae dodit originem, facile cum vult naturae tollit necessitatem).
Dabei bleibt aber Damiani nicht stehen. Auch das Widerspruchsgesetz
bildet keine Schranke der göttlichen Allmacht Es hat keinen absoluten Wert,
ist keine absolute Wahrheit. P^s gilt nur für die Logik und für die Mangel-
haftigkeit der Natur, aber nicht für die göttliche Majestät (Ib. c. .5;
Migne, P. lat. 145, B0.3 B: si haec, quae ad artem pertinent disserendi, ad deum
praviter referant Ib. c. 11, Migne 145, 012 AB: Quae enim contraria sunt, in
;
dies sicherlich nicht in der Absicht Damianis gelegen hat. Sein Ziel ging
lediglich dahin, den Übergriffen der Dialektik wirksam zu begegnen, und er
glaubte dies am gründlichsten dadurch erreichen zu können, daß er zeigte.
auf welch morschem und für die Theologie fremdem und unzureichendem Funda-
ment die Dialektik selbst stehe. Daraus erklärt sich auch seine Warnung vor
einer leichtfertigen Anwendung der Dialektik auf die Mysterien, und seine Forde-
rung, daß, wenn eine solche Anwendung stattfinde, der weltlichen Wissenschaft
nicht das jus magisterii gebühre, sondern daß sie wie eine ancilla zu ihrer
Herrin in einem gewissen Dienstverhältnis stehe (Ib. c. 5; Migne, P.
lat. 145, 0()rJ C: Haec plane, quae es dialecticorum et rhetorum prodeunt argu-
mentis, non facile divinae virtutis sunt aptanda mysteriis: et quae ad hoc inventa
sunt, ut in syllogismorum instrumenta proficiant vel clausulas dictionum, absit, ut
sacris legibus se pertinaciter inferant et divinae virtuti conclusionis suae necessi-
tates opponant. Quae tamen artis humanae peritia, si quando tractandis sacris
eloquiis adhibetur, non debet ius magisterii sibimet arroganter arripere, sed velut
ancilla dominaequodamfamulatusobsequio subservire, nesi praecedit
oberret. Wenn Damiani zum erstenmal im Mittelalter die in der Patristik schon
längst gebräuchliche Formel vom Dienstverhältnis der Philosophie gegenüber der
Theologie proklamiert, so hat sich bei ihm der Sinn derselben -doch merklich zu
I'ngunsten der Philosophie verschoben, wie Endres mit Eccht gegen Grabmann
geltend macht. Sowohl die griechischen Väter, wie die Hochscholastik haben eine
ungleich höhere Auffassung vom Werte und der Bedeutung der Philosophie für
die Theologie, als dies bei den an Skeptizismus krankenden Ansichten Damianis
möglich war.
Hat Damiani in Wertung der Dialektik, von wenigen Ausnahmen
seiner
abgesehen, bei Zeitgenossen und Nachfolgern keine Zustimmung gefunden, so be-
schäftigte das von ihm zuerst aufgegriffene Problem der göttlichen Allmacht
und ihres Verhältnisses zum Wider Spruchsgesetz die Folgezeit um so leb-
hafter (siehe .7. Endres, Petrus Damiani, S. 2Gf.). Gilbert de la Porree, Petrus
Lombard US, Wilhelm von Auxerre und andere traten in der Lösung der
Schwierigkeit auf seine Seite. Anselm von Canterbury und Honorius von
Au tun gaben zwar zu. daß Geschehenes nicht ungeschehen gemacht werden könne.
250 § 25. Der Kampf gegen d. Dialektik in d. 2. Hälfte d. 11. Jahrh. Otloh.
Bie hielten also an der unverbrüchlichen und allumfagsenden Geltung des Wider-
spruchßgesetzes fest; aber sie suchten den Grund hierfür doch noch in dem Willen
Gottes, wenn auch in dem Willen zur unveränderlichen Wahrheit; (Aneelm,
Cur deus homo, II, 18; Migne, P. lat. 158. 422 A; Honorius August.,
Elucidarium II, 8; Migne, P. lat. 172, 1139 C). Erst Hugo von St. Victor
spricht es klnr aus, daß Gott das logisch Unmögliche nicht könne (De sacram.
Christ, fid. I, P. II, c. 22. Migne, P. lat. 176, 216 C: (deus) imiK)88ibilia non
potest; impossibilia posse non esset posse, sed non posse). In den Bahnen Hugos
finden wir dann Bonaventura (Com. in I. Quaracchi I,
Sent. d. 42 q. 3, ed.
p. 752 ff.) uud Thomas von Aquin (S- theol. I, q. 25 a. 4: sub omnipotentia
zweifelte an der Wahrheit der hl. Schrift, an dem Wesen Gottes, an seiner
Allmacht, ja sogar an der Existenz Gottes und an der vernünftigen Leitung der
Welt (Liber de lent.; Migne, P. lat. 146, 32 Aß: Impugnatione tali diutius
torqueri me sentieljam, per quam et de scripturae sacrae seien tia et ipsius dei
essentia prorsus dubitare compellebar si aut ulla in scripturis sacris veritas
sit ac profectus, aut deus omnipotens constet, prorsus dubitavi .... Nonne,
si
inatructi). Daß aber auch Otloh bei aller Abneigung gegen die Dialektik doch
yriedec nicht auf sie verzichten kann, zeigt sein verunglückter Versuch, eine Um-
grenzung des für die Theologie so wichtigen Personbegriffs zu geben, wobei die
boethianische Definition umgangen und unter persona jedes beliebige Ding ver-
standen werden soll (Dial. de trib. quaest. Prol. Migne, P. lat. 146, ßlC: persona
pro eujuslibet rei agnomine vel demonstratione dici potest). In gleicher Weiße
bekunden die Unmöglichkeit der völügen Loslösung von der Dialektik seine Defi-
oitionen der göttlichen und der kreatürlichen Substanz (Lib. de admonit. der. et
laic- c. 1; Migne, P. lat. 146, 245 B: Substantia igitur, quae per se sine ullins
adminiculo subsistere valet, Dens solummodo est. lila autem substantia, cuias
totura esse in alterius eonsistit potestate, creatura profecto esse probatur), die un-
willkürlich an die Cartesianischen Definitionen der ungeschaffenen und der
geschaffenen Substanz erinnern.
Manegold von Lautenbach durchzog Deutschland und Frankreich als
gefeierter Wanderlehrer. Der Anonymus Meilice nsis (De script. eccles.
Migne, P. lat. 213, 981 D) preist ihn als modernorum magister magiKtrorum. Nach
den Untersuchungen von J. Endres, denen Raeumker neuestens zugestimmt
hat, entsagte Manegold später der Welt und trat in den Orden der Augustiner-
chorherren in Lautenbach im Elsaß ein. Nach der Verwüstung Lautenbachs durch
die Anhänger Heinrichs IV. b^ab er sich nach Rottenbuch in Oberbayern und
8t«ud seit 1C)94 als Propst an der Spitze des Augustiner- Klosters Marbach im
Elsaß. Er starb nach 1 103.
Von großem historischem Interesse ist Manegolds um 1083 entstandenes
Opusculum gegen den Kölner Wolf heim (Contra Wolfelmum) und seine
zu derselben Zeit geschriebene Streit**chrift gegen den Trierer Scholastikus Wen-
rich, die er dem Erzbischof Gebhard von Salzburg widmete (Liber ad Gebe-
hardum). In beiden Schriften führen deutliche Fäden zu den wissenschaftlichen
und kirchen|K)litischen Anschauungen des Petrus Damiani, wie Gieseb recht,
Mirbt und Endres gezeigt haben. Wie der Kardirmlbischof von Ostia, machte
auch Manegold aus seiner leidenschaftlichen Abneigung gegen die weltliche Wissen-
schaft kein Hehl. In seinem Opuscu lum contra Wolfelmum, das ganz auf
dem Kommentar des Neuplatonikers Macrobius zum Somnium Scipionis beruht
und lange wörtliclit» Zitate daraus übernimmt, hat er sich zum Ziel gesetzt, die
Lehren des Macrol)ius, des Pythagoras, Piatons und die aristotelische Logik
als Irrtümer, als Sophismen, mit den christlichen Anschauungen als unvereinbar
und zu erweisen (Op. contra Wolf. Prol.; Migne, P. lat. 155,
als heilsgefährlich
149 A). Die Philosophie erscheint ihm, wie Damiani, als ein superfluum. Wie
jener, verlangt er das Dienstverhältnis gegenüber der Theologie (Op. contra Wolf,
c. 5; Migne 155, 155 C: Ita et damnabilium errorum periculum devitari et philo-
sophorum peritia, quae tamqup.ra superflua quaedara immensitas nostris studiis
apta est, commode sahibriterque poterit faraulari). Die Verschiedenheit der
Schulen und Lehrmein ungeu der Sokratiker, Pythagoreer, Platoniker und anderer
Richtungen führt er auf den Einfluß des Teufels zurück (Ib. c. 9; Migne 155,
158 A), und die Dichter bezeichnet er als „Possenreißer bei der Hochzeit des
Gtitzendienstes" (Ib. c. 9: Migne 155, 158 B). Ähnlich, wie Damiani, sieht er
in den Dogmen des Christentums, so in der Jungfrauengeburt oder in der Lehre
von der Auferstehung, Instanzen, die alle philosophische Wahrheit umstürzen und
die ratio philosophica zu nichte machen (Ib. c. 14, e. 22; Migne 1.53, 163 A,
171 B). Trotz dieser leidenschaftlichen Verwerfungsurteile über die weltliche
Wissenschaft erkennt aber Manegold an. daß nicht alle Ansichten der Philo-
sophen zu verurteilen seien (Ib. c. 1: Migne 155. 152 C), ja daß sich sogar viel-
252 § 25. D. Kampf geg. d. Dialektik in d. 2. Häifte d. 11. Jahrb. I^nfranc.
in Dingen, die unbegreiflich und nur im Glauben zu fassen sind (De corp. et
sang, domini c. 17; Migne, P. lat. 15<3,.427 A: Quomodo panis efficiatur caro ....
justus, qui ex fide vivit. scrutan argumentis et concipere ratione non quaerit.
Mavult enim coelestibus raysteriis fidem adhibere, .... quam fide oraissa in
compreheiidendis iis. quae comprehendi non possunt, supervacue laborarei. Er will
lieber die heiligen Autoritäten als dialektische Gründe hören (Ib. c. 7; Migne,
150, 41G D: et quidem de niysterio fidei auditurus ac responsurus, quae ad rem
debeant pertinere, mallem amlire ac respondere sacras auctoritates quam dialecticas
rationes).
Obgleich aber Lanfranc sich gegen die Dialektik wandte, so trennte ihn
•sein wissenschaftlicher Standpunkt doch prinzipiell von den im Vorigen gekenn-
zeichneten autidialektischen Eiferern.Sein Kampf gegen Berengar galt nicht der
Dialektik selbst, sondern nur dem Mißbrauch derselben (In Coloss. 2: Migne 150,
323 B: non artem disputandi vituperat. sed perversum disputantium usum). Er
sieht auch zwischen Dialektik und Theologie keine unausfüllbare Kluft, wie Petrus
Damiani, Otloh und Manegold. Seiner Ansicht nach steht sie bei genauerem
Zusehen den Geheimnissen Gottes keineswegs feindlich gegenüber; sie dient
vielmehr unter Umständen, und wenn sie richtig gehandhabt wird, zum Aufbau
und zur Bestätigung derselben (In 1 Cor. 1; Migne 150, 157 B: Perspicaciter
tarnen intuentibus dialectica sacramenta dei non impugnat, sed cum res exigit, si
rectissime teneatur, astruit et confi^mat^ Nur eins will Lanfranc völlig aus-
geschlossen wissen, nämlich die dialektische Behandlung der Theologie
unter Ausschaltung der Glaubensautoritäten als entscheidender
Instanz, wie Berengar wollte. Voraussetzung für die Anwendung der Dialektik
ist der Glaube. Auf den heiligen Autoritäten beruht die ^Vah^heit der Theologie.
Sache der Dialektik kann es nur sein, den Glaubensinhalt genauer zu entfalten.
Dies ist der Sinn von Lanfrancs berühmtem Bekenntnis in seiner Schrift gegen
Berengar (De corp. et sang, domini c. 7; Migne 150, 417 A: Sed testis mihi
deus est et couscientia mea, quia in tractatu divinarum litterarura nee proponere
nee ad propositas respondere cuperem dialecticas quaestiones vel cariun solutioues.
Et si quando materia disputandi talis est, ut per hujus artis r^ulas valeat enu-
cleatius explicari, in quantum possum, per aequipoUentias propositionuni tego
artem, ne videar magis arte quam veritate sanctoruraque patrum auctoritate con-
fidere). In diesem Sinn hat er auch später in seinen Kommentaren zu den
Paulinischen Briefen von der Dialektik tiebrauch gemacht, wie Sigebert von
Gerabloux berichtet (De script. eccles. c. 155; Migne 160, 582 C: Lanfrancus
dialecticus et Cantuariensis archiepiscopus Paulum Apostolum exposuit et,
ubicunque opportunitas locorum occurrit, secundum leges dialecticae proponit,
ÄBSumit, concludit. Siehe auch Endres, Lanfrancs Verhältnis zur Dialektik.
S. 224 f.).
Wortgebrauch zu tun habe, und die Genera und Species nur Worte
seien, und bekämpfte die Deutung, die den üniversalien eine reale
Existenz vindizierte. Diese Nominalisten wurden moderne Dialek-als
I. Roseelin.
328) und neuerdings von Fr. Picavet (a. a. O., S. 139) ediertes fälschlich dem
Roscelin zugeschriebenes Stück über die UniTersalien, siehe d. Lit. zu § 24, S. 110*.
P. lat. 196, 1419 D. Johannes Saresber., Metalog. II, 10; Migne, 199. 867 C;
nominalis sectae) und die Auffassung der Gattungen und Arten als voces ver-
ständlich zu machen. Rein er s (Der Nominalismus in der Frühscholastik , S. 10
—25) hat mit Recht darauf hingewiesen, daß der eigenartige G^ensatz von
Dingen (res) Worten (voces) in der Gestaltung des Universalienproblems
und
seit dem Jahrhundert mit der Gegenüberstellung von Dingen und
elften
Worten in der Logik des späteren Altertums und insbesondere in der boethia-
nischen Logik zusammenhängt. Nach Boethius handelt der Kategorientraktat
des Aristoteles nicht von den Dingen, sondern von den Worten (In Categ.
Arist. I; Migne, P. lat. 64, 162 B: praedicamentorum tractatus non de rebus,
sed de vocibus est). Diese Ansicht wurde von mittelalterlichen Logikern auch
auf die Isagoge Porphyrs übertragen. Pseudo -Hrabanus berichtet als
Meinung gewisser Dialektiker, Porphyrius habe in de
seiner Einleitung nicht
quinque rebus, sed de quinque vocibus handeln wollen (siehe oben S. 244). So
bildete sich im elften Jahrhundert die Auffassung heraus, die Logik sei eine
Wortwissenschaft, sie habe es mit Worten zu tun. Von hier aus war kein
weiter Schritt mehr zu der Behauptung, die Gattungen und Arten seien nur
Worte zur Bezeichnung der Einzeldinge. Eine Stütze fand diese Meinung in
der Erwägung, daß Dinge nicht ausgesagt werden können (siehe oben
Pseudo-Hraban US S. 224), und femer in der Lehre von der Namengebung
und der stufenweisen Zusammenfassung der Einzeldinge mit Hilfe von
Namen, wie von Boethius und den pseadoaugnstinischen Kategorien (Cate-
sie
SS. XIV, 275), um 1100 habe der Magister Raimbert zu Lille die Dialektik
nominalistisch gelehi't (dialecticam clericis suis in voce legebat) und mit ihm viele
andere. Diese hätten den Odo oder Odardus angefeindet (später Bischof von
Cambray, gest. 1113), der die Dialektik nicht nach moderner Weise (juxta quosdam
modernos) nominalistisch (in voce), sondern nach Boethius und den alten
Lehrern realistisch (in re) vorgetragen habe. Diese Modernen, klagt der Bericht-
erstatter, wollen die Schriften des Porphyrius und des Aristoteles lieber nach
ihrer neuen Weisheit als nach der Darstellung des Boethius und der anderen
Alten deuten. Danach ist Roscelin der
die Nachricht (Avent. in Annal. Boior. VI), ,
besitzeD wir noch einen von ihm an Abälard gerichteten Brief, der hauptsächlich
auf die Trinitätelehre eingeht. Im übrigen sind wir für die Ermittelung seiner
Ansicht auf die, wenn nicht schiefen, so doch jedenfaDs leidenschaftlich gefärbten
Angaben seiner Gegner, namentlich seines Schülers Abälard, angewiesen. Auch
sprechen Anselm, sowie Johannes von Salisbury über ihn.
Anselm sagt (De c. 2; Migne, P. lat. 158, 265 A): illinostri
fide trin. temporis
dialectiei, immo dialectices haeretici,
quinonnisi flatum vocisputant esse universales
substantias qui colorem nihil aliud queunt intelligere quam corpus, nee sapientiam
;
hominis aliud quam animara. Er wirft diesen ., Häretikern der Dialektik" vor, ihre
Yemunft sei so an die Einbildungskraft gebvmden, daß sie sich nicht von ihr loszu-
machen und nicht das, was für sich betrachtet werden müsse, herauszuheben vermögen.
So wenig der Ausdruck „flatus vocis" von den Norainalisten selbst gebraucht
•worden sein kann, so gewiß muß er doch seinen Anknüpfungspunkt in deren
eigener Ausdrucksweise haben. Er erinnert an die oben (S. 244) angeführte Stelle
in dem Kommentar des Pseudo-H rabanus super Porphyrium: res proferri
non potest. Nihil enim profertur nisi vox, neque enim aliud est prolatio quam aeris
plectro linguae percussio, wodurch bewiesen werden soll, daß das genus, weil es
der boethianischen Definition gemäß als Prädikat ausgesagt werde, nicht eine res,
sondern nur eine vox sein könne. Der andere Vorwurf des Anselm, daß Roscelin
Dicht die Eigenschaft von dem mit dieser Eigenschaft behafteten Subjekt zu unter-
scheiden wisse, beweist, daß Roscelin mit der oben (S. 239) ermähnten Doktrin
des Heiricus übereinstimmte: si quis dixerit nigrum et album absolute, . . . per
hoc non poterit certam rem osteudere, nisi dicat albus homo vel equus aut niger.
Preilich erweist sich eben hierdurch der Vorwurf als unbegründet; denn die
Nominalistt'n bekämpfen die Identifizierung der Abstraktion (aqjalQsaig) mit der
Annahme ^ines realen Gesondertseins und selbständigen Bestandes des Abstra-
hierten (xüjQiati6<;), Anselm aber, der in dieser Identifizierimg steht, spricht
ihnen von diesem seinem Standpimkt« aus mit dem /o>ota(i6c zugleich die Fähig-
keil der dtpaigeoii ab, ohne doch die Nichtberechtigimg der den Standpunkt seiner
Gegner bedingenden (freilich von diesen selbst vielleicht nicht mit genügender
Bestimmtheit vollzogenen) Unterscheidung dargetan zu haben.
Anselm sagt ferner (De fide trin. c. 2; M igne, 1. c, 265 B): qiü enim nondum
intelligit, quoraodo plures honiines in specic sint homo «nus, qualiter in illa secre-
relationes ejus?denjque qui non potest intelligere aliud esse hominem nisi indi-
viduum, nullatenus iutelliget hominem nisi humanam personam. Der Gegensatz
iler Staudpunkte ist hiermit scharf bezeichnet: dem Realismus gilt
<lie Gesamtheit der gleichartigen Individuen als eine reale Einheit, die Gesamtheit
der Menschen als eine Gattungseinheit, unus homo in specie; dem Nominalismus
dagegen liegt diese Einheit nur in dem gemeinsamen Namen als reale Einheit
,
In der Konsec '-•' des Nominalismus liegt es, ebenso wie er den Komplex
mehrerer Individuen lür eine bloß subjektive Zusammenfassung hält, auch die
Unterscheidung von Teilen in dem Individuum für eine bloß subjektive Zerlegung
Vtb^TWig, Grundrlfi 11. - 17
258 § 26. Der Nominalismus und Realismus. Roscelin.
zu erklären. Daß Roscelin auch diese Konsequenz gezogen hat, geht aus den
Angaben des Abälard hervor. Abälard sagt in seinem Briefe über Roscelin an
den Bischof von Paris (M ig ue 178, 358 B, Ep.l4, ed. Cousin II, 151): hie sicutpseudo-
dialecticus, ita et pscudo-christianus cum in dialectica sua nuUara rem, sed solam vocera
partes habere aestimat, ita divinam paginam impudenter pervertit, ut eo loco, quo
dicitur dominus partem piscis assi comedisse, partem hujus vocis quae est piscis aSsi,
non partem rei intelligere cogatur. In de divis. et defin. (Ouvr. ined. d'Abel.,
p. 471. cd. Cousin) berichtet er: fuit autem, memini, magistri nostri Roscelini tam
insana sententia, nullam rem partibus constare vellet; sed sicut solis
ut vocibus
species, ita et partes adscribebat. Die Entgegnung, daß doch die Wand ein Teil
des Hauses sei, habe Roscelin durch die Argumentation abweisen wollen,
danu müßte die Wand als Teil des Ganzen ein Teil der Teile, woraus sie bestehe,
nämlich des Fundamentes und der Wand und des Daches sein, also auch ein Teil
ihrer selbst.
So offenbar sophistisch diese Argumentation Roscelins in der vorliegenden
Fassung ist, so läßt sich doch der auf nominalistischem Standpunkte unabweis-
bare Gedanke darin wiederfinden, daß die Beziehung des Teils auf das Ganze,
wie jede Beziehung, nur subjektiv sei, realiter aber ein jedes nur an und für sich
auf sich selbst bezogen existiere, folglich nichts als Teil realiter, abgesehen von
unserer Beziehung desselben auf das Ganze, existiere, da es ja sonst auch an und
für sich, auf sich selbst bezogen, Teil, folglich Teil seiner selbst, sein müßte. In
diesem Sinne verstanden würde die Argumentation zwar einseitig und ebenso
,
freilich Wie schon die Diak'ktiker, über die sich der Mönch
mit Unrecht, bestreitet.
ütloh bekla|i;toben S. 217), so hält auch Koscelin an der boethia-
(s.
quia mdla omnino res est (|uae sc ipsam gignut (obend. cd. Cousin, S. 799; ed.
Keiners, S. 71, 27i. Er fragt (ed. Heiners, 8. 75, 33), warum nicht drei F^wige
(ir«!S aeterni) anzujiohmen doch die drei rersonon ewig seien (si tres
seien, da ja
illac per^onae sunt aeternae). Hieniiit stimmt zwar nicht Abälards Angabe übercin
(Introd. ad theol. t. II, S..s4,ed. Cousin; Mignel7S, 10Jt> I>): alter tres in Deo pro-
prictates. secundum quas tres distinguuntur peisonae, tres essentias diversas ab
ipsis persotiisetab ipsa divinitatis natura constituit (vgl. F. Pieavet. i.A. 1890, S. 11),
wohl aber die Ansei ms Epist. II, 41 (Migne, P. lat. 158, 1192 D): EosceUnus
clericus dicit, in Deo ires personas esse tres' res ab invicem separatas, sicut sunt
tres angeli, ita tarnen, ut una sit voluntas et potestas. De fidc trin. c. 3 (Migne
1. c, 2()üA): tres personac sunt tres res sicut tres angeli ant tres animae, ita
tarnen, ut volnntate et potentia omnino sint idem. Roscelin habe das Argument
vorgebracht, andernfalls, wenn die drei Personen res una seien,würde folgen,
daß mit dem Sohne zugleich auch der Vater und der heilige Geist habe in das
Fleisch eingehen müssen. Ausdrücklich soll Roscelin erklärt haben (nach
Anselm, Ep. II, 41; Migne, I.e., 1192 1)): tres deos vere posse dici, si usus
admitteret. Was Anselm entgegenhält, ist die Realität der Gattungseinheit:
unus Dens. Übrigens konnte Roscelin, der kein Häretiker sein, sondern den
Glauben festhalten und verteidigen wollte, in der Meinung stehen, mit
christlichen
dem Ausdruck: tres substantiae (der sich u. a. auch bei Johannes Scottus
auf die drei göttlichen Personen bezogen findet) nicht gegen die Kirchenlehre zu
vorstoßen, da er substantia durchaus in der Bedeutung des selbständig Existie-
renden versteht, in welcher es als llbersetzung des griechischen Wortes vjTÖotaai<;
gelten kann, welches bekanntlich in der Mehrheit {rgsTg vTToazdnFu) von den drei
Personen gebraucht wird. Er verstieß freilich gegen die kirchlich gewordene
Terminologie, welche substantia stets als tlbersotzung des griechischen Wortes
ovaia nimmt und es daher nur iii der Einzahl gebraucht um die , Feinheit des
Wesens (essen tia) zu bezeichnen, welcher Gebrauch um so konstanter sein mußte,
da auch ovoi'a die gleiche Doppelbedcutung wie substantia hat.
Zu dem SabeUianismus, dem Haureau (Ph. sc. 1, S. Ih9 f.) irrtümlicher-
weise die Lehre des Roscelin gleichgesetzt, bildet dieselbe auf Grund eines ge-
rneinsamen Prinzips den geraden Gegensatz. Der Sabellianismus schließt: drei
Personen in der Gottheit sind drei Götter; nun gibt es nicht drei Götter, sondern
nur Einen Gott; also gibt es in der Gottheit nicht drei I'ersonen, ^ond^Tn nur
drei Dasein sformen. Roscelin aber schließt: dni göttliche Personen sind drei
göttliche Wesen; nun g-ibt es drei götthche Personen; also gibt es drei göttliche
Wesen. Roscelin bekennt sich zu eben der Ansicht, welche die Sabellianer als
eine unabweisbare, aber an sich verwerfliche Konsequenz der athanasiänischcn
Doktrin bezeichneten, während die Verteidiger der Kirchenlehre nicht zugaben,
d&ii jene auch von ihnen als verwerflich erkannte tritheistische Ansicht wiiklich
eine Konse<[uenz der athanasianischen Auffassung sei. Vom Arianismus ander-
17*
260 § 26. Der Nomiualismus und Bealismue. Wilhelm von Chami>eaux.
und durch dieselbe begreiflich werden sollte, geht am klarsten aus einer (von
Haur^au, Phil. scol. I, S. 227, Hist. de la phiios. scol. I, S. 327 zitierten)
St^^lle des ßobert Pulleyn hervor, der (Sentent. I, 3; Migne, P. lat. 186.
676 D) einen „Dialektiker" von jener Richtung sagen läßt: species est tota substantia
individuorum, totaque species eademque in singulis reperitur individuis; itaque
species una est substantia, eins vero individua multae personae, et hae raultae
personae sunt illa una substantia.
cremäß, das größte, was überhaupt gedacht werden kann. Dieses ist in
ist die Schuld des Menschen, weil gegen Gott begangen, unendlich
schwer, muß daher nach Gottes Gerechtigkeit durch eine unendlich
schwere Strafe gesühnt werden. Sollte diese das Menschengeschlecht
selbst treifen, so verfielen alle der ewigen Verdammnis, was der gött-
lichen Güte widerstreiten würde. Eine Vergebung ohne Sühne aber
würde der göttlichen Gerechtigkeit widerstreiten; also blieb, damit
sowohl der Güte als der Gerechtigkeit genügt werde, nur die stell-
werden konnte. Nur als ein von Adam stammender (jedoch sündelos
von der Jungfrau empfangener) Mensch aber konnte er das Menschen-
geschlecht vertreten; also mußte die zweite Person der Gottheit Mensch
werden, um die Gott gebührende Genugtuung anstatt der Menschheit
zu leisten und dadurch den gläubigen Teil derselben zur Seligkeit
zu führen.
Ausgaben.
TL Deusdedit.
Die Kanonessammlung des Kardinals Deusdedit wurde pubUziert von
P. Martinucci, Venedig 1869 und neuestens von V. Wolf von Glanvell, Die
Kanonessammlung des Kardinals Deusdedit, I, Paderborn 1905. Die Praefatio
dazu steht bei Migne, P. lat. 150, 1505—1570. Sein Libellus contra invasores et
symoniacos wurde ediert v. A. Mai, Nova biblioth. Patrum VII, pars 3, Rom
1854, p. 77—114 und von E. Sackur, M. G. LibelU de Ute II, Hannover 1892,
300—365.
TU. Ivo von Chartres.
Ivos Werke sind gesammelt bei Migne, P. lat. 161 (Decretum u. Panormia);
162, 11—616 (Epistolae u. Sermones).
264 § 27. Anselm von Canterbury.
Vin. Irnerius.
Die theologischen Sentenzen des Irnerins finden eich in Cod. Y 43 Sup,
der Mailänder Anibrosiana, woraus M. Grabmann, Die Gesch. d. echol. Methoae
II, Freiburp i./ß. 1911, 133 das Inhaltsverzeichnis mitteilt.
veritatis, quam ratio colligit, auctoritatem continet, cum illam aut aperte affirmat
aut nullatenus negat). Unter den Vätern gilt ihm Augustinus als der über-
ragende Lehrer, als der Quellpunkt seiner eigenen Kraft. Dem Bischof voiv
Eüppo bis zu einem gewissen Grade geistig verwandt hat Anselm, wie niemand
vor ihm, es verstanden, sich in die Schätze der Augustinischen Gedankenwelt zu
versenken und daraus die tiefsten philosophischen und theologischen Ideen zu
entnehmen. Dieser Abhängigkeit von Augustinus gibt Anselm seilest deut-
lichen Ausdruck im Prolog des Monologiums; Migne 158, 143 C f.: Nihil potui
invenire me in ea dixisse, quod non catholicorum patrum et maxime beati
Augustini scriptis cohaereat sed prius libros prefati doctoris Augustini. de
. . .
und nur Baymundus Lullus wederum yersuchte) die Trinitat und In-
karnation zu begründen versucht, und zwar vermittelst platonischer und
neuplatonischer Doktrinen, ohne dadurch aber dem natürlichen Denken ein
volles Recht einräumen zu wollen. Im Monologium rmd Proslogion will er
sogar die Schriftbeweise für die Gottes- und Trinitätalehre ganz weglassen und
sich nur auf Vernunftgründe (rationes necessariae) stützen (De fide trin.
c. 4: Migne 158, 272 C: Sedduo parva opuscula mea»
ei quis legere dignabitur
Monologion quae ad hoc maxime facta sunt, ut quod fide
seil, et Proslogion,
tenemus de divina natura et eins personis praeter incamationem, necessariis
rationibus sine Scripturae auctoritate probari possit). Und in der
Schrift Cur Deus homo? will er ebenfalls durch die bloße Vernunft, ohne die-
Offenbarung zu Hilfe zu nehmen, beweisen, daß ein Mensch ohne Chiistus nicht
gerettet werden könne (Praef. Cur deus homo; Migne 158, 361 A: Quorum
jasior probat rationibus necessariis esse impossibile ullum hominem.
salvari sine ülo).
Programmatisch spricht An sei ra den Grundsatz aus, daß die Erkenntnis
auf dem Glauben, nicht der Glaube auf vorangehender, durch Zweifel und
Denken vermittelter Erkenntnis ruhen müsse (Proslog. I; Migne 58, 227 BC)-* J
Neque enim quaero intelligere ut credam; sed credo ut intelligam. Nam e^ hoc
credo, quia, nisi credidero> non intelligam. Er hat diesen Gnmdsatz aus Augustin
(De vera rel. c. ö, n. 8; c. 24, n. 45; De util. cred. c. 9. n. 22; c. 11, n. 25; De-
ord. II. c. 9, n. 26; Augustin. in Joh. Ev. tract. 40, 9;Migne 35, 1690: credimus,
ut cognoscamus, non cognoscimue, ut credamus) geschöpft. Anselm fügt seiner
Forderung das Argument bei wer nicht glaubt, wird nicht erfahren wer nicht
: ,
erflihrt,wird nicht verstehen (De fide trin. c. 2; Migne 158, 263 D, 264 A). Die
Erkenntnis ist das Höhere, der Fortgang zu ihr ist Pflicht nach dem Mäße der
Befähigiuig. Cur Deus homo? c. 2; ibd. 362 B: wie die rechte Ordnung erfordert,
daß wir die Geheimnisse des Christentums erst glaubend in uns aufnehmen, ehe
wir sie denkend erwägen, so scheint es mir Nachlässigkeit zu »ein, wenn wir^
nachdem wir im Glauben befestigt sind, nicht auch trachten, das Geglaubte zu
verstehen negligentia mihi videtur, si
: postquam confirmati sumus in fide, non
studemus, quod credimus, intelligere.
Diese Sätze nimmt Anselm aber nicht in dem Sinne, daß, nachdem zu-
nächst durch willige und vertrauensvolle Hingabe die Aneignung erfolgt, und das
Verständnis ermöglicht sei, nunmehr dem zur Einsicht Gelangten ein freies Urteil
über den Wert und die Wahrheit des Überlieferten zustehe (in welcher Deutung^
der auch von unserem Verhältnis zu der antiken Poesie, Mythologie und
Satz
Philosophie gelten würde), sondern im Sinne der absoluten Unantastbar-
keit der katholischen Lehre, Der Glaubensinhalt kann durch die aus ihm
erwachsene Erkenntnis nicht zu höherer Gewißheit gebracht ^verden, denn er hat
an sich ewige Festigkeit; noch viel weniger aber darf er bekämpft werden. Denn,
sagt Anselm, ob das wahr sei, was die allgemeine Kirche mir dem Herzen glaubt
und mit dem Munde bekennt, darf kein Christ in Frage stellen sondern zweifel- ,
los daran festhaltend, diesen Glauben liebend und nach demselben lebend, forsche
er in Demut nach den Gründen seiner Wahrheit. Kann er es zur Einsicht in
denselben bringen, so danke er Gott; kann er es nicht, so renne er nicht dagegen
an, sondern beuge sein Haupt und bete an. Denn eher wird die menschliche
Weisheit an diesem Felsen sich selbst einrennen, als den Felsen umrennen (De
fide trinit. Migne 158, 262 C sq.). Also das Wissen steht nicht
c. 1 u. 2;
etwa unbedingt über dem Glauben, sondern es muß erst beurteilt
werden nach seiner Übereinstimmung mit dem Glauben. In dem
266 § 27. Anselm von Canterbury.
Briefe (Migne 158, 1192 D sq.), den Anselm dem Bischof Fulco von Beau-
vais zu dem Konzil mitgab, welches gegen Rose el in gehalten werden sollte,
erläutert er bi gleichem Sinne den Satz: Christianus per fidem debet ad intellectura
proficere, non per intellectura ad fidem accedere, aut si intelligere non valet, a
fide recedere (1. c. 1193 C), und gibt den Rat, mit Roscelin auf der Synode sich
nicht erst in eine Verhandlung einzulassen, sondern sofort den Widerruf von ihm
zu verlangen. Der Erfolg konnte nur der sein, daß der Gegner unüberzeugt
blieb und nur die Wahl hatte, entwederzum Märtyrer seiner Lehre zu werden
oder heuchlerisch sich zu fügen. Roscelin hat zu Soissons, wie er selbst später
erklärte, aus Todesfurcht das letztere gewählt, um nach beseitigter Gefahr doch
wieder auf seine unaufgegebene Überzeugung zurückzukommen. Nachträglich
sucht ihn Anselm durch die Schrift De fide trinitatis oder wie der richtige
Titel lautet: De incarnatione verbi (siehe J. Reiners, Der Xominalismus in
der Frühscholastik, Münster 1910, S. 28) zu widerlegen.
60 ist es Bezeichnung einer Substanz, des homo grammaticus, und zwar einer
substantiu prima, sofern ein einzelner Grammatiker gemeint ist, einer substantia
secunda, sofern die Spezies gemeint ist. Da die Dialektik es zunächst mit den
Ausdrücken (voces) und deren Bedeutung und nur mittelbar mit den bezeich-
neten Dingen (res) zu tun hat (wie Anselm mit Boethius annimmt, der in
seinem Kommentar zu den Kategorien (Migne, P. lat. 64, 162 B) sagt: non de
rerum generibus neque de rebus, sed de sermonibus rerum genera significantibus
in hoc opere tractatus habetur), so muß der Dialektiker sich an die Bedeutung
halten, die unmittelbar in den Worten an sich (per se) liegt, und also auf die
Frage: quid est grammaticus? antworten: vox significans qualitatem. Denn die
direkt bezeichnete res ist das quäle, das habens gramraaticam, und nur secundum
Diese Abhandlung zeigt, daß auch Anselm trotz seines „Realismus'- die
Dialektik zunächst auf die voces bezieht, und daß er mit Aristoteles das
Einzelwesen für die Substanz im ersten und vollsten Sinne (substantia prima), die
§ 27. Aiiselm von Canterbury. 267
spccies und das penus aber für die J^ntetanz im sekundären Sinne (substantia
secnnda) hü It.
In dem Dialogus de veritate (c. 2) liißt Anselm nach Aristoteles die
Wahrheit des bejahenden und verneinenden Urteils von dem Sein oder Nichtsein
des Ausgesagten abhängen. Die res enunciata sei die causa veritatis für
da.s Urteil, obschon nicht dessen veritas oder rwtitudo selbst (Migne 158,
469 C). Von der Wahrheit des Urteils und überhaupt des Gedankens unter-
scheidet Anselm eine Wahrheit des Tunsund überhaupt des Seins und
macht dann platonisierend nach August in den Schluß von dem Bestehen irgend
welcher Wahrheit auf die Existenz der "Wahrheit an sich, an der jedes andere
Wahre, um wahr zu sein, partizipieren müsse. Die Wahrheit an sich ist nur
Ursache; die Wahrheit des Seins ist ihre Wirkung und zugleich Ursache für die
Wahrheit der Erkenntnis; diese letztere ist nur Wirkung. Die Wahrheit an sich.
die summa veritas per se subsistens, ist Gott fc. ](); Migne 158, 479 A). An-
selms Definition der Wahrheit überhaupt lautet: veritas est rectitudo
sola mente perceptibilis (c. 11; Migne 158, 48C) A).
In dem (um dem Dial. de verit. verfaßten) Monologium
1070, schon vor
hat Anselm auf die realistische Annahme, daß die Güte, die Wahrheit und über-
haupt die Univei'salien eine von den Einzeldingen unabhängige, nicht bloß eine
diesen immanente, an ihr Bestehen gebundene Existenz (wie es die der Farbe im
Körper ist) besitzen, einen Beweis für das Dasein Gottes gebaut, worin er
im wesentlichen Augustin (De lib. arb. II, c. 1, n. 3—15; De vera rel. c. 30,
n. 55 ff.; Do trin. VTIl, c. 3, n. 4 sq., vgl. Bocth. De consol. phil. V, pr. 10)
folgt. Es gibt viele CJüter, die wir teils als Mittel oder des Nutzens wegen
(propter utilitatem), teils an sich um ihrer inneren Schönheit willen (propter
honestatem) begehi-en. Diese Güter aber sind alle nur mehr oder minder gut und
was nur vergleichsweise das ist, was es ist, etwas voraus,
setzen daher, gleich allem,
was eben dies im vollen Sinne sei, und woran sie ihren Maßstab haben. Alle
relativen Güter haben also ein -absolutes Gut, etwas, das aus sieh und
durch sich gut ist (illud igitur est bonum per se ipsum, quoniam omne
bonum est per ipsum), nicht wieder durch Teilnahme an einem Höheren
— denn sonst wäre es eben nicht das Absolute zur notwendigen Voraus- —
setzung, Dieses summum bonum ist Gott (Monol. c. 1; Migne 158;
144 C. sq.). Desgleichen ist jedes Große oder Hohe nur vergleichsweise groß oder
hoch; es muß also ein absolut Großes oder Hohes geben, und dieses ist Gott
(c. 2, ibd. 146 C sq.). Alles Seiende setzt ein absolutes Sein voraus, durch
welches es ist,welches aber selbst durch und dieses ist Gott (c. 3,
sich selbst ist,
ibd. 148 A): quoniam ergo cuncta quae ipsum nnum: procul dubio
sunt, sunt per
et ipsum unura est per se ipsum). Die Stufenreihe der Wesen (naturae) kann
nicht derart sein, daß sie ins Endlose fortlaufe (nuUo fine claudatur); also muß
es mindestens Ein Wesen geben, welches keines mehr über sich hat. Aber es
gibt auch nur Ein solches; denn wären mehrere einander gleiche höchste
Wesen, so würden sie entweder alle Anteil haben an der höchsten Wesenheit
(essentia) oder mit dieser identisch sein. Wenn sie daran Anteil haben, so sind
nicht sie das Höchste, sondern die höchste Wesenheit ist dann das Höchste.
AVenn sie mit ihr identisch sind, so sind sie in ihr notwendig auch einheitlich.
Das einheitlich höchste Wesen aber ist Gott (c. 4, ibid. 148 C sq.).
Das Absolute ist aus und durch sich selbst (c. 6, 151 sq., das Bedingte ist
nach Stoff und Form nicht aus ihm, aber durch es geschaffen (c. 7, ibd. 153 sq. ff.).
Gott hat die Welt aus Nichts geschaffeii. Das Nichts ist aber nicht etwa
eine Materie, aus welcher die Welt zum Dasein geformt worden wäre. Jedoch
2Ö8 § 27. Anselm von Canterbury.
ratione praeoedat aliquod rei faciendae quasi exeraplnm sive forma Tel sioiilitudo
aut regula. Patet itaque, quoniara pritiaquam fierent universa, erat in ratione
Bumniae naturae, quid aut qualia aut quomodo futura esaent). Diese Muster-
bilder sind das innere Sprechen Gottes, Mie der Gedanke das innere
Wort im Menschen ist. Nach diesen Ideen, seinem Worte, hat Gott die Dinge
geschaffen, und so ist das Gewordene das Abbild diese« Wortes (c. 9 f., c. 29 ff.,
ibd. 182 sq.). Das Geschaffene besitzt nicht an eich die Kraft der Be-
harrung im Sein, sondern bedarf der erhaltenden Gegenwart Gottes. Sicut
nihil factum est, nisi per creatricem praesentem essentiam, ita nihil viget, nisi per
eiusdemservatriceni praesentiam (c. 13; ibd. l«30Csq., vgl. Augusti n, De civ. Dei XII,
c. oben S. 159, wo die Welterhaltung als fortgehende Schöpfung aufgefaßt
25, e.
und die Ansicht entwickelt wird, daß die Welt, wenn Gott ihr seine Macht und
Gegenwart entzöge, augenblicklich in das Nichts zurücksinken würde).
Jedes Einzelne, welches gerecht ist, ist dies nur durch Partizipation an der
Gerechtigkeit und von der Glerechtigkeit selbst verschieden; Gott aber ist nicht
ein an der Gerechtigkeit partizipierendes Objekt, sondern die Gerechtigkeit
selbst (c. 16, Migne 158, 164 B sq.). In dem Absoluten ist die Gerechtigkeit
mit der Güte, Weisheit und jeder anderen Wesensbestimmung (proprietas) identisch
(c.17; ibd. 165 C sq.) sie alle involvieren die Ewigkeit und die Allgegenwart (c. 18 ff.;
;
ibd. 166 D sq.). Der Sprechende und das von ihm gesprochene Wort,,
durch welches er alle Dinge geschaffen hat, bilden eine Zweiheit, ohne daß irgend
zu sagen ist, was sie in der Zweizahl seien. Sie sind nicht zwei Geister, nicht
zwei Schöpfer usw.; sie sind andere (alii), aber nichts anderes (aliud). Durch ihr
gegenseitiges Verhältnis, für welches die Zeugung das treffende Bild ist. sind sie
zwei, durch ihr Wesen eins (c, 37 ff. ibd. 190 ß sq.). der Einheit willen muß
; Um
mit der Selbstverdoppelung ein Zurückstreben, ein Zusammenschlaß sich verbinden.
Wie dnrch die Selbstverdoppelung zu dem primitiven Bewußtsein, der memoria,
das Bewußtsein des Bewußtseins, die intelligentia, hinzutritt, so bekundet sich daa
Streben nach dem Zusammenschluß als die gegenseitige Liebe ües Vaters tmd
Sohnes,, die aus der memoria imd intelligentia prozediert, d. h. als der heilige
Geist (c. 49 ff. ; ibd. 205 B sq.).
individuae sunt substantiae, cognoscitur. Quare in summa essentia sicut non sunt
plures substantiae, ita nee plmes personae (ibd. 221 CD— 222 A). (Anselm geht
hier in derselben Richtung weiter fort, in Augustin von der bei
welcher sich
griechischen Theologen, wie Basilius, Gregor von Nazianz und Gregor
von Nyssa herrschenden generischen Auffassung der Trinität entfernt hat.
Anderseits konnten Stellen dieser Art den Roscelin, der an der vollen Be-
deutung des B^riffs der Person festhielt, leicht zu der Meinung führen, Anselm
werde sieh mit seiner Behauptung, die drei Personen seien drei res per se und
§ 27. Anselm von Canterbury. 269
Irönnten, falls nur der Gebrauch es gestatte , als drei Götter bezeichnet werdeii,
einverstanden erklären müesen.)
In dem Monologium sucht Anselm auch (c. 67 77; ibd. 213 B sq.) das —
Wesen des menschlichen Geistes zu erkennen und seine Ewigkeit zu er-
weisen. Der menschliehe Geist ist ein kreatürliches Abbild des göttlichen Geistes und
hat gleich jenem memoria, intelligentia und amor. Er kann und soll Gott als höchstes
Gut lieben und alles andere um seinetwillen. In dieser liebe liegt die Bürgschaft
seiner Ewigkeit und ewigen Seligkeit, denn ein Ende derselben wird weder mit
seinem Willen eintreten, noch auch gegen seinen Wülen durch Gott, da dieser
selbst die Liebe Verschmäht aber der endhche Geist die Liebe Gottes, so
ist.
esse. Nam cum pictor quae facturus est. habet quidem in in-
praecogiiat
tellectu, sed nondum intelligit esse, quod nondura fecit. Cum vero iam pinssit, et
habet in intellectu et intelligit esse, quod iam fecit. Coavincitur ergo etiam
insipiens esse vel in intellectu aliquid quo nihil maius cogitari poteet,. quia hoc,
cum audit, intelligit; et quidquid intclligitur, in intellectu est. Et certe id quo
maius cogitari nequit non potest esse in solo intellectu. 8i enim
vel in solo intellectu est, potest cogitari esse et in re, quod maias
est. Si ergo id quo maius "ogitari non potest est in solo infcellectd,
id ipsum quo maius cogitari non potest est quo m&ias cogitari
potest. Sed certe hac esse non potest. Esistit ergo procul dubio
aliquid, quo maius cogitari hon vaiet, et in intellectu et in. re (c. 2).
270 § 27. Anseliu von Cuntcibury.
Quod utique sie verc est, ut noc cogitari possit non esse. Naru potcst oogitari
esse aliquid, quod non possit cogitari non esse; quod raaius est (juaui quod non
esse cogitari potest. Quare si id quo maius nequit cogitari, potest cogitari non
esse, id ipsum quo maius cogitari nequit non est id quo maius cogitari nequit,
quod convenire non potest. Sic ergo vere est aliquid quo luaius cogitari non
I)Otest, ut nee cogitari possit non esse. Et hoc es tu, Doraine Deus noster (c. 3).
Die Frage, wie dann aber auch nur der Tor in seinem Herzen sprechen oder
denken könne, es sei kein Gott, beantwortet Ansei m durch die Unterscheidung
zwischen einem bloßen cogitare der vox significans und dem intelligerc id ipsum,
quod res est (c. 4).
Daß das Argument ein Fehlschluß sei, wurde schon von Zeitgenossen An-
sei ras bemerkt, ohne daß sofort die Natur des Fehlers völlig klar geworden wäre.
Jede Folgerung aus der Definition gilt nur hypothetisch, unter der Voraussetzung
der Existenz des Subjektes. In diesem richtigen Sinne hatte schon der Eleate
Xenophanes aus dem Wesen GtUtes auf seine Einheit und Geistigkeit ge-
schlossen (vgl. Gnmdriß 1, 10. A., S. .04), und Augustin, der bereits Gott hf-
zeichnet als das suinmum bonum, quo esse aut cogitari melius nihil possit (siehe
De doctr. christ. I, 7, Migne 34, 22. De lib. arbitr. II, 6, n. 14, Migne 32,
124B. Conf. VII, 4, Migne 32, 735)
hat aus der Definition Gottes seine Ewigkeit
gefolgert. Wer zugibt, daß ein Gott sei, und demselben doch die Ewigkeit ab-
spricht, widerspricht sich, denn im Wesen Gottes liegt die Ewigkeit; so gewiß wie
Gott ist, ist er auch ewig. Augustin. Confess. VII, c. 4, Migne P. lat. 32,
736: cur non sit corruptibihs substantia, quae Deus est, (|uando si hoc esset, non
esset Deus. (Die Stelle De trinit. VIII, c. 3 n. 4 sq. und andere, auf die öfters
verwiesen wird, entsprechen vielmehr der Argumentation im Monologium.)
Der Unterschied der Anselmschen Argumentation von der
Augustinischen daß durch jene das Sein Gottes selbst aus der
liegt darin,
Definition erschlossen werden und diese P^igentümlichkeit des ontologischen
soll,
Argumentes ist gerade sein Fehler. Mit logischem Rechte läßt sich nur schließen:
so gewiß als Gott ist, hat er Realität, was aber eine leere Tautologie ist, oder
höchstens etwa: so gewiß als Gott ist, ist er nicht nur im Geiste, sondern auch
in der Natur, welchem letzteren Gegensatze Anselm fälschlich den des Vor-
gestelltwerdensund des wirklichen Seins supponiert. Diese Supposition, welche zur
Beseitigung der Klausel: wenn Gott ist, führt, knüpft sich bei Anselm sprach-
lich an die Verwechslung eines metaphorischen Gebrauchs des Ausdrucks „in
inteUectu esse" mit dem eigentlichen. Zwar unterscheidet Anselm richtig den
Doppelsinn: in der Vorstellung sein, und: als seiend erkannt werden, und will
mit Recht nur die erste Baleutung seiner Argumentation zum Grunde legen. Er
vermeidet in der Tat die von ihm bezeichnete Verwechslung; aber er vermeidet
nicht die andere, das Vorgestelltwerden, welches metaphorisch ein Sein des Objekts
in dem Intellekt genannt werden kann, in der Tat aber nur das Sein eines
Bildes des (sei es wirklichen, sei es fingierten) Objektes in dem Intellekt ist, mit
einem realen Sein des Objektes in dem Intellekt gleichzusetzen. Hierdurch wird
der trügerische Schein erzeugt, als ob bereits gesichert sei, daß das Objekt irgend-
wie existiere, als ob also der Bedingung jedes Argumentierens aus der Definition,
daß nämlich die Existenz des Objektes bereits feststehe, genügt sei und es sich
nur noch mn die nähere Bestimmung der Art und Weise der Existenz handle.
Diis, was als absurd erwiesen wird, ist in der Tat nicht die Meinung, die der
Atheist hegt, daß Gott nicht existiere und die Gottesvorstellung eine objektlose
Vorstellung sei, sondern die Meinung, die er nicht hegt, noch auch anzunehmen
genötigt werden kann, aber die Anselm zu hegen oder doch annehmen zu müssen
§ 27. Anselm von Canterbury. 271
scheint, daß Gott selbst eine objektlose Vorstellung sei und als bloß subjektive
Vorstellung existiere. Dieser Schein wird so lange festgehalten, als er dazu dient,
der Argumentation eine anscheinende Basis zu geben. Im Schlußsatze aber, der
doch nicht die bloße Art der Existenz, sondern das Sein selbst als Resultat der
Argumentation zu enthalten prätendiert, wird dann wieder zu dem ursprünglichen
Sinne des Gegensatzes in intellectu esse und in re esse, nämlich vorgestellt werden
und wirklich sein, zurückgekehrt.
Den Anselm bestritt in einem anonymen Liber pro insipiente ein Mönch
Gaunilo in dem Kloster Mar-Moutier (Malus Monasterium nicht weit von Tours).
Nach Martfene (in dessen handschriftlicher Geschichte des Klosters, bei Ra-
vaisson, Rapports sur les bibliothfeqi'ies de l'Ouest, Paris 1841, append. XVII)-
war Gaunilo ein Graf von Montigny, der nach Unglücksfällen, die er 1044 in
Fehden erlitten hatte, ins Kloster getreten war, wo er noch bis 1083 gelebt hat.
Gaunilo, der von dem übrigen Inhalt des Proslogiuras mit großer Achtung
redet, trifft ganz richtig die schwache Stelle des Anselmschen Arguments, dem er
entgegenhält, aus dem Verstehen des Gottesbegriffs folge nicht ein Sein Gottes
im woraus dann weiter ein Sein desselben in re sich ableiten lasse. Das
Intellekt,
Sein dessen, quo malus cogitari nihil possit. in unserm Intellekt gelte nur in dem
gleichen Sinne, wie das Sein jedweden andern Dinges in unserm Intellekt, sofern
es gedacht werde, also z. B. auch einer fingierten Insel. Würde es in dem
volleren Sinne genommen in teiligere rem esse was aber ja auch Anselm nicht
: ,
wolle, so würde damit das zu Erweisende schon vorausgesetzt sein. Das reale.
Sein des Objekts müsse im voraus feststehen, damit aus seinem Wesen seine Prä-
dikate sich erschließen lassen. Prius enim certura mihi necesse est fiat. re vera
esse alicubi malus ipsum, et tum demum ex eo quod malus est omnibus, in se
ipso quoque subsistere non erit ambiguum (ed. Daniels, S. 10). Auf eine an-
schauliche Weise sucht dann Gaunilo aus dem Zuvielbeweisen darzutun, daß
das Argument fehlerhaft sei, indem nämlich auf gleiche Weise auch die
Existenz einer vollkommenen Insel sich würde folgern lassen.
Anselm wies in seiner Entgegnung in dem Liber apologeticus ad-
versus respondentem pro insipiente den Vorwurf des Zuvielbeweisens ab,
indem er die Zuversicht aussprach, daß sein Argument von allem gelte, praeter
quod malus cogitari non possit (ohne freilich das Recht dieser Beschränkung der
Argumentation auf das, was. das Größte schlechthin sei, darzutun). In seinen
Erörterungen, die den Sitz des Fehlers betreffen, fiel er, da auch Gaunilo noch
nicht mit voller logischer Bestimmtheit den trügerischen Schein bei der Metapher
in intellectu esse, aufgedeckt hatte, in den alten Fehler zurück, das cogitari und
intelligi mit einem eigentlichen esse in cogitatione vel intellectu gleichzusetzen.
Er vergleicht beständig, ohne die Absurdität zu bemerken, zwei Wesen mit-
einander, wovon dem einen zwar das Gedachtwerden, aber nicht das Sein zukomme,
dem andeni dagegen außer dem Gedachtwerden auch noch das Sein, und schließt
nun, das letztere sei um das Sein größer als jenes. Das größte denkbare Wesen
also, das doch im Intellekt sei, könne nicht bloß im Intellekt, sondern müsse
auch noch außerhalb des Intellekts in der Wirklichkeit sein. Der Widerspruch,
daß das Größte als im bloßen Intellekt seiend ebensowohl einerseits das Größt«
sein müßte, wie auch anderseits es nicht sein könnte, beweist nicht, daß es auch
noch eine Existenz in re habe, sondern vielmehr, daß der Ausdruck, sofern es
gedacht werde, sei es im Intellekt, im eigentlichen Sinne falsch und un-
zulässig ist. Mindestens gilt es nicht vor erwiesener Existenz.
272 § 27. Anaehn von Canterbory.
Den andern Mangel des Argumentes, daß nämlich der unbestimmte Begriff
dessen, über welches hinaus nichte Größeres gedacht werden könne, von dem
Begriff eines personlichen Gottes noch weit absteht, hat An sei durch die Ent-m
wicklung des Begriffs des Größten, was denkbar sei, zu ergänzen gesucht (c. 5 ff.),
indem er zeigt, daß das Größte als Schöpfer, als Greist, als allmächtig, als barm-
herzig usw. gedacht werden müsse.
Die in neuerer Zeit mehi-fach und namentlich auch von Hasse (Anselm, II,
S. 262— 272) geäußerte Ansicht, das ontologiache Argument stehe und
falle mit dem Realismus, ist falsch. Diese Ansicht
ist bei den Argumenten
das zweite 1098 verfaßt worden der Überwindung der bis dahin viel-
ist, liegt in
verbreiteten Annahme eines von dem Teufe!, welche bei mehreren
Loskaufs
Kirchenlehrern (z. B. bei Origenes und anderen Griechen, auch bei Arabrosius,
Leo d. Gr. usw.) in das Eingeständnis einer Überlistung des Teufels durch Gott
auslief. Anselm setzt an die Stelle des Konflikts der Gnade Gottes mit dem
(auch von Augustin De üb. arbitr. III c. 10, n. 29 sq.; Migne, P. lat. 32,
1285 sq. behaupteten) Eechte des Teufels den Konflikt zwischen der Güte und der
Gerechtigkeit Gottes, der in der Men8chv>erdung seine Lösung fand. In Adam haben
alle Menschen gesündigt, da alle Menschen ein Wesen der Art nach und so
der erste Mensch die ganze Menschheit in sieh darstellt. So ist die Erb-
sünde möglich, und es schulden alle Menschen Gott Genugtuung, die Gott nach seiner
Gerechtigkeit fordern muß. Diese Schuld kann Gott ohne Wiederherstellung
seinerEhre nicht vergeben wegen seiner Gerechtigkeit, die Strafe kann er aber
auch nicht vollziehen wegen seiner Liebe. So kann denn diese Genugtuung nur
geschehen von einem andern, der selbst nicht verpflichtet war, sich hinzugeben,
weil schuldlos, den Wert alles Geschöpf liehen übersteigt, um Gott vollen
aber
Ersatz für die geraubte Ehre zu bringen. Dies leistet der Gott mensch, der als
sündlos Gott nichts schuldig war, dessen Tat also anderen zuteil werden konnte.
Der Tod Christi ist so ein Positives, ein Tun, eine Satisfaktion, die Gott gebracht
wird, nicht eine Strafe, die vollzogen wird.
Anselms Bedeutung liegt in dem kühnen Unternehmen der unerschrockenen
und allseitigen Verwendung der und Philosophie auf dem Gebiete der
Syllogistik
Theologie. Seit der großen systematischen Schöpfung des .Johannes Scottus
war ein Versuch von ähnlicher Ausdehnung und Konsequenz, wie der Anselms,
zwei Jahrhunderte lang nicht mehr gewagt worden. Im Gegenteil, gerade zu
Anselms Zeit hatten einflußreiche Männer, wie Petrus Damiani, Otloh von
St. Emmeram, MaJiegold von Lautenbach, ihre Stimmen gegen jede Be-
rührung der Theologie mit der Philosophie erhoben. Anderseits waren Berengars
und Roscelins Bestrebungen, in theologischen Fragen mit der Dialektik und
Indem Anselm die Schrift-
ihren Gesetzen zu operieren, gänzlich fehl geschlagen.
und Väterlehre zum Ausgangspunkt nahm und als luiantastbare Norm voraus-
ßetite, war es ihm gelungen, Logik und Philosophie in umfassender
Weise für die Behandlung der Theologie heranzuziehen und zugleich
die Klippen des theologischen Bationalismus zu vermeiden. Damit
war die Lösung gefunden, die der Philosophie und der Vernunft auf theologischem
Gebiet die Bahn frei machte und der gesamten folgenden Entwicklung die Wege
wies. Seit Ansei m begann man allenthalben in den Schulen, theologische
Fragen dialektisch zu behandeln, und im Zusammenhang damit machte .sich das
Bedürfnis, den Gesamtstoff der Glaubenslehren systematisch zu verknüpfen, immer
«tärker und lebhafter geltend.
Im Sinne Anselms arbeitete Bruno von Segni, gest. 1123, der in seinen
beiden Schriften De trinitate und De incainatione domini mit Geschick den
Syllogismus zu verwerten wußte. Ein gleiches gilt von Odo von Cambrai,
gest. 1113, und semer Schrift De peccato originali hbri tros. Er steht, wie
Anselm, auf dem Boden des Realtsraus (siehe oben .S. 206; und ist in der Erb-
sündelehre von ihm abhängig. Die Möglichkeit der Erbsünde erklärte er dadurch,
daß die Wesenheit der Spezies Substanz der Individuen sei, in dem Individuum
also die ganze Art affiziert werden könne.
Ein reges Leben herrschte auch in der vielbesuchten theologischen Schule
von Laon, die Anselms von Canterburv gleichnamiger Schüler Anselm
von Laon, gest. 1117, leitete. Er ist Verfasser von theologischen Quaestionea
L'eborwcp. GrundriU 11. 18
274 § 27. Anselm v. Laon. Bemold v. Konstanz.
oder Sententiae, über die G. Leffevre und neuestens auf Grund handschrift-
licher Studien M. Grabraann (Gesch. d. schol. Meth. II, 141 ff.) Mitteihingeu
gemacht hat. Anselms Sentenzen, wie die des Wilhelm von Champeaux,
(siehe oben S. 2("iO) sind „die ersten Formen und Typen der scholastischen
Quaestiones qnodlibetales" (Grabmann, a. O., S. 151), die durch die
a.
Tatsache zu sehen, daß sich schon damals jene für das Wachstum und die Ent-
faltung des mittelalterlichen Denkens höchst fruchtbare und charakteristisfhe
Darstellungs- und Unterrichtsmethode herauszubilden begann, als deren
Urheber man bisher Abälard anzusehen sich gewöhnt hatte. Tatsächlich tritt
J
§ 27. Uonorius Augusioiluiionsis. 275
worauf Endres zuerst aufmerksam machte, ein auf das ganze Werk sich er-
weise, in Gott, in sich selbst, in uns. In üott als unveränderliches Leben, in sich
selbst als veränderliche Substanz, in uns als in der VorstelluDg gegebenes Abbild
der Dinge (De cognitionc vitae c. 15; Migne 40, 1015). Die Unendlichkeit der
Welt ist vor der Zeit im göttlichen Geist, welche Konzeption archetypus
mundus genannt ^vi^d (De imag mundi I, 2; Migne 172, 121 B). Gott allein
ist Wahrheit und ist deshalb die Wahrheit. Das Geschöpf ist gleichsam nicht
in
(De cogn. vitae c. 7; Migne 40, 1011: Hie solus vere est et ideo veritas est.
Omne enim quod est, verum est; quod vero non est, falsum est. Sed deus vere
est, igitur veritas est. Creatura autem ei collata quasi non est et idcirco quasi
falsitas ad veritatem est). Die Kreatur ist nur der Schatten des Lebens und der
Wahrheit (Liber XII quaest. c. 1; Migne 172, 1178 C: omnis ista creatura est
umbra vitae et veritatis). Die ganze Welt ist nach Art des kleinsten Punktes in
der Gottheit enthalten (De cogn. vitae c. 25; Migne 40. 1020: Totus hie mundus
instar brevissirai puncti intra deum colligitur).
effigiem).
Über die .Beziehungen des Honorius zur Poesie und Kunst seiner Zeit
siehe J. Endres, a. a. 0., 8. 127—137. '
Hildebert von Lavardin, Bischof von Tours, geb. 1057, gest. um 1133,
von Bernhard von Clairvaux columna" bezeichnet, ein
als „tanta ecclesiae
Schüler oder doch Verehrer Berengars, ist ausschließlieh Theologe und Dichter.
Seine Schriften sind gesammelt bei Migne, P. lat 171, 18-1458. Der Tinter
seinem Namen zuerst von A. Beaugendre, Paris 1708, S. 1010 veröffentlichte
und auch von Haur^au früher (Hist. de la philos. scol. I, S. 308 ff.) ihm zu-
geteilte „Tractatus theologicus" ist, wie schon Liebner (Theol. Studien u. Kritiken,
Jahrg. 4, I, S. 254 u. Hugo v. St. Victor u. d. theol. Eichtungen s. Zeit, Leipz.
1832, S. 488) bemerkt hatte, nicht sein Werk, sondern identisch mit den bereits
seit 1648 gedruckten Sentenzen des Hugo von St. Victor. Vgl. Haur^au,
Notices et extraits, Paris 1892, t V, S. 251. Auch die von Beaugendre eben-
falls unter dieWerke Hildeberts gestellte „philosophia moralis" ist ihm ab-
zusprechen und Wilhelm von Conches zuzuweisen. Vgl. Haur^au, Notices
et extraits, I, Paris 1890, S. 99 ff. — Über Hildeber ts poetische Erzeugnisse siehe
Haureau, Les m^lauges po^tiques d'Hildebert de Lavardin, in Notices et extraits
des mss. Bd. 28, 2e partie, S. 289 ff. und Notices et extraits, Paris
(Quart),
1892, t. V, S. 211 ff. —
Seine Hymnen hat G. M. Dreves, Analecta hymn.
50, Leipzig 1907, 408—422 neu ediert.
§ 28. Peter Abäkrd. 277
mal mehr der ganze erste Teil unter dem irrtümlichen Titel „Ein-
leitung in die Theologie" erhalten und gedruckt ist. Abälard
erstrebte eine Vermittlung zwischen den Grundlagen des Christentums
und den Vernunftwahrheiteu. Der TrinitätsTehre gibt er im Gegensatz
zu dem Tritheismus des Roscelin und im Anschluß an augustinische
Ausdrücke durch die Deutung der drei Personen auf Gottes Macht,
Weisheit und Güte eine monarchianische Wendung, jedoch ohne die
Personalität jener Attribute aufheben zu wollen. Jedoch neigt er sich,
wenn er die Selbständigkeit der drei Personen aufrecht erhält, dem
Subordinatianismus zu. Die platonische Weltseele deutet ei: auf
den heiligen Geist oder die göttliche Liebe hinsichtlich ihrer Be-
ziehung zur Welt, sofern diese Liebe allen, auch den Juden und Heiden,
irgend welche Güter verleihe.
In der Ethik legt Abälard Gewicht auf die Gesinnung; nicht die
Tat als solche, sondern die Absicht begründet Sünde oder Tugend.
Was nicht gegen das Gewissen ist, ist nicht Sünde, obschon es fehler-
haft sein kann, sofern nämlich das Gewissen irrt; zur Tugend reicht
die Übereinstimmung der Gesinnung mit dem Gewissen nur dann zu,
wenn dasselbe für gut oder Gott wohlgefällig eben das hält, was wirk-
lich gut oder Gott wohlgeföUig ist.
Ausfabeu.
EineGesamWiusgabe der Werke Abälards hatCousia veranstaltet: Fetri
Abaelardi opera hactenus seorsim edita nunc primum in unum collegit, textuiu
reo., notas, argum., indices adi. Victor Couain, adiuvante C. Jourdain, t. I,
Par. 1849, t fl, ib. 1859. IMe theologischen Werke sind gesammelt bei Migne,
P. lat. 178.
Ein Teil der Schriften Abälards, insbeeondere sein Briefwechsel
mit Heloise, sein Kommentar zum Römerbrief und der nicht ganz voü-
278 § 28. Peter Abälard.
etäudige erste Teil seiner Theolog ia unter deru irrigen Titel Einleitung in die
Theologie wurde zuerst aus den ManuBkripten des Staatsrats Fran(;oi8 d'Am-
boise durch Quercetanus (Duchesne) Paris 1G16 herausgegeben — Die
Theologia christiana wurde in dem Thesaurus novus anecdotorum von Mar-
tine und Durand, V, 1717, die Ethik oder das Buch: Scito te ipsum, in
t.
dem Thesaurus anecdotorum novissimus von B. Pez, t. III, 2, 1721, der Dia-
logus inter philosonhura, Judaeuni et Christianum von F. H. Rhein-
wald, Berlin 1831, ediert. —
Victor Cousin, Ouvrages inödits d'Abdlard,
Paris 188G, veröffeutlichte die Schrift Sic et non, jedoch unvollständig,
ferner die Dialektik, das dem Abälard zugeschriebene Fragment De generibus
et speciebus und Glossen zu der Isagoge des Porphyrius, zu des Aristoteles
Categ. und De interpretatione und zu den Topica cl&s Boöthius. (Vgl. dazu
Cousin, Fragments de Philosophie du moyen-äge, 5. 6d., Par. 1865, auch frühere
Ausgaben.) —
Die Schrift Sic et non haben vollständig zuerst E. L. Th. Henke
und G. Steph. Linden kohl, Marburg 1851, ediert. Den Traktat De —
unitate et trinitate divina hat R. Stölzle aufgefunden und publiziert
Freiburg i. B. 1891.
Von Abälards Expositio in Hexaemeron, bei Cousin, Opp. I, S. 025
— 670, unvollständig abgednickt, bringt Haureau, Notices et extraits, Par. 1892,
t. V, p. 237—214, einen Teil der Forlsetzung; derselbe veröffentlichte Notices ei
extraits des mss. (Quart) t. 34, 2e p.. 1893, S. 153 ff. ein zum Teil schon von
Cousin veröffentlichtes, dem Abälard zugeschriebenes Gedicht an seinen
Sohn Astralabius.
Abälards Hymnen hat G. M. Droves, Petri Abaelardi Hymnarius Para-
sivc hymnorum libelli tres, Paris 1891 ediert; siehe derselbe, Analecta
clitensis
hymnica medii aevi 48, Leipzig 1905. — Der Planctus Abaelardi wurde von
AV. Meyer und W. Brambach, München 1885, Erlangen 1890 (Romanische
Forschungen) veröffentlicht. jSiehe auch W. Mever, Gesammelte Abh. zur
Rhytmik T, 1905, 340 ff.
mittellatein.
Zur handschriftlichen Überlieferung der Werke Abälards B. Gever,
Theol. Revue 1911, S. 14 u. Philos. Jahrb. 25, 1912, 125-128. Geyer hat" die
von Ch. Rerausat (Abvlard II, Paris 1845, 93 ff.) fragmentarisch und größten-
teils nur in französischer Sprache mitgeteilten Glossulae super Porphyrium,
von denen von da ab jede handschriftliche Kunde verloren gegangen war, in Cod. n.
6 (s. XIIIi der Stadtbibliothek zu Lunel in Südfrankreich wieder aufgefunden.
M. Grab mann. Die Gesch. d. scholast. Methode II, Freiburg i. B. 1911, 175,
A. 1; derselbe, Mitteilungen über scholastische Funde in der Biblioteca Ambro-
siana zu Mailand. Theol. Quartalschr. 93, 1911, 536— .5bO. Grab mann berichtet
über Abälardhandschriften, insbesondere über Cod. M. 63 Sup. (s. XII) der
Biblioteca Ambrosiana, in dem Glossen Abälards zu logischen Schriften ent-
halten sind, darunter als wertvollstes Stück Glossen zu Porphyrius (Incipiunt
Glossae super librum Porphyrii secundum vocales), die zu den in der Stadtbiblio-
thek zu Lunel von B. Geyer aufgefundenen in enger Beziehung stehen. Einige
Bruchstücke aus beiden Traktaten veröffentlichte B. Geyer, Die Stellung Abälards
in der Universalienfrage nach neuen handschriftlichen Texten in: Festgabe für
Cl. Baeumker, Münster 1913, S. 116—127. Eine vollständige Ausgabe wird von
demselben Forscher für die Beiträge zur Gesch. d. Philos. d. Mittelall.
,, vor- '
l)ereitet.
Abälards Namen hat außer. dem großen Lehrtalent und den kirchlichen
Konflikten (Verurteilung durch zwei Synoden, zu Soissons 1121 und zu Seus 1141)
das unglückliche Liebesverhältnis zu Heloise, der Nichte des rachsüchtigen
Kanonikus Fulbert in Paris, populär gemacht. Abälard lehrte die Dialektik
zu Melun, dann zu Corbeil, dann zu Paris in der mit der Kathedralkirche ver-
bundenen Schule, wo er gegen .seinen Lehrer Wilhelm von Champeaux auf-
trat und ihn zu einer Modifikation seines extremen Realismus nötigte (s. oben S. 260),
weiterhin in der Nähe von Paris auf dem Berge Sainte-Gencviöve. Nunmehr
wandte er sich dem Studium der Theologie zu und hiirtc Anselm von Laon,
ohne indessen tiefere Eindrücke zu empfangen. In Laon suchte er selbst als
L«hrer der Theologie aufzutreten, begab sich nhov hiüd nach Paris, wo er seit
§ 28. Peter Abälard. 279
Ähnhches auch von der nicht erst, wie man früher glaubte, von ihm ge-
gilt
schaffenen Sic et non-Methode. Auch hier setzte er fort, was seine Vorgänger,
die Kanonisten Bernold von Konstanz, Ivo von Chartres und andere (siehe
oben S. 212, 274), bereits inauguriert hatten, wenn er in seiner Schrift Sic et non
(und weniger auffallend auch in den übrigen Werken) bei jeder These wider-
sprechende Autoritäten, Dicta pro und contra, zusammenstellt, quae teneros lec-
tores ad maximum inquirendae veritatis esercitium provocent et acutiores ex inqni-
aitione reddant. (Prolog zu Sic et Non; Migne 178, 1349 A.) Die Lösung (so-
lutio) der Widersprüche überließ er dem Leser, wohl aber gab er im Prolog
—
(Migne 178, 1339 1349) Regeln an die Hand, den Gegensatz zwischen den
Autoritäten auszugleichen. Gemäß diesen Regeln werden die Widersprüche meist
nur als scheinbare erkannt, oder sie sind auf Rechnung von Fälschern oder von
ungenauen Abschreibern zu setzen. Doch bleiben auch solche übrig, die den Sati
anzuerkennen nötigen, daß nur, was in den kanonischen Schriften des Alten und
Neuen Testaments steht, alles unbedingt wahr sei, und keiner der Kirchenväter
den Aposteln an Autorität gleichgesetzt werden dürfe. Die Literatur der Väter invol-
viert keine Glaubensnotwendigkeit; ihr gegenüber gibt es Freiheit des Urteils (Ibid.
Migne 178, 1347C: Quod genus ütterarum non cum credendi necessitate, sed cumiudi-
oandi übertäte legendum est). Wo nicht ein strenger Beweis geführt werden kann, muß
das sittliche Bewußtsein maßgebend sein. Introd. ad th. III, 2; Migne 178, 1090 C;
Cousin, Opp. II. p. 119: magis autem honestis quam necessariis rationibus uti-
§ 28. Peter Abälard. 281
und anderen hätte Abälard in seiner Schrift Sic et non eine skeptische Tendenz
verfolgt und die Autorität der patristischen Tradition zu untergraben versucht.
Allein eine solche Auffassung widerspricht der von Abälard selbst in seinem
Prolog deutlich genug kundgegebenen Absicht. Wie bei Gerbert, Beruold von
Konstanz, Ivo von Chartres und anderen, zielt sie darauf ab, die Autoritäten
nicht zu erschüttern, sondern zu harmonisieren (Migne 178, 1344 D, 1345 A: solvere
controversias in scriptis sanctorum). Außerdem sieht er aber in dem Verfahren
der Gegenüberstellung der Autoritäten in der Form des Widerspruchs und der Aporie
ei neMethode der Wahr hei ts forsch ung und Wahrheitsfindung, des wissen-
schaftlichen Fortschritts im Sinne der Problemstellung (quaestio, in terrogatio)
und der selbständigen, mit rationalen Mitteln durchgeführten Problemlösung (Sic
et non. Prol. Migne 178, 1349 A: His autem praelibatis, placet, ut instituimus,
diversa sanctorum patrum dicta eolligere, quando nostrae ocxjurrerint memoriae.
aliquam ex dissonantia, quam habere videntur. quaestionem contrahentia, quae
teneros lectores ad maxiraum inquirendae veritatis exercitium provocent et acu-
liores ex inquisitione reddant. Haec quippe prima sapientiae clavis defi-
nitur, assidua scilicet seu frequens interrogatio. Es ist der metho-
dische Zweifel, den Abälard nach dem Vorgang des Aristoteles (Categ. 7,
Schluß) in seiner großen Bedeutung für die Wissenschaft erkannt und in der
Schrift Sic et non, wie in seinen theologischen Hauptwerken, zur Anwendung ge-
bracht hat (Ibid. 1349 A B: ad quam quidem toto desiderio arripiendam philosophus
ille omnium perspicacissimus Aristoteles in praedicamento ad aliquid studiosos ad-
hortatur dicens: Fortasse autem difficile est de hujusmodi rebus confidenter de-
clarare, nisi pertractatae sint saepe. Dubitare autem de singulis non erit inutile.
weit über die Grenzen seiner Schule hinaus bis herab zu den großen, fein ge-
gliederten Summen „Die Abälardsche Methode wurde die
dee 13. Jahrhunderts.
Grundlage für die Art und Weise der Quaestionen und Disputationen der späteren
Epoche auf theologischem, philosophischem, kanonistischem und zivilrechtlichem
(rebiete." (H. Denifle, Arch. f. Lit.- u. Kirchengesch. d. M. A., I, S. 620.)
Obwohl Abälard des Griechischen nicht ganz unkundig gewesen sein mag,
so kannte er doch, wie die damaligen Scholastiker überhaupt, griechische Schriften
nur aus lateinischen Ü^bersetzungen, den Piaton nur aus den Anfühningen des
Aristoteles, Cicero, Macrobius, Augustinus und Boethius, aus der
Übersetzung des Chalcidius von einem Teile des Timäus, den er z. B. in De
unitate et trinitate divina (ed. Stölzle, S. 27), Introd. ad. theol. III, 1 (Migne
178. 1087 D, 1088 A; Cousin, Opp. II, p. 117), Theol. christ. III (Migne 178,
1224 C) zitiert. Von Aristoteles waren ihm die Ethik, Physik und Metaphysik
nicht bekannt, ja nicht einmal die beiden Analytiken, die Topik und die
Schrift De sophisticis elenchis. Er kannte nur die Kategorien und De interpre-
tatione. Er selbst sagt in seiner Dialektik (bei Cousin, Ouvr. in6d. p. 228 sq.):
Sunt autem tres, quorum septem codicibus omnis in hac arte eloquentia latina
armatur: Aristotelis enim duos tantum, Praedicamentorum scilicet et Perier-
menias, libros usus adhuc Latinorum cognovit, Porphyrii vero unum, qui videlicet
de quinque vocibus conscriptus, genere scilicet, specie, differentia, proprio et acci-
dente, introductionem ad ipsa praeparat Praedicamenta; Boethii autem quatuor
in consuetudinem duximus libros, videlicet Divisionum et Topicorum cum Syllo-
gismis tarn categoricis quam hypotheticis. Daß er die Physik und Metaphysik
nicht kenne, sagt er ebenda p. 2(X), und daß er Piatons Dialektik nicht aus
dessen eigenen Schriften entnehmen könne, weil diese nicht übersetzt seien, ebend.
p. 205 f. In der nächsten Zeit nach Abälard und zum Teil bereits während
»eines Lebens verbreitete sich die Kenntnis der übrigen logischen Schriften des
Aristoteles. Siehe oben 8. 201 f. Auch Abälard selbst muß (wie Prantl,
Gesch. d. Log. II. S. 100 ff. nachweist; siehe auch Hofmeister, Neues Archiv
d. (t. f. alt. d. Geschichtsk. 37, 1912, S. 664) mittelbar einzelnes daraus bei der
Abfassung seiner Dialektik bekannt gewesen sein.
Der griechischen und römischen Heidenwelt, namentlich den Philosophen,
zolllt Abälard große Anerkennung. Von den letzteren sind manche zur wahren
Gotteserkenntnis vorgedrungen und müssen auch in der Tugendübung den
Christen als Muster vorgehalten werden. Abälard geht soweit, ihnen Lohn im
Jenseits dafür zuzusprechen. In der Dialektik erkennt er den Aristoteles als
die oberste Autorität an. Charakteristisch für das Autoritätsbedürfnis jener Zeit
ist Abälard 8 Wort bei einer Differenz in betreff der Definition des Relativen
zwischen Piaton und Aristoteles (Dial., Cousin, Ouvr. in^d. p. 204), es lasse
sich wohl eine Mittelstraße halten, doch das dürfe nicht sein, denn: si Aristo-
telem Peripateticorum principem culpare praesumamus, quem amplius in hac arte
recipiemus? Nur eins ist ihm bei Aristoteles unleidlich, der Kampf gegen
seinen Lehrer Piaton. Am liebsten wiU Abälard durch günstige Deutung der
Worte Piatons beiden recht geben Im Kampf gegen Dia-
(Dial. 1. c. p. 206).
lektiker seiner Zeit hat er aber mitunter ihren Führer, den Aristoteles, wenn
dieser mit der theologischen Autorität in Konflikt zu kommen schien, weg-
werfend beurteilt (Theol. christ. III; Migne 178, 1253 B: „Aristoteles vester").
Der Dialektik weist Abälard die Aufgabe zu, das Wahre und Falsche zu
unterscheiden. Dial., Cousin, Ouvr. ined. p. 43.5: veritatis seu falsitatis discretio.
Glossulae super Porphyrium bei R^musat, Ab^l. II, p. 95: est logica auctoritate
TuUii (Vgl. Boeth. ad Top. Cic; Migne 64, 1045 A) diligens ratio disserendi, i. e.
§ 28. Peter Abälard. 283
zwischen den sermones und intellectus. Dial. Cousin. Ouvr. ined. p, 487: neque
enim vox aliqua naturalitcr rei significatae inest, sed secundum hominum im-
positionem; vocis enim impositionem summus artifex nobis commisit, rerum aut«m
naturam propriae suae dispositioni reservavit, unde et vocem secundum impositionis
Buae orginem re significata posteriorem liquet esse. Aber die menschliche
Rede ist, Aveil von menschlichem Ursprung, darum doch nicht willkürlich, sondern
hat in den Dingen ihre Norm. Indrod. ad theol. II, 10; Migne 178, 1062 C;
Cousin Opp. II, p. 90: constat juxta Boöthium ac Platonem, cognatos de quibus
.
fitimniteres entnehmen ließe, dem Abälard nur mit Unrecht beigelegt werden.
Indessen steht eine endgiltige Aufhellung in der nächsten Zeit zu erwarten
durch die von B. Geyer in Aussicht gestellte Publikation der von ihm und
von Grabmann wieder aufgefundenen Glossulae super Porphyrium (siehe
oben S. 278). Geyer teilt bereits in einem in der Festgabe für Ol. Baeumker,
Münster 1913. S. 101—127, erschienenen Aufsatz über die Stellung Abälards
in der Uni versahen frage einige Fragmente mit. Zugleich bemerkt er (S. 105).
daß die in der Mailänder Handschrift enthaltenen Glossen die streng nomina.
listische Ansicht im Sinne Roscelins vertreten, während die Glossen des
Luneler Codex die sermo-Lehre entwickeln.
Damit stimmt überein, daß Abälards Schüler Johannes von Salis-
bury Abälards Ansicht als eine Umformung des Roscelinschen Nominalis-
raus in dem Sinne bezeichnet, daß Abälard nicht in den voces als solchen,
sondern in den sermones das Allgemeine gefunden habe. Der Hauptgrund
der Vertreter dieser Richtung gegen den Realismus sei der Satz, ein Ding könne
nicht von einem Dinge prädiziert werden, da.s Allgemeine aber sei das von
Mehreren Prädizierbare, also kein Ding. .Joh. Sah. Metalog. II, 17: alius sermones
284 § 28, Peter Abälard.-
sjti nXetövwv ni<fvxe xarrjyooeTa^ai, xa&' exaoxov de o fii], olov äv&Q<o}Tog fikv tdv
xadöXov, xa&' exaoxov); also liegt die Allgemeinheit in dem Wort.
KiiX/.iag de t(öv
Aber doch auch nicht in dem Wort als solchem, so daß dieses selbst etwas
sie liegt
Allgemeines wäre (jedes ^Vort ist ja selbst ein ein2elne8 Wort), sondern in dem
auf eine Klasse von Objekten bezogenen Wort, in dem Wort, sofern es von
diesen Objekten prädiziert wird, also in der Aussage, sermo; nur metaphorisch
werden die bezeichneten Objekte selbst Universalia genannt. E^mnsat 1, c. II.
p. 105: Ce n'est pas le mot, la voix, mais le discours, sermo, c'est k dire l'ex-
pression du mot, qui est attribuable ä. divers, et quoique les discours soient des
mots, ce ne sont pas les mots, mais les discours qui sont universels. Quant aux
choses, sil ^tait qu'une chose püt s'affirmer de plusieurs choses, une senle
vrai
et mfeme chose se retrouverait ^galement dans plusieurs, ce qui räpugne. Ebend.
p. 109; il d^cide que, bien que ces concepts ne donnent pas les choses comme
discr^tes aiusi que les donne la Sensation, ils n'en sont pas moins justes et valables
et embrassent les choses reelles; de sorte qu'U est vrai que les genres et les
espk;es subsistent, en ce sens qu'üs se rapportent a des choses subsistantes, car
c'est par m^taphore seulement que les phUosophes ont pu dire que ces universanx
subsistent. Au sens propre, ce serait dire qu'üs sont substances, et Ton veut diw
seulement que les objets qui donnent lieu aux universaux subsistent. Zur
Erläuterung des sehr unbestimmten Ausdrucks ,.donner lieu" können uns, da
R^musat hier den Abälardschen Text nicht mitteilt, nur die obigen Worte über
die genr^ und espfeces, daß diese „se rapportent k des choses subsistantes",
dienen.
Die französischen Historiker pflegen diese Ansicht Abälards als Konzep-
tualisraus zu bezeichnen. Doch legt Abälard nicht so sehr auf den subjek-
tiven Begriff, coneeptus, als solchen das Hauptgewicht, sondern auf das Wort
in seiner Beziehung zu dem bezeichneten Objekt. Der Kern seiner An-
sicht liegt in dem Ausspruch (bei Römusat II, p. 108): Est sermo praedica-
bUis. Nur unentwickelt ist hierin der Konzeptualismus enthalten, sofern die Be-
deutung des Wortes zunächst der an dasselbe geknüpfte Begriff ist, der aber selbst
wieder auf das bezeichnete Objekt (wie das Urteil auf objektive Verhältnisse) sich
bezieht, wonach Abälard bei den Worten und Sätzen eine significatio intellec-
tualis und realis unterscheidet (Dial., Cousin, Ouvr. ined. p. 238 sqq.). Vgl.
ib. p. 496 Abälards Ausspruch, das Definitum sei das nach seiner Bedeutung
(und nicht nach seiner eigenen Wesenheit) erklärte Wort (nihil est definittun,
nisi declaratum secundum significationem vocabulum).
In betreff der objektiven Existenz bekämpft Abälard ausdrücklich die
(extrem realistische) Annahme, daß das Allgemeine eine selbständige Existenz vor
dem Individuellen habe. Zwar werden die Species aus dem Genus durch For-
mation desselben: in constitutione speciei genus, quod quasi materia ponitnr,
accepta differentia, quae quasi forma superadditur, in speciem transit (Dial.
Cousin, Ouvr. in^. p. 486). Aber dieses Hervorgehen der Species aus dem
Genus involviert nicht eine Priorität des letzteren der Zeit oder der Existenz
§ 28. Peter Abälard. 285
nach. Introd. ad theolog. II, 13; Migne 178, 1070 BC: Cum autem epecies ex
genere creari seil gigni dicantur, non tarnen ideo necesse est genus species suas
tempore vel per existentiara praecedere, ut videlicet ipsum prius esse contigerit
quam illas; numquam etenim genus nisi per aliquara speciem suam esse contingit
vel iiuUatenus aninial fuit, antequam rationale vel irrationale fuerit; et ita quae-
dam species cum suis generibus simul naturaliter existunt, ut uullatenus genus
sine illis, sicut nee ipsae sine genere esse potuerint. Man kann in Äußerungen
dieser Art die Aristotelische Ansicht der Immanenz des Allgemeinen in dem In-
dividuellen finden (wie namentlich H. Ritter, Gesch. d. Philos. VII, S. 418,
besonders nach dieser Stelle Abälard die Ansicht zuschreibt: universalia in re,
non ante rem). Aber Abälard ist weit davon entfernt, diesen gemäßigten Eea-
lismus prinzipiell auszusprechen und konsequent durchzuführen; denn nach
diesem Prinzip hätte er gerade den subjektiven Sinn des Wortes ,, universale" für
den metaphorischen erklären imd den Ausdruck „was prädiziert werden kann'
dahin deuten müssen: ,,was ein solches Objektives ist, daß sein Begriff (und das
entspre<-hende Wort) prädiziert werden kann". Abälard weist vielmehr die rea-
listische Ansicht (eam philosophicam sententiam, quae res ipsas, non tantum voces,
genera et species esse coiifitetur) ausdrücklich zurück (Dial., Cousin, Ouvr. inöd.
p. 458).
Trotz der Ablehnung der selbständiger! Existenz der genera und species will
Abälard aber doch nicht jede objektive Bedeutung derselben bestreiten. Er tritt
vielmehr in den Glossulae Porphyrii, wie die Veröffentlichung Geyers zeigt,
iür ein objektives Fundament der AJlgemeinbegriffe ein, das er in der Ähn-
lichkeit, in der Übereinstimmung, in einem Status der allein existierenden Einzel-
dinge erblickt (B. Geyer, p. 121, v. 9—11; Dicendum est igitur, qaod omnes res
discretae sunt oppositae nuraero, ut Socrates et Plato.
Eaedero etiam sunt eon-
venientes ex aliquo, ex eo scüicet quod sunt honiines. Ibid. p. 122, v. 24 — 25:
cum scilicet hunc et illum in statu hominis id est in eo quod sunt homin^
con venire dicimus). Der statu s hominis oder das Menschsein ist aber nicht
irgendwelche Realität oder Wesenheit, anderseits aber auch nicht ein Nichts,
sondern es bedeutet, daß die einzelnen Menschen in bezug auf das Menschsein
in keiner Weise differieren, vielmehr Ähnlichkeit und Übereinstimmung aufweisen.
Dies ist auch Grund, weshalb wir den Einzeldingen einen allgemeinen
der
Namen (universale nomen, ed. Geyer, p. 112, v. 1) beilegen (Geyer, p. 122, v. 10:
Esse autem hominem non est homo nee res aliqua ibid., v. 21 ff,: Abhor-
. . .
humanam naturam, id est animal Uvle attendit). Abiilard beschiiftigte sich ein-
gehend mit dem Prozeß der WeseiiserkonntiÜK durch den Intellekt. Es
liegt für das Vordringen des Aristotelismus im zwölften Jahrhundert ein interes-
santes Dokument darin, daß Abälard wohl als der erste im Mittelalter und als*
echter Aristoteliker die empirische Basis der begrifflichen Erkenntnis, den engen Zu-
sammenhang von An schau ung und Begriff, von Denken und Phantasma,
unter Berufung auf Aristoteles De anima in voller Klarheit und mit Einsicht
in die Gründe betont (Geyer, p. 125, v. 33: Intellectus itaque sine imaginatione
non est. Vgl. Arist. de an. III, 7, 431 a IG: diö ovdi.-tote vofl ävev (favTÜanaTo; r}
ffvX'h Geyer, p. 123, v. 13 — 17: Et cum ipsa (imaginatio) sine intellectu haberi
possit, intellectus sine ipsa non haberi Aristoteles astruit, ubi vide-
licet ipse in libro de anima differentiam imaginationis ostenderet ad compositos
intellectus affirmationis et negationis (et) ad simplices qui sunt ,dictionun), quos
primos appellat, dicens. Xun folgt die lateinische Übersetzung aus Arist. de an.
III, 8, 432 a 10 14). — Abälard konnte nicht direkt aus der Psychologie des
Stagiriten schöpfen; seine Quelle ist der zweite Kommentar des Boethius zu
TJegl fQinp'tiag (ed. Meiser, Lipsiae 18S0, p. 28, v. 1 ff.).
Boethius (ib. p. 28, v. 28 ff.) ist weiterhin der Führer für Abälard,
wenn er den Weg zu schildern versucht, der von der Sinnlichkeit oder Anschauung
zum Begriff führt. Der Sinn bietet nur ein leichtes Berühren der Dinge
(Geyer, p. 124, v. 30: Sensu quidem rem leviter attingimus). Höher steht die
imaginatio. Sie ist ein Heften des Geistes auf die Dinge, sie schließt aber noch
keine Erfassung der Natur oder Proprietät des Dinges in sich. Dies ist erst
Sache des intelligere (Geyer, p. 125, v. 7 ff.: Imaginatio itaque est figere
animuni in re, intelligere vero non est rem ipsam, sed aliquam ipsius naturam
vel proprietatem attendere). Der Begriff (intellectus) hat immer irgendwelche
Natur oder Proprietät eines Dinges zum Gegenstand lib. p. 125, 14 15: Atten- —
dendo scüicet rei aliquam naturam vel proprietatem intellectum habebimus). Die
imaginatio enthält nur confuse und indiscrete, was erst durch den Intellekt ge-
formt und verarbeitet v?erden muß, indem die Naturen oder Proprietäten erfaßt
werden (ib. p. 125, v. 20 ff.: ut imaginatio tantum imaginem teneat confuse
quidem quasi obstupescens et admirans et nil attendens in ea vel diffiniens, sicut
facit intellectus. Sicut ergo una manu ligiium tenemus et alia ipsum sculpimus et
depLngimus, ita quod per imaginationem capimus, per intellectum formamus ....
intellectus superveniens quodanimodo depingit, dum ipsum in aliqua natura vel
proprietate attendit).
Diese Formierung oder Bearbeitung des Sinnenbildes oder des Sinnes-
materials geschieht auf dem Wege der Abstraktion, dievon Abälard defi-
niert wird als die Kraft der Vernunft, einen Inhalt, losgelöst aus seinem Zu-
sammenhang, rein für sich, Natur zu betrachten (Geyer, p. 126, v. 2 6:
in seiner —
Sciendum itaque materiara et formam permixta simul semper consistere, anirai
tamen ratio hanc vim habet, ut modo materiam per se speculetur, modo- formam
solam atleudat, modo utramque permixtam concipiat. Duo vero primi per ab-
stractionem sunt, qui de coniunctis aliquid abstrahunt, ut ipsam eins naturam
considcrent). Sind nun die Gebilde der Abstraktion, die intellectus, nicht falsch
(falsi, verlieren sie nicht jede objektive Bedeutung (vani), da sie das Ding anders
erfassen, als es subsisliert (Geyer, p. 126, v. 16 18)? Abälard antwortet, der —
objektive Charakter gehe bei der Abstraktion keineswegs verloren denn das Ding ;
werde nicht in einem andern Status erkannt, als es ist. Nur die Erketintnisweise
ist eine andere. Es wird separatim oder divisim erkannt, aber nicht separata oder
divisa. Der I'nterschied bezieht sich daher lediglich auf das Subjekt, auf die
§ 28. Peter Abälard. 287
Intelligenz, auf den modus intelligendi. nicht aber auf das Objekt, auf den modus
subsistendi (Geyer, p. 126, v. 32 ff.: Et aliter tarnen quodammodo quam sit
dicitur intelligi, non alio quidem statu quam sit, sed in eo aliter, quod
. . . .,
Trotz der Bekämpfung der selbständigen Existenz des Allgemeinen weiß sich
Abälard auch mit der platonischen Ansicht, wie er auf Grund der Angaben
des Augustinus, Macrobius und Priscianus dieselbe versteht, zu be-
freunden. Die Ideen existieren als Musterformen der Dinge schon
vor der Erschaffung der letzteren im göttlichen Verstände, Doch
geht der Rest von Substantialität, der nach der Plotinischen Umformung der
Platonischen Doktrin den Ideen noch geblieben war, bei den christlichen Denkern,
die nicht zu dem Sokratischen Begriff das Objekt, sondern zu dem persönlichen
Goitesgeiste ein vermittelndes Glied für die Schöpfung der Welt suchen, immer
mehr verloren. So gelangt auch Abälard zu der Auffassung der Ideen als
Begriffe des göttlichen Geistes (conceptus mentis). Theol. christ. I, 5; Migne
178, 1159 C: non sine causa maximus Plato philosophorum prae ceteris commen-
datur ab Omnibus. Ibid. IV; Migne 178, 1307 A: ad hunc modum Plato formas
exemplares in mente divina considerat, quas ideas appellat, et ad quas postmodum
quasi ad exemplar quoddam suumii artificis Providentia operata est. Introd. ad
theol. I, 9; Migne 178, 991 A: sie et Macrobius (Somn. Scip. I, 2, 14) Platonera
insecutus, menteni Dei, quam Graeci Noyn appellant, originales rerum species, quae
ideae dictae sunt, continere meminit; antequam etiam, inquit Priscianus, in corpora
prodirent, h. e. in effecta operum provenirent. Ib. II, 16; Migne 178, 1080 C D.
Theol. ehrist. IV; M ign e, 178, 1307 B: haue autem processioneni, quascilicet concep-
tus mentis in effectum operando prodit, Priscianus in priiriO Constructionum ^nstit,
gramm. XVII, 14) diligenter aperit, dicens generales et speciales formas rerum
intelligibiliter in mente divina constitisse, antequam in corpora prodh-ent, h. e,
in effecta per Operationen!, ijuod est dicere: antea providit Dens quid et qualiter
ageret, tjuaiii illud impleret, ac si discci-et: nihil impraenicditate sive indiscrete
egit. In bezug auf den göttlichen Geist neigt sich also Abälard in der Tat
einem Konzeptualismus zu, für welchen aber kein Grund mehr übrig bleibt, die
Ideen auf die Univtrsalien zu beschränken, da Gott ja auch das Einzelne denkt.
Diese Konsequenz ward auch durch Cembard Silvestris gezogen (s. unten
§ 30).
Da Trinität auf den Unterschied zwischen Allmacht. Weisheit und
die
Güte und sich diese Eigenschaften auch in den gescbaffeneti Dingen
hinausläuft,
manifestieren, so war nach Abälard auch für die heidnischen l'hil<mophen
die Möglichkeit gegeben, die göttliche Trinität zu crkeii ii< n. Es wurde
2,'^8 § 28. Peter Abälard.
dieses Geheimnis nicht nur den Propheten des alten ßundes, sondern auch den
Philosophen der Heiden geoffenbart. Denn beiden wurde eine göttliche Inspi-
ration zu teil. Theol. Christ. I. 2; Migne 178. 1126 C: quam (divinae trinifatis
distinctioneni) — divina inspiratio et per prophetas Judaeis et per philosophos
gentibus dignata est revelare, lU utruraque populum ad cultum unius Dei ipsa
summi boni perfectio Mit Augustin nimmt Abälard an,
agnita iiuitaret.
daß die Platoniker den alten Philosophen dem christlichen Glauben am
unter
nächsten stehen, indem das Eine oder G ute, der Nus mit den Ideen und die
Weltseele auf die drei Personen derTrinität zu deuten seien: auf Gott den
Vater, den Logos und den heiligen Geist. Introd. ad theol. I, 17; Migne 178,
1013 P: bene autem (Plato) spiritum sanctum animam raundi quasi ritam uni-
versitatis posnit, cum in bonitate Dei omnia quodammodo vivere habeant, et uni-
versa tamquan) viva sint apud Deum et nulla mortua, h. e. nulla inutilia, nee
etiam ipsa mala, quae optirae per bonitatem ipsius disponuntur. Abälards Be-
ziehung der Weltseele auf den heüigen Geist erregte Anstoß und war einer der
Anklagepunkte des heiligen Bernhard von Clairvaux gegen ihn. In der
Dialektik (Ouvrages ined., p. 475) hebt Abälard geflissentlich die Unter-
schiede zwischen der platonischen und katholischen Lehre hervor, insbesondere
die Zeitlichkeit des Hervorganges dei; t^eele aus dem Xovg, da doch der
heiligeGeist von Ewigkeit aus dem Vater und dem Sohne hervorgehe, und
nur seine Wirkung auf die Welt einen zeitlichen Anfang mit der Weh selbst
genommen habe. Er erklärt sich entschieden gegen die, welche, zu sehr der
Allegorie ergeben, in der Dreiheit des Tagathon, des Noys iind der
Weltseele, die heilige Dreifaltigkeit erblicken wollten. Die Stelle in der
Dialektik erschien Cousin wie eine Revokation, weshalb er (Ouvr. in^d.
•d'Ab^l., Introd. p. XXXV) auf eine Abfassung dieser Schrift nach dem Konzil
von Sens (1141) geschlossen hat.
Sind nach der Konsequenz des Nominalismus oder Individualismus drei
göttliche Personen drei Götter, so ist Ein Gott Eine göttliche Person.
Abälard, der den roscelinischen Tritheismus entschieden verwirft, neigt sich
dem Monarchianismus zu (der die drei Personen auf drei Attribute Gottes
reduziert), ohne freilich sich zu dieser Konsequenz zu bekennen. Otto von
Freising, ein Schüler des Gilbertus Porretanus, sagt, indem er die theo-
logische Ansicht Abälards aus seinem bei Eosceliu, seinem ersten Lehrer,
eingesogenen Nominalismus ableitet (De gestis Frid. I, 47; M. G. SS. XX, 377):
ijententiam ei^o vocum seu nomin um in naturali tenens facrJtate non caute
theologiae admiscuit. Quare de sancta Trinitate docens et scribens ires per-
eonas .... nimis attenuans non bonis usus exemplis inter cetera dixit: sicut
eadem oratio est propositio, assxunptio et conclusio, ita eadem essentia est pater
et füius et epiritus sanctus. Diesen Vergleich gebraucht Abälard Introd.
ad theol. II, 12; Migne 178, 1065 D sq. Der Anlaß zu demselben liegt
wohl in Augustin, De vera rel. VII, 13; Migne, 34, 12S— 129. Doch ge-
hört die Beziehung auf den Syllogismus Abälard selbst an. Außerdem bedient
er sich mit Vorliebe der an Monarchianismus anstreifenden Vergleiche Augustius,
des Bekärapferci der generischen Auffassung der Trinität. Zum Subordinatianis-
mus neigt er hin, den Vater die Allmacht sein läßt, den .'^ohn aber die
wenn er
Weisheit, nämlich eine gewisse Macht, einen Teil jener Macht, vermöge deren
Gott nicht getäuscht werden kann (Introd. ad theol. 1, 10; Migne 178, 994 B:
est divina sapientia quaedara divina potentia, per quam videlicet deus cuncta
perfect^e discernere atque coguoscere habet, ne in alijuo errare per inscientiani
possit), und den Geist die Güte, weiche die Macht gar nicht mehr in sich schließt,
§ 28. Peter Abälaid. 289
sondeni nur der Wille Grottes ist, alles zum besten zu lenken. Besonders führt
Abälard zur Verdeutlichung der Trinität das Gleichnis vom vSiegel au&, in
welchem Dreierlei zu unterscheiden sei, erstens das Erz, aus dem es gemacht i*t,
2weitens die Form, durch M-elche das Erz erst geeignet ist, zu siegeln, endlich
das Siegel als wirklich siegelndes (aes ipsum, sigillabile et sigillaus. Introd. ad
theol. II, 13; Migne 178, 1068 C sq.)
Die Frage, ob Gott auch anders tun könne, als er wirklich tue, entscheidet
Abälard dahin, daß sie nur bei abstrakter Rücksicht auf die göttliche •
Macht allein bejaht werden könne; werde aber die Einheit der Macht mit der
Weisheit beachtet, so müsse sie verneint werden (Theol. ohrist. V; Migne 17S,
1321 A sq.)
ib. Cousin, Opp. Migne 178, 1642 D: bona in habitum soliduta vo-
II, p. 675;
luntaa). Der Habitus der Tugend macht zu guten Handlungen gfaieigt, wie
<ler entgegengesetzte zu bösen (Eth. prol., Cousin, Opp. II, p. &'J4; Migne
178, 633 A sq.). Aber nicht in der Handlung, sondern in der Absicht (in-
tehtio) liegt das sittlich Gute und Böse. Im weiteren Sinne zwar be-
zeichnet Fehler (peccatum) jede Abweichung von dem Angemep/senen (quaecunque
non oonvenienter faciraus, Eth. c. 15, Cousin, Opp. 11, p. 620; Migne 178,
•658 B), auch die unabsichtliche, im engeren Sinne aber nur die freiwillige. Das
Werk als solches ist indifferent. Auch der Hang zum Bösen, der uns in-
folge der Erbsünde anhaftet, z. B. die bloße natürliche, in der Komplexion des
Körpers begründete Geneigtheit zum Zorn oder zur Wollust ist noch nicht Sünde.
Erst die Zustimmung zum Bösen ist Sünde, und. zwar, weil sie eine strafbare
Verachtung Gottes involviert. Eth. c. 3, Cousin, Opp. II, p. 604; Migne 178,
p. 644 A: non enim quae fiant, sed quo animo fiant, pensat Dens, nee in opere, sed
in intentione meritum operantis vel laus confiistit. Ib. c. 7, Cousin, Opp. II,
€11; Migne B: opera
178, 650 omnia in se indifferentia, nee nisi pro inten-
. . .
tione ageutis bona vel mala dicenda sunt, non videlicet quia bonum vel malum
Bit ea fieri, sed quia bene vel male fiun'c, hoc est ea intentione qua convenit fieri
aut minime. Ib. c. 3, Cousin, Opp. li, p, 596; Migne 178, 636 A: hunc vero
consensum proprie peccatum nominamiis, hoc est culpam animae, qua damnationeni
meretur, vel apud Deum rea statuitur. Quid est enim iste consensus nisi Dei
Ueberweg, Grundriß II, jn
290 § 2k. Peter Abälard.
conteraptus et offousa ipsius? Xon enim Dens ex damno. sed ex contemptu offendi.
potest.
Abälard hebt den Begriff dos Gewissens (conscientia) als des eigenen
sittlichen Bewußtseins des handelnden Subjektes gegenüber den objektiven Normen
scharf hervor, fm Begriff der Sünde liegt zugleich mit der Abweichung von dem
sittlich Guten an sich auch der Widerstreit gegen das eigene sittliche Bewußtsein.
Was also diesem Bewußtsein nicht widerstreitet, ist nicht Sünde, obschon das,
wai3 mit dem eigenen sittlichen Bewußtsein harmoniert, darum doch nicht sofort
schon Tugend ist, sondern nur dann, wenn dieses Bewußtsein das richtige
ist. Das Zusammentreffen der objekti\'en Normen und des subjektiven Bewußt-
seins ist die Voraussetzung der Tugend im vollen Sinne, welche die hiermit
übereinstimmende Willensrichtung ist; das gleiche Zusammentreffen ist die Voraus-
setzung der Sünde im vollen Sinne als der abweichenden Willensrichtung.
Ist aber die subjektive sittliche Über.Teug.ung eine irrige, so ist das ihr ent-
sprechende Wollen und Handeln zwar nicht gut, sondern fehlerhaft, aber in ge-
ringerem Maße, als es selbst ein mit den objektiven Normen zusammentreffendes
Handeln sein würde, falls dieses dem eigenen Gewissen widerstreitet. Eth. c. 13.
Cousin, Opp. II, p. 615; Migne 178, 653 B: non est peccatum nisi contra con-
scientiam. Ebd. c. 12, Cousin, Opp. II, p. 615; Migne 178, 653 B: non est
itaque intentio bona dicenda, quia bona videtur, sed insuper quia talis est sicut
existimatur; cum videlicet illud, ad quod tendit, si Deo placere credit, in hac in-
super existimatione sua ne^uaquam fallatur. Ebd. c. 14, Cousin, Opp. II, p. 620;
Migne 178, 657 D: sie et illos, si persequebantur Christum vel suos, quos
persequendos credebant, per operationem peccasse dicimus, qui tarnen gravius cul-
pam peccassent, si contra conscientiam eis parcerent. Die Sünde im eigentlichen,
strengen Sinne als Zustimmung zu dem erkannten Bösen und als Beleidigung Gottes
ißt vermeidbar, obschon wegen des sündigen Hanges, den wir zu bekämpfen haben,
iiur sehr schwer. Ib. c. 15, II, p. 620; Migne 178, 658 B: si
Cousin, Opp.
autem proprie peccatum solum Dei contemptum dicamus peccatum,
intelligentes
potes.t revera sine hoc vita ista transigi, quamvis cum maxima difficiütate. Abä-
lard neigt sogar der Relativität des Guten und Bösen zu, indem er den Unter-
schied zwischen Gut und Böse nur von dem freiem Willen Gottes .ab-
hängig macht, so daß sogar das,was man durchaus verabscheuen müßte, wenn
Gott es befiehlt, gut werde. Comment. in ep. ad Rom. II, 5, Migne 17S,
869 CD: unde et ea, quae per se videntur pessima et ideo culpanda, cum iussione
filmt dominica, nullus culpare praesumit. — Adeo autem boni vel mali di8cretit>
logie (Introd. ad theol. II, 2; Migne 178, 1040 C: Unde et beatus Augustinus, ceteri
quoque doctores ecclesiastici quoque artcs atque ipsatn quoque dialec-
aaeeulares
ticam praecipue sacrae Scripturae adraodum necessariam perhibent). Die Dialektik,
der die Entscheidung über jegliche Wahrheit und Falschheit zusteht, und welcher
der Prinzipat in der ganzen Philosophie zukommt, ist unerläßlich, um die sophie-
tischen Gründe der Schismatiker zurückzuweisen (De Dialect., Cousin. Ouvrages
in^d. p. 435: Haec autem est dialectica, cui quidem omnis veritatis seu falsitatis
discretio ita subjecta est, ut omnis phüosophiae principatum possideat. Quae . . .
arte, sed abutentes). Er hob die UnbegTeiflichkeit des göttlichen Wesens hervor,
das nur im Bilde faßbar wird, wie auch Pia ton von der Gottheit das Bild von
der Sonne gebraucht habe (Theol. Christ. III; Migne 178, 1242 A).
gismorum eingeteilt.
Au Abälards Lehrweise schließt sich auch an die Abhandlung De intel-
lectibus, welche Cousin (Frag, philos., 2. 6i., Paris 1840, p. 471—496 und
Opp. II, S. 733-755) als ein Werk Abälards herausgegeben hat. Der Traktat
zeigt sogar eine mehrere Seiten umfassende wörtliche Obereinstimmung mit den
Glossulac super Porphyrium Abälards (B. Geyer, Festgabe für Cl.
Baeumker, Münster, 1913, S. 114, 119 f.). Der anonyme Verfasser erörtert die
Begriffe (intellectus),die er auch specnlationee oder visus animi nennt, und die
von sensus, imaginatio, existimatio, scientia, ratio unterschieden werden. Die
aristotelische Schrift Analytica posteriora muß mindestens stellenweise dem
Autor schon bekannt gewesen sein, und zwar nach einer andern Übersetzung
als der des Jacob de Venetia, da in dieser öö^a durch opinatio. nicht
durch existimatio übersetzt ist (s. Prantl, Gesch. der Log. II, S. 104, A. 19 und
206 f.). Der Verfasser bekennt sich, wie Abälard, zu einem Hauptsatz der aristo-
wenn er lehrt, die ganze
telischen Erkenntnistheorie, des aristotelischen Empirismus,
menschliche Erkenntnis basiere auf den Sinnen (Cousin, Opp. II, p. 747:
Tota humana notitia a sensibus surgit). Aus der sinnlichen Wahrnehmung
wird durch Abstraktion der Begriff gewonnen, mittels do^seji wir eine
Form ohne Rücksicht auf ihr Substrat (subiecta materia) oder auch ein ununter-
schiedenes Wesen ohne die Diskretion der Individuen (naturam quamlibet indiffe-
renter absque suorum scilicet individuonim discretione. Ibd. p. 745) denken. Die
Art, wie wir hierbei auf das Objekt achten, ist eine andere als die,
•wie das Objekt selbst subsistiert, da in Wirklichkeit das indifferens nur in
der individuellen Diskretion existiert und nicht rein für sich, \>ie im Gedanken
(nusquam enim ita pure subsistit, sicut pure concipitur; ... et nnlla est natura,
quae indifferenter subsistat. Ibd. p. 746). Aber hierdurch wird der Begriff
nicht falsch: denn das wäre er nur dann, wenn ich dächte, das Objekt verhalte
sich anders, als es sich wirklich verhält, nicht aber dann, wenn nur der modus
attendendi des intellectus und der modus subsistendi der res sich voneinander
unterscheiden (Ibd p. 748).
Die Abhandlung, welcher Cousin den Titel gegeben hat: De gener ibus
et speciebus (als ein Werk Abälards von Cousin ans einer Handschrift von
St. Germain herausgegeben in: Ouvr. in«ki. d'Ab. p. 507—550) kann, wie schon
H. Bitte r (Gesch. d. Philos. VII, Hamburg 1844, S. 363, vgl. Prantl II, 2. A. 1885,
S. 144 ff.) richtig erkannt hat, nach Stil und Inhalt Abälard nicht angehöreUi
Ritter vermutet, daß Joscellin (oder Gauslenus), 1122 — 1151 Bischof von
Soissons, von dem wir durch Johannes von Salisbury (Metalog. II, 17:
Migne, P. lat. 876 A) wissen, daß er „universalitatem rebus in unum col-
199,
lectis attribuit et singulis eandem demit", oder einer seiner Schüler der Verfasser
sei. Prantl (a. a. 0.) erhob zwar dagegen Einspruch, allein ohne zwingenden
Grund. Neuestens hat sich auch Reiners (Der Aristotel. Realismus in
§ 28. Peter Abälard. Die Abb. De generibus et speciebus. 293
der Frühscholastik, J. D., Bonn 1907, S. 44) der Vermutung Ritters ange-
schlossen.
In der Abhandlung werden mehrere Ansichten in betreff der Streitfrage
zwischen Xorainaüsmus und Realismus in gelehrter und scharfsinniger
Weise angeführt und besprochen. Sie gehören zwar sämtlich der ersten Hälfte
des 12. Jahrhunderts an, aber wohl kaum alle bereits der Zeit der Jugend Abä-
iards (in welcher Cousin die Schrift entstanden glaubt). Auch zu der durch
den platonischen Timaeus angeregten Demokritischen Korpuskular-
theorie der Physiker wird Stellung genommen. Vgl. darüber die allerdings
nicht ganz zuverlässigen Ausführungen von Kurd Laßwitz, Gesch. d. Atomistik,
Bd. I, 1890, S. 67 f. Im Unterschiede von x^bälard bekennt sich der Verfasser, der
freilich zum Teil mit Abälardschon Argumenten (p. 514) kämpft, zu einem ge-
mäßigten Realismus, der das Allgemeine zw^r nicht dem einzelnen Individuum
für sich, wohl aber der Gesamtheit (collectio) der gleichartigen Individuen imma-
nent sein läßt. Abälard hatte (s. o. S. 284) seine nominalistische Auffassung der
LTniversahen auf die Aristotelische Definition gegründet: universale est, quod de
pluribus natiim est praedicari, indem er darauf seinen Satz anwandte: nee rem
ullam de pluribus dici, sed nomen tantum concedimus, oder: res de re non
praedicafur. Der Verfasser jenes Traktates aber entgeht dieser nominalistiechen
Konsequenz jener Definition dadurch, daß er praedicari in dem Sinne nimmt:
principaliter significari per vocem praedicatam (bei Cousin a. a. O., S. 531).
Dasjenige aber, was bezeichnet wird, ist jedesmal etwas Objektives, und hä den
Spezietinamen ist das, was principaliter bezeichitet wird, die Gesamtheit der gleich-
artigen Individuen. (Den Unterschied des principaliter significari von der Mit-
t>ezeichnung erläutert der Verfasser (ib. p. 532) tlurch einen Hinweis auf das Aristo-
telische Beispiel album für die Qualität, welcher an Anselm Dialog De gram-
matico anklingt.) Demgemäß definiert der Verfasser. (ib. p. 524 sq.): speciem igitur
dico esse non illam essentiam hominis solum, quae est in Socrate vel quae est in
aliquo alio individuornm, sed totam illam collectionem ex singulis aliis
hui US naturae coniunctam. Quae tota collectio, quamvis essentialiter multa
sit, ab aiictoritatibus lamen una species. unura universale, una natura appeliatur,
sicut populus, quamvis ex multis personis coUectus sit, unus dicitnr. Das Einzelne
ist nicht mit dem Allgemeinen identisch, sondern wenn das Allgemeine von dem
Einzelnen ausgesagt wird (z. ß. Socrates est homo), so ist darunter zu verstehen,
daß jenes diesem inhäriere (ib. p. 533: omnis natura, quae pluribus inhaeret indivi-
duis materialiter, species est). Die übliche Bezeichnung des genus als der materia,
der substantialis differentia als der forma, die von dem genus bei der Spezies-
bildung angenommen und getragen werde, findet sich auch hier (ib. p. ^16 u. ö.).
Für das Individuum ist seine Spezies die Materie und seine Indivi-
dualität die Form (ib. p. 524: unumquodque Individuum ex materia et forma
compositum est, ut Socrates ex horaine materia et Socratitate forma, sie Plato ex
simili materia, sc. forma diversa, sc. Platonitate, componitur, sie et sin-
homine, et
guli horaines. Et sicut Socratitas, quae formaliter constituit Socratem, nusquam est
extra Socratem, sie illa hominis essentia, quae Socratitatem sustinet in Socrate,
nusqaam est nisi in Socrate). Vgl. .1. Reiners, a. a. 0., S. 38—44 (Die CoUec-
tio-Lehre des Gauslenus von Soissons).
Abälard hat aber nicht bloß als Dialektiker Schule gemacht. Bedeutend
war auch der Schulkrci?, dem er als Systematiker der Theologie die Im-
pulse gegeben hat. Xarh den Untersuchungen H. Denifles (Archiv f. Lit.- und
Kircheng. d. Mittelalt. I, 1885, 402—469; 5S4— 624) sind es vier Sentenzenbücher,
eiche die unmittelbare theologische Schule Abälards repräsentieren, nämlicli
294 § 29. Die Sententiarier oder Summisten ia der 2. Hälfte d. 12. Jahrh.
Aasgabeu.
I. Robertus Pullus.
Die Seuteuzen des Rob. Pullus wurden ediert von H. Mathoud, Paris
1655 und darnach von Migne, P. lat. 186, 639—1010, woselbst 1010—1152 auch
Hugonis Mathoud Observationes ad libros sententiarum Robert! PuUi wieder ab-
gedruckt sind.
vationes ad Robertum PuUum. bei Migne, P. lat. 186, 1015, 1053 f., B. Hau-
r.'au, Hist. de la philos. scol. 1, Paris 1872, 492-.500, H. Denifle, Arch. f.
Lit.- und Kircheng. d. Mittelalt. III, 638, B. Geyer, Die Sententiae divinitatis,
Münster 1909, 9 (ßeitr. z, Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. VII, 2 3), dann insbe-
sondere M. Grabmann, Die Gesch. d. scholast. Methode II, Freiburg i. B.
1911, 328 ff. ebendas. auch über die handschriftl. Überlieferung der Sentenzen.
;
Auszüge zur Lehre von der Willensfreiheit aus der Summa des Prae-
{)0sitinus giT)t .1. Verweyen, Das Problem der Willensfreiheit in der Scho-
astik, Heidelberg 1909,_ 92— 97. Eine Analyse der Summa und wichtige No-
tizen zur handschriftl. Überlieferung siehe bei M. Grabmann, Die Gesch. der
schol. Meth. II, Freiburg i. B. 1911, 552—563. — Eine kritische Edition der
Summa wird von F. Brom m er vorbereitet.
Solutio, wie die der Widerlegung der entgegenstehenden Autoritäten und der
erhobenen Einwände der Zeitgenossen (quidam). Die häufigen Disputationen
trugen das ihrige bei zu einer immer feineren Ausgestaltung und virtuosen Be-
herrschung des dialektischen Schematismus. Tatsächlich lassen eine Reihe von
Summen des ausgehenden zwölften und des beginnenden dreizehnte.-! Jahr-
hunderts, so die Sentenzen des Peter von Poitiers (M. Grabraann II,
516 ff.), femer die Suoxma theologica des Praepositinus von Cremona
(M. Grabmann II, 558 ff.) den unmittelbaren Zusammenhang mit dem dialek-
tischen Kampfplatz der Schule deutlich erkennen. Ferner kann es nicht auffällig
erscheinen, daß am Beginn des dreizehnten Jahrhunderts bei Simon von
Tournai (M. Grabmann II, 543 f.) die Literaturgattung auftritt, in der die
bei den Disputationen behandelten Fragen ihre schriftliche Fixierung fanden,
nSmhch Quaestiones de quolibet oder die Quaestiones quodlibetales.
die
All die genannten Umstände wirkten zum Ergebnis zusammen, daß am Er- de
des zwölften Jahrhunderts die scholastische Methode zu ein<?m
Grad der Vollendung emporgestiegeu war, daß die Autoren der
Hochscholastik nichts wesentliches mehr hinzuzufüg^an fanden.
298 §29. Die Sententiarier in d. 2. H. d. 12. Jahrh. Rob. Pullus. Rob. v. Melnn.
Die Reihe der Sententiarier nach Abälard und Hugo von St. Victor
wird eröffnet durch Robertus Pullus (PuUeyn), einen Engländer, der in Paris
studierte, nach England zurückgekehrt Archidiakon von Rochester wurde und in
Oxford 1130—1135 lehrte. Später dozierte er in Paris und starb 114G oder 1150.
Er schrieb Sentent iarum libri octo nach der Abiilardschen Methode.
Weit bedeutender als Robertus Pullus war ein anderer Engländer, Ro-
bert von Melun (de Meleduno). Er machte seine Studien in Paris bei Hugo
von St. Victor und hörte wahrscheinlich auch Abälard. Dann trat er selbst
in Paris auf Lehrer auf, wo Johannes von Salis-
dem Mons Genofevae als
wall seine Schüler waren. Später eröffnete er eine Schule in Melun. 1160
kehrte er nach England zurück, wurde 1163 Bischof von Hereford und starb
1167. Aus seinen Schriften sind nur einzelne Auszüge gedruckt worden. Er
verfaßte Quaestiones de epistolis Pauli, ferrier Quaestiones de divina
pagina, zwei Schriften, in denen wir Vorläufer der seit Simon von Tournai
häufig auftretenden Quaestiones quodlibet.ales zu sehen haben (siehe
il. Grab mann II, 326—327). Sein Hauptwerk ist aber ein gewaltiges, groß-
angelegtes Sentenzenbuch oder eine Summa, von der Grab-
theologische
mann (a. a. O., 328) urteilt, daß sie ,,an die umfassenden theologischen Summen
der Hochscholastik gemahnt". Robert zeigt sich hier von Hugo von St.
Victors Werk De sacramentis christianae fidei und von der Theologia Abä-
lards abhängig (M. Grabmann, a. a. O., 332).
In dem Prolog zu den Sentenzen übt er eine scharfe und interessante Kritik an
dem Wissenschaft s betrieb seinerzeit. DieSu mm a definiert er, wie schon erwähnt
wurde, als: Nonnisi singulorum brevis comprehensio oder als singulorum compendic«a
collectio (M. Grab mann II, a. a. O., 341) und fordert von dem Summisten eine
gründliche Durcharbeitung der Einzelprobleme (a, a. O.: Ubi ergo singula in-
esplicata relinquuntur, ibi eorum summa
nullo modo docetur; singulis naraqae
ignoratis snmmam Femer spricht er sich über die Motive
sciri impossibile est).
Geometrischen, der äußeren Figuren, behandelt. Die Innenseite der Dinge zu er-
forschen, ist aber Aufgabe der Physik. Die genannten Wissenschaften sind die
Voraussetzung für das Verständnis der hl. Schrift (siehe M. Grabmann, a. a. 0.,
326). Anderseits haben aber die Artes, wie Robert mit Petrus Damiani
lehrt, dieTheoiogie als Herrin anzuerkennen, ihr zu dienen, und sind
an ihre Gesetze gebunden (a. a. O., 353: Eam quippe solam artes liberales
habent dominam, ei subjectionis debito famulantur, eins lege astringimtur). Von
philosophischenAutoren wird Boöthius und Pia ton erwähnt, der letztere mit
dem ehrenden Prädikat: suramus in philosophia philosophorum Plaio in suo illo
excellentissimo opere Timeo (M. Grabmann, a, a. 0., 340).
Der einflußreichste unter den von ßentenzenbüchern, dem der
Verfassern
Ehrentitel „Magister Sententiarum" zuerkannt wurde, war Petrus Lombardus.
Oeboren zu Lumello bei Novara in der Lombardei, erhielt er seine erste Bildung
in Bologna, studierte dann zu Reims und vor allem in Paris an der Schule
von St. Victor. Daß der Lombarde auch Abälard hörte, ist wohl anzunehmen.
S«it 1140 dozierte er an der Domschule zu Paris, wurde 1159 Bischof von Paris
und starb —
das Todesjahr ist unsicher —
bald nach 1160, vielleicht 1164, Er
schrieb 1140 einen Kommentar zu den Paulinischen Briefen, dann einen
solchen zu den Psalmen. Schon in diesen exegetischen Schriften hat er ein
Glossa ordinär ia des
reiches Vätermaterial verwertet, das er zimieist aus der
Walafrid Strabo schöpfte, und das ihm als Vorarbeit zu dem Werke diente,
welchem er seinen Hauptruhm verdankt, nämlich zu den 1150—1152 abgefaßten
Libri quattuor sententiarum.
Petrus Lombardus handelt im ersten Buche von Gott als dem absoluten
Gute (qua fruimur), im zweiten von de)i Kreaturen (quibus utiraur); im dritten
von der Menschwerdung, von der Erlösung und den Tugenden, im vierten, von
den sieben Sakramenten als den das Heil vermittelnden Zeichen (signa) und von
den letzten Dingen. —
Charakter und Ziel seines Werkes hat er im Prolog selbst
gezeichnet. Um das Licht der Wahrheit auf den Leuchter zu stellen, und um den
Wahrheitssucher der Notwendigkeit zu entheben, eine zahllose FüUe von Büchern
gelbst durchznwälzen (evolvere), hat er mit viel Mühe und Schweiß diese vier
Bücher aus Zeugnissen der Wahrheit, die für die Ewigkeit gegründet sind, zu-
sammengefügt und die Lehren oder Sentenzen der Väter (Patrum sententias) unter
Anführung ihrer eigenen Worte in einem kurzen Bande zusammengeschlossen.
Seine eigene Stimme soll möglichst wenig erklingen, nirgends will er die Pfade
•der Väter verlassen.
Eine genaue Untersuchung des Zitatenmaterials, aus dem Petrus Lom-
bardus sein Sentenzenbuch zusammenfügte, hat ergeben, daß die Hauptautorität
Augustinus ist. Rund tausend Zitate (Grabniann II, 385), neun Zehntel aller
Gedanken (Espen berger, S. 9) sind diesem reichhaltigsten patristischen Arsenal
entnommen und bekunden aufs deutlichste, wie sehr der große Afrikaner das
theologische Denken des zwölften Jahrhunderts befruchtet hat. Weitere Texte
stammen von Hilarius, Ambrosius, Hieronymus, Gregor dem Großen,
Caesiodor, Isidor, Beda, Boethius (ein Zitat), Von den Späteren haben
als Quelle gedient Ivo von Chartres, Alger von Lüttich, das Hauptwerk
des Hugo von Victor De sacramentis christianae fidei, Abalards
St,
Theologia, die der Lombarde nach dem Bericht des Johannes von Cornwall
häufig in Händen h.itte (Migne. 1'. lat. 199, 1052 D). Sehr stark ist die Ab-
hängigkeit von der Hugo zugeschriebenen Summa sententiarum und von dem
Deere tum Gratiani. Zum ersten Male im Abendland treten beim Lombarden auch
Zitate aus der Schrift De fidc orthodoxa des Johannes Damascenus aut.
300 § 29, Die Sententiarier. Petrus Lombardus.
d. b.aus dem dritten Teile der „Quelle der Erkenntnis", der 1151 von Bur-
gundio Pisano iüs Lateinische übersetzt worden -war (siebe oben S. 186, 206).
Wie J. de Ghellinck nachwies, entstammen alle diese Teste dem dritten Buch.
Kapitel 2—8, woraus sich der berechtigte Schluß ziehen läßt, daß nur dieser Teil
in der Übersetzung des Burgundio Pisano dem Lombarden vorgelegen hat,
und daß infolgedessen der Damasceaer auf die äußere Gestaltung, insbesondere
auf die Vierteilung des Sentenzenbuches keinen Einfluß gehabt haben kann.
Wie ersichtlich, war der Lombarde in erster Linie bemüht, sein theolo-
gisches System auf einem möglichst breiten Fundament der patristischen Tra-
dition aufzurichten. Ja, es hat sogar den Anschein, als ob er der Philosophie
und ihren Argumenten keinen Saum in diesem Bau verstatten wollte (Seut. IH,
d. 22, c. 1; Migne 192, 803; lUae enim et hujusmodi argutiae in creatnris locnm
habent, sed fidei sacramentum a philosophicis argumentis est liberum. Unde Ara-
brosius in libro 1 de fide c. 5 in fine: A.i5fer argumenta, ubi fides quaeritur. In
ipsis gjmnasiis suis iam dialectica taceat; piscatoribus creditur, non dialecticis).
Allein der Magister sententiarum hat keineswegs tatsächlich nach diesem Grund-
satz gearbeitet. So sehr er die Autorität schätzt, so gewinnt doch bei ihm auch
die ratio einen weitgreifenden Einfluß. Dies zeigt deutlich der dialektische
Charakter seines Sentenzenbuche. Abälards Sic et non-Methode wird
konsequent durchgeführt, und ständig wird mit den Abälardschen Konkordanz-
regeln operiert. Siehe darüber J. N. Espenberger, 25—30; M. Grab-
mann II, 378 ff.
Aber nicht bloß in rein methodischer Bezieaung .^aehi sich das Herein-
wirken der Dialektik und Philosophie bemerkbao'. Die Auffassung des Lombarden
über die Grenzen des Wissens läßt erkennen, daß er der Vernunft, wie
Augustinus und Anselm, bedeutsame Rechte zugesteht (Sent. 111, d. 24, c. 3;
Migne 192, 808: Quaedam fide creduntur, quae intelliguntur naturali ratione,
quaedam vero quae non intelliguntur. Ibd. 809: Unde cdligitur non posse sein
et intelligi credenda quaedam, nisi prius credantur; et quaedam non credi, nisi
prius intelligantur; et ipsa per fidem ampüus intelligi). Bezüglich der Trinität
lehrt er (Sent. I, d. 3, c. 6; Migne 192, 530) im Gegensatz zu Abälard, daß
die alten Philosophen durch die bloße Betrachtung der Dinge, ohne Offenbarung
oder Inspiration, keine ausreichende Kenntnis (sufficiens notitia) hiervon haben
konnten. Gleichsam als Nachklang der Abälardschen These gibt er aber zu, daß
sie schattenhaft und aus der Feme (per urobram et de longinquo) die Wahrheit
der Trinität gesehen hätten. Durch die natürliche Vernunft ist das Dasein
Gottes erkennbar. Freilich sind die vier Beweisgänge, die der Lombarde im
Anschluß an Rom. 19—20, sowie an den Ambrosiaster und an Augustinus
1,
dum eis a=sentlt secuadum philosophicas rationes mundum esse factum a deo, et
quae in eo facta sunt, et animam esae immortaiem, et ab ipso nos origlnem habere
et hujusmodi). Der Lombarde ist ein entschiedener Vertreter des Kreatianis-
mus (Sent. II, d. 17, c. 8, Migne 192, 686: Sed quidquid de aniraa primi hominis
aestimetsT, de aliis certissime aentiendum est, qaod in corpore creeniur; creando
enim infundit eas deüs et infundeudo creat). In der zu seiner Zeit viel ver-
handdteu Universalienfrage stellte er eich auf die Seite des .Healismus, ohne
indessen auf das Problem selbst einzugehen. Eine ähnliche PositioTi nimmt er
aueh Rßdererji philo?,ophischen Fragen gegenüber ein. Er vertieft .«ich nicht ir>
§ 29. Die Seateatiarier. Baudini. Gandulph. Johann v. Corx\walL 301
philosophische Erörterungen, setzt aber die Philosophie seiner Zeit voraus und
nimmt wichtige ontoiogiache, kosmologische, und ethische Be-
psychologische
ttimmungen und Jjehien, die fast durchweg durch Chalcidius, Augu-
stinus und Boethius vermittelt sind, in sein theologisches System auf. Siehe
J. N. Espenberger, Die Philosophie des Petrus Lorabardus, Münster 1901.
Die Sentenzen des Lombarden haben eine fast unbegreifliche Anziehungs-
kraft ani die Zeitgenossen, wie auf die nachfolgenden Jahrhunderte bis zum Ende
des 16. Jahrhunderts ausgeübt. Sie wurden in verkürzter Form zu Kompendien
verarbeitet, haben vielfach Benutzung und Nachahmung erfahren und riefen eine
«igene Literaturgattung, die ungemein zahlreichen Sentenzenkomraentare hervor.
Das berühmteste Kompendium der Sentenzen des Lombarden ist die Ab-
breviatio magistri Bandini. Auf weitere derartige Kompendien, so auf die
Abbreviatio in Sententias Magistri Petri Lombardi des Simon von
Tournai, auf die Sentenzenabkürzung des Hugo von St. Ober und auf andere
hat Denifle, auf Abkürzungen, die sich nur auf einzelne Bücher des Lombarden
erstrecken, M. Grabraann {II, 388 f.) aufmerksam gemacht.
Im engsten Kontakt mit dem Sentenzenbuch des Petrus Lombardus
stehen die Sentenzen des Kanonisten Magister Gandulphus, welcher um 1150
in Bologna wirkte. Denifle und Grabmann kommt das Verdienst zu, zuerst
«uf Handschriften der Gandulphschen Sentenzen hingewiesen zu haben. Während
die beiden genannten Forscher, wie auch Baltzer, eine Beeinflussung des Lom-
barden durch Gandulph annahmen, dachte sich Espenberger das Verhältnis
umgekehrt, und neuesiens hat J. de Ghellinek, dem Grabmann (Die Gesch.
<1. schol. Meth. II, 390 f.) zustimmt, es sehr wahrscheinlich gemacht, daß Gan-
dulph von dem Lombarden abhängig ist.
Noch in der zweiten Hälfte des zwölften Jahrhunderts begann man, das
Sentenzen buch des Lombarden mit Glossen zu versehen. Zu den frühesten Er-
zeugnissen dieser Art zählen die Glossen des Petrus Comestor (+ 1176) und des
Peter von Poitiers (t 1205). Beide waren Lehrer in Paris, wo den Libri quattuor
sententiarnm im Lebrplan der theologischen Schulen eine eminent wichtige Rolle
zufiel. Sie bildeten die Grundlage des theologischen Unterrichts und waren neben
der hl. Schrift das offizielle Un terrichts- und Lehrbuch, das der angehende
Theologe als baccalaureus sententiarius zu kommentieren hatte. Die Erklärung der
Sentenzen bildete die Vorbedingung zur Erlangung des theologischen Doktorats. Was
in Paris Sitte war, wurde auch anderwärts nachgeahmt. Durch diese einzigartige
Bevorzugung war dem Sentenzenbuch des Petrus Lombardus eine ungeheure
Wirksamkeit beschieden. Daraus erklärt sich auch die Fülle von Sentenzen
kommentaren, die im Laufe der folgenden Jahrhunderte entstanden. Zuerst
traten die Erklärungen der Sentenzen in Form von Glossen oder Paraphrasen des
Textes auf. Man erklärte Wort für \N'ort und Satz für Satz. Seit der zweiten
Hälfte de« dreizehnten Jahrhunderts mit dem Erstarken des wissenschaftlichen
Geistes und mit der Steigerung des Selbständigkeitsgefühls trennte man Glosse
und Kommentar. Die erstere wurde als divisio und expositio textug an den An-
fang oder Schluß der einzelnen Distinktionen verwiesen, während die tractatio
quaeslionum, d. h. die vom Kommentator selbst aufgerollten, nüt dem Sentenzen-
text in mehr oder minder engem Zusammenhang stehenden Fragen und Probleme
und ihre Lösung, die in der Form der Abälardschen Methode erfolgte, die
Hauptabsicht bildete. Siehe dazu M. Grabmann, II, 392 398. —
Auf dem Fundament der Väter und nach dialektischer Methode arbeiteten
Äuch die Schüler des Petrus Lombardus, Johann von Cornwall (Cor-
nubiensis) bekämpfte zwar in seiner zwischen 1176 und 1181 entstandenen Schrift
302 § 29. Die Sententiarier. Peter v. Poitiers.
542). Daß Simon auch die Aristotelische Schrift De anima bekaimt gewesen
sei, was Grabmann mit Haureau aus der Polemik gegen die Definition der
Seele als Entelechie erschließt, ist, solange nicht triftigere Gründe vorliegeii,
nicht anzunehmen. Das frühe Mittelalter kannte diese die Oppo- Definition und
sition dagegen Chalcidius (In Tim. ed. Wrobel, n. 222, S. 257ff.). Schon
atis
die vorhin genannten, noch ungedruckt ist, gilt eine theologische Summe, die
in ihrer Gliederung sich an die Sentenzen dee Petrus von Poitiers anlehnt. Sie
t
304 §29. Die Senteutiarier. Petrus Comestor. Petrus (.'an tor. Robert v. Courvon.
zeigt ein stark dialeiftisches Gepräge und eine hoch entwickelte Methode. „Prac-
positinuß hat das gesamt« theologische Material in Fragen aufgelöst (Queritur,
item queritur, solet quori usw.), die in lebhafter Diskussion pro et contra erörtert
und schließlich in einer solutio beantwortet werden. Im wesentlichen sehen wir
dieselbe Darstcllungstechnik, die für die Summen, Sentenzenkommentaro, (^uaes-
tioues disputatae, Quaestiones quodlibctales des dreizehnten Jahrhunderts stereo-
types Gerüste geworden, in Anwendung gebracht" (M. Grahmann II, 558, 559).
Nach der inhaltlichen Praepositin us vor allem seine Unter-
^eite fallen bei
suchungen über die Anwendung der Namen und Begriffe auf die Gott-
heit und die Trinitiit in die Augen. Durch diese auch philosophisch und er-
kenntuißtheoretisch belangreichen Erörterungen hat er auf die Folgezeit, speziell
auf die Traktate De divinis nominibus der Hochscholastik, maßgebend ein-
gewirkt. Siehe M. Grabmann II. 561.
Die zweite Hälfte des zwölften Jahrhunderts ist charakterisiert durch einen
mächtigen Aufstieg des wissenschaftlichen Lebens. Neben den bisher behandelten
Persönlichkeiten, die ihre Kraft vor allem in den Dienst der Ausbildung der
spekulativen Theologie dem gleichen Eifer und
stellten, arbeiteten andere mit
praktischen und
mit der gleichen dialektischen Methode auf den Gebieten der
positiven Theologie, der Ethik, Aszetik und des Bibelstudiums.
Haupt Vertreter dieser Richtung waren Petrus Comestor (Manducator) und
insbesondere Petrus Cautor.
Petrus Comestor, seit 1164 Kanzler von Paris, gest. 1178, schrieb, wie
schon erwähnt wurde, als einer der ersten eine Erklärung zu den Sentenzen des
Lombarden, wandte aber seine Haupttätigkeit der Predigt (Sermon es) und der
Bibel (Historia scholastica) zu.
Petrus Cantor war von 1169 oder 1170 an Magister der Theologie an
Notre Dame in Paris und starb 1197. Von seinen Werken seien erwähnt die
Distinctiones, vom Anfangswort auch Summa Abel genannt, ein biblisch-
theologisches Lexikon, ferner die noch ungedruckte Summa de sacramentis
et animae consiliis, eine Darstellung der Sakramentenlehre, dann sein
Verbura abbreviatum, das ethisch-aszetischen Inhalt hat. aber auch sehr
interessante Mitteilungen über den theologischen Studienbetrieb enthält Die
Beschäftigung mit der Theologie baut sich in drei Stufen auf (Verb. abbr.
c. 1; Migne, P. lat. 205, 25 A B): In tribus igitur consistit exercitium sacrae
sripturae:circa lectionem, disputationem et praedicationem Lectio . . .
quasi paries es* in hoc exercitio et aedificio; quia nihil plene intelligitur
fideliterve praedicatur, nisi prius dente disputationis frangatur.
Praedicatio vero, cui subserviiuit priora, quasi tectum est tegens fideles ab aestu
et In eklatanter Weise zeigt diese Stelle, wie tief den nach-
a turbine vitiorum.
abälardischen Theologen des zwölften Jahrhunderts, selbst jenen, die in erster
Linie praktische Ziele verfolgten, die Dialektik und ihre Venvertung in der Form
der Disputation ins Blut übergegangen war.
Cautor sich anschließenden
Über eine Reihe der Richtung des Petrus
Theologen (Liebhard von Prüfening, Guido von Orchelles, Wilhelm
<le -Montibus, Richard von Leicester, Petrus von London, Stephan
von Langton) hat M. Grabmann II, 485—492, 497—501 genauere Mitteilungen
gemacht. Besonders hervorgehoben sei nur der bedeutendste Schüler des Petrus
Cantor, Robert von Couryon, ein Engländer von Geburt, der im Jahre 1215
an der Neuordnung der Verhältnisse der Pariser Universität und an dem Verbot
des Studiums der aristot^hschen Metaphysik und Physik (s. unten) beteiligt
§ 30. Die Schule von Cbartres und ihr uahostehende Persönlichkeiten. 30r>
war und 1218 starb. Über seine noch ungedna-ktc, nach der voll entmckelti-n
Methode gearbeitete, um 1202 abgefaike theologische Summe be-
iiialektischen
richtet M. Grabmann II, 494—497. Ein Teil daraus, die Quaestio de usura
Miirde von G. Lefevre, Lille 1902 veröffentlicht.
Der Gruppe dieser praktischen Theologen dürfte auch zuzurechnen sein der
Verfasser des Speculum universale, einer theologischen Summe, die M. Grab-
mann (Die Gesch. d. sehol. Meth. I, 246—257) dem am ßide des elften Jahr-
hunderts lebenden Kanzelredner Rudulfus Ardens zuteilte, die aber, wie
B. Geyer (Theol. Revue 1910, 287-288; Theol. Quaxtalschrift 1911, 63 ff.) auf
Grund der benützten Zitate (aus Pe.trus Lombardus, Johannes Damas
-oenus, Gilbcrtus Porretanus und dem Lateranense 1179) nachwiCvS, nicht
vor dem Ende des zwölfton Jahrhunderts abgefaßt sein kann. Die Schrift ent-
hält eine breit ausgesponnene ''»Vissenschaftslehre —
die Wissenschaft zerfällt
in theoricam. ethicam. logicam et mechanicam und die Theoria in Physik, Mathe-
matik und Theologie — die an ßoethius und an
, die Eruditio didascalica
des Hugo von St. Victor anknüpft (Grabmann I, 252 f.).
Ausga b e u.
I. Coustantiuns Africanus.
Die Opp. omuia des Consiantinus Africanus wurden zu Basel 1536
uud 1539 gedruckt. Ein Teil seiner Übersetzungen, wie Pantegni und Viati-
ciim, erschien auch unter den Opera Vsaac, Lugduni 1515. Der Prolog zu dem
Buche Pantegni oder De comnumibiis medico cognitu necessariis locis bei
Migne, P. lat. Ij), 1563—1500.
B. Haur^au, Hist. de la philos. scol. I, Paris 1872, 349 f. brachte ein Fraj^-
ment über die Universalieu aus De eodem et diverso. Den vollständigen Text
von De eodem et diverso hat ediert Hans Willner, Des Adelard von P>ath
Traktat De eodem et diverso, in: Beitr. z. Gesch. d. Phil, des Mittelalters. IV, 1.
Münster 1903.
V. Bernhard Sllvestris.
Spicileg., ed. de la Barre, Paris 1723, III, p. 520 sqq.; auch Mathoud zu seiner
Ausgabe der Werke des Robert Pulleyn, Paris 1655, teilt einiges von ihm
mit. Den Tractatus De sancta trin. hat Pez, Thes. anecd. nov. II, 2 ediert.
Nach Haureaus Vermutung soll von ihm ein Notices et extr. t. V. Paris 1892,
S. 298 ff. edierter, die Indinerenzlehxe behandelnder Traktat herrühren. Vgl.
dazu H. Willner, Des Adelard von Bath de eodem et diverso a. a. O., S. 64
68 und Anh. II, S. 108-110, wo der Traktat ebenfalls abgedruckt ist.
II. 432-431.
J
§ 3<3. Die Schule V. Chartresu. ihr nahestehende Persönlichkeiten. Ausgaben. 309
Fulda 1894; auch Philo«. Jahrb. G, 1893, in;j — 17"i (Textverbesseninwen zur Ars
oatholicae 417—429 (Textverbesserungeii zu Contra Hacreticos
fidei),
und zu den Regulae de sacra theologia; Mitteilungen über den vollständigen
PoenitentiariuF, von dem der schon oei Jlaur^au, Memoire sur la vie etc.,
8. stehonde Prolog veröffentlicht wird, und über eine pseudo-alanische Schrift
1(»
De trinitate, von der einiges abgedruckt wird): 7, 1894, 169 — 185 (Pseudo-
Alanus de intelligen tiis; ein dem Alanus zugeschriebenes Carmen apoca-
lypticuia). M. Grabmann. Die Gesch. d. schol. Methode II, Freiburg i. B.
1911, 4ö2— 4G5.
Über den in C<jd. lat. 8083 der Pariser Nationalbibliothek erhaltenen Kom-
mentar des Eadulfus de Longo Campo zum Anticiaudiau des Alanua
hat B. Hauröau, Notices et eitraits de quelques manuscrits, I. Paris 1890. 32.5
— 333 dankenswerte Mitteilungen gebracht; M. Grabmann. a. a. O.. 11, 48 — 5-3
hat insbesondere die Wissenschaftslehre betreffende Texte geboten.
Adelard von ßath, ein Engländer von Geburt, empfing seine Büdang in
Laon und Tours. Auf weiten Eeisen Griechenland und bei
in Italien, Sizilien,
den Arabern hat er sich reiche Naturkenntnisse erworben, die er in seinen
Quaestiones naturales verarbeitete. Wie sehr er darauf bedacht war, die
§ 30. Adelard von BatL 311
Wissenschaft der Griechen und der Araber dem Abendland zugänglich zu machen,
beweist seine Übersetzung der Elemente des Euklid aus dem Arabischen ins
Lateinische (vgl. F. Wüstenfeld, Die UTjereetzungen arabischer Werke ins
Lateinische, Abh. d. K. Ges.
Göttingen 22, 1877, S. 20).
d. Wiss. Nach
z.
Wüstenfeld 'a. a. O., S. 21) hat Ädelard zwei weitere mathematische Schriften
aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzt, nämlich eine Einleitung in die
Astronomie und astronomische Tafeln von Abu Ma'schar 'Ga'far ben
Muhammed el Balchi. Vielleicht ist er auch der Ü^bersetzer des „Liber
Algorisnii", der Arithmetik des Alchwarizmi (9. Jahrb.). Siehe L. Baur,
Dominicus Gundissalinus De divisione philosophiae, Münster 1903 (Beitr. z.
Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. IV, 2—3), S. 235 A. 3 und Cantor, Gesch. d. Mathe-
matik I. 2. A., S. 671. Seine philosophischen Anschauungen sind niedergelegt
in der dem Wilhelm von Syracus gewidmeten, zwischen IIC'S und
Bischof
1116 entstandenen Schrift De eodem et diverse. Ihrem Inhalt nach beruht sie.
wie schon der Titel vermuten läßt, auf dem platonischen Timaeus, auf
Boethius und Augustinus (H. Willner, S. 42). Der Form nach gearbeitet
durchmischt ist, nach dem Vorbild von Boethius
in Prosa, die mit Versstücken
Consolatio philosophiae und des Martianus Capeila De nuptiis Philo-
logiae et Mercurii. schildert sie den Wettstreit zAvischen Philocosmie und
Philosophie, die beide durch Anpreisung ihrer Vorzüge und Leistungen den
jungen Adelard für sich zu gewinnen suchen. Im Gefolge der Philosophie be-
finden sich die septem artes liberales, deren Aufgaben im einzelnen um-
schrieben werden.
In der Erkennt istheorie Adelard den Standpunkt des plato-
vertritt
nischen Rationalismus, Wissen aus der Vernunft herleitet, in den
der alles
Sinnen aber eine Quelle der Täuschung sieht (De eodem et div. ed. Willner,
p. 13, 2 ff.; Ut sensus extolleres, rationem caecam ducem, si recolo, vocasti.
O perversa rerum conversio. cum nihil ratione certius, nihil sensibus faUacius.
Primum quia nee in maximis nee in minimis rerum sensus vigent .... Unde
nee ex sensibus scientia, sed opinio oriri valet. Hinc est. quod familiarius meus
Plato sensus irrationabiles vocati.In der Uni versalienfrage sucht Adelard
Aristoteles, wie Piaton. Recht zu geben. Aristoteles habe mit Recht die
Genera und Species den Individuen immanent sein lassen, sofern die sinnlichen
Objekte je nach der Art, wie sie betrachtet werden, Individuen oder Species oder
Genera seien, indem wir entweder auf ihre individuelle Existenz oder auf das
Gleichartige in ihnen achten. Pia ton aber habe auch mit Recht gelehrt, da]3
dieselben in voller Reinheit nur außerhalb der sinnlichen Dinge, nämlich im
göttlichen Geiste, existieren. Adelard glaubt die beiden durch die sogenannte
Indifferenzlehre, die schon bei Pseudo-Hrabanus vorliegt (siehe oben
S. 244; miteinander vereinigen zu können. (De eodem ei div. ed. Willner,
p. 12, 23: Quoniam igitur illud idem, quod vides, et genus et species et indi-
viduuni sit, merito ea Aristoteles non nisi in sensibUibus esse proposuit. Sunt
enim ipsa sensibilia, quamvis acutius considerata. Quoniam vero ea, inquaulum
dicuntur genera et species, nemo sine imaginatione prf^sse pureque intuetur, Piato
extra sensibilia, scilicet in mente divina, et conoipi et existere dixit. Sic viri illi,
licet verbis contrarii videantur, re fernen idem senserunt; siehe auch ibid.,
p. 11. 20 ff.
creatoris est, ut a terra herbae naecaotur, eed eadem sine ratione non est." Wie
später Wilhelm von Conches, so übernahm schon Adelard die einerseits
durch Lucrez, Chalcidius (In Tim. c. 279, ed. Wrobel p. 310), Ambrosiu»
(In Hexaem. Augustinus (Ep. 118, 4, 28; Migne, P. lat. 33, 445), Ißi-
1, 2),
dorus (Etym. XIII, 2, n. 1 ff.; Migne, P. lat. 82, 472 D ff.) und anderseits durch
Constantinus Africanue vermittelte demokritische Atomtheorie (siehe
H. Willner,S. 73). Auch tierpsychologische Fragen fesselten sein Interesse;
So schloß er auf Grund von Empfindungen Strebungen, sinnlicher Unter-
,
scheijdnngsfähigeit und willkürlichen Bewegungen bei den Tieren auf die Existenz-
einer immateriellen Tierseele (Quaest. naturales c. 13). Vielleicht hat Adelard
bereits die Physik oder andere naturwis.senschaftliche Schriften des Aristoteles
gekannt. Darauf deutet wenigstens hin das Zitat (Quiiest. naturales c. 18); Nam
et Aristoteles in physicis et alii in tractatibus suis sie discemunt. Siehe M. Baum-
gartner, Die Philos. des Alanus, S. 94, A, 4. Verstärkt wird diese Annahm»
durch die Tatsache, daß Adelard wohl als der erste im lateinischen Abendland
den Aristotelischen Gotteabeweis aus der Bewegung reproduziert (Quaest. nat. c.
(50: M. Baumgartner. a. a. O.. 8. 109 f., A. 5).
aus Boethiiis' Geometrie, die Anwendung der Null von den Arabern über-
nommen.
In dem von Haur^au Fragment des Kommentars zur Genesis
edierten
(De sex dierum operibus) will Thierry
die Schöpfungsurkunde erklären vom
Standpunkte der damaligen Ontologie, Naturphilosophie und Naturwissenschaft
(juxta physicam, secundum rationem physicorum, Haur^au, Not. et extr. I, S. 52,
58). Die existierende Welt setzt ein(! vierfache Kausalität voraus: nämlich Gott
den Vater als cau^a efficiens, der die vierte Ursache, die vier Elemente oder die
causa materialis, schafft, den Sohn oder die göttliche W^eisheit, insofern sie die
geschaffene Materie als causa forraalis formiert und dispiniert, und den hl. Geist,
insofern er als causa finalis die formierte und disponierte Materie liebt und leitet
314 § 30. Bernhard Silvestris.
(S. 52, 53),genauer durch seine bewegende und wirksame Kraft die Form mit
qna forma materiae ad-
der Materie verbindet (De virtute creatoris operatoria,
hibetur, S. 62). Die Philosophen hätten den hl. Geist mit verschiedenen
Namen nenne ihn Mercurius „in eo libro, qui inscribitur Tris-
bezeichnet; so
raegistus" Pseudo- Apuleius Asclepius — „spiritus", Plato aber
— es ist
im Timaeus „aniraa mundi", S. 61. Von der Gottheit handelnd, bemerkt
Thierry , es gäbe, nm zur Erkenntnis des Schöpfers zu gelangen, quattiior genera
rationum, scilicet arithmeticae probationes et miisicae et geometricae et astro-
nomieae, 8. 63. Fragment nur die „probationes arith-
Doch enthält das
meticae", d. h. durch boethianische und andere Schriften angeregte, einen
eigenartigen christlichen Neupy thag oreismus bekundende Zahlenspeku-
lationen, durch deren Hilfe die Existenz Gottes und seine Dreipersönlich-
keit zu erweisen gesucht wird. Jede Zweiheit (binarium), jede alteritas
und mutabilitas und infolgedessen auch jede Kreatur, weil dem Wechsel unter-
worfen, setzt die unitas voraus. Diese ist aber das Ewige, die Gottheit; denn
quidquid est, vel aeternura est vel creatura .... At aeternum nihil est aliud
quam divLnitas, unitas
igitur ipsa divinitas est, S. 63. Die Gottheit ist für die
Dinge forma essendi (At divinitas singulis rebus forma essendi est, S. 63).
die
Indessen sind dieser und ähnliche Sätze schwerlich mit Haureau, dem Clerval
beistimmt, Sinne zu interpretieren.
in pantheistischera Denn abgesehen davon,
daß Haureau in den Not. auf eine korrupte Lesart (in deo
et extr. S. 69 sich
statt ideo; vgl. Cl. Baeuraker Arch. f. Gesch. d. Philos. X, S. 137) stützt, erklärt
Thierry selbst, daß er den Aiisdruck „forma essendi" nicht ira Sinne einer in
die Dinge eingehenden und ihr Wesen konstituierenden Formal Ursache gedacht
wissci wolle, S. 63. Die Entstehung der Dinge denkt er sich unter dem Bilde
der E'ntstehung der Zahlen aus der Einzahl (creatio numerorum rerum est creatio,
S. 64).. Durch eine ähnliche Zahlenspekulation wird auch der Sohn und der
hl. Geist deduziert. Unitas enim per se nihil aliud gignere potest nist eiusdem
unitatiii aequalitatem, S. 65. Tstum moduni, sive unitatis aequalitatem . antiqui
philosopbi tum mentem divinitatis, tum providentiam, tum creatoris sapientiam
appella-^erunt, S. 66 . . . . (piomodo connexio aequalitatis et unitatis (d. h. der
hl. Geist) ab utraque earum procedat explicandum est secnndum disciplinas
propositas.
Au;: Grund des Platonischen Timaeus (nach der Übersetzung desChalcidius)
und wah\*3cheinlich auch eines Teils der Schrift des Apuleius De dogmate Pia-
tonis, ferner der Augustinischen Berichte über den Piatonismus oder nelmehr über
den Neuplatonismus schrieb Bernhard Silvestris oder Bernhard von Tours.
Er ist vielleicht identisch n)it Bernhard von 3fo^lan, dem fCanzler von Char-
tres, um 1156, dem späteren Bischof von Quiraper, 1159—1167; vgl. Clerval.
a. a. O., S. 173 f. Sein z. vischen 1145 und 1153 zu Tours abgefaßtes und
seinem Freunde Thierry von Chartres gewidmetes Werk De mundi uni-
versitate sive Megacosmus et Microcosmus, das früher Bernhard von
Chartres juigeechriebeu wurde, ist nach der Art des Satirikon des Martia-
nus Capel.'. a teils in Versen, teils in Prosa abgefaßt. Es trägt ein durchaus
jillegorisch-ruvlhJsche? (»ewaud and entwirft ein System der Naturj^hilosohie. in
welchem wfi. lig an das Christentum erinnert. (Zu weit aeht M. de Wulf, Hist.
de la phüos, mediev,. 4e tkl. 1012, S. 216. wenn er von einem ,,Fanth6isme char-
train" gprif-bt.) Der Verfasser sagt m dem Breviarium ed. Bar ach, p. 5 f.: In
huius o;,'eri.^ primo libro. «lui Meg&cosrau.=- dicitur Natura .-^J Noyiu i. e. —
Dei pro7idcnt'"am de primae materiae i. e. hyies confusione querii^ioniatr. quasi
oun5 laerhnis et ut mund-is pulcrius ^fspoiiatur pctit. Ncvs igitur eiüs tüotji
§ 30. WUhelm von Conches. 3I5
videre velut in speculo tersiore quidquid geuerationi. quidquid operi Dei seoretior
destinarat affectus. Illic in uenere. in specie, in individnali singularitate
conscripta, quidquid hyle, quid<[uid mundus, quidquid parturiunt elementa.
IlUc exarata supremi digito dispunotoris textus teraporis, fatalis series, dispositio
saeculorum. Dlic lacrymac pauperum fortunaeque regum ete. Die Seele ist
hieraus als Endelechia (hrF/J/eia des Ar ist.) gleichsam durch
Emanation eine
hervorgegangen (velut emanatione defluxit; ibid. Z. ]68). Die Seele hat dann die
Natur gestaltet (ed. Barach I, 4, Z. 123, naturam inforraavit). Das Böse und
Unvollkommene in der Welt vnid verursacht durch die Materie. Der Noys ist
dem Logos, die Endelechia oder die Weltseele dem heiligen Geiste gleich, Auf
dieseWeise wird die Dreieinigkeit konstruiert. Grott wird auch als die Einheit,
die Hyle als das Andere bezeichnet, welches unter dem Zeitlichen das Erste und
Älteste sei (II, 13, ed. Barach).
Ein Schüler des Bernhard von Chärtres war Wilhelm von Conches
{1080—1145), welchen Johannes von Salisbury (Metal. I, 5; Migne 199,
S32 B) den ,, begabtesten Grammatiker nach Bernhard von Chärtres" nannte.
Er beschäftigte sich neben seinen grammatischen Studien viel mit astronomischen,
physiologischen, psychologischen und naturphilosophischen Problemen. Der
Naturphilosophie sind im wesentlichen auch seine Hauptschriften gewidmet,
nänüich Philosophia, dann die in Dialogform abgefaßte und deshalb Drag-
maticon philosophiae betitelte, um 1145 entstandene Schrift, die unter Weg-
lassuBg des von Wilhelm von St. Thierry Getadelten (Migne, P. lat. 180,
333—340: De erroribus Guillelroi de Conchis ad S. Bernardum) mit der
Philosophia in den Hauptpunkten übereinstimmt. Die secunda und tertia
philosophia sind Auszüge aus dem Dragmaticon. Überdies schrieb Wilhelm
einen Koniraentar zum Platonischen Timaeus, Glossen zu ßoethius'
Consolatio philosophiae und eine Ethik (Moralis philosophia de
honesto et utili), die vornehmlich auf Seneca (De beneficiiii) und Cic«ro
(De officiisi beruht.
Auf dem Gebiete der Naturphilosophie verteidigte er, wie Adelard von
Bath, unter Anlehnung an den Platonischen Tiraaeus \uid unter dem Einflüsse
des Constantinus Africanus, des Übersetzers des Werkes Pantegni des
'Ali ben 'Abbäs, die demokritische Korpuskulartheorie (Eiern, phllos. bei
Migne t. 90, 1132 D: Elementa ergo sunt sinipiae et miniman particulae, quibus
haec quattuor constant quae \ idrraus. Haec elementa nunquam videntur. scd
.'U»j § 30. Walter von Mortagiie.
mtione divisionih iiiti-lliguiitur. Vgl. auch Philosophia nmudi I, 21; Migjie J72,-
48 D—49 A). Walti r von St. Victor (Contra qiiattiior labyrinthos f'ranciae
IV; Migne. P. lat. 199. 1170 B D) richtete Megen der Atomenlehre eine heftige
Poleinik gegen Wilhelm und beschuldigte ihn der Ketzerei. Ferner intereesiertc er
sich lebhaft für physiologische und psychologische Probleme, identifi-
zierte, ebenso wie Bernhard Hilvestris und Thierry von Chartres, dieWelt-
Hcele mit der Person des heiligen Geistes,
bekannte sich jedoch bei Abweichungen de»
Platonismus von der christlichen Lehre ausdrücklich zu der letzteren Christianuft :
sura, non academicus (bei Cousin, Ouvr, in^. d'Ab. p. 673), namentlich in bezug
auf die Frage nach der Entstehung der Seelen : cum Aagustino credo et seutio
quotidie novas auimas non ex traduce (welche Ansicht freilidi Augustin nicht
unbedingt verworfen hatte), non ex aliqua substantia, sed ex nihilo. solo juMu
creatoris creari. So wenig sich Wilhelm von Conches in der Naturlehre an
die Autorität der Kirchenväter binden will („etsi tiiira majores nobis, homines
tarnen fuere"), so unbedingt ordnet er sich derselben in geistlichen Dingen unter
(Dragmaticon III, p. Ö5); „in eis quae ad fidem catholicam vel ad institutionem
morum pertinent, non est fas Bedae vel alicui alii sauctorum patruin con-
tradicere."
Gregen diejenigen, welche die Wesenheiten aus der Dialektik ausrotten und
die Universalien wie die Einzeldinge blos als Namen gelten lassen, polemisiert er
(Dragmaticon bei Prantl II, S. 129, A. 98: Quod intelligentes quidara res omnea
a dialectica et sophistica disputatiorie exterminavenint, noraina tarnen earum
reeeperunt, eaque sola esso universalia vel singularia praedicaverunt). Interessant
sind auch Wilhelms Ausführungen über den Substanzbegriff (Dragmaticon
bei Prantl II, S. 129, A. l'X): NuUus qui scripta auctorum recte intelligit, hoc
noraen „substantia" multarura esse significationum dubitat .... aliquando ....
substantia est res per se existens; aliquando tarn ista quam genera et specie*
istorum substantia dicuntur, unde ab Aristotele in {»rimam et secundam dividitur;.
aliquando .... actus^ subsistendi, .... aliquando po^essio).
Eng venvandt mit der Universalienauffassung Adelards von Bath ist die
Ansicht, daß die nämlichen Objekte je nach dem Stande (statu«),
verschiedenen
in welchem sie betrachtet werden, Individuen oder Species oder Qenus seien
Als den Hauptvertreter derselben bezeichnet Johannes von Salisbary (Metalog
II, 17; Migne 199, 875 A) den Walter von Mortagne, 1126—1144 Lehrer der
Rhetorik und der Philosophie atif dem Grenofevaberg bei Paris, gest. als ^sohof
von Laon 1174. Partiuntur igitur status duce Gautero de Mauretania, et Plat<H)em
in eo quod Plato est, dicunt Individuum; in eo quod homo, speciem; in eo qood
animal, genus, sed subalternum; in eo quod avhatantm, generalissimura. Diese
Ansicht, sagt Johannes, habe zu seiner Zeit kme Vertreter mehr. Schoa
Abälard (in den Glossulae super Porphyrium bei R^musat, Ab. II, p. 99 sqq.,
vielleicht gegen Adelard von Bath) und in anderem Sinne der Verfasser der
Schrift De generibus et specibus (Cousin, Ouvr. in^. d'Ab. p. 518) haben
dieselbe bekämpft. Siehe oben S. 293. Nach J. Reiners (Der Aristote-
lische Realismus, 32 —
38) wäre die genannte P-- imik nicht gegen Adelard von
'
Bath und Walter von Mortagne gericbtet gewesen, sondern gegen die In-
differenzlehre, die sich von der Lehre beider trotz weitgehender Übereinstimmung
durch Einführung des mittelbar oder unmittelbar aus der aristotelischen Topik
(I, 7 Anfang) stammenden Indifferenzbegriffs unterscheide. Einen positiven Ver-
treter der Indiff er enzlehre sieht Reiners nurindem Verfasser des Traktats, den
Haur^au, Notices et extraits, t. V, Paris 1892, 8. 298 ff. veröffentlicht und dem
Walter von Mortagne zugeschrieben hat. Gegen Reiners muß aber be-
J
§ 30. Gilbert de la Porree. 317
merkt werden, daß die Indifferenzlehre des von Hauroau zuerst edierten Trak-
tats g^enüber der Auffassung des Adelard von Bath und des Walter von
Mortagne kein neues Moment, sondern höchstens ein bisher nicht gebrauchtes
Wort enthält, so daß kein Grund vorliegt, jene beiden nicht zu den Vertreteni der
Indiffereiizlehre zu zählen.
Walter verfaßte auch eine philosophisch kaum bedeutsame Abhandlung I>o
«ancta trinitate, die in einigen Handschriften als Einleitung der dem Hugo
von St. Victor zugeschriebenen Summa senteutiarum (siehe unten) voran-
geht. Weiterhin gehört ihm an der 7. Traktat der eben genannten Summa: De
conjugio. Siehe H. Denifle, Archiv f. Lit.- u. Kircheng. d. M. III, 1887, S. (i:3<).
IkL Gietl, Die Sentenzen Rolands, Freiburg 1891, XL ff. M. Grabmann IL
S. 309.
Eines der bedeutendsten Mitglieder der Schule von Chartres war Gilboii
de la Porree(Gilbertus Porretanus, auch Pictaviensis nach seine;)!
Oeburtsjorte Poitiers, 1142—1154 Bischof von Poitiers), ein Schüler Bern-
iiards von Chartres und anderer, längere Zeit Kanzler von Chartres, 1141
Lehrer in Paris. Er schrieb viel benutzte, noch ungedruckte Kommentare zu
den Paulinen und zu den Psalmen. Am bekanntesten ist sein Kommentar
zu den Opuscula theologica des ßoethius (I— III, V ed. Peiper) und
seine Abhandlung über die sechs letzten Kategorien des Aristoteles (De sex
principiis). Der letztere Traktat wurde neben der Isagoge Porphyrs und den
Aristotelischen Schriften: Praedicamenta, Perierraenias, Topica, Elenchi,
Analytica priora und posteriora dem Unterricht in der Logik zugrunde
gelegt, im dreizehnten Jahrhundert in den Untemchtsplan der Pariser Universi-
tät aufgenommen und in der Folgezeit bis auf den Humanisten Ermolao Bar-
baro herab oft kommentiert, so von Albertus Magnus, Robert Kilwardby,
Walter Burleigh (siehe dazu M. Grabmann II, S. 416; J. Schmidlin.
Die Philosophie Ottos v. Freising, S. 173). Eine ungemein feine Charakteristik
der Persönlichkeit Gilberts, wie seines Gegners Bernhard von Clairvaux,
gibt Johannes Saresberiensis in seiner Histöria pontificalis (M. G. SS. XX,
522 ff.; auch M. Grabmann II, S. 412 f.).
siehe
In derUniversalienfrage stellte Gilbert im Anschluß an die aristotelisch-
l)oethiani8che Definition des Allgemeinen: quod natum est de pluribus praedicari,
die Ansicht von den formae nativae auf, welche Johannes von Salisbury
(Metalog. II, 17; Migne P. lat. 199, 875 D, 876 A) so zusammenfaßt: univer-
salitatem formis nativis attribuit, et in earum conformitate laborat; est autem
forma nativa exemplum et
originalis quae non in mente Dei consistit, sed rebus
creatis inhaeret. Haec graeco eloquio dicitur sISo?, habens se ad ideani ut exem-
plum ad exemplar; seusibilis quidem in re sensibili, sed mente concipitur insensi-
Basil. 1570, p. 1152; Migne 64, 1281 CD) zwei Bedeutungen des Wortes Sub-
stanz: 1. quod est sive subsistens, 2. quo est sive subsisten tia. Die
genera und species sind generales und speciales subsistentiae, aber nicht substan-
tiell existierende Objekte (non substant vere, p. 1139; Migne 64, 1267). Die
subsistierenden Dinge sind das Sein ihrer Subsistenzen (res subsistentes sunt esse
subsisteutiarura), die Subsistenzen aber sind substantielle Formen (formae sub-
stantiales, p. 1255 sqq.; Migne 64, 1393 A sq.). Es gibt generische und spezifische,
aber auch singulare Subsistenzen, welche letzteren immer nur in einem Individuum
sind. Die Individuen unterscheiden sich voneinander nicht bloß durch akziden-
telle, sondern auch durch substantielle Proprietäten (p. 1128; Mijrno 61, 1256 B).
318 § 30. Gilbert de la Porree.
der Häretiker geschieht, die nur auf dem natürlichen Gebiet gelten, auf die Theo-
logie übertragen werden (ibid. 1255 Df.: quales fuerunt Ariani et Sabelliani
von Aristoteles (Analyt. post. II, 19) vorgetragene Lehre vom em-
bereits die
pirischen Ursprung der Prinzipien auf dem Wege der Induktion,
und er bemüht sifh ernstlich um eine reinliche Scheidun;: von Philosophie und
Theologie.
Die Schritt (rilberts De sex principiis, in der ausdrücklich auf die
Analytica des Aristoteles verwiesen wird (Migne, P. lat. IbS, 1268 A; siehe
oben S. 202), handelt von den sechs letzten Kategorien : actio, passio, ubi, quando
sitiL«, habere. von Späteren oft kommentiert worden. Der Kategorie der
Sie ist
Substanz sind nach Gilbert zwar Quantität, Qualität und Relation (in proprio
statu) inhärent (formae inhaerentes), die sechs letzten Kategorien aber nur (re-
spectu alterius) assistent (formae assistcntes). Freilich ist die Gültigkeit dieser
Unterscheidung sehr zweifelhaft, besonders bei der Zurechnung der relatio zu den
formae inhaerentes, da doch die Relation gerade in der Beziehung auf anderes
besteht. Gilbert genügt es, daß die Möglichkeit überhaupt, auf anderes be-
zogen zu werden, in dem Objekte selbst liegt. Albertus Magnus ist ihm hierin
beigetreten. Die späteren Scholastiker aber erkennen nur die Substanz.
Quantität und Qualität als absolute Kategorien au und schreiben den sieben
übrigen eine relative Xatur zu, wie auch Leibniz als „deterrainations internes-
nur „l'essence, la quahte, la quantitö" anerkennt. (Er reduziert aber die aristote-
lische Zehnzahl der Kategorien auf die Fünfzahl: Substanz, Quantität, Qualität,
Aktion nebst Passion, Relation.)
In theologischem Betracht wurde Gilbert verübelt, daß er lehrte, der
Eine Gott in den drei Personen sei die Eine Deitas oder Divinitas, die Eine forma
in Deo, qua Dens sit, die forma, qua tres personae informentur. Besonders auf
dem Konzil zu Paris 1147 und dann zu Rheims 1148 wurde die Sache verhandelt.
Der heilige Bernhard verwarf die Unterscheidung von Divinitas und Dens und
sein Sekretär Gaufredus richtete gegen Gilbert den Libellus contra capi-
tula Gilleberti Porretani (Migne, P. lat. 185, .095—618).
Die Bedeutung Gilberts als anregender Lehrer zeigt sich auch in der
Schule, in der sein Einfluß fortlebte. Sein Schülerkreis hat eine interessante
bildliche Darstellung erfahren in Cod. 197 (s. XII) der Bibliothek von Valen-
ciennes. Siehe M. Grabmann II, S. 431.
Weiterhin findet sich in Cod. lat. 561 (s. XII) der Vatikanischen Bibliothek
eine ausführliche Erklärung oder besser Verteidigung (Defensio orthodoxae fidei
Gilberti Porretae praesertira ex auctoritatibus patrum et Boetii libro de trinitate
contexta) vonGilberts Kommentar" zu Boethius De trinitate nebst einem
vorangehenden Prolog. M. Grabmann (II, 432) meint, diese Erklärung sei
noch gar nicht beachtet worden. Indessen hat sie schon H. Usener (Jahrb. f.
prot. Theol. 5, 1879, 189 — 192) besprochen und den Prolog veröffentlicht. Wäh-
rend aber Usener in der Vätersammlung eine eigene Arbeit Gilberts sieht,
die er zu seiner Verteidigung in Reims abgefaßt habe, und die nur über-
arbeitet und selbständig redigiert worden sei, hält sie Grabniann (II, 434) wohl
mit Recht für das Werk des im Codex von Valenciennes genannten Gilbert-
schülers Nicolaus, von dem dort gesagt wird: Nicolaus .... archanis Picta-
viensis episcopi sententiis .... lucem plene expositionis infudit (M. Grab-
mann, a. a. O.).
Der Schule Gilberts gehören auch an die zwischen 1141 und 1148 wahr-
scheinlich anonym erschienenen, von B. Geyer nach zwei Münchener Hand-
schriften zum erstenmal edierten Sententiae divinitatis, das Sentenzenbuch ,,
der Gilbertschen Schule" (Geyer, S. 48), dem aber auch die dem Hugo von
320 ?!
•'*'• i^^r Liber de vcm philcsophja. Die Sententjae divinitaHF.
St. Victor zugesohriolxine Summa Seii ten t iarinn alt? Vorlage und ergiebige
Stoifqnelle gedient hat.
Über einen weiteren Pchüler Gilberts, den Verfasser eines zwischen 118lt
— 1190 entßtandcni;n Liber de vera philosophia, hat Fournier (liiblioth^que
Ue r«5cole des chartes, Bd. 47, 1886, 394—417; mit Zusätzen wieder abgedruckt
in: Etudes sur Joachim de Flore et ses dootrines, Paris 19Cii), 51— 78) Mit-
teilungen gemacht. In Revue d'histoire et de litt^rature roligieuses 4, 1899,
's. 37_f)6, sucht Fournier den Abt Joachim von Floris als Verfasser
nachzuweisen (vgl. unten § 31). In einem eigenen Abschnitt der Schrift mit
dem Titel: Que videntur suspitiosa esse in scriptie modernorum werden heftige
Angriffe gegen die hervorragendsten Denker des zwölften Jahrhunderts?, gegen
Wilhelm von Conches, Abälard, Bernhard von Clairvaux, Ifugo
von St. Victor und Petrus Lombardus gerichtet. Keiner von allen ist dem
Autor orthodox genug.
Unter Gilberte deutlich merkbarem Einfluß, wie auch unter deni
von Abälard und Hugo von St. Victor, steht der Oheim Friedrich
Barbarossas, der Historiker und Gesehichtsphilosoph Otto von Frei-
sing. Geboren 1114 oder (Hofmeister) als der Sohn des Mark-
lll.ö
grafen Leopold III. von Österreich und Agnes, der Tochter des Kaisers
Heinrichs IV., machte er seine Studien in Paris, wahrscheinlich seit 1128,
wurde spätestens 11S3 Zisterziensermünch in Morimund, bald darauf Abt d:iselbst
und 1137 Bischof von Freising. 1158 starb er in Morimund. Sein Hauptwerk
Chronicon sive Historia de duabus civitatibus, das erzwischen 1143
und 1146 verfaßte, die bedeutendste Leistung des Mittelalters auf dem Gebiete
der G^schichtsphilosophie, ist, wie schon der Titel verrät, von Augustinus' De
civitate Dei und von Orosius' Historia inspiriert (Chron. prol. ad fsengrim;
M. G. SS. XX, 119, 5: Sequor autem in hoc opere praeclara, potissimum Augq-
stinum et Orosium, ecclesiarum luraina eorumque de fontibus ea, quae ad rem
propositumve pertinent, haurire cogitan). Die Weltgeschichte erscheint Otto,
wie seinem großen Vorbild Augustin. als die Geschichte der beiden Staaten,
der civitas Christi und der civitas diaboli (Ibid. 118, 10: Cum enim duae sint
civitates, una temporalis, alia aeterna; una mundialis, alia coelestis; una diaboli,
lischen Schriften zu geben weiß (Chron. II, 8; M. G. SS. XX, 147: Quorum
primus de simplicibus terminis, secundus de propositionibus. tertius de com-
plexione propositionum utili ad syllogizandum, hidicium purgans et instruens,
§ 30. Otto von Freising. Johannes von Salisibnry. 321
listischeu Logikers Alberich, des Robert von Melun, des Wilhelm von
€onches und des Gilbert de la Porree, auch des Theologen RobertPulleyn
und anderer. Wie Abälard und Bernhard von Chartres und in noch
weiterer Ausdehnung als diese verband er das Studium klassischer Autoren mit
der logisch-theologischen Bildung. Seine erste Schrift, der 1155 entstandene
Entheticus (Eutheticus, Nutheticos) sive de dogmate philosophorum,
ist ein in Distichen abgefaßtes Lehrgedicht, in welchem der erste Teil unter
kritischen Gesichtspunkten eine Geschichte der griechischen und römischen
Philosophie gibt. Weiterhin sind zu erwähnen die für die Zeitgeschichte ertrag-
reichen Epistolae, die um 1165 geschriebene Historia pontificalis (das
Fragment reicht von 1148—1152) und die Viten Anselms von Canter-
—
bury und des Thomas Becket. 1159 1160, ungefähr zwanzig Jahre nach der
Zeit, in welcher er seine logischen Studien begonnen hatte, verfaßte er seine
beiden Hauptschriften, den Policraticus, d. h. die Besiegung der nugae
des Hofes durch kirchlich philosophische Gesinnung, die erste große
Staatstheorie im Mittelalter, die noch Vincenz von Beauvais be-
nützte, und die auch auf Thomas von Aquin einwirkte, und den Meta-
logicus, über den Wert und den Nutzen der Logik, worin er „logicae suscipit
patrocinium" (prol. Migne 199, 824 D) gegenüber den Angriffen eines Corni-
ficius genannten Gegners, unter welchem Prantl (II, 232 f.) einen ge\vissen
Reginaldus, Mandonnet (Siger de ßrabant etc., le partie, 2e M., Louvain
1911, 122 A. 5) dagegen den Dichter Gualon verstehen ^vill. Siehe auch
M. Grab mann II, S. 114.
Der Metalogicus ist sehr reich an Mitteilungen über den Schulbetrieb
der Logik zu jener Zeit. Johannes erwähnt im Metalogicus (II, 17) acht
Ueberweg, Grundrii) 11. 21
322 • § 30. Johannes von 8aliBbury.
die von ihr ihre Methode empfangen (Metalog. II, 3; Migne 199, 859 C: Aliis
philosophicis disciplinis posterior tempore, sed ordine prima. Inchoantibus enim
philosophiam praelegenda est eo, quod vocum et inteilectuum interpres est, sine
quibus nullns philosophiae articulus recte procedit in luoem. Ibd. II, 5; Migne
199, 861 A: Physicus enim et ethicus in suis assertionibus non pröcedimt nisi
probationibus a logico mutuatis. Nemo eorum recte definit aut dividit, nisi eis
artis suae logicus gratiam faciat; alioquin successus eorum non seien tia, sed casus
promovet). Daß dem Johannes bei dieser Wertschätzung der Logik Aristo-
teles als der größte imter den Philosophen daß er ihm mit Auszeichnimg
gilt, ja
den Namen des Philosophen zuerteilt, ist nicht yenvunderlich (Metalog. 111,7;
Migne 199, 920 A: Ideo enim, ut aiunt, in ipso nomen philosophi sedit. Si
mihi non creditur, audiatur vel ßurgundio Pisanus, a quo istud accepi).
Ebensowenig wird man es auffallend finden, wenn Johannes, um seine 2^it-
genossen von der Bedeutung der Logik zu überzeugen, in den beiden letzten
Büchern des Metalogicus. die logischen Schriften des Aristoteles, die alte wie
die neue Logik, in eingehender Weise analysiert und zwar in folgender Reihen-
folge: Porphyrs Isagoge, die Kategorien, die Schrift De interpretatione, die
Topik, die beiden Analytiken und die Elenchen. Besonders lange verweilt er bei
der Darstellung der Topik. Er erwartet von ihr nicht bloß eine Förderung der
Dialektik, sondern fast aller Disziplinen (Metalog. III, 5; Migne 199, 903 A).
Im achten Buch derselben sieht er den unentbehrlichen Regel-
kodex für die Disputationstechnik, dessen Wert höher anzuschlagen sei
als aUe Dialektikbücher, die moderne Lehrer an den Schulen zu lesen pflegten
(Metalcg. III, 10; Migne 199, 910 C: Solus itaque versatur in praeceptis, ex
quibus ars compaginatur, et plus confert ad scientiam disserendi, si memoriter
habeatur in corde et jiigi exercitio versetur in opere, quam omnes fere libri dia-
lecticae, quos moderni praeceptores nostri in scholis legere consueverant; nam
sine eo non disputatur arte, sed casu). Siehe auch oben S. 211.
Merkwürdig sind die Urteile, die Johannes über die beiden Analytiken
fällt. Sie zeigen, welche Schwierigkeiten der Einbürgerung der Logica nova in
den ersten Dezennien ihres Auftauchens entgegenstanden. Die erste Analytik
hält Johannes für sehr nützUch, und ohne sie würde sich der Logiker lächer-
lich machen. So notwendig aber auch die in ihr vorgetragene Lehre erscheint,
nicht ebenso notwendig erscheint das Buch selbst, da sein Inhalt anderswo faß-
licher entwickelt sei. Es herrsche in dem Buche eine solche Konfusion der Bei-
spiele, daß man nur mit großer Mühe erreiche, was sich ganz leicht darstellen
lasse (Metalog. IV, 2; Migne 199, 917 B: Porro exemplorum confusione et
traiectioue litterarum est, ut cum magno labore eo per-
adeo confusus
veniatur, quod facülime Noch größere Hemmungen fand man bei
tradi potest).
den zweiten Analytiken. Von ihnen schreibt .Johannes (Metalog. IV, 6;
.Migne 199, 919 C D): Posteriorum vero Analyticorum subtilis (juidem scientia
est et pancis ingeniis pervia Deinde haec utentiura raritate iam fere in
desuetudineni abiit. eo quod dcmonstrationis usus vix apud solos mathematicos
est Ad haec liber .... ceteris longe turbatior est transpositione ser-
monum, traiectione litterarum, desuetudine exemplorum, quae a divei^sis disciphnis
mutuata sunt. Et postremo quod non attingit auctorem, adeo scriptorum depra-
vatus est vitio, ut fere quot capita, tot obstacula habeat Unde a plerisque
in intcrpretem difficultatis culpa refunditur asserentibus libnim ad nos non recte
translatum pervenisse.
So zahlreich aber auch die Hindernisse waren, welche sich zunächst der
neuen Logik und insbesondere den zweiten Analytiken in den Weg stellten, so
21*
324 § ^- AlanuB ab Ingulis.
war ihr Einfluß auf die Gestaltung des WissenBchaftsbegriffs und der Erkcjintnis-
doch von großer Bedeutung.
lehre des zwölften Jahrhunderts Die Analytica
posteriora boten die Wissenschaftstheorie des Aristoteles. Wissen-
schaft Ableitung von Urteilen aus obersten unbeweisbaren Prinzipien. Diese selbst
ist
aber werden aufdem Wege der Induktion durch die drei Stadien von sensus, memoria
und experimentuni gewonnen (Analyt, post. II, 19). Diese Grundlehre des Aristo-
telismus mit ihrem starken empiristischen Akzent wurde seit der Mitte des
zwölften Jahrhunderts im Anschluß an die zweiten Analytiken von einer Reihe
von Autoren übernommen. In dem pseudo-abälardschen Traktat De intellec-
tibus kommt der aristotelische Empiriamus in der Formel zum Ausdruck
(Cousin, Opp. II, p. 747): Tota humana notitia a sensibus surgit. Siehe oben
S. 292. Gilbert de la Porree definiert mit Aristoteles und Boethius die
Wissenschaft als Deduktion aus obersten Prinzipien, die er in rationes commune^
und propriae scheidet und läßt die Prinzipien selbst durch letzte Induktionen
entspringen (siehe oben S. 318). In gleicher Weise übernimmt auch Johannes
Saresberiensis den aristotelischen Wissenschaftsbegriff und die Prinzipien-
lehre des Stagiriten, indem er das der Untersuchung der letzt€n Prinzipien ge-
widmete Schlußkapitel der Analytica posteriora ungemein lichtvoller Weiöe
in
zergliedert (Metalog. IV, 8; Migne 199, C
auch Poücr. VII, 7;
920 ff. Vgl.
Migne. 1. c. G49 B). Die Begründung der obersten Prinzipien kann nur vom
einzelnen aus auf dem Wege der Induktion erfolgen in den drei Stadien von
sensus, memoria und experiraentum. Die Sinne bilden das Fundament aller
Wissenschaften, und sie eröffnen nicht bloß den Weg zu den ersten Prinzipien,
sondern erzeugen dieselben auch (Metalog. IV, 8; Migne 199, 920 C ff.; Communes
enim conceptiones a singulonim inductione fidem sortiuntur. Impossibile
enim est universalia speculari non per inductionem, quoniam, ut ait, quae
ex abstractione dicuntur, per inductiones ignota nota fiunt. Inducere autem non
habentes sensum impossibile est. Singularium enim sensus est, nee contingit
ipsorum aceipere scientiam neque ex universalibus sine inductione, nee per in-
ductionem sine sensu. Fit ergo ex sensu memoria, ex memoria multorura sae-
pius iterata experiraentum, ab experimentis scientiae aut artis ratio manat
Sic itaque sensus corporis, qui prima vis aut prinuim exereitium animae est, om-
nium artium praeiacit fundamenta et praeexistentem format cognitionem, <^uae
primis principiis viam non modo aperit, sed et parit). So liegt die aristotelische
Wissenschafts- und Prinzipienlehre mit ihrem empiristischen Unterbau und ihrer
Abstraktionstheorie, wie sie Thomas von Aquin hundert Jahre später dem
Aogustinismus gegenüber entwickelte, bereits seit der Mitte des zwölften Jahr-
hunderts zum Teil in sehr ausgebildeter Form vor, so daß der Aquinate hier
nichts Wesentliches mehr zu leisten hatte. Siehe auch oben S. 286.
Alanus ab insulis (Ryssel, Allain de Lille), doctor universalis, ge-
storbenzu Citeaux um 1203, kannte zwar das Buch von den Ursachen
(Liber de causis), das er zum erstenmal in der Scholastik unter dem Titel
Aphorismi de essentia sumniae bonitatis zitiert (Contra Haeret. I, 30,
31; Migne 210, 332 C, 334 B), im übrigen blieb er aber von der arabisch-aristo-
telischen Literaturnoch unberührt und faßte die Resultate der voraufgegangenen
christlichen Traditionzusammen. Seine philosophischen Hauptquellen sind die
boethianischen Schriften. Ausdrücklich hervorgehoben sei noch, daß Alanus,
wie früher schon Abälard, auch aus dem hermetischen Schriftenkreis, aus
dem A.*clepius des Merkurius oder des Hermes Trismegistus schöpfte,
und zwar durch Vermittlung der pseudo-augustinischen Schrift Contra quinque
haereses. die ihrerseits wiederum auf Lactanz zurückweist (siehe M. Baum-
§ 30. Alanus ab Insulis. 325
gartner. Die Philos. des Alanus etc., S. 13, 115 ff.). Von seinen Schriften ge-
hören der praktiBchen und biblischen Theologie an: Ars praedicandi, d. i. eine
Anweisung für die Ausübung des Predigtamts, ferner Sermones, die Distinc-
tiones dictionum theologicarum, d. h, ein Lexikon biblischer Ausdrücke
nach Art der Summa Abel des Petrus Cantor (siehe oben S. 3C)4), weiterhin
der Poenitentiarius, ein Biißbiich, dessen vollständigen Text Cl. Baeumker
in dem Lilieufelder Codex n. 144 aufgefunden hat.
Ungleich größere Bedeutung für die Geechichte der Philoso"phie als die
genannten Arbeiten liesitzen weitere Schriften des Alanus. In dem in vier
Büchern abgefaßten apologetischen Werk De fide catholica contra haere-
ticos werden die Hauptlehren der üJirche gegen die Angriffe der Waldenser,
Juden und Mohammedaner mit Autoritäten (Schrift und Väter) und zugleich
mit Vernuuftgriinden verteidigt. Eine weit stärkere Betonung erfährt das
rationale Moment in den Regulae oder Maximae theologicae. Hier wird
in Anlehnung an das „Regelbuch" (Über regularura) des Boethius (über de
hebdomadibus) und in Nachahmung der daselbst proklamierten mathematisch-
deduktiven Methode der merkwürdige Versuch gemacht, den ursprüng-
lich logischen Begriff des Axioms in die Theologie einzuführen.
Die sämtlichen Wissenschaften des Triviums und Quadriviums nebst Ethik
und Physik stützen sich auf oberste Regeln (omuis scientia suis nititur
regulis velut propriis fundamentis, Reg. Prol. Migne 210, 621 A).
So auch die Theologie. Alanus unternimmt es nun, diese obersten Sätze, die
Maximen oder R^eln der theologischen Wissenschaft im einzelnen zu fixieren
und aus ihnen auf deduktivem Wege, indem die späteren Regeln aus den früheren
abgeleitet werden, einSystem des ganzen Glaubensinhaltes mit Einschluß der
Mysterien aufzubauen. Die von Alanus den wichtigsten theologischen Sätzen
gegebene Regel- oder Maximenform wirkt noch im dreizehnten Jahrhundert,
z, B. in der Summa aurea des Wilhelm von Auxerre, nach, wo neben die
Regula logicalis die Regula theologica tritt; Siehe M. Grabmann II, 470.
Das berühmte Gedicht „Anticlaudian" ist eine groß gedachte Enzyklo-
pädie des gesamten damaligen Wissens, des weltlichen wie des theologischen, und
erinnert in Ausgangspunkt, Plan und Anlage stark an Claudians Rufinus
Name Anticlaudian oder in manchen Handschriften Antirufinus),
(daher der
Martianus Capeila De nuptiis Mercurii et Philologiae und an
an des
Bernhard Silvestris' De mundi universitate. — Dem an mythologischen
Reminiszenzen überreichen, allegorisch moralisierenden, aber auch mit natur-
philosophischen Ideen durchwebten Traktat De plane tu naturae (die Natur
Überhandnehmen der Laster in der Welt)
klagt über das diente des Boethius
Consolatio und Martianus Capeila als Vorlage.
Alanus Wissenschafts- oder
steht bezüglich seiner bereits angedeuteten
Methodenlehre unter dem Boethius und Gilbert, mit dem er
Einflüsse des
auch in der Universalienfrage zusammenstimmt. Seine Ontologie enthält eine
Reihe höchst wichtiger, durch Boethius vermittelter aristotelischer Elemente:
die Lehre von Substanz und Akzidens, Materie und Form, die verschiedene
Fassung des Naturbegriffs, die vier aristotelischen Ursachen, die aristotelische
Theorie des Werdens. — In seiner Naturphilosophie, in welcher die per-
sonifizierte Natur die Funktionen der platonischen Weltseele ausübt, spielt das
diirch Boethius und Pseudo-A pul ejus (siehe M. Baumgartner, S. 78)
überlieferte aristotelische Gesetz der Synonymie, „Gleichartiges werde aus
Gleichartigem erzeugt, der Mensch aus dem Menschen", eine Rolle. Diese Be-
kanntschaft mit wesentlichen aristotelischen Lehren erklärt eineTseit-«
326 § 30. Radulf de Longo Campo. Nicolaus von AmienB.
die auf Gewinnung des ganzen Aristoteles gerichtete Bewegung am Ende des
12. Jahrhunderts, anderseit« aber auch das rasche Verständnis der aristotelischen
Philosophie im kommenden Säkulum. —
In der Gottes lehre zeigt Alanus
vielfache Anknüpfungspunkte an Thierry von Chartres. Wie jener, faßt auch
er die Gottheit unter dem Begriff der „unitas", „monas" und, wie jener, sucht
auch durch pythagoreisierende Zahlenppekulationen
er die Dreipersönlichkeit Gott«8
zu demonstrieren. Mit Alanus der Überzeugung;, daß auch die
Abälard ist
Philosophen die Trinität erkannt hätten. Zum Beweise hierfür beruft er sich
auf den Philosophen Merkurius oder Hermes Trismegistus (Contra Haere-
ticos III, 3; Migne 210, 404 D), genauer auf die hermetische Schrift Ascle-
piuB, die auch unter dem Titel Logostileos id est verbura perfectum
zitiert wird. Als weiteres Zeugnis fügt er hinzu (Cont. Haer. III, 4; R^. theol. 3;
Migne 210, 405 D. 624 C ff.): Unde et philosophus ait: Monas gignit monadem
et in se suum reflectit ardorem, ein Satz, der in der Folgezeit noch häufig er-
wähnt wird, Garnerius von Rochefort und bei Witelo, die ihn aus
so bei
Alanus Alexander von Haies, Bonaventura, Alber-
kennen, ferner bei
tus Magnus, Thomas von Aquin, die ihn als einen Ausspruch des Trisme-
gistus zitieren. Die These stammt wahrscheinlich, wie eine zweite, die als
Regula 7 (Migne 210, 627 A) formuliert ist und die lautet: Dens est sphaera
intelligibilis, cuius centrum ubique, circumferentia nusquam, aus einem mittel-
welchem sich, wie bei Alanus selbst (R^. 99; Migne 210, 673 D), in der Lehre
von der Ekstase oder von der Apotheose (deificatio) Anklänge an Johannes
Scottus finden, dessen Kommentar zu Pseudo-Dionysius ausdrücklich er-
wähnt wird (M. Grabmann II, S. 51). Interessant ist femer bei Radulf eine
breit —
ausgesponnene Wissenschaftseinteilung (M. Grabmann II, 48 52) und die
bemerkenswerte Tatsache, daß mit Reminiszenzen an die Schule von Chartres in
der neuplatonischen Trias Gott, Noys, Weltseele sich mischt der Wellenschlag
einer neuen Zeit, der aristotelischen und arabischen Philosophie. Radulf kennt
bereits von Aristoteles die Schriften De anima und De somno et vigilantia,
den Kommentar des Averroes zur letzteren Schrift, verschiedene Werke von
Avicenna und von anderen arabischen Autoren (B. Haur^au, Notices et
extraits I, 327 f.). Etwas später als Radulf, vor 1231, hat auch Wilhelm
von Auxerre einen Kommentar zum Anticlaudian abgefaßt (B. Haurdau,
a. a. O., 351 f.), und noch um 1300 hat das alanische Lehrgedicht Heinrich
von Neustadt als HauptqueUe für sein Poem „Gottes Zukunft" gedient
(Marti).
Alanus befolgte in seinen Regulae oder Maximae theologicae die
mathematisch-deduktive Methode, indem er die späteren R^eln aus den vorher-
gehenden ableitete. Nach der gleichen Methode der Mathematiker, die Boethius
in dem Prolog zu seinem Liber de hebdomadibus als die wissenschaftliche Me-
thode überhaupt empfohlen hatte (Ut igitur in mathematica fieri solet ceterisque
etiam disciplinis, praeposui t^rminos regulasque quibus cuncta quae secuntur
efficiam), nur formell viel schärfer und präziser imd in engster Anlehnung an
die Elemente Euklids, die dem Papste Klemois III. (1187—1191) gewidmete
ist
^Tirde bisher vielfach dem Alanus de Insulis zugeteilt, unter dessen Namen
er bei Pez und bei Migne gedruckt wurde. Nach den Untersuchungen von
M. Grabmann (II, 459 —465), der sich auf den handschriftlichen Befund und
auf alte Bibliothekskataloge stützen kann, gehört er aber unzweifelhaft Nico-
lau8 von Amiens an. Nicolaus ahmt genau das methodologische
Schema der Geometrie des Euklid nach (siehe Joh. Saresber., Policrat.
VII, 7; Migne 199, 649 C), indem er Definitionen (descriptiones), Postulate
(petitiones) und Axiome (communes conceptiones) an die Spitze stellt und aus
ihnen die Lehrsätze oder Theoremata deduziert, und zwar im ersten Buch die
Lehre von Gott, dem Einen und Dreifältigen, der einheitlichen Ursache aller
Dinge, im zweiten Buche die Lehre von der Welt, der Schöpfung der Engel und
Menschen und dem freien WUlen (reparatio) des gefallenen Menschen, im vierten
die Lehre von den kirchlichen Sakramenten, im fünften die Lehre von der Wieder-
auferweckung und dem zukünftigen Leben.
Die gleiche Methode, wie die Ars catholicae fi.dei, befolgt ein fälschlich
dem Alanus zugeschriebener Liber de trinitate, von dem Cl. Baeumker
<PhiIos. Jahrb. 6, 1893, S. 428 f.) die Definitionen und die Lehrsätze mit-
geteilt hat.
So ist am Ende des zwölften Jahrhunderts unter dem Einfluß der mathe-
matisch orientierten boethianischen Methodologie die Theologie um es paradox —
auszudrücken —
zur Mathematik, zur Geometrie geworden. Wir haben eine
Theologiamoregeometrico demonstrata lange,bevor Spinoza seineEthica
more geometrico demonstrata schrieb. Die Theologie ist eingerückt in die
Reihe der Artes, der Wissenschaften; sie ist selbst eine Ars, eine Wissenschaft
geworden, nach dem Vorbild der Mathematik, insofern sie in wissenschaftlicher
Weise das Beweisverfahren handhabt (De arte cath. fidei prol. Migne 210,
597 AB: Nempe editionem hanc Artem catholicae fidei merito appello. In
modum enim artis composita diffinitiones, distinctiones continet et propositiones
artificioso successu comprobantes). In der Ars catholicae fidei des Nico-
laus von Amiens müssen wir Produkt jener von
unstreitig das konsequenteste
Anselm von Canterbury inaugurierten und außer von Nicolaus auch von
Richard von St. Victor vertretenen Denkrichtung erblicken, deren Bestreben
danach ging, die Theologie mit rein rationalen Mitteln lediglich
unter Berufung auf rationes ne<;e68ariae oder probabiles und
unter Ausschluß der auctoritates systematisch aufzubauen. G<;rade
durch den Verzicht auf die auctoritates und deren dialektischen Ausgleich
beim Systembau unterscheidet sich die mathematisch-deduktive Richtung in
<ier Theol(^ie des zwölften Jahrhunderts von Abälard und seiner Schule und
-von den nach der gleichen Methode arbeitenden Sententiariern.
Mit der Wendung der Mystik nach Innen, mit der Reflexion auf
die Geheimnisse des inneren Seins und Lebens war notwendig ein
wachsendes Interesse an der Untersuchung der seelischen Be-
tätigungen und Äußerungsformen, eine stärkere Betonung-
der Psychologie gegeben. So finden wir in der Tat in den
Kreisen der Mystik des zwölften Jahrhunderts eine intensivere Pflege
der Psychologie, die sich auch äußerlich in eigenen psychologischen
Aasgaben.
I. Bernhard von Clairvaux.
Die Ausgaben der Werke Bernhards sind zusammengestellt bei L. Ja-
nauschek, Bibliographia Bernardina, Wien 1891 (Xöiia Bernardina, Par*
IV). Siehe dazu 0. Rottmanner, Histor. pol. Blätter, 1892, 8, 205 ff (auch .
268). Die erste Gesamtausgabe stammt von Jean Bocard, Paris 1508.
Weit bedeutender war die Ausgabe von Jacob Merlo Horst, Colon. Agripp.
1641, 2 voll. Verbessert wurde sie durch Mabillon, 1. Ausg. Paris 1667, 2. A.
ebend. 1690, 3. Ausg. besorgt von Ren4 Massuet u. Fr. Texier, ebend. 1719.
Die letztere ist abgedruckt bei Migne, P. lat. 182—185, Paris 1854—1855.
Eine neue kritische Ausgabe der Sermon es de Tempore, de Sanctis, de
Diversis verdanken wir B, Gsell und L. Janauschek in: Xenia Bernardina.
Pars I, Wien 1891. —
Den authentischen Text der Capitula haeresum Petri
Abaelardi hat W. Meyer, Die Anklagesätze d. hl. Bernhard gegen Abälard,
Nachr. d. K. Ges. d. Wiss. zu Göttingen 1898, S. 436 geliefert.
Zur handschriftlichen Überlieferung L. Janauschek, siehe oben.
B. Hauröau, Notices et extraits de quelcjues raanuscrits I III, Paris 1890 —
1891. L. Delisle, Un troisifeme mauuscrit des sermons de S. Bernard en fran-
^ais. .Journal des savants, März 1900, 148 — 164.
studio canonicorum de S. Victore, Paris 1526, Venedig 1588, Köln 1G17, Mainz
1617, Rouen 1648. Die letztere Ausgabe ist abgedruckt bei Migne, P. lat.
175-177.
Eine dem Hugo zugeschriebene Chronik ist in M. G. SS. XXIV, 88 97 —
und der Traktat Hugos über die Geometrie von Curtze in: Monatshefte für
Mathematik und Physik 8, 1897, 197, 193-220 veröffentlicht.
Zur handschriftlichen Überlieferung der Werke Hugos siehe:
Histoire litt, de la France XII. Prol^omena zur Ausgabe von Migne,
P. lat. 175, I —CXXVI. Zwei Kataloge der Werke Hugos wurden verönent-
licht von B. Hauröau, Bulletin du comitt'' historique, 1852, p. 177 ff.
t. III,
(auch bei Migne 175, CXLI-CLII); derselbe, Hu^ues de S. Victor. Nouvel
examen de l'^dition de ses Oeuvres, Paris 1859 (H. hat hier auch zwei bisher
ungedruckte Schriften publiziert, nämlich die Epitome in philosophiam und
-den Traktat De contemplatione et ejus speciebus). Zweite Auflage unter
dem Titel: Les oeuvres de Hugues de S. Victor, Paris 1886; derselbe, Notices et
extraits, t, I— VI, Paris 1890—1893. H. Denifle, Die abendländischen Schrift-
ausl^er bis Luther über die Justitia Dei und Justificatio, Mainz 1905, XIII A. 1
(Die Quaestiones super epist. Pauh sind keine echte Schrift Hugos). H. Ost-
ler, Die Psychologie d. Hugo v. St. Victor, Münster 1906, S. 11 A. 3 (Beitr. z.
(iesch. d. Philos. d. M. VI. 1). O. berichtet über einen Traktat Hugos zum
Hohen Lied in Cod. lat. 26 818 (s. XV) der Münchener Staatsbibüothek, femer
über einen wohl unechten Kommentar zur mystischen Theologie des Pseudo-
Dionysius in Cod. lat. Mon. 18 210 (s. XV), endlich über ein fälschlich dem
Hugo zugeschriebenes Compendium philosophiae in Cod. lat. Mon. 23529
IS. XIV), das eine unbekannte Redaktion der Philosophia des Wilhelm von
Conches darstellt. B. Geyer, Die Sententiae divinitatis, ein Sentenzenbuch der
Qilbertschen Schule, Münster 1909, S. 30 (Ein von Hauröau, Les oeuvres etc.,
Paris 1886, 151 ff. dem Hugo von St. Victor zugeschriebener noch imgedmckter
Traktat De libero arbitrio gehört Hugo nicht an, sondern ist ein Elxzerpt aus
Bernhards von Clairvaux Schrift De gratia et libero arbitrio). J. de
Ghellinck, La table des matiferes de la premifere edition des oeuvres de Hugues
de S. Victor, Rech, de sciences relig. I, 1910, 270—289, 385—396 (Wertvolle
üntersuchtingen über die Liste der Werke des Hugo
oder vielmehr über das
Verzeichnis der Materien der vier Bände der ersten Ausgabe von Abt Gilduin,
gest. 1155. Publiziert wird der Indiculus omnium scriptorum Magistri Hugonk
de S. Victore que scripsit nach Cod. 49 d. Merton College zu Oxford); derselbe,
Un catalogue des oeuvres de Hugues de S. Victor (Oxford, Merton College, Ms.
129), Revue n^-scol., Mai 1913. M. Grabmann, Die Gesch. d. schol. Methode
II, Freib. L B. 1911, 235 A. 3 (über Handschriften des Didascalion); 249 A. 2
(über Handschriften von De sacramentis christ. fidei); 295 f., 300 A. 1
(über den handschriftl. Bestand der Summa
sententiarum).
Bernhard (doctor mellifluus), 1091 auf dem Schloß Fontaines bei Dijon
geboren, wurde mit einundzwanzig Jahren Mönch von Citeaux, nach drei Jahren
Abt des Klosters Clairvaux, wo er 1153 starb. Außer den für die Zeitgeschichte
höchst wertollen Epistolae, darunter (Ep. 190) der 1140 geschriebene Brief an
Papst Innocenz II. Contra quaedam- capitula errorum Abaelardi, zu
dessen Würdigung auch die Capitula haeresum Petri Abaelardi heran-
zuziehen sind, seien von Bernhards zahlreichen Schriften genannt die mysti-
schen Werke: De gradibus humilitatis et superbiae (um 1121), De
diligendo deo (um 1126), De gratia et libero arbitrio (um 1127),
Sermones in Cantica Canticorum, De consideratione libri V (1149
—1152).
Bernhard war in erster Linie der Meister des religiösen Lebens und der
mystischen Schauung. Kein Gegner der Wissenschaft im Stile von Petrus Da-
miani, Manegold und Otloh wiU er die Wissenschaft nicht herabsetzen, die
Gelehrten tadeln oder die wissenschaftlichen Studien hindern, vielmehr erkennt
er ausdrücklichden großen Nutzen an, den die Wissenschaft der Kirche geleistet
hat und immer noch leistet (Serm. in cant. 36, n. 2; Migne 183, 967 D). An-
derseits erscheint ihm aber doch das Wissen um des Wissens willen als schänd-
liche Neugier (turpis curiositas); Büligung findet das Wissen nur, wenn es der
Erbauung dient (ib. n. 3; Migne 183, 968 D). Aus dieser Stimmung mag
auch das harte Wort von der ventosa loquacitas philosophorum (Sennones
in cantica 58, n. 7; Migne 183, man wird es
1059 B) geflossen sein, und
unter diesen Umständen nicht verwunderlich finden, wenn Beruhard für die
großen wissenschaftlichen Aufgaben und Ideale seiner Zeit, wie sie von Abälard
und Gilbert verfochten wurden, kein Verständnis zeigt. Seine Philosophie
war, Jesum, den Gekreuzigten, zu kennen (Serm. in cant. 43, n. 4; Migne 183,
995 B: haec mea sublimior Interim philosophia. scire Jesum et hunc crucifixum).
332 § 31- Bernhard von Clairvaux.
und gar an dem großen Afrikaner gebildet und von ihm die Grundlagen seiner
frommen Betrachtungen überkommen hat." Bernhard entwarf auf dem Ge-
biete der Mystik den Grundplan, den die Folgezeit genauer durchgeführt hat.
Er Bedingungen aller mystischen Erhebung die Demut, die nach,
hält für die
der Lehre des hl. Benedikt in zwölf Graden sich aufbaut, und die Liebe zu
Gott, welche sich aus der Demut entwickelt (De grad. humil. c. 2, n. 3; Migne
182, 943 A). Auf dieser Grundlage vermag der Mensch in die Tiefen der Wahr-
heit einzudringen (ib.: in culmine huraihtatis constituitur cognitio veritatis). Die
Wahrheitserkenntnis vollzieht sich in zwei Stufen, in der Form der conside-
ratio und der contemplatio. Die consideratio wird bestimmt als intensa ad
investigandum cogitatio vel intentio animi vestigantis verum (De cons. II, 2;
Migne 182, 745 B). Die contemplatio wird definiert als verus certusque in-
taitus animi de quacumque re sive apprehcnsio veri non dubia (ib.). Als Höhe-
punkt der Kontemplation erscheint die Ekstase (De cons. V, 14, n. 32; Migne
1^, 806 C), von der Bernhard sagt (Serra. in cant. 31, n. 6; Migne 183,
948 C): Excessara purae mentis in deum sive dei piiun descensum in animam.
nostris quibus possumus exprimimus verbis spiritualibus spiritualia compa-
rantes.
Die Ekstase (excessus oder nach einem pauünischen Ausdruck auch
raptus) ist also ein unmittelbarer Verkehr zwischen Seele und Gott, das
Hereintreten des reinen Geistes in die Gottheit oder das Herabsteigen Gottes
in die Seele. Sie ist negativ betrachtet eine Loslösung von den körper-
lichen Sinnen, ein sich selbst Verlieren, ein sich nicht mehr Empfinden,
eine Vernichtung und beinahe Annullierung des eigenen Selbst (Serm.
eine
in cant. 85, n. 13; Migne 183, 1194 B: In hoc ultimo genere interdum
exceditur et seceditur etiam a corporis sensibus. De diligendo deo c. 10,
n. 27; Migne 182, 990 C: Te enim quodammodo perdere, tamquam qui
non sis, et omnino non sentire te ipsum et a te ipso exinaniri et pene
annullaii coelestis est conversationis). Nach der positiven Seite schließt
die Ekstase in sich den Genuß des göttlichen Wortes (Serm. in cant. 85,
n. 13; Migne 183, 1194 B: Hoc fit, cum mens ineffabilis Verbi illecta dulce-
dine quodammodo [se] sibi furatur, immo rapitur atque elabitur a se ipsa, ut
Verbo fruatur) und schließlich die Gottwerdung (deificari), die Bernhard (De
diligendo deo c. 10, n. 28; Migne 182, 991 A B) in folgenden bekannten Bildern
geformt wird (transformatur), so sehr, daß sie nicht nur erleuchtet, sondern selbst
Licht zu sein scheint, so ^vird im Jenseits in den Heiligen das Menschliche in
unaussprechlicher Weise verschwinden (a semetipsa liquescere) und völlig in
Grottes Willen transfundiert werden (atque in Dei penitus transfuudi voluntatem).
Denn wie sollte sonst Gott alles in allem sein, wenn im Menschen noch etwas
vom Menschen übrig bliebe? Bleiben wird zwar noch die Substanz, aber
in anderer Form, in anderer Herrlichkeit, in anderer Macht (Alioquin quomodo
omnia omnibus erit deus, si in homise de homine quidquam supererit? Ma-
in
nebit quidem substantia, sed in alia forma, alia gloria, alia potential. Die Dei-
fikation ist eine Umformung, eine Verähnlichung der Seele mit Gott, eine Gott-
formung, ein Aufgehen in Gott, so daß die Seele ein Geist ist mit Gott (De dil.
deo c, 11, n. 32; Migne 182, 994 B: quid jam impedit a se ipsa quodamraodo
abire et ire totam in deum eoque sibi penitus dissimillimam fieri, quo deo simU-
limam effici donatur? Ib. c. 15, n. 39; Migne 182, 998 D: Quasi enim miro
<juodam modo oblitus sui et a se penitus velut deficiens totus perget in deum et
deinceps adhaerens ei unus cum eo spiritus erit). Auch die für die spätere
Mystik 80 bedeutsame Lehre vom Seelenf ünklein findet sich bereits bei Bern-
hard (Serm. in cant. 18, n. 6; Migne 183, 862 BC: raptim et quasi sub quo-
dam coruecamine «cintillulae transeimtis tenuiter vix attacti inardescit
amore).
]Mit dem für seelische Beobachtung geschärften Blick des Mystikers be-
trachtet Bernhard auf psychologischem Gebiet in erster Linie
das Willensphänomen und die Willensfreiheit. Sie ist dreifach,
die Freiheitvon der Sünde (a peccato), von der Unseligkeit (a miseria)
und von der Notvendigkeit (a necessitate; De gratia et libero arbitrio
c. 3, n. 7; Migne 182, 1005 BC). Der WiUe, der (ib. c. 2, n. 3; Migne
Ifö. 1003 B) als motus rationalis et sensui praesidens et appetitui bestimmt
wird, hat stets die Vernunft als Begleiterin (comitem et quodammodo
pedissequam), weil er zwar nicht immer aus Vernunft (ex ratione). nie aber
ohne Vernunft (absque ratione) bewegt wird (ib. c. 2, n. 3; Migne 182, 1003 B).
Die Vernunftleitung bedeutet aber keine psychische Determinienmg oder
Nötigung für den Willen (ib. c. 2, n. 4; Migne 182, 1003 C: Est vero ratio
data voluntati ut instruat ülam, non destruat. Destrueret autem, si necessitatem
ei ullam imponeret). Die Willensfreiheit (arbitrii libertas) gut Bernhard als
etwas Göttliches, das in der Seele aufglänzt, wie der Edelstein im Gold. Sie
stellt sich dar als einen Akt des Intellekts, als einen l'rteilsakt und als Akt der
Wahl oder des Willens (Seriü. in cant. 81, n. 6; Migne 183, 1173 D: Ex hac
nempe inest illi et cognitio judicii et optio eligendi. Vgl. De gr. et
libero arbitrio c. 2, n. 4; Migne 182, 1(X)1- A).
In dem Kampf mit Abäiard sah sich Bernhard zu einer scharfen Defi-
nition des Glaubens im Unterschied von Wissen und Meinung gezwungen.
Er definiert die drei Erkenntnisweisen (De consid. V, 3, n. 6; Migne 182, 791 A)
folgendermaßen: Fides est voluntaria quaedam et certa praelibatio necdum pro-
palatae veritatis. Intellectus est rei cujuscunque invisibilifi certa et manifesta
notitia. Opinio est qu.isi pro vero habere aliquid, quod falsura esse nescias).
Zu den vertrauten Freunden Bernhards gehörte Wilhelm, 1119 1135 —
Abt des Benediktincrklosters St. Thierry, später Zisterzienser in Siguy, gest.
1148 (nach anderen 1153). Eine Keihe mystischer und exegetischer Schriften
entstammen seiner Feder,so Meditativae orationes, De contemplando
deo. De natura dignitate divini amoris.
et Dogmatischen Charakter
tragen die Abhandlungen Speculum fidei und Aenignia fidei. Den
334 § 31. Isaak von Stella.
Kampf gegen Abälard führte Wilhelm in der im Winter 1138 auf 1139
entstandenen Disputatio adversus Abaelardum und in dem Briefe, in
welchem er Bernhard auf die Irrtümer Abälards aufmerksam machte, weiter-
hin in der Disputatio catholicorum patrum in drei Büchern. Gegen Wil-
helm von Conches wandte er sich in der Schrift De erroribus Guillelmi
de Conchis, gegen Gilbert de Porree in einer noch ungedruckten Schrift
Contra errores Gilberti Porretani, falls dieselbe nicht identisch ist, wie
einige vermuten, mit dem bei Migne 185, 595 — 618 unter dem Namen Gau-
frids edierten Libellus contra capitula Gilberti Pictaviensis.
In seinen dogmatischen Werken beschäftigte sich Wilhelm viel mit der
subjektiven oder psychologischen Seite des Glaubens. Er suchte den
Anteil zu bestimmen, den Intellekt und Wille an dem Glaubensakt haben. Der
Glaube wird als voluntarius mentis assensus deo inspirante in uns hervorgebracht
(Migne 180, 370 D).
Wilhelms starke Neigung zu psychologischen Betrachtungen äußert
sich in seiner Schrift Libri duo de natura corporis et animae.
Das erste Buch behandelt die Physica humani corporis, das zweite die
Physica animae. Das Ganze
zwar nur eine Kompilation, aber es ist von
ist
historischem Interesse auf die Quellen hinzuweisen, aus denen Wilhelm schöpft..
Einerseits sind es die Philosophen oder Physiker, anderseits die kirchlichen
Lehrer, deren Ansichten der Abt von St. Thierry wiedergeben will (Prolog.;
Migne 180, 695). In der Tat stellt sich seine Arbeit dar als eine Verbindung
von piaton isch-augustinischer Psychologie und Mystik mit griechischa- und ara-
bischer Medizin, deren Lehren er, wie Wilhelm von Conches» den durch
Const antin US Africanus (siehe oben S. 310) erschlossenen Quellen entnahm.
Christüch-augustinische Gedanken treten uns entgegen in der Anschauung von
der Gottesbildlichkeit der Seele (Migne 180, 717 B C), ferner in der wörtlichen
Hertibernahme (Migne 180, 723 — 724) der^sieben Stufen des Aufstiegs der Seele
zu Gott, wie sie von Augustinus (De quant. an. c. 33; Migne 32, 1074) ge-
schildert werden, und in der mystischen Lehre von der Formierung der Seele
durch die Forma Formatrix (Migne 180. 722 B C).
Mit Psychologie, wie Wilhelm von St. Thierry, aber unter Aus-
schaltung der anatomisch-physiologischen Teile, beschäftigten sich auch die
Zisterziensermönche Isaak von Stella und Alcher von Clairvaux.
Isaak, ein Engländer von Geburt, zuerst Mönch in Citoaux, 1147 — 1169
Abt von Stella in der Diözese Poitiers, schrieb, abgesehen von ^ermones, De
officio missae imd einer erst durch Bliemetzrieder bekannt gewordenen
Erkärung zum Buche Ruth, um 1162 eine Epistola ad quendam
familiärem suum de anima — der Adressat ist der Mönch Alcher von
Clairvaux — in welcher er einen Abriß der Psychologie vom platonisch-
,
Mittelstellung zwischen Gott und Körper ein (Ib. 1876 B\, woraus sich ergibt.
daß mit beiden eine gewisse Ähnlichkeit (oonvenientia) besitzen muß.
sie Sie
selbst hat (Ib. 1878 B) ein Unterstes (iraum), ein Mittleres (medium) und ein
Oberstes 'isummum).
Den Gedanken von der convenientia zwischen Seele und Körper benützt
Isaak, um die Verbindung von Leib und Seele verständlich zu machen.
Er sucht den schroffen platonisch-augustinischen Dualismus zu überbrücken, in-
dem er den Geist dem Körper und umgekehrt den Körper dem Geist annähert
(Ib. 1 181 C). Zwischen dem Untersten der Seele, dem phantasticum animae, das
fast Körper und dem Obersten des Körpers, der sensualitas camis, die fast
ist,
rentiaß, propria accidentia; omnia incorporea, tsed nou extra corpora lüsL
ratione subsistentia- Non enim inveniuntur secundae substantiae subsistere niei
in primis). So ist bereite bei Isaak von Stella der aristotelische Realismus
in jener Form si^^reich durchgedrungen, in welcher er in der Hochscholastik
z. B. bei Thomas von Aquin, vertreten wird.
Außer der Vernunft kennt Isaak als weitere erkennende Vermögen den In-
tellekt und die Intelligenz. Gegenstand des Intellekts ist das wahrhaft
Unkörperliche d. h. der geschaffene Geist, der weder des Körpers, noch des Ortes
zu seiner Subsistenz bedarf, und der nur mehr der Zeit unterliegt (Ib. 188.5 B:
Intellectus igitur ea vis animae est, quae rerura vere incorporearum percipit
forraas; vgl. Ib. 1880 C). Die höchste Erkenntniskraft endlich, die Intelligenz,
schaut (cernit), quantura naturae fas est, das höchste und rein unkörperliche Sein
selbst (ipsum eolum summe et pure ineorporeum), das weder des Körpers, noch
des Ortes, noch der Zeit zum Sein bedarf, die Gottheit (Ib. 1880 C, 1885 B). Wie
das Auge die Sonne nur im Lichte der Sonne sieht, so kann die Intelligenz das
wahre und göttliche Licht nur sehen in diesem Lichte selbst. Das von Gott
ausgehende Licht, bestrahlt (irradiat) den Greist. Der letztere sieht zuerst das
Aufleuchten des Lichtes, ohne welches nichts gesehen wird, und schaut in ihm
alles übrige. Von hier aus steigt dann die Intelligenz zur Quelle des Lichtes
selbst auf, um durch das Licht das Licht selbst zu finden und zu schauen (Ib.
1888 A ita manens in deo lux, quae exit ab eo, meutern irradiat, ut primum
:
ipsam corruscationem lucis, sine qua nihil videtur, videat, et in ipsa caetera videat
hincque ad ipsum lucis fontem intelligentia ascendens ipsam per ipsius lumen in-
veniat et cernat). Dieses Hereinstrahlen der Gottheit in die Seele bezeichnet
Isaak in der Sprache des Johannes Scottus als ein Herab.steigender Theo-
phanien. Wie von unten her in die Imagination die Phantasiebilder aufsteigen,
«0 steigen von oben herab in die Intelligenz die Theophanien (Ib. 1888 B: Itaque
«icut in imaginationem de subtus phantasiae sorgunt, ita in intelligentiara desuper
theophaniae descendunt).
So mündet Isaaks Erkenntnislehre in der platonisch-augustinischen Mystik,
<ier in der Theophanienlehre auch skottistische Einschläge nicht fehlen. Die
aristotelische Abstraktionslehre mit ihrer empirischen Basis steht noch friedlich
neben Augustin s Erleuchtungs- und Trradiationstheorie mit ihrer entgegen-
gesetzten apriorischen Tendenz, Die Spannung erscheint dadurch ausgeglichen, daß
Isaak die Abstraktion auf die Erfahniugsdinge, die Irradiation dagegen auf die
Gotteserkenntnis einschränkt. Für ein konsequentes Durchdenken und für eine
Lösung des Erkenntnisproblems konnten aber die Gegensätze von
einheitliche
Aristoteles imd Augustin auf die Dauer nicht verschleiert werden. Es mußte
zu einem Zusammenstoß zwischen augustinischem ApriOTiamus und aristotelischem
Empirismus kommen, ein Problem, das in der Tat im folgenden Jahrhundert
zu scharfen Auseinandersetzungen zwischen Augustinismus und Aristotelismus
führte.
Nicht so originell wie der Brief des Isaak von Stella ist die psycho-
logische Schrift Despirituet anima, welche die neuere Forschung Alcher
von Cläirvaux zuteilt. Nach Bliemetzrieder (S. 31) ist sie die Antwort
Alchers auf Isaaks Epistola. Zusammengestellt aus zahlreichen Autoren, unter
denen neben Gennadius, Cassiodor, Isidor, Aicuin, Hraban, Beda,
Lactanz (De opificio dei), Macrobius (Somn. Scip. I, S) hauptsächlich
Augustinus, Hugo von St. Victor und Isaak von Stella ausgeschrieben
werden, bot die Schrift ein vortreffliches Kompendium der gesamten psycho-
logischen Tradition der Vorzeit, das auch noch im drei;?phnten Jahrhundert nach
§ 31. Hugo von St. Victor. 337
dem Eindringen der aristotelischen Psychologie sehr g^chätzt und oft zitiert
mas von Aquin (Quaest. de anima, a. 12. ad 2) einen nicht näher bezeich-
neten Zisterziensermönch als Verfasser nennt. Siehe K. Werner, Der Entwick-
lungsgang d. mittelalt. Psychol., 8. 42.
Die Zisterzienser um Bernhard von Clairvaux waren nicht die einzigen,
bei denen Mystik und Psychologie eifrige Pflege fanden. Eine noch berühmtere
Heimstätte blühte in der Abtei der Augustiner Chorherren von St. Victor vor
den Toren von Paris. Die Schule von St. Victor geht auf Wilhelm von
Champeaux zurück, der sich 1108 dorthin zurückgezogen und seine Lehrtätig-
keit daselbst wieder aufgenommen hatte. Ihre Glanzzeit errichte die Schule nüt
Hugo und Richard von St Victor.
Hugo, geboren 1096 zu Hartingham Sachsen aus dem Geschlechte der
in
Grafen von Blankenburg, Bildung im Kloster Hamersleben bei
erhielt seine erste
Halberstadt. Seine weiteren Studien machte er seit 1115 im Kloster von St.
Victor in Paris, wo er seit 1125 als Lehrer wirkte und von 1133 bis zu seinem
alkufrüh erfolgten Tode 1141 die Leitung der Schule inne hatte. Hugo gehört
zu den markantesten PersönHchkeiten und zu den größten Theologen des zwölften
Jahrhunderts, dessen Bedeutung die Zeitgenossen, wie die Nachwelt bis tief ins
dreizehnte Jahrhundert hinein, lebhaft empfanden (siehe die Zeugnisse bei
den folgenden drei die Theologie behandelte. Das Werk schließt in den Hand-
schriften mit Kapitel 13 des sechsten Buches. Kapitel 14 und 15 gehören nicht
mehr zum Didascalion. Das siebente Buch ist eine eigene Schrift Hugos-
über die Meditation. Eine Überarbeitung des ersten Teils des Didascalionä
ist die von Hauröau edierte Epitome
philosophiam. Weitere philosophische
in
Arbeiten Hugos sind die psychologische Schrift De unione corporis et
animae, ferner eine von Curtze veröffentlichte Geometrie und eine noch un-
edierte Grammatik (siehe J. de Ghellinck, La table des matil^res etc., S. 286).
Auch als Chronist hat sich Hugo betätigt, wenn das ihm zugeschriebene
Chronicon sein Werk ist. Von den vier Büchern De anima gehört (nach
Werner, Der Entwicklungsgang der mittelalt Psychologie etc., S. 42) nur das
vierte De erectione animae seu mentis ad deum Hugo an, während das
zweite De anima et spiritu Alcher von Clairvaux zum Verfasser hat
(siehe oben S. 336 f.).
Die systematische Theologie hat reichste Förderiing erfahren durch
Hugos Schrift De sacramentis legis naturalis et scriptae und insbe-
sondere durch sein Hauptwerk De sacramentis christianae fidei. dessen
Abfassung in die Jahre 1136—1141 fällt. Hugo schuf hier, wie zu gleicher Zeit
Abälard iu seiner Theologia, ein großzügig angelegtes, außerordentlich
fein und kunstvoll gegliedertes System der Theologie in zwei Hauptabschnitten
oder Büchern, eine theologische Summe, wie Hugo selbst sagt (De sacr.
ehr. fidei, prol. ; Migne 176, 183: Hanc enim quasi brevem quandam summam
omnium in unam serieni compegi), die auf den Inhalt der Theologie der
Folgezeit einen ähnlichen Einfluß gehabt hat, wie die Theologia Abälards
auf die Methode. Aus Hugos Hauptwerk (II, p.c. 4)
2,stammt, die ent-
scheidende Stelle in der Bulle Unam sanctam über das Verhältnis von geist-
licher und weltlicher Gewalt (siehe M. Grabmann II, S. 258)
Eine weitere systematische Schrift, die Hugo von St. Victor lange un-
bestritten zugeschrieben wurde, ist die Summa sententiarum. Sie besaß eine
weite handschriftliche Verbreitung, wurde zum großen Teil von Petrus Lom-
bard us in sein Sentenzenbuch hineingearbeitet und diente auch den in der
Gilbertschen Schule entstandenen Sententiae divinitatis als Vorlage (siehe
oben S. 319). Noch ungedruckte theologische AVerke, die von der Summa sen-
tentiarum abhängig sind, erwähnt M. Grabmann (II, 301—309). Die Autor-
schaft Hugos an dieser einflußreichen und vielgelesenen Schrift wurde in der
Nachdem Beaugendre in seiner Ausgabe der
letzten Zeit stark angefochten.
Werke des Hildebert von Lavardin (Paris 1708) die Summa sententiarum
unter dem Titel Tractatus theologicus dem Hildebert zugeschrieben und
Liebner 1832 auf die Identität dieses Traktates mit der unter den Werken des
Hugo von St. Victor gedruckten Summa sententiarum hingewiesen hatte
(siehe oben S. 276), war der erste, der ernstlich die Urheberschaft Hugos in
Abrede stellte, H. Deniile. der zugleich zeigte, daß der letzte Abschnitt De
matrimonio ein Werk des Walter von Mortagne ist. Mignon (Les origines
de la scolastique etc., I, S. 31) hielt die Werk des
Summa sententiarum für ein
Petrus Lombardus. Gegen die Zuweisung an Hugo sprachen sich ferner aus
Portali^ und nach eingehender Prüfimg G. Kobert. Der letztere kam zum
Ergebnis, auf die Summa sententiarum hätten sowohl die Methode, wie ge-
wisse Lehren Abälards E-influß gehabt, ferner sei die Summa später als Hugos
Hauptwerk und als Abälards Theologia abgefaßt und sie stelle eineri Auszug,
ein Resunie, aus Hugos Schriften dar. Als Verfasser nimmt Robert auf
Grund einiger Handschriften einen Magister Otto an. Uitaijl)aiii.'ig von Robert
§ 31. Hugo von St. Victcr. 339
deutsche Geschichtsk. 37, 1912, S. 649) hat die von Grab mann angeführten
äußeren Gründe als durchschlagend anerkannt. Indessen ist ihre Überzeugungs-
kraft doch keineswegs so groß, wie Hofmeister annimmt. Denn bei der engen
Verwandtschaft des Inhalts der Sentenzen mit den Werken und Lehren Hugos
lag eine Zuteilung an letzteren außerordentlich nahe. Infolgedessen liegt hierin
kein ausreichendes Beweismoment für die Echtheit, wenn innere Gründe dagegen
sprechen. So wird man nach dem gegenwärtigen Stand der Frage die Summa
sententiarum nicht als ein Werk Hugos ansehen dürfen.
Außer den philosophischen und dogmatisch-systematischen Werken schrieb
Hugo eine Reihe mystischer Schriften. In erster Linie sei genannt der
Kommentar zur Hierarchia coelestis des Pseudo-Dionysius in der
Übersetzung des Johannes Scottus. Obwohl Hugo die Erläuterungen des
irischen Philosophen zu der genannten Schrift kannte, so ließ er sich doch in-
haltlich wenig von derselben beeinflussen (siehe H. Ostler, S. 9). Weitere
mystische Schriften sind: De arca Noe mystica. De arca Noc morali. De vanitate
mundi, De arrha animae, De laude charitatis, De modo orandi. De amore sponsi
ad sponsam, De meditando. De contemplatione et ejus speciebus. Von den —
exegetischen Schriften sei lediglich der Traktat De scripturis et scriptori-
bus erwähnt.
Historisch interessant ist Hugos Wissenschaftslehre. Er teilt die
Wissenschaften ein in Theorie, Praxis, Mechanik und Logik (Didasc. II, 2; Migne
176, 752 BC). Diese Einteilung, die eine Erweiterung des aristotelischen Schemas
durch Mechanik und Logik darstellt, blieb auch noch im dreizehnten Jahrhundert
Albertus Magnus und des Robert von Kilwardby
für die Einteilungen des
maßgebend Baur, Dominicus Gundissalinus etc., S. 362, A. 2). Die
(siehe L.
Theorie wird unter Berufung auf Boethius (De trin. c. 2; Migne M,
1250 A B) gegliedert in Theologie, Mathematik (Arithmetik. Musik, Geometrie,
Astronomie) und Physik (Didasc. II, 2. 7; Migne 176, 752 C, 755 Cj. Die
Praxis zerfällt in Ethik, Ökonomik und Politik (Didasc. II, 20; Migne 176,
759 C) Die Mechanik hat sieben verschiedene Zweige, die als artes illiberales
den artes liberales gegenübertreten (Didasc. II, 21—28; Migne 176, 760—763).
22*
340 § 31- Hugo von St. Victor.
Die Logik wird geschieden in Grammatik und in die ratio disserendi, die in
Gewißheit«lehie (demonstratio), Wahrscheinlichkeitslehre (pars probabilis) und
Sophißtik (pars sophistica) zerfällt. Die ersteren gehören der Philosophie an, die
letzteren fallen in das Gebiet der Dialektik, der Rhetorik und Sophistik (^Didasc.
II, 31; Migne 176. 7()4 A).
Die Logik den Dingen, sondern mit den intellectus
hat es nicht niit
176, 755 B C). Aufgabe der Mathematik ist e.s, die confiise Wirklichkeit mittels
der Vernunft inconfuse zu betrachten. In der Wirklichkeit der Dinge gibt es
keine Linie ohne Oberfläche und ohne Körper. Die ratio des Mathematikers
§ 31. Hngo von St. Victor. 341
betrachtet aber die Linie rein für sich, ohne die Fläche und die Dicke, nicht
weil es in der Wirklichkeit so ist oder so sein könnte, sondern weil die Vernunft
die Wirklichkeiten der Dinge oft nicht so betrachtet, wie sie sind, sondern wie
sie sein können, und nicht sondern in Beziehung auf die Vernunft
in sich selbst,
(Didiscal. IT," IS; Migne BC:
Mathematicae autcm proprium est, actus
176. 758
oonfusos inconfuse per rationera attendere: verbi gratia, in actu rerum
non invenitur linea sine superfioie et soliditate (nullum enim corpus sie solum-
modo longura est, ut latitudine vel altitudine careat, sed in omni corpore haec
iriasimul sunt): ratio tarnen attendit sine superficie et crassitudine lineam pure
per se: quod est matheraaticum. non quia in re ita vel sit vel esse possit, sed
quia ratio saepe actus rerum non ut sunt, sed sicut esse possunt; non in se, sed
quantum ad ipsam rationem).
In gleicher W'eise, wie der Mathematiker, verfährt auch der Physiker.
Seine Aufgabe ist es, die gemischte Wirklichkeit der Dinge ungemischt zu Ije-
trachten. Die wirklichen Körper existieren nur als eine Zusammensetzung ans
den vier Elementen. Die Physik dagegen betrachtet die Elemente rein und für
sich, die reineWirklichkeit des Feuers, der Erde, der Luft, des Wassers; und sie
urteilt auf Grund der an sich betrachteten Natur eines jeden Elements über das
konkrete Ganze und seine W'irksamkeit (Didascal. II, 18; Migne ITfl, 758 CD
Physicae autem est proprium actus rerum perraistos impermiste attendere.Actus
enim corponim mundi non sunt puri, sed compositi ab actibus puroruni, quos
physica, cum per se non inveniantur, pure tarnen et per se considerat, purum
gcilicet actum ignis, sive terrae, sive aeris sive aquae, et ex natura uniuscujusque
per se considerata de concretione et efficientia totius judicat).
Wie ersichtlich, ist bei Hugo, wie bei Abälard, die Abstraktion das ge-
dankliche Lostrennen eines Inhaltes aus seiner realen Zusammensetzung und das
gesondert Betrachten desselben (attendere, considerare) in seinem Wesen oder in
seiner Natur durch Die imaginatio bildet nach dem Viktoriner,
die Vernunft.
wie nach Abälard, den Ausgangspunkt der Abstraktion (De un.
uinerläßlichen
corp. et an.; Migne 177, 289 A: imaginatio deorsum informaus rationem scientiam
facit). Hugo sucht sich auch über den Prozeß Rechenschaft zu geben, der von
der imaginatio zur Betrachtung des Wesens führt. Er spricht von einer Erleuch-
tung, Offenbarmachung, Umgrenzung des Imaginationsbildes durch das Licht der
ratio (Ib. Migne 177, 288 B: Et idcirco postquara imaginatio usque ad rationem
ascendit, quasi umbra in lucem veniens et luci superveniens inquantum ad ,
sondern nur um Verbindung und Trennung, um Wechsel des Ortes und der
Zeit (in quibus omnibus esse reruni nihil detrimenti patitur). Zum Beweise hier-
für beruft sich Hugo a>if Persius (Sat. III, 8i): (Gigni) de nihilo nihil, in
nihilum nil posse reverti (Didasc. I, 7; Migne 170, 746 6. Siehe H. Ostler,
S. 36-38).
Wie Bernhard von Clairvaux und Wilhelm von St. Thierry, nur
viel eingehender und auch Hugo die durch das Auftreten
tiefer, behandelt
Abälards aktuell gewordene Frage nach dem Wesen des Glaubens und
seinem Verhältnis zum Wissen. Er unterscheidet (De sacr. ehr. fidei I,
p, 10, c. 2 Migne 176, 329 CF) in Anlehnung au Augustinus und an Boethius
;
(Consol. philos. V, pros. 4; Migne 03, 849 AB; siehe Ostler, S. 119) ein drei-
faches Auge, das Auge des Fleisches (oculus carnis), das Auge der Vernunft
(oculus rationis) und das Auge der Kontemplation (oculus contemplationis). Mit
dem Fleischesauge sollte die Seele die äußere Welt und alles, was in ihr war,
schauen. Das Vernunftauge hatte sie erhalten, um sich selbst zu schauen
und das, was in ihr selbst war. Das Kontemplationsauge endlich diente da-
zu, in sich selbst Gott zu schauen und das, was in Gott war. Durch die Sünde
wurde aber das Auge der Kontemplation ausgelöscht, so daß es nichts mehr sah.
Das Auge der Vernunft erfuhr eine Trübung, so daß es nur mehr zweifelhaft
(dubie) sah. Nur das Auge des Fleisches blieb erhalten; allein es kann nur
die W^elt und die Dinge in ihr schauen, weiter reichen seine Grenzen nicht,
das Übersinnliche bleibt ihm verschlossen. Aus diesem Tatbestande ergibt sich
für Hugo die Notwendigkeit des Glaubens (Ib. Migne 176. 330 A: Fides ergo
necessaria est, qua credantur, quae non videntur, et subsistant in nobis per fidem,
quae nondum praesentia nobis siuit per speciem) und seine berühmt gewordene,
im zwölften und dreizehnten Jahrhundert oft zitierte Glaubensdefinition (Ib. 330 C):
Fides est certitudo quaedam anirai de rebus absentibus supra opi-
nionem et infra scientiam constituta. In der vor dem Hauptwerk ab-
gefaßten Schrift: De sacraraentis legis naturalis et scriptae lautet die
Formel (Migne 176, 35 D): Fides est voluntaria absentium certitudo
supra opinionera et infra scientiam constituta, die wörtlich überein-
stimmt mit der Definition in der Summa sententiarum (Tract. 1, c. 1;
3Iigne 176, 43 C). Zur Erläuterung und Begründung seiner Begriffsbestimmung
untersucht Hugo die genera cognitionis, nämlich die Negation, die Meinung,
den Glauben und das Wissen. De sacr. ehr. fidei I, p. 10, c. 2; Migne
176, 330 CD:
Sunt enim quidam, qui audita statim animo repellunt et contradi-
cunt his quae dicuntur: et hisunt negantes. Alii in iis quae audiunt alte-
ram quamcunque partem eligimt ad existimationem, sed non approbant ad affir-
mationem, hi sunt opinantes.
. . . Alii sie alteram partem approbant, ut
eius approbationem etiam in assertionem assumant: hi sunt credentes. Post
ista genera cognitionis illud perfectius sequitiu-, cum res non ex auditu solo, sed
per suam praesentiam notificatur. Perfectius enim agnoscunt, qui ipsam rem ut
est in sua praesentia comprehendunt: hi sunt scientes. Das Wissen ist dem-
nach für Hugo die vollkommenste Erkenntnisform. Es Avird im Anschluß an
Augustinus bestimmt als die Erfassung eines gegenwärtigen Dinges, so wie es
ist. Es steht daher über dem Glauben, der sich auf abwesende Gegenstände
erstreckt.
Hugo suchte weiterhin in einflußreichen und interessanten Untersuchungen
das Objekt des Glaubens genauer zu bestimmen. Er unterscheidet (De sacr.
ehr. fidei I, p. 3, c. 30; Migne 176, 231 D f.) Gegenstände ex ratione, se-
cundum rationem, supra rationem und contra rationem. Ex ratione
§ 31. Hugo von St. Victor. 343
tarnen homo, si vere quod ipse est attendere coeperit, oranium, quae in se vel
videntur vel videri {wssunt, nihU se esse intelligit. lUud namque quod in nobis
rationis capax est, quamvis, ut ita dicam, infusum et commistum canii sit, ipsum
tamen se a substantia carnis propria ratione secernit et alienum esse intelligit.
Vgl. De sacr. ehr. fidei I, p. 3,. c. 7; Migne 176, 219 AB. Siehe Ostler,
S. 22). Hugo bildet so ein bedeutsames Glied in der Reihe, die von Augu-
stinus über Wilhelm von Auvergne, Occam, Peter d'Ailly, Campanella
zu Descartes führt.
Im engsten Zusammenhang mit der vom Selbstbewußtsein aus konstruierten
dualistischen Psychologie steht Hugos Personbegriff, der zugleich an
die allgemein im Mittelalter akzeptierte boethianische Definition: Persona
est naturae rationalis individua substantia (De person. et duab. nat. c. 3; Migne
64, 1843 C. Ed. Peiper, p. 193) anknüpft. Die menschliche Persönlichkeit
liegt nach dem Viktoriner lediglich in der Seele begründet. Der Seele als ver-
nünftigem Geist kommt das Moment der Persönlichkeit zu (De sacr. ehr. fidei II,
p. 1, c. 11; Migne 176, 409 B: Anima quippe, inquantum est spiritus rationalis,
ex se et per se habet esse personam), eine Auffassung, die im zwölften Jahr-
hundert von Odo von Carabrai, von Petrus Lombardus und Peter von
Poitiers geteilt wurde (siehe Ostler, S. 39). Die eigenartige Persontheorie
wird für Hugo das Älittel, die Verbindung des Leibes mit der Seele ver-
ständlich zu machen. Der Körper ist nämlich mit der Seele verbunden nicht
so sehr auf dem Wege der Kom|X)sition, als der Apposition d. h. derart, daß der
Körper anfängt Person zu sein, daß er an der Persönlichkeit der Seele teilnimmt
und mit ihr eine Person bildet (De sacr. ehr. fidei JI, p. 1, c. 11; Migne
176, 409 B: quando corpus ei sociatur, non tantum ad personam componitur,
quantum in personam apponitur Inquantum ergo corpus cum anima
unitum est, una persona cum anima est; sed tamen personam esse anima ex se
habet, inquantum est rationalis spiritus, (corpus vero ex anima habet, inquantum
unitum est rationali spiritui).
Oben wurde bereits Hugos Theorie von den drei Augen erwähnt. Eine
damit sich berührende und aus denselben Quellen geflossene Dreiteilung, die in
erster Linie die mystische Erkenntnisbetätigung ins Auge faßt, ist die Unter-
=;cheidung in drei Schauungen(vi8iones, spocuLitiones) der vernünftigen
344 § 31. Richard von St Victor.
dua et sagax retractatio cogitationis aliquid vel involutum explicare niten» vel
gcTutans penetrare occultum). Die contemplatio ist der eindringende, freie und
allseitige Geistesblick Dinge (Ib.: Contemplatio est per-
auf die zu erfassenden
spicax et liber animi contuitus in res perspiciendas usquequaque diffusus). Sie
ist doppelter Art, eine Kontemplation der Anfänger, die sich auf die Betrachtung
der Kreaturen beschränkt, und eine Kontemplation der Vollendeten, die sich auf
die Betrachtung des Schöpfers erstreckt (Ib., 117 B).
In den Bahnen Hugos wandelte sein Schüler und Nachfolger im Lehramt
Richard von St. Victor, gest. 1173. Von seinen Schriften seien erwähnt die
dogmatischen Werke De trinitate in sechs Büchern, Richards hervor-
ragendstes Werk, und die Abhandlung De Verbo incarnato. Von den exe-
getisch-mystischen Arbeiten seien aufgeführt: De praeparatione animi ad
contemplationem seu Liber dictus Benjamin minor. De gratia con-
templationis seu Benjamin maior. De statu interioris hominis. De
exterminatione mali et promotione boni. Der Liber excerptionum
gibt in dem ersten Buch eine Einleitung in die philosophischen Fächer, ist aber
nur ein Auszug aus den drei ersten Büchern von Hugos Didascalion.
Wie Hugo, ist auch Richard Scholastiker und Mystiker zugleich. Doch
tritt bei ihm das scholastische Element stärker hervor als bei H ugo. In Richard
lebte ein fast stürmisches Verlangen nach Beweisen in theologischen Dingen.
Er ergeht sich in beweglichen Klagen über den Überfluß an Autoritäten, deni ein
Mangel an Argumenten gegenüberstehe (De trin. I, 5; Migne 196, 893 C: Haec
omnia frequenter audio vel lego, sed unde haec omnia probentur nie legisse noi»
recolo: abundant in his omnibus auctoritates, sed non aeque et argumentationes ;
beweisen, die seit Augustin und Anselm sich im Reiche de» abstrakt
lediglich
Begrifflichen, des Apriorischen bewegten, eine empirische Basis zu geben
trachtete. Seiner Ansicht nach muß alles Schließen seinen Ausgang von dem Er-
fabrungswissen nehmen. Nur von dem, was wir durch Erfahrung wissen, können
§ 31. Richard von St. Victor. 345-
wir einen Schluß ziehen auf da«, was über der Erfahrung liegt (De trin. I, 10;
Migne 196, 895 D: omnis ratiocinationis nostrae processns initium Bumit ex his,.
quae per experientiam novimus. Ib. I, 7; Migne, 196. 894 B: per illa quae
per experientiam novimus, ratiocinando colligere (sc. debemus), quid de hi*
quae supra experientiam sunt oportet sentire). Die Erfahrung lehrt nun, daß es
Dinge gibt, die entstehen und vergehen, die sein können und nicht sein können,
die nicht ewig sind (De trin. I, 7; Migne 196, 894 B: de illo sane essendi modo,,
qui non est ab aeterno et eo ipso utique juxta praedictam rationem nee a semet-
ipso, quotidiano et multiplici certificamur experimento, incessanter alia videmus sece-
dere, alia succedere quae prius pridem non erant, in a c t u m prod ire
et, Qnod igi- . . .
tur innumera sint, quae ab aeterno non fuerunt, quotidiana experimenta latere non
sinunt). Was aber nicht ewig ist, kann nicht aus sich sein (Ib. I, 6; Mign e 196, 894 A :
Nihil enim omnino potest esse a seraetipso, quod non sit ab aeterno). Nun muß-
es aber ein aus sich Seiendes und Ewiges geben. Denn gäbe es ein solches nicht,
so hätte es eine Zeit gegeben, während welcher nichts war. In diesem Falle
hätte aber auch nichts entstehen können, da ja nichts war, was sich oder andern
den Anfauir der Existenz gab oder hätte geben können. Diese Folgerung ist aber
falsch; denn die Erfahrung bezeugt die Existenz der Dinge (De trin. I, 8:
.Migne 196, 894 D: Convincitur itaque aliquid esse a semetipso, et eo ipso, ut
jam dictum est. et ab' aeterno. Alioquin fuit quando nihil fuit; et tunc quidem
tuturorum nihil futurum fuit, quia, qui sibi vel aiüs initium existendi daret vel
potuisset dare, tunc omnino non fuit. Quod quam falsum sit, ipsa evidentia
ostendit et renim existentium experientia convincit. Vgl. Cl. Baeumker, Witelo,
S. 312).
So Avird Richard von den Erfahrungsdingen aus auf dem Wege des
Schlusses zur Existenz des Unerfahrbaren geführt (Ib. : Sic sane ex his, quae videmus.
ratiocinando colligimus et ea esse, quae non videmus), eine Methode, die im drei-
zehnten Jahrhundert mit unerbittlicher Konsequenz von Thomas von Aquin
sämtlichen Gottesbeweisen zu Grunde gelegt wird.
Der bohrende Scharfsinn des zweiten großen Viktoriners zeigt sich aber
nicht bloß beim Erweis von Gottes Existenz. Auch die Höhen der eigentlichen
Mysterien, glaubt er mit der Kraft der Vernunft ersteigen zu können. Ja in
Richard kommt die dem zwölften Jahrhundert eigentümliche rationalisierende
Tendenz, die Leistungsfähigkeit der Vernunft so hoch wie möglich zu spannen
und möglichst viel von dem Glaubensgebiet in das Bereich der ratio zu rücken»
wohl am schärfsten zum Ausdruck. Dabei ist aber das Credo ut intelligam
Anselms auch Richards Parole. Unter Voraussetzung der Unantastbarkeit
des Glaubensinhaltes sucht er zu tiefst mit rationalen Metboden in denselben
einzudringen. \Vie Anselm Monologium, Proslogion und Cur deus
im
homo?, will er in seinem Hauptwerk De trinitate: non modo probabiles, sed
etiam necessarias rationes adducere et fidei nostrae documenta veritatis enodatione
et explanatione condire (De trin. I, 4; Migne 196, 892 C). Diese Absicht ist
getragen von der Überzeugung, daß zur Aufhellung des notwendigen Seins pro-
bable Gründe nicht genügen, sondern notwendige Argumente erforderlich seien
(Ib.: Credo namque sine dubio, quoniam ad quorumlibet explanationem, quae
necesse est esse, non modo probabilia, immo etiam necessaria argumenta non de-
esse, quamvis illa interim contingat nostram industriam latere). Indessen schließt
Richards Formel der rationes necessariae keineswegs eine völlige Begreiflich-
keit und Rationalität der in sich. Denn er hebt ausdrücklich und
Mysterien
aufs bestimmteste Glaubensgeheimnissen und speziell von der Trinität
von den
die Unmöglichkeit hervor, sie völlig begreifen (plene comprehendere) und restlos
346 § 31- Richard von St. Victor.
<luo invisibilia videmus, non sicut oculo rationis, quo occulta et absentia per in-
vestigationem.quaeriraus et invenimus, sicut saepe causas per effectus vel effectus
jier causas et alia atque alia quocunque ratiocinandi modo comprehendLmus. Sed
sicut corporalia corporeo sensu videre solemus visibiliter, praesentialiter et corpo-
raliter, sie utique intellectualis Ule sensus invisibilia capit. invisibiliter quidem,
sed praesentialiter, sed essentialiter. Ib. I, 9; Migne 196, 74 C: Simplicem in-
telligentiam dico, quae est sine officio rationis, puram vero, quae est sine occur-
sione imaginationis).
Als Vorbedingungen der mystischen Erkenntnis fordert
Richard, wie Augustin, Reinigung des Herzens oder des Seelenspiegels (De
gratia contempl. IV. 6. De praepar. ad contempl. c. 72; Migne 196, 139 D ff.;
51 CD) undEinkehr des Geistes in sich selbst. Der Geist ist als Bild Gottes in
vorzüglicher Weise ein Spiegel (speculura) zur Gottesschau. Nur nach Reinigung
dieses Spiegels und bei langer und fleißiger Schau in denselben beginnt dem
. Menschen eine gewisse Klarheit des göttlichen Lichtes aufzuleuchten und ein ge-
wisser unendlicher Strahl seinen Augen zu erscheinen (De praepar. ad contempl.
c. 72: Migne 196, 51 CD). Voll Begeisterung ruft Richard mit Augustinus
aus (Ib. c. 83 ; Migne 196, 59 C) : Ascendat (horao) per semetipsum supra semet-
ipsum, per Cognitionen! sui ad Cognitionen! dei.
Nach den Objekten, auf welche sich der Aufstieg der Erkenntnis bezieht,
unterscheidetRichard sechs Stufen derselben (De gratia contempl. I, 6; Migne
196, 70 B).Die unterste ist in imaginaticne et secundum imaginatio-
nera. Der Geist wendet sich auf ihr der sinnlichen Welt zu, um iu ihrer Schön-
heit die Schönheit Gottes zu schauen. Die zweite Stufe ist in imaginatione
secundum rationem; die dritte in ratione secundum imaginationem;
die' vierte in ratione et secundum rationem; die fünfte supra rationem,
sed non praeter rationem. Die oberste Stufe ist supra rationem et
praeter rationem, auf welcher sich der Geist den höchsten, das Erkenntnis-
vermögen unserer Vernunft übersteigenden Geheimnissen zukehrt, so vor allem
der Trinität. Nach dem Grade unterscheidet Richard drei Stufen der Kon-
templation. Die unterste ist eine dilatatio mentis, die zweite eine suble-
vatio mentis und die höchste eine allen atio mentis, auf welcher der Geist
sich selbst entrückt ist, das individuelle Bewußtsein aufhört und in dem Schauen
völlig aufgeht (De gratia contempl. V, 2; Migne 196. 170 A: Mentis alienatio
J
§ 31. Walter von St. Victor. Gottfried von St. Victor. 347
warten (De gratia conterapl. V, 15; IV, 10; Migne 196, 187 C; 145 Aß). Das
Hegulativ für die Wahrheit dessen, was er im Zustande der Entrückung schaut,
bildet die heilige Schrift. Was dieser widerspricht, ist Täuschung (De praepar.
ad contempl. c. 81; Migne 196, 57 D).
In Hugo und Richard besaß die Schule von St. Victor zwei hervor-
ragende Lehrer. Zur Bedeutung der beiden anerkannten Meister vermochten sich
die späteren Mitglieder der Schule nicht mehr emporzuschwingen. Am weitesten
entfernte sich von dem durch Hugo und Richard repräsentierten Ideal
Walter von St. Victor, gest. nach 1180. Er schrieb kurz nach dem dritten
Laterankonzil 1179 eine maßlose Streitschrift in vier Büchern, die nach den Ein-
gangsworten: Quisquis hec legerit, non dubitavit quattuor labiriuthos francie etc.
unter dem Titel Contra quattuor labyrinthos Francie zitiert zu werden
pflegt. Das „Pamphlet" (Geyer) war gerichtet gegen die Hauptvertret^r der
dialektischen Theologie, nämlich Abälard, Petrus Lombardus, Peter von
Poitiers und Gilbert de Porree. Die wissenschaftlichen Größen der Zeit
erschienen demnach dem Prior von St. Victor als die vier Labyrinthe Frank-
reichs, denen er vorwirft: uno aristotelico spiritu efflatos, dum ineffabilia sancte
trinitatis et incarnationis scolastica levitate tractarent, multas haereses olim
vomuisse et adhuc errores pullulare (Denifle, Archiv f. Lit.- u. Kircheng. d.
M. I, 406). Aber auch noch andere Autoren, wie der Verfasser der Sententiae
divin itatis, gegen den das ganze zweite, von ß. Geyer vollständig heraus-
gegebene Buch geschrieben ist, und Wilhelm von Conches wegen seiner
—
Atomenlehre (Migne 199, 1170 B D) blieben von den heftigen Anwürfen
Walters nicht verschont. Einen nachhaltigen Eindruck hat aber die reaktionäre
Schritt nirgends hervorzubringen vermocht und noch weniger war sie imstande,
den Siegeszug der dialektischen Theologie und den Einfluß der Sentenzen des so
scharf bekämpften Lombarden aufzuhalten. Siehe oben S. 301.
Gottfried de Breteuil oder von St. Victor, gest. 1194, schrieb eine
für die Wissenschaftsgeschichte des zwölften Jahrhunderts unwichtige
nicht
Schrift Föns philosophiae, in welcher er eine Einteilung der Wissenschaften
gibt und die Autoren der Philosophie, speziell Pia ton, Aristoteles (das ge-
samte Organon), Boethius, Macrobius und Martianus Capeila be-
spricht. In einem eigenen Kapitel: De modernis philosophis et primum de
nominalibus et realibus werden die verschiedenen Strömungen in der Uni-
versalienfrage geschildert. Verwandt mit dem Föns philosophiae ist eine
weitere, noch ungedruckte, in Cod. lat. 14 515 der Pariser Nationalbibliothek er-
haltene Schrift Gottfrieds mit dem Titel: De microcosmo in drei Büchern,
eine philosophische und theologische Anthropologie, von der Grabmann (II.
S. 321) in methodischer Beziehung urteilt, daß in dem Werke die „platonisierende
Denkweise der Schule von Chartres, die mystische Innigkeit der Viktoriner und
eine ausgiebige Verwertung der aristotelischen Dialektik bzw. der scholastischen
Darstellungstechnik zusammenfließen".
Um ein abschließendes Bild von der Wirksamkeit der Viktorinerschide zu
geben, muß hier noch Erwähnung finden Thomas Gallus oder Thomas von
348 § 31. Thomag von Vercelli. Joachim von Floris.
Vercelli, der am Anfang des dreizehnten Jahrhunderte als Lehrer in St. Victor
und 1226 Abt daselbst war. Er starb sehr wahrschein-
wirkte, 1224 Prior in Vercelli
lich noch in demselben Jahre, nach einigen allerdings erst 1246. Die historische
Bedeutung von Thoraas liegt darin, daß sich an seinen Namen und an seine
Tätigkeit der Beginn des mächtigen Anwachsens des Einflusses der Werke des
Pseudo-DionysiuB knüpft. Hatte noch Hugo von St. Victor nur die
«oelestis hierarchia kommentiert, so wandte Thomas den sämtlichen
Schriften des Fseudo-Dionysius die größte Aufmerksamkeit zu, übersetzte
sie neu ins Lateinische und schrieb zu allen Extractiones. Femer stammt
aus seiner Feder ein Commentarius super Cantica Canticorum und ein
Tractatus de septem fructibus conteraplationis. Thomas verband die
auf Augustinus und Boethius fußende Mystik der Viktoriner mit der des
Fseudo-Dionysius und bildete die Brücke zur Mystik des dreizehnten und
vierzehnten Jahrhunderts, zu Bonaventura, Eckhart, Tauler, Ruys-
broek.
Zu den Mystikern des zwölften Jahrhunderts ist auch zu zählen Joachim
von Floris, geb. 1145 im Dorfe Celico bei Cosenza, Abt des Zisterzienser-
klosters Corazzo, seit 1190 Abt des von ihm gegründeten Klosters San Giovanni
in Von seinen Schriften sind gedruckt worden:
Flore in Kalabrien, gest. 1202.
Concordia Novi et Veteris Testamenti, Expositio in Apocalypsira
und Psalterium decem chordarum, üngedmckt blieben: Enchiridion
in Apocalypsim, Concordia Evangeliorum, Contra Judaeos, De
articulis fidei, Confessio fidel, De unitate trinitatis. Das letztere
Werk war gegen Petrus Lombardus gerichtet, gegen dessen Trinitätslehre
Joachim den Vorwurf der Quaternität erhob, während sich der Abt selbst von
tritheistischen Anschauungen nicht frei zu halten wußte, indem er von einer
kollektiven Einheit der drei Personen (coUectio trium personarum) in der Gott-
heit sprach. Der Traktat wurde 1215 auf dem vierten Laterankonzil verurteilt.
In einem in der Revue d'hist. et de litt, religieuses 4, 1899, 37—65 veröffent-
lichten Aufsatz hatte P. Fournier den aus der Gilbertschen Schule stamraendea
anonymen Liber de vera philosophia als ein Werk Joachims angesehen.
In dem 1909 erfolgten Abdruck dieses Artikels (S. 100) hat er indessen diese
These mit Recht wieder fallen lassen. Obgleich aber der Liber de vera phi-
losophia Joachim nicht zum Verfasser hat, so ist doch die Abhängigkeit
des Abtes von Floris von der Gilbertschen Schule unzweifelhaft.
Die Mystik Joachims ist wesentlich verschieden von jener der Vikto-
riner. Sie beschäftigt sich in erster Linie mit der phantasievollen Ausdeutung der
Geschichte der Menschheit und der Kirche. Joachim bringt den Ablauf
der Geschichte mit der Trinität in Beziehung und unterscheidet drei Perioden
oder Status, den Status des Vaters, des Sohnes und des hl. Geistes. Das Zeit-
alter des Vaters beginnt mit der Schöpfung, das des Sohnes mit der Erlösung,,
das des hl. Geistes mit dem Anfang des dreizehnten Jahrhunderts. In dieser
letzten Periode wird die Verkündigung des Evangelium aeternum erfolgen,,
worunter Joachim nicht ein Buch, sondern den höheren, geistigen, verklärten
Sinn des Evangeliums Christi versteht, das vom hl. Geist durch eine spiritualis-
intelligentia mitgeteilt wird (H. Denifle, S. 57 ff.). In apokalyptischen Bildern
und Visionen prophezeit der gut kirchlich gesinnte Abt eine bevorstehende rief-
greifende Umwälzung und Reform im Sinne einer Vergeistigung der Kirche und
ihrer Institutionen.
Sowohl Joachims Trinitätslehre, wie insbesondere seine mystische Ge-
schichtsdeutung und seine kirchlichen Reformträume haben im dreizehnten -Tahr-
§ 31. Joachim von Floris. Araalrioh von Chartres. 349
ex quo constituiintur corpora, dixit Yle; primum autem indivisibile, ex quo con-
stituuntur animae, dixit Noym vel meutern; primum autem indivisibUe iu sub-
stantiis aeternis dixit Deum. Et haec tria esse unum et idem: ex quo
iterum consequitur esse omnia per essentiam unara. S. theol. I q. 3 a. 8 c
bemerkt Thomas von David de Dinando: stuitissime posuit deum esse mate-
teriam fnimam. Nach Albertus Magnus (Summa theol. p. II, tract. XII,
§ 32. Die byzantinische Philosophie im Mittelalter. 351
qu. 72, membr. sagt David: manifestum est ujiam solam sub-
4, art. 2, n. 4)
etantiam esse non tantum omnium corporum, sed etiam omnium animarum, et
hanc nihil aliud esse quam ipsum Deum, quia substantia, de qua sunt omnia
Corpora, dicitur Hyle, substantia vero, de qua sunt oranes animae. dicitur ratio
vel mens. Manifestum est igitur Deum esse substantiam omnium corporum et
omnium animarum. Patet igitur, quod Deus et Hyle et mens una sola sub-
stantia sunt. Unterschieden sich die erste Materie und der vovg, so stände über
ihnen ein gemeinsamesHöheres, worin sie übereinkämen, und dann wäre dieses
Gott und vovg und erste Materie zugleich (Albertus Magnus, Summa th. I,
tr. 4, q. 20, membr. 2, quaestio incidens). Zu dem unterschiedslosen Sein als
dem Prinzip alles Einzelnen gelangt David auf dialektischem Wege durch die
Annahme, daß alle Unterschiede nur unter ZugrimdeleguBg eines allgemeinen
Genus denkbar seien.
Quellen dieses Pantheismus, der Ähnlichkeit mit dem Spinozas hat, sind
wohl Johannes Scottus, Dionysius Areopagita und Bernhard Silves-
tris. Anderseits hat auf David von Dinant wahrscheinlich auch die Schrift
„Fons;vitae" des Avencebrol (Ibn Gebirol, s. unten) eingewirkt, wie
ihm auch außer der Metaphysik und Physik des Aristoteles selbst maurische
Kommentare zu Aristoteles bekannt gewesen sein mögen. Albert der Große
leitet den Pantheismus des David von Xenophanes ab und namentlich von
einem Schüler des Xenophanes, den er Alexander nennt, und dessen kleine
verabscheuenswerte Schrift er selbst öfter in Händen gehabt haben will. H aurdau
glaubte dieses Schriftchen entdeckt zu haben in dem kurzen Traktat De unitate
et uno, der sich fälschlich unter den Schriften des Boethius, z. B. in der zu
Venedig 1491 erschienenen Ausgabe, auch bei Migne, P. lat. ö3, 1075—1078, findet.
In den einen Mannskripten ist als Verfa.sser desselben der Philosoph Alexander
bezeichnet, in anderen Boethius und Algazel. Das Schriftchen gehört jedoch
dem Christentum und dem Mittelalter an. Als den Verfasser bezeichnete Haur^aii
und erwies P. Correns (Die dem Boethius fälschlich zugeschriebene Abhandlung
des Dominicas Gundisalvi De unitate in: Beitr. z. Gesch. d. Phil. d. Mittelalt., Bd. 1,
Heft ], Münster 1891) den Dominicus Gundisalvi, Archidiakonus von
Segovia, der auch in einem Manuskript als Verfiisser angegeben wird. Über
weitere Werke Gundisalvis siehe unten. Sollte dieser Traktat wirklich von
David benutzt worden sein, so kann er doch nicht als hauptsächliche Quelle
von dessen Pantheismus gelten.
Die Kirche reagierte gegen die heterodoxen Denker um so energischer, als
sie von der albigensischen Häresie bedroht war.
gleichzeitig Die Quaternuli
wurden auf der Synode zu Paris 1210 verurteilt. Ihr Studium wurde zugleich
mit den Schriften des Amalrich von Bene und des Averroes 121.Ö in den
von Robert von Couryon approbierten Statuten der Pariser Universität ver-
boten. Siehe H. Denifle, Chart. Univ. Paris. I, Paris 1889, p. 70, 79.
durch das Dekret des Justinian (529) unterdrückt und auch ihr (bei
Origenes und seinen Schülern hervorgetretener) Einfluß auf Ab-
weichungen Ton der Orthodoxie innerhalb der christlichen Theologie
beseitigt worden war, die aristotelische Philosophie immer mehr an
Ansehen gewonnen, indem zuerst hauptsächlich Häretiker, dann auch
Orthodoxe, so insbesondere der Mönch Johannes Damascenus, sich
der aristotelischen Dialektik in den theologischen Streitigkeiten be-
dienten. Im 8 und 9. Jahrhundert gerieten die Studien mehr und
mehr in Verfall ; doch erhielt sich die Tradition dank der Bestrebungen
des Patriarchen Photios von Konstantinopel und seines Schülers
Arethas von Caesarea. Im 11. Jahrhundert zeichneten sich besonders
als Logiker Michael Psellus und Johannes Italus aus. Aus den
nächstfolgenden Jahrhunderten haben sich Kommentare 2U Schriften
des Aristoteles und zum Teil auch Abhandlungen über andere
Philosophen erhalten. Im 15. Jahrhundert ging von den Griechen, be-
sonders nach der Einnahme Konstantinopels durch die Türken im Jahre
1453, aber auch schon vorher, die erweiterte Bekanntschaft des Abend-
landes mit der antiken Literatur aus, woran sich auf dem Gebiete der
Philosophie zunächst der Kampf zwischen dem aristotelischen Scholasti-
zismus unddem neuaufkommenden Piatonismus geknüpft hat.
Bedeutung hatin dem byzantinischen Geistesleben auch die
Mystik, wie sie namentlich Symeon, der neue Theologe, dann
Gregorios Palamas und Nikolaus Kabasilas vertraten. Es steht
diese Mystik mit den pseudodionysischen Anschauungen in Verbindung,
zeigt aber auch eine gewisse Selbständigkeit, In mancher Hinsicht,
so in der Hingabe an das ewige Gut, ähnelt sie der okzidentalischen
Mystik.
Ausgaben.
I. Photios and Arethas.
Eine Gesamtausgabe der Werke des Photios durch J. B. Malou und
J. Hergenröther Migne, P. gr. t. 101—104, Paris 1860. Eine
findet sich bei
Ergänzung bietet J. Hergenröther, Mouumenta graeca ad Photium ejusque
historiam pertinentia, Ratisbonae 1869.
Die Bibliotheca wurde ediert von David Hoeschel, Augsburg 1601.
dann von J. Bekker, —
2 voll., Berlin 1824 1825. Siehe dazu E. Martini,
Textgeschichte der ßibliotheke d. P.{itriarchen Photios v. Konstantinopel. l. Teil:
Die Handschrift««!, Ausgaben und Übertragungen, Leipzig 1911 {Abh. d. K: sächs,
Oes. d. Wiss., Phü.-hist. E:1., B. 28, N. 6).
Die Quaestiones Amphilochianae wurden außer bei Migne, P. gr.
101, 1—11^, 1277—1296 separat herausgegeben von Sophoeles Oikonomos,
Atiien 1858. Siehe K. Krumbachcr, Gesch. d. byzant. Lir., 2. A., München
1897, S. 77 f., Avo auch die Ausgaben der übrigen Schriften verzeichnet suid.
Arethas Kommentar zur Apokalvpse wurde von A. Cranier. Catcniie
in 8, 1840, 176-496 ediert und "bei Migne, P.
Nov. Test. gr. 106, 480—785 ab-
gedruckt. Siehe Ehrhard-Krum bacher, 524 1. J. Compernaß.
S. 131,
Aus dem literariech^n Nachlaß des Erzbischofs Arethas von Kaisareia, Didas-
kaleion 1, 1912, 295— ;il8 (Ein Stück aus den Inedita des Arothas).
§ 32. Die byzantin istische Philosophie im Mittelalter. Ausgaben. 353
IL Michael Psellos.
Des Psellos Werke sind gesammelt von Fr, Boissonade, De operatione
daeraonuni, Norimbergae 1838, von Migne, P. gr. 122, 477—1186 theolog., philos. (
in Parva Naturalia, ed. P. Wendland 1903; pars 2: Mich. Ephes. de part. anim.,
ed. M. Hay duck 1904; pars 3: Mich. Ephes. in V. Eth. Nicom.. ed. M. Hay-
duck 1901. Vol. XX: Eustratii et Michaelis .... in Eth. Nicom. comm. ed.
G. Heylbut 1892. Vol. XXI, pars 1: Eustratius in Analyt. post. 1907. . . .
y. NIkephoros Btemmydes.
Die Xoyixiig oder das Handbuch der Logik wurde von
'E}iiToiiiij
Thomas Wegelin, Nicephori Blemmidae Epitome logica, Augsburg 1605 her-
ausgegeben. Eine Weitere Ausgabe zusammen mit der ^EjrtTo/nrj (pvoixfjg und
anderen philosophischen Schriften erschien Leipzig 1784, dann bei Migne, P. gr.
142. 527 —
1634. A. Heisenberg, Nie. Blem. cumculum vitae et carmina,
Lipsiae 1896 (Bibl. Teubn.) Siehe K. Krumbacher, Gesch. d. byz. Lit., 2. A.,
—
München 1897, S. 448 449, wo die Ausgaben der übrigen Werke verzeichnet sind.
IX. Symeon.
erste Sammelausgabe der Werke
Die Symeons
in lateinischer Übersetzung
veranstaltete J. Pontanus, Ingolstadt 1603,' abgedruckt bei Migne, P. gr. 120,
—
321 694. Eine griechische Ausgabe erschien zu Smvrna 1886. Siehe dazu Ehr-
hard-Krumbacher, Gesch. d. byz. Lit., 2. A., 1897, S. 154.
X. Crregorios Palamas.
Die Schriften des Gregorios sind gesammelt bei Migne, P. gr. 150, 90^
—1225; 151, 9—549; 161, 244-310. —
Die Schrift nQoawTionoita wurde zuerst
von G. Morelius, Paris 1553, darnach bei Migne, P. gr. 150, 959 ff., 1347 ff.
und zuletzt mit Einleitung und Kommentar von A. Jahn, Halle 1884 ediert.
Über die Ausgaben der einzelnen Werke siehe Ehrhard-Krumbacher»
a. a. O., S. 104—105.
Bei den Byzantinern zeichnete sich in der zweiten Hälfte des neunten
Jahrhunderts der Patriarch Photios von Konstantinopel (c. 820— c. 897) durch
umfassende Gelehrsamkeit aus. Seine vor 857 verfaßte Bibliotheca enthält
Auszüge auch aus manchen philosophischen Schriften. In den 867—877 ent-
standenen Quaestiones Amphilochianae werden ebenfalls philosophische
Fragen berührt. Vor Pia ton, dem er Widersprüche und phantastische Gedanken
vorwirft, bevorzugt Photios weitaus den Aristoteles (Bibliotheca, cod. 37, 242).
Er erklärte die Kategorien des Aristoteles, die Streitfragen über die Gattungen
und Arten, über die Körper und die Ideen und verfaßte dialektische Lehrbücher
für den Schulgebrauch, namentlich über die Topik. In der Dialektik schöpfte er
aus Porphyrios, Ammonios und Johannes Damascenus.
Des Photios Schüler Arethas, geb. 860 in Patrae, seit 907 Erzbischof von
Caesarea, gest. nach 932, machte sich um die Wissenschaft hochverdient durch
seine Bemühungen um die Erhaltung alter Handschriften, so des Codex der
Apologeten (Paris. Gr. 451) und des Piatonkodex. Im Gegensatz zu seinem
Lehrer Photios zeigte er für die platonische Philosophie eine besondere Vorliebe.
Eine Bearbeitung der aristotelischen Kategorien existiert handschriftlich.
Im zehnten und elften Jahrhimdert machte sich in Byzanz eine schlimme
Verflachung des wissenschaftlichen Arbeitens namentlich bei der äußerlichen
Beschäftigung mit Aristoteles, die in scholastischen Formalismus ausartete,
bemerkhch. Einen Aufschwung nahm das wissenschaftliche Streben in der
von ConstantinoB Monomachos (1042—1055) gegen Mitte des elften Jahr-
§ 32. Michael Psellos. 355
bara, Celarent, Darii, Ferio usw. Die an das letzte Kapitel der Topik sieh an-
schließende Erörterung der orjuaaia und v.iö^foig bildet einen Teil der Doktrin»
welche lateinische Logiker unterdem Titel: De terminorum jjroprietatibus
darzustellen und als moderne Logik (Tractatus modernorura) im Gegen-
sätze zu der altüberlieferten (Logica antiqua) zu bezeichnen pfl^en.
Höchstwahrscheinlich hat die Synopsis auch den ferneren Teil dieser Lehre
enthalten.
Beinahe wörtlich stimmen mit dieser Synopsis überein die Sumnuilae
logicales Petrus Hispanus, und vor diesen ähnliche Arbeiten von
des
Wilhelm Shyreswood und Lambert von Auxerre (s. unten bei Petrus
Hispanus). Daß die Logik des Petrus Hispanus aus dem Griechischen
übertragen sei, und nicht umgekehrt die Synopsis aus den lateinischen Sum-
mulae, dafür trat namentlich Prantl (a. a. O., S. 266 ff., vgl. auch desselben
Mich. Psellus u. Petrus Hispanus. Eine Rechtfertigiuig, Lpz. 1867) ein. Die
entgegengesetzte Ansicht verteidigten Val. Rose (Hermes II. 1867, S. 146 f.),
Gründen R. S tapper, Die Summulae logicales des Petrus H. und ihr Verhält-
nis zu Michael Ps. (Festschr. zum llOOjähr. Jubiläum des deutschen Campo
Santo in Rom, Freib. i. B. 1896, S. 130 f.). In der früher in Angsburg, jetzt in
München befindlichen Handschrift der Synopsis, die wahrscheinlich aus dem
14. Jahrhundert stammt, ist allerdings die Notiz hinzugefügt: xov öoywrdroi-
^'slÄ.ov ek ir]v 'a. k. avvoyjig, und hiernach hat Ehinger die Schrift als ein
eine 'E.^ixofiij loyixijg. verfaßt hat. Die griechischen voces memoriales für die
syllogistischen Modi mit Ausnahme der fünf Theophrastischeri Modi finden sich
auch in dieser '£'jrtro^»y, jedoch in den Handschriften nur am Rande beige-
schrieben, ohne daß der Text darauf Bezug nimmt. Sie sind also wahrscheinlich
erst von Späteren hinzugefügt worden. Mit der 'Ä^.Ttio,«»/ loyixtjs zusammen
wurden noch folgende Schriften des Blemmydes, Lpz. 1784, herausgegeben: Ein
Handbuch der Physik, 'Enirouij <fvoi>i7)g, ferner Aöyog .-leol yi'xfjg, Aöyog
neol aoiixatog, IIeqI ußexiig xai daxtjoeojg. Ein Georgius Anepony- —
raue schrieb gleichfalls um jene Zeit ein Kompendium der aristotelischen
Logik (gedruckt Augsburg 1600).
Aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts ist ein von Georgios Pachy-
raeres (1242—1310) verfaßter Abriß der gesamten aristotelischen Philo-
sophie erhalten, der nur in lateinischer Übersetzung vollständig herausgegeben
ist (In universam fere Aristotelis philosophiam epitorae — con versa a. D. Phi-
lippo Becchio, Basileae 1560). Ein Teil davon, das Kompendium der
Logik: '£Vr<To/<?) Tijg das sich eng an das aristotelische
'^QioioxiXovg /.oyixijg,
tores Graeci, Stuttg. et Tub. 1834, S. 465—569, veröffentlich! unter dem Titel:
^loiarjcp xov ' Paxevbvxov Siehe M. Treu, Der Philosoph Joseph,
avroy>ic: grjTOQixij;.
zugeschrieben wurde, unter dessen Namen sie auch noch von Mull ach (Fragm.
phil. Graec. III) abgedruckt worden ist, steht noch nicht fest. Siehe Val. Rose,
Hermes II, 1867, S. 212. Neuerdings ist sie öfter dem Heliodoros von Prusa
zugeschrieben von dem sie im Jahre 1367 verfaßt sein sollte.
worden, Unter
diesem Namen von Gust. Heylbut, Comment. in Arist. XIX, 2, 1889,
ist sie
zuletzt noch herausgegeben worden; siehe Grundr. I, 10. Aufl., S. 193. Wahr-
scheinlich ist der Name Heliodorus in dem Pariser Kodex von dem Schreiber
desselben, Konstantin Paläokappa, als Autorname erdichtet worden. Siehe Val.
Rose, Hermes II, 1867, S, 212. Leop. Cohn, Heliod. v. Pr., eine Erfindung
Paläokappas, Berl. Philol. Wochenschr. 1889, Nr. 45, S. 1420. Über die erst —
im 16. Jahrhundert entstandene sogenannte Metaphysik des Erennios (Heren-
nius) siehe Grundr. I, 10. Auö., S. 327, 328, 120*. K. Krumbacher, Gesch.
d. byz. Lit., 2. A.. 1897, S. 431.
Erwähnt muß hier noch werden der Mönch Maximos Planudes (geb.
1260, gest. 1310). Er ging 1290 als Gesandter des Kaisers Andronikus IL
nach Venedig. Der lateinischer. Sprache kundig, übertrug er eine Anzahl latei-
nischer Schriften ins Griechische, so De trinitate von Augustinus, des
Boethius De consolatione philosophiae und De differentiis topicis,
Ciceros Somnium Scipionis mit dem Kommentar des Macrobius, und
bahnte so die Verbindung zwischen byzantinischer Kultur und dem Westen an.
Nach Maximos Planudes bemühten sich um die Übersetzung lateinischer
theologischer Werke ins Griechische die Mönche Gregorios Akindynos und
Demetrios Kydones. Gregorios Akindynos (in der ersten Hälfte des 14.
Jahrh.) hat in die zwei ersten Bücher seiner Schrift ITeQi ovoia? xai ivegyet'a^
(Migne, P. gr. 151, 1191—1242) wörtliche Übersetzungen aus der Summa contra
gentiles (über I) von Thomas von Aquin aufgenommen. Siehe Ehrhard-
Krumbacher, Gesch. d. byz. Lit., 2. A.. 1897, S. 100—102. Die Summa theo-
logica des Thomas nebst der Summa contra gentiles und Ansei ms von Canter-
bury Schrift De processione spiritus sancti übersetzte ins Griechische Demetrios
Kydones, dessen Wirksamkeit zwischen die Jahre 1330 und 1400 fällt. Siehe
Ehrhard-Krumbacher, a. a. O., S. 102— 103. Vgl. dazu S. 100.
Das Studium des Piaton und des Aristoteles wurde von den Griechen
mit Eifer betrieben. Der Kampf für und wider diese beiden Autoritäten ent-
brannte schon im 14. Jahrhundert in Byzanz, wo der umfassende Polyhistor Nike-
phoros Gregoras (gest. um 1359; siehe Ehrhard-Krumbacher, Gesch. d.
byz. Lit., 2. A., 1897, S. 101—102; 293-298) die Fahne Piatons hochhielt,
während sein dogmatischer Gegner, der Kaiser Johannes VI. Kan takuzenos
für Aristoteles eintrat und sogar eine Paraphrase zu den fünf ersten Büchern der
Nikomachischen Ethik schrieb. Siehe K. Krumbacher, a. a. O., S. 298—300.
Die byzantinische Mystik, die in den Schriften des Pseudo-Diony-
sius Areopagita und des Maximus Confessor (siehe oben S. 179 ff., 182 f.)
ihren fruchtbaren Nährboden hatte, wird hauptsächlich vertreten von Symeon.
Gregorios Palamas und Nikolaos Kabasilas.
Der mystische Abt Symeon aus dem Mamaskloster in Konstantinopel, geb.
um 1025, gest. um 1092, der größte Mystiker der griechischen Kirche, schaute
Gott im Lichte, und zwar nicht in ekstatischen Zuständen, sondern mit Bewußt-
§ 33. Die syrische und die arabische Philosophie im Mittelalter. 359
sein und anhaltend. Der Sittlichkeit legte er für dieses Schauen hohen Wert bei.
Was die Gnade betrifft, die in diesem Schauen liegt und durch die der Begnadete
auch andere heraufziehen kann, so ist diese nicht bei den Priestern zu finden,
sondern vielmehr bei den Mönchen, welche die Macht zu binden und zu lösen
haben.
Gregorios Palamas, um 1349 Metropolit von Thessalonich, gest. um 13G0.
bekannt als Anhänger und Hauptverteidiger der Mystik der Hesychasteu, ver-
faßte eine Schrift ngoaconoTcoita, in welcher die Seele als Anklägerin gegeu den
Körper der Körper sich wiederum verteidigt, und die Richter ihr Urteil
auftritt,
nicht zugunsten der Seele fällen. Eine platonische Anschauungen bringende
Vorrede über Qualität und TeUe der Seele ist vorausgeschickt.
Nikolaos Kabasilas entwickelt seine mystische Theorie vornehmlieh in
SO daß der ursprüngliche Sinn der Griechen oft gar nicht mehr
erfaßt wurde. Die Tradition griechischer Philosophie knüpfte sich an
die bei den letzten Philosophen des Altertums herrschende Verbin-
dung von Piatonismus und Aristotelismus, wie sie namenthch
bei Porphyrius und Alexander von Aphrodisias hervortritt, und
an das von christlichen Theologen gepflegte Studium der aristotelischen
Logik als eines formalen Organons der Dogmatik. Aber infolge des
strengen Monotheismus der mohammedanischen Religion mußte die ari-
IL AlfdrAbi.
Zur Bibliographie Färäbis siehe außer M. Steinschneider, C. Brockel-
mann. H. Suter insbesondere M. Horten in seinem gleich zu erwähnenden.
Buche S. XVIII— XXVIII.
Zwei von Färabis Schriften sind lateinisch unter dem Titel: Alpharabii vetus-
tissimi Aristotelis interpretis opera omnia quae latina lingua conscripta rejjeriri
potuerunt stud. Guil. Camerarii, Paris 1638 ediert worden, nämlich De scien-
tiis und De inlellectu et intellecto (die letzte .Schrift auch schon bei df^n
Werken des Ayicenna Venet. 1495). Schmölders. Documenta philos. Arabuni,
Bonn 1836, gibt dazu noch zwei andere: Abu Xasr Alfarabii de rebus
studio Aristotelicae philosophiae praemittendis comraentatio (p. 17
—25) und Abu X^asr Alfarabii fontes quaestionura ''p. 43 — 56). Ziemlich
zaMreich sind Anführungen von Alfarabi bei Albertus Magnus und anderen.
Alfarabis philos. Abhandlungen aus Londoner usw. Handschriften
hrsg. von Fr. Dieterici, Leiden 1890. Aus dem Arabischen üi)ersetzt von
dems., Leiden 1892. A.s Abhandl. Der Musterstaat, ii. Londoner usw. Hand-
schriften hrs^. von demselben, Leiden 1895. übersetzt von demselben, L(ndeu
1900. Die btaatsleitung, deutsche Bearbeitung mit einer Einleitung- „Über
das Wesen der arabischen Philos." Aus dem Nachlasse Dietcrici> hrs^. von
Paul Brönnle, Leiden 1904. L. Cheikho, Un traite inedit (die Leitung;,
de Farabi, Al-Machriq 4, 648—653; 689—700; wieder abgedruckt in: Trait<'s
inedits d'anciens philos. 2e ed. Beyrouth 1911, t^. 18 34.
arabes, —
Siehe dazu
Farabis Traktat „Über die Leitung". Aus dem Arabischen übersetzt von
G. Graf, .Jahrb. f. Philos. u. sp. Th., XVI, 1902, S. 385- 4Ü6. M. Horten.
Das Buch der Ringsteiiie Farabis (gest. 950). Mit dem Kommentare des Emir
Ima'il ei Hoseini el Farani (um
übersetzt und erläutert, Miitister lOOiV
1485),
(Beitr. z. G'esch. d. Philos. d. Mittelait.3). E. Wiedemann, Über al-Färfi-
V,
bis Aufzählung der Wissenschaften (De seien tiis), Sitzungsb. d. phy.'iikalisch-modi-
zinischen Sozietät in Erlange» 39, 1907, 74 —
101 (partienweise Übersetzung des
von Dominieus Gundissalinus ins Lateinische übersetztfn, schon vorher an-
geführten W^erkes De scientiis).
-362 § 33. Die syrische u. d. arabische Philosophie im Mittelalter. Ausgabeu.
in: Traites inedits etc., S. 1 17. — E. A. van Dyk, Avicennas offering to the
prince, a compendium on the soul. Transl. from the arab. orig., Verona 1906.
VL Al^azel (Al-Gazzaii).
Zur Bibliographie Algazels C. Brockelmanu I, S. 419 —426.
„Makäsid al faläsifa" in lateinischer Über-
Die Schrift des Algazel
setzung wurde ediert unter dem Titel Logica et philosophia Älgazelis
Arabis durch Peter Lichtenstein aus Com, Venet. 1506. G. Beer, AI Gaz-
zalis Makäsid al faläsifa, I. Teil, D. Logik, Cap. I, II, herausgeg. und mit Vor-
wort und Anm. versehen, Leiden 1888. P. Mandönnet, Siger de Brabant,
—
TIe 13., 2e ^d. Louvain 190J8, 14 17 (De coUectione errorum Älgazelis).
Gazali, Die Vernichtung der Philosophie, Kairo 1888 (arab. Text).
Eine Übersetzung lieferte Carra de Vaux, Museon 1903 f., feruer Miguel Asin
Palacios. Gazali. Zaragoza 1901. Der mittelalterlich-lateinische Text ist in der
§ 33. Die syrische \i. d. arabische Philosophie im Mittelalter. Ausgaben. 363
Die Schriften des Averrocs sind lateinisch zuerst 1472, dann sehr häufig,
in Venedig allein über 50mal, meist mit den aristotelischen Werken gedruckt"
worden. Für die beste Ausgabe gilt die in Venedig 1553 gedruckte.
M. Jos. Müller, Philos. u. Theol. des Averroes, in Monumenta saecularia^
hrsg. von der k. bayer. Akad. d. Wiss. zur Feier ihres lOOjähr. Bestehens am
28. iMärz 1859, München 1859; derselbe. Averroes, Philosophie und Theologie.
Aus dem Arabischen übersetzt, München 1875 (zwei religionsphilos. Abliand-
lun^en des Averroes: Harmonie d. Eelig. u. Phil. u. eine Art pnilos. Doginatik
in deutscher Übers.). L. C au hier, Accord de la religion et la philosophie.
Trait^ d'Ibn Kochd (Averroes), traduit et annot^. Alger KK»5. Es handelt sich
um eine Übersetzung des Werkes von Ihn Rochd, Das Bach der Philosophie.
Arab. Text, Kairo 1901. M. Worms, Die Lehre von der Anfangslosigkeit der
Welt. Münster 19()0 (Beiträge zur Gesch.„d. Philos. des Mitielalt. Ili 4). ver-
öffentlicht S. 63 —
70 eine in hebräischer Übersetzung erhaltene Abhandhing des
Ibn Roschd über das Problem der Weltseliöpfu ng.
Averroes (Vater u. Sohn), Drei Abhandlungen über die Konjunktion des
separaten Intellekts mit dem Menschen, ans dem Arab. übers, von Samuel Ibn
Tibbon, deutsch von Isaak Hercz, Berlin lb(>9. L. Hannes, Des Averroes Ab-
handl.: „Über die. Möglichkeit der Konjunktion'' oder ,.über den materiellen Intel-
lekt" in d. hebr. Übersetz, eines Anonymus. Nach Handschr. z. erstenmal her-
ausgegeben, übei-setzt und erläutert, H. I. Halle 1892.
Averroes Metaphysik. Arab. Text, herausgeg. v. Mus^atä el Qabbani.
Kairo ohne Jahr. M. Horten, Die Metaphysik des Averroes (gest. 1198). Nach
dem Arab. übersetzt n. erläutert, Halle 1912.
Averroes, Vernichtung der Vernichtung der Philosophen"
,,
Gazalis. Arab. Text. 3 Ausgaben, Kairo 1884, 1901. 1903. M. Horten. Die
Hauptprobleme des Averroes nach seiner Schrift: Die Widerlegung des Gazali.
Aus dem arabischen Original übersetzt und erläutert, Bonn 1913.
P. Mandonnet, Siger de Brabant, lle p., 2e ed., Louvain 190S. S. 8—10
(.De collectione errorum Averrois).
J. P'reudenthal, Die durch Averroes erhaltenen Fragmente Alexanders zur
Metaphysik des Aristoteles. Untersucht und übersetzt. Mit Beiträgen z. Erläute-
rung des arab. Textes von S. Fränkel, Abhandl. d. Berliner Akademie der Wiss.
1885. Hartwig Deren bourg, Le commentaire arabe d'Averroes sur
quelques petits Berits phvsiques d'Aristote. Archiv, f. Gesch. d. Philos. 18, 1905^
250-253.
Averroe, II commento medio alla Poetica di Aristotele, per la prima volta
pubblicato in Arabo e in Ebraico e recato in Ualiano da F. Lasini o. P. I, II,
testo Arabo, la versione Ebraica, Pisa 1873. Die Paraphrase der aristotehschen
Poetik in latein. Übersetzung des Jae. Manlinus, hrsg. von Fr. Heidenhain,
Lpz. 1889. Jar. Tkac, Über den arab. Kommentar des Averroes z. Poetik d.
Arist., Wiener Studien 24, 1902, 70-98.
In dem Maße, wie die Theologie Schulwissenschaft wurde, ward die aristo-
telische Logik als (^rganon geschätzt. Mit dem Nestorianismu s fand im
fünften .Jahrhundert der Aristotelismus Aufnahme bei dem im Osten wohnenden Teile
der Syrer, insbesondere an der Schule zu Edessa. Das älteste Dokument dieser
Philosophie bei den Syrern Kommentar zu Aristoteles De interpretatione, ver-
ist ein
faßt von Probus (Pröbha), einem Schüler des Bischofs Ibas (Hibhä) von Edessa,
des Übersetzers der Kommentare des Theodor von Mopsveste zu biblischen
Schriften. Derselbe Probus hat auch Kommentare zu den Anal. pri. und Soph.
Elenchi geschrieben. Neben Probus v,erden von den Syrern Hibhä und Kusni als
solche genannt, welche griechische (philosophische) \V'('rke in das Syrische übersetzt
haben. Als die Schule zuEdessa wegen des in ihr herrschenden Nestorianismus
auf Befehl des Ksiisers Zenon 489 zerstört wurde, flohen die Beteiligten grol^en-
teils nach Persien und verbreiteten dort, von den Sassaniden begünstigt, ihre re-
setzung des Arist. ins Syrische enthalte, berichtigt wird.) Ein weiteres Werk
des Barhebraeus „Ware der Waren" berührt sich eng mit Avicennas
„Quellen der Weisheit". In dem „Buche der Pupillen" (Curt Mayer,
Buch der Pupillen von Gregor Barhebraeus. Nach vier Handschr. d. K. Bibl.
zu Berlin herausgeg. u. teilweise übersetzt, Leipziger I. D., Leipzig 1908) be-
handelte der syrische Philosoph die aristotelische Lc^ik und in dem „Buche
der Weisheitsunterhaltung" die Logik, Physik und Metaphysik. (Siehe
—
A. Baumstark, Die christl. Lit. d. Orients I, S. 76 77.) Der Psychologie ist
die Schrift über die Seele gewidmet, die von L. Cheikho (s. d. Lit) ver-
öffentlicht wurde. Von Wichtigkeit sind auch die historischen Arbeiten de»
Barhebraeus, eine syrische Weltgeschichte (Chronicon syriacum, ed.
Bedjan). eine Kirchengeschichte (Chronic, ecclesiasticum, ed. J. B. Abbe-
—
loos et Th. J. Lamy, Ixjvanü 1872 1877) und seine Geschichte der Dyna-
gtien (Hist. dyn., Oxford 1663; L'hist. des dynasties, ed. A. Salhani,
Beirut 1890).
Als den Entstehungsgrund des Mohammedanismus bei den
Arabern bezeichnet Sprenger in seinem Werke „Das Leben und die Lehre
des Mohammed", I, Berlin 1861, S. 17, das Bedürfnis, zu einem offenbarunge-
gläubigen Monotheismus von universalistischem Charakter zu gelangen; dem Be-
dürfnis aber folge jedesmal mit Notwendigkeit der bis zur Erreichung des Ziels
immer wieder erneute Versuch der Befriedigung. Dem kirchlichen Christentum
g^enüber kann dar Mohammedanismus als die späte, aber um so energischere
Reaktion des Subordinatianismus betrachtet werden.
Ebjonitische Christen hatten sich auch nach dem Siege des Katholizismus
besonders in den Oasen der Nabatäischen W^üste erh-ilten. Sie teilten sich in
mehrere Sekten, von denen die einen dem Judentum, die anderen dem ortho-
doxen Christentum näherstanden. Zur Zeit des Mohammed bestanden in Ara-
bien zwei dieser Sekten, die Bakusier und Hanife (nach »Sprenger I, S. 33 ff.).
Zu den ersteren gehörte (nach Sprengers Vermutung) Koss, der in Mekka die
Einheit Gottes und die Auferstehung der Toten predigte und zu diesem Zwecke
auch die Messe von Okäs besuchte, wo ihn- Mohammed hörte. Die Hanife
waren (nach Sprenger a. a. O.) Essäer, welche fast alle Kenntnis der Bibel ver-
loren und manche fremde Einflüsse erfahren hatten, aber sich zum strengen
Monotheismus bekannten. Ihr Religionsbuch hieß „Rolle des Abraham". Zur
2ieit des Mohammed lebten mehrere Glieder dieser Sekte in Mekka und Medina,
und Mohammed selbst, der ursprünglich die Götter seines Volkes augebetet
hat, ward ein Hanif. Die Lehre der Hanife war der Islam, d. h. die Unter-
würfigkeit uiiter den Einen Gott; sie selbst waren Moslim, d. h. Unterwürfige.
Doch sind die angeführten Vermutungen Sprengers nach anderen höchst unsicher.
Von großem Belang war der Einfluß, den direkt das Judentum auf Mohammed
übte (vgl. Abraham Geiger, Was hat Mohammed aus dem Judentum ange-
nommen? Bonn 1833). Der Name Mohammed scheint ein Amtsname zu sein,
den der Stifter der neuen Religion sich beilegte. Nach einer alten Tradition
hieß er ursprünglich Kotham, später auch Abu '1 Kasim (Vater des Käsim)
nach seinem ältesten Sohne. Er aber sagte von sich, er sei der Mohammed.
§ 33. Die arabische Philosophie. Die Übersetzungen ins Arabische. 367
d. h. der Gepriesene, der Messias, den die Thorah verkünde, im Evangelium aber
sei sein Name Ahmad, d. h. der Paraklet (s. Sprenger I, S. 155 ff.); Abraham
habe ihn geru'fen und der Sohn der Maria habe ihn voraus verkündet (ebend.
S. 166).
Mag die Verbrennung der nach der Zerstörung durch Christen unter dem
Bischof Theophil US im Jahre 392 noch gebliebenen oder ergänzten Bände der
alexandrinischen Bibliothek durch Arar, den Feldherrn des Khalifen Omar, im
Jahre 640 zugunsten der exklusiven Geltung des Koran (nach Abulfaragius
Hist. dyn. p. 116) eine bloße Sage oder eine geschichtliche Tatsache sein, j«ien-
falls stand der Isliim gerade der in den Hauptschriften jener Sammlung vertretenen
althellenischen Lebensanschauung am schroffsten entgegen. Der griechischen
Götterwelt mußte er mehr noch als das Christentum feind sein. Unter den
griechischen Philosophen bot Aristoteles, obschon der Geist seiner Lehre
namentlich in der auf dem hellenischen Prinzip der Freiheit und des Maßes be-
ruhenden Ethik ein wesentlich verschiedener ist, doch manche Berührungspunkte.
Seine Lehre von der persönlichen Einheit Gottes machte seine Metaphysik den
Mohammedanern in voUerera Maße als den christlichen Kirchenvätern annehmbar.
Seine Physik gab Aufschlüsse auf einem von dem Koran kaum berührten Ge-
biete und mußte insbesondere als wissenschaftliche Basis der Arzneikunde will
kommen sein. Seine Logik konnte jeder Wissenschaft und vornehmlich jeder
nach wissenschaftlicher Form strebenden Theologie als methodisches Werkzeug
(Organon) dienen. Außerdem war Aristoteles der Philosoph, der den wissens-
durstigen Arabern besonders in seinen alexandrinischen Auslegern geboten wurde.
So fand allmählich der Aristotelismus Eingang, obschon der Koran jede freie
Forschung über religiöse Lehren untersagt und den Zweifelnden mit der Hoff-
nung auf eine Lösung seiner Bedenken am jüngsten Tage abtröstet.
Auch die Stoa
ist nicht ohne Einfluß auf arabische Denker geblieben, wie
1
§ 33. Die arabische Philosophie. Die Überseteongen ins Arabische. 369
Im
Jahrhundert wurden neue Übersetzungen angefötigt, und zwar durch
10.
denen die bedeutendsten waren die Nestorianer Abu Bischr
chriBtliche Syrer, von
Mattä (gest. zwischen 320 und 330 der Hedschra =
933—943 n. Chr.), Jahjä
ben 'Adi, der Tagritenser, ferner sein Schüler Abfi-l-Chair ai-Hasan ibn al-
Chammär, wekerhiu 'Isä ibn Zur'a. Übersetzt wurden nicht nur die Schriften
des Aristoteles, sondern auch die des Theophrast, des Alexander von
Aphrodisias, des Themistius, Syrianus, Ammonius
usw. (Vgl. den
Artikel „Anölütifcä [d. i. Analytica] bei Haji Khalfa,
Lexikon bibliogr. ed.
Flügel I, S. 486.) Die von diesen Männern ausgegangenen arabischen Über-
setzungen haben sich weit verbreitet und großenteils bis heute erhalten. Ihrer
haben sich Alfarabi. Avicenna, Averroes und die anderen arabischen
Philosophen bedient.
Auch die Republik, der Timaeus und die Leges des Piaton sind
ins Arabische übersetzt worden. Averroes hat die Republik gekannt und einen
Auszug daraus veranstaltet, wogegen ihm die Politik des Aristoteles gefehlt
hat. Das zu Paris handschriftlich vorhandene Werk „Sijäsa", d. h. Politica,
ist die unechte Schrift De r^iinine principum s. secretum secretorum ; die
aristotelische Politik ist arabisch nicht vorhanden.
Von größter Bedeuttuig für den eigenartigen Charakter der arabischen
Philosophie wurden Auszüge aus Neuplatonik^n, insbesondere aus P lotin wad
Proklus, wurden und unter dem glänzenden Namen
die ins Arabische übersetzt
des Aristoteles nicht nur bei den Arabern und Juden, sondern seit dem Aus-
gang dm zwölften Jahrhonderts auch bei den Denkern des christlichen Abend-
landes starken Anklang fanden, nämlich die sogenannte Theologie des Aristo-
teles und der Liber de causis.
Die pseudo-aristotelische Theologia ist ein Auszug aus den Büchern
—
IV VI der Enneaden Plotins. Eine syrische Bearbeitung dieser Bücher wird
von A. Baumstark (Zur Vorgeschichte d. arab. Theolc^ie des Aristoteles,
—
Oriens Christ. 2, 187 191; derselbe, Die christl. Lit. des Onents I, Leipz. 1911,
S. 75) dem Mönche Johannän aus Euphemeia zugeschrieben, der in Alexan-
drien seine Bildung «mpfing und sich offen zum Monismus des Plotin bekannte.
Um 840 wurde das syrische Original von dem Christen Ibn 'Abdallah Nä'ima
aus Emesa für Achmed ibn al Mu'tasim billäh ins Arabische übertragen.
In lateinischer Übersetzung kam die Schrift seit dem Ende des zwölften Jahr-
htmderts auch den christlichen Scholastikern zur Kenntnis. Im Druck erschien
sie 1519 zu Rom unter dem Titel Sapientissimi philosophi Aristotelis
die Alldinge in der Tftt und ordr)et dieselben in einer geistigen Allweise, ohne
ihre Alhvelt. zu verlassen. Hegt sie aber zu den Teildingen, welche Abbilder ihrer
Allformen sind, Sehnsucht, so schmückt sie dieselben aus untl mehrt sie an Yiein-
heit und Schönheit; sie reinigt dieselben von den Fehlern, die ihnen zugestoßen
sind. Sie ordnet dieselben in einer höheren und erhabeneren Weise, als dies die
näheren Ureachen derselben, d. h. die Himmelskörper vermögen". Dieterici
bezeichnet die Schrift als den etwa hundert Jahre älteren Vorgänger de- ausge-
führten Systems der lauteren Brüder. Vgl. Haneberg, Die Theologie des
Aristoteles, in den Sitzungsberichten der Münchener Akademie der Wiss. vom
Jahr 1862, Bd. 1, S. 1—12, Steinschn eider, Alfar., S. 158 u. 250, F. Dieterici,
Die Theologie des Ar., in: Ztschr. der Deutsch. Morgenl. (Jesellsch. 1877, S. 117
bis 126, derselbe über die sog. Theologie des A. b. d. Arabern in d. Abhandlungen
des Orientalistenkongresses 1881. Val. Rose, Deutsche l^ireraturz. 1883, n. 24.
Das Buch De causis vermittelt gleichfalls neuplatonische Lehren, gnißtcn-
teils in wörtlichen Auszügen au^ des Proklus Institutio theologica. Schon
Thoraas von Aquin erkannte als Quelle die ,,Elemen ta tio theologica"
des Proklus, worunter die Zioixfiaai? ßgokoyifdj zu verstehen ist. Nach
Albertus Magnus (De causis et processu univers. II, tr. 1, c. 1 ed. Jammy ;
t. V, p. 563), dem die Quelle freilieh noch unbekannt Mar, ist der Verfaäser
des Buches De causis David Judaeus quidam, der nach Stein-
schneider und Guttmann mit Johannes Hispalensis identisch ist
(siehe J. Guttmann, Die Scholastik des dreizehnten Jahrhunderts in
ihren Beziehungen zum Judentum, Breslau 1902, S. 54). Nach Barden-
hewer ist der Autor nicht ein Jude, sondern ein Mohammedaner, der etwa im
9. Jahrhundert jenseits des Euphrat gelebt und die 2ioiyti<aoig in arabischer
Übersetzung vor sich gehabt haben soll, so daß die Schritt auch ursprünglich
arabisch verfaßt ist. Es ist eine Kompilation von 31 metaphysischen ITiesen.
Sie wurde als ein vermeintliches Aristoteles durch Gerhard von
Werk des
Cremona in Toledo zwischen 1167 und 1187 ins Lateinische übersetzt, war den
späteren Scholastikern bekannt und ist schon von Alanus ab Insulis (Alanus-
von Ryssel), der sie als ,,Aphorismi de essentia summae bonitatis" zitiert (siehe
oben S. 324), benutzt worden. Die Meinung, daß Aristoteles der Verfasser sei,
wurde trotz der besseren Einsicht des Albertus und Thomas von vielen noch
lange festgehalten. Unter den Werken des Aristoteles ist das Buch auch in
den lateinischen Ausgaben desselben bis Anfang des 17. Jahrhunderts häufig
mit abgedruckt worden (z. B. Venet. 1496, fenier im VIT. Bande der lat. Ausgabe
der Werke des Aristoteles und Averroes, Venet. 1552).
Analysen seines Inhalts finden sich bei Haur^au, Hist. de la philos. scol.
II, 1, Paris 1880, S. 46—53, und bei Vacherot, Hist. critique de l'ecole d'Alex-
andrie III, S. 96 ff. Die Begriffe werden darin hypostasiert. Was dem abstrakteren
Begriff entspricht, gilt als die höhere, frühere und mächtigere Ursache. Das Sein
geht dem Leben, das Leben der individuellen Existenz voran. Die pseudo-pytha-
goreische Unterscheidung des Höchsten, das vor der Ewigkeit sei, des Intellekts,
der mit ihr, der Seele, die nach ihr und vor der Zeit Dinge
sei, und der zeitlichen
Steinschneider, Alfar., S. 113 u. 249, namentlich aber Otto Bar denhew er. Die
pseudo-aristotelische Sehr, über das reine Gute, bekannt unter dem Namen Liber
de causis. Im Auftrage der Görresgesellsehaft bearbeitet (der arabische Text des
Buches mit deutscher Paraphrase und mit aiisführlicher Einleitung, die von den
Scholastikern benutzte lateinische Übersetzung mit eingehender Geschichte der-
selben und über die hebräischen Übersetzungen), Freib. i. Br. 1882. P, Minges,
§ 33. Die arabische Philosophie. Die Mutakallimün. 371
Sekte der Söfi von diesem Einfluß aber sich in gewissem Betracht
gebildet,
später emanzipierend, ging Alfaräbi nach Aleppo und Damascus, wo er 950 n.'
Chr. starb.
In der Logik folgt Alfaräbi fast durchaus dem Aristoteles. Ob
dieselbe für einen Teil der Philosophie zu halten sei oder nicht, hängt nach-
ihm von der weiteren oder engeren Fassung des Begriffs der Philosophie ab.
Diese Frage gilt ihm daher als unnütz. Die Argumentation ist das Werkzeug
(instnimentum), aus Bekanntem das Unbekannte zu ermitteln. Ihrer bedient sich
der utens logicus. Die logica docens aber ist die Theorie, welche auf eben
dieses Werkzeug, die Argumentation, geht, oder über dassiJbe als über ihren
Stoff, ihr Subjekt oder Substrat (subiectum), handelt. Doch geht die Logik auch
auf die einzelnen Begriffe (incomplcxa) als Elemente der Urteile und Argumen-
tationen (nach Albertus Magnus, De praedicabil. I, 2 sqq., vgl. Prantl,
Gesch. d. Log. II, 308 ff.). Das Universelle definiert Alfaräbi (nach Albertus,
De praed. II, 5) als das unum de multis et in multis, woran sich unmittelbar
die Folgerung schließt, daß dasselbe keine vom Individuellen gesonderte Existenz
l)csit/(' (non habet esse separatum a mullis). Bemerkenswert ist, daß Alfaräbi
§ 33. Alfäräbi. 373
sich nicht schlechthin zu dem Satze bekennt: singulare sentitur, universale intel-
ligitur, sondern auch das Singulare, wiewohl es in seiner Materialität Objekt der
sinnlichen Wahrnehmung ißt, seiner Form nach im Intellekt sein läßt und ander-
seits das Universelle, obschou es als solches dem Intellekt angehört, auch in sensu
sein läßt, sofern es mit dem Einzelnen verschmolzen existiert (nach Albertus,
An. post. I, 1, 3).
Aus der Metaphysik des Alfäräbi verdient besonders sein Beweis für
das Dasein Gottes Erwähnung, woran sich Albertus Magnus und spätere
Philosophen angeschlossen haben. Dieser Beweis ruht auf Piatons Timaeus
p. 28 C: KÜ yEvo^ivcD tpafiiv V7^ alriov tivog aväyxfjv sivai ysvio&ai und Ar ist.
Metaph. XII, 7: Imi loiwv rt xai o xivei usw. Alfärabi unterscheidet nämlich
(Fontes quaestionum 0. 3 ff., bei Schmölders, Doc. phil. ar. p. 44) das, was
eine mögliche (mumkin al-wugöd) und das, was eine notwendige Existenz (wä-
gib al-wugiid) hat, wie Piaton und Aristoteles das Veränderliche und das
Ewige. Wenn
das Mögliche wirklich existieren soll, so ist dazu eine Ursache
erforderlich. Die Welt ist (c. 2) zusammengesetzt, also geworden oder verursacht.
Die Eeihe der Ursachen oder Wirkungen kann aber weder ins Unendliche zurück-
gehen noch auch kreisförmig in sich zurücklaufen; also muß sie von einem not-
wendigen Giiede abhängen, welches das Urwesen (ens primum) ist. Dieses Ur-
wesen hat notwendige Existenz. Die Annahme, daß es nicht existiere, würde
einen Widerspruch in sich schließen. Es hat keine Ursache und bedarf zu seiner
Existenz keiner außer ihm liegenden Ursache; aber es ist Ursache für alles Exi-
stierende. Seine Ewigkeit involviert die Vollkommenheit. Es ist frei von allen
Akzidentien. Es ist einfach und unveränderhch. Es ist als das absolut Gute zu-
gleich absolutes Denken, absolutes Denkobjekt und absolutes denkendes Wesen
(intelligentia, intelligibile, intelligens). Es hat Weisheit, Leben, Einsicht, Macht
und Willen, Schönheit, Vortreffliehkeit, Glanz; es genießt höchste
die (Tlück-
seligkeit, ist das erste wollende Wesen und der erste Gegenstand des WoUens
(Begehrens).
Alfärabi setzt in die Erkenntnis dieses Wesens den Zweck der Philosophie
und bestimmt die praktische Aufgabe dahin, soweit die menschliche Kraft es
zulasse, sich zur Ähnlichkeit mit Gott zu erheben. Er verwirft die von den
Söfis behauptete Annähme der Möglichkeit einer mystischen Vereinigung mit der
Gottheit. Er erklärt daß wir mit dem „separaten Intellekt"
die Behauptung,
ein Wesen werden können, für ein eitles Geschwätz, was ihm von Späteren, auch
von A veno es, sehr verübelt worden ist.
In seinen Lehren über das durch Gott Bedingte schließt sich Alfärabi
(Fontes quaest. c. G ff.) an die Xeuplatoniker an. Seine Grundanschauung ist
die Emanation (Faid). Aus dem ürwesen ist als erste Kreatur der Intellekt
hervorg^angen (der Novg des Plotinos, welche Lehre freilich nur bei Plotin,
nicht bei Alfärabi, Konsequenz hat, da jener das Eine über aUe Prädikate hin-
aushebt, Alfärabi aber dem Urwesen bereits Intelligenz mit Aristoteles und
mit der religiösen Dograatik zuerkennt). Aus dieser Intelligenzist als neue Ema-
samen Gestaltung durch das nämliche Urwesen beruht und die Erkenntnis mög-
lich macht.
Das Übel ist eine notwendige Bedingung des Guten in der Endlichkeit-
Alles steht unter Gottes Leitung und ist gut, da es von ihm geschaffen ist.
Physik mit der Anthropologie, 3. die Lehre von der Weltseele, 4. die Theologie.
Diese ganze Philosophie ist ein besonders mit neuplatonischen und neupythago-
reischen Elementen vermischter Aristotelismus. Von großem Einfluß auf dieselbe
ist die pseudo-aristotelische Theologie gewesen.
Wie die Zahlen sich aus zwar das Prinzip der Zahlen,
der Eins, welche
aber selbst noch keine Zahl ist, so gelangt auch das
zur Vielheit entwickeln,
AU zur Mannigfaltigkeit der Dinge aus der Einheit, kehrt aber zu dieser aus
jener zurück. Die Kraft, welche das Bewegende dabei ist, ist die Weltseele,
die den ganzen Stoff in seiner Vielheit durchström* und die Wiedervereinigung
der einzelnen Teile zur Allseele vermittelt. Wenn die Zahl dem Wesen der
Dinge entspricht, so müssen die Urwesen den Grundzahlen, d. h. den ersten neun
Zahlen, gleichen. Es muß also neun Stufen in der ganzen W'eltentwicklung
geben. Das IV entspricht dem dv oder Gott, alläh, welcher das Prinzip aller
Dinge, aber selbst kein Ding ist. Dieses Erste entwickelt sich zur zweiten
Potenz, dem vov;, arab. 'akl; in ihm sind die Formen aller Dinge rein enthalten.
Die Drei entspricht der Urseele oder Allseele, y'vyj], arab. nafs. Das Vierte ist
die Form des Stoffes, selbst noch nicht stofflich, ^ .T^wr?; vh], arab. al-hajjüla al
ülä. Hierauf folgt die zweite Materie, >; ösnega v/.tj, arab. al-hajjüla at-tänija,
welche Länge, Breite, Tiefe angenommen hat, aber noch nicht Schönheit in sich
darstellt. Die Welt, welche die Dinge nun in vollster Form zeigt und die Kugel-
form hat, der y.öofioc, arab. al 'älam, entspricht der Sechs. Unter der höheren,
der Sphärenwelt, beginnt die veränderliche Welt, welche durch die Natur ge-
schaffen wird. Diese letztere, fpvatg, arab. at-tabra, ist eine Kraft der Allseele,
durchdringt alle Körper unter dem Mondkreise und ist die siebente Stufe in dem
System. Durch sie wirkt die Allseele auf die vier Elemente, oToiyjta, arab. arkän,
welche die Welt des Entstehens und Vergehens bilden und die achte Stelle ein-
nehmen. Der Neim endlich entsprechen die drei: Mineral, Pflanze und Tier,
welche aus der Mischung der vier Elemente entstanden sind. Hiermit hat die
lünanation ihr Ende erreicht. Bei der Rückströmung zu dem Einen gibt es
ciatu) von dem starren leblosen Stoffe aufwärts bis zu den leiienden Wesen und
§ 33. Avioenna. 375
weiter von den vollkom inneren bis zu den voUkommeiisten eine lange Reihe von
Mittelstufen^ und „die ganze Schöpfung i<v eine in sich geschlossene harmonisch
gegliederte Kette von Wesen, die nirgends unterbrochen ein vollständig wohl-
gefügtes All darstellt-'- (Dieterici, D. Philos. d. Arab. I. Einleit. u. Makrok.
S. 141).
In den herrscht Aristoteles bei weitem vor, doch
einzelnen Disziplinen
sind auch solche behandelt, die Aristoteles nicht bearbeitet hat. z. B. die Mine-
ralogie. Neben dem mit anderen Elementen versetzten Aristoteles hat Galen
vielfach eingewirkt, besonders auf die Anthropologie. Die in der Theologie
enthaltenen Abschnitte haben mehr • Bedeutung tür das Sufitum als für die
Philosophie.
r)iese Abhandlungen der „treuen
(lautereu) Brüder" haben bald auch in Spanien
Eingang gefunden. Popularphüosophie sein und sind wenigstens
Sie sollten
nicht strenge Philosophie. Sie haben bedeutend gewirkt, auch in späterer Zeit
noch, trotzdem daß sie mit deji -Schriften Avicennas zusammen feierlich in
Bagdad 1150 verbrannt wurden.
Avicenna (Abu 'Ali AI Hosain Ibn 'Abdallah Ibn Sinä} wurde ge-
boren zu Churmaiten in der Provinz Bochara im Jahre 980 n. Ohr. Früh ent-
wickelt, studierte er Theologie, Philosophie und Medizin und schrieb schon in
seiner Jugend eine wissenschaftliche Enzyklopädie. Er lehrte Medizin und Philo-
sophie in Ispahau und schrieb beinahe i'i er alle Gegenstände, die Aristoteles
behandelt hatte. Mehr als hundert Bücher hat er verfaßt. In seinem 58. Lebens-
jahre starb er zu Hamadän im Juli 1037, nachdem er ein bewegtes Leben ge-
führt hatte und Leibarzt bei verschiedenen persischen Fürsten gewesen war.
Sein ,, Kanon" diente jahrhundertelang als Grundlage des medizinischen Unter-
und auch seine sonstigen Werke genossen, besonders bei den orientalischen
richts,
Mohammedanern, das größte Ansehen, hatten aber auch bedeutenden Einfluß auf
die christliche Scholastik.Avicennas Hauptwerk trägt den Titel Kitäb as-
Sifa (Buch der Genesung). Es ist eine große philosophische Enzyklopädie in
18 Bänden und vier Hauptabteilungen, nämlich Logik, Physik, Math'ematik
(die vier mathematischen Disziplinen) und Metaphysik. Die Physik zerfällt
in acht Teile oder Bücher. Das
den Übersetzungen den Titel Suffi-
erste hat in
cientia, das zweite ist De coelo et mundo
Das sechste Buch, als Über
betitelt.
eexrus naturalium bekannt, behandelt die Psychologie (De anima). Das siebente
und achte enthält die Botanik und Zoologie. Ein Auszug aus dem „Buch der
Genesung" ist das „Buch der Befreiung"
(Kitub an-nagät). Schon vor dem
Ende des Jahrhunderts wurden von den Werken Avicennas ins
zwölften
Lateinische übersetzt durch Gerhard von Cremona die Cauones der Heil-
kunde, durch Dorainicus Gundisalvi und den Juden Avendeath (Ibn
Daud) die Logik, einzelne Teile der Physik (Sufficientia, De coeio et mundo,
vor allem der liber sextus naturalium de anima) und die Metaphysik
(siehe Ä. Jourdain, Recherches critiques, p. 107 ff. G. Sauter, Avicennas
Bearbeitung der aristotel. Metaphysik, Freiburg i. B. 1912, S. 13—22).
In der Philosophie ging er von den Lehren des Alfärabi aus, modifizierte
diese aber in dem Sinne, daß er manche neuplatonische Sätze fallen üeß und
der eigenen Lehre des Aristoteles sich annäherte. In der Logik ist besonders
einflußi'eieh sein Satz geworden, den auch Averroes sich augeeignet hat, und den
Albertus Magnus öfters anführt (Albertus, De praedicab. II, 3 und 6): intel-
lecius in formis agit uuiversalitatem, ,,das Denken betätigt die Allge-
meinheit in der Denkform". Das genus, wie auch die species, die differentia.
376 § -^3. Avicenna.
das accidens nnd das proprinm ist an sich weder allgemein, noch singulär. Indem
aber der denkende Geist die einander ähnlichen Formen vergleicht, bildet er das
genus logicum, von welchem die l>efinitiwi gilt, daß es von vielen spezifisch
rerschietienen Objekten ausgesagt werde Antwort auf die Frage nach dem
als
Was (der quiditaa). Das genus naturale das, was zu jener Vergleichung
ist
geeignet ist. Fügt der Verstand zu dem Generellen und Spezifischen noch die
individnellen (Avicenna,
Akzidentien hinzu, so wird hierdurch das Singulare
Log., ed. Venet. 15(» Prantl, Gesch. der Log. 11, 2. Aufl., S. 255 f.).
f. 12, bei
Nur im bildlichen Sinne kann das Genus Materie und die spezifische
Differenz Form genannt werden; streng gültig ist diese (von Aristoteles
öfters gebrauchte) Bezeichnung nicht Avicenna unterscheidet verschiedene
Modi des Seins der genera: sie sind ante res, in rebus, post res. Ante
res sind sie im Verstände Gottes; denn alles, was ist, hat eine Beziehung
auf Gott, wie das Kunstwerk auf seinen Künstler; es existiert in seiner ^^'eisheit
und seinem Willen, ehe es in die natürliche Vielheit des Daseins eintritt. In
diesem Sinne und nur in diesem Sinne ist das Allgemeine vor dem Einzelnen.
Mit seinen Akzidentien in der Materie verwirklicht, konstituiert es das natürliche
Ding, die res naturalis, worin das allgemeine Wesen immanent ist. Das
dritte ist die Auffassung durch unsern Intellekt: sofern dieser die Form ab-
strahiert und sie dann wiederum auf die vielen individuellen Objekte bezieht,
denen sie nach ein und der nämlichen Definition zukommt. So liegt in dieser
Beziehung (respectns) das Allgemeine (Avicenna, Log., f. 12, Metaph, V.. 1 u.
2, f. 87, bei Prantl II, S. 356).
Unser Denken, weiches auf die Dinge sich richtet, enthält doch Dis-
p<»itionen, ihm eigeDtümlich sind.
die Indem die Dinge gedacht werden,
kommt im Denk«a solches hinzu, was nicht außerhalb desselben ist. So
gehört die Allgemeinheit als solche, der Gattungsbegriff und die spezifische
Düferenz, das Sobj^t und Prädikat und anderes Derartige nur dem Denken an.
Nun kann unsere Betrachtung sich nicht bloß auf die Dinge richten, sondern
auch auf die dem Denken eigentümlichen Dispositionen, und dies geschieht in
der Logik (Metaph. I, 2; III, 30, bei Prantl II, 8. 327 f.). Eben hierauf bezieht
sich der ünterachied der intentio prima und secunda. Die Richtung der
Betrachtung auf die Dinge ist die intentio prima; die intentio secunda aber
richtet sich auf die unserem Denken der Dinge eigentümlichen Dispositionen.
Indem das Universelle als solches nicht den Dingen, sondern dem Denken ange-
hört, fällt es der secunda intentio zu.
Als das Prinzip der Vielheit der Individuen gilt dem Avicenna
die Materie, die er nicht mit Alfäräbi für eine Emanation der Seele, sondern
mit Aristoteles für ewig und unerschaffen hält. In ihr ist alle Potentialität
begründet, wie die Aktualität in Gott. Von dem unveränderlichen Gott kann
nichts Veränderliches unmittelbar ausgehen. Sein erstes und allein unmittelbares
Produkt ist die intelligentia prima (der voü? des Plotin, wie bei AlfÄ-
räbi und den „treuen Brüdern"). Von da reicht durch die verschiedenen
Himmelssphären hindurch die Kette der Ausflüsse bis auf unsere Erde herab.
Aber der Hervoi^ng des Niederen aus dem Höheren ist nicht als ein einmaliger
und zeitlicher, sondern als ein ewiger zu denken. Ursache und Wirkung sind
dabei einander gleichzeitig. Die Ursache, die den Dingen das Dasein gegeben hat,
muß sie fortwährend im Dasein erhalten. Man irrt, wenn man sich vor-
stellt, einmal ins Dasein gebracht, beharrten die Dinge nunmehr durch sich selbst.
Unbeschadet ihrer Abhängigkeit von Gott ist die Welt von Ewigkeit her. Zeit
§ 33. Alhazen. 377
und Bewegung war immer (Avicenna, Metaph. IV, 2 u. ö., vgl. den Bericht
in dem Trafctatus De error, philosophorum bei Hauroau, ph. sc. I, S. 368 nnd
jetzt bei Mandonnet, Siger de Brabant, 2e partie. Loiivain 1908, S. 11 jLes^
PhiloB. Beiges VIIjj.
von dem S.Poper, Leipzig 1851 zwei metaphysische Abhandlungen ediert bat..
Siehe C. Brockelmann 1, S. 458. T. J. de Boer, Gesch. d. Philos. im Islam,
Stuttg. 1901, S. 131.
Ein Zeitgenosse des Ibn Sina war Ab<\ 'Alt al Hasan bn al Hasan. i
ibn Alhaitara, den Scholastikern als Alhazen bekannt, einer der bedeutendsten
Mathematiker und Physiker des Mittelalters, geb. 965 zu Basra, gest. 1038 zu
Kairo. Alhazen s Hauptwerk ist eine bei aller Abhängigkeit von griechischen
Quellen sehr selbständige Optik mit dem Titel De aspectibus oder Perspec tiva^
Das Werk wurde Ende des zwölften oder Anfang des dreizehnten Jahrhunderts-
von einem Unbekannten, nicht, wie man vielfach annahm, von Gerhard von
Cremona oder von Witelo, ins Lateinische übertragen (siehe CI, Baeumker,
Witelo S. 229 ff.) und hat auf den eben genannten Witelo, wie auf Roger
Bacon. einen großen Einfluß ausgeübt. Noch eine weitere Schrift ALharens
war den Lateinern bekannt, Decrepusculis, ala deren Übersetzer die Hand-
schriften Gerhard van Cremona nennen.
auf einer Ergänzuug durch die urteilende Tätigkeit der vinus distiiictiva (Persp. II,
31 et sie quando ipse comprehendet visibile, seiet statim, quod est corpus, quam-
:
berührt hat, so ist ein? solche Behauptung unrichtig. Die wirkende Ursache
ist hier nicht das Feuer, sondern Gott, unmittelbar oder vermittelst
sei es
eines Engels. Das Feuer ist etwas Unbeseeltes, das nicht aus sich wirken kann.
Daß das Feuer die Ursache für die Verbrennung sei, dafür haben die Philosophen
keinen andern Grund als das Zeugnis der Folge, des Auftretens, des Zusammen-
treffens (adventus) der Verbrennung mit der Berührung des Feuers. Dieses
Zeugnis besagt nur, daß die Verbrennung mit dem Feuer kommt, auf das Feuer
folgt, es sagt aber nicht, daß sie aus dem Feuer kommt, und daß keine andere
Ursache außer demselben da sei (siehe A. Stöckl, II, S. 206—207: Destructio
-destriictionis, disp. 1 in physicis dub. 3, ed. Venet. 1527: Quaero quae est ratio,
quod ipse sit agens? Et non habent (philosophi) rationem, nisi testimonium
adventus combustionis cum tactu ignis. Sed testimonium indicat, quod
Ädvenit cum eo, et non indicat, quod advenit ex eo, et quod non sit causa
alia praeter eum). So schrumpft für Algazel, wie später für Hume, der Kansal-
begriff der Philosophen auf eine bloße zeitliche Folge, auf ein Miteinander
oder Nacheinander zusammen. Das Auseinander bleibt unerkennbar.
Dem von Algazel vertretenen philosophischen Skeptizismus war es keines-
wegs gelungen, die Philosophie dauernd niederzuhalten. Gerade Algazel selbst
hatte eine Reihe wichtiger philosophischer Elemente in seine Theologie über-
nommen, und auch in den folgenden Jahrhunderten traten im Osten namhafte Philo-
sophen auf, wie insbesondere die Publikationen von M. Horten zeigen. Allein
einen Einfluß auf die christliche Scholastik haben diese Spätlinge nicht aus-
geübt, weshalb auf sie auch nicht welter eingegangen werden kann. Das größte
Interesse beansprucht dagegen die nach Algazel blühende arabische Philosophie
in Spanien, welches bei religiöser Toleranz ein außerordentlich günstiger Boden
für Entwicklung der Wissenschaften und Künste war; und so kultivierten
die
daselbst nacheinander mehrere Denker die philosophischen Doktrinen.
Ababacer (Abu Bekr Mohammed ib'n 'Abd al-Malik Ibn Thofail al-
Keisi), geboren aro ll(X).zu Wadi-Asch (Guadix) in Andalusien, geet. in Marokko
1185, berühmt Mathematiker, Philoeoph und Dichter, verfolgte weiter
als Arzt,
die von Ibn B&ga eingeschlagene Bahn der Spekulation. Sein Hauptwerk,
das auf uns gekommen ist, ist betitelt: Hajj Ibn Jaq^än, d. h. der Lebende,
dar Sohn des Wachenden, und i«t ein philoeophi^cher Roman. Der Grundgedanke
ist der gleiche, wie in Ibn Bägas „Leitung des Einsamen'', nämlich die
Darlegung der stufenweisen, rein natürlichen Entwicklung der Fähigkeiten des
Menschen bis zur Erkenntnis der Natur und Gktttes und bis zur Gemeinschaft
seines Intellekts mit dem göttlichen. Aber Ibn Thofail geht beträchtlich
weiter, als sein Vorgänger, in der Verselbetändigung des Menschen g^enüber
den Institutionen und Meinungen der menschliehen Gesellschaft. Er läßt den
Einzelnen sich aus sich selbst entwickeln, indem er die Selbständigkeit des
Denkens und ^V^oUens, zu welcher ihm selbst die bisherige Gresamtgeschichte ver-
helfen hatte, von dieser Bedingung ablöst und so in seinem Naturmenschen als
außergeechiohtliches Ideal setzt (wie im 18. Jahrhundert Rousseau). Wenn in
der Ekstase sieh der Mensch mit Gott vereinigt hat, dann schwindet die Viel-
fältigkeit der Dinge, die nur für die Sinae existiert, und das Universum ist
Eines, Gott. Die Vereinigung mit Gott bringt Seligkeit, die Entfernung von
ihm Qual. Die positive Religion mit ihrem auf Lohn und Strafe gestellten
Gesetz gilt Ibn Thofail nur als die notwendige Zucht der Menge. Die religi-
ösen Vorstellungen sind ihm bildliche Hüllen der Wahrheit, deren gedankenmäßigen
Erfassung der Philosoph sich stufenweise annähert.
gäbe überhaupt nur einen aktiren Intellekt, und der Mensch habe an sich
nur jene Diaposition, von dem aktiven Intellekt afftziert werden zu können, äb«r
Berührung des aktiven Intellekts mit dieser DispoBition entstehe in una der
bei der
potentielle oder materielle Intellekt, indem der eine aktive Intellekt sich
beidem Eingehen in die Vielheit der Seelen in diesen partikularisiere, wie das Licht
an den Körpern. Der poteetielle Intellekt ist (nach Munks Übersetzung) „une
chose comjMjR^ de la disposition qui existe en nous et d'un intellect qui se Joint
a cette disposition, et qui, en tant qu'il y est Joint, est un intellect, prödispos^
<en puißsauce) et non pas uu intellect en acte en tant qu'ü n'est plus Joint ä Ui
disposition'' (ausdem Ck)i»mentaire moyen sur le trait^ de i'Ame, bei Munk,
M61. 6. 447). Die bloße Disposition ist der vovg na&rjtixö^, der als vergänglich
von Averroes mit dem ,4iylischen Intellekt", den er gldch dem aktiven für
unvergänglich erklärt, nicht identifiziert werden kann. Averroes sagt: intellectus
materiaUs non est passivus, sed immistus. Der aktive Intellekt wirkt auf den
potentiellen zunächst so daß er denselben zum aktuellen und erworbenen
ein,
Verstand fortbildet, demnächst aber auf diesen so, daß er ihn in sich absorbiert,
und daß demgemäß nach dem Tode unser vovs zwar fortexistiert, aber nicht als eine
individuelle Substanz, sondern als ein Moment des dem Menschengeschlecht
gemeinsamen universellen Verstandes. Diesen universellen Verstand aber
faßt Averroes (im Anschluß an die älteren arabischen KommenUitoren und in
gewissem Betracht mittelbar an die Neuplatoniker; als einen Ausfluß der Grottheit
auf, und zwar als emaniert aub dem Bew^er des untersten der himmMschen
Kreise, also der Mondsphäre. Di^e Ansicht hat Averroes besonders in seinen
Kommentaren zu De anima entwickelt Die psychologische Ansicht des Aver-
roes steht hiernach in der Begriffsbestimmung des materiellen Intellektes der
desThemistius, in der Begriffsbestimmung des aktiven Intellektes der des
Alexander näher und kommt mit der letzteren in der Konsequenz überein, daß
die Existenz unseres vovg auf die Zeit bis zu unserem Tode be-
individuelle
schränkt und nur dem einen vovg die Ewigkeit zukommt, weshalb später
ist
die Lehre der Alexandristen und die der AvöToisten von der katholischen
Kirche verworfen wurden (vgl. Grdr. I, 10. A,, § 50, S. 225 u. § 54, S. 247;
III, § 3).
Averroes will keineswegs der Religion und am wenigsten dem Mohammeda-
nismus, der ihm als die vollkommenste unter allen gilt, feindlich entgegentreten.
Er fordertauch von dem Philosophen den dankbaren Anschluß an die Religion
seines Volkes, in der er erzogen sei, obschon nur im Sinne der schicklichen Ak-
kommodation, die freilich den Vertretern des religiösen Prinzips nicht genügen
konnte. Die Religion enthält ihm die philosophische Wahrheit
unter der Hülle der bildlichen Vorstellung. Durch allegorische Deutung
geschieht der Fortgang zur reineren Erkenntnis, während die Masse au den
Wortsinn sich hält. In dem Glauben sind zwei Teile zu unterscheiden, ein sofort
deutlicher und ein der Auslegung bedürftiger. Der erstere enthält die Pflichten
für die ganze Gremelnde, letzterer gilt nur für die Gelehrten. Die ungelehrten
Leute müssen die Vorschriften nach dem Wortlaut ausführen und dürfen nicht
<larch die verschiedenen Interpretationen der Gelehrten gestört werden. Die volle
Wahrheit ist erst in der Philosophie zu finden. Aber nur wenige können
das höchste Ziel, die philosophische Wahrheit, erreichen. Für die anderen ist
die Offenbarimg notwendig. Theologisch muß so manches beibehalten
werden, was philosophisch nicht gilt, und auch philosophische Wahr-
heiten gibt es, die theolc^iisch nicht anzunehmen sind. So zeigte sich schon bei
Averroes die Lehre von der doppelten Wahrheit, der theologischen und
§ 34. Die Philosophie der Juden im Mittelalter. 385
der philosophischen, die dann auch von christlichen Gelehrten angenommen Mrurde.
Die höchste Stufe der Einsicht ist das philosophische Wissen. In der Vertiefung
der Erkenntnis liegt die dem Philosophen eigentümliche Keligion; denn man
kann Gott keinen würdigeren Kultus darbringen als den der Erkenntnis seiner
Werke, wodurch wir zur Erkenntnis seiner selbst nach der Fülle seines Wesens
gelangen (Averroes im großen Kommentar zur Metaph., bei Munk, M^lauges
S. 455 ff.).
Die Lehren der arabischen Philosophen fanden bald Anhänger auf christ-
lichem Boden, und besonders scheinen die Universität Paris und der Franziskaner-
orden Empfänglichkeit dafür gezeigt zu haben. Die Schriften des Averroes
wurden schon Anfang des 13. Jahrhunderts im Abendland bekannt, zunächst
<iie Kommentare zu De coelo und De anima in den Übersetzungen des
Michael Scott us. Um 1250 waren sie mit Ausnahme des Kommentars zum
Organon und der Destructio destructionis sämtlich in Übersetzungen vorhanden
und übten eine außerordentlich weit- und tiefgehende Wirkung aus, wie schon
aus der mannigfaltigsten Polemik g^en sie hervorgeht. Hauptsächlich gegen die
arabische Philosophie richtete sich die in den Jahren 1270 imd 1277 zu Paris
ausgesprochene Verdammung einer Anzahl Dogmen. Solche Sätze sind: Quod
intellectus omnium hominum est unus et idem numero. Quod mundus est aeternus.
Quod anima, quae est forma hominis, secundum quod homo corrumpitiu" corrupto
corpore. Quod deus nou cognoscit singularia. Quod überum arbitrium est potentia
paasiva. non activa, et quod necessitate movetur ab appetibili. Quod voluntas
hominis ex necessitate vult et eligit (siehe H. Denifle, Chart. Univers. Paris. I.
ß. 486—487). Einen vortrefflichen Einblick in die Hauptdifferenzen der christ-
lichen Auffassung gegenüber den Lehren der arabischen Philosophie bietet auch
dör von P. Mandonnet, Siger de Brabant, Ile p., 2e M., Louvain 1908 (Les
Philosophes Beiges VII), S. 1 —25 vollständig edierte Tractatiis de erroribus
philosophorum Aristotelis, Averrois, Avicennae, Algazelis, Alkindi et Rabbi Moysis,
der nach Mandonnet (XXX) um 1260 von einem Dominikaner abgefaßt ist.
wurde. Das Buch Sohar soll auf einen Schüler des Rabbi Akiba,
Simeon Ben Jocliai, zurückgeben. In der Tat sind einzelne kabba-
listische Grundlehren alt. Auf die Fortbildung derselben aber haben
griechische und besonders platonische Anschauungen vielleicht schon
durch Vermittlung der jüdisch-alexandrinischen Rehgionsphilosophie
und später vermittels neuplatonischer Schriften einen beträchtlichen
Einfluß geübt.
Die Berührung mit fremden Kulturkreisen, namentlich zuerst mit
dem dem Hellenismus und Römertum. später auch
Parsismus, dann mit
mit dem Christentum imd dem Alohammedanismus, erweiterte den
mehr und mehr zur
Blick des jüdischen Volkes und führte stufenweise
Aufhebung der nationalen Schranken in seinem Gottesglauben. In
dem Maße aber, wie die Anschauung von der Welt an Fülle gewann,
ward die Gottesvorstellung transzendenter: Jahve ward geistiger, höher,
dem einzelnen ferner, schließlich über Raum und Zeit erhaben ge-
dacht und seine Beziehung zur Welt durch Mittelwesen bedingt. So
fand zuerst die persische Engellehre Eingang und ward besonders von
den Essenern mit Vorliebe gepflegt. Dann bildete sich, besonders in
Bedeutender ist der Arzt Isaak ben Salomon Israeli und unter
den Rabbaniten der denkgläubige Saadja ben Joseph al-Fajjümi
(892—942), der Verteidiger des Talmud und Bekämpfer der Karaiten,
der die Vernunttgemäßheit der mosaischen und nachmosaischen Glaubens-
sätze des Judentums zu erweisen unternahm.
Eine neuplatonische Richtung vertritt der um 1050 in Spanien
§ 34. Die Philosophie der Juden im Mittelalter. 387
und durch Leon von Modena (in der Schrift Are Nohem. veröffentlicht durch
Jul. Fürst, Lpz 1840).
IL Isaak Israeli.
Die Werke Isaaks sind gesammelt unter dem Titel: Opera orania Ysaac.
Lugduni 1515. Hier findet sich die lateinische Übersetzung des Buches der ,,
Kommentar zum Buche Jezirah hat Menasche Großberg nach einer Oxforder
Handschr., London 1902, herausgegeben. J. Goldziher, Fragment de l'original
arabe du commentaire sur le S. Yecirah par Isak Israeli, Kevue des Itudes
juives 52, 1906, 187-190.
lU. Saadja.
SaadjaB Buch überdie Beligionen und Lehruieinungen ist in hebräischer
Übersetzung mehrfach ediert worden, so Konstantinopel 1562, ferner von
Rabbi Leo ben Jeminis (= Low
Benseeb), Berlin 1789, von Firschl, Leipz.
1859, von Slucky, Warschau 1864, Krakau 1^.
Eine Ausgabe des arabischen
Textes auf Gnind zweier Handschriften hat Landauer, Leiden 1880 veranstaltet.
Eine deutsche sehr unzuverlässige Übersetzung von Jul. Fürst ist Leipzig
1845 erschienen. Ferner Ph. Bloch, Vom Glauben u. Wissen, S. s. Eraunoth we-
Deoth. (EInleit. u. K(^mologie) aus dem Hebräischen des Jehudah ibu T. übers.,
Münch. 1879. — Eine Übersetzung des dritten Traktats: Vom Gebot und Ver-
bot hat W. Engel keraper, Die religionsphilosophische Lehre Saadja Gaons
über die hl. Schrift, Münster 190^ (Beitr. z. G. d. Philos. d. Mittelalt. IV, 4)
geboten. — S. Galliner, Saadjas arab. Psalmenübersetzung u. Kommentar
(Ps. 73—89) übersetzt. u. mit Anm. versehen, Erlaiiger I. D., Berlin 1903.
Schrift über die Seele, die aber unecht ist). J. Goldziher, Kitub ma' äni al-
nafs (Buch vom Wesen der Seele). Von einem Unbekannten, Berlin 1907 (Ab-
handl. d. K. Ges. d. Wiss. zu Göttingen, philol.-hist. Kl. N. F. IX, N. 1). Dagegen
verteidigt D. Neumark (Gesch. d. jüd. Pbilos. d. Mittelalt. I, ßerl. 1907, S. 493
—499) die Echtheit.
VI. Jehuda Halevi.
Das Buch Al-Chazari des Jehuda Halevi ist nach der yon Jehudalbn
Tibbon aus Granada im .Tahre 1167 zu Lunel angefertigten L'bersetzung öfters,
u. a. Prag 1838—1840, mit Komm, von G. Brecher, mit lateiii. Übersetzung
durch Joh. ßuxiorf, Basel 1660, mit deutscher Übersetzun^i durch H. Jolo-
—
wicz und Dav. Cassel, Lpz. 1841 1853, ediert worden; die Einleitung zu dieser
letzteren Ausgabe enthält auch das bibliographische Material. 2. Aufl. von
Cassel allein besorgt, Lpz. 1869. —
Das Buch Al-Chazari aus dem Arabischen
des Abu-L-Hasan Jehuda Hallevi übersetzt von Hartwig Hirschfeld, I. u.
II. Hälfte, Leipzig 1886 — 1887. —
Yehuda Ha-levi, Cuzarv: dialogo filosofico.
Madrid 1910 (Vol. I de la CoUeccion de filosofos espanoles y estraujeros).
Mantino im ersten Bande der alten lateinischen Ausgaben der Werke de«
Aristoteles nebst den Kommentaren des Averroes abgedruckt Sein philo
sophißch-theologisches Werk „Milhamoth Adonai" ist zu Riva di Trento 1560
ediert worden. Neuerdings ist erschienen: Levi ben Gereon, Lilchamot ha-8ohem.
Die Kämpfe Gottes. Keligionsphilosophische und kosm. Fragen, in sechs Büchern
abgehandelt. (In hebr. Sprache.) Neue Ausg., Lpz. 1866.
Des Karäere Aaron ben Elia aus Nikoraedien System der ReligioDH-
philosophie (Ez. Chajjim), vollendet 1346 zu Konptantinopel, ist von Delitzsch
und Steinschneider, Lpz. 1841, herausgegeben worden.
Die Entstehung der Kabbala rückt am weitesten Ad. Franck hinaüt, in-
dem er Spuren derselben bereits in der Septuaginta, in den Sprüchen Jesus
Sirachs und in dem Buche der Weisheit zu finden meint und sie aus dem Ein-
fluß der zoroastrischen Religion auf die Juden ableitet. Doch gesteht Franck
selbst zu, daß an die Stelle des Dualismus ein Emanatismus und an die Stelle
der Engel Ideen, Gestalten, Attribute gesetzt seien, daß die „Mythologie von der
Metaphysik verdrängt werde", und es fragt sich sehr, ob diese Umgestaltung bloß
durch den jüdischen Monotheismus oder auch durch hellenische Denkweise be-
dingt sei. Daß wenigstens das ausgebildetere kabbalistische System einen Einfluß
des Piatonismus bekunde, ist nicht zu bezweifeln.
Beachtenswert ist die fauch
von S. Munk, Palästina, p. 515 und M^l.
468 vertretene) Vermutung, daß die
p.
Essäer oder Essener die ersten Träger einer halb mythischen, halb philosophischen
Lehre gewesen seien, die sich bei den Juden in Palästina spätestens um die 2^it
der Entstehung des Christentums entwickelt habe, und durch welche teils die
Ausbildung der Kabbala bedingt sei. Später hat die
christliche Gnosis, teils die
vielleicht schon durch griechische
Originale, demnächst aber durch arabische
Übersetzungen vermittelte Kenntnis neuplatonischer Sätze und gewiß auch noch,
die Philosophie des Ibn Gebirol auf die kabbalistische Doktrin eingewirkt. Es
scheint, daß die EngeUebre, bezogen auf die Schöpfung und auf den Thronwagen
bei Ezechiel, die früheste und vielleicht schon essenische Form einer später in
die Kabbala eing^angenen Spekulation war. daß beträchtlich später und nur in
ziemlich loser Ajiknüpfung an jene ältere Spekulatioti die Ausbildung der Lehre
von den Sephiroth und von den Welten folgte, mitbedingt durch jüdisch-
alexandrinische, gnostische und neuplatonische Einflüsse. Über die Anfänge sind
bei dem Mangel urkundlicher Nachrichten nur Vermutungen möglich. Bestimmter
läßt sich über die ausgebildetere Kabbala urteilen.
Das Bedürfnis, zwischen der transzendent gedachten Gottheit und der
sichtbaren Welt eine Vermittlung zu finden, hat zu den kabbalistischen Spe-
kulationen geführt, in welchen die orientalische Engellehre und die alexandrinisch
modifizierte platonische Ideenlehre miteinander verschmolzen sind. Die von
späteren Kabbaüsten und von Historikern aufgeworfene Frage, ob die kabba-
listischen Sephiroth von Gott unterschiedene Wesen seien (wie Rabbi Me-
nachem Reccanati gewollt hat und in neuerer Zeit H. Joel meint, der sie
für Geschöpfe erklärt), oder Momente der Existenz Gottes, die nur wir subjektiv
unterscheiden (wie nach Cordueros Angabe Rabbi David Abbi Simra ange-
nommen haben soll), oder ob Gott (nach der vermittelnden, von Franck ge-
billigtenAnsicht von Corduero) zwar über, jedoch nicht außer, sondern auch
in denselben stehe, scheint unlösbar zu sein denn «ie sucht schärfere Unterschei-
;
dungen, als jene nicht reflektierende, sondern phantasierende Weise der Betrachtung
zuläßt, gerade wie auch dem Logos und den übrigen Kräften oder Ideen bei
Philon das Schwanken zwischen der attributiven und substantiellen Existenzform
wesentlich ist (vgl. Grdr. I, 10. A., 1909, {? 68). Die emanatistische Doktrin der
Kabbala tritt nicht in bewußter, auf philosophische Gründe gestützter Opposition.
§ 34. Die Kabbala. 393
wirken die drei ersten Sephiroth, auf die psychische die drei folgenden, auf die
materielle die siebente bis neunte. Im Mens ehe n gehört der ersten dieser drei
Welten die ;<eisti{i:e, unsterbliche Seele (neschama), der zweiten der beseelende
Hauch (ruach), der dritten der Lebenshauch (nephesch) an. Die Seele durch-
wandert verschiedene Leiber, bis sie gereinigt zu der Geistersvelt euij^rsteigt. Die
letzte Seele, die iii das irdische Leben eingeht, wird die des Messias sein.
Zu der mystischen Kabbäla bildet die verstandesmäßig reflektierende
Philosophie einen Gegensatz, der mitunter zu gegenseitigen Anfeindungeji ge-
führt hat. Das Aufkommen dieser Philosophie knüpft sich wesentlich an die
Berührung des Judentums mit dem Hellenismus und Moham-
med an ismus.
Die Karaiten, die mit der talmudischen Tradition brachen und in An-
lehnung an die Mutaziliten den arabischen Kaläm annahmen, scheinen die ersten
jüdischen Theologen gewesen zu sein, die nach dem Vorbilde der mohammeda-
nischen die Dogmatik systematisch darstellten. Ihnen folgten hierin später die
Tabbinischen Theologen (Rabbaniten), die sich orthodoxer hielten.
Als der früheste jüdische Philosoph des Mittelalters ist Isaak ben Salamon
Israeli anzusehen, der zwischen 845 und 940 in Ägypten lebte. Seine Hauptbe-
deutung liegt auf dem Gebiete der Medizin, wo er eine Reihe von viel benützten
Schriften hinterließ, so den Liber diaetarum, den Liber urinarum, den Liber febrinm
den Liber de gradibus. die Constant inus Af rican us ins Lateinische üliersetzte
Isaaks philosophische Arbeiten, das „Buch der Definitionen"
(siehe oben S.310).
und das ..Buch dei Elemente'', sind, wie die medizinischen, hi arabischer
Sprache abgefaßt. Das Original ging verloren, wir besitzen aber von beiden eine
hebräische und eine lateinische Übersetzung. Das „Buch der Definitionen"
wurde von Xissim ben Salomo (siehe M. Steinschneider, Die hebräischen
Übers, usw.. S. .S90; Arab. Lit., S. 39— 40), das „Buch der Elemente" von dem
Spanier Abraham ibn Chasdai (Anfang d. 13. Jahrh.) ins Hebräische über-
tragen, während die lateinische Übersetzung beider von Gerhard von Cremona
stammt. Der dem von Steinschneider (Alfarabi, S. 248) zuge-
Israeli
schriebine Jezirah-Kommen tar kann ihm in der vorhegenden Gestalt nicht
augehören; sicher ist aber, daß demselben ein echter Kommentar Isaaks zu
Orunde liegt (J. Guttmann, S. 9).
Über seine philosophische Bedeutung urteilt J. Guttmann ^vS. ')):
platonisch. Mit dem Neuplatonismus nimmt Israeli eine absteigende Reihe der
Wesen in der Folge von Intelligenz, Seele, Sphäre, Materie (die vier Elemente)
an, wobei die niederen aus dem Schatten oder Horizont der
Wesen
höheren Guttmann, S. 30). So ist die vernünftige
hervorgehen (siehe J.
>eele im Horizont der Intelligenz und aus ihrem Schatten entstanden
§ 34. Saadja. 395
'(bei J. Guttmanu, S. 42: Sublimiore ergo gradu et meliore ordinata est anima
rationalis, cum ipsa est in (oricute) [orizonte] intelligentiae et ex iimbra ejus
(generatio) [generataj est), animalische Seele aus dem Schatten der
ebenso die
vernünftigen und die vegetative Seele aus dem Schatten der animalischen, Vor-
stellungen, die auf den Liber de causis {§ 2) und schließlich auf Proklus
zurückweisen (siehe J. Guttmann, S. 10, 42), Die Scholastiker des dreizehnten
Jahrhunderts haben Isaak Israeli häufig zitiert, so Albertus Magnus (siehe
,1. Guttmann, Di6 Scholastik des dreizehnten Jahrh. usw., S. 55— (50) und ins-
besondere Vincenz von Beauvais in seinem Speculum naturale (J. Gutt-
mann. a. a. O., S. 129—130). Bonaventura (I Sent. d. 40 a. 2 q. 1), Hein-
rich von Gent (siehe M. de Wulf, Hist.de la philos. scol. dans les Pays-
Bas usw., Louvain-Paris 1895, S. 166), Thoraas von Aquin (De verit. 1 a. 1;
S. theol. I, q. IG a. 2 ad. 2) entnehmen die bekannte scholastische Wahrheits-
definition:veritas est adaequatio rei et intellectus dem ,,Buch der Defi-
nitioneu"'Isaaks.
I^nvergleichlich bedeutender als Isaak Israeli ist der Begründer der jüdischen
Religionsphilosophie, Saadja. Geboren zu Fajjura in Ägypten um 892, zum Vor-
steher der jüdischen Schule zu Sora oder Sura in Babylonien ernannt 928, gest.
942. auch als religiöser Dichter berühmt, war er (nach dem Ausdruck von Jost,
Geschichte des Judentums-, II, Leipzig, 1858. S. 279) „eine Frucht des jüdischen
Bodens, unigeschaffen durch Pfropfreiser aus dem arabischen Garten'". Er sehriel>
im .lahre 932 n. Chr. sein religionsphilosophisches Hauptwerk Kitäb al Amänäi,
Sepher ha-Emunoth we-ha-Deoth, deutsch „Glaubens- und Ver-
nunftgesetze" oder „Von den Religionen und Dogmen" oder ,,Vqm
Glauben m\d Wissen". Nach dem Vorgange, wie es scheint, seines älteren
karai'tisrhcn Zeitgenossen David ben Merwän al Mokammez aus Racca in
dem arabischen Irak versuchte er darin einen Nachweis der Vernunftgen)äßheit
der jüdischen Glaubenssätze und der Unhaltbarkeit der entgegenstehenden Dogmen
und Philosopheme zu geben. Er greift namentlich an: die Atomisten, die Ema-
Empedokles, die Sophisten, die Skeptiker und die christ-
natisten, die Dualisten,
lichen Religio nsphilosophen. Für die Skeptiker, meint er, sei es am besten, dat5
man sie hungern ließe, bis sie den Hunger verspürten, oder schlage, bis sie vor
Schmerzen weinten. Die Schrift, die im zwölften Jahrhundert durch einen I"n-
bekannten (Pseudo-Berachja ha-Naqdan; siehe Engelkemper, S. 5) und
llBti durch Jchuda ibn Tibbon aus dem Arabischen ins Hebräische übersetzt
wurde, enthält (nach Julius Fürst) außer der Einleitung zehn Abschnitte: 1)
die Welt und ihr Wesen sind geschaffen, 2) Schöpfer der Dinge ist Einer, 3) über
Gesetze und Offenbarung, 4) der Gotresgehorsani und die Widersetzlichkeit, die
Allgerechtigkeit und die I'ufreiheit, 5) Verdienst und Schuld, 6j das Wesen der
Seele und ihre Fortdauer, 7) Wiederbelebung der Toten, 8) die Befreiung und Er-
lösung, 9) der Lohn und die Strafe, 10) die Sittenlehre.
Die Ivardinalpun kte seiner I^ehre sind: Einheit Gottes, Mehrheit der
Attribute ohne Mehrheit der Personen, die wesentlichen Attribute Gottes: Lel)en,
Allmacht, Weisheit, ferner Schöpfung der ^Velt aus Nichts, nicht aus einem
vorhandenen Stoffe, Unantastbarkeit des geoffenbarten Gesetzes, Freiheit des
Willens, jenseitige \'ergeltung und (mit Abweisung der Seelen wanderungslehrei
Wiedervereinigung der Seele mit ihrem Körper in der Auferstehung, welche ein-
nachdem die Zahl der Seelen, die geschaffen werden sollten, erchöpft ist.
tritt,
Demgemäß ist der Inhalt der Lehre des Saadja durchaus im Einklang mit
der jüdischen Orthodoxie. Auf die religiös-philosophische Form seiner Lehre
hat aber das Vorbild der arabischen Mutakallimun Einfluß geübt, und
396 § 34. Saloraon ibii Gebirol.
17. 1904, S. 4.39). Die Argumentationen des Verfassers haben durchgängig die
platonische Hypostasierung dessen, was durch die allgemeinen Begriffe gedacht
Avird, zur Voraussetzung.
§ 34. Saiomon ibn Gebirol. 397
Der Grundgedanke des Werkes wird von dem Übersetzer der Hauptstelleu,
Sehern Tob, in der Lehre gefunden, daß auch die geistigen Substanzen
eine Materie, nämlich eine geistige Materie, haben, diach welche ihre Form
getragen werde, indem die Materie gleichsam als Basis die von oben kommende
Form aufnehme, daß also die Dinge in der Welt, sowohl die körperlichen wie
die geistigen, aus Materie und Form bestehen. Albertus Magnus sagt (Summa
theolog. p. II, t. I, q. 4, m. 1, a. i, part. 2), die dem Philosophen Avicebron
zugeschriebene Schrift ruhe auf der Annahme: et sie spiritualium et corporaüum
materia una est, und auch Thomas von Aquino (Quaest. de anima, art. VI)
nennt denselben den Urheber der Lehre, daß die Seele und überhaupt jede Sub-
stanz außer Gott aus Materie und Form zusammengesetzt sei. Diese Annahme
des Ibn Gebirol reiht sich dem Ganzen seiner Philosophie ein, die ein Pro-
dukt der Verschmelzung jüdischer Eeligionslehren mit aristotelischen und
besondei-s mit neuplatonischen Philosophemen ist.
Abbild der jenseitigen oder intelligibeln, aus Materie und Form, so muß auch in
ihrem Urbilde mit der Form zugleich eine Materie sein. Vgl. Steinschneider.
Alfarubi, 8. 11') und 254.
398 § 34. Bachja ibn Pakuda.
Bachja ibn Pakuda verfaßte gegen f^nde des 11. Jahrhunderts (oder
am Anfang des zwölften, 1106 — 1143, nach Yahuda, Prolegomena, S. 16. dem
aber D. Neumark, Gesch. d. jüd. Philos. d. Mittel. I, S. 485—493 nicht
zustimmt; eine Schrift über die Herzenspflichten, worin er ausgehend
von einer Betrachtung über die Einheit Gottes, ein vollständiges System
der jüdischen Moral entwirft. Er unterscheidet mit einigen arabischen
Mutakalliunm — neucstens hat Yahuda die Abhängigkeit Bachjas speziell
von Alguzel verteidigt —^ die Herzenspflichten von den Gliederpflichten.
Zu den ersteren zählt er Liebe und Vertrauen zu Gott, Denuit, auch Betrachtung
der Natur. Sie stehen zu den Gliederpflichten in demselben Verhältnis, wie die
Ursache zur Wirkung. Die ersteren sind geheime, die letzteren offene Pflichten.
Daß die inneren Pflichten nicht eine bloße Zutat zu der durch Gesetzestreue sich
bekundenden Frömmigkeit, sondern die (Trundlage aller Gesetze seien und den
Wert der Handlang bedingen, sucht er durch Vernunft, Schrift und Überlieferung
§ 34. .Tehuda Halevi. Josef ibn Zaddik. Abraham ben David. 390
darziitun. Die Beweise für das Dasein und die P^inheil Uottes zu kennen, isr
nach ßaehja eines jeden Mensehen reli<;iöse Pflicht. Bei einem Streite zwischen
Philosophie und Keligion hat die letztere entschieden den Vorrang.
Jehuda ben Samuel Halevi aus Kastilien (geb. um 1080), der berühmte
Dichter religiöser Lieder, äußert sich in seiner Schrift Al-Chazari, worin er auf
die (historische! Bekehrung eines Chazarenkönigs zum Judentum die Szenerie der
Gespräche baut, mild über die mohammedanische und christliche Religion, weg-
werfend aber über die griechische (aristotelische) Philosophie, die keinen zeitlichen
Anfang der Welt zugestehe. Er mahnt, sich von ihr fernzuhalten. In betreff
des Verhältnisses zwischen Offenbarung und Philosophie vertritt er dieselbe An-
sicht wie Algazel, von dessen Schriften er nicht unwesentlich beeinflußt ist.
Ähnlich den Neuplatonikern will er das Absolute über alle Bejahung erheben..
Es ist nach ihm unmöglich, die jüdische Glaubenslehre und die damalige Philo-
sophie in iJbereinstimmung miteinander zu bringen. Das jüdische Gesetz sucht
er auf eine gemeinverständliche Weise als vernunftgemäß zu begründen, fjbenso,
wie Ibn (xebirol, neigt er dem Mystizismus zu.
dem Neuplatonismus der treuen (lauteren; Brüder und Ibn Gebirols sich,
abhängig zeigt. Siehe M. Doctor, S. Iti 21. —
Er polemisiert gegen die Lehre,
daß Gott mit einem geschaffenen Willen wolle. Bei der Schüpfertätigkeit schließt
er das Nachdenken und IJberlegcn Gottes aus. Gottes eigentliches Wesen können
wir nicht begreifen; nur seine Existenz ist uns sicher, Attribute können wir ihm
nicht zuschreiben.
Während die bisher behandelten jüdischen Denker in ihren philosophischen
Grundanschauungen unter dem Einfluß des Neuplatonismus standen, voUzogea
Abraham ben David und insbesondere Moses Maimonides die bedeutsame
Wendung zum Aristotelismus.
Wurzeln und Grundpfeiler des Glaubens, welche vieles Untersuchen und Nach-
denken erfordern, kennen, noch seine Zweige, zu deren Erfassung weniger Nach-
denken genügt".
Verfagßers vonJuda Charisi (um 1194) und von Samuel ibn Tibbon (um
1202) aas dem Arabischen ins Hebräische übersetzt wurde, und in den vierze&n
Büchern des Gesetzes (1170—1160) brachte er systematische Ordnung in da»
Talmud-Konglomerat. Der historische Sinn blieb bei ihm, wie bei seinen
Zeitgenossen überhaupt, unentwickelt. Sein (um 1190 vollendetes) philosophisches
Hauptwerk, der „Führer der Umherirrenden" (Moreh Nebüchim), ent-
hält (nach Munks Urteil, Mölanges p. 486) in philosophischem Betracht zwar
keine epochemachenden Resultate, hat aber mächtig dazu beigetragen, die Juden
mehr und mehr zum Studium der peripatetischen Philosophie anzuregen, wodurch
sie fähig wurden, die Wissenschaft der Araber dem christlichen Europa zu über-
mitteln und so einen beträchtlichen Einfluß auf die Scholastik zu üben. Der
„Führer" wurde von den eben genannten Übersetzern Juda Charisi und
lisarauel ibn Tibbon ins Hebräische übertragen, und schon wenige Jahrzehnte
nach dem Tode Maimünis lag eine lateinische Übersetzung des „Moreh" vor,
welcher die hebräische Version des Juda Charisi zugrunde liegt, und die ver-
mutlich auf Anregung des Kaisers Friedrieh II. entstanden ist. Schon Wil-
helm von Auvergne hat den „Führer" reichlich benützt. Siehe J. Gutt-
mann, Die Scholastik des dreizehnten Jahrhunderts usw., S. 22, ferner Perles,
Die erste lateinische Übersetzung des maimonidischeu Führers, Breslau 1875.
J. Münz, Moses ben Maimon, S. 131 f.
Maimonides wendet sich an solche, die sich mit Philosophie beschäftigt
und den Glauben verloren haben und sich nur durch wiasenschaftüche Vermitt-
lung denselben wieder aneignen können. Am bedeutendsten bat Maimonides auf
die jüdische Theologie eingewirkt. Er geht von der Überzeugung aus, daä da»
Gesetz nichtnur zur Ü^bung des Gehorsams, sondern auch als Offenbarung
der höchsten Wahrheiten den Juden gegeben sei, daß also die GeBetzeetreue
im Handein keineswegs genüge, sondern auch die Erkenntnis der Wahrheit
eine religiöse Pflicht seL Er hat hierdurch das religione-phUoeophische Denken
kräftig angeregt, jedochauch durch Aufstellung bestimmter Glaubenssätze wid«
Willen zu einer Fixierung jüdischer Dogmen beigetragen, obschon seine
eigene Forschung durchaus einen rationellen Charakter trägt. Astrologische
Mystik weist er ab; man soll nur glauben, was entweder durch die Sinne bezeugt
oder durch den Verstand streng erwiesen oder durch Propheten oder fromme
Männer überliefert ist. Freilich darf nicht alles, was sich im Pentateuch findet,
im wörtlichen Sinne vOTstanden werden. Die Texte der heiligen Schrift, wörtlich
genommen, können zu verkehrten Vorstellungen von Gott und. zu Irreligiontit
führen. So oft demnach der wörtliche Sinn einer Stelle der heiligen Schrift einem
wissenschaftlich erwiesenen Lehrsatz widerstreitet, muß dieser buchstäbliche Sinn
aufgegeben und der allegorische angenommen werden.
Auf dem wissenschaftlichen Gebiete gilt dem Maimonides Aristoteles
als der zuverläaeigete Führer, von dem er nur auf dem GeWete der Religionslehre
teilweise abgeht, insbesondere in der Lehre von der Schöpfung und Leitung der
Welt Aristoteles habe, abgesehen von den Propheten, die höchste
Stufe menschlicher Erkenntnis erstiegen. Seine Schriften mußten die
Basis für alles wissenschaftliche Streben a«n zu ihrem Verständnis seien freilich
;
die Kommentare von Alexander oder auch tod Ibn Roschd nötig.
Maimonides hält an dem Glauben fest (ohne den nach seiner Ansicht
auch die Lehre von der Inspiration und den Wundern als Suspensionen der Natur-
gesetze nicht würde bestehen können), daß Gott nicht nur die Form,
sondern auch die Materie der Welt aus dem Nichts ins Dasein ge-
rufen habe, weil ihm die philosophischen GJ^eubeweise nicht als stringent er-
§ 34. Moses MaimoDides. <|0I
Die Gottheit kann nicht definiert, auch Qualitäten können nicht von ihr
ausgesagt werden, ebensowenig wie wirkliche Relationen. Die wahre Gottes-
vrkeantnis ist die Einsicht, daß sein Wesen unerkennbar sei. .Te mehr man
Poeitives von Gott negiert hat, desto weiter ist man in der Gotteserkenntnis ge-
kommen. Nur kann man ihm beilegen, die aber, wenn sie auch ver-
'Jatigkeiten
schieden sind, nicht etwa Unterschiede im Wesen Gottes anzeigen. Von Gott
muß alle Körperlichkeit ferngehalten werden, ebenso jede Affektion und Ver-
Jnderung. Ferner ist Gott reine Aktualität, keine Potenzial itat darf ihm zuge-
i-chrieben werden, keinem Geschöpf ist er ähnlich. Gott ist in gleicher Weise er-
haben über die ihm beigelegten Vollkommenheiten, wie über die von ihm feru-
gehaltenen ünvoUkommenheiten.
Grundes". Die Umdeutung sittlicher Schilderungen von der Gottheit und vom
künftigen Leben, die bildliche Auffassung einzelner Wunder, das Aufsuchen von
Vernunftgründen für die Gesetze war ihnen eine Gcfsihrdung der Religion. Ep
gab in Frankreich Fanatiker, welche sich nicht mit dem Banne begnügten,
sondern sogar die Hilfe christlicher Inquisitoren gegen die verhaßte Ketzerei in
Anspruch nah.naen und erlangten. Aber gerade dieser Schritt als Verrat am
jüdischen Geineingeist trug wesentlich zum Siege der denkgläubigen Richtung de^
Maimonides bei, dessen Schriften nunmehr
eine fast unangefochtene Autorität
sowohl bei den okzidentalischen als bei den orientalischen Juden erlangton. Auch
von arabischen und christlichen Denkern wurden dieselben hochgeschätzt. Über
den Einfluß des großen jüdischen Denkers auf die christliche Scholastik siehe die
Arbeiten von Joel, Jellinek, Guttmann, Michel und Rohner.
schlechthin formlos ein Nichts sei, bekennt und die Unsterblichkeit der Seele al^-.
Die Nachbildung des Moreh durch den (im 14. Jahrundert lebenden)
Karait^n Ahron ben Elia aus Nikomedien in seinem „Lebensbaum" (worin
auch detaillierte Angaben über die religiösen und philosophischen Richtungen bei
den Arabern enthalten sind) ist eine auf Philosophie gegründete Darstellung der
Dogmen des Mosaismus.
Seit dem 15. Jahrhundert hat der erneute Platonismus (wovon später zu
handeln ist) auch auf die Philosophie der Juden einen gewissen Einfluß geübt.
§ 35. Der Umschwung der scholastischen Philosophie um 1200. 403
der sich in den Dialogen über die Liebe von Leo dem Hebräer, dem Sohne
des Isaao Abarbanel, bekundet, s. jedoch Grundriß III, 1, 9. Aufl., S. 15.
Diese später in das Hebräische Dialoge erschienen urspünglich
übersetzten
italienisch unter dem amore, composti per Leone Medice, di
Titel: „Dialogi di
natione Hebreo, et dipoi fatto christiano", Roma 1535, Vinegia, Aid. 1541, und
sind vielleicht nicht ohne Einfluß auf Spinoza gewesen. Vgl. B. Zimmels,
L. Hebraeus, E. jüd. Ph. der Renaissance, Lpz. D.. Breslau 1866; derselbe, Leone
Hebreo, Neue !<tudien, Wien 1892.
Zweiter Abschnitt.
Die Hochscholastik.
Die Frage, wann und auf welchem Wege die Rchol«»(iker mit ilcn arlHtotc-
lischen Schriften außerdem Organen bekannt gcMorden seien, ist durch Auiable
Jourdain 's Untersuchungen in dem S?inne gelöst worden, diiß die erste Bekannt-
schaft durch die Araber und Juden vermittelt, nicht lange nndilicr aber «uch der
griechische Text besonders aus Konstantinopel nach dem Al)endlande ^jckommeu
und direkt ins l^ateinische übertragen worden sei. In früherer Zeit herrKchte die
in der Hauptsache richtige Ansicht, daß die lateinischen Übersettungen »nx «ra-
bischen geflossen seien. Doch wurde oft ni<ht scharf genug zwischen den logischen
Schriften, die bereits früher ohne diese Vermittlung helrunnt waren, und den
übrigen unterschieden. Außerdem wurden »iie fast gleichzeitig crfolgendcji direkten
Übersetzungen aus dem Griechischen zu wenig beachtet. Heeren verfiel (in seiner
Gesch. des Studiums der klass. Lit. I, H. l&i) in den entgegengesetzten Fthler.
die arabische Vermittlung zu unterschätzen. Buhle (Lehrb. der Gesch. der
Philos. V, S. 247) hält die richtige Mitte, indem er namentlich die Verschieden-
heit des Verhältnisses zum Organon und zu den übiigen 8chiiften lierxorh<'l>t.
aber ohne Erforschung und Mitteilung der Belege, die später .fourduin ^.'cgebcii
hat. Daß auch das Organon erst um die Mitte des 12. Jahrhundevtx vollHfändi;:
bekannt und die Früheren auf die Kategorien, auf De intcr|iretatione
wurde,
nel)6t der Isagoge und auf boethianische Schriften besehrinkt waren, i.st erst njnh
•lourdain's Untersuchungen durch Cousin, Prnntl. V. Kose und (Mervnl
ermittelt worden. Siehe oben 8. 201 f.
ihren Anfangen zurück bis auf Oerbert (siehe oben S. 20',), 241, 243). Im elften
und in der ersten Hälfte des zwölften .Jahrhunderts sodann hatten hk-Ii Coii-
stantious Africanus Adelard von Bath
(siehe oben S. 310), (^»iehe oben
S. 310 f.), Hermann der Dalmate und Robert von Ketines (.><iehe ob«;n
S. 313) um die Übersetzung ambischer ninthematischer, me<lizinischer und asini-
nomiecher Werke bemüht. Einen gewaltigen Aufiwhwung nahm die riMTHef/.cr
tätjgkeit nach der Mitte des zwölften Jahrhunderts. Um 1150 iibersetzt<-n
Johanues Avendeath (Avendear, Johannes bcn David, auch .lobannc>
Hispanus genannt) und Don)inicuKGundisea]inu9 auf(ieheifl de« Erzbischofs
Raymund von Toledo (1126—1151) aus dem Arabischen mittels des Kasti-
iiachen ins Ij»teinische Werke von Alfarabi, Algazel und Avii«nnsi. In»
406 § •^^- Die Übersetzungen aus dem Arabischen ins Lateinische.
ruptione, die drei ersten Bücher der Meteore — das vierte Buch hatte bereits
Henricus Aristippus aus dem Griechischen ins Lateinische übertragen; siehe
oben S. 203. Weitere Übersetzungen Gerhards galten den Werken Al-
kindis: De somno et visione, De intellectu und De quinque essentiis, femer
dem Canon Avicennas, dem Almagest des Ptolemaeus (um 1175), dem
Liber de causis, der, wie für die arabische, so auch für die christliche Philosophie
den Neuplatonismus des Proklus vermittelte (siehe oben S. 370), endlich dem
,,Buch der Definitionen" und dem „Buch der Elemente" des jüdischen Philosophen
Isaak Israeli (siehe oben S. 394).
Auch im dreizehnten Jahrhundert hat Spanien und Toledo seine Bedeutung
als wichtiger Sitz der Vermittlung aristotelisch-arabischer Wissenschaft nicht ein-
gebüßt. In Spanien holte sich Alfred us Anglicus seine Kenntnis der ara-
bischen Sprache (siehe unten). Speziell in Toledo wirkte Michael Scottus
(gest.kurz vor 1235). Er übersetzte die Kommentare des Averroes zu De coelo
et mundo und zu De anima, ferner die Schrift De animalibus in der Abkürzuug
Avicennas. Nach Renan (Averroes, S. 206—207) stammen von ihm auch
Übersetzungen der Kommentare des Averroes zu De generatione et corruptione,
zu den Meteoren, zu den Parva naturaUa und die Version der averroistischen
Schrift De substantia orbis. In Toledo (und nicht in Sizilien unter Friedrich II.)
war auch Hermannus Alemannus tätig, der als Bischof von Astorga in
Spanien 1272 starb. Er übersetzte 1240 (1260?) den mittleren Kommentar des
Averroös Nikomachischen Ethik und 1244 einen Abriß desselben; der
zur
letztere wurde von den Scholastikern als compilatio Alexandrinonmi zitiert (Mar-
chesi, S. 106 ff. P. Minges, Die dem Alexander von Haies zugeschriebene
Summa de virtutibus, Festgabe für Cl. Baeumker. Münster l'JU!, S. 133). 1254
und 12.50 fertigte Hermann Übersetzungen der Kommentare des Averroes zur
aristotelischen Rhetorik und Poetik.
Von Toledo kamen aus dem Arabischen.
die Übersetzungen Es fehlte aber
auch nicht an Versionen, die unmittelbar aus dem Griechischen flössen.
Schon vor 1102 übersetzte Henricus Aristippns, Archidiakon \on Catania.
das vierte Buch der arist<?telischen Meteorologica aus dem (Jriechischen ins La-
§ 35. Die Übersetzungen aus dem Griechischen ins lateinische. 407
Ciregor X. (1271 - 127H) und aii ihrem Hole in N'iterbo tätig, seit 1277 Erzbischof
von Korinth, gest. VViihelm war der philologische Berater und Mit-
128<j.
arbeiter des Thoraas von Aqnin. Auf dessen Anregung iiin unternahm er die
Neriübersetzung oder die Überarbeitung vorhandener Übersetzungen der Werke
dee Aristoteles auf (.»nind des griechischen Textes. Siehe die QueMenbelege bei
Mandonnet, Ire partie, S. 40, A. 1. C4egen 12tK.> übersetzte er aus dem Griechi-
schen als der erste die Politik und 12(57 die )kononiik des Aristoteles.
( Seine
Übersetzung der Politica hat mit dieser selbst SusemihI ediert, Leipzig 1872.
Aber nicht bloß auf Werke erstreckte sich seine übersetzevtäiigkeit.
aristoteli8<;he
Auch die Kommentare des Simplicius zu den Kategorion und zu De coelo et
mundo des Aristoteles hat er aus dem Griechischen übertragen. Am 18. Mai
1268 vollendete er zu Viterbo die Übersetzung des griechischen Originals der
2TO(;jje/wö<s Osoloyixi'i des Neuplatonikers Proklus. Dadurch sah sich Thomas
von Aquin in den Stand gesetzt, den Zusammenhang des Liber de causis mit
dem Werke des Proklus klar zu erkennen (Com. in libr. de causis, lect. I;
siehe Joiirdain, S. 185); anderseits wurde hierdurch eine neue, sehr einflußreiche
Quelle des Neupiaton israus erschlossen. 1281 übersetzte Wilhelm von Moer-
beke noch Werke des Proklus, nämlich I^e decem dubitationibus
drei weitere
circa providentiam, De Providentia et fato. De malorum subsistentia. Außer zu
Thomas von Aquin stand er auch zu Witelo (siehe unten) und zu Henri
Bäte (siehe unten) in freundschaftlichen Beziehungen, Witelo widmete ihm
eine mathematisch-optische Schrift (Perspectiva) und Henri Bäte ein astrono-
misches Werk (Corapositio Astrolabii).
So war seit 11.% im Laufe von etwas mehr als einem Jahrhundert von
Hcnricus Aristippus und Dominicus Gundissalinus an bis zu Wil-
helm von Moerbeke ein ungeheures Wissensmaterial in Umlauf gesetzt wor-
den, das einer Flutwelle gleich sich über die christlichen Schulen ergoß. Grie-
chisch-arabische Weltanschauung drängte sich damit hart an die Seite der
christlichen. Bei den tiefgehenden Differenzen zwischen beiden in manchen
Punkten war die Karapfesstellung der letzteren gegen die erstere unausbleiblich,.
Der Angriff richtete sich in erster Linie gegen Aristoteles, was nicht wunder-
nehmen kann, da der Philosoph von Stagira dem Mittelalter seit dem zwölften
Jahrhundert als der eigentliche große Führer der antiken und arabischen Weis-
heit erschien. Noch weit mehr fällt aber ins Gewicht, daß zunächst nicht der
echte Aristoteles des griechischen Textes bekannt wurde. Dauerte es doch ge-
raume Zeit, ehe man den echten Aristoteles von dem neuplatonisch-arabisch
interpretierten zu scheiden lernte und man in der Lage Mar, das was fälschlich
dem Aristoteles zugeschrieben wurde, als unaristotelisch zu erkennen. Unter
der Flagge des Aristoteles gingen eine Reihe von Schriften, die in pantheisti-
schem Geiste gehalten waren, so der aus dem Neuplatonismus des Proklus
schöpfende Liber de causis (auch De causis causaruro, De intelligentüs, De
esse, Aphorismi de essentia summae bonitatis), der in der lateinischen Übersetzung
des Gerhard von Cremona weite Verbreitung fand (siehe oben S. 370), ferner
dem Aristoteles zugeschriebene, auf die Enneaden Plotins zu-
die fälschlich
rückgehende Theologia (auch De secretiori Aegyptiorura philosophia),
die in lateinischer Übersetzung mindestens seit 1200, vielleicht schon früher be-
kannt war (siehe oben S. 369), endlich die viel gelesene pseudo-aristotelische
Schrift De secretis secretorum, die im Original von einem unbekannten Araber
des elften oder aus dem Anfang des zwölften Jahrhunderts herrührt und von
dem Kleriker Philipp ins Lateinische übersetzt wurde (siehe Jourdain.
§ :].">. Dio kirchlk-heii Verljote gegen AristxUeles. 40&
Jjesung; sei durch jenes Konzil (1210) auf drei Jahre verboten worden (siehe
Jourdain, S. 188). Das Gleiche erzählt Cäsarius von Heisterbach
(Illustr. mirac. et bist. mem.
V, 2'2; bei Jourdain, S. 188), der nur libros
1.
naturales nennt. Hiernach könnte es scheinen, daß 1213 jenes Verbot wieder
aufgehoben worden sei. .Jedoch in den Statuten der Pariser Universität, die im
Jahre 1215 durch den päpstlichen Legaten Robert von Couryon sanktioniert
wurden, wird wohl das Studium der aristotelischen Bücher über die Dialektik,
und zwar über die „alte" und „neue'', »I. h. über die altbekannten und die um
1140 neu bekannt gewordenen Teile der Logik geboten, das der aristotelischen
Bücher über die Metaphysik aber und über die Naturphilosophie, sowie
der Abrisse ihres Inhalts, und das der Lehren des David von Dinant, des
Amalrich und eines Spaniers Mauritius (worunter wohl Averroes zu verstehen
ist; siehe Mandonnet, Ire partie, S. 17 f.) wird verboten (du Boulay, Hist. univ.
Daß übrigens das Verbot nur für Paris galt, zeigt der Brief der Magistri in
Toulouse von 1229 („Libros naturales, qui fuenint Parisiis prohibiti, poterunt illic
andire, qui volunt naturae sinum medullatenus perscrutari" Denifle, Ohartular. ;
Utiiv. Paris. I, p. 131; Baeuraker, Areh. f. Gesch. d. Phil., Bd. X, 1897, S. 143.
Anm. 76; Mandonnet, Ix-e partie, 18, Anm. 1).
dehnte am 22. September 1245 das Verbot von 1210 in der Gregorschen Formel
auch auf die Universität Toulouse aus (siehe P. Mandounet. Ire partie^ S. 22.
A. 1). Urban IV. hat es am 19. Januar 12G!^ neuerdings eingeschärft (sieh*-
syllogistischer Weise begründet wurde. Den Schluß machte die Widerlegung der
Gegengründe. Siehe oben S. 212, 280-281.
Ihre literarische Verkörperung fanden die methodischen Be-
strebungen der Hochscholastik in den gewaltigen theologischen und
philosophischen Summen, in denen die Svstematisierungsarbeit dafe
Höchste erreichte, ferner in der Disputationsliteratur: in den
Quaestiones disputatae als Niederschlag der disputationes ordinariae und in
den Quaestiones de quolibet, quodlibetales oder kurz in den Quodlibeta als
schriftliche Fixierung der Ergebnisse der disputationes quodlibeticae (siehe oben
S. 211). Danebenher ging auch in der Periode der Hochscholastik die eifrigste
Pfl^e des durch alle Jahrhunderte geübten Verfahrens der lectio oder der
Kommen tieruug eines dem Unterricht zugrunde gelegten Testes. Einerseits
entstanden die zahllosen Kommentare zu den Sentenzen des Lom-
barden (siehe oben S. 301), anderseits hat sich an die Werke des Aristoteles
•seit Albertus Magnus und Thomas von Aquin eine überreiche Kommen-
tarliteratur angereiht.
Ansgraben.
I. Doiuinieu» Gondlssallnns.
GundisBalinus' Schrift De processione muodi wurde von Meneudoz
Pelayo, Historia de los heterodoxos Espafiolee. t. I, Madrid 1880, f?. «91 — 711
ediert. Weitere von CL Baeumker angeregte £ditiooeo stammen von 1\ Cor-
rens, Die dem Boethius fälschlich zugeschriebene Abhandlung des Dominions
GnndiK. De unitate, Münster 1891 (Beitr. z. Gesch. d. Philoe. d. Mittelalt. I, 1).
G. Bülow, Des Dominions Gundisalvi Schrift von der Unsterblichkeit der Seele.
Nebst einem Anhang, enthaltend die Abhandl. d. Wilhelm von Paris (Auverenei
De immortalitöte animae, Münster 1897 (Beitr. z. (iregch. d. Philos. d. Mittelalt.
II. 3). L. Baur, Dominicus Gundissalinus De divisione philosophiae, herausg«?^.
u. philosophiegeschichtl. untersucht. Nebst einer Gesch. d. philoe. Einleitung bi-
zum Ende der Scholastik, Münster 1903 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt.
—
IV, 2 3). —Gundisalvis Schrift De anima wurde zum Teil veröffentlicht
von A. Löwenthal, Dominicus Gundisalvi u. sein psvcholog. Kompendium.
Königsberger I. D., Berlin 1890; derselbe, Pseudo- Aristoteles über die Seele, eine
psychol. Schrift d. 11. Jahrii. nnd ihre Beziehungen zu Salomon ibn Gebirol,
Berlin )891, S. 79—131.
Die Schriften des Wilhelm von Auvergne sind Nürnberg 1496, \'enetiis
1591. dann genauer und vollständiger durch Blaise Leferon, Aureliae 1674
herausgegeben worden.
Einen neuen kritischen Text der Schrift De immor talitate animae ver-
danken wir G. Bülow, Des Dominicus Gundissalinus Schrift von der Unsterb-
lichkeit der Seele, nebst einem Anhang, enthaltend die Abhandlung des Wilhelm
von l'aris (Auvergnt.) De immortalitate uniniae, Münster 1897 (Beitr. z. Ge<*oh. d>
l'hilos. d. Mittelalt. II, 3), S. 39-61.
Die in der Aufgabe von Wilhelms Werke, Orions 1674, II, 2-14 ff. ge-
druckten Sermones rühren von Guillaume P^^raud her; vgl. B. Haureau,
Notices et extraits de quelaues manuscrits latins III, 272; V, -55. Mitteilungen
aus einem wirklich eohten bringt Haureau VI, 228 ff
§ 36. Die erste Benützung der neuen Literatur. Ausgaben. 413
y. Alfredns Anglicus.
Excerpt« e libro Alfredi Anglici de motu cordis, ed. C. S. Barach, Inns-
bruck 1878 (Bibliotheca philosopnorum mediae aetatis 11). Eine neue kritische
und vollständige Ausgabe wird von Cl. Baeuraker vorbereitet.
Der von Alfred aus dem Arabischen übersetzte Anhang zu den aristote-
lischen Meteoren in der Nürnberger Handschrift C!od. centur. V, 59, fol. 21 Iv
— 214r, der von ihm selbst als Liber de congelatis zitiert wird, ist unter dem
Namen Avicennas gedruckt in: Theatrum chemicum etc., Vol. IV, Argentorati
ItJöO, p. 883—887 und in: (Jebri, Regis Arabum et Avicennae, Summi . . , .
VL Miehae! H«^ottus.
Des Michael Scottus Schrift Super autoreni sphaerae ist zu B<»-
logna 1495 und zu Venedig 1631, De soleetluna zu Straßburg 1622, De
chiroraantia öfters im 15. Jahrhundert gedruckt worden. —
Fragmente einer
Einleitungaschrift des M. Sc. sind im Speculum doctrinale des
erhalten
Vincenz von Beauvais; siehe L. Baur, Dominicus Gundissalinus de divisione
S'iiloftCMphiae, Münster 1903 (Beiträge z. Gesch. d. Philos. d, Mittelalters, Bd. IV,
. 2—3), S. 226, 364 ff., Anhang S. 398-400. wo der Text mitgeteilt wird..
materia per se diffluit et de natura sua habet multipUcari, ebd. S. ö). Die ge-
schaffene Einheit deszendiert (descendens) aus einer ersten, schöpferischen Ein-
heit. Da aber alles Geschaffene vom Schöpfer so auch die ge-
verschieden ist,
Schrift Avencebrols, wie Cl. Baeiimker (Dom. Gund. iils philos. Schriftsteller
in: Compte rcjidu du 4re Congres scientifique international des oatholiques..
III. Sect. Fribourg 1898, S. 50 ff., auch separat Münster 1899, S. 13) gegen
Löwen thal nachwies. Die Seele ist eine unkörperliehe Substanz, die, selbst un-
bewegt, den Körper bewegt. Neben der platonischen erscheint aber auch di<
aristotelische Seelendefinition. Gott schafft nicht unmittelbar die Seelen, sondern
er bedient sich der Engel als Instrument. Sie schaffen aber die Seele nicht au>
nichts, sondern aus der spirituellen "Materie. Derselbe Gedanke findet sich
in De processione mundi, wo den Engeln auch die Hininielsbcwegung zuge-
schrieben wird (Ministerio enini angelorum, dicunt philosophi, ex materia et forra.i
cotidie creari aniraas, celos etiam moveri, ed. Menendez Pelayo, S. 710).
Die Beweise fiJr die Unsterblichkeit der Seele entwickelte Gundisalvi ii.
der Abhandlung De immortalitate aniniae. Die Schrift geht zurück auf eine
noch unbekannte arabische Quelle, aber nicht %'on der Hand Avencebrols, wie
G. B ü 1 o w gegeri L ö w e n t h a dartut. Sie wurde später von ilhelmvonAuvergne
1 W
überarbeitet (siehe unten). Gundisalvi unterscheidet äußere (conclusiones e.\
extraneis) und innere Beweisgründe (argumenta ex propriis). Die ersteren sind
Variationen des Motivs der göttlichen Gerechtigkeit. Wie er ab<'r die piatonischen
Beweise als untauglich übergeht, so will er nicht aus äußeren, sondern aus inneren.
in der Sache selbst gelegenen Gründen die l^nsterblichkeit der Seele dartun.
Gundissalinus benutzt dazu das gesarate Rüstzeug, das ihm die aristotelisch
neuplatonisch-arabische Philosophie (Aristoteles et sequaces ejus) an die Hand gal>
(Unabhängigkeit der intellektiveii Hetiitigung der Seele vom Körper, Charakter der
Seele als forma immaterialis Glückseligkeitsstreben der intellektivcn Seele,
.
Stellung der Seele zwischen den reinen Geistern und den in die Materie ver-
senkten Tier- und Pflanzenseelen, Freiheit- der Seele von den vier möglichen
Arten der Zerstörung, Organlosigkeit des Intellekts und seine unendliche Er-
kenntniöfähigkeit, Verbindung der Seele mit dem Quell des Lebens; vgl. G. Bülow .
B» ur kommt 7iiiu liesultat (a. a. O. 8. 314): „Die 8<'hrii^t dee Dom. Gund. über
die Einteilung der Philosophie ist eine aus arabischen (Al-Kindi, Al-Farabi.
Avicenna, Ao-Nairizi, Al-Gazel und mehreren unbekannten Autoren) und latei-
nischen (Boi'thius, Beda) Quellen geschickt hergestellte Kompilation,
l8idorii8,
welcher die philosophische Eialeitungsächritt des Al-Farabi ganz und zwar —
wörtlich unter Umstellung einzelner Teile — eiuvorwoben
Die Schrift selbst ist.
steht auf ganz ausgesprochen aristotelischem Boden und ist ihrer Tendenz sowohl
äIs ihrem Inhalt nach in allcrengste Beziehung; zu setzen zu der von Aramonius
Uermiae ausgegangenen und durch die Syrer und Araber vermittelten Kommen-
ts toren - Li teratu r."
Nicht ei-^t Alexander von Haies oder Wilhelm von Auvergne, wie
man bisher annahm, sondern Dominicus (» undi-salinus um die Mitte des
12. Jahrhundert« ist der „erste Apostel des neuplatonisch gefärbten Aristotelisraus"
(G. Bülow, a. a. (). S. 143). Auch die Avencebrolsche Ivchre von der Zusammen-
setzung der geistigen Substanzen, <ier Intelligenzen und Seelen, findet nicht erst
bei Alexajider von Haies, sondern l)ereits l>ei Guudissaliu (De unitate. De
procesuioue niundi, De anima) Aufnahme (vgl. P. Correns, a. a. O. S. 19. 39
und M. Witt mann, Die Stellung d. h. Thom. v. Aquin z. Avencebrol. Münster
1900, S. 17), während sie allerdings in De inimortalitate animue abgelehnt wird
(vgl. G. Bülow, a. a. O.. S. 103. 133).
AufJerhalb Spaniens verbreitete sich bis zum Anfang des dreizehnten
Jahrhunderts die Kenntnis der neuen Literatur nur langsam und sporadisch. Die
ersten Spuren einer Bekanntschaft mit den naturwissenschaftlichen Schriften des
Aristoteles finden sich vielleicht in der Schule von Chartres, bei Thierry von
Chartres (siehe oben S. 313). Eine bloße Vermutung bleibt es, wenn P. Man-
donnet (Siger de Brabant, Irepartie, l^ouvain 1911, S. 14 — 15) meint, Johannes
Saresberiensis habe in einem Briefe vom Jahre 1167 an .seinen I^hiev Richard
Lövöque (Epist. 212; Migne, P. lat. 199, 235), in welchem er die Bitte um eine
Kopie der Werke des Aristoteles, die in seinem Besitze seien, wiederholt, die
neuen noch unbekannten Schriften des Stagiriten in den C^bersetzungen des
Henricus Aristippus und Gerhard von Cremona im Auge gehabt.
des
H. Denifle (Chart. Univ. Paris. L Paris 1889, S. 71, n. U) glaubte am Anfang
de« dreizehnten Jahrhunderts bei dem Abt Absalon (VII Sermo; Migne, P.
lat. A) die Benützung der aristotelischen Schrift De anima vorzufinden.
211, 49
Allein nach den Untersuchungen von Cl. Baeumker (Die Stellung des Alfred
vt)n Sareshel Alfredus Anglicus] uud seiner Schrift De motu cordis in der Wissen-
f
de Iiieulis treffen wir auf die erste Bekanntachaft mit dem Liber de causis.
Eine reichere Verwertung der neuen Autoren läßt sich erkennen bei dem Schüler
de» Alanus, bei Radulf de Longo Campo in seinem wahrscheinlich um 1216
entstandenen Kommentar zum Antidaudian des Alanus (siehe oben S. 326).
Radulf zitiert von Aristoteles die Schriften De anima und De soiuno et vigi-
lantia nebstdem Kommentar des Averroes dazu, femer kennt er Avicenna,
Razi, PtolemaeuB (siehe B. Haur^au, Notices et extraits I, 325—333;
Cl. Baeumker, Arch. f. G. d. Philos. 10, 1897, S. 143, Anm. 76). Von da ab,
d. h. kurz vor B^inn des zweiten Dezenniums des dreizehnten Jahrhunderts, be-
gann man in steigendem Maiie und allgemein sowohl bei den Theologen, wie ins-
besondere in den Kreisen der mehr naturwissenschaftlich int^essierten Denker
und der nach Zusammenfassung strebenden Enzyklopädisten sich der neu zu-
geströmten literarischen Schätze zu bemächtigen.
Unter den Pariser Theologen dieser Übergangszeit ragen hervor Wilhelm
von Auxerre, Philipp von Grfeve und insbesondere Wilhelm von Paris
<Auvergne).
von Auvergne im ganzen an Piaton an, von dem er freilich unmittelbar nur den
Timaeus und Phaedon kennt. (Baeumker rügt an Haureau, daß dieser „die
Erörterungen, in denen Wilhelm von Auvergne Piatons Ansicht von den Allge-
meinbogriffen auseinandersetzt, als Wilhelms eigene Meinung nimmt und diesen
dann zum extremen ihm dann natürlich andere gefolgt
Idealisten macht, worin
sind", Arch. f. Gesch. d. Phil., Bd. X, 1897, S. 128, Anm.; näheres bei Baum-
gartner in: Beiträge z, Gesch. d. Phil. d. Mittelalt., II, 1,S. 46, 76.) Wie wir
auf Grund der Walirnehmung die Existenz körperlicher Objekte annehmen müssen,
die von uns durch die Sinne wahrgenommen werden, so müssen wir auf Grund
der intellektuellen Erkenntnis die Existenz intelligibler Objekte anerkennen, die
in unserem Intellekte sich abspiegeln (De univ. II, p. 1, c. 14; t. T, p. 821). Der
mundus archetypus ist Gottes Sohn und wahrer Gott (De univ. II, p. 1,
c. 17; t. I. p. 823). Zur Erkenntnis des Intclligiblen bedarf es nicht eines in-
tellectus agens, der außer von unserer Seele getrennt, existierte. Unser
uns,
Intellekt gehört unserer Seele an ; durchaus unabhängig von
diese aber existiert
ihrem Leibe als eine andere Substanz, die des Leibes zwar als eines Instrumentes
zur Übung der sinnlichen Funktionen, keineswegs aber als des notwendigen Trägers
zu ihrer Existenz bedarf. Die Seele verhält sich zu ihrem Leibe, wie der Zither-
spieler zu seiner Zither (De anima V, 23; t. II, Suppl. p. 149). Gleichwohl nimmt
Wilhelm |De anima I, 1; ib. p. 63) die aristotelische Definition der
Seele an, daß sie sei: perfectio corporis physici organici potentia vitam habentis.
In der P^rkenntnislehre, die von ihm sehr eingehend behandelt wird,
bekennt er sich in entscheidenden Punkten noch zu augustinischen An-
schauungen. Indes fühlt man deutlich die Berührung mit der neuen arabisch-
peripatetischen Literatur, sowohl am Inhalt als auch an der Terminologie. Von
Avicenna entlehnt er z, B. die eigentümliche Einteilung und Lokalisierung der
sog. denen er der Phantasie und dem Gedächtnis eine be-
inneren Sinne, von
sondere Bedeutung für die Erkenntnis beimißt. Vgl. die schöne Übersicht bei
Endres. Philos. Jahrb. IX, 1896, S. 191 ff. Allein trotz der deutlich -jpürbaren
§ 36. Wilhelm von Auvergne. 419
impartibiiem). Die Annahme dos intellectus agens erscheint ihm als eine grund-
lose Fiktion (De an. VII, 4; ib. p. 208: figmentum igitur est tantum et vanissima
positio intellectus agentis). Ein einziges intellektuelles Vermögen, den intellectus
materialis hält er für aus reichend (De an. VII, 3; ib. p. 20'T: Manifestum
igitur est ipsi (animae), quod essentia sua non est nisi intellectus materialis").
Der intellectus materialis ist aber nichts lediglich pa.ssives, sondern ein aktives,
in sich selbst die Wissenschaft erzeugendes Prinzip (De an. V. 6; ib. p. 121
Similiter non est tantum ..... sed etiam actrix et effectrix earuru
recipiens
apud semetipsam in Er trägt der Potenz nach die intelligiblen
semetipsa).
Formen oder Abbilder in sich (De an. VII, 4; ib. p. 207: quemadmodum intel-
lectus materialis potentia tantum est habens formas intelligibiles sive similitudines)
und besitzt die Fähigkeit, die Wissenschaft und die intelligibleu Formen bei sich
und in sich selbst zu erzeugen und sich den Dingen zu verähnlichen, ihre Ab-
bilder anzunehmen (Dean. V, 8; ib. p. 124: similiter [animam humanam] generativam
scientiarum et generantem eas apud se et intra semetipsam nee non et generantem
formas intelligibiles in semetipsa. Dean. VII, 9; ib. p. 215: sie virtus intellectiva
nata est rebus signa earum assumere).
sie applicata se assimilare similitudinesque vel
Die Dinge haben hierbei eine lediglich zur Betätigung veranlassende oder ex-
zitierende Bedeutung (De Un. II, p. 3, c. 3; t. I, p. 1018: intellectus mira
velocitate atque agilitate format apud semetipsura designationes, quas a rebu.s^
non recipit, sed levissime commotus exilissimeque escitatus ab illis res ipsas
sibi ipsi exhibet et praesentat et earum species ipse sibi ipsi in semetipso formatj.
auf dem Wege der Abstraktion aus den Sinnen nicht« wissen. Wie Augustinus,
lehnt er jeden aposteriorischen Ursprung für die Prinzipien ab und lehrt, wie der
Bischof von Hippo, einen theologischen Apriorismus. Die obersten Voraus-
setzungen oder Orundlagen des Denkens und fiUmdelns haben in Gott ihre letzte
Quelle. Gk>tt als Schöpfer, als ewige Wahrheit, als ewiges Urbild und als reinster
Spiegel trägt die geschaffene Welt geistig in sich. Seine Wesenheit enthält die
Gründe und Ideen aller Dinge. Hier sind alle Regeln der Wahrheit und der
Sittlichkeit (De trin. c. 9; t. II, Suppl. p. 18: quoniam apud eum sunt rationes
et ideae exemplares omnium non impressae yel infusae . . . ., sed essen tialiter.
De an. VII, 6; ib. p. 211 : hie autem sunt omnee regulae veritatis, regulae, in-
qoam, primae ac per se notae, similiter ac regulae honestatis). Der göttliche
Spiegel dem menschlichen Intellekt aufs engste verbunden und ihm
ist mit
g^enwärtig (De an. VII, 6; ib.: Hoc igitur [speculum], ut praedixi, coniunctissi-
raam est et.praesentissimum naturaliterque coram poeitnm intellectibus hnmanis).
Allein die G^>:enwart des Schöpfers genügt noch nicht zur Erkenntnis; diese er-
fordert ehie gewollte Erleuchtung durch die Gottheit (De retrib. sauet., t. I,
p. 318: quare non sola illa essentialis propinquitas facit eum [creat<Mrem] nobis
visibUero, sed voluntaria ejus illuxio) und eine impressio similitudinie aut
sigillatio animanim nostrarum (ebend.). Die obersten Prinzipien, beziehungsweise
die ihnen zugrunde Übenden B^riffe und species intelligibiles, werden durch
Einstrahlung des CTsten Lichtes in unsere Seelen eing^ossen, eingeprägt oder
eingeschrieben (De an. VII, l.ö; t. II, qnaedam scientiae desuper,
Suppl. p. 221:
scilicet ex in-adiatione primi luminis, animabus humanis infuudantnr; de quibus
manifestum est, quod nihil ad eaa de corporibus. De an. VII, 6; ib. p. 211:
ab illo igitur fiunt irapressiones ... et inscriptiones signorum antedictonim
in yirtute nostra intellectiva). So treten sie gleichsam als angeboren oder von
Natur aus beig^eben von selbst und von innen her in imsere Seelen, ohne Unter-
richt und ohne äußeren Ursprung (De an. V, 15; ib. p. 137; per semetipsas
enim animae hnmanae (primae impressiones) se offerunt et ingerunt, ac si innatae
vel naturaliter inditae eisdem essent. De virtutibus c. 9; t. I, p. 124 (1):
innatae dieuntur, quia int^dum non a foris nobis advenire, sed raagis ab intus,
hoc est ex intimis naturalium nasci et prodire, quod dicit Augustinus: Quia in-
nata sunt nobis amor boni et notio veri).
In der Schrift De immortalitate animae entwickelt Wilhelm auf
aristotelisch-arabischer Basis die Beweise für die Unsterblichkät der Seele im
engsten Anschluß an Dominicus Gundissalinus" gleichnamige Schrift, die er
nur wenigen Punkten umarbeitete; vgl. oben S. 415 und G. Bülow, Des Dom.
in
Oundiss. Schrift von der Unsterblichkeit der Seele, Münster 1897; J. A. Endres,
Die Nachwirkung von Gundissalinus De immortalitate animae, Philos. Jahrb.,
Bd. 12, 1899, 8. 385 ff.
Die Bekanntschaft mit dem gewaltigen Material, das in den naturwissen-
schaftlichen Schriften des Aristoteles und der Araber aufgespeichert war, mußte
der abendländischen Naturwissenschaft und Naturphilosophie, die
schon im zwölften Jahrhundert durch die Übersetzungen des Constantinus
Africanus einen erfreulichen Aufschwung genommen und insbesondere in der
Schule von Chartres eifrige Pflege gefunden hatte (siehe oben § 3C0, neue mächtige
§ 3(). Alexander Xetkham, AlfretUis AnglicuK. 421
bekannt, anderseits war sie aber schon, zum Teil wenigstens, in jahrhundertealter
christlicher Tradition durch den platonischen Timaeus in der Übersetzung des
Chalcidius und durch die Schriften Augustin s und des Pseudo-Dionysius
vermittelt.
Daher kamdaß die Naturwissenschaft und Naturphilosophie im drä-
es,
zu den aristotelischen Meteoren, den er selbst als Liber de congelatis zitiert 'Cl.
Baeuraker, 8. 26 f.). Nach der Übei-setzunp; von De v egetabilibiis verfaßte er
die von Bar ach in Exzerpten, und noch dazu sehr fehlerhaft, herausgegebene
physiologisch-psychologische Schrift De motu cordis. Wie sich aus der Wid-
mung an Alexander Neckham, der 1217 starb, ergibt, muß der Traktat vor
diesem Terrain entstanden sein und nicht erst zwischen 1220 und 1227, wie Ba-
rach (S. 16) irrtümlich angenommen hatte (siehe Cl. Baeumker, S. 24—46).
Gegen eine Hinaufrückung der Abfasdungszeit (Jourdain, Hauröau) in das
zwölfte oder in die ersten Jahre des dreizehnten Jahrhunderts spricht die exten-
sive Kenntnis, die Alfred von den aristotelischen Schriften besitzt. Als wahr-
scheinlichster Zeitpunkt darf daher mit Baeumker (8. 46) das Jahr 1215 ange-
nommen werden.
Alfred zitiert (nach Baeumker) außer dem platonischen Timaeu>
in der Übersetzung des Chalcidius, der Consolatio des Boethius und
der Ecclesiastioa Hierarchia des Pseudo-Dionysius die Aphorismen des
Hippokrates. die Ts/vi) luzgin// (Tegni) des Galen, ferner den Liber de in-
tcUectu et intellecto dem sogenannten 2. Buch von De anima) des
{tisqI t-ov aus
Alexander von Aphrodisias, der nach Steinschneiders Vermutung
(Hebräische Übersetzungen des Mittelalters, S. 204) von Ishäk ibn Honain ins
Arabische übersetzt worden war, weitherhin Qostä ben Lilqa (De differentia
opiritus et animae), Isaak Israeli, und den Liber de causis. Speziell von
Aristoteles benutzte Alfred nach den scharfsinnigen Untersuchungen
BaeumJfors (S 33—46) fast den gesamten Schriftenkreis: das vierte Buch der
Meteore in der Übersetzung des Henricus Aristippus. die drei Bücher De
anima, und zwar in einer griechisch-lateinischen Übersetzung, die der mit dem
Kommentar des Thomas von Aquino überlieferten (antiqua translatio) sehr
nahe steht, ferner von den Parva naturalia die Schriften De somno et vigilia
und Deexpiratione et respiratione, beide ebenfalls in einer griechisch-
lateinischen Übersetzung, weiterhin die Physik, die Metaphysik und das
zweite und dritte Buch der Xi komachischon Ethik, die sogenannte Ethica
vetus (abgedruckt beiConcetto Marchesi, L'Etica Xicomachea nella tradizione
latina medievale, Messina 1904, Anhang p. I — XXVI).
Von Alfreds Lehren hat Bar ach, wie Baeumker jüngst nachwies, ein
völlig verzerrtes Bild entworfen. Nach Barach (S. 25 ff.) hätte Alfred einen
Substanzpantheismus im spinozistischen Sinne vertreten; die Seele hätte er „als
allgemeines, unbestimmtes, mit dem stiUen unbewegten Urgründe identisches
Sein" betrachtet (Bar ach, S. 34); ja er Hätte in materialistischer Weise, wie
Lucrez, den Untergang der Seele mit dem Leibe gelehrt (Barach, S. 35, 61 f.).
Keine einzige dieser Barachschen Thesen läßt sich aufrecht erhalten. Nur dies
eine ist richtig, der mittelalterliche Psychologe und Physiologe wandelt als Natur-
plulosoph die Wege des Piatonismus beziehungsweise Neuplatonismus, wie er auf
Seite der christlichen Tradition durch den platonischen Timaeus in der Über-
setzung des Chalcidius, durch die Consolatio des Boethius und die pseudo-
dionysianischeii Schriften, auf Seite der arabischen Literatur durch den Liber de
causis vertreten wurde. Alfred schildert den Schöpfungsvorgang (c. 15, ed.
Barach; der verbesserte Text bei Cl. Baeumker, S. öH) einerseits im Anschluß
an den platonischeji Timaeus (29 A) und an Chalcidius (ed. Wrobcl, S. 24,
—
21 S.25, 6), soivie an die Consolatio philosophiae des Boethius (III, raetr. 9, 6
bis 7), wodurch seine Spekulation noch in einem geistigen Zusammenhange mit
der Schule von Chartres steht, worauf Cl. Baeumker (S. 50 52) zuerst auf- —
merksam gemacht hat. Anderseits gebrauchte er das Bild des Ausfließens
§ 30. Aliredus Anglicus. 423
Intelligenz, Intellekt, der universale Verstand, die universale Phantasie und die
sinnenfällige, der Bewegung unterworfene Natur (siehe Baeumker, S. 50).
Die Seele wu*d von dem Schöpfer sofort beim Zeugungsakt ein-
jiegossen (bei Baeumker, S. 51, Anm. 1: Hujusmodi enim mixturae a
summo omnium Creatore statira aiiima infunditur). Im Gegensatz zur
Lehrt der ,. daß
Älteren" (maiores), die Seele erst im Augenblick der
Kindesbewegungen eingegossen werde (infundi, Barach, p. 103), ver-
ed.
trat also Alfred den Standpunkt, daß der Embryo schon vom Moment der
Zeugung an beseelt sei und sich im Laufe der Zeit zum aktuellen Lebe-
wesen entwickle: A generatione igitur animatus (ed. Barach, p. 104 hat im
^Viderspnlch mit allen Handschr. animatura) est embryo successuque temporis
actu fit animal (siehe Cl. Baeumker, S. 19). Den Prozeß der Schöpfung der
Seele Alfred in der Sprache des Liber de causis durch die Formel
bezeichnet
ic. 13, ed. Barach, S. 103): Anima e qüieto sempiterno nata, woraus Barach
(S. 34) die gänzlich unberechtigte Folgerung der Identität der Seele mit dem
unbewegron L^rgrunde zog. Wenn Barach (S. 35, 61 f.) es als Lehre Alfreds
hinstellt, daß die Seele mit dem Leibe untergehe, so bietet der Text hierfür keine
Stütze. In dem Satze (c. 1, ed. Barach, S. 85i: Vitam enim constare necessa-
lium est, aut in Universum animal deperire ist von der Seele überhaupt nicht
die Rede, und auch ein weiterer von Bar ach angeführter Grund besteht nicht
zu Recht (siehe Cl. Baeumker, S. 61 f.). Alfred hat die Seele mit dem
Neupiatonis mus ausdrücklich für unkörperhch, geistig, einfach und unteilbar er-
klärt (Prologus, ed. Barach, S. 83: In se enim considerata substantia est in-
corporea, intelleetiva, quae a primo sunt, ultima relatiune per-
illuminationura,
ceptiva a qua definitione nee Areopagita in Hierarchia sua dissentit. Ib.
c. 8, 5. 95: Simplex et impartibilis est anima).
S. 472): Simililer Michael Scotus aseripsit sibi traoslationes naultas. Sed certum
«6t, quod AadrecS qnidam Judaeus plus laboravit in bis (vgl. J. Guttmann,
Die Sdiolastik des 13. Jahrhnnd. in ihren Beziehangeo zam Judentum, Breslau
1902, S. 142, A.).
Die Leistungen der drei im Vorhergehenden behandelten vorwi^end natur-
wissenschaftlich gerichtetenDenker werden weit in den Schatten gestellt durch
die Tätigkeit des Robert Grosseteste, de» bedeutendsten Vertreters dieser
Richtong Tor Albertus Magnus und Roger Bacon.
Robert Grosseteste (Greathead, Grossuro caput; über den Namen
siehe L. Baur, S. 1* f.)> geboren 1175 zu Stradbrook in der Grafschaft
Suff<^k, studierte in Oxford und Paris, wurde Magister regens und Kanzler
an der Universität Oxford, dozierte als solcher noch jahrelang am Oxforder
Minoritenstudium bestieg 1235 den Bischofsetuhl von Lincoln (daher auch
,
Lincolnieusis genannt) und starb 1253. Roberts Tätigkeit erstreckte sich auf
Kommentare und Üljersetznngen und auch auf selbständige naturwissen-
schaftlich-philosophische Schriften. Er schrieb Kommentare zu den Ana-
lytica posteriora und zu den Elenchi sophistici des Aristoteles.
Bei der ersten Arbeit zog er den Kommentar des Themistios zu Rate. Weiter-
hin stammt von ihm ein Kommentar zur aristotelischen Physik, der aber
noch nngedruckt ist, während die unter seinem Namen gedruckte Summa supot-
libroB octo Physicorum ihm nicht angehört (siehe L. Baur, S. 23*). Daß Robert
Grosseteste die aristotelische Ethik aus dem Griechischen ins Lateinische-
ä hersetzt und vielleicht auch kommentiert hat, wurde bereits oben 8. 407 envähnt..
Neben Aristoteles waren ea Pseudo-Dionysius und Johannes Damas-
cenus, denen Robert seine Cbersetzertatigkeit zuwandte. Er selbst übersetzte
neu die Schriften De divinis nominibus und De mystica theologia und
komipentierte sie, während bei den Imden Hierarchien die vorhandenen
Übersetzungen nur verbessert wurden und die Kommentare dazu zum Teil auch
von seinen Mitarbeitarn (coadjntores) stammen (siehe L. Baur, S. 4(y). Eiiie-
idcikiifiziert. Das Licht ist die erste Form, die in der materia prima ge-
schaffen wurde (De luce, ed. ßaur, S. 51, 1(): Forinani primam eorporalem.
[USLia qiiidaiu corporeitatem vocant, lucem esse arbitror. Ib. S, 52, 15: Lux
est ergo prim:\ forma corporalis. Lux ergo, quae est prima forma in materia
prima creata).
Diese wenigen Voraussetzungen genügen Robert, um die Welt nach
ijeometrisch-physikalischen Gesetzen sich entwickeln zu lassen, so daß
bei ihm Schöpf ungs- und neuplatonische Entwicklungslehre miteinander ver-
knüpft erscheinen. Sowohl die Materie, wie die Form gelten, in sieh betrachtet,
als eine einfache, ausdehnuugslose Substanz. Die dreidimensionale Aus-
dehnung und der Raum sind eine Funktion des Lichts und
erst
seiner Wirkungsgesetze. Dadurch nämlich, daß das Licht sich selbst
erzeugt und sich nach allen Seiten hin plötzlich und gleichmäßig ausbreitet,
erfolgt in und mit seiner Ausbreitung, und zwar in Kugelform, die Aus-
<lehnung der Materie, die von der Form sich nicht trennen läßt. Dabei muß
geometrisch notwendig an der äußersten Peripherie der Sphäre die Materie eine
LiTößere Verdünnung erfahren als bei den inneren, gegen das Zentrum zu gelegenen
Teilen. So entstand in der äußersten Sphäi-e der erste Körper, das Firmament
-(De luce. ed. Baur, S. 51, 15: tarnen uträque, corpoveitas scilicet et materia, sit
substantia in se ipsa simplex, omni carens dimensione. Ib. 54, 11: lux multipli-
oatione sui infinita in omnem partera aequaliter facta materiam undique aequa-
liter in formam sphaericam exten dit, consequiturque de necessitate huius
extensionis partes extremas materiae plus extcndi et magis rarefieri, quam parte?«
intimas centro propinquas .... Et sie perfectum est corpus primum in extrerai-
tate sphaerae, quod dicitur firmamentum, nihil Habens in sui compositione nisi
materiam primam et formam primam). Damit hat aber die Espansionstenden/,
des Lichtes seine Grenze noch nicht erreicht. Auch das Licht des ersten Körpers
tolgt dem Gesetz der Selbstvermehrung und der dreidimensionalen Ausbreitung,
;md zwar in der Richtung von der Peripherie gegen das Zentrum, wobei es auch
•«.lie von ihm unabtrennbare Materie des ersten Körpers ausdebjit. So entwickelt
sich aus dem ersten Körper das lumen, d. h. das erfahriingsmäßig gegebene
Licht, quod est corpus spirituale, sive mavis dicere spiritus corporalis. Dieses vom
ersten Körper gegen das Zentrum ausgebreitete Licht verdichtet (cougregavit) die
innerhalb des ersten Körpers gelegene Masse. Bei der Un Veränderlichkeit des
ersten Körpers und bei der Unmöglichkeit eines leeren Raumes mußte bei dem
Verdichtungsprozeß gegen das Zentrum zu an den äußersten Teilen eine größt
mögliche Verdünnung erfolgen (extendi et disgregai-i). So entstand an der Peri-
pherie die zweite Sphäre.Durch Fortsetzung des Multiplikations-, Expansiojis-,
Verdichtungs- und Verdünnungsprozesses läßt Robert dreizehn Sphären,
neun himmlische und vier irdische (Feuer, Luft, Wasser, Erde) auseinander und
in letzter Instanz aus der einen Lichtmassc sich entwickeln (De luce, ed. Baur,
S. .54. ;}I-5fi. 22).
So durchzieht Ursprung das Weltall und ein einheitlicher»
ein einheitlicher
Band verknüpft Der Kosmos ist die Selbstentfaltung des einen
alle seine Glieder.
Lichiprinzips nach immanenten Gesetzen (De luce, ed. Baur, S. 57, 5: Et in
hoc S'rmone forte inanifesta est intcntio dicentium ,,omnia esse unum ab unius
lucis perfectione" et intentio dicentium ,,ea, quae sunt multa, esse multa ab
ipsiu-5 lucis diversa multiplicatione'"}.
Aber nicht bloß den Kosmos und seine Strukturteile suchte Grosseteste
init Hilfe seiner Lichtdynamik verständlich zu rnachen. Konsequent führt er auch
die einzelnen Naturphänomenc auf das Licht, seine Wirkungsweise und
428 § 36. Robert Groeseteste.
Gesetze zurück. 80 iat das Lieht das Wesen der Farbe, wie die Grundlage der
Töne. Auf dem Licht und seiner Kraftentfaltung beruht es, daß der Himmel
auf die Erde und besonders auf die Erzeugung der Pflanzen und der Tiere
Eünfluß hat (siehe L. fiaur, Das Licht in der Naturphilosophie des Robert
—
Grosseteste, B. 53 55). Das Licht ist femer das Instmnient, mit welchem die
Bede auf den Körper wirkt. Endlich ist es auch der Grund der Schönheit der
sichtbaren Kreatur (L. Banr, a. a. O., IS. 48, 53).
Vom Standpunkt seiner Lichttheorie aus wird es auch verständlich, wenn
Robert Grosseteste, ähnlich wie vor ihm Alkindi und nach ihm Roger
Bacon und Galilei, die Forderung erhebt, die Mathematik, speziell die
Geometrie, die Linien, Winkel und Figuren müßten die unerläßliche
Voraussetzung der Naturphilosophie bilden; ohne sie gebe es keine
Naturerkenntnis. Oder wenn er den Satz aufstellt: Alle Naturwirkungen müßten
mit Hilfe von Linien, Winkeln und Figuren dargestellt und formuliert werden;
auf anderem Wege Wissen unmöglich (De luce, ed. Baur, S. 59: Utilitas
sei ein
possibile est" als ein Prinzip der philosophia naturalis bezeichnet (De luce. ed.
Baur, S. 75, 2).
veritasrerum est earum esse prout deijent esse, et earum rectitudo et conformitas
Verbo, quo aeternaliter dicuntur convenienter definitur ab Anselmo veritas
com dicit, eain esse rectitudinem sola mente perceptibilem. Aus dieser Wahr-
Robert den Schluß, daß jede geschaffene Wahrheit nur im
heitsdefinition zieht
Lichte der höchsten Wahrheit geschaut wird; denn wie könnte die Kon-
formität von etwas mit etwss geschaut werden, wenn nicht jeues selbst geschaut
wird, dem etwas konform ist. Dieses regelnde Prinzip ist aber nichts anderes
quam mente divina (Ib., S. 137, 1 — 10). Infolgedessen kann
ratio rei aeterna in
nach dem Zeugnisse August ins keine Wahrheit geschaut werden außer im
Lichte der höchsten Wahrheit. Wie aber die schwachen Augen des Körpers die
ge^u^ten Körper nur sehen, wenn das Sonnenlicht darüber ausgegossen li^t, sie
aber da» Sonnenlicht in sich selbst nicht schauen können, sondern nur insofern
es über die gefärbteu Körper ausgegossen ist, so schauen auch die Augen des
Geiste« die wahren Dinge nur im Lichte der höchsten Wahrheit; die höchste
§ HG. Robert Grosseteate. Bartholcwiiaeiis Anglicus. 429
Wahrheit selbst in sich können sie nicht schauen, sondern nur in Verbindang und
bei einer gewissen Ausgießung über die wahren Dinge (Ib., S. 138, 7: sie infirmt
non conspiciunt nisi in lumine sunnmae veritatis; ipeam
oculi raentis ipsas res veras
autem veritatem summamnon possunt conspicere, sed solnm in coniunctione
in se
et superfusione quadam ipeis rebus veris). Neben der veritae rerum unter-
scheidet Robert Grosseteste, wie später Thomas von Aquin (S. theol. I
im Minoritenkloster in Paris, wo er
lehrte er die heilige Schrift kursorisch erklär«
(Salimbcne, Chronica, M.G. SS. XXXII, p. dem zuletzt genannten Jahre
9:i f.). In
erfolgte seine Magdeburg. In dem kompil:i-
Berufung an das Minoritenstudium in
torischen Werk De proprietatibus rerum, das er wohl schon in Paris be-
gann und in Magdeburg gegen 1240 (Schönbach) vollendete, suchte er, wie
ähnlich vor ihm Hrabanus Maurus, Honorius Augustodunensig und
Alexander Neckhani, das gesamte Wissen der Zeit aus den „authentischen
Bachern der Heiligen und der Philosophen" (Prol.) in einer Realenzyklopädie
von neunzehn Büchern zusammenzutragen. Charakteristisch ist für den Engländer
B artholomaeus, daß in seiner Sammlung das naturwissenschaftliche
Interesse vorherrscht und die Stoffauswahl leitet, während das historische
Gebiet unberücksichtigt dem Reichtum des Inhalts, der in kurzer
bleibt. Bei
und knapper Fassung dargeboten wird, und bei dem Maßhalten m bezug auf den
Umfang war das Werk außerordentlich geeignet, über den engen Kreis der Ge-
lehrten hinaus auf die breite Masse der Gebildeten zu wirken. Das Buch wurde
viel gelesen und ins Französische, Englische und Spanische übersetzt. Bertold
von Regensburg hat daraus seine naturwissenschaftlichen Kenntnisse geschöpft
(Schönbach).
Bei der Vorliebe des Bartholomaeus
für naturwissenschaftliche Dinge ist
es verständlich, daß
neue Literatur weitgehende Berücksichtigung fand.
die
Genannt werden der Syrer Honain ibn Ishak (Joannicius), die Araber Abu
Ma'schar (Alburaasar), Ali Ben el-Abbas (Hali medicus), Abu Bekr
el-Rasi iRasis), Alkindi (= Aristoteles in libro.de quinque substantiis).
Algazel, Avicenna, Averroes und der Spanier Dominicus Gundissalinus
De unitate). Siehe A. Schneider, S. 142 f. Allein trotz der aus-
(die Schrift
gedehnten Verwendung der neuen Autoren kommt das Verständnis derselben,
soweit philosophische Fragen nicht über das Anfangsstadium
diskutiert werden,
hinaus. Bartholomaeus ist und
Überzeugung nach ein Anhänger
bleibt seiner
der alten Schule, ein Vertreter des Augustinismus und Piatonismus. „Die Aus-
führungen auf Grund der peripatetischen Literatur nehmen zwar bei ihm einen
sehr großen Raum ein; bei näherer Untersuchung zeigt sich doch alsbald, dali
Aristoteles speziell dann herangezogen wird, wo ihm Plato keinen Aufschluß gibt,
wie bei manchen naturphilosophischen Problemen, oder wo er die bisherige Aut-
fassung durch das neue Material ergänzen zu können glaubt" (A. Schneider.
S. 143). Philosophisch wertvoll ist vor allem das dritte Buch. Es enthält einen
vollständigen Abriß der Psychologie, die, wie bei Alexander Neckham und
bei xVlfredus A nglicus, mit einer Fülle anatomisch-physiologischer Detail«
durchsetzt ist.
inserui; siehe P. Mandonnet, Ire partie, S. 35). — Für die Geschichte der
Pädagogik ist von Interesse Vincenz' Schrift über Prinzenerziehung (De iti-
Magistri den Forderungen der neuen Zeit mit ihren neuen Autoritäten
und Lehren verständnislos gegeniibergestanden wären. Im Gegenteil.
Sie studierten die aristotelische und die arabisch-jüdische Literatur iu
vollem Umfange imd nahmen sehr viel Aristotelisches und Neues in
den Schatz ihrer Doktrinen auf Was aber ihnen eigentümlich ist, was
sie von dem Aristotelismus Alberts und Thomas' scheidet, ist das
Ausfabeiu
n. Johannes de Rupella.
Die E^tioa der Summa de anima u. d. Titel La Summa de anima di
Frate Giovanni della Bochelle pubblicata per la prima volta e corredata di
. . .
IIL Uonarontura.
gesammelten Seirriften Bonaventuras siud Argen torati
Die 1482,
Bomae 15w — 1596 u. ö. gedruckt worden. Dann Bonaventurae opera, ed. A. C.
Peltier, Besanyon und Paris 1861 ff. Eine vorzügliche Gresamtausgabe ist
die zuletzt erschienene Opp. omnia edita studio et cura PP. collegii a S. Bona-
ventura, Ad Clara Aquas prope Florentiam, von 1882 — 1902, 10 Bde. und ein
Band Indices; vgl. darüber Olem. Baeumker in: Archiv f. Gesch. d. Philos.,
Bd. V, S. 128.
Bonaventurae opusc. duo praestantissima Breviloqu. et Itinerarium meutia
:
y. Johannes Peckham.
Von den Werken des Johannes Peckham sind gedruckt: CoUectaneum
Biblioruni. Parisiis 1514, Coloniae 1541. —
Perspectiva communis, Mediolani sine
anno, Venetiis 1504, 1593. —
C. T. Martin, Kegistrura epistolarum Fr. Joannis
Peckham, 3 voll., London 1882 — 1885. Sieben Briefe, die sich auf den Kampf
zwischen Augustinismus und Aristotelismus beziehen, sind auch veröffentlicnt
durch Fr. Ehrle, Zeitschr. f. kathol. Theol. 13, 1889, S. 174-187. Die —
Quaestio disputata über das ewige Licht als ratio cognoscendi ist publiziert in
De humanae cognitionis ratione Anccdota quaedam Seraphici Doctoris S. Bona-
venturae et nonnuUorum ipsius discipulorum, Ad Claras Aquas (Quaracchi) 1883,
S. 179 — 182. —
Expositio threnorum in: Opp. omn. S. Bonavent., ed. Quaracchi,
t. VII. Appendix. —
Canticum pauperis Fr. Joannis Peckham sec. cod. mss.
ed. a PP. CoIIegii S. Bonaventurae, Ad Claras Aquas (Quaracchi) 1905 (Bibl.
Franciscana ascetica medii aevi t. IV). —
Fr. J. Pecham quondam archiepiscopi
Cantuariensis traetatus tres de paupertate, cum bibliogr. edid. Ch. L. Kings-
ford, A. G. Little, F. Tocco, Aberdeen 1910 (Traetatus pauperis contra in-
sipientem novellarum hacresum coniictorem. Tract. contra Bob. Kilwardby.
Defensio fratrum mendicantium) in: British Society of Franciscan Studies t. II. —
Ein die Gottesbeweise betreffendes Stück aus dem Kommentar zum ersten Bnch
der Sentenzen nach einem in der Bibfioteca Nazionale zu Florenz unter der
Signatur Conv. soppr. G.4, 854 befindlichen Codex hat A.Daniels, Quellenbeitr. u.
I^nters. z. Gesch. d. Gottesb im dreizehnten Jahrb., Münster 1909 (Beitr. z. Gesch.
d. Philos. d. Mittelalt. VIII, 1—2), S. 41-50 veröffentlicht. -^ Die Hymnen
wurden publiziert von G. M. Dreves, Analecta hymn. 50, Leipzig 1907. 592
-616.
Zur handschriftl. Überlieferung siehe De humanae cognitio;iis ratione
Anecdota etc., p. XV— XVIII. B. Haureau, Notices et extraits VI, Paris
1893, 134, 150—154, 273 f. A. G. Little, The grey friars in Oxford, Oxford
1892. S. 156. Die vorhin erwähnte Ausgabe in: British Society of Franciscan
Studies II, S. 1—12; 96—110 (vollständige Liste der Schriften und Mitteilung
von Fragmenten und Quästionentiteln).
^
§ 37. Die ältere Franziskanertthule. Der Augustini^^m^ls. Ausgaben. 435
Brixiae l.öOl (beigefügt sind die Quodlibeta). .Separat erschienen die (Juod-
libeta Yenet. 1507 und 1509, Paris. 1510, 1519, 15-29. Yen den Quaestiones
disputatae wurde eine: utrum Angelus vel homo naturaliter inteüigat verum
creatum in veritate acterna nach einem Cod. in Assisi (nl 14) und einem andern
in Todi (n. 82) herausgegeben in: De humanae cognitionis ratione Anecdota
quaedam Ser. Doct. S. Bonaventurae etc.. Ad Claras Aquas (Quaracchi) 1883,
5. 221 —
245. A. Daniels, Quellenbeiträge u. Unters, z. Gesch. d. Gottesbew. im
dreizehnten Jahrb., Münster 1909, S. 84— SS hat zwei die Ctottesbeweise betreffende
quaestiones aus dem Sentenzenkoinmentar (Sent. I, d. III, a. 1) nach der Ye-
nedigerausgabe von 1509 abgedruckt; derselbe, Ansclrazitate bei dem Oxforder
Franziskaner Roger von Marston, Theol. Quartalschr. 93, 1911, S. 48, Anm. 4
bringt wertvolle Xotizen über Handschr. zu den Quaestiones disputatae.
Die handschriftliche Überlieferung siehe ferner bei A. G. Little. a. a. ().,
6. 214—215.
Alexander wurde zu Haies in der Grafschaft Glocester zwischen 1170 imd 1180
geboren. Er wo er später in der Artistenfakultät und als Magister
studierte in Paris,
der Theologie große Berühmtheit erlangte. Um 1231 trat er in den Franziskaner-
orden ein, der so eine theologische Lehrkanzel und Einfluß an der Universität
gewann. Er starb 1245. Die Anschauungen über den Umfang seiner schrift-
stellerischen Tätigkeit sind noch wenig geklärt. Die ihm zugeteilte Summa de
virtutibus gehört nach den neueren Untersuchungen ihm nicht an, sondern ist
Werk des Wilhelm von Meli ton a (siehe oben S. 432).
wahrscheinlich ein
Alexanders Hauptleistung, der er Ruhm und Einfluß verdankt, ist seine gewaltige
Summa universae theologiae in vier Teilen, von der Roger Bacon (Opus
minuB, ed. Brewer, S. 326) spöttisch schrieb: magnam sumniam illam, quae est
28*
^36 § 37. Alexander von Hdes.
pluB quam pondus unios equi, deren Echtheit er aber anzweifelte (ib.: quam ipse
non fecit, Bed Begonnen wurde sie wohl nicht lange vor 1231, wie »ich au«
alii).
der Benutzung des 1224—1226 abgefaßten Kommentara de« Thomas von Ver-
celli zur Hierarchia coelefitis des Pseudo-Dionysius (siehe oben 8. 347 f.)
schlieüen läßt. Siehe H. Felder, S. 194-195. Alexanders Tod 1245 hinderte
die Vollendung. Nur der erste Teil ist vollständig ausgeführt, die übrigen drei
partes zeigen große Lücken. 1256 erhielt Wilhelm von Melitona von Papst
Alexander IV. den Auftrag, für die Fertigstellung der 8umma Sorge zu
tragen (siehe H. Felder, S. 193, 208 f.).
luinc modum non dicitur anima simplex, quia habet materiam et formam spirir
tualem. Ib. q. 20, m. 2, a. 2: Ad quod dicendum, quod licet secundum quosdam
pliilosophos intclligßntia, quae dicitur angelus, sit forma sine materia, videtn-
§. 37. Alexander vou Haie«. 437
für die intelligentia und ihre Objekte, Gott und die ersten Prinzipien der Wissen-
schaften, ist Gott selbst der intellectus agens, und die genannten Gegen-
stände können nicht durch Abstraktion aus den Phantasmen, sondern nur durch
unmittelbare Erleuchtung von seiten der Gottheit oder der ersten
Wahrheit erkannt werden (S. de anima p. II, 37, ed. Domenichelli, S. 292:
Ergo respectu huius veritatis summae et respectu horum inteUigibilium, quae
excedunt intellectum humanum .... dicitur deus intellectus agens. Ib. p. 1, 43,
ed. Domenichelli, S. 189: tamen secundum faeiem superiorem illuminatur ab
irradiatione, quae est illi a luce prima vel a luminariis mediis, scilicet angelis.
Ib. p. I, 3, ed. Domenichelli, S. 107 — 108: humana anima nihil inteUigit, nisi
ilhuninetur ab iiluminationis principio et patre nostro deo; siehe Mauser, S. 311,
318, 322).
So nehmen die Ijeiden ersten Franziskanorlehrer , Alexander und
Johannes, auf erkenntnistheoretischem Gebiet noch die gleiche Stellung ein,
wie Isaak von Stella im zwölften Jahrhundert, d. h. neben der augustlnisch-
neuplatonischen Irradiationstheorie, der die Gegenstände des höheren Erkennens
zugewiesen sind, steht die aristotelische Abstraktionslehre, der das Feld der Er-
fahrung zufällt (siehe oben S. 336).
Im Gegensatz zu seinem Lehrer lohnt Johannes die Avencebrolsche
These von der Zusammensetzung der Seele und der Engel aus Materie und
Form ab; vgl. M. Wittmann, Die Stellung d. hl. Thomas v. Aquin zu Avence-
brol, Münster 1900, S. 21 f. Die L"n Sterblichkeitsbeweise nimmt er aus
Gundissalins De immortalitate animae; vgl. J. A. Endres, Die Nach
Wirkungen von Gundissalinus De immortalitate animae in: Philos. Jahrb. d.
Görresges., Bd. 12, 1899, S. 386—388.
Ein langer anonymer Traktat in der Pariser Nationalbibliothek De de-
finitione multiplici potentiarum animae, der sich in der auffallendsten
Weise mit der Summa de anima berührt und vielleicht ebenfalls von Joh,
de Rupella stammt, wird besprochen von Haureau, Notices et extraits
V, 45—48. Über weitere Schriften siehe P. Minges, De scriptis quibusdam
Fr. Joannis de Rupella, Arch. Franc. Hist. 1913, S. 597- 622.
Der bedeutendste Schüler des Alexander Halensis und die hervorragendste
Persönlichkeit der älteren Franziskanerschule war Johannes Fidanza, geboren
zu Balneoregiuni (Bagnorea im Toskanischen) im Jahre 1221, von dem Stifter
des Franziskanerordens, dem heiligen Franziskus von Assisi, der an ihm in seiner
Kindheit eine Wunderheilung verrichtete, Bonaventura zubenannt. Seit seinem
17. Lebensjahre Franziskaner, studierte Bonaventura in Paris, wo er von 1243
bis 1245 Alexander von Haies zum Lehrer hatte. 1245 wurde er Baccalaureus
§ 37. Bonaventura. 439
lind im Kloster der Minoriten über die Sentenzen des Lombarden. 124S über-
liis
•nahm er als Nachfolger des Johann von Parma den Lehrstuhl des Ordens asi
-der Pariser Universität, wo er bis 1255 über die Sentenzen und die hl. Schritt
dozierte. Infolge des Konfliktes der Universität mit den Mendikanten VFurde er
-erst am 23. Oktober 1257 zugleich mit dem ihm eng befreundeten Thomas von
Aquin von der Universität als Magister regens anerkannt. Vorher schon, an»
2. Februar 1257, hatte er als Generalminister die oberste Leitung seines Ordens
übernommen. 1273 wurde Bonaventura Bischof von Albano nnd Kardinal,
starb aber schon am 15. Juli 1274 zu Lyon während des Konzils. 1482 wurde er
kanonisiert und von seinen Verehrern seit Gerson als „doctor seraphicus"
bezeichnet.
Wie die Viktoriner, ist Bonaventura Scholastiker und Mystiker zugleich,
was auch deutlich in der Eigenart zum Ausdruck kommt. Als
seiner Schriften
Freund der scholastischen Methode und durchdrungen von dem Streben nach
umfassender theologischer Systematik erweist er sich in seiner bedeutsamsten
ischriftstellerischen Leistung, die nach dem Vorbild des Wilhelm von Auxerre
und insbesondere seines Lehrers Alexander llalensis in der Form des Sentenzeu-
kommentars gehalten ist, nämlich in den umfangreichen Commcntarii in
•quatuor libros senteutiarum Petri Lombardi, die seit 1218 während seiner
Lehrtätigkeit in Paris entstanden und die ersten vier Bände der Ausgabe von
•(^uaraechi füllen. T. V derselben Ausgabe enthält die Opuscula varia theologica,
am einzelnen die Quaestiones disputatae de scientia Christi, de mysterio
8s. trinitatis. de perfectione evangelica, ferner das Bre viloquium.
-das Itinerarium mentis in deum, das Opusculum de reductione artium
ad theologiam, die Collationes in Hexaeraeron, die Oollationes de
•Septem donis Spiritus sancti, die Collationes de decem praeceptis,
die Sermones selecti de rebus theologicis. T. VI und VII umfassen die
•exegetischen Werke Bonaventuras: .die Kommentare zum Ecclesiastes und zu
Sapientia, den Kommentar und die Collationes zum Johanuesevangeliuni (VI),
•den Kommentar zum Lucasevangeliura und die Expositio zu den Lamentationen
-Jeremiae und zur Oratio Dominica (VII). T. VIII bietet die Opuscula
mystica: De triplici via, alias Incendium amoris, Soliloquium de
quattuor mentalibus exercitiis, Lignum vitae, De regimine animae,
De sex alis Seraphim und andere. Das mystische Hauptwerk Bonaventuras,
das Itinerarium mentis in deum, wurde bereits bei T. V erwähnt. Außer-
dem sind in T. VIII enthalten die Opuscula ad ordinem spectantantia ,
darunter die Apologia pauperura und die Legenda S. Francisci. T. IX bringt die
Ars ]iracdicandi und die Sermones.
Bonaventura ist und will nichts anderes sein als ein Vertreter der alten
Schule im Sinne Augustins und des Alexander Halensis, den er seinen
Lehrer und Vater nennt, und dessen Fußstapfen er hauptsächlich folgen will.
Neuerungen liegen ihm fern. Diesen konservativen Standpunkt hat er selbst klar
!in seinem Sentenzenkomraentar gezeichnet (In Sent. II, praeloc, ed. Quaracchi
t. II, S. 1 ff.): At quemadmodum in primo libro sententiis adhaesi et communibus
opinionibus magistrorum et potissime magistri bonae menioriat-
et patris nostri
fratris Alexandri, sie in consequentibus libris ab eorum vestigiis non recedam
Non enim intendo novas opiniones adversare, sed communes et approbatas retexere.
Nee quisquara aestimet, quod novi scripti velim esse fabricator. Indessen konnte
und woUte auch er sich dem Einfluß des mächtig vordringenden Aristotelismus
nicht entschlagen. Er kennt die aristotelischen Schriften und Lehren sehr wohl
und verwertet sie reichlich. Aristoteles ist U'iv ihn eine Autorität, die er un-
440 § 37. BonaTentunt.
mittelbar neben Augustinus stellt. Trotzdem hält er sich aber nach der Weise
der Früheren in vielen über die bloße Dialektik hinausgehenden Fragen vorzüglich
an Pia ton in dem Sinne, wie dessen Lehre nach Augustin s' Auffa8«ung
damals verstanden wurde. Bonaventura meint, nach Piaton sei Gott nicht nur
aller Dinge Anfang und Ziel, sondern auch urbildlicher Grund (ratio exemplaris).
Diese letztere Annahme aber habe Aristoteles mit kraftlosen Argumenten be-
stritten, welche Äußerung freilich von einer falschen Identifizierung der von
Aristoteles bestrittenen Hypostasierung der Ideen mit der Lehre von Gottea
Urbildlichkeit zeugt. Er meint, aus diesem Irrtum des Aristoteles sei der andere
geflossen, Gott keine Vorsehung in bezug auf die irdischen Dinge zuzuschreiben,
da er ja die „Ideen", durch welche er diese erkennen könnte, nicht in sich habe
(wonach also Bonaventura die von Aristoteles bestrittenen platonischen
Ideen als Gedanken des göttlichen Gdstes auffaßt). Ferner tadelt Bona-
ventura die Verblendung des Aristoteles, die Welt für ewig zu halten und
den Pia ton zu bekämpfen, der der Wahrheit gemäß der Welt und der Zeit
einen Anfang zuschreibe (In Hexaemeron, Coli. VI, Opp. omn., ed. Quaracchi,
t. V, p. 360 f.).
des Wirkens gibt und ihre Dignität in der Reihe der Wesen bestimmt (In sent^
II, d. 13, a. 2, q. 2 ad 5, ed. Qnaracchi t. II, p. 321 b: Forma enim lucis cum
ponitur in eodem corpore cum alia forma, non ponitur sicat dispositio
imperfecta, quae nata sit perfici per ultimam formam, sed ponitur tamquam
forma etnatura omnis alterius coiporalia formae conservativa et dans ei agendi
effioaciam, et secunduui quam attenditur cuiusUbet formae corporalis mensura
in dignitate et excellentia). Über Bonaventuras Lehre
von der Pluralität der
Formen, die ein der Doktrin der Franziskaner-
charakteristisches Bestandstück
schule bildet, siehe das Scholion in der Ausgabe von Quaracchi t. II, p. 322 323, —
ferner M. de Wulf, Le trait^ de unitate formae de Oilles de Lessines, Louvaln
1901 (Leg Philos. Beiges I), S. 10—58 (La doctrine de la pluralitö des forme»
dans l'ancienne 6coIe scolastique du Xllle si^le) und insbesondere K. Ziesch^,.
Die Naturiehre Bonaventuras, Fulda 1908, S. 63 79. Neuerdings wurde mit —
Unrecht von E. Lutz (Die Psychol. Bonav., S. 54—61) die Lehre von der Mehr-
heit der Wesensformen bei Bonaventura in Abrede gestellt
Schließlich sei noch erwähnt, daß Bonaventura (In sent. II, d. 13, a. 2,
q. 2, ed. Quaracchi t. II, p. 320b) als Quellen und Stützen für seine Lichtl^re-
die hl. Schrift, dann catholici tr'actatores, nämlich Pseudo-Dionysius und
Augustinus, und die Philosophen nennt.
Hat Bonaventuras Lichtmetnphysik einen entschieden neuplatonisch-
augustinischen Charakter, so gilt ein Gleiches auch von seiner Theorie der rationes-
seminales, die aus Augustinus stammt, der sie seinerseits von dem Neu-
platonismus beziehungsweise von der Stoa übernommen hat. Indem Bona-
ventura den aristotelischen Form begriff mit dem augustinisch-stoischen Begriff
der A<iyoi oneQfiajuioi verschmilzt, denkt er sich, ähnlich wie Averroes (sidie
oben S. 383), die Formen samen- oder keimartig als aktive Potenzen in der Materie
angelegt. Aus diesen aktiven Potenzen werden die Formen vennittels dei Ein-
wirkungen der Naturagentien eduziert (In sent. II, d. 15, a. 1, q. 1, ed. Quaracchi
t. II, p. 374b: aliae formae naturales non ex nihilo producuntur, sed est aliqua
potentia activa in materia, ex qua fiunt tamquam ex seminario. Ib. d. 18, a. 1, q. 3,
p. 440 ab: cum satis constet, rationem semiualem esse potent iam activam, inditam
materiae; et iliam potentiam activam constet esse essentiam formae, cum ex e&
fiat forma mediante operatione naturae, quae non producit aliquid ex nihilo.
Vgl. dazu d. 7, pars 2, a. 2, q. 1, p. 196 ff. und das Scholion p. 443 f.
In der Psychologie schließt sich Bonaventura an seinen Lehrer Ale-
xander von Haies an, insbesondere vertritt er mit jenem die bei A vencebrol
und bei Dominicus Gundissalinus sich findende Auffassimg, daß auch die
geistigen Substanzen, die Engel und menschlichen Seelen, aus Materie und Form
zusammengesetzt seien (In sent. II, d. 3, pars. I, a. 1, q. 1, ed. Quaracchi t. II,
p. 91 a: Et ideo iila positio videtur verior esse, scilicet quod in angelo sit corapositio
ex materia et forma. 416 a: Licet autem anima rational»
Ib. d. 17, a. 1, q. 2, p.
coropoeitionem habeat ex materia et forma), übrigen« beruft sich Bonaventura
zur Rechtfertigung seiner Anschauung liicht auf Avencebrol, sondern auf
Augustinus (Ib. d. 3, pars I, a. 1, q. 2, fand. 1, p. 94 a: Anctoritate Augustink
442 § 37. Bonaventura.
de Mirabilibus sacrae scripturae primo capituloi. Wenn aber auch die von ihm
•angezogene Schrift jetzt als pseudo-augustinisch erlcannt ist, so läßt sich doch die
tragliche Lehre in sicher echten Schriften Augustins (De Gen. ad. lit. V, c. n. 13; ,5
Körper, der aus Materie und Form besteht, hat ein Verlangen nach Aufnahme
der Seele. Die letztere verbindet sieh also mit einem bereits formierten Körper,
so daß auch auf dem Gebiete der Psychologie Bonaventuras Ansicht
von der Mehrheit der Formen, die nach seiner Überzeugung die Einheit des
Wesens nicht stört, zur Geltung kommt ed. Qua-
(In sent. 11, d. 17, a. 1, q. 2,
I
§ 37. Bonaventura. 443
die Gegenstände des Erkennens und Handelns leitet, oder das ausreicht, die ersten
theoretischen und moralischen Prinzipien nach Aufnahme ihrer species wegen
ihrer Evidenz zu erkennen (Ib. p. 903 a b: habitus cognitivi sunt quodam modo
nobis innati ratione luminis animae inditi quod potentiae cognitivae sit lumen
. . .
nrimoruin pnncipiorum ratione UUub luminis dicitur estte nobis inoata, <iui<i lumeD
illud sufficit ad illa cognoscenda post receptionem speeierum aine aliqna per-
per incommutabiles et aeteraas regulae habeat regulari, non Uttquam per habitum
ftuae m«itis,sed tamquam per eas quae sunt supra se in vvitate aetema). Er fcwdert
daher unter allen Umständen eine Verbindung unseres Intellekts mit der
ewigen Wahrheit selbst, eine gewisse Berührung und eine gewisse Schauder
unvtfänderiichen Regdn und rationes; frölich ist diese Schau keine solche in voUer
Klarheit, sondern nur eine teilweise und eine der geschaffenen Vernunft in diesem
Leben angemessene (Itiner. mentis in deum c. 3, n. 3, t. V, p. 304 b: Ex quo
manifeste apparet, quod intdlectus noster ooniunctus sit ipai aeteraae veritatL De
Bcientia Christi q. 4, m. 3, t. V, p. 23 b: Quod autem mens nostra in ecrtitudinali
cognitt(Kie aliquo modo attingat illas regulas et incommutabiles ra-
tiones, requirit neceasano nobiiit^ cognitionis et dignitas c<^D0scentis. Ib.
t.V, p. 23 b: ad certitudinaiem oc^nitionem necessario requiritur ratio aetema ut
reguians et ratio motiva, non quidem ut sola et in sua omnimoda dar täte, i
voTeräDd^licheo Regeln in der Gottheit betont, eo sind für ihn doch die rationes
aetemae und ihre Schau nicht die einzige und ausreichende Bedingung der
Erkenntnis. Er fordert vielmehr mit aller Bestimmtheit auch ein aposterio-
Tisehes oder empirisches Element Damit Erkenntnis möglich sei, muß
die Seele nicht bloß mit den rationes aeternae, sondern zugleich auch mit den
«US der Erfahrung oder aus den Phantasmen abstrahierten «pecies der Dinge in
Berührung treten. Erst diese letzteren enthalten die eigentümlichen und speci-
fidereaden Gründe für die Erkenntnis (De scientia Christi q. 4, ed, Quaracch;
t. V, p. 24 b: qnia non ex se tot« est anima imago, ideo cum his attingit reruni
Menschen und seiner Seele, ist dem Hugo, das Itinerarium mentis in
Deum, Bonaventuras herrlichste und tiefste mystische Arbeit, besonders den»
Richard von St. Victor nachgebildet. In den populär-mystisch gehaltenen
Meditationen über das Leben Jesu schließt sich Bonaventura besonders
an Bernhard an. Mit Hugo von St. Victor spricht Bonaventura von
dem dreifachen Auge des Fleisches, der Vernunft und der Kontemplation (BreviL
p. 2, c, 12, ed. Quaracchi t. V, p. 230 b). Ferner unterscheidet er mit den Vik-
torinern cogitatio, meditatio und contemplatio. Im Itinerarium mentis in
deum sodann mit unvergleichlicher Meisterschaft den Weg und die
schildert er
sechs Stufen des Aufstiegs zu Gott. Diesen sechs Stufen entsprechen, wie bei
Isaak von Stella (siehe oben S. 335), sechs verschiedene Seelenkräfte: der Sinn
(sensus), die Einbildungskraft (imaginatio), die Vernunft (ratio), der Verstand
(intellectus), die Intelligenz (in teil igen tia) und endlich als apex mentis die Syn-
deresis (Itin. mentis in deum c. 1, n. 5, 6, ed. Quaracchi t, V, p. 297 b). Die
oberste Stufe, die Ekstase, den Zustand der iguorantia docta, schildert Bona-
ventura mit Pseudo-Dionysius (De rayst. theol. c. 1, § 1) in folgenden Worten
(Ib. c. 7, n. 5, t. V, p. 313 a): Tu autera, o amice, circa mysticas visiones, corro-
borato itinere, et sensus desere et intellectuales operationes, et sensibilia et invibi-
bilia,et omne non ens et ens, et ad unitatem, ut jwssibile est, inscius restituere
ipsius,qui est super omnem essentiam et scientiam. Etenim teipso et omnibus
immensurabili et absoluto purae mentis excessu ad su peressen tialem divinanim
tenebrarnm radium, omnia deserens et ab omnibus absolutus, ascendes. Brevil.
-reiche Fülle von AugosünuBzitateiD bemerkbar. Daß aber bei ihm der
AugUBtinismuB zur Kampfstellung gegen den Aristotelismus über-
gegangen ist, zeigt ftich deutlich darin, daß seine erkenn tnistheoretiachen
Untersuchungen die wichtigsten Positionen der augustinischen Erkenntnis-
lehre verteidigen und begründen luid die entgegenstehenden neuen aristo*
telischen Lehren —
gemeint ist, wie sich aus den Zitaten ergibt, Thomas
von Aquin —
durch den ständig wiederkehrenden Hinweis abgelehnt werdwi,
daß sie der Autorität Augustins widersprechen. Die Quaestiones de
cognitione des Matthaeus bieten einen lehrreichen Einblick in die in-
possit certitudinaliter sciri). Indem er den Dogmatismus Piatos und der alten
Akademie, wie den Skeptizismus der neueren Akademie verwirft, verweist er, wie
schon Hugo von St. Victor und Wilhelm von Auvergne (siehe oben
S. 343), mit Augustinus auf zwei Gruppen absolut gewisser Erkenntnisse,
nämlich einerseits auf die unbezweifelbaren Tatsachen des Selbstbewußtseins
und anderseits auf die Axiome der Logik und die Sätze der Arithmetik (ed.
Quaracchi 1883, S. 128-132; ed. 1903, S. 44-51). Eingehend behandelt so-
dann Matthaeus die Frage nach dem Gegenstand oder nach dem Ob-
jekt der Erkenntnis (Quaestio est, utrum. ad cognitionem rei requiratur ipsius
rei aut non-ens possit esse obiectum intellectus).
existentia, Gegenstand de«
Intellektes kann nicht das absolute Nichts sein, das non-ens slmpUciter,
hoc est nuUo modo ens, nee in se nee in causa, nee in potentia nee in acta,
<^uod nee fuit nee erit, nee est nee est possibile esse. Et tunc dico simplicttor,
quod non-ens nuUo modo potest esse obiectum (ed. Quaracchi 1883, 8. 114;
«xl. 1903, S. 227). Denn wie Avicenna sagt (Met. I, c. (i), ist das erste, was
dem Intellekt entgegentritt, und das erste, was vom Intellekt erfaßbar ist,
das ens (Ib.: Nam, ut dicit Avicenna, primura, quod occurrit intellectui, et
primum, quod est ab intellectu apprehensibile, est ens). Wohl aber ist Gegen-
stand des Intellekts das relative Nichts, das non-ens aliquo modo, utpote
non-ens actu, ens tarnen potentia; non-ens in se, ens tarnen in sua causa efficiente
vel exeraplari. Et sie dico, (juod non-ens potest esse obiectum intellectus et est
inteliigibile (Ib.).. und zwar des intel-
Ferner sind Gegenstand des Intellekts,
lectus Simplex et absolutus d. h. de« begrifflichen Erkennens, die reinen Wesen-
heiten der Dinge, die mit Uilfe der species und der auf ihrer Grundhi^c ge-
formten Begriffe (conceptus) erkannt werden (Ib., S. 117; S. 231: Et ex illa
Denn wie Augustinus (De immort. an. c. 1; De libero arbitrio If, c. 8, n. 21)
sagt, ist nichts so sehr ewig,
wie der Begriff des Kreises (ratio cireuli) und der
Satz 7 3+ =
10 (Ib.). Diese ewigen Wahrheiten müssen nun in irgend etwas
fundiert sein (Ib.: Necesse est igitur fundari in aliquo). In den Dingen
können sie nicht fundiert sein, denn jene Wahrheiten bleiljen, während die Dinge
vergehen, ^ind sie sind wahr, wenn auch kein Ding existiert. Der Satz: Der
Mensch ist ein vernünftiges, sterbliches Lebewesen, ist wahr, wenn auch kein
Mensch existiert. Sie können auch nicht in einem geschaffenen Intellekt
fundiert sein, weil jeder Intellekt veränderlich ist und sie auch wahr sind, wenn
kein geschaffener Intellekt Diese von den Dingen, wie von den Sub-
existiert.
Gründe der vergehenden Dinge nicht vergehen (Ib.: Ergo non nisi in aeterno
exemplari, ubi „rerum mutabilium immutabiles manent origines. et rerura transe-
untiuni non transeunt ratiojies", ut dicit Augustinus in primo libro Con-
fessionum). So kommt Matthaeus als überzeugter Anhänger Augustin s
schließlich zum Endergebnis: Der Gegenstand des Intellekts ist nicht nur der
Begriff, nicht nur die Wesenheit, auch nicht das göttliche Urbild als obiectuni
quietans et terminans, Wesenheit, insofern sie von unserem
sondern die
Intellekt erfaßt, aber doch zugleich auf das ewige L^rbild bezogen
ist, das unsern Geist berührt und sich zu ihm bewegend verhält (Ib., S. 118:
S. 233: sed est quidditas ipsa concepta ab intellectu iiostro, relata tarnen ad
artem sive exeraplar aetemum, inqua.ntum, tangens meutern nostram, se habet
in ratione moventis).
In der im Vorhergehenden entwickelten Bestimmung des Gegenstandes der
Erkenntnis die als wesentliches Moment die Beziehung auf das göttliche Urbild
enthält, liegt auch schon die Antwort auf die Frage, die Matthaeus in seiner
von Bonaventura stark abhängigen (siehe Daniels, S. lti<J— l(il) Quaestio
erörtert: utrum quidquid certitudinaliter cognoscitur cognitione intellectuali,
cognoseatur in aeternis rationibus vel in lumine primae veritatis (Ib., S. 87 ff.;
S. 241 ff.). Matthaeus skizziert die aristotelische Theorie und hebt als Hauptmerk-
male ihren ausschUeßiich empiristischen oder aposteriorischen Charakter und die
Ausschaltung des ewigen Lichtes bei der Gewißheitserkenntnis hervor. Quidam
philosophantes, fährt er fort, folgen dieser Theorie und behaupten, daß das ewige
Licht bei der Gewißheitserkenntnis nicht berührt werde, und daß kein spezieller
Einfluß desselben bei der natürlichen Erkenntnis notwendig sei, da» Licht deä
intellectus agens nebst den von den Dingen abstrahierten spe<'ies genüge. Die
vom ewigen Licht und seiner Schau handelnden Augustinussttilleu seien nicht
dahin zu verstehen, daß der Intellekt jenes Licht in irgend einer AV'eise berühre,
auch nicht im Sinne eines speziellen Influxus, sondern dahin, daß der ewige
(iott uns von Natur das intellektuelle Licht gegeben habe, in welchem wir alles
der Vernunft zugängliche Erkennbare natürlicherweise erkennen und schauen
(Ib., S. 95; S. 251 j. Daß mit den quidam philosophantes nur Thomas von
Aquin und seine arlstotelisierende Richtung gemeint ist, kann nicht zweifelhaft
sein. Matthaeus verwirft aber die arislotehseh-lhoraistische Auffassung mit
der Erklärung, daß sie alle Fundamente des heiligen Augustinus umstürze, v/a^
untunlich sei, da er selbst ein hervorragender Lehrer sei, und ihm die katholischen
Lehrer und insbesondere die Theologen folgen müßten (Ib., S. 95; S. 252: Videtur
nihilomiaus evertere et subvertere omnia fundamenta beati Augustini. cuius aucto-
litates nullo modo (aliter) possunt exi>oni. Quod videtur inconveniens, cum ipse Sit
S. 102; S. 2t)l: Sic igitur dico, quod quidquid cognoscitur certitudinaliter cogni-
tione intellectuali, cognoscitur in raiionibus aeternis et in luce primae
veritatis).
Indessen sind die rationes aeternae nicht der einzige und vollständige Er-
kenntnisgrund. Wie Bonaventura, erkennt auch Matthaeus neben dem
apriorisch-theologischen Faktor ein empirisches Element in iinserer Erkenntnis
an (Ib.. S. 95; S. 252: nostra cognitio causatur et ab inferior! et a super iori, a rebus
exterioribus et etiam rationibus idealibus) und sucht so, wie schon sein Lehrer, dem
Aristotelismus näher zu kommen. So sehr nach Augustinus unser Geist die
ewigen Eegeln berührt, so unbezweifelbar wahr ist auch, was der Philosoph
sagt, daß nämlich unsere Erkenntnis auf dem Wege der Sinne, des
Gedächtnisses und der Erfahrung entstehe, und daß infolgedessen
neben den ewigen Kegeln die von den Dingen abstrahierten species als die eigen-
tümlichen, bestimmten und spezifizierenden Erkenntnisgründe erforderlich seien
(Ib., S. 96; S. 253: quod dielt philosophus [Analyt. post. II, c. 19; Met. I, 1—21,
Xoch genauer wird diese Spezifizierung folgendermaßen bestimmt: Die von den
Dingen empfangene species ist das materiale. Das natürliche Licht des intellectus
agens ist das efficiens secundarium. Die durch die Tätigkeit des intellectus
agens aktuell gewordene species ist das formale, sed incompletum. Das ein-
strahlende göttliche Licht ist das efficiens primarium et principale und der Aus-
fluß dieses Lichtes (lumen ab eo fluxum) ist das formale completivum et ron-
summativum (Ib., S. 157; S. 294).
Tritt Matthaeus ab Aquasparta durch seine Lehre von der Erkenntnis
in den rationes aeternae in bewußten Gegensatz zu Thomas von Aquin, so
treffen wir ihn auch noch in andern Punkten der damaligen Erkenntnistheorie
in oppositioneller Stellung zur thomistischeu Richtung. So gab er in der Frage
nach der intellektiven Erkenntnis des Eijizelnen, wo Thomas eine
Erkenntnis per quandam reflexionem lehrte (De veritate q. 10, a. 5: mens singu-
lare cognoscit per quandam reflexionem; siehe auch S. theol. I, q. 86, a. 1), eine
von der thomistischen abweichende Lösung, derzufolge der Intellekt das Einzelne
per se et proprie und durch species singulares erkennt (ed. Quaracrhi 190.T,
§ 37. Matthaeus ab Aquasparta. Johannes reckhani. 45i
der die species intelligibiles erfaßt (ed. Quaracchi 1883, S. 180: Concedo igitur,
quod lux increata aliquo modo attingitur in omni cognitione intellectuali, et est
ratio per modum luminis ostendentis omnis certae cognitionis intellectualis ....
j^. 181: tria concurrunt ad cognitionem .... lumen intellectus creatum, sed im-
pcrfectum, et lumen increatum supersplendens, et intellectus possibilis apprehen-
dens speciem intelligibilemj.
Schließlich sei noch erwähnt, daß auch Johannes Peckham in seinem
Kommentar zum ersten Buch der Sentenzen (In 8ent. lib. I, d. II, q. 1) den
ontologischen Beweisgang Anselms für stichhaltig erklärt (ed. Daniels,
S. 50: Quia etiam est in plenitudine essendi scmper et ubique, nuUo modo
potest veraciter cogitari non esse cum assensu. si tarnen vere intelügitur quid
est (juod dicitur per nomen).
Den Bonaventuraschüler Fr. Eustachius identifizieren die Herausgeber
von Quaracchi (De humanae cognitionis ratione Anecdota quaedam Seraph. Doct.
S. Bonaventurae etc., 1883, p. XVIII— XIX) mit dem Franziskaner Eustachius von
Arras und schreiben ihm auf Grund der Handschriften zu Quaestiones et quod- :
und seiner Schüler im Vorhergehenden zur Darstellung gekommen ist (Ib., S. 186:
lux increata semper lucet et irradiat super mentem humanam et super nosträm
cognitivam, sicut semper infinit ad conservandani naluram. Unde per istas regulas
vel iiTadiatioues mentis directivas iudicat mens de omnibus, et tarnen non videt
illam veritatem increatam, cuius sunt expressae simUitudines). Eine sehr interessante
Untersuchung bietet die an zweiter Stelle zum Abdruck gekommene Quaestio über
und das Wie der Erkenntnis der substanzialen Formen
die Möglichkeit
oder der Wesenheiten der Dinge (Ib., S. 189: Substantia ergo corjwralis
has species et siniilitudines primo facit ac generat in medio; deinde per continuam
generationem et multiplicationem sui fiunt in organo sensus, ita quod utraque
species, scilicet formac substantialis et accidentalis, fit in organo, et sunt in illo,
sed differenter: quoniam species formae accidentalis .... est ibi sicut movens et
sicut apprehensa, ita quod sensus iudicat de illa, ut sensibiUs est; species auteni
formae substantialis est ibi ut concomitans et coexistens et ut transiens,
non ut movens nun sistunt in sensu, sed ulterius transeunt ad intellectum).
. . .
Die dritte Quaestio erörtert das Verhältnis von notitia und amor zur Seele, ob sie
zur Substanz der Seele gehörten oder Akzidenzien derselben seien. Eustachius
entscheidet sich, indem er den augustinischen Standpunkt möglichst zu halten
sucht, dafür, daß sie nicht accidentia der Seele seien, wie Thoraas lehrte,
sondern habitus vel habilitates connaturales et consubstantiales ipsi animae
(Ib.. S. 193.)
Ein Schüler Bonaventuras war auch der englische Franziskaner und
Freund Roger Bacons Wilhelm de la Mare, der in Oxford dozierte und
§ 37. Wilhelm v. Falgar. Adam v. Marsh. Thomas v. York. 453
nach einem alten Kodex der Pariser Arsenalbibliothek veröffentlichte. Wie aber
schon Ehrle (Zeitschr. f. kathol. Theol. 7, 1883, S. 47) bemerkte, und M. Grab-
mann (Die philos. u. theol. Erkenntnislehre des Matthaeus ab Aquasparta. Wim
1906, S. 32—34) genauer begründete, gehören die Wilhelm von Falgar zuge-
teilten Matthacus ab Aquasparta an.
Quaestiones nicht ihm, sondern
Zeitgenosse Bonaventuras verdient in erster Linie Erwähnung der
Als
oiglische Franziskaner Thomas von York (de Eboraco). einer aus den fünf
ersten Franziskanerprofessoren (Adam dcMarisco, Radnlfus de Colebriige,
Eustachius de Xormanevüle. Thomas de Eboraco, Richardus Rufus)
an der Universität Oxford und Schüler des Adam de Marisco, des vertrauten
Freundes von Robert Grosseteste, der selbst längere Zeit am Studium der
Franziskaner in Oxford seine Vorlesungen gehalten hatte (siehe oben S. 425).
Wie Alexander von Haies in Paris, trat Adam von Marsh (de Ma-
risco) in Oxford 1226 oder 1227 als Magister. in den Franziskanerorden, wurde
1247 oder 1248 Magister regens an der Universität und eröffnete so als erster die
lange Reihe ausgezeichneter und hochgefeierter Lehrer aus dem Franziskaner-
orden an der Oxforder Hochschule. Er starb am 18. Nov. 1258. Roger ßacon
hat ihn, wie seinen Freund Robert Grosseteste, mit hohem Lol>e überschüttet
und beide wegen ihrer mathematischen Kenntnisse gerühmt (Opus maius, ed.
Bridges I, S. 108; siehe oben S. 425. Opus tertium, c. 22 u. 23, ed. Brewer,
S. 70, 75; siehe H. Felder, S. 285 f.). Über seinen Schriften lagert noch
völliges Dunkel. Nur seine geistvollen, für die Zeit- und Gelehrtengeschichte
höchst wertvollen Briefe sind ediert: Adae de Marisco Epistolae. ed. Brewer,
Monumenta Franciscana J, London 1858.
Adams von Marsh fähigster Schüler und dritter Nachfolger war Thomas
von York. Er wurde 1253 Magister in (Jxford, dozierte dann auch in Cambridge
und starb 1260. Philosophiegeschichtlich bedeutsam ist sein großes noch unge-
drucktes Werk Metaphysica, von welchem M. Grabmann (Festgabe f. Cle-
mens Baeumker, Münster 1913, S. 181—193) nach Cod. Vat. lat. 1301 eine über-
sichtliche Skizze gibt und einige Fragmente mitteilt. Die Schrift ist ein selbständiges,
wohl durchdachtes System der Metaphysik auf aristotelischer Grundlage
und unter umfassender Verwertung der arabisch-jüdischen Philosophie. Aristo-
teles wird secundum expositionem Averrois gedeutet, und außer diesem werden
Avicenna, Algazel, Avcncebrol, Moses Maimonides herangezogen.
Entstanden in den Jahren 1250—1260, fesselt sie das Interesse des Philosophie-
historikers, weil sie von einem ^litglied der älteren Franziskanerschule herrührt
454 § 37. Thomas v. York. Nikolaus v. Occain.
und bekundet, wie man auch in den Reihen der Oxforder Franziskaner der neuen
Wissenschaft zu huldigen wußte, und zwar schon zu einer Zeit, wo Albertus
Magnus eben seine Erklärung der aristotelischen Metaphysik vollendete, und
Thomas von Aquin noch keinen seiner Kommentare zu Aristoteles in Au-
griff genommen hatte. Wenn Grabmann (S. 191) bemerkt, daß wir in dem
Werk die einzige große Darstellung des Systems der Metaphysik aus der Aera
der Hochscholastik vor uns hätten, so ist dies nicht zutreffend. Denn fast aus
der gleichen Zeit oder nur wenig später und aus den gleichen Oxforder Kreisen
stammt auch die große dem Robert Grosseteste zugeschriebene und von
L. Baur edierte Summa philosophiae, die als rein philosophische Arbeit ein
wertvolles Seitenstück zur Metaphysik des Thomas von York darstellt und,
wie diese, für die selbständige Stellung und Behandlung der Philosophie außer-
halb des Rahmens der Theologie in der Hochscholastik ein vollgültiges Zeugnis
ablegt (siehe oben S. 429).
Die Metaphysik des Thomas zerfällt in sechs Bücher. Das erste Buch
handelt nach einleitenden Bemerkungen über NVesen und Wert der Philosophie
von Gott dem Schöpfer (de Creatore) und enthält die rationale Theologie. Da»
zweite Buch erörtert die Entstehung des Seins im allgemeinen, die Frage nach
dem Weltanfang unter spezieller Bezugnahme auf Moses Maimonidcs und
weiterhin die Prinzipien des Seins, Materie und Form. Buch 3 behandelt im An-
schluß an die aristotelische Metaphysik den Gegenstand der philosophia prima,
das ens secundum quod est ens et de his que sunt entis per se (M. Grabmann,
S. 188, A. 4), und bietet eine weit ausgeführte Seins- und Ursachelehre. Das
vierte Buch sprichtden Einteilungen des Seins (de divisionibus entis), ins-
von
besondere von dem substanziellen und akzidentellen Sein. An die Unterscheidung
von substantia prima und secunda schließt sich eine sehr breit gehaltene Abhand-
lung über die Universalien an. „Mau wird nicht leicht bei einem Autor des
dreizehnten Jahrhunderts das Universalienproblem so nach allen Seiten und in
all seinen Verzweigungen erörtert finden als gerade hier bei Thomas von York.
Sein persönlicher Standpunkt deckt sich mit dem des gemäßigten Realismus"
(M. Grabmann, S. 190). Das fünfte Buch beschäftigt sich mit den transzenden-
talen Eigenschaften des Seins, insbesondere mit dem Wahrheits begriff und mit
der Frage: an sit una veritaa sola, an plures. Das sechste Buch untersucht die
spezielle Metaphysik (de eute in speciali), die von der Welt im allgemeinen und
von den TeUen der Welt handelt. Daran schließt sich eine nicht vollendete
Psychologie.
Um ein einigermaßen vollständiges Bild von der älteren Franziskanerschule
und von dem Umfang wissenschaftlichen Tätigkeit zu entwerfen, sind
ihrer
außer den bereits besprochenen Bonaventuraschülern aus den letzten Dezennien
des dreizehnten Jahrhunderts noch zu nennen die Magistri: Nikolaus von
Occam, Roger von Marston, Richard von Middletown, Wilhelm von
Ware, Petrus Johannis Olivi und als eigenartigster und hervorragendster
Geist Roger Bacon, der aber an anderer Stelle behandelt wird (siehe xmten).
Nikolaus von Occam, Lektor zu Oxford, schrieb gegen Ende des drei-
zehnten Jahrhunderts (siehe A. G. Little, The grey friars in Oxford, Oxford
1892, S. 158) Quaestiones disputatae und einen Kommentar zu den
beiden ersten Büchern der Sentenzen. Aus dem Kommentar zum
ersten Buch (Sent. I, d. 3, q. 2) hat A. Daniels (Quellen beitrage n. Unters,
1.
Roger von Mars ton studierte 1270 in Paris und lehrte dann an der
Universität nach Eccleston (Tractatus Fr. Thoraae vulgo dicti de
Oxford,
Eccleston De adventu fratrum minorum in Angliam, ed. A. G. Little, Paris
1909) als der sechzehn t*» in der Reihe der Franziskanerprofessoren, später do-
zierte er iii Cambridge. 1292—1298 war er Minister der englischen Frauziskaner-
provinz. Er schrieb zwei Sammlungen von Quaestiones disputatae und zwei
Quodlibeta.
In der allgemein und aufs lebhafteste diskutierten erkenntnis theore-
tischen Frage, welcher die in den Anecdota von Quaracchi edierte Quaestio
gewidmet ist, nimmt Roger von Marston eine Stellung ein, die sich mit der
von Roger Bacon vertretenen Auffassung deckt. Festhaltend an dem augusti-
nischen Standpunkt lehrt daß wir alles Wahre im ungeschaffenen Lichte schauen.
er,
mehr hält er ihre Beihilfe für unerläßlich (Ib., S. 216, ad 15: quo formaliter
intelligit incommutabilia, adminiculantibus speciebus a phantasmatibus ab-
stractis). Er fordert nur über sie hinaus formales Prinzip im Geist,
ein
durch welches wir die unveränderlichen Wahrheiten berühren.
Dieses Prinzip findet er in einer passiven impressio, die von der aktiven
impressio den Geist bestrahlenden ewigen Lichtes zurückbleibt, wie vom
des
Siegel, wenn es in Wachs gedrückt wird, eine Spur zurückbleibt. Von dieser
Siegelung unseres Greistes durch das ewige Licht ist das Wort des Psalmisten
(Ps. 4, 7) zu verstehen: Signatum est lumen vultus tui super nos. D. h. das Licht
der ewigen Wahrheit bietet sich unserem Intellekt dar in der Weise des Siegel-
abdrucks (Ib., S. 211 f.: Unde necesse est aliquid ultra phantasmata vel species
456 § ^^- Roger von Marston.
Indem Roger von Mars ton mit der wörtlichen Interpretation von
A u gustinu s' Irradiationslehre nicht zurückhält, weist er zugleich die thomistische
Abschwächung oder Umdeutung derselben in den schärfsten Ausdrücken ab (Ib.,
S. 20.'?: ut dicnnt .... nos omnia videre in prima veritate, quia videmus in luce
ab eadem veritate derivata, in naturali videlicet lumine mentis nostrae, quod est
pars animae .... Ib.. S. 205: dicentes, omnia videri in lumine aeterno. (\m&
videntur a lumine ab ipso derivato, doctrinam Augustini porvertunt,
trunoatas eins auctoritates ad proprium sensum non sine Sancti iniuria con-
vertentes. Ib., 8. 220: quidam, philosophico nectari inebriati, .... negant, in-
tellectum agentera esse lucem primam, et omnes auctoritates Augustini de
luce incommutabili et regulis aeternis ad sensu ra suum intorquent,
Sancti doctrinam subvertentes). Die Herausgeber von Quaracchi
treffen daher nicht das Richtige, wenn sie (p. XX) meinen, die Doktrin
Rogers lasse sich leichter mit der Lehre des hl. Thomas in Einklang
bringen, als dies bei Matthaeus ab Aquasparta und Ijei Fr. Eusta-
chius der Fall sei. Dies gilt aber nicht bloß für die Erkenntnis im ewigen
Licht. Auch bezüglich der Erkenntnis des Einzelnen weicht Roger von
Marston von Thomas von Aquin ab, indem er, wie Matthaeus ab Aqua-
sparta (siehe oben S. 450) lehrt, daß der Intellekt direkt das Einzelne erkenne
(Daniels, 8.47: veritas namque rei cognoscibilis declarat, quod singularia directe
per intellectuju coguoscuntur tamquam eins obiecta aliquo modo).
Im Anschluß an Averroes (De coelo et mundo I, text. 1; III, text. G;
siehe ed. Quaracchi, S. 200, ad 19, Anm. 2) hält Roger von Marston die
Gewißheit der ^lathematik für giößer als die der Naturwissenschaften, zwar
nicht in bezug auf das Erkenntnislicht, das für alle Wissenschaften die gleiche
Gewißheit garantiert, wohl aber in bezug auf den Erkenntnisgegenstand. Die
Mathematik abstrahiert nämlich von Bewegung und Materie. Sie betrachtet die
in Bewegung befindlichen und materiellen Dinge, jedoch nicht, Avie sie in der
Materie sind (ed. Quaracchi, S. 217, ad 19: Duplex causa certitudinis potest esse
in scientialibus vel a parte rerum cognitarum, vel a parte luminis, in cjuo coguos-
:
Beweis ablehnte (ed. Daniels, S. 86). Schließlich sei noch darauf hingewiesen,
daß sich der mittelalterliche Franziskaner in seinen Quodlibeta (Paris 1519,
lol. 90—98) lebhaft für die Phänomene des Hypnotisraus interessiert.
Seele die ihr eigentümlichen Instrumente besitzen muß, durch die sie ihre natür-
liche Tätigkeit, das intelligere, ausüben kann. Daher genügt das natürliche
Licht, lim alles zu erkennen, was der natürlichen Erkenntnis zugänglich ist (ed.
Daniels, Festgabe usw., S. 313: sie et anima multo fortius, cum sit nobilior.
debet habere instrumenta propria, per que possit elicere actionem suam naturalem,
que est intelligere. Ib., S. 316: ita lumen naturale [sufficit) ad cognoscendum
que snbsunt cognitioni naturali, subposita, dico, influentia universali divina . . .
lumine naturali sine aliquo lumine supernaturali). Dagegen hält AVilhelni bei
seinen Untersuchungen über die Gottesbeweise, bei welcher Gelegenheit inter-
essante Bemerkungen über die analytischen und die geometrischen Urteile einge-
tlochten werden, mit der überwiegenden Mehrzahl seiner Ordensgenossen — eüie
Ausnahme macht, soweit unsere Kenntnisse heute reichen, nur Richard von
Middletown — an der Beweiskraft des ontologischen Arguments Anselms
fest. Der Satz: Gott existiert ist für Wilhelm ein per se notum, ein ana-
lytisches Urteil, wenn auch ein welchem Subjekts- und Prädikats-
solche, bei
begriff nicht ohne große Mühe gewußt werden (ed. Daniels, Quellenbeitr. und
Untere, zur Gesch. des Gottesbew., S. 102: Sic in propositionibus per se notis est
dare aliquam propositionem per se notam in suo potissimo esse, quando scilicet
significata terminorum sensibiliter et experiraentaliter sciuntur sine labore: sicut
patet de terminis huius propositiouis : omne totum est etc. Sensibiliter enim seit
homo quid totum et quid pars. Et illa propositio est minus per se nota, quando
significata terminorum non sciuntur sensibiliter, sed cum magno labore. Et quia
sie est de significatis huius propositionis: Dens est, quia homo nescit nisi cum
magno labore: ideo ista propositio non est nota per se quia prima).
Eeformpartei oder der Spiritualen, wurde 1287 fjesemeister in Florenz und einige
§ 37. Petnis Johannis Olivi. 459
Seltsam und eigenartig ist Olivis Seelenbegriff und die daraus fließende
Ansicht über das Verhältnis von Leib und Seele. Gemeinsam mit der Doktrin
säeines Ordens ist ihm die Anschauung von der geistigen Materie in der Seele.
Gemeinsam ist ihm femer die Überzeugung von der Einzigkeit der Seele. Er
lehrt nicht mehrere Seelen, wie man häufig annahm (Palmieri). Er spricht
vielmehr nur von drei substanzialen Teilen der einen Seele, von dem
vegetativen, sensitiven und intellektiven Teil (pars autem intellectiva et sensitiva
sint unitae tamquam duae naturae formales in una substantia animae et ita sibi
invicein consubstantiales. tamquam partes substantiales unius formae substantialis
animae; aus den Quodlibeta bei B. Jansen, Die Definition des Konzils von
Vienne, S. 478—479). Die vernünftige Seele ist nicht durch alle Teile ihres
Wesens die Form des Körpers, so nicht durch den materialen und nicht
durch den intellektiven, sondern nur durch ihren sensitiven Teil. Infolge-
dessen ist die anima intellectiva nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar
durch den sensitiven Teil mit dem Körper zur Einheit des Suppositums
verbunden (Dico, quod anima rationalis sie est forma corporis, quod
tamen non est per omues partes suae essen tiae, utpote non per materiam
nee per partem raaterialem, nee per partem intellectivam, sed solum per
partem sensitivam .... Sic autem unitur sensitiva corpori, utpote forma
eius et vita simpüciter .... Et ideo ponuntur sibi invicem unita [intellectiva
anima et corpus] et sie verum [est], quod eorum unio est intima, non tamen ira-
mediata [neque formalis] .... Cum sensitiva [anima] non sit forma humani
corporis, sed potius anima rationalis per partem sensitivam pars
intellectiva et corpus sint sibi substantialiter unita. in uno eupposito; aus den
Quodlibeta l>ei B. Jansen, a. a. O., S. 477—479). G^en diese Auffassung vom
Verhältnis der Seele zum Körper richtete sich die Verurteilung des Konzils von
Vienne 1311: quisquis deinceps asserere, defendere seu tenere pertinaciter prae-
sumpserit, quod anima rationalis seu intellectiva non sit forma cor-
poris humani per se et essen tialiter, tamquam haereticus sit censendus
(Denzinger - Bannwart. Enchiridion svmbolorum, 10. ed., Frib. 1908,
S. 209 f.).
Die Schöpfung der Welt gilt ihm mit der Kirche als ein zeit-
licher Akt. Er verwirft die aristotelische Beweisführung für das ewige
Bestehen der Welt, hält aber auch die Argumente zugunsten der zeit-
Albert, aus der Familie der Grafen von Bollstädt. wurde geboren zu
Lauingen in Schwaben nach Angabe eines Teils der Historiker (Echard, Mi-
§ 38. Der Aristotelisnaus. Albert der Große. 463
und Straßburg. 1245 las er in Paris die Sentenzen und wurde Magister der
Theologie. Sein Pariser Aufenthalt dauerte aber nur bis 1248, in welchem Jahre
er an das neugegründete Studium generale in Cöln berufen wurde. Thomas
von Aquin, der 1245 von Johannes Teutonicus nach Paris gebracht worden
war, folgte ihm nach Köln, von wo er 1252 auf den Vorschlag von Albert hin
als ßaccalaureus wieder nach Paris übersiedelte. 1254 1257 versah Albert das —
Amt eines Provinzials der deutschen Provinz. In das Jahr 1256 fällt sein Auf-
enthalt an der römischen Kurie in Anagni bei Alexander IV., wo er das
gegen die ßettelorden gerichtete Buch des Wilhelm von St. Amour
und den Irrtum des Averroes von der Einheit des Intellekts bekämpfte.
—
1258 1260 versah er das Amt eines Lektors in Köln. 1259 begab er sich
zum Generalkapitel nach Valenciennes, wo er im Verein mit Pet.ru.s von
Tarantasia und Thoraas von Aquin eine neue, der Philosophie günstige
Studienordnung für seinen Orden ausarbeitete. 1260—1262 führte er den Bischofs-
stab von Regensburg, legte aber noch in dem gleichen Jahre das bischöfliche
—
Amt nieder. 1263 1264 fungierte er als päpstlicher Legat und Kreuzzugsprediger
in Böhmen imd Deutschland. Dezember 1264 bis August 1265 folgte ein Auf-
enthalt in Würzburg. Frühjahr 1268 bis Herbst 1269 hielt sich Albert, wie
Endres jüngst (Histor.-polit. Blätter 1913, S. 749—758) wahrscheinlich machte,
in Straßburg auf, woselbst ihn (1268) die Bitte des Ordensgenerals traf, zum
zweitenmal die Lehrkanzel an der Pariser Universität zu be-
steigen. Albert lehnte ab und ging 1269 oder 1270 als Lektor nach Cöln.
das von da ab sein ständiger Wohnsitz blieb. Albert starb am 15. November
1280 zu Cöln, das für sich den Ruhm in Anspruch nehmen kann, den größten
deutschen Gelehrten des Mittelalters einen großen Teil seines Lebens be-
herbergt zu haben, so daß die Zeitgenossen mit Recht von Albertus Colo-
n i e n s i s sprechen konnten.
Alberts universaler Geist, dem keine bedeutsame literarische Erscheinung
der Zeit fremd blieb, entfaltete in langer, rastloser Arbeit eine ungeheure schrift-
stellerische Tätigkeit, wie die 21 Folio-Bände der ed. Jammy oder die 38 Quart-
bände der ed. Borgnet sofort erkennen lassen. Wie niemand vor ihm, erfaßte
sein Scharfblick die drängenden Forderungen der
Er erkannte die hohe Zeit.
Bedeutung der in ungeahnter Fülle dargebotenen aristotelischen und arabisch-
jüdischen Literatur für die christlichen Schulen. Wie einstens am Anfang des
sechsten Jahrhunderts Boethius die freilich nur zum geringsten Teil durchge-
führte Absicht hegte, den ganzen Piaton und den ganzen Aristoteles seinen
lateinischen Zeitgenossen und der Nachwelt zugänglich zu machen, (siehe oben
S. 190), und wie Jahrhundert Avicenna (siehe oben S. 375) in
später im elften
peiner großen philosophischen Enzyklopädie von 18 Bänden und vier Haupt-
abteilungen (Logik, Physik, Mathematik, Metaphysik) die aristotelisch-griechische
Wissenschaft m ihrem ganzen Umfange dem arabischen Kulturkreise erschloß,
so entsprang bei Albert der kühne Plan, der Welt des christlichen
Abendlandes die gesamte Wissenschaft des Aristoteles, wie der
Araber und Juden, in einer großen gewaltigen Sammlung vorzu-
führen (Phys. 1. I, tr. I, c. 1; ed. Jammy, t. II, Nostra intentio est,
p. 1:
omnes dictas partes [physicam et metaphysicam et mathematicam] facere Latinis
intelligibiles. Ib.: Intentio nostra in scientia natural! est, satisfacere pro nostra
4G4 § 3^« Ot^r Aristotelismus. Albert der Clroße.
bus anuiB, iit talem librum de Physicis eis componeremus, in quo et scientiam
naturalem perfectam haberent, et ex quo libros Aristotelis competeuter intelligere
possent). So entstand nach dem Vorbild von Avicennae Enzyklopädie die
lange Reihe von Alberts philosophischen Schriften, die, wie bei Avi-
cenna, weniger Kommentare —
nur zur Politik besitzen wir einen solchen —
als vielmehr erweiternde Paraphrasen zu dem Text der uristotebschen Schriften
darstellen. Dabei säumt Albert nicht, selbst das Wort zu nehmen und oft in
ausgedehnten Digressiouen aus Eigenem lange hifitorlsche und kritische Er-
gänzungen oder wertvolle Berichte über interessante eigene Beobachtungen auf
den verschiedensten Naturgebieten einzufleehten oder anzufügen. In dieser
Weise will er ebensoviele Bücher und mit den gleichen Namen,
wie sie von Aristoteles geschrieben wurden, abfassen. Ja er will sogar
noch Additamente geben, wo die Bücher des Aristoteles unvollendet geblieben
wären, oder avo Aristoteles eine Lücke gelassen hätte, oder wo seine Schriften
rieht überliefert worden seien (Ibid.; siehe auch Jourdain, S. 304: Erit autem
modus hoc opere Aristotelis ordinem et sententiam sequi, et dicere ad expla-
in
nationem eins et ad probationem eins quaecUnque necessaria esse videbuntur: ita
tarnen, quod textus eius nulla fiat mentio. Et praeter hoc digressiones
taciemus, declarantes dubia subeuntia, et supplentes quaecunque minus dicta
in sententia philosophi obscuritatem quibusdam attulerunt. Distinguemus auteni
totum hoc opus per titulos capitulorum, et ubi titulus ostendit simpliciter mate-
riam eapituli, Signatur hoc capitulum esse de serie librorum Aristotelis; ubicun-
<]ne autem in titulo praesignatur quod digressio fit, ibi additum est ex uobis
ad suppletionem vel probationem inductum. Taiiter autem procedendo
libros perficiemus eodem numero et nominibus, quibus fecit libros
suos Aristoteles. Et addemus etiam alicubi partes librorum imperfectorum,
t.'talicubi Ubros intermissos vel omissos, quos vel Aristoteles non fecit, et forte si
fecit, ad nos non pervenerunt).
1—72; B. IV, 345-457). 3. De coelo et mundo (J. IIb, 1-200; B. IV, 1—321).
4. De natura loc-orum (J. V, 262—292; B. IX, 527-585). 5. De causis proprie-
1
§ 38. Der Aristotelisiuus. Albfit der Große. 405
b) Mathematica.
Die zweite Abteilung der philosophi:) realis umfaßt
Alberts mathematischen Disziplinen, von denen aber bis jetzt
Schriften zu den
nichts bekannt geworden ist außer dem Speculum astronoinicum (J. V, 656 bis
•666; ß. X, 629—650). An ihrer Existenz kann aber nafh den Nachweisen bei
Pangerl (S. 339, Anm. 4) nicht gezweifelt werden.
c) Metaphysica. Hierher gehören 1. Die Meta})h_vsik (.1. III b. 1 — 448;
B. VI. 1 — 752). 2. De causis et processu universitatis (J. V. 52S-655; B. X.
361 — 619), eine große Paraphrase zum Liber de causis. In dem h^tzteren sind
nach Albert die Ansichten der Peripatetiker vorgetragen. Ja er brijigt ihn so-
gar in Beziehung zur aristotelischen Metaphysik, deren Abschluß er
nächste
darin Jammy V, 655 a: et haec quidem quando adiuncta fuerint
erbückt (ed.
undecimo primae philosophia«, opus perfectum erit). 3. Die verlorene Schrift De
natura deorum.
III. Philosophia moralis. Alberts philosophisches System gipfelt in
der Moralphilosophie, die durch zwei Kommentare repräsentiert wird, nämlich zur
Ethica (J. IV, 1-364; B. VII, 1-611) und zur Politiea (J. IVb, 1-500;
B. VIII, 1-804).
Von den in ihrer Echtheit angezweifelten philosophischen Wprken Alberts
(siehe über sie P. De Loe und Pangerl)
nur genannt der Abriß der
sei hier
ob sie ein von fremder Hand gemachter Auszug aus Alberts Kommentaren ist,
»16 M ichael und P. De Loe annehmen, A. Dyrof f ,der sich kürzlich (Festgabe für
Cl. Baeuraker, S. 330—339) mit den Beziehungen der Philosophia pauperum
zu einer Schrift Alberts von Sachsen beschäftigte, hält sie für unecht.
Anderseits ist sie aber „wesentlich mehr als ein bloßes Exzerpt. Der Konipilator
hat Charakter" (S. 333). Dyroff „neigt zur Annahme, daß entweder der Kompi-
Jator der „Philos. pauperum" den Albertus von Sachsen mit hereinzog, oder der-
jenige, der den ,, Extrakt" aus den Quaestionen des Sachsen gestaltete, jene* Buch
benutzte" (S. 338).
Die historische Wirksamkeit Alberts beruht in erster Linie auf seinen
philosophischen Arbeiten. Daneben dürfen aber doch auch seine theologischen
Werke, die sich in dogmatische, exegetische und aßzetische scheiden lassen, nicht
gering eingeschätzt werden. Zu den dogmatischen Schriften zählen der große
Kommentar zu den Sentenzen des Lombarden (J. XIV— XVI; B. XXV
bis XXX), die Sximma de creaturis mit den beiden Hauptteilen De quattuor
—
coaevis und De homine (J. XIX; B. XXXIV XXXV), die unvollendete Summa
theologiae (J. XVII— XVIII; B. XXXI— XXXIII), endlich die Kommentare zu
sämtlichen Schriften de.s Pseudo-Dionysius (J. XIII u. Xlllb; B. XIV).
Der Kommentar zu De divinis nominibus ist ungedruckt. Auf die exegetischen
Werke Alberts zum Alten und Neuen Testament (J. VII— XI, XII b: ß. XV
bis XXIV, XXVIII), von denen insbesondere die umfangreichen Kommentare zu
den vier Evangelien gerühmt werden, kann hier nicht weiter eingegangen werden.
Von den aszetischen Arbeiten sei nur genannt das kleine Schriftchen De ad-
haerendo deo, in welchem, wie in den Kommentaren zu Pseudo-Dionysius,
der Mystiker zu Worte kommt.
Bezüglich der interessanten Frage nach der Abfassung und der zeitlichen
Folge der Werke Alberts ist noch keine rechte Klarheit erreicht. Indessen
scheint doch festzustehen (nach von Hertling, Mandonnet und Endres),
daß Alberts philosophische Schriftstellertätigkeit um 1240 begann, und daß
seine Aristotelesparaphrasen mit Einschluß der Metaphysik um 1256 vollendet
waren. In dem genannten Jahre entstand die Schrift De unitate in-
tellectus, in der auf die naturwissenschaftlichen Schriften verwiesen und
zwölfmal die Metaphysik erwähnt wird, in der wiederum die Physik und De
aniraali'uus vielfach zitiert werden. Auch in der 1257 abgefaßten Abhandlung
De principiis motus processivi findet De animalibus Erwähnung.
Die spätere Ansetzung der Schrift durch Jessen (in seiner Ausgabe De
vegetabilibus, S. 679) in die Zeit der bischöflichen Amtstätigkeit Alberts in
Regensburg (1260 — 1262) wird gestützt auf eine Bemerkung (De animal. 1. 7, tr.
I, c. 6, ed. Borgnet XI, Beobachtung, die Albert in seiner
383) über eine
villa super Danubium gemacht an die bischöfliche Burg Donau-
hatte, wobei
»tauf bei Regensburg gedacht wird. Allein nach Endres (Festgabe für G. ^.
Hertling, S. 107 f., ferner Albertus Magnus u. d. bischöfl. Burg Donaustauf,
Hist.-polit. Bl. 149, 1912, 829 ff.) ist es viel wahrscheinlicher, daß mit „villa mea
euper Danubium" Alberts Vatei-stadt Lauingen an der Donau geraeint ist.
Jedenfalls bietet die Stelle für die Chronologie von De animalibus keine sichere
Unterlage. So bleibt es bei dem Ergebnis, daß die philosophischen Schriften
Alberts mit Ausnahme Kommentare zur Ethik und Politik, die erst später
der
— die Politik 1267 bis 1270 —
in Angriff genommen wurden, bereits um 1256 und
1257 vollendet vorlagen. Von den theologischen Schriften setzt Endres
(Festgabe usw., S. 102) den großen Sentenzenkommentar in den Anfang der
schriftstellerischen Laufbahn Alberts, in die Zeit von 1236, also noch vor die philo-
§ 38. Der Aristotelisnms. Albert der Große. 467
sophisehei] Werke, Pangerl dagegen (S. 790, Anm. 5) sieht in ihm den Abschluß
der theologischen Arbeiten, insofern an mehreren Stellen des Sentenzenkomnientars
deutlich die Summen als geschrieben vorausgesetzt werden. Lauer (Die Moral-
theologie Albert«, S. 21) hält die Sentenzenerklärung für früher und ihre Ent-
ßtehungszeit von jener der Summa thcologica für weitabliegend. Der zweite Teil
der Summa theol. sei um 1274 geschrieben.
Überblickt man
weit gedehnte literarische Lebenswerk Alberts, so
das
man, daß der deutsche Dominikaner in Cöln seinen Zeitgenossen wie
i)egreift
ein Wunder erscheinen mußte, das sie mit grenzenlosem Staunen erfüllte, wie
ausdrücklich Ulrich von Straßburg bezeugt, wenn er seinen Lehrer Alben
als nostri temporis Stupor et miraculum preist Studien
(siehe M. Grabmann,
über Ulrich von Straßburg, Zeitschr. f. kath. Theol. 19, 1905. S. 91). Selbst die
in ätzende Schärfe getauchte, hyperkritische Feder lloger ßacons findet
trotz unverkennbarer Antipathie Albert gegenüber Worte der Anerkennung.
Der große Kritiker, der .«ich von 1245—1250 öder 12.52, also ungefähr gleich-
zeitig mit Albert, in Paris aufhielt, bezeichnet ihn als primus magister de philo-
sophia (Eog. Bac. Opera inedita, Opus minus, ed. Brewer, London 1859, S. 327)
und berichtet von dem hohen Ansehen, das er, wie bisher noch niemand, in
Paris genoß. In der Wissenschaft und in den Schulen sei er gleich Aristo-
teles, Avicenna und Averroes sicut auctor zitiert worden (Ib., Opus tertium,
ed. Brewer, S. .30: Nam sicut Aristoteles. Avicenna et Averroes allegantur in
scholis, sie et ipse; et adhuc vivit et habuit in vita sua auctoritatem, quod nun-
quam homo habuit in doctrina. Ib., Opus minus, ed. Brewer, S. 327: Et
maxime ille, qui vivit, habet nomen doctoris Parisius et allegatur in studio sicut
auctor). Tatsächlich wurde Albert von einer Eeihe von Zeitgenossen in ihren
Schriften mit Namen angeführt, so von Siger von Brabant in seinen Impos-
sibilia (ed. Baeumker, S. 17), eine Ehre, die damals
nur wenigen auserlesenen
Geistern wie Alberts Schüler Thomas von Aquin wurde. zuteil
Roger ßacon hat auch vollkommen zutreffend, wenngleich unter Protest,
in wenigen kräftigen Strichen die große historische Bedeutung Alberts
gezeichnet, wenn er berichtet, daß die große Masse der Studierenden und auch
weise Männer der Ansicht gewesen seien, Albert habe die Philosophie in ihrem
ganzen Umfange den Lateinern gebracht (Ibid., Opus tertium, ed. Brewer,
S. 30: Et est quod iam atstimatur a vulgo studentium et a multis, qui valde
sapientes aestimantur, et a multis viris bonis, licet sint decepti, quod philo-
sophia iam data sit Latinis. et completa, et coraposita in lingua Latina, et est
facta in tempore meo et vulgata Parisius, et pro auctore allegatur corapositor
eins; siehe auch Endres, Festgabe für G. v. Hertüng, S. 97). Dies ist in der
Tat Alberts epoch emachende Leistun g. Der Cölner Dominikaner erscheint
in seinen philosophischen Schriften als der erste hochragende Bannerträger
des .\ristot elismus im dreizehnten Jahrhundert. Mit ihm beginnt im
christlichen Abendland die energische Vertiefung in die gesamte Philosophie des
Stagiriten. Durch seine das ganze aristotelische System umfassenden und histo-
risch wie kritisch weit ausholenden Paraphrasen hat Albert dem Aristotelismus
und nicht bloß diesem, sondern der gesamten neuen Literatur den Weg in die
christlichen Schuleii und Kreise geöffnet. Der viel angestaunten und einfluß-
reichen arabischen Kommentarliteratur setzte er von christlicher Seite eine eben-
bürtige Leistung entgegen, welche die Wirkung jener einzudämmen und zu paraly-
sieren geeignet war. Anderseits bot er dem christlichen Denken eine Philosophie, ein
philosophisches System von unvergleichlicher Spannweite und doch von seltener
Geschlossenheit. Was den christlichen .Schulen seit Jahrhunderten mangelte, ein
30^
468 § ^^^- Der Aristotelisimis. Albert der Große.
I
§ 38. Der Aristotelismus. Albert der Große. 469
zumeist auf das Mvsterium der Trinität und der Inkarmition bezieht (in der
470 § 38. Der Aristotelismus. Albert der Große.
Schrift Cur Deus homo?), sucht Albertus Magnus zwar auch Vernunftgründe
für das zu Glaubende auf zum Zweck der Bestärkung der Gläubigen, der An-
leitung der Unkundigen und der Widerlegung der Ungläubigen, schließt aber
die spezifisch biblischen und chri.'-tlichen Off enbarungslehren von
der Erkennbarkeit durch das Licht der Vernunft aus. Summa theol.
P. I, tr. I, qu. 1, ad. 2; üpp. t. XVII, p. 6: et ex lumine quidem connaturali
non elevatur ad scientiam trinitatis et incamationis et resurrectionis. Er führt
(Ibd. P. I, tr. III, qu. 13, membr. 3, sol.; Opp. 1. c. p. 32) als Grund an, die
menschliche Seele vermöge nur das zu wissen, dessen Prinzipien sie in sich habe
(anima enim huniaua nullius rei accipit scientiam nisi illius, cuius principia habet
apud einfaches Wesen ohne Dreiheit der
se ipsam); sie finde sich selbst aber als
Person und könne daher auch die Gottheit nicht drei persönlich denken, außer
durch das Licht der Gnade :(nisi aliqua gratia vel illuminatione altioris luminis
sublevata sit anima). Doch weist Albert auch den augustinischen Gedanken
nicht ab, daß die natürlichen Dinge eiu Bild der Trinität enthalten. In Glaubens-
sachen will Albert dem Augustin mehr als dem Aristoteles glauben; in der
Naturwissenschaft aber mehr dem Aristoteles, gleichwie in der Medizin dem
Galenus oder Hippokrates (Comm. in Sent. 1. II, dist. 13, art. 2, ad. 1;
Opp. t. XV, p. 137). Er will, daß philosophische Fragen philosophisch, nicht
theologisch behandelt werden, und zwar nach den aristoteüschen Prinzipien (mit
welchen sich ihm zuweilen die neuplatonischen vermischen, wenn er z. B. die
Schöpfung als Ausfluß aus dem notwendigen Sein vermittels der obersten In-
telligenz betrachtet). Er findet die aristotelische Theologie im wesentlichen in
Übereinstimmung mit den kirchlichen Fundamentalsätzen, gibt jedoch zu, daß nicht,
alles in ihr in voller Harmonie mit den kirchlichen Prinzipien stehe. Es unter-
scheidet sich nach Albert die theologische Erkenntnis von der philosophischen.
Er betont die praktische Aufgabe der kirchlichen Theologie, findet jedoch in ihr
ad ignoti notitiam. S'e zerfällt ihm in die Lehre von den incomplexa, den un-
verbundenen Elementen, bei welchen nur nach dem Wesen gefragt werden kann,
das durch die Definition angegeben wird, und von den complexa, dem Zusammen-
gesetzten, wobei es sieh um die verschiedenen Arten des Schließens handelt.
Die philosophia prima oder die Metaphysik handelt von dem Seienden
als solchem nach seinen allgemeinsten Prädikaten, als welche Albert insbesondere
die Einheit, Wahrheit und Güte (quodlibet ens est unum, verum, bönura) be-
zeichnet (S. theol. I, tr. VI, qu. 28; Opp. t. XVII, p. 158). Das Universelle
erklärt Albert für real, weil es, wenn es nicht real wäre, nicht mit Wahrheit von
den realen Objekten ausgesagt werden könnte. Es könnte nicht erkannt werden,
wenn es nicht in Wirklichkeit existierte. Es existiert aber als Form; denn in
der Form liegt das ganze Sein des Objekts. Es gibt drei Klassen von
Formen, also drei Arten der Existenz im allgemeinen: vor den Individuen im
göttlichen Verstände, in den Individuen als das Eine in den Vielen, nach den
Individuen vermöge der Abstraktion, die unser Denken vollzieht. De natura et
origine animae tr. I, c. 2; Opp. t. V; p. 186: Et tunc resultant tria forraarum
genera: unum quidem ante rem existens, quod est causa formativa .; aliud . . .
autem est ipsuni genus formarum, quae fluctuant in materia; tertium autem
. . .
est genus formarum, quod abstrahente intellectu separatur a rebus. Das Univer-
selle an sich ist eine ewige Ausstrahlung der göttlichen Intelligenz. Es existiert
nicht selbständifr außerhalb des göttlichen Geistes. Albert schildert in diesen
§ 38. Der Aristotelismus. Albert der Große. 471
Wendungen zunächst die Ansicht der Platoniker, macht sich aber die Unter-
dreifachen Universale zu eigen. Das Charakteristische seiner
scheidung des
Lehi'e liegt dann aber „in der Art, wie er trotz seiner Polemik gegen die Einheit
des Intellekts doch die Gemeinschaft der objektiven Denkinhalte in allen Denk-
subjekten festzuhalten sucht". Siehe Gl. Baeuraker, Arch. f. Gesch. d. Philos.
22, 1908, S. 137—138; derselbe, Zeitschr. f. Psychol. 46, 1908, S. 445—446. Die
in den materiellen Dingen vorhandene Form wird als das Ziel der Entwicklung
(finis generationis vel corapositionis substantiae desideratae a materia) Wirklich-
keit (actus), als das volle Sein des Objekts (totum esse rei) aber Quidität (quidi-
tas) genannt.
Das Prinzip der Individuation liegt in der Materie insofern, als diese
der Träger oder das Substrat (subiectum, vnoxeifigvov) der Formen ist. Jedes
Ding kann eine bestimmte Form nur nach der Fähigkeit an sich tragen, die in
seiner Materie liegt. Die Materie hat der Möglichkeit nach (potentia) in
sich die Form, in ihr ist die potentia inchoationis formae (Summa theol. P. II,
tr. I, qu. 4, membr. 1, art. 1, part. 1 und 2 Oj^p. t. XVIII, p. 33 sq.).
; Das
Werden ist ein educi e materia, und zwar vermittels eines aktuell Existierenden.
Die Verschiedenheit der Materie ist nicht die Ursache der Verschiedenheit der
Form, sondern von dieser abhängig (Phys. 1. VIII, tr. 1, c. 13; Opp. t. II, p. 331).
Aber die Vielheit der Individuen ist durch die Verteilung der Materie bedingt
(in Metaph. 1. XI, tr. 1, c. .5 u, c, 7; Opp. t. III, p. 352 sq.: individuonim mul-
titudo fit omnis per divisionem materiae). Das Individuelle (hoc aliquid) hat
materiam terminatam et signatam accidentibus individuantibus. Das Einzelne ist
substantia prima, das Allgemeine substantia secunda. Die mitunter bei Aristo-
teles vorkommende Bezeichnung des Allgemeinen als einer Materie, die mit der
Lfihre von der Form als dem Wesen schwer zu vereinigen ist, erklärt Albert
(ähnlich wie Avicenna) durch die Unterscheidung dieser nur vermöge eines
logischen Gebrauchs sogenannten Materie von der realen Materie. Er hält an
dem Satze fest (De intellectu et intelligibili 1. I, tr. 2, c. 3; Opp. t. V, p. 248):
esse universale est formae et non materiae. Das Allgemeine ist eine
essentia apta dare multis esse. Per hanc aptitudinem universale est in re
extra. Aktuell aber existiert es nur im Intellekt.
Mit Aristoteles nimmt Albert an, daß die Wirkungen, die in der Wirk-
lichkeit das Spätere sind, für unser Erkennen das Erste oder den Ausgangspunkt
bilden; die posteriora sind priora quoad nos (Summa theol. P. 1, tr. 1, qu. 5,
membr. 3, ad 2; Opp. t. XVII, p. 15). Von der Erfahrung der Natur müssen
wir aufsteigen zur Erkenntnis Gottes als des Urhebers der Natur, und von
der Erfahrung der Gnade erheben wir uns zur Einsicht in die Gründe des
Glaubens: fides ex posterioribus crediti quaerit intellectum. Nicht der onto-
logische, sondern der kosmologische Beweis sichert für uns das Dasein Gottes.
Gott ist uns nicht schlechthin begreiflich, weil das Endliche nicht das Unend-
liche zu umfassen vermag, aber auch nicht imserer Erkenntnis völlig entrückt.
Unser Intellekt wird gleichsam von einem Strahle seines Lichtes berührt, und
durch diese Berührung stehen wir mit ihm in Gemeinschaft (ibid. P. I, tr. 3,
qu. 13, membr. 1 Opp. t. XVII, p. 29 sq.). Gott ist der allgemein tätige Ver-
;
stand, der immerfort Intelligenzen aus sich entläßt (De caus. et processu univ. 1. 1.
tr. IV, c. 1; Opp. t. V, p. 553: primum prineipium est indeficienter fluens, quo
intellectus universaliter agens indesinenter est intelligentias emittens). Gott ist
einfach, aberdarum doch nicht (mit David von Dinant) für das Allgemeinste
zu halten und mit der materia universalis zu indentifizieren denn einfache Wesen ;
unterscheiden sich voneinander durch sich selbst und nicht durch konstitutive
472 S ^- I^^r Aristotelisraus. Albert der Große.
Differeiizei). Gott nn<l den Geschöpfe)) kann nichts gemein sein, also auch nicht
<lie Anfangs- und Endlosigkeit. Siehe oben S. 351 u. die eingehende Darstellung
vier Lehre des David von Dinant bei A. Schneider, Die Psychol. Alb. d. Gr.,
IL T., S. 401—413.
In der arabischen und jüdischen Gelehrtenwelt war schon seit langem be-
züglich der Frage nach der Ewigkeit oder dem zeitlichen Ursprung
xler Welt ein heftiger Streit entbrannt. Die arabischen Theologen oder die
Mutakalliniuii vertraten gegenüber der I^hre des Aristoteles und der arabischen
Peripatetiker von der Weltewigkeit die These von der apodiktischen Beweisbarkeit
der zeitlichen Schöpfung der Welt (siehe M. Worms, Die Lehre von der An-
faugslosigkeit der Welt bei den mittelalt. arab. Philosophen und ihre Bekämpfung
durch die arabischen Theologen, Münster 1900 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mit-
tdalt. III, 4). Moses Maimouides wandte sich in seinem „Führer" gegen
"
beide Parteion. Er leugnete sowohl die Stringenz der Beweise für die Ewigkeit
der Welt, wie die Überzeugungskraft der Argumente für die zeitliche Schöpfung.
Daß die ^V'elt aus nichts geschaffen ist, gilt ihm als ein Satz der Offenbarung.
Doch taxiert er die Beweise für die Schöpfung noch höher als die für die Ewig-
keit der AVeit (siehe A. Rohner, Das Schöpfungsproblem bei Moses Maimonides
usw., Münster 1013, S. 9 ff.). Den gleichen Weg ging Albert in mehr oder
<\eniger engem Anschluß an Moses Maimonides; insbesondere zeigen die Dar-
legungen in der Physik „ein stark maimonidisches GepnHge'' (Rohner a. a. U.,
S. 49). Albert hält weder die Beweise für die Weltewigkeit, noch jene für die
zeitliche Schrtpfung für ausreichend, obgleich die letzteren den Vorzug vor ersteren
verdienen (Phys. VIII, tr. 1, c. 13; Opp. t. II, p. 332a: Videtur autem nobis ista ratio
nielior esse omnibus rationibus Aristotelis; nee tarnen dicimus, quod sit demonstra-
»iva. nee putamus demonstrabile esse vel tmum vel altenim). D ie Frage nac h de'm
A fang der Welt durch Schöpfung ist kein physisch es Problem und
II
fiiit den Mitteln der Physik nicht lösbar. Sie fällt überhaupt nicht in den Be-
rt'ich der Philosophie, übersteigt als Wunder unsere Vernunftkraft und ist ein
(ilaubensartikel (Ib. c. 14; Opp. t. II,p. 333 b: Sed inceptio mundi per creationem
nee physica est, nee probari potest physice. De eoelo et mundo II, tr. 1, c. 1,
Opp. t. 11, p. 77a: quia de esse coeli et de statu suo per Dei vohmtatem non est
aliqua cognitio j)hilosophiae, sed potius talia cognita sunt per creationem (lies:
revelationem. Scnt. II, d. 1, a. 8, soL; Opp. t. XV, p. 12b: Nobis autem videtur
niirabile, eo quod non possumus in id, quia non subiacet demonstrationi rationis;
et ideo etiam philosophi non cognoverunt ipsum, nisi forte aliquis ex dictis pro-
phetarum: sed per demonstrationem nullus unquam investigavit ipsum. Apud
aliquos quidem inveniuntur quaedam rationes probabiles, sed non probant suffi-
cienter .... Bene cnim concedo. quod nobis est mirabile et supra nostram facul-
tatem apparens. S. theol. I, q. 53, m. 1; Opp. t. XVII, 308 a: Creationem autem
«ecundum (niid ex puro nihilo per rationem cognoscere non potuerunt [sc. philo-
-<>phi| .... Propter quod etiam non acceptio intellectus humani, sed articulus
iulei est). Nur unter Voraussetzung der Schöpfung muß die Welt notwendig
einen Anfang haben (siehe A. Rohner, a. a. O., S. 84 f.).
Nur was aus sich ist, hat seinem Wesen nach ewiges Sein. Jedes Geschöpf
iht aus dem Nichts und würde daher auch vergänglich sein, wenu es nicht von
'!eni ewigen Wesen Gottes getragen würde (Summa theol. P, II, tr. 1, qu. 3,
membr. 3, art. 3; Opp. t. XVIII, p, 25). Vermöge der Gemeinschaft mit Gott
ist jede menschliche Seele der Unsterblichkeit teilhaftig. Der ak-
tive Intellekt ist ein Teil der Seele; denn er ist in jedem Menschen das
formgebende Prinzip, an welchem nicht andere Individuen Anteil haben können.
§ 38. Der Aristotelismue. Albert der (Jroße. 473
Intellectus agens est pars et lornia animae humanae iMttaph. 1. XI, tr. 1,
animae
e. 9; Opp. t. Eben dieses denkende und formgebende Prinzip trägt
III, p. 357).
die Kräfte in sich, die Aristoteles als das vegetative, sensitive, appetitive und
motive Vermögen bezeichnet. Daher sind auch diese vom Leibe trennbar und der
Unsterblichkeit teilhaftig. Der Bekämpfung des, wie Albert selbst bezeugt, schon
damals viel verbreiteten averroistischen Monopsychisraus, der die Einheit des un-
sterblichen Geistes in der Vielheit der entstehenden und untergehenden Menschen-
seelen behauptet, hat Albert auf Befehl des Papstes Alexander IV. um 125G
einen eigenen Traktat gewidmet (De unitate intellectus conira Averroistas, Opp.
t. V. p. 218-238), den er später in seine Summa theol. (Opp. t. XVIII) aufge-
nommen hat. Er setzt darin dreißig Argumenten, welche für die averroistische
Doktrin sich anführen lassen, sechsunddreißig widerlegende Argumente entgegen.
In seiner Schrift De natura et origine animae (Opp. t. V, p. 18."j 217) und —
in seinem Kommentar zum dritten Buche der Aristoteles De anima
Schrift des
itr. IL c. 7; Opj). t. III, p. 138 sq.) behandelt er eben diese Streitfrage. Die
averroistische Ansicht wird von ihm als error animo absurd ns et pessimus^
et tacile improbabilis bezeichnet.
In gleicher Weise wie gegen Averroes verhält Albert sich- ablehnend gegen
die selbst im Schöße seiner Ordensgenossen vertretene Lehre Avencebrols von
der Universalität der Materie und bestreitet, daß auch die menschlichen Seelen
aus Materie und Form zusammengesetzt seien; vgl. M. Wittraann, Die Stellung
d. hl. Thomas v. Atjuin zu Avencebrol, Münster 1900, S. 26 f.
Schon Albert, der sich auf Aristoteles und Averroes stützen konnte,
kennt die später durch John Locke berühmt gewordene Terminologie und F]in-
teilung der Sinuesqualitäten in qualitates primae et secundae. Der Scho-
lastiker versteht aber unter ersten Qualitäten nicht, wie der englische Philosoph,
Ausdehnung, Gestalt, Bewegung usw., sondern die Gegensätze warm und kalt,
trocken und feucht, auf die sich alle übrigen Sinnesqualitäten (die secundae) zu-
rückführen lassen (Phys. 5, I, 4; Opp. t. II, 218b: Ad vere autem contraria quat-
tuor exiguntur. Priraum quidem est, quod sint agentia in se invicem vel patientia,
vel per se, vel per alia, quae sunt priora ipsis: per se quidem, eicut qualitates
primae; per alia ab ipsis, sicut qualitates secundae creatae ab ipsis, quae
dicuntur primae). Ferner muß betont werden, daß die Unterscheidung bei Al-
bert und in der Scholastik keine erkenntr.istheoretische Bedeutung hat, wie bei
Demokrit und Locke, sondern eine psychologische und physikahsche. Die
sekundären Qualitäten sind nicht weniger objektiv, wie die primären. Außer bei
Albert d. Gr. findet sich die I'^nterscheidung auch bei Bonaventura, bei
Roger Bacon, ferner bei Heinrich von Hessen (gest. 1397), bei Bartho-
lomaeus von Usingen (gest. 1532) und bis in die Zeit Lockes hinein, bei dem
freilich die Termini unter dem Einfluß der neu erwachten deniokritischen Natur-
philosophie einen anderen Sinn erhielten. Siehe Cl. Baeumker, Zur Vor-
geschichte zweier Lockescher Begriffe, Arch. f. Gesch. d. Philos. 21, 1908, S. 492
—516; 22, 1909, S. 380. H. Fron ober, Die Lehre von Materie und Form
nach Albert d. Gr., I. D., Breslau 1909, S. 25. Vgl. dazu Ueberweg, Grund-
riß 11 1, 166 Anm.
10. A., S.
Auch der Ausdruck tabula rasa Anwendung auf den Geist und
in seiner
den Intellekt, der von Locke
seinem Essay, aber in einem 1687
zwar nicht in
für Le Clerc verfaßten Auszug daraus gebraucht wird, ist scholastischen Ur-
sprungs, wobei wiederum Aristoteles (das Bild ygafiixazelor; De an. HI, 4,
430a 1) den Ausgangspunkt lieferte. Der Terminus tabula rasa erscheint aber
nicht erst, wie bei Ueberweg (Grundriß III, 10. A., S. 164) unter Berufung auf
474 § 38. Der Aristotelismus. Albert der Große.
PrHiitl (Gesch. d. Log. III, 261) bemerkt ist, bei Aegidius Romanns, sondern
schon bei Albertus Magnus (De an. III, tr. 2, c. 17; Opp. t. Illa, p. 151b: tabula
rasa et planata et polita), wie ebenso bei Bonaventura (In II Sent. d. 1, pars 2,
a. 1, q. 2, ad 2, 3, ed. Quaracchi t. II, 8. 42 b: Kursus, cum aniraa creata sit „veluti
tabula rasa") und bei Thomas von Aquin (S. theol. I, q. 79 a. 2, c. : Intellec-
tus humanus .... in principio est „sicut tabula rasa, in qua nihil est scriptum",
ut Philosophus dicit). Siehe Cl. ßaeumker, Zur Vorgesch. zweier Lockescher
Begriffe, Arch. f. Gesch. d. Philos. 21, 1908, S. 296—298; 516—517.
Zwischen dem, was die Vernunft als begehrenswert erkennt, und dem, was
<ler Trieb begehrt, entscheidet die freie Willkür (liberum arbitrium). Durch
diese Entscheidung wird das Begehren zum vollen Willen (perfecta voluntas).
Das Veriinnftgesetz (lex mentis, lex rationis et intellectus), welches zum Tun oder
Lassen verbindet, ist das Gewissen (conscientia). Dieses ist teils angeboren
und unverlierbar als das Bewußtsein der Prinzipien des Handelns,
teils erworben
und veränderlich Beziehung auf die einzelnen Fälle (S. theol. P. II, tr.
in seiner
IG, q. 99, m. 3, a. 1, ad q. 1 in obi. 1; Opp. t. XVIII, p. 469a: unde lex mentis
habitus naturalis est quantum ad principia, acquisitus quantum ad scita). Von
dem (Tcwissen unterscheidet Albert die sittliche Anlage, welche er, wie schon
Alexander von Haies, synteresis oder syuderesis nennt. Siehe dazu die
Darstellung von H. L auer, Die Moraltheologie Alberts, 8. 53 61. Nach demselben —
Forscher (8. 55) ißt Alberts Ansicht über Wesen und Tätigkeit des Gewissens
keine einheitliche gewesen. Während er sich in der Summa theologica stark
an Alexander Halensis anlehnt, weicht er im Sentenzen kommen tar und in
der Summa de creaturis von ihm ab. Die Tugend erklärt Albert mit Au-
gustin als die bona qualitas mentis, qua recte vivitur, qua nuUus male utitur,
<]uam solus deus in homine operatur (Sent. II, d. 27, a. unic. Opp. t. XV, p. 261). ;
Den vier Kardinaltugenden der Alten und den übrigen zu denselben als
„virtutes adiunctae" hinzutretenden aristotelischen Tugenden stellt er im
Anschluß an Petrus Lombardu.s als den „virtutes acquisitae" die drei theo-
logischen Tugenden als „virtutes infusae" zur Seite: den Glauben, die
Hoffnung und die Liebe (Summa theol. P. II, tr. 16, qu. 103, membr. 2; Opp.
t. XVIII, p. 480).
Der Ausdruck ovvn^QTjaig in dem von Albert gebrauchten Sinne findet sich,
so viel man weiß, zuerst bei Hieronymus, Komment, zu d. Vision des Ezechiel
I, 1, § 10 (Migne, P. lat. 25, 22 AB): Plerique iuxta Platonem rationale animae
super haec et extra haec tria est, quam Graeci vocant avvtrjQYjoiv, quae scintilla
conscientiae in Adam quoque f>ectore, postquam eiectus est de paradiso, non
extinguitur, et qua victi voluptatibus vel furore ipsaque interdum rationis decepti
similitudine nos peccare sentimus. Hieronymus nimmt dabei schon Bezug auf
1 .Thessal. V, ^
später glaubte man, bei Arist. De an. III, 5 den Begriff wieder
;
zu finden. Von dieser Stelle des Hieron ymus leitet sich offenbar die Synteresis
der Scholastiker her, die schon \m Alexander Neckam (De nat. rer. lib. II, I
e. 130, ed. Th. Wright, S. 211: etsi autem remurmuret scinderesis naturaliter
boiium appetens, obtinet tarnen ilLicita voluntas limites debitos excedens, vgl.
De laiid. div. sap., dist. I, 128, ed. Wright, S. 360) und bei Alexander von
Haies als bekannter Begriff vorkommt. Albertus erklärt sie sehr sonderbar
(Summa de creaturis, P. II, tr. I, qu. 69, art. 1; Opp. t. XIX, p. .321: Syndereris
«ecundura suum nomen sonat haesionem quandam per seien tiam boni et mali; com-
p<onitur enim ex graeca praepositione syn et haeresis). Sie ist als die scintilla
§ 38. Der Aristotelismus. Albert der Große. Hugo von Straßburg. 475
wird neuerdings von R. Leiber (Name und Begriff der Synteresis, Phiios. Jahrb.
25, 1912, 372—392) auf Grund der Handschriften verteidigt. Die Lit. zum Be-
griff der Synteresis siehe zu § 19, IV, h, S. 95*.
Wie bereits früher (S. 468 f.) bemerkt wurde, laufen in der Gedankenwelt
Alberts die verschiedenen Strömungen des Aristotelismus, des arabischen Neu-
platoriismus und der augustin ischen Tradition unverbunden neben einander her.
Es ist nicht ohne Interesse zu sehen, wie die genannten Richtungen in dem
Albert'schen Schulkreise auch unverbunden weiterwirkten. Zu den unmittelbaren
Schülern Alberts zählen Hugo von Straßburg. Ulrich von Straßburg
luid Thomas von Aquin.
Hugo Ripelin von Straßburg, der auch als hervorragender Dichter gilt,,
ist nach Untersuchungen von L. Pfleger, M. Grabmann und Fr.
den
Pangerl der Verfasser des im Mittelalter außerordentlich geschätzten und ver-
breiteten Compendium theologicae veritatis, das fälschlich auch Albert
d. Gr. und Ulrich von Straßburg zugeschrieben wurde. Hugo faßte darin
mit großem Geschick die augustinisch-theologischen Lehren Alberts, insbesondere
aus seiner tlieologischen Summe (Pangerl, S. 525), zu einem beliebt gewordenen
Abriß der Theologie zusammen, der am Anfang des vierzehnten Jahrhunderts
von dem Franziskaner Johannes Rigaldus in seinem Compendium paupe-
ris fratris minoris auf weite Strecken wörtlich ausgeschrieben wurde (siehe
M. Grabmann, Studien über Ulrich von Straßburg, S. 326 f.; Fr. Pangerl,
Studien über Albert d. Gr., S. 525 f.).
er, wie seine von H. Finke veröffentlichten Briefe bekunden, zeitlebens in inniger
476 § 38. Ulrich von Straßburg.
causa est pura lux formalis et intelleotualis et ... se<iuitur necessario, quod .
effectus eins sit diffusio huins lucis et fornialitatis Talis autem diffusio est
. . .
formale esse omnium). Alle Formen kommen aber durch Vermittlung der Be-
weger der Himmelskreise oder der Intelligenzen in die Dinge. Alle Beweger lie-
sitzen diese instrumentale Kausalität, insofern sie von der Kraft des Lichtes der
ersten Ursache informiert sind, von welcher sie sowohl das Sein, wie das Ursache-
fcein haben (Ib., S. 620, Anm. 2: Forraae autem omnes prodeunt in res extra per
I
§ 39. Der Aristotelisraiis. Thomas von Ac^uin. 47 7
heine unendliche Zahl von Gliedern haben kann. Die Ordnung der
Welt hat einen Ordner Gott existiert als
zur Voraussetzung.
reine, stofflose Form, als reine, mit keiner Potentialität
behaftete Aktualität; er ist causa efficiens und causa finalis
der Welt.
Die Welt besteht nicht von Ewigkeit her, sonderrt ist durch
Gottes Allmacht aus dem Nichts in einem bestimmten Zeitpunkte.
mit dem auch die Zeit selbst erst begonnen hat, ins Dasein gerufen
worden.Doch ist die Anfangslosigkeit der Welt philosophisch nicht
streng erweisbar, sondern nur wahrscheinlich und nur durch die
Offenbarung gewiß.
Die Unsterblichkeit der Seele folgt ans ihrer Immaterialität,
da eine reine Form weder sich selbst zerstören, noch durch die Auf-
lösung einer Materie zerstört werden kann. Die Immaterialität muC
dem Natur nach zugeschrieben werden, weil eine dun
Intellekt seiner ,
Stoß" anhaftende Form, wie die Seele eines Tieres, nur Individuelles.
nicht Allgemeines würde denken können. Sie kommt aber der ganzen
Seele zu, sofern auch das sensitive, appetitive und motive und selbst
das vegetative Vermögen der nämlichen Substanz anhaftet, welche die
Denkkraft besitzt Die Seele betätigt die letztere ohne leibliches
Organ, wogegen Funktionen von ihr nur mittels materieller
die niederen
Organe geübt werden können. Die menschliche Seele hat nicht vor
dem irdischen Leben existiert. Sie gewinnt die Erkenntnis nicht
durch Wiedererinnerung an Ideen, die in einer Präexistenz angeschaut
worden wären, wie Piaton annahm. Auch besitzt sie nicht ange-
borene Begriffe. Ihr Denken setzt die Sinneswahrnehmung voraus
und knüpft sich an das empirische Bild, aus dem der aktive Intellekt,
die Formen abstrahiert. Durch die Einsicht ist der Wille bedingt.
Was als gut erscheint, wird mit Notwendigkeit erstrebt. Notwendig-
keit aus inneren Gründen aber, die auf dem Wissen beruht, ist
Freiheit.
In der Ethik reiht Thomas den natürlichen Tugenden, in deren
Erörterung er die Lehre Piatons von den vier Kardinaltugenden mit
den aristotelischen Sätzen kombiniert, die übernatürlichen oder christ-
lichen Tugenden: Glaube, Liebe und Hoffnung, an.
Aasgaben.
Gesamtausgaben Werke des hl. Thomas erschienen zu Rom 1570 —
der
1571, 18 voll, in folio (auf Anordnung Plus V.); Venedig 1594—1598, 18 voll,
in fol. (ein Abdruck der vorigen Ausg.); Antwerpen (Köln) 1612, ed. Cosm.
Morelles, 18 voll, in fol.; Paris 1636—16-11, ed. Joh. Nicolai, 23 voll, in fol.;
Pans 1660, 23 voll.; Venedig 1745—1788, ed. B. M. de Rubels, 28 voll, in-4;
Parma 1852—1873, 25 voll, in-4; Paris (Vivfes) 1872—1880, ed. E. Frett^ et P.
Mar^, 34 voll, in-4; Rom, Opp. oran. iussu impensaque Leonis XIII. edita^ 1882 ff.
(bis jetzt sind 12 voll, in fouo erschienen, die enthalten t. I: Comm. in Arist.
4S0 § ^i^- L)er Aristotelisniu?. Thomas von Aijuin.
—
174U 1751. G. Vaequez, Comm. et disputationes in Sunimam S. Thomae,
Lyon 1631. Fr. Sylvias, Comm. in Summ, theol. S. Thomae, Douai 1620
1631. Fr. Satolli, In Summ, theol. divi Thomae Aquin. praelectiones, Rom
1884—1888. Prosper, Exposition litt, et doctrinale de la Somme theol. de S.
'Thom. d'Aquin, Lierre 1894. L. A. Paquet, Disputationes theol. seu Comm. in
Summ, theol. S. Th., 4 voll., Romae 18^9, 2. ed., Rom 1905 f. L. Janssens,
Summ, theol. ad modum Comm. in Aquin. Sumraam, Freiburg i. B. 1899 ff.
Th. M. Pfegues, Commentaire franjais litt^ral de la Somme th^l. de S. Thom.
d'Aquin, Toulouse 1906—1913 (8 voll).
DieSumma de veritate catholicae fidei contra gentiles (auch
kurz Summa contra gentiles) erschien separat Venedig 1476, 1480, 1524;
Köln 1497, 1499, 1501; Paris 1519; Antwerpen 1568; Lyon 1587. Summa de
veritate cathoücae fidei contra gentiles ex codice autographo, qiü in biblio-
theca Vat. adservatur, cura et studio Petri Uccelli edita, Korn 1878 (Das Auto-
graph der Summa contra gentiles wurde 1354 von zwei vornehmen Dominikanern
von Neapel nach Bergamo gebracht. Seit 1876 befindet es sich in der vatikani-
schen Bibliothek). Turin, if. ed. (stereotypa) 1909.
Die Summa contra gentiles wurde ins Englische übersetzt von
J. Riekaby, Of God and bis creatures. Annot. translation with some abridge-
ment of the Summa contra gentiles of S. Thom. Aq., London 1906.
mas d'Aquin et un nouveau codex de 1263, Revue neo-scol. 13, 1906, 200—20.5.
— S. Thomae Aquin. in Evangelia S. Matthaei et S. J(ihannis commen-
taria, 2. ed.. Turin 1912. —
Die Hymnen von Thomas sind gedruckt bei
G. M. Dreves, Analecta hymnica 50, Leipzig 19C)7, 583--,59i.
L, Schütz, Thoraaslexikon. Sammlung, Übersetzung und Erklärung der in
sämtl. Werken des hl. Thomas von Aquin vorkommenden Kunstausdrückc und
wissensch. Aussprüche, Paderborn 1^1, 2. A. 1805.
Zur handschriftliehen Überlieferung und zur Echtheitsfrage
siehe außei den Ausgaben und den schon im Vorhergehen di-n genannten Autoren
die bei der Literatur unter a angeführten Arbeiten von .]. Kcliard, B. M, de
Rubeis, V. Chevalier, ferner B. Hauroau, Noticcs et cxtraits V, 71, 82
{De aeternitate mundi), V, 83 (De motu cordis), V, 82 (C^uodlibeta), V, 87 (Dt-
perfcctione vitae spiritualis und Briefe an die ducissa Bnibantiaei; II, 141 (unter-
Ueberwejr, (iriindriß II. 31
482 § 39. Der Aristotelismus. Thomas von Aquin.
geschobene alchymistisohe Schriften des XIV. Jahrh.); IV, 79-83 (vgl. III, 281.
zwei Sernioius und eine Collation, zun) ersten Male ediert und bisher nur nach
niiingelhaften Dispositionen eij)er vatikanischen Handschrift bekannt). Insbe-
sondere ist aber als maßgebend hervorzuheben P. Mandonnet, Des
«Berits authentimies de 8. Thoma.s d'A(iuin, '1. ed., Fribourg (Suisse) 1910, der
sämtliche Kataloge (15 an der Zahl) der Werke des hl. Thomas zum Abdruck
bringt und auf diese Weise eine sichere Grundlage zur Entscheidiuig der Echt-
heit bietet.
Über das Leben von Thomas berichtet sein Zuhörer und Beichtvater
während des letzten Aufenthaltes in Neapel, der Kirchenhietoriker Ptolomaeus
de Lucca in seiner Historia ecclesiastica nova (Hb, XXII, c. 20—24, 39; Hb.
XXIII, c. 8—15). Als weitere Quellen kommen in Betracht die Akten des
Kanonisationsprozesses (Acta Sanctorum, Martii I, 7. März), der am 18. Juli 1323
>ieincn feierlichen Abschluß fand, ferner die Viten des Thomas aus der Feder des
Wilhelm von Tocco, Bernardus Guidon is und Petrus Calo. Strittig ist,
wer der ältere von ihnen ist. Endres hält die Vita des Bernardus Guido-
nis für die erste Biographie von Thomas und läßt Wilhelm von Tocco von
Bernhard abhängig sein, was jedoch von Prümmer in Abrede gestellt wird.
Nach dem letzteren ist Wilhelm von Tocco früher als Bernardus Gui-
donis. Die von Prümmer ans Licht gezogene Vita des Petrus Calo
ist von
Wilhelm von Tocco unabhängig; ihre Abfassung fällt in die Jahre 1318
1323. Derselben Zeit gehören auch die beiden andern Viten an.
1
§ 39. Der Aristotelismus. Thomas von Aquin. 483
auf bessere Weise wieder aufrichten und die Alten würde er durch die Ehre seiner
Wissenschaft besiegen.'"' 1265 wurde Thomas die Leitung des Ordenssludiums
in Rom anvertraut. Den stillen, literarisch aber sehr iruohtbaren Jahren in
Italien folgte vom Herbst 1268 an ein zweiler Aufenthalt in Paris. Ein
erneuter Ansturm gegen die Mendikanten von seifen der weltlichen Professoren
mit Gerard von Abbeville und Nikolaus von Lisieux an der Spifze, so-
wie das anmaßende und gefahrdrohende Auftreten des lateinischen Averroismus
unter Führung Sigers von Brabant (siehe unten) nötigte die <.)rdens)eilung,
den besten Mann auf den stark gefährdeten Pariser Posten zu stellen. Wie
Endres nachwies (Histor.-polit. Blätter 152, 1913, S. 749— 75S). erging
jüngst
der Ruf des Orden egenerals zunächst an Albertus Magnus; nachdem dieser
aber abgelehut hatte, wurde Thomas von Aquin im Herbst 12G3 nach Paris
entsandt. Nach schweren Kämpfen mit den J'einden der Mendikanten und mit
den Averroisten in der Artistenfakultät, aber auch mit den augnstinisierenden
Franziskaner-Theologen, wie John Peckham oben S. 151), vei'ließ Tho-
(siehe
mas um Ostern 1272 wieder Paris. Die letzten .fahre seines Lebens^ verbrachte
er in Neapel, starb aber schon am 7. März 1274 auf der Reise zum Konzil nach
Lyon in dem Zisterzienserkloster Fossanuova bei Terracina.
Trotz der relativen kurzen Lebensdauer von 47 oder 49 Jahren hat Thomas
wie sein Lehrer Albert, eine erstaunlich reiche und vielseitige schriftstellerischie
Tätigkeit entfaltet. Durch gründliche Erforschung des gesamten literarischen
Nachlasses von Thomas und durch Feststellung der Echtheit der einzelnen
Werke hat eich in der letzten Zeit insbesondere P. Mandonnet (Des Berits
authenti([ue8 de Thomas
S. d'A., Fribourg [Suissej 1910) große Verdienste er-
worben. Er publizierte und prüfte die Kataloge der Werke d. hl. Thomas,
fünfzehn an der Zahl, darunter an erster Stelle den höchst wertvollen und zu-
verlässigen offiziellen Katalog, der 1319 aus Anlaß des ersten Kanonisations-
prozesses in Neapel abgefaßt wurde. Er beruht auf den Aussagen des Bartho-
lomaeus von Oapua, des Logotheten und Protonotars des Königreichs Sizilien,
der Thomas selbst während seines Neapel (1272-1274)
letzten Aufenthalts in
kennen gclerju hatte. Mandonnets
Untersuchungen ergaben die Bestätigung
<\'jv Echtheit i!er auch bisher nicht angezweifelten großen Werke von Thomas.
Aiider.cits führten sie aber zur Aufstellung einer umfangreichen Liste von 06 apo-
kr\{*hcn Schriften, die vorwiegend der Sammlung der Opuscula angehören (siehe
die Zusammenstell mig der echten, wie unechten Schriften bei 3Iandonnet,
S. 104—110).
mentare fallen in die Jahre de?? Aufenthaltes an der päpstlichen Kurie (1261 —
12G4), zu den drei Büchern über die Seele (das erste Buch ist eine Nachschrift
de»; Reginald von I'iperno), zu den Parva Xaturalia (De sensu et sensato, De
Auvergne, einem Pariser Kollegen und Anhänger des Thomas in der Ar-
tistenfakultät), zu den zwei Büchern De generatione et corruptione, zu den vier
erstenBüchern der Politik (die drei zuletzt genannten Kommentare fallen in die
Jahre 1270-1272).
Außer zu Aristoteles schrieb Thomas auch Kommentare zum Liber de
causis (wahrscheinlich nach 1268, in welchem Jahre Wilhelm von Moer-
beke die Übersetzung der I'toi/h'cooi^ dfoXoyixt] des Proklus vollendete; siehe
oben B. 408), ferner zu Boi'thius (zu De trinitatc und zum Liber de
hebdomadibus) und endlich zur Schrift des Pseudo-Dionysi us Dedi-
vinis nominibus. — Auf die exegetischen Kommentare soll hier nicht
weiter eingegangen werden.
Die sechziger Jahre sind auch die Zeit der Entstehung der großen und be-
wunderungswürdigen systematischen Werke von Thoraas. Außer dem
Compendium theologiae ad Keginaldum (nach 1260) schriel) er 1259 —
1264, angeregt durch liaymund von Penn.afort, die haupt-
wahrscheinlich
sächlich gegen die Araber gerichtete Summa contra gentiles oder Summa
de veritate fidei catholicae contra gentiles (das Aulograph ist im \ie&i\/
der vatikanischen Bibliothek). Nach M. Asin y Palacios (El Avcrroismo teo-
logico de S. Tomas d'A., Zaragoza 1904 und La Summa contra gentes y el Pugio
fidei, Vergara 1905j hätte der Aquinaie in seiner Summa contra gentiles au?
ließ sieh aber dadurch keineswegs von dem konsequenten Wege des Peripatetikers
abdrängen. Um aber mit der Autorität August ins nicht in Widf-rspruch zu
geraten, erschienen ihm viele philosophische Satze Augustins nivhr als Be-
hauptungen, sondern als Referate (t?. theol. I, q. 77, a. 5 ad 3: in multis autem. quae
ad philosophiam pertLnent, Augustinus utitur opinionibus Platonis, non asse-
rendo, sed recitando), oder er schlug eine andere Methode ein: ,.die Augusti-
nus-Zitate werden umgedeutet durcJi stillschweigende Assimilierung. dureh leise
Korrektur oder auch durch völlig gewaltsame Interpretation" (G. w Hertling.
a. a. O., S. Ö58j. Gerade das geschilderte Verhalten gegenüber Augustinu.s,
das in weiten Kreiseji der Zeitgenossen, insbesondere bei den Franzi&kanerlehrern,
als ein Abweichen von der alten augustinischen Tradition aufgefaßt wurde (siehe
oben § 37), bildete den Stein des Anstoßesund den Funkt, wo die Thomas und
seiner peripatetischen Richtung feindliche Opposition einsetzte.
Von den durch Thomas veranlaßten L^bersetzungen des Aristoteles
aus dem Griechischen war bereits oben die Rede,. S. 4H2; vgl. E. Rolfes, D.
Textausieg, des Arist. bei Th. v. A. u. b. d. Neueren, Jahrb. f. PIi. u. sp. Th.,
IX, 1S95, 1—33. Neuerdings ist eine lebhafte Kontroverse darüber entstanden, ob
Thomas des Griechischen kundig war, was von L. Schütz (D. hl. Thoni. v.
Deo ea, (juae pertinent ad unitatem essentiae, non ea, quae pertinent ad distine-
tionem jjersonarum. Qui autem probare nititur trinitatem personarum naiurali
ratione, fidei derogat. Ebenso sind durch die natürliche Vernunft nicht zu er-
weisen die kirchlichen Lehren von der Zeitlich keit der Schöpfung, von der
Erbsünde, von der Menschwerdung des Logos, von den Sakramenten,
488 § ^9- ^^r Aristotelisinus. Thomas von Aquin.
vom Fegefeuer, von der Auferstehung des Fleisches, von dem Welt-
(.'ericht, von der ewigen Seligkeit und Verdammnis. Diese Offenbanings-
lehren gelten dem Thomas als übervernünftig, aber ni<At als widervernünftig.
Die Vernunft kann bei denselben solvere rationes, quas inducit (adversarius)
contra fidem, sivc ostendendo esse falsas, sive ostendendo nou esse necessarias. Sie
kann auch für dieselben similitiidines aliquas oder rationes verisimiles auffinden
»wie Thomas selbst im Anschluß an Auguatin die Personen durch die Ana-
logie der Seelenvermügen, insbesondere den Sohn durch den Verstand und den
tieist durch den Willen erläutert); aber sie kann nicht aus ihren eigenen
Prinzipien bis zum Beweise der Wahrheit jener Dogmen fortschreiten.
Der Grund dieses Unvermögens liegt darin, daß die Vernunft nur aus der
Schöpfung insofern auf Gott schließen kann, als dieser das Prinzip aller Wesen
ist. Die schöpferische Kraft Gottes aber ist der ganzen Trinität gemeinsam imd
gehört alt.o zur Einheit des Wesens, nicht zu dem Unterschiede der Personen (S.
th. I. q. 32, art. 1). Der Beweis fiu: die Wahrheit der spezifisch -christüchen
I^ehren kann nur geführt werden, wenn bereits das Offenbarungsprinzip
anerkannt
ii'id den Offenbarungsurkunden Glauben geschenkt wird. Die Nötigung aber zu
dieser Anerkennung und zu diesem Glauben findet Thomas teils in einem inneren
Zuge des zum Glauben einladenden Gottes (inferior instinctus Dei invitantis),
teils äußerlich in den Wundern, zu denen auch die erfüllten Prophezeiungen
und der Sieg der christlichen Religion gehören. An die Nichtbeweisbarkeit der
Glaubenslehren knüpft sich die Verdienstlichkeit des Glaubens als des Vertrauens
Auf dem Glaubensgebiete hat der Wille den
auf die göttliche Autorität.
Vorrang (principalitatem); der Intellekt stimmt den Glaubenssätzen zu, nicht
durch Beweis genötigt, i^ondem dem Gebote des Willens folgend. Die der natür-
lichen Vernunft erkennbaren Wahrheiten sind die praeambula fidei, wie
überhaupt die Natur die Vorstufe der Gnade ist und von ihr nicht aufgehoben,
sondern vervollkommnet wird (gratia naturam non tollit, sed perficit). Auf die
praeambula fidei und nur auf sie gehen die rationes deraonstrativae. Aber
nur wenige vermögen auf diesem Wege die der aatürlichen Vernunft erkennbaren
Wahrheiten wirklich zu erkennen. Darum hat Gott auch diese Wahrheiten mit
^eotfonbart (Summa iheol. II — II, praeam-
q. 2, a. 4). Sofern hiernach die
bula fidci prima credibilia. die Basis
selbst Glaubenssätze sind, sind siedle
und Wurzel aller anderen. Durch den Beweis der praeambula fidei und durch
die Aufzeigimg der Nichtwiderlegbarkeit und der Probabilität der dem bloßen
Glauben vorbehaltenen Dogmen dient die natürliche Vernunft dem Glauben
maturalib ratio subservit fidei) nach dem allgemeinen Grundsatz: ..Quaelibet
ens superiori". Vgl. N. Kaufmann, Be-
res perficitur per hex-, (juod subditur
deutung eines philosophischen Prinzips, Kath. Schw. Bl., 1S8C.
Die Behauptung von M. Asin y Palacios (El Averroismo teologico de
S. Tom. de A., Zaragoza 1904), die Ansicht des Thomas von Aquin über das-
Verhältnis von Glauben und Wissen decke sich mit den Anschau-
ungen des Averroes, und Thomas sei sogar von dem Araber beeinflußt, hat
mit Recht allgemeinen Widerspruch gefunden. Siehe die Lit. Glauben u. Wissen :
nach Thomas.
Diese so bestimmte Abgrenzung der philosophischen oder natürlichen
Theologie gegen die christliche Offen bar nngslehre findet sich in dieser Klarheit
und Schärfe bei keinem der Scholastiker der früheren Zeit und bei keinem der
Kirchenväter. Man darf sie nicht aus der platonischen oder areopagitischen
]>oktrin ableiten, an welche sich vielmehr stets der Trinitätsgedanke bald in einer
mehr rationalen, bald in einer jnehr mystischen Form angelehnt hat. Diese Sondening
§ 39. Der Arietotelisnius. Thomas von Aquin. 489
zwischen der Yemunftlphre von Gott und der Offen barungslehre ist (obschon sie
von RaymundusJ iillus und anderen bekämpft wurde) teils herrschend geblieben,
teils in der spätf^ren scholastischen Periode bei den Nominalisten noch geschärft
worden. Sie findet sich auch noch in der nachscholastischen Zeit, zwar nicht
bei den Erneuerern deö Piatonismus, die sich zur Bestätigung des Trinitätsdogmas
auf Piaton und Plotin und deren Schüler beriefen, wohl aber in der Carte-
sianischen, Lockeschen und Leibnizischen Schule, bis der Kantische Kritizismus-
gleich sehr die Einheit wie die Dreiheit der Person jeder theoretisch-rationalen
Begründung entzog und dem bloßen Glauben an die Postulate des moralische»
Bewußtseins anheimgab. Der Schellingianismus und Hegelianismus aber vindi-
zierte wiederum die Trinität in spekulativer Unideutung der rationalen Theologie,
was danach der Güntherianismus, indem er nur die historischen Mysterien de«
Christenturas von der Vernunfterkenntnis ausschloß, in einem katholisch-ohrist-
iichen Sinne versuchte, aber ohne dafür die Anerkennung der kirchlichen Autoriliit
zu gewiinien. Die thom istische Auffassung ist noch gegenwärtig innerhalb der
katholischen Kirche die herrschende Doktrin; auch in der protestantischen Theo-
logie herrscht ilie (thomistische) Sonderung vor. Das im Jahre 1272 zu Paris
sanktionierte Dekret (bei du Boulay III, S. 398, Denifle, Chart. Un. Paris. I,
11. 441; vgl. Thurot, De l'organ. de l'enseign. dans l'univ. de Paris, Par. 183(i.
p. 10") s(j.), daß kein Lehrer in der philosophischen Fakultät eine der spezifisch
theologischen Fragen behandeln dürfe (z. B. nicht die Trinität und Inkar-
nation), begünstigte diese Sonderung. Gegen die Aftermystiker aber, welche im
Studium, speziell der Philosophie, nur Teufels werk sahen, tritt Thomas energisch
für die Wissenschaft ein (siehe Wehofer, Die Schrift des Gerard de Frachet
„Vitas fratrum 0. P.", Jahrb. für Philos. u. spekul. Theol. U, 1897, S. 17—41.
Die Schrift wurde ediert \on B. Reichert, Monumenta O. Praed. Hist., t. f.
Rom und Stuttgart 1897).
Die Grundlage für das Verständnis der thomistischen Metaphysik ist die
Erkenntnislehre. Das Ilauptprinzip für das Erkennen ist nach Thomas der
immer wiederkehrende Grundsatz ,,Cognituni est in cognoscenteper moduni
cognoseentis" oder allgemeiner ,,Quidqnidrecipitur.recipiturpermodum
recipien tis". Es ist dies nichts anderes als das antike yiyrojoy.Fodai z6 öftotor roi
ofioüo (vgl. Grundr. So bemerkt Thomas zu Arist. De an. III, S, 431 b, 21 ff.
I).
(lectio 13 b): Ostendit quod alio modo (anima) est omnia, quam antiqui f)onerent,
et dicit, quod, si aniraa est omnia, neeesse est, quod sit vel ipsae res scibiles
et sensibiles, sicut Empedocles, posuit, quod terra terram cognoscimus, et acjiia
aquam et sie de aliis, aut sit species ipsorum. Non autem anima est ipsae res.
sicut illi posuerunt, quia lapis non est in anima, sed species lapidis. Et per hunc
modura dicitur intellectus in actu esse ipsum intellectum in actii. in-
quantum species intellecti est species intellectus in actu. Ex quo patet,
quod anima assimilatur inanui (ojoie ',''7') wö.Tfo »y yfio innv y.r'f..).
»/ Manns
enim est organuui organorum, ((iiia manus datae sunt homini loeo omnium orga-
norum, quae data sunt aliis animalibus, ad defensionem vel ini|)ugnationeni vel
oooperimentum, Omnia enim hacc horao sibi manu praeparat. Et similiter anima
data est homini loeo omnium f ormarura ut sit homo quodammodo tot um
,
ens, inquantura secundum animam est quodammodo omnia, prout eins anima est
receptiva omnium formarnii} (forma = fI^o^, species).' Xam intelleetu>- e-t
quaedam potentia receptiva omnium forraarum in telligibi liuni et sensu«
est quaedam potentia receptiva omnium formarum scnsibilium. Dunh die
Unterscheidung zwischen potentia und actus {f>vraiu<; und irf'nyFin). namentlich
durch die Unterscheidung eines potentiellen und aktuellen Intellekts steht
490 § 39- Der Arißtotelismus. Thomas von Aqum.
Thomas (mit Aristoteles) zwischen dem Materialismus und dem (Denken und
Sein identifizierenden) Pantheismus.
Dieser direkt aristotelischen Qucilu der thora. Erkenntnislehre tritt, wie in
ähnlichen Fragen, eine neuplatonische an die Seite, nämlich die modifizierten
Grundsätze des Liber de causis. Bardenhewer hat in seiner Ausgabe (den
oben y. 370) in einem Anhang, vereint mit G. von Hertling, nähere'
Titel siehe
Ausführungen über die Beziehungen der Lehre des hl. Thomas zu dieser Schrift
gegeben.
diversa. Quod enim est calidum in actu, non potest simul esse calidum in
potentia, sed est simul frigidum in potentia. Impossibile est ergo, quod
secundum idem et eodera modo aliquid sit movens et motum, vel quod
moveat seipsum. Omne ergo, quod movetur, oportet ab alio moveri. Dieses
Prinzip wird mit eiserner Konsequenz nicht nur auf die anorganische, sondern
auch auf die organische AVeit angewendet (s. weiter unten). Da nun nach aristo-
telisch-thomistischer Terminologie effectus, Wirkung, gleichbedeutend ist mit
raotus, Bewegung, Werden oder mit dem Gewordenen, so begegnet uns das Kausa-
litätsprinzip auch in der zweiten Fassung: „omnis effectus habet causam" (vgl.
Kaufmann, Das Kausalitätsprinzip usw., Phil. Jahrb., 4, 1891, S. 30ff., fenier
G. Sehulemann, Das Kausalprinzip in der Philosophie des Thoraas v. A.,
Münster 1914).
Die thomistische Lehre vom Begriff, Urteil, Schluß und Beweis ist
die aristotelische.
Auf das ens in quantum ens et passiones entis geht die Metaphysik. Das
ens ist an sich res und unum, im Unterschiede von anderen aliquid, in Über-
einstimmung mit dem Erkennen verum, mit dem Wollen bonum (Qu. disp. de
veritate q. 1, art. 1 c),
aber, in welchem die Ideenlehre durch die Autorität des heiligen Augustinus
geschützt war, erkennt auch Thoraas sie als unverwerflich an, sofern nämlich
die Ideen als dem göttlichen Geiste immanente Gedanken aufgefaßt werden, und
zugleich ihre Wirkung auf die iSinnenwelt als eine bloß mittelbare gedacht wird.
Contra Gentiles 1. III, c. 24: formae, (|nae sunt in materia, venerunt a formis.
quae sunt sine materia, et quantum ad hoc verificatur dictum Piatonis, quod
formae separatae sunt principia formarum, quae sunt in materia, licet posuerit eas
per se subsistentes et causantes immediate formas sensibiliura, nos vero ponimus
eas in intellectu existentes et causantes immediate formas inferiores per motum
coeli. Thomas erkennt demgemäß ein dreifaches Universale an: ante rem,
in re, post rem (In sent. II. dist. III, q. 2, a, 2). Das platonische IMotiv zu. der
falschen Hypostasierung des Allgemeinen findet Thomas in der ii'rigen Voraus-
setzung, das Allgemeine müsse, damit unser begriffliches Erkennen wahr sei, nicht
nur irgend welche Realität haben, sondern ganz auf gleiche Weise in unserem
Denken und in der äußeren Realität sein. Summa theol. I, q. 84, a. 1 c: credi-
dit (Plato), quod forma cogniti ex necessitate sit in cognoscente eo modo, quo est
in cognito; ... et ideo existimavit, quod oporteret res intellectas hoc modo in se
ipsis subsistere sc. iramaterialiter et immobiliter.
Diese Vorausseteung weist Thomas ab, indem er die Natur des Abstrak-
tionsprozesses im Anschluß an Aristoteles Wie schon der 8iiu>
aufzeigt.
zu trennen vermag, was realiter ungesondert ist, indem z. B. das Auge blol5 die
Farbe und Gestalt eines Apfels ohne seinen Geruch und Geschmack perzipiort,
80 vermag der Verstand noch viel mehr diese bloß unserer Auffassung an-
gehörende Trennung zu vollziehen) indem er in den Individuen ausschließlich das
Allgemeine betrachtet (S. theol. I, q. 85, a. 2. ad 2: cum dicitur universale ab-
stractum, duo intelliguntur, scilicet ipsa natura rei et abstractio seu uni-
Tcrsalitas. Ipsa igitur natura, cui accidit vel intelligi vel abstrahi vel intentio
universalitatis, non est nisi in singularibus ; sed hoc ipsum quod est intelligi vel
abstrahi vel intentio universalitatis est in intellectu; hoc possumus videre per
et
simile in sensu. Visus enim videt colorem pomi sine eins odore .... Similitcr
humanitas, quae intelligitur, non est nisi in hoc vel in illo homine; sed quod
humanitas apprehendatur sine individualibus conditionibus, quod est ipsam ab-
strahi, ad quod sequitur intentio universalitatis, accidit humanitati, secundum
<juod percipitur ab intellectu. Ib. I, q. 83, a. 1, ad 1: Et hoc est abstrahere
universale a particulari vel speciem intelligibilem a phantasmatibus, considerare
scilicet naturam speciei absque consideration e individualium prin-
cipiorum, quae per phantasmata repraesentautur). Daß aber diese subjek-
tive Abstraktion [dfpatQsaig) dadurch, daß sie sich nicht auf ein objektives Ge-
sondertseiii (xcooiouö?) gründet, nicht falsch werde, erweist Thomas durch
das gleiche Argument, dessen eich schon im 12. Jahrhundert Abälard (siehe
•oben S. 2S6f.) und der Verfasser der Abhandlung De intellectibus bedient
hat (s. 0. daß nämlich nicht der Sache, sondern nur unserem subjektiven
S. 292),
Verfahren, unserem intelligere die Trennung angehöre (Ib.: Cum ergo dicitur,
quod inlellfctus est falsus, qui intelügit rem aliter quam sit, verum est, si ly
aliter referatur ad rem intellectam; tunc enim intellectus est falsus, quando in-
teUigit rem esse aliter quam sit: unde falsus esset intellectus, si sie abstraheret
speciem lapidis a materia, ut intelligeret eam non esse in materia, ut Plato posuit.
Non est autem verum, quod prcponitur, si ly aliter accipiatur ex parte intolli-
gentis; est enim absque falsitate, ut alius sit modus intelligentis in
intelligendo, quam modus rei in essendo, quia intellectum est in intelli-
gente immaterialiter per niodum intellectus, non autem materialiter per moduni
492 § 39. Der Aristotelismus. Thomas von A<iuii).
rei materialis). Existiert demgemäß das Allgemeine in der Realität ni<Lt sub-
stantiell, so muß es doch in anderer Art allerdings Realität haben, weil die
Wissenschaft auf das Allgemeine geht, also Täuschung sein würde, wenn
das Allgemeine ohne alle Wirklichkeit wäre; denn die Wahrheit des Erkennens
istdurch die Wirklichkeit der Erkenninisobjekte bedingt. Es hat Wirklich-
keit in dem Individuellen als das Eine in dem Vielen, als das Wesen
der Dinge oder ihre Quiditas; der Intellekt vollzieht nur jene Abstraktion, wo-
durch es in ihm zu dem Einen neben dem Vielen wird.
J
§ 39. Der Aristotelisinus. Thomas von Aquiii. 493
Das Prinzip der Individuation nach der Lehre des hl. Thomas u. seiner Bchnli^
(Literat.).
Schon Aristoteles hat als stofflose und doch individuelle Form
und den aktiven Intellekt, vor^
die Gottheit betrachtet, ferner die Sphärengeister
jToujTiy.ö;, welcher der allein unsterbliche Teil der menschlichen Seele sei. Doch
•wird nicht völlig klar,wie er sich das Verhältnis dieses unsterblichen ror^ zur
individuellen Seele, in die derselbe von außen eingehen soll, gedacht habe. Demi
dieser ror^ erscheint einerseits als in der Seele befindlich {De an. III, 5). als
individualisiert, anderseits aber doch als nnvermischt mit der Materie (wenigstens mit
der des Leibes), als stofflose Form, und der Satz des Aristoteles (Metaph. X[, 8.
1074 a, ;>3) ooa dotOficö jioUä, vb/r syti, fordert, daß das Immaterielle ohne Vielheit
:
der Individuen der nämlichen Spezies sei. Unter den nächsten Nachfolgern des
Aristoteles machte sich mehr und mehr die naturalistische Neigung geltend,
alle Form als dem Stoff innewohnend zu denken. Auf diesem Prinzip ruhen die
Lehren des Dikaearch und des Straton. Alexander von Aphrudisias
gesteht der Gottheil, aber auch nur dieser, eine transzendente stofflos-individnelle
Existenz zu; die menschliche Seele aber läßt er nach ihrer individuellen Existen7,
durchaus an den Stoll gebunden sein. Die späteren, dem Neuplatonismus zn-
getanen Exegeten, wie Themistius, verteidigen die individuell«' Selbständigkeit
des menschlichen rovs ebensowohl wie die der Gottheit. Ihnen schliclU sieh \>e-
sonders im (Jegensatz zu der averroistischen Auffasung Thomas :tn, schreibt aber
ebenso, wie schon Albert, der substantiellen, von dem Leibe trennbaren Seele
außer der höchsten Funktion, die im Denken liegt, auch die niederen zu.
Thomas unterscheidet mehrere Klassen von Formen. ImmaterielL*
Formen itormae separatae) sind: Gott, die Engel und die menschlichen Seelen.
Dem Stoff untrennbar anhaftende, in ihn völlig versenkte Formen aber sind die
Formen der sinnlich wahrnehmbaren Objekte, die Elementarformen, die Misrh-
formen, die Pflanzen- und die Tieriormen (S. thet>l. I, q. vö a. ] c; Contra gent.
II L 22).
Gott schlechthin einfache Forjn. die reine Aktualität.
ist die
Gottes .Sein zwar an sich selbst gewiß, weil Gottes Wesen mit seinem Sein
ist
identisch ist, also das Prädikat des Satzes: Gott ist, mit dem Subjekte dessell)en
identiseh ist. Aber Gottes Sein ist nicht aiich für uns uinnittelbar gewiß, weil
wir nicht wissen, was Gott ist, sondern aus dem bewiesen werden muß, was uns
erkennbarer, ol)schon an sich weniger erkennbar ist, d. h. aus den Wirkungen
(Summa th, I. (j. 2. a. 1). Dieser methodische Grundsatz i>t der aristtitelische.
daß das -Todrfoor oder yvoigifMiÖTtoor tfvnn aus dem i'/iiiv '/tiOoimÖTroor oder rroö-
Tfyor .-loöc iifiäi, d. h. zti erkennen sei.
das l'rinzipielle aus Dem-
dem ISedingten
gemäß läßt Tliomas Gott nur a posteriori erkennbar sein, und findet
Beweise, wie den Anselmschen, die auf den bloßen Got tesbegrif t
gegründet sind, nicht stringent (Ib. a. 1 u. 2. Contra gent. 1, c. 10—
11. De veritate q.
lU, a. 12. In Sent I, d. 3, q. 1, a. 2, ad 4). Die Glaul)ens-
lehre, da> Dasein Gottes schon voraussetzt, geht von der Betrachtung Gottes
<iie
zu der Ketrachtung der Geschöpfe fort; die philosoi^hische Doktrin aber kann
nur von der Erkenntnis der Geschöpfe aus znr Gotteserkenntnis fortschreiten.
Wenn Thomas von Aqiiino sagt: Gott kann nicht a priori erkannt werden,
so vprsteht er unter der Erkenntnis a priori im Sinne des Aristoteles die Er-
kenntnis aus den Ursachen, die selbstverständlich bei der ursachlo.'^en obersten
l rsache unnifiglich ist (niciii aber meint er nach der modernen kantisehen Um-
deutung jenes Terminus eine von jeder Erfahrung utiabhängige Erkenntnis). In
gewissem Sinne ist ilem Menschen die Gotteserkenntnis von Natur (natura-
404 § 39. Der Arietotelismus. Thomas von AcjuiTi.
Jitci) eigen, sofern nämlich Gott für die Menschen ihre Glückseligkeit (beatitudo)
ist, die naturgemäß denn das Streben involviert eine gewisse Er-
erstrebt wird;
kenntnis (Summa th. I, q. 2, a. 1, ad 1). Zur gewissen und deutlichen Einsicht
aber bedarf es des Beweises. Das Dasein Gottes ist weder ein bloßer
(Tlaubenssatz, noch auch gleich den Sätzen, deren Prädikat schon im Be-
griffe des Subjektes liegt (Ib. a. 1 u. 2), eine selbstverständliche, unmittelbar
gewisse Wahrheit (es ist nicht ein „analytisches Urteil" im kantischen Sinne;
..synthetische Urteile a priori" aber gibt es nach Thomas nicht).
Der Aquinate hat sich in einer Reihe von Schriften (siehe E. Krebs. Thoni.
V.A. Texte z. Gottesbeweis) mit dem Problem der Argumente für das
Dasein Gottes beschäftigt. Sehr eingehend werden sie schon in der Summa
contra gentiles (I, c. 12 u. 13) behandelt. Ihre klassische Formulierung haben
sie aber erst in der Summa theologica erhalten. Nach Erwähnung zweier Ein-
würfe gegen die Existenz Gottes, wovon der eine sich an das Dasein des Übels
in der Welt knüpft, welches mit der Existenz einer unendlichen Güte luiverträglich
sei, der andere an die Möglichkeit, die natürlichen Erfolge bloß auf die Xatur. die
beabsichtigten aber auf das menschliche Denken und Wollen zurückzuführen,
stelltThoraas in der Summa theologica (I, qu. 2, a. 3 c.) fünf Beweise
(quinque viae) für das Dasein Gottes auf. In ihnen kommt zum erstenmal
in der christlichen Scholastik in vollem Umfang das Rüstzeug zur Verwendung,
das die aristotelische Philosophie zur Lösung des Problems darbot
und zwar vielfach in Anlehnung an die Formuliermig, welche bereits Avicenna
und Moses Maimonides den aristotelischen Gedanken gegeben hatten. Siehe
Cl. Baeumker, Witelo, S, 302 ff Die fünf Argumente sind folgende: 1. Es
.
Metaph. XII, 7). Schon die Mutakallim iln und Moses Maimonides hatten
diesen Beweisgang mit großer Sorgfalt entwickelt. In die christliche Scholastik
wurde er durch Adelard von Bath [siehe oben S. 312] und insbesondere durch
Albertus Magnus |Snmm. theol. I, tr. 3, q. 18, ra. 1] eingeführt. Siehe
Cl. Baeumker, a. a. O., Die Reihe der wirkenden I'rsachen kann
S. 323. 2.
nicht bis ins Unendliche zurückgehen, weil in allen geordneten Kausalreihen ein
Erstes Ursache des Mittleren und dieses Ursache des Letzten ist (nach dem der
aristotelischen Schule angehörigen Buche Arist. Met. II, 2 (klein a) und nach
Avicenna; siehe Cl. Baeumker, a. a. O., S. 326—334). 3. Das Zufällige hängt
vom Notwendigen ab. das Notwendige entweder von anderem Notwendigen oder
von sich selbst. Also muß, da auch diese Reihe nicht ins Unendliche zurückgehen
kann, ein schlechthin notwendiges Wesen existieren, das nicht in Anderem die
Ursache seiner Notwendigkeit hat. wohl aber für Anderes die Ursache von dessen
Notwendigkeit ist (nach Moses Maimonides: siehe CL Baeumker, a a. ().,
S. 338; derselbe, Arch. f. Gesch. d. Philos. 22, 19<J8, S. 132—134, wo der tho-
mistische und der maimnnidi.sche Text neben einander gestellt werden). 4. Es gibt
Gradunterschiede in den Dingen hinsichtlich ihrer Vollkommenheit, also auch etwas,
das den höchsten Grad hat, und danun allen anderen Dingen Ursache ihrer Voll-
kommenheit, Güte und Realität ist, ein vollkommenstes oder realstes Wesen (nach
Augustinus; doch schiebt Thomas nach Aristoteles ein kausales Moment
ein). 5. Die Naturobjekte, die keine Erkenntnis haben, wirken doch zweckmäßig.
Was aber keine Erkenntnis hat, kann nur dann zweckmäßig wirken, wenn es von
einem erkennenden Wesen gelenkt wird, wie der Pfeil von dem Bogenschützen.
Also reicht es zur Erklärung der Xaturvorgänge nicht zu, bei den Naturtirsachen
stehen zu bleiben, sondern es muß ein einsichtiges Wesen als Lenker und iJe-
i
^ 39. Der Aristotelismus. Thomas von A<(uin. 4.95-
gierer angeiionuiicn werden (Thomas beruft sich hier auf Johannes Damas-
cfMiiis und auf Averroös). Man kann also bei den Naturwirkungen und auch
bei den menschlichen Handlungen, sofern diese auch eine anbewußte Zweck-
mäßigkeit voraussetzen, nicht in der Natur und dem menschlichen Geiste die
letzten ErUitrnngsgründe finden, sondern muß auf Gott als die erste Ur-
sache zurückgehen. Die Existenz des Bösen aber steht dieser Annahme
darum nicht entgegen, weil Gott auch das Böse, das er zuläßt, zum Guten lenkt.
Thomas widerlegt nach Alberts Vorgang die pantheis fische Ansicht
des Amalrich von ßena und des David von Dinant, daf! Gott das Wesen
aller Dinge sei, also entweder die forma universalis, das principium formale
omnium rerum (S. theol. I, 4. 3, a. 8 c), was vielleicht Amalrich ajigenommen
haben mag, oder die materia universalis, die raateria prima (ib.), was David an-
nahm. Diese Ansicht stützt sich auf das Argument, daß Gott, wenn er nicht
selbst das Allgemeinste wäre, sich von diesem durch eine spezifische Differenz
unterscheiden, also aus gonus und differentia bestehen, also nicht einfach sein
würde. Gott aber kann nur als das schlechthin einfache Wesen das schlechthin
notwendige sein. Thoraas stellt in Abrede, daß iede Verschiedenheit an spezi-
fische Differenzen geknüpft sein müsse und eine generische Kongruenz voraus-
setze. Es gebe eine gänzliche I^nvergleichbarkeit (Disparabilität), und das Ver-
hältnis zwischen dem l'nendlichon und dem Endlichen sei eben dies, quod diffe-
rant non aliquo extra se, sed quod differant potius se ipsis (In II. sent. distinct.
XVII, q. 1, a. 2).
Alle Wesen, die nicht Gott sind, sind durch Gott aus dem Nichts ge-
schaffen, indem Gott aus den verschiedenen möglichen Welten die jetzige
gewählt und verwirklicht hat (Summ, theol. I, q. 25, a. 5 u. 6). Die Welt be-
steht nicht von Ewigkeit her, sondern seit einem bestimmten Momente, mit
welchem auch die Zeit erst begonnen hat. Thoraas hält das Geschaffensein
der Welt nicht, wie Albertus Magnus (siehe oben S. 472), für einen bloßen
Glaubenssatz, sondern auch für wissenschaftlich beweisbar (durch die oben ange-
führten Beweise der Existenz Gottes als des Welturhebers). Dagegen erklärt er den
zeitlichen Anfang der Welt nur für einen Glaubenssatz und nicht für
philosophisch erweisbar. Die Arguraente des Aristoteles und der Peripatetiker
für die Anfangslosigkeit der Welt gelten ihm zwar als nicht beweiskräftig (Contra
—
gent. II, c. 32 37; S. theol. I, q. 46, a. 1 u. 2), aber er schreibt ebensowenig den
philosophischen Argumenten für den zeitlichen Anfang der Welt volle Beweiskraft
zu (Contra gent. II, c. 38; S. theol. 1. c). Der Satz: oportet, ut causa agens
praecedat duratione suum causatum, gilt nicht von einer vollkommenen Ursache;
Gott konnte nach seiner Allmacht auch Ewiges schaffen. Das Geschaffcnscin der
Welt ex nihiio beweist nicht (wie noch Albert angenommen hatte; siehe oben
S. 472) einen zeitlichen Anfang. Denn das ex nihiio bedeutet nur: non esse
aliquid, unde sit factum oder non ex aliquo. Das non esse braucht aber nicht
zeitlich vorangegangen zu sein, und in dera ex nihiio liegt daher ein post
nihil um nicht notwendig im Sinne der zeitlichen Folge, sondern nur im Sinne
einer Ordnung. Auch würde die Welt durch die Anfangslosigkeit nicht eine
Wescnsgleichheit mit Gott erlangen; denn sie ist der beständigen Veränderung in
der Zeit unterworfen, während Gott unveränderlich ist. Der Satz der Unmög-
lichkeit des regressus in infinitum in causis efficientibus steht nicht entgegen,-
weil es sich bei der Welt nur um Zwischenursachen, nicht um die absolute Ur-
sache handelt. Wenn die Vereinbarkeit der Anfangslosigkeit der Welt mit der
496 § 39. Der Aristotelisraus. Thomas von Aquin.
Maimonides als mit seinem großen Meister Albertus hat", was schon br-i A. Stück!
((resch. d. Philos. d. Mittelalt. II, S. 559) starke Verwunderung erregt hatte.
biliö, die Modifikationen der Araber aber aus lateinischen Übersetzungen der
betreffenden Schriften konnten und mußten, so ist die Überein-
l)ekamit sein
stimmung mit Maimonides in diesem Punkte nicht als Abhängigkeit zu fas«on
(vgl. Zückler, Geschii'hte d. Beziehungen zwischen Theologie u. Naturwissen-
sthaft, I. Bd. S. 3(>4 ff.). Im Gegenteil weicht Thomas von Maimoiiideä in
wichtigen Punkten ab. Während nämlich ersten.s Maimonides mit bloßen
Vernunftgründen, nämlich auf Grund der Verschie<Jenheit der Bewegung, die
Existenz der Intelligenzen demonstrativ beweisen will und so viele Intelligenzt'f.
als Sphären statuiert, nimmt Thomas allerdings ein geistiges Prinzip für die
tSphärenbcwegung an. äußert sich aber über die Natur desselben (ob Gott oder
getrennte geistige Substanzen, substantiae separatae) sehr reservirrt. Die
Argumente für letztere Eventualität sind ihm keine apodiktis.hen . sondern
bloße Kongruenzbeweise (Contra gent. III, c. 23. S. theol. 1, q. 70, a. 3 c'.
Jn lib. II de coelo et mundo, lect. XVII, ed. Leonina III, p. iStlb, macht er
yogar die interessante kritische Bemerkung: „Licet enim falibus supjio-
sitionibus apparentia salvarentur, non tarnen oporiel dicere, has
facti«
suppusitiones esse vcras, quia forte seeunduui aliquem alium
modum, nondum ab hominibus comprehensum, apparentia circa
Stellas salvantur." Der gleiche Gedanke kommt auch in der Summ, theol. (I,
q. dt? a. 1 ad 2) zum Ausdruck: Alio modo indiicitur ratio non quae sufficientcr
probet radicem. sed iam positae ostendat congruere cotisequentes
quae radici
effectus. Sicut in ratio excentricorum et opicyclorum ex
astrologia ponitur
hoc, quod hac positione facta possuut salvari apparentia sensi-
bilia circa motus coelestes; non tarnen ratio haoc est suffi-
cientcr probans, quia etiam forte alia positione facta salvari
possent. Indessen schöpft Thomas diese methodisch luichst einsichts-
vollen Bemerkungen über den Wahrheitswert der a>tronoraisoheii Hypothesen
keineswegs aus sich selbst. Sie stammen vielmehr, worauf P. I)uheni (Essai sur
la nofion de thoorie physique, Paris 19()8, S. 25, 49) aufmerksam gemacht hat.
aus dem von Wilhelm von Moerbeke (siehe oben S. 408) aus dem Grie-
chischen übersetzten Kommentar des Simplicius zu Arist. de coelo, in lib.
I, 2, ed. Heiberg, Berlin 1894, S. 32 (Arist.-Kommentare N'ol. VII): Ar,/.ov
df:, ort IV 7if()i tag viiodeoeig xai'Tag diatpegeo^ai ovx yaiir tyy.Xijinr xo yüo jiooyef-
(tFvov £0X1. xivog vjioxed^ii'xog aco&eitf ar za qaivöfieva; oudkr orv Oavitaaxör, f'
Die Engel sind die frühesten und höchsten Geschöpfe Gottes. Sie haben
ihr Sein nicht durch sich, sondern von Gott. Sein und Wesen ist bei ihnen nicht
identisch. Sie sind einfach. Die Vielheit der Engel ist eine
nicht schlechthin
Vielheit von Individuen. Aber da diese stofflos sind, so kann der Unterschied
derselben (wie Thomas im Anschluß an Avicenna lehrt) in dem vorhin an-
gegebenen Sinne nur nach Art des Speziesunterschiedes gedacht werden (De cnte
et essentia c. 5: Quotquot sunt individua, tot sunt species, ut Avicenna dicit
expresse). Zu den Engeln gehören auch die gestirnbewegenden In-
telligenzen. Thomas legt (C. gent. 1. III, c. 23 u. ö.) der Annahme, daß die
Gestirne durch eine nicht physische, sondern intellektuelle Ursache (also entweder
unmittelbar durch Gott oder durch Engel) bewegt werden, apodiktische Ge-
wißheit bei und der Annahme, daß sie durch Engel bewegt werden, Vernunft-
probabilität.
immaterielle, von dem Leibe trennbare Existenz hat, auch die animalischen und
vegetativen Funktionen zu. Eine und dieselbe Substanz gilt ihm zugleich
alsformbildendes Prinzip des Leibes, ferner als anima sensitiva und vegetativa, und
endlich auch als anima rationalis sive intellectualis. Die anima sensitiva und
vegetativa sind schon vorhanden, che die inteUectiva hinzuritt. Während die
beiden ersteren den Embryo formen, wird die letztere unmittelbar durch
Schöpfung hervorgebracht, tritt von außen hinzu und vereinigt eich mit
den früheren beiden so innig, daß diese ihre Selbständigkeit verlieren (corrum-
puntur).
trüben würde (Comm. de an. III, 4; S. th. I, q. 75, a. 2 e). Gott, der aktive
menschliche und der passive menschliche Intellekt verhalten sich zu einander, wie
die Sonne, ihr Licht und das Auge (Quodlibeta VII, q. 1, a. 1 c). Die Formen,
die vermittels der Sinne aus der Außenwelt aufgenommen werden, macht der
aktive Intellekt wirklich intelligibel, wie das Licht die Farben der
Körper wirklich sichtbar macht, und erhebt sie vermöge der Abstraktion zu
einer selbständigen Existenz in unserem Bewußtsein. Alle menschliche Er-
kenntnis ist durch irgend welche Einwirkung der zu er-
kennenden Objekte auf die erkennende Seele bedingt. Es gibt
keine angeborene, von aller Erfahrung unabhängige Erkennt-
nis. Wer eines Sinnes beraubt ist, dem fehlen auch die entsprechenden
Begriffe: der Blindgeborene hat keinen Begriff von den Farben. Der
menschliche Intellekt bedarf zu seiner irdischen Wirksamkeit des sinnlichen
Bildes (phantasma), ohne welches kein aktuelles Denken möglich ist, obschou
der Sinn als solcher nicht das Wesen der Dinge, sondern nur ihre Akzidentien
und das Einzelne erfaßt. S. theol. II — II, q. 8, a. Ic: nam cognitio sens^itiva
üccupatur circa qualitates sensibilea ext er io res; cognitio autem inteUec-
tiva penetrat usque ad essen tiam rei. Objectum enira intellectus est quod
quid est. Ib. I, q. 86, a. 1, ad 4: I7nde id quod cognoseit scnsus materialiter
et concrete, quod est cognoscere singulare directe, hoc cognoseit intellec-
tus im materialiter et abstracte, quod est cognoscere universale. Ib. I, q. 84,
a. 6 c sed Ulud superius et nobilius agens, quod vocat intellectum agentem,
:
Dovo, sed etiam utemlo scieiitia iani acijuipitu. requiritur actus ima^inationis et
caeterarum virtutum. Videmus eiiira, quod impedito actu virtutis iraaginativat
per laesioiieni organi, ut in plirenelicis, et similiter impedito actu inemorati\ae
virtutis, ut in lothavgicis. irapeditur homo ab inteiligendo in ac.'u etiam ea, quo-
rnm seientiam pracaccepit, 8ecundo, quia hoc (juilibet in seipso experiri potest,
quod quando ali(iuis conatur aliquid intelligero, tormat pibi uliqua phantasmata,
per niodum excniploriim, in (|ulbus (juasi inspiciat, quod intelligere studet. Et
inde est etiam, quod i^uando alitiuem voiumus tacere aliquid intelligere, proponi-
nius ei exeuqjla, ox quibus sibi phantiisniata forraare possit ad intelligeudum.
liuius autem ratio est, quia potcuiia cognoscitiva proportionatur cognoscibili.
Unde intellectus angeli. qui est totaliter a corpore sei«ratu8, obiectum proprium
est substantia intelligibilis a corpore se]»arata, et per huiusmodi intelligibile mate-
rialia cognoscit; intellectus autem humani, qui est coniunctus coqwri, proprium
obiectum est quiditas sive natura in raatcna corporali existens, et per huius-
modi naturas rerum etiam in invisibilium rerum aliqualem Cognitionen!
visibilium
ascendit. De rationc autem huius naturae est, quod in aliquo individuo existat,
quod non est absquc materia cori>orali. —
Si autem proprium obiectum intellectus
iiostri esset forma separata. vel si formae rerum sensibiliura subsisterent non in
Die averroistische — besonders durch Siger von Brabant (H. diesen) ver-
tretene — Annahme der Einheit des unsterblichen Intellekts in allen
Menschen (intellectum substantiam esse oranino ab anima separatam, esseque
unum in omnibus hominibus). wodurch die individuelle Unsterblichkeit aufge-
hoben wird, bezeichnet Thomas
als einen recht uiiziemüchen Irrtum (error in-
decentior), der geraumer Zeit bei vielen Macht gewonnen habe.
schon seit
gesondert existiere, von außen eingehe und na'^h der Auflösung des Leibes wirk-
sam bleiben könne. Gegen die Wahrbeil der averroistischen Lehre stellt Tho-
mas die Argumente auf, ein von der f^eele gesonderter Intellekt würde nicht
dazu berechtigen, den Menschen selbst vernünftig zu nennen, und doch sei die
Vernünftigkeit die spezifische Differenz des Menschen gegenüber den l'ieren; mit der
Vernunft aber würde zugleich der durch sie bestimmte Wille und dadurch der
moralische Charakter aiifgehobeii werden. Endlich würde die notwendige Be-
ziehung des Denkens zu d'Mi siniilicheii Bildern (phantasmata) bei einem von der
Seele abgesonderten Intellekt nicht statthaben können. Die Annahme der Ein-
heit des tätigen Intellekts in allen Men.schen aber erscheint ihm als absurd, weil
daraus eine individuelle Einheit der verschiedeneu Pei-sonen und eine völlige
Gleichheit ihrer (xt'danken foli;cn würde, was doch der Erfahrung widerstreite.
Freilich treffen diese Einwürfe nv.v unter der Voraussetzung zu, daß der Eine
von jedem Individuum treimburo Intellekt nicht als der Eine Gemeingeist in d'T
Vielheit der vernünftigen Individuen gedeutet werde, sondern als ein außer ihnen
für sich bestehender Intellekt. (Jber den Averroismus des 13. Jahrhun-
5 39. Der Aristüiei')?nuis. Thoniasj von A«iuin. 501
derts und die i^tellnng des hl. Thomas dazu vgl. P. Mandonnet's un-
f.'issendc und gründliche Studie: Siger de Bnibant et rAverrcii'siiu- latin au XI 11
Thomas erklärt s^ich gleich sehr gegen die Präexistr;-;;', als für die
Fortdauer der menschlichen Seele jenseits des irdischen Lebens. Der
platonischen Prätxistenzlehre stellt er den Schluß oitgegen, der Sf-ele als forma
auch später. Quod convenit alicui praeter naturam, inest ei per accidcns quod ;
autem accidens est, semper posterius est eo (juod est per se. Animae igitur
prius convenit esse unitam «-orpori. quam esse a corpore separatam. Gott
schafft die Seele unmittelbar, sobald der Leib prädisjwniert ist (C. gent. 1. H,
c. 83 sqq.).
gleich das formgebende Prinzip des Leibes ist, so bildet sie sich vermöge eben
dieser Kraft nach dem Tode einen neuen Leib an, der dem früheren gleichartig
ist (Contra gent. 1. IV, c. 79 ff.).
f)02 i^
^'••'- i^fT Aristotelismus. Thomas von Aquin.
Die Ethik, der Thomas ii) den beiden umfangreichen Abschnitten der
Pars secunda seiner theologischen Summe eine außerordentlich eingehende und
glanzvolle Darstellung gewidmet hat, folgt der aristotelischen in der Begriffs-
erörterung der Tugend und in der Einteilung der Tugenden in die ethischen und
dianot'tischen, wovon die letzteren auch dem Thomas die höheren sind. Das
beschauliche Leben steht ihm, sofern die lieschauung eine theologische ist. über
dem praktischen. Die philosophi.schen Tugenden aber, an deren Spitze Thomas
mit Albert die vier platonischen Kardinaltugenden stellt, reiht er an die theo-
logischen: Jene führen als virtutes acquisitae zur
Glaube, Liebe, Hoffnung, an.
natüiiichen, diese aber, als von Gott eingegossen (virtutes in-
die theologischen,
fusae) zur übernatürlichen Glückseligkeit. Noch komplizierter wird die Tugend-
lehre des Thomas dadurch, daß er (nach Macrobius) auch die plotinische
Unt erscheidung von bürgerlichen, reinigenden und vollendenden
Tugenden (virtutes politieae, ))urgatoriae, e.xemplares) sich aneignet. So setzt
eich die Fugendlehre bei Thomas aus recht verschiedenartigen Elementen zu-
sammen. Der Wille unterliegt nicht der Notwendigkeit im Sinne des Zwanges,
Mobei das Erzwungene dem Gewollten entgegengesetzt ist, wohl aber der die
Freiheit nicht aufhebenden Notwendigkeit, nach dem Endzweck zu streben. äIo-
veri vüluntarie est nioveri ex se, id est a principio intrinseco (Summa th. I,
q. 10.5 a. 4 ad 2). Über den Endzweck urteilt das Tier, an das Einzelne gebun-
den durch den Instinkt, der Mensch aber frei nach Vcrgleichung der Güter durch
die Vernunft (ex collatione quadam rationis). Durch Hervorrufen der einen oder
der anderen Klasse von Vorstellungen können wir unseren Entschluß bestimmen.
Die Wahl steht bei uns; doch bedürfen wir, um wahrhaft gut zu sein, der gött-
lichen Hilfe schon zu den natürlichen Tugenden, die der Mensch ohne den Sün-
denfall aus eigener Kraft würde üben können. Die (auch durch den Sündenfall
unverlorene) synderesis (synteresis) kann nicht eine Potenz sein (da jeder
bloßen Potenz die Doppelseitigkeit anhaftet), sondern habitus naturalis sie ist
piorum speculabilium (S. theol. I, q. 79, a. 12 c). Die conscientia aber ist
actus, Cjuo scientiam nostram ad ea,quae agimus, applicamus (Ib. I, q. 79, a. 13 c).
Über Herkunft des Ausdrucks synderesis siehe oben S.47tf. Die höchste
die
und vollkommene Glückseligkeit liegt in der Anschauung des gött-
lichen Wesens (visio diviuae essentiae). Diese kann, da sie ein Gut ist,
welches die Kraft des geschaffenen Wesens überschreitet, nur durch Gottes Wirk-
samkeit dem endlichen Geiste zuteil werden (Summa th. I, q. 12, a. 5 sqq.;
J II, q. 1 sqq.'.
sur Testhetique de St. Th. d'Aq., Löwen 1896, und dazu M. Gloßn e r, Jahrb. f. Philos.
u. spek. Theol., Xll, S. 204— 267. Der Ausgangspunkt hierfür ist Pseudo-Dio-
nysius (De div. nom. c. 4, n. 7 ff.). Thomas lehrt (S. theol. II — II, q. 145, a. 2c):
Sicut accipi potest ex verbis Dionysii, ad rationem pulchri sive decori concurrit et
claritas et debita proportio. Und daher heißt es Ib. I — II, q. 27, a. 1,
ad 3: Pulchrum est idem bono sola ratione differens. Cum enim bonum
sit, quod omnia appetunt, de ratione boni est, quod in eo quietetur appetitus.
Sed ad rationem pulchri pertinet, quod in eins aspectu seu cogni-
tione quietetur appetitus; unde et illi sensus praecipue respiciunt
pulchrum, qui maxime cognoscitivi sunt, scilicet visus et auditus
§ 40. Der Kampf für und gegen Thomas. .503
Ausgaben.
I. Peter von Tarentaise.
Der Kommentar des Peter von Tarentaise zu den vier Büchern
der Sentenzen des Lombarden wurde gedruckt unter dem Titel: Innocenlü
C^uinti in quattuor libros sententiarum commentaria, Tolosae 1649—1652. Die-
über den Gottesbeweis handelnde Partieist auch abgedruckt bei A. Daniels,
l^uellcnbeitr. u. Unters, z. (^esch. d. Gottesb., Münster 1909, S. 68—71.
d
§ 40. Der Kampf für und gegen Thomas. Ausgaben. 50&
in der Basler Bibliothek Cod. B. IIL 13. Handschriften zu den übrigen Werken
siehe bei Fr. Ehrle, a. a. O., S. 286.
dazu B. Haureau, —
Notices et extraits V, Paris 1892, S. 20 21 (besprochen wird
eine Pariser Handschrift zum Sentenzenkommentar). De potestate ecclesiae
et papae, Parisiis 1500, 1506, 1657. Tractatüs de secundis iiitentioiii-
bus, Parisiis 1489, Veuetii.s 1513. Quodlibeta quattuor maiora, Venetiis
1486. Zusammen mit den Quodlibeta minora und acht Traktaten unter
dem Titel Subtilissiraa Hervei Natalis Britonis .... Quolibeta undecim cum
:
ocio ipsius profundissimis tractatibus, Venetiis 1513. Ein Teil des in der t-beu
genannten Venediger Ausgabe vollständig gedruckten Traktats unitate for- De
marum wurde auch mit dür Summa
philosophica des Cosinus Alaman-
—
nus, Paris 1638 1639, als ein Werk von Thomas von Aquin veröffentlicht.
In der Neuausgabe der Werke des Cosmus Alaraannus durch Ehrle. Paris
1894, t. III, S. 523—582 wurde diis Fragment wieder abgedruckt; Ehrle bat
aber die Zugehörigkeit an Herveus erkannt. Weiterhin ist zur Venediger Aus-
gabe 1513 zu bemerken, daß das Quodlibet XI, das letzte der Edition, in Wirk-
lichkeit mit den Quodlibets III und IV des Gottfried von Fontaines iden-
tisch ist. Siehe M. de Wulf et A. Pelzer, Les quatres premiers quodlibets de
Godefroid de Fontaines, Louvain 1904, S. X; A. Pelzer, Godefroid de Fon-
taines, Kev. iido-scol. 1913, S. 529. Anm. 2.
Die handschriftliche Überlieferung zur Abkürzung der Quod-
libeta des Gottfried von Fontaines durch Herveus siehe M. (irab-
mann, Die Lehre des hl. Thoni. v. A. von der Kirche al.s Gotteswerk, S. 31;
E. Krebs, Theologie u. Wissenschaft usw., Münster 1912. S. 9 (IV); A. Pelzer.
a. O., S. 379 f.
a.
Einen Auszug aus der Schrift des Herveus Defensa doctrinae divi
Thomae hat E. Krebs. Theoloiiie und Wissenschaft nach der Lehre der Hoch-
506 § -tO. Der Kampf für und gegen Thomas. Ausgftl>en.
Scholastik, an der Hand der Defensa doctrinae divi Thomac des Hervaeus Na-
talis, Münster 1912 (Beitr. zur Gesch. der Thilos, des Mittelalt. XI, 3—4) ver-
•jffentlicht.
Die handschriftliche Überlieferung zu den gegen Heinrich von
Gent gerichteten Traktaten wird behandelt von ß. H
aunöau, Notices et ex-
traits I, Paris 1890, S. lG4-ir)r), von 1'. Mandonnet, Premiers travaux de poI6-
mique thomiste, Revue des sciences philos. et theol. 1913, 8. Ü3— 05 und von
A. Pelzer, Godefroid de Fontaine^, Revue n^o-scol. 1913, S. 370, Anm. 4.
X. Aa^stinus Triuniplius.
Opusculum perutile de cognitione aniraae et eins potentiis Augu
de Anchona, Bononiae 1503. — Comm. in orationem Dominicam, ed.
stini
Angelus Rocca, Rom 1587. — Comm. in cant. Deiparae et salutationem
Angelicam, ed. A. Rocca, Rom 1590, 1592. — Rlilleloquium ex S. Augu-
stini operibus, Lugduni 1555; Paris 1645, 1672. — Summa de potestatc papae
(ecclesiastica), August. Vindel. 1473, Rom 1473, 1579; ed. A. Rocca, Rom 1582.
Ein Tractatus contra articulos inventos ad diffamandum sanctisai-
mum patrera dominum Bonifaciura ist mit Kürzuntjen bei H. Finkc,
Aus den Tagen Bonifaz' VIII.. Münster 1902, S. gedruckt, drei LXIX— XCIX
weiterekleinere Traktate bei R. Scholz, Die Publizistik zur Zeit Philipps des
Schönen und Bonifaz' VIII., Stuttg. 1903, S. 486-516.
Die Wirkung der thomistischen Schriften und Lehren war bei den Mit-
lebenden, wie bei der Nachwelt, eine außerordentlich tiefgehende. Alle wissen-
schaftüchen Richtungen sahen sich gezwungen, zu ihnen Stellung zu nehmen.
So schieden sich die Zeitgenossen beim Tode des Äquinaten in zwei getrennte
Lager. Die einen standen gegen, die andern für Thomas.
Von den Dominikanern ist Thomas durch die Beschlüsse der
Generalkapitel von 1278, 1279, 1286. 1309 und 1313 zum doctor ordinis
erhoben worden (den Text der betreffenden Vorschrift siehe Monu-
nienta Ordinis Praedic. Historica, t, III und IV. Acta Capitulorum Gene-
ralium, vol. 1, ed. B. Reichert, Stuttgart 1898, S. 199, 204, 235; vol. 2,
1899, S. 38, 64j. Indessen sind heftige und langjährige Kämpfe dem Tho-
mismus nicht erspart geblieben. Von Seite der älteren, in augustinischcn
Theorien aufgewachsenen scholastischen Lehrer erhob sich gegen die neue, durch
Albert und Thomas angebahnte aristotelische Richtung eine weitverbreitete
Opposition, die ihre Fäden von Paris bis Oxford spann. Im Schöße des Do-
minikanerordens selbst hatte diese ältere augustinische Richtung zahlreiche
und bedeutende Vertreter. Hierher gehören Roland von Cremona, gest.
1250, der Dominikaner, der 1229—1231 an der Pariser Universität einen
erste
Lehrstuhl innehatte, der Verfasser von Conclusiones super libros senten-
tiarum (handschriftlich vorhanden in der Bibliotheque Mazarine in Paris
Nr. 795; nach R. Seeberg, Lehrb. d. Dogmengesch. III, 2. u. 3. A.. Leipzig
1913, S. 316, Anm. 1), ferner Hugo von St. Cher, 1230 Magister der Theologü-
in Paris, gest. 1263, einer der ersten Kommentatoren der Sentenzen des Petrus
Lombardus — sein ungedruckter Sentenzenkommentar entstand zwischen
1230 und 1232; siehe die Handschriften bei P. Mandonnet, Siger de Brabant,
Ire part., Louvain 1911, S. 53, Anm. 2. An dritter Stelle ist zu nennen Peter von
Taren taise, der 1256— 1258 über die Sentenzen las, vom Herbst 1258 bi^
in Paris
zum Sommer 1265 ebenda als Magister der Theologie dozierte, 1259 mit Albert
und Thomas an der Neuordnung des Studienplanes für den Dominikanenndcr.
508 § -10. Richanl Fiisaore. Robert Kihvardby.
beteiligt war und 1270 als Iniioceiiz V. den päpstlichen Stuhl l>e6tieg, aber nach
divisionem nisi per materiam). Einer der strittigsten Lehrpunkte, die tho mi-
stische Doktrin von der Einheit der Lebensform im Menschen, war
dem Scliicksal der Verdammung in Paris entgangen. Die Verurteilung dieser
These ertolgte aber wenige Tage später, am 18. März 1277, jenseits des Kanals in
der englischen Wissenszentrale, in Oxford, durch den Erzbischof von Canterbury
Robert Kilwardby. Die verurteilten Sätze: 4 in graramaticalibus, 10 in logi-
calibus und 16 in naturalibus, z. B. n. 12: Item quod vegetativa, sensitiva et in-
tellectiva sint una forma simplex. n. 16: Item quod intellectiva unitur materie
prime ita quod corrumpitur iUud. quod precessit usque ad materiam primani, siehe
bei H. Denifle, a. a. O., S. 558 f.
Kilwardbys unmittelbarer Nachfolger auf dem erzbischöflichen Siuhl von
Canterbury, John Peckhani erneuerte am 29. Oktober 1284 und am 30. April 1286
,
er vor allem auf die These von der Einheit der Lebensform im Menschen
(in humine existere tantunimodo formam unamj abzielte; siehe Ehrle. John Peck-
hain über den Kampf des Augustinismus und Aristotelismus in der zweiten Hälfte
des 13. Jahrh., in: Ztschr. f. kath. Theol., Bd. 13, 1889, S. 172—193. Das Ver-
zeichnis der 12SG vorurteilten Sätze siehe Registrum epist. Fr. Jo. Peck-
ham. ed. Martin III, 921, auch D'Argentr^e, Collectio iudicioruni I. 237 f.
Wie die Verteidigungsschrift des Robert Kilwardby an seinen Ordenpgenossen,
den Erzbis^'hof von Korinth, Petrus de Confleto (Archiv f. Lit.- u. Kirchen-
—
gesch. V. S. 603 035), gewähren auch die Briefe John Peckhams, die Ehrle
(Zeitschr. f. kathul. Theol. 13, 1889, S. 172—193) veröffenthchte, einen tiefen
Einblick in die Streitpunkte und den Gegensatz zwischen der älteren augusli-
nischen und der jüngeren peripatetisch- thomistischeu Richtung. Besonders
charakteristisch wirkt in die-^er Beziehung eine Stelle aus dem Briefe Peckhams
an den Bischof von Lincoln vom 1. Juni 1285 (ed. Ehrle. S. I86i: l'raeterea
noverit ipse, quod philosophorum studia rainime reprobamus, quatenus mystcriis
theologicis famulanlur; sed prophanas vocum novit ates, qune contra
philosophicam veritatein sunt in sanctorum iniuriara citra viginli
annos in altitudincs thculogicas introductae, abiectis et vilipen^ib
510 § 40. Heinrich von Gent.
sanetoruin assertion ibus evidenter. Quae sit ergo soUdior et sanier doc-
irina vel filiorum s. Francisci, sanctae scilicet meraoriae fratris Alexandri ai- fratris
Bonaventtirae et consimilium, qui in suis omni calumnia alienis
tractatibus ab
eancti.s et philosophisinnituntur, vel illa novella quasi tota con traria, quae
quidquid docet Augustinus <leregulis aeternis et luce incommu-
tabili, de potentiis animae, de rationibus seminalibus inditis
niateriae et consimilibus innumeris, destinat pro viribus et enervat,
pugnas verborum inferens toti mundo, videant antiqui, in qnibus est sapientia,
videat et corrigat deus coeli.
Führten StephanTempier, Robert Kilwardby und Job u Pec khani den
Kampf gegen Thomas und die neue Richtung mit den Waffen der Autorität, so unter-
nahm es der Ordensgenosse und Landsmann Peckhams Wilhelm de la Mare
(siehe oben S. 4r)2 f über den Xaracn Fr. Ehrle, Der Kampf um die Lehre d. hl.
.
;
Thomas usw., S. 271, A. 2), mit den Methoden der wissenschaftlichen Kritik gegen
den Thomismus vorzugehen, indem er 1277 oder 1278 (nach Ehrle. a. a. 0.,
.•^. 27o) kurz nach der Pariser Verurteilung seine Streitschrift Correctorium
fratris Thomae sehrieb. Wilhelm zog aus den Hauptschriften von Thomas
117 Sätze aus, kritisierte und zenFurierte einen jeden derselben und widerlegte
sie. 47 dieser Sätze beziehen sich auf den ersten Teil der Summa theol.. 12 auf
die prima secundae, 16 auf die secunda secundae, 24 auf die Quaestiones dispu-
tatae, 9 auf die Quaestiones quodlibetales und 9 auf das erste Buch der Sentenzen.
Wie sehr Wilhelms Polemik der Stimmung im Franziskanerorden entgegen
kam, beleuchtet grell die Mahnung, die der General minister auf dem «Jrdens-
kapitel zu Straßburg 1282 den Provinzialen mit auf den Weg gab (Mandonnet,
Siger de Brabant, Ire part., Louvain 1911, S. 102, Anm. 4j: non permittant mul-
tiplicari Suramam fratris Thomae nisi apud lectores notabiliter intelligentes, et
hoc nisi cum declarationibus fratris G[uillelmi] de Mara, non in
marginibus positis, sed in quaternis; et huiusmodi declarationes non scribantur
per aliquos saeciüares. Das Correctorium Wilhelms liegt für sich allein
als selbständige Schrift in einer Reihe von Handschriften vor (9 an der Zahl),
die von Fr. Ehrle (a. a. O., S. 274—277, 317) beschrieben wurden. Ja selbst in
mehreren Drucken ist es erhalten, insofern es vollständig in das Correctorium
corruptorii fratris Thomae übernommen wurde, das unter dem Namen des
Aegidius von Rom öfter gedruckt wurde (siehe unten). Über eine zweite
Redaktion von AVilhelnis Corretorium berichtet Fr. Ehrle (a. a. 0.,
S. 306-309).
Äußerlich nicht so aggressiv, wie StephanTempier, Robert Kilwardbv,
John Peckham und Wilhelm de laMare, aber innerlich und sachlich nicht
weniger ablehnend wie dem Thomismus gegenüber der glänzendste
sie, stand
Vertreter des Augustin ismus in den Reihen des Weltklerus, Heinrich
von Gent.
Über Leben und Lehre Heinrichs von Gent, des „doctor Bolemnis*", war
man bis in die letzte Zeit ebensowenig unterrichtet, wie über jene Sigers von
Brabant. Was zunächst das Biographische angeht, so wurde nach der nega-
tiven Seite hin das bisherige Fundament damit erschüttert, daß Alfons Watiters
die zugunsten Heinrichs geltend gemachte päpstliche Bulle, deren Daten bis-
her maßgebend gewesen waren, Fälschung nachwies, Bulletin de l'Acad.
als eine
royale de Belgique, 1895, XI, 356. Auf Grund der eigenen Mitteilungen
2. s^rie.
Heinrichs (in den Quodjibetal brachte dann Ehrle neues, reichhaltiges Material
herbei in Archiv f. Lit.- u. Kirchengesch. des M.-A., Bd. I. 1885, S. 365—401,
v»07— 508. An Ehrl es Aufsatz schloß sich eine große Reihe von Einzelunter-
J
§ 40. Heinrich von Gent. 511
Buchungen an, welche Baeumker im Arch. f. Gesch. d. Phil.. Bd. V, 1S92, S. 131
sorgfältig verzeichnet.
Heinrich von Gent gehörte nicht dem edlen Genter Geschlechte derer
von Gocthales an. Er ist zu Gent, nicht in Muda bei Gent, geboren. Sein Vater,
Johann de Sceppere, war vermutlich ein Schneider. Seine Geburt fällt
in den Anfang des 13. Jahrhunderts; seine erste Ausbildung erhielt er an der
Kapirelschule zu Tournai. Er ist weder, wie die legende will, als Schüler
Albertä d. Gr. in Köln gewesen, noch gehörte er je dem Servitenorden an. 1267
war er Kanonikus in Tournai, 1276 Archidiakonus in Brügge und 1278 solcher in
Tournai. 1277 wurde er Magister der Theologie an der Pariser Universität und
wohnte als solcher der von Stephan Templer in demselben Jahre einberufenen
Versammlung der Theologieprofessoren bei, in welcher die bekannte Ver-
urteilung Averroismus und einiger thomistischer Sätze erfolgte.
des 12S4
wurde die Entscheidung über gewisse zweifelhafte Punkte in einer der vielen
Streitigkeiten zwischen der Universität Paris und dem Kanzler Philipp de
Thoriaco von Papst Martin IV. außer zwei Bischöfen auch dem ,,diKcreto viro
magistro Henrico de Gandavo" überlassen. Er starb am 29. Juni 1293.
Heinrichs Hauptwerke sind die zwischen 1276 und 1291 oder 12'j2
entstandenen Quodlibeta (15 an der Zahl), die, ähnlich wie die gleichnamigen
Arbeiten des hl. Thomas von Aquin, die geistigen Kämpfe an der Pariser
Universität nach dem Tode des Aquinaten wiederspiegeln, ferner seine Summa
theologica, die unvollendet blieb und nur einen für das Verhältnis von Philo-
sophieund Theologie sowie für die Erkenntnislehre wichtigen Prolog und die
Gotteslehre enthält. Als weitere Schriften lassen sich handschriftlich nachweisen
ein Kommentar zu den acht Büchern der Physik and ein bedeutuns:s-
loser Logik traktat. Die Bibliothek im Escurial besitzt nach M. de Wulf
(Gesch. d. mittelalterl. Philos., S. 324, Anm. 4) Quaestiones super meta-
physicam Aristotelis. Ein Sentenzenkommentar und mehrere von A. Ven-
tura unter Heinrichs Namen edierte philosophische Werke sind nicht als echt
beglaubigt. Auch der Liber de scriptoribus illustribus darf ihm nach
den Darlegungen von ß. Haureau nicht zugesprochen werden. Dagegen scheinen
ihm anzugehören: super prima capitula Genesis, De virginitate. De poenitentia,
Quaestiones super decretalibus.
Wie bezüglich der Biographie, zeigt sich auch ein Wandel in der Auffassung von
Heinrichs System. Darüber herrschte allerdings seit Pico della Mirandola
Übereinstimmung, daß Heinrich der hervorragendste Repräsentant des Plato-
nisraus oder genauer des Augustinismus im 13. Jahrhundert sei. Während aber
Rousselot und Haureau ihn zum extremen Realisten im Sinne des Johannes
Eriugena machten, rechnete ihn Werner zu den Konzeptualisten, und Stöckl
sah den Formalismus des Duns Scotus bei ihm vorgebildet. Neuerdings hat da-
gegen Maurice de Wulf in seiner Histoire de la phUosophie scolastique dans les
Pays-Bas, Louvain et Paris 1895, eine sehr eingehende und an neuen Resultaten
reiche Untersuchung publiziert, die (nach Baeumker, Arch. f. Gesch. d. Phil.,
X, 1897, S. 287) nur den methodischen Fehler hat, daß sie den Gegensatz zu
Thomas v. Aquino allzusehr zugrunde legt und daher das System Heinrichs
genug zur Anschauung bringt.
als solches nicht plastisch
Der Magister von Gent steht in allen entscheidenden metaphysischen, er-
kenntnistheoretischen und psychologischen Lehren auf dem Boden des Augu-
stinismuo und zeigt eine interessante Ideengemeinschaft mit der älteren Franzis-
kanerschule. Anderseils bildet er, wie Richard von Middletown, Wilhelm
von Ware, in manchen Punkten die Brücke zu Duns Scotus, der ihn häufig
512 § 40. Heinrich von Gent.
/iticri und kritisiiTt. Die Materie der Binnlichen Objekte will Hein rieh von
Gent nicht als etwas Nichtreales und bloß Potentielles bizeiohnet wissen; sie gilt
ihm als wirkliches, zur Aufnahme der Formen fähiges .Substrat und
besitzt eine eigene Idee im (4eiste des Schöpfers K^uodl. I, q. 10, <m1. \'ene«.li}i
16(KS, t. I, |). 13, eol. o: Inuno ipsa est susceptibilis esse per sc tannjuam per ;•<>
potest ab omni forma. Ib. p. 14, coI. 2: Ipso etiam deo conservante (piod in ipsa
polest ereare absque omni actione formae, i>otest habere a sua natura, quod sit
aliquid in actu subsistens, licet non in tam perfecto actu, ijualem habet in com-
]X)sito sub forma; siehe M. de Wulf, Hist. de la philos. scol. dans les Pays-Bas,
S. 92. Anm.2). Heinrich spricht sodann von einem dreifachen Sein der
Materie: von einem esse simpliciter oder esse ])rimum, das sie durch eine
gewisse Teilnahme an Gott besitzt, insofern sie durch Schöpfung seine Wirkung
ist, von einem esse secundum, durch das sie eine Aufnahmefähigkeit für
die Foi'inen ist (quo est formarum quaedam capacitas), und das sie von Natur
aus besitzt, insofern sie von der Form verschieden ist. endlich von einem esse
terlium. das die Materie von der Form empfängt, insc>fern die letzere die Po-
tenz und Kapazität der Materie vollendet. Von dieser Art ist das Sein, das
die I\Iaterie in Wirklichkeit (in actu) besitzt, und durch das sie eine aktuale
Existenz hat (Quodl. I, q. 10, ed. Venedig ItK'S, t. I, p. 14, col. 1: siehe M. de
Wulf, S. 94, Anm. 2).
heit läßt sich mit bloßen natürlichen Kräften nicht erreichen. Sie kann nur ge-
schaut werden in den Regeln des ewigen Lichtes und auf dem Woge
einer speziellen göttlichen Erleuchtung (Summ, theol. I, q. 2, n. 26:
Nunc autem ita est, quod homo ex puris naturalibus attingere non j)otest ad
regulas lucis actcrnae, ut in eis videat sinceram veritatem .... illas Dens oflcrt
quibus vult et quibus vult subtrahit. Ib. n. 5: Sed in illa (incommutal)ili veritate)
nihil vidimus nisi special! illustratione divina, quia ipse excedit limites
naturae nostrae; siehe M. de Wulf, S. 178, Anm. 3, S. 179, Anm. I). Wie
Roger von Marston455 f.) und Roger Bacon (siehe
(siehe oben S.
unten), kennt auch der Gent^^r Philosoph einen intellectus agens,
•der mit Gott selbst identifiziert wird, und der den Geist erleuchtet, um die
reine Wahrheit zu erkennen, und einen intellectus agens in der Seele,
•der den Geist erleuchtet, um die bildliche, durch Abstraktion des universale
aus dem Phantasma vermittelte Wahrheit (imaginariam veritatem in conspicicndo
universale in phantasniate) zu erfassen (Quodl. IX, q. 15, ed. Venedig 1608, t. I,
höchsten Zieles nicht in der Erkenntnis, eondern in der Liebe Gottes ge-
sehen (Quodl, XIII, q. 2, ed. Venedig 1608, t. II, p. 292, col. 2: Dens Bemper magis
diligitur quam cognoscitnr et hoc, quia voluntas per dilectionem magis unitur fini
p. 163, col. 3: et sie non oportet ponere plures formas in eodem esse, immo
. . .
Klapwel. Tatsächlich schreibt der Stamser Katalog beiden ein Correctorium zu.
Eine sehr reserviei'te Haltung nimmt in der Autorfrage Fr. Ehrle ein. Ihm zu-
in erster Linie Robert de Tortocollo und Richard
folge (S. 31G) „stehen
Klapwel; in zweiter Kardinal Hugo Aisselin de Billora und Wilhelm de
Macklesf ield''. Über den letzteren siehe F. Lajard, Hist. litt, de la France,
T. 25, 1869, S. 146-154.
2. Das Correctorium corruptorii, alsdessen Autor von M. Grab-
mann (Le „Correctorium corruptorii" usw.) Johannes Quidort von Paris
nachgewiesen wurde. Johannes Quidort war 1290 Magister artium in Paris,
trat zwischen 1293 und 1300 in den Dominikanerorden, dozierte als Magister
der Theologie in Paris und starb 1306. Außer dem Correctorium stammt
von ihm ein 1302 entstandener Traktat De potestate regia et papali,
durch den er in den Streit zwischen Philipp dem Schönen und Bonifaz VIII.
eingriff. Nach Finke (Aus den Tagen Bonifaz" VIII., S. 172) „gilt der
Dominikaner als einer der ersten Vertreter der neueren Staatsidee. Er
spricht sich zuerst mit vollster Schärfe für die volle Unabhängigkeit der
Staatsgewalt und für den sittlichen Charakter des Staates im Anschluß an
Aristoteles aus*'. Kommentar zu den
Ferner besitzen wir von ihm einen
Sentenzen des Lombarden, eine Schrift D e Antichristo, ein Quod-
libet und drei Determinatio nes, darunter Determinatio de modo exi-
stendi corporis Christi in sacramento altaris alio quam sit ille
((uem tenet ecclesia, durch die er in einen Konflikt mit der kirchlichen
Autorität verwickelt wurde.
3. Das von Fr. Ehrle (S. 289-293) dem Dominikaner Durandus von
Aurillac (Durandellus) zugeschriebene, ruhig gehaltene Correctorium cor-
ruptorii, das Mandonnet iS. 56) dem Hugo de Billom, gest. 1298, zuweist,
der im Stamser Katalog (H. Denifle, Arch. etc. II, S. 23S, n. 92) als Verfasser
eines Corrcctoriums genannt wird.
4. Das zwischen 1280 und 1288 abgefaßte Apologeticuni veritatis super
corruptorium, das Rarabert dei Primadizzi von Bologna, gest. 1308, zum
Verfasser hat, imd das nach Ehrles Urteil die reifste und gehaltvollste der
bis jetzt bekannten Widerlegungen Wilhelms ist. Siehe H. Denifle, Arch.
etc. II, S. 210, n. 45; Ehrle, S. 293—298; Mandonnet, S. 59.
5.Das Correptorium des Anonymus des Merton-Kollegs (Cod. 267).
Siehe Fr. Ehrle, S. 298 300.
Auf das pseudo-aegidianische Correctorium erfolgte eine Replik, die im
Cod.' lat. Elector..460 (ehemals theol. q. 13) der Berliner Kgl. Bibliothek erhalten
ist. Sie stammt aber nicht, wie Grabmann (S. 408) und Mandohnet (S. 57 f.)
(siehe oben S. 457 f.). Daß der Dominikaner Richard Klapwel nicht der Autor
sein kann, ergibt sich schon daraus, daß der Traktat nicht die Einheit, sondern
die Pluralität der Formen lehrt. Siehe M. de Wulf, Gilles de Lessines de uni-
tate formae. Louvain-Paris 1902, S. 5.
Gegen die Pariser Verurteilung vom 7. März 1277 wandte sich auch
Johannes von Neapel, —
der 1315 1317 in Paris dozierte, 1319 und 1323 bei
dem Kanonisationsprozeß beteiligt war und noch 1336 in Neajiel lebte. Seine
Schriften blieben ungedruckt mitAusnahme seiner Quaestiones disputatae,
die unter dem Titel: Quaestiones variae XLII- Parisiis disputatae, Xapoli 1618
veröffentlicht wurden. Weiterhin gehören ihm an Quaestiones quod-
libetales. die nur handschriftlich vorhanden sind. Diebeiden ersten Quodlibeta
wurden 1315 — 1317 zu Paris gehalten. In dem zweiten dieser Quodlibeta, sowie
in einem kleinen Traktat verteidigte Johannes Thomas von Aquin gegen die
Aktion von 1277.
Thomas' Sentenzenkommentar zeigt noch deutliche Zusammenhänge mit
der Denkweise der alten, an Augustinus orientierten Schule. In den
späteren Schriften, insbesondere in der Summa theologica, treten in
manchen Punkten merkliche Abweichungen, die in dem Entwicklungsgang von
Thomas begründet sind, gegenüber dem Frühwerk zutage. Diese leicht be-
greiflicheDiskordanz zwischen dem Sentenzenkommentar und der Summa theo-
logica hat mehrfach eine schriftliche Fixierung gefunden. So erwähnt P. Man-
donnet (Premiers travaux, S. 247 f.) aus Handschriften eine Abhandlung: Con-
clusiones quibus sanctus Thomas videtur contradicere sibi ipsi,
in
eine andere: Articuli in quibus doctor sanctus aliter dixit in Summa
quam in scripto sententiarum, eine dritte: Articuli vel puncta se-
quuntur in quibus frater Thomas melius in Summa quam in scripto
(sententiarum). Siehe dazu auch F'r. Ehrle, Thomas de Sutton, sein Leben,
seine Quolibet und seine Quaestiones disputatae, Festschr. f. G. v. Hertling,
Kempten 1913, S. 431, Anra. 2 (wo noch weitere handschriftl. Quellen für der-
artige Sammlungen verzeichjiet werden).
Die Freunde von Thomas waren nun eifrig bemüht, diese
Dissonanzen und Widersprüche, die von gegnerischer Seite zu Un-
gunsten des ausgebeutet werden konnten, auszugleichen.
Aquinaten Ein
solcher Versuch liegt vor in: Concordia contradictionum
konkordi^^tischer
fratris Thomac in scripto Sententiarum cum Summa et aliis suis
Quaestionibus. P. Mandonnet (Premiers travaux etc., S. 248—252) weist
den Traktat dem Dominikaner IJenedict von Assignano, 1321 Magister der
Theologie in Paris, gest. 1339 als Bischof von Como, zu und verlegt seine Ent-
stehung in die Jahre 1320-1322.
Eine weitere Konkordanz, die unter den Werken des hl. Thomas ge-
d<ruckt ist, wird von P. Mandonnet (Premiers travaux, S. 252—255) dem eng-
lischen Dominikaner Thomas de Sutton (de Sutona) zugeteilt, der im Stamser
1
§ 40. Die Reaktion dir Iknninikaner. 517
Sutton usw., S. 441). um die Wende des dreizehnten zum vierzehnten Jahrhundert
anzusetzen. Außer dem Liber de eoncordia und der l)ereits oben (S. Ö16) er-
wähnten Schrift De unitate formarum schrieb er nach Ausweis des Stamser
Katalogs und der Handsehritten: QuaestioncH super |uiiiium libruni sen-
tentiarum, Quaestiones dispiitatae, vier Quodlibeta, Kommen-
tare zu den Kategorien, zu den sex principia (des Gilbertus Porre-
tanus), zu den Analytica priora und zu Periernienias, wobei der Stamser
Katalog bemerkt: complevit scriptum Thome super periennenias. in btzug auf
die Durchdringung des Lehrstoffs und die Darsteiluugsweise rechnet Ehrle
(S. 441) Sutton ,^u den l)esten Denkern und Lehroni der goldenen Zeit der
Scholastik'', Er steht in seinen Anschauungen vollständig auf dem Roden des
Thomismus und bekämpft häufig Heinrich von (ient.
Auch andere Dominikaner wandten ihre Feder gegen Heinrich von Gent
und Gottfried von Fontaines, die beiden bedeutendsten Professoren
aus dem Weltklerus, um die thomistische Doktrin gegen sie zu verteidigen.
Nach dem Stamser Katalog (zusammengestellt bei Ehrle, Der Kampf um die
T^hre d. hl. Thomas, S. 268 f.) schrieben gegen die beiden genannten Magistri
die Dominikaner: Bernhard von Auvergne oder deGannat. auch de Cler-
mont (siehe F. Lajard, Hist. litt, de la France, t. 25, 1809, S. 201—209,
P. Mandonnet, Premiers travaux, S. 59-61, A. Pelzer, Godefroid de Fon-
taines Rev. neo-scol. 1913, S. 372, 383, 520), Herveus von N<5dellec, Robert
von Erfort und Wilhelm von Makelefield.
Im letzten Dezennium des dreizehnten Jahrhunderts setzte dann auch die
thomistische Polemik gegen Duns Scotus ein. Der erste, welcher vom tho-
mistischen Standpunkt aus an der Lehre des großen Franziskaners Kritik übte,
war der englische Dominikaner Thomas de Jorz, Magister zu Oxford, Prior
der englischen Provinz 1297 — 1303, Kardinal seit 1305, gest. 1310, der in seinem
Kommentar zum ersten Buch der Sentenzen die scotistische Doktrin
bekämpfte. Das Werk wurde gedruckt unter dem Titel: Reverendi et lucidissimi
doctoris ordinisPraedicatorum F. Thomae Anglici liber propugnatorius super
primum Sententiarum contra Joannem Scotum Ord. Min Vicenza 1485, Venetiis
,
schrieb Aegidius die unter den Werken des hl. Thomas gedruckte Schrift
De usuris, ferner Liber de temporibus seu de coucordia teni-
einen
porum und einen Tractatus de praeceptis. Besonderes Interesse verdient
aber des Aegidius Hauptwerk, die 1278 entstandene, von M. de Wulf zuerst
vollständig edierte, außerordentlich klar durchdachte Schrift De unitate formae.
Sie war gegen Robert Kil wardby und wahrscheinlich gegen dessen Abhandlung
De unitate lorraarum (siehe oben S. 508) gerichtet. Die thomistische Lehre
von der Einheit der substanzialen Form (cd. M. de Wulf, S. 90: unaquaeque
res una, sirapliciter existens secundum nuraerum, unam habet tantuni lormai«,
dantem esse specificuni, subiecto recipiente ipsam) findet hier eine selten lichtvolle
Darlegung (via narrationis) und Begründung (via probationis) iinter Aufdeckung
der aus der Pluralitätstheorie sich ergebenden Schwierigkeiten (inconvenientia)
und unter Zurückweisung der von Robert Kilwardby gegen die Einheitslehre
erhobenen Einwände.
In hohem Maße mit der thomistischen Lehre vertraut zeigt sich der Domini-
kaner Bernhard de Trilia, gelwren 1240 zu Nimes, gest. 1292 zu Avignon. Von
seinen interessanten, noch ungedruckten Quaestiones de cognitione animae
coniunctae corpori hat B. Haureau, Hist. de la philos. scol. II, 2, S. 114
bis 120 einige Fragmente mitgeteilt. Hingewiesen sei auf die eingehende Behand-
lung des Problems vom Ursprung unserer Erkenntnis, das unter Ablehnung
der Ausichten vonl'laton und Avicenna im engsten Anschluß an Thomas von
Aquin gelöst wird. Außerdem schrieb Bernhard Quaestiones de cognitione
animae separatae und Quaestiones de distinctione esse et cssentiae.
Weitere Schriften siehe im Stamser Katalog bei H. Denifle, Archiv etc. II,
S. 239, n. 97.
Zu den eifrigen Thomisten zählt auch Wilhelm de Hotum (de Hotun,
de Hozuji, de Hodon), 1280 Magister der Theologie, später Prior der Dominikaner
in England, gest. 1298 als Bischof von Dublin. Daß er als Verfasser eines Trak-
tats De unitate formarum in Betracht kommt, wurde bereits oben S. 516 er-
wähnt. \'on seinen nur handschriftüch vorhandenen Quaestiones de quolibet
hat Haureau (Hist. de la philos. scol. II, 2, Paris 1880, S. 120-124) einige
Proben gegeben. Über Sentenzenkommentare und eine Abhandlung De imme-
diata visione divinae essentiae berichtet der Stamser Katalog (H. Denifle,
Archiv II, S. 238, n. 91).
Als der hervorragendste Vertreter luid Verteidiger der thomistischen Lehren
aus dem Dominikanerorden in den ersten Jahrzehnten nach dem Tode von Thomas
muß Herveus von Nddellec (Xatalis) in der Bretagne (Brito) bezeichnet werden.
Er studierte in Paris —
schon 1303 gehörte er dem Kloster S. Jacques an
(Denifle, Chartul. Univ. Paris. II, 107) —
dozierte daselbst 1307—1309 als Ma-
,
gister der Theologie, wurde 13''>9 Provinzial für Frankreich, 1318 Ordensgeneral
und starb 1323 zu Narbonne. Seine geistige Bedeutung und Regsamkeit läßt sich
schon aus der großen Zahl seiner Werke erkennen.
Er schrieb einen Sentenz enkommentar, einen Traktat De pote-
state ecclesiae et papae, De secundis intentionibus. weitere acht Trak-
tate (De beatitudine, De verbo, De aeternitate mundi. de materia
coeli. de relationibus, de unitate formarum, De virtutibus. De
motu angeli), ferner zwei Sammlungen Quodlibeta, die Quodlibeta
minora, die er nach Mandonnet (Premiers travaux, S. 63) als weltlicher
Lehrer an der Pariser I'niversität verfaßte, und die Quodlibeta maiora,
die nach seinem Eintritt in den Dominikanerorden in den Jahren seines
Magisteriums 1307-1309 entstanden. Außer den genannten Schriften geht
§ 40. Herveus von Nedellec. 519
auf ihn eine Abkürzung von zehn Quodlibeta des Gottfried von
Fontaines zurück, die in der Biblioteca Nazionale zu Florenz (Conventi,
S. Maria Novelia 532, E 5, s. XIV) erhalten ist. Unsicher bleibt, ob die unter
den Werken des Thoraas von Aquin als Opusculuni 48 gedruckte Summa
totius Logicae Aritotelis dem Herveus zugeschrieben werden darf. Be-
sonderes Interesse beansprucht die groß gedachte, auf vier Teile berechnett?, aber
wohl nicht ganz zur Ausführung gekommene Schrift Defensa doctrinae divi
Thoraae, „der erste Versuch einer ausführlicheu Gesamtbearbeitunü der thomi-
stisohen Summa theologica", die Herveus als Vorläufer von Capreohis und
Caietan erscheinen läßt. Der erste, vollständig erhaltene Teil, welcher ein
geschlossenes Ganze bildet und die in der Hochscholastik allgemein diskustiert«
Frage nach dem Wissenschaftscharakter der Theologie behandelt, wurde
zum erstenmal von E. Krebs nach einem in Cod. Vat. lat. 817 erhaltenen Exzerpt
auszugsweise veröffentlicht. Derselbe C!odex enthält auch das vierte Quodlibetum
des Herveus und einen Traktat De cognitioue primi principii. Der
Stamser Katalog (H. Denifle, Arch. f. Lit.- u. Kircheng. d. Miltelalt. II,
S. 228, Nr. 17) verzeichnet bei Herveus polemische Arbeiten gegen Heinrich
von Gent (Item contra Henricum de Gande, ubi impugnat Thoniam). Tatsäch-
lich finden sich in den Handschriften eine Reihe von Traktaten des Herveus,
»die gegen die Quodlibeta des Genter Theologen und Philosophen, insbesondere
gegen das erste, gerichtet sind. Es handelt sich nach Mandonnet (Premiers
travaux, S. 64 f.), dessen Zählung aber gegenüber der von A. Pelzer (Godefroid
de Fontaines, S. 370 ff.)* etwas abweicht, um folgende Abhandlungen: 1. De
pluralitate formarum (13 oder 14 Quaest,), 2. De essentia et esse (5 Quaest.),
3. Utrum materia possit esse sine forma, 4. Utrum anima Beparata naturaliter intelli-
gat se et alia per se ipsam aut per species (18 Quaest.), 5. De intellectu et volun-
tate. Quis sit altior et potentior, utrum scilicet voluntas vel intellectus (21 oder 23
dann aber auch von Gottfried von Fontaines die Richtung seines Denkens
empfangen hatte, liegt hauptsächlich in seiner scharfen und klaren Polemik gegen
die an tithom istischen Strömungen der Zeit, in der Stellungnahme gegen Hein-
rich von Gent, Duus Scotus, Durandus und Petrus Aureoli.
Neben den strengen Thomisten, die von den Lehren des Meisters nichts
preisgeben zu können glaubten, stand eine Gruppe von Denkern, die auf weite
Strecken mit dem Thomismus zusammengingen, aber doch in manchen Punkten
nicht auf eine eigene, von der thomistischen abweichende Lösung verzichten
wollten. Hierher gehören Gottfried von Fontaines und Aegidius von
Rom und seine Schüler.
Gottfried von Fontaines, neben Heinrich von Gent der betleutendste
(relehrte ans dem Weltklerus an der Pariser Universität in den letzten Dezennien
des dreizehnten Jahrhunderts, wurde zu Fontaines-lez-Hoz^raont in der Nähe von
Lüttich geboren. Er studierte in Paris bei Heinrich von Gent, wurde dessen
Kollege als theologischer Lehrer, blieb dreizehn Jahre lang im Amt als Magister
actu regens. Ferner war er Mitglied der Sorbonne, Kanonikus von Lüttich, Paris
und Tournai und Propst von St. Severin in Köln (1287—1295). 1300 wurde er zum
Bischof von Tournai gewählt, verzichtete aber infolge des gegen seine Wahl laut
gewordenen Widerspruchs auf die Übernahme des bischöflichen Amtes. Er starb
nach 1306 Il309). Wie Heinrich von Gent, stand auch Gottfried von
Fontaines in dem Streit um das Beicht- und Predigtprivileg der Mendikauteu
in den Reihen der Ordensgegner.
520 § ^'X Gottfried von Fontaines.
Seine literarische Tätigkeit Uieb, wie es scheint, aaf ein einziges grofie»
Wtrk konzentriert, nämlich auf seine vierzehn Quodlibeta, die erst in der letzten
Zeit kenntnisrtiche Herausgeber gefunden haben, die aber im Mittelalter, wie die
große Zahl von Handschriften beweist, sehr verbreitet waren und öfter eine ver-
kürzte Bearbeitung erfuhren, so von Herveus von N^dellec (siehe oben S. 519).
Strengen Thomistcn boten sie Anlaß zu einer systematischen Polemik, die aus der
Feder des Dominikaners Bernhard von Auvergne (de Gannat, de Clerraont)-
siamrat (siehe oben S. 517). Die Handschriften der improbationesBernhardssiehe bei
A. Pelzer, Godefroid de Fontaines, Rev.nÄ>-scoI. 1913,8.372,383.520. Die vier ersten,
von M. de Wulf und A. Pelzer veröffentlichten Quodlibeta Gottfrieds bilden
eine Gruppe für sich, insofern sie nämlich nur in der Form einer Nachschrift,
einer reportatio, die (Quodlibeta III und IV sogar in einer doppelten Fassung,,
einer längeren und kürzeren, erhalten sind. Das dritte Quodlibet wurde 1286,
das zwölfte nach 1200 gehalten. Sehr zweifelhaft bleibt es, ob die in einem von
Gottfried der Sorbonne hinterlassenen Exemplar der Summa contra gentiles
von Thomas sich findenden Schollen, die von Uccelli in seiner Ausgabe der ge-
nannten Summa iRom ]878) abgednickt wurden, tatsächlich dem Testator (tot t-
fried angehören.
Gottfried von Fontaines hat sich in seiner Doktrin im Gegensatz zu
•seinem Landsmann und Lehrer Heinrich von Gent zur fortschrittlichen Rich-
tung im Sinne des Thomismus bekannt. Der Verurteilung thomistischer Sätze
durch John Peckham vom Jahre 1286 schrieb er für Paris keine Geltung zu,^
nnd auch die Aktion des Stephan Tempier vom Jahre 1277 fand keineswegs-
seinen Beifall.- Im Gegenteil; er hielt sowohl gegenüber Stephan Tempier, wie
insbesondere gegen den damaligen Inhaber des bischöflichen Amtes, Simon von
Bucy, der die Aufhebung der Venirteilung nicht verfügen wollte, mit schnrfen>
und freimütigem Tadel nicht zurück. Sein thomistischer Standpunkt drängte ihn
auch in Opixjsition zu Heinrich von Gent. Der Erleuchtungstheorie des-
Genter Magisters setzte er die aristotelisch-thomisti sehe Abstraktions-
iehre entgegen und interpretierte die entgegenstehenden augustinischen Formeln
nach dem Vorbild des Thomas von Aquin (ed. M. de Wulf, Festgabe f. Gl.
Baeumker, S. 294: secundum statum vitae praesentis non est nisi unus modus
inielligcndi omnia sive raateriaüa et transmutabilia, sive immaterialia et aetema,
scilicetper abstractionem specieiintelligibilisvirtuteintellectusagentis
niediante phantasmate sive obiecto in virtute phantastica). Xicht minder scharf griff
er in eijiem eigenen Quodhbet (6) Heinrichs Voluntarismus an, um an dessen
Stelle einen auf Intellektualismus treten zu
die äußerete Spitze getriebenen
lassen, für den der Wille zu einer schlechthin passiven Potenz herabsinkt.
Indessen gingGottfried keineswegs in allen Fragen die Wege des Aqai-
naten. Er weicht vielmehr in einer Reihe von Punkten von Thomas ab. Wie
Heinrich von Gent, leugnete den realen Unterschied von Wesenheit
er
und Dasein (Quodl. III, q. 1, ed. De Wulf-Pelzer, S. 304: Et
red. brevis,
sie patet .... scilicet quod esse et essentia sint idem re etiam in creaturis). Eine-
weitere Differenz gegenüber dem Thomismus liegt in Gottfrieds Lehre vom
Individuationsprinzip. Nicht die durch die Quantität signierte Materie, wie Ijei
Thomas, ist Prinzip der Individuation. Hieraus würde sich nach Gottfrieds
Ansicht nur ein akzidenteller, aber kein substanzieller Unterschied des einen In-
dividuums vom andern ergeben. Sie wären nur plura quanta, aber nicht plures-
substantiae. Das Individuationsprinzip muß daher in der substanzialen Form
selbst gesucht werden (bei B. Haureau, Hist. de la philos. scoL II, 2, S. 119,.
Anm. 1: Ergo si in duobus individuis non sit alia et alia forma substantialis, sed
§ 40. Aegidius von Rom. 52t
Bolnm accidentalis, quae est quantitas, quod oportet dicere, si quantitas divisa sit
talem, et essent plura secundum quantitatem sive plura qiianta, et non secundum
substantiam sive non essent plures substantiae, quod est manifestum inconveiiiens).
Tatsächlich existieren auch die Dinge nur als Einzelwesen, nicht aber als Allge-
meinwesen (Ibid. S. 150, Anm. 1 Res non existunt nisi singulariter prout nomine
:
Anm. 1). um 1260 trat er in Rom oder in Paris (nach Mandon n et, a. a. O S. 482> ,
in den Orden der Augustineir-Ercmiten ein, der 1259 in Paris ein Haus eingerichtet
hatte (Denifle, Chart. Univers. Paris. I, 8. 405, n. 358). An der Universität
genoß Aegidius den Unterricht des Thomas von Aquin während seines zweiten
Pariser Aufenthaltes 1268—1272. 1276— 1277 war er Baccalaureus der Theologie,
wahrscheinlich bei einem Lehrer aus dem Weltklerus. 1277 sah sich der junge,
temperamentvolle, den Neuerungen seines Lehrers Thomas treu ergebene Augnstiner-
theologe mitten in den Kampf hineingezogen, dessen Mittelpunkt Stephan
Templer bildete, der nach der Verurteilung vom 7. März 1277 daran ging, auch
das Verwerfungsdekret seines Gesinnungsgenossen,, des Erzbischofs Robert
Kilwardby von Canterbury, das sich direkt gegen die thomistische Lehre von
der Einheit der Form kehrte, zur Geltung zu bringen. Aegidius setzte sich zur
Wehr in Wort und Schrift. Besonders scharfe Formen nahm die schriftliche
Abwehr an in dem gegen Stephan Templer und seine Ratgeber gerichteten
Liber contra gradus et pluralitatem formaruni. in welchem Aegidius;
eine übeiTaschend energische Sprache führte. Er begnügte sich nicht mit der
Begründung und Verteidigung der thomistischen These von der Einheit der sul)-
stanzialcn Form; er ging vielmehr zum direkten Angriff über, indem er den
Spieß umkehrte und die Lehre der Gegenpartei von der Mehrheit der Formen ab
mit dem Glauben und der Erfahrung im Widerspruch stehend erklärte (De
gradibus formarum, ed. Venetiis ir)02, fol. 211 v: Declaramus itaque in hac parte
tertia, quod ponere plures formas contradici; fidei catholicae et contradicit bis, ((ue
ex sensibilibus habent ortum, propter quod, quia ponendo unam formam magis
jX)ssumus salvare quod tenet fides catholi^a, et que sunt sensibus apparentia, quam
ponendo plures, videtur omnino fatendum, quod non sit ponere plures formas; bei
P. Mandonnet, La carric-re scolaire, S. 489, Anm. 1). Der Bischof von Pari<
verlangte von dem kühnen Baccalaureus einen Widerruf, den dieser al)er ab-
lehnte. Die Folge war die Vorenthaltung der Promotion zum Magister der Theo-
logie und die Entfernung von der Universität. Erst 1275, nach dem Tode des
Stephan Terapier, gelang es Aegidius, in den Besitz des Magisteriums zu
kommen, dank dem Eingreifen des Papstes Honorius IV. und nachdem er sich
bereit erklärt hatte, die vorher mit so großem Eifer verteidigten Lehren zu
widerrufen. Damit verfügte nun ueben den Dominikanern und Franziskanern
auch der Orden der Augustiner-Eremiten über eine theologische l^hrkanzel an der
Pariser Universität. Aegidius versah das I^branit vom Herbste 1285 bis Herljfit
522 § 40. Aegidias von Rom.
1291. Noch während seiner Magisterzeit wurde seine Lehre auf dem General-
kapitel des Augustinerordens zu Florenz 1287 als ürdensdoktrin erklärt (siehe
H. Denifle, Chart. Univ. Paris. II, p. 12). Nachdem er 1292 zum Ordeusgeneral
gewählt worden war. wurde er 1295 von Papst Bonifaz VIII. zum Erzbischof
von Bourges ernannt. Er starb zu Avignon am 22. Dezember 131(3.
Aegidius von Rom (doctor fundatissimus) zählt zu den bedeutendsten
Männern um die Wende vom dreizehnten zum vierzehnten Jahrhundert und ist
ausgezeichnet durch eine erstaunliche literarische Produktivität, die an
die Zeiten von Albert und Thomas erinnert. Das Verzeichnis der Festsetzung
der Bücherpreise durch die Pariser Universität vom 25. Februar 1304 enthält
zwölf theologische und vierzehn philosophische Schriften des Aegidius (H. De-
nifle. Chart. Univ. Par. IJ, S. 107 ff., n. 642). Außer der bereits erwähnten,
1277 entstandenen, gegen Stephan Templer gerichteten Streitschrift Liber
contra gradus et pluralitatem forniarum schrieb Aegidius um 1280 De
partibus philosophiae essentialibus, eine Einleitung in die Philosophie,
wo er auf Grund der Erkenntnistheorie eine sichere Ableitung der Wissen-
schaften zu gewinnen suchte (Baur, S. ,581). Als Anhang dazu erscheint
ein an den Dominikauerlektor Olverius adressierter Traktat De diffe-
rentia rhetoricae. ethicae et politicae. Gegen Averroes richteten
sich die Schriften De materia coeli und die Quaestiones de in-
tellectus possibilis pluralitate. Weiterhin stammen aus der Feder
des großen Augustinertheologen Kommentare zu Porphyrs Isagoge oder
zu den Universalieu, zu Aristoteles' Kategorien, zu den Postprädi-
kamenten, zu De sex principiis des Gilbertus Porretanus (siehe
oben S. 317), zu Aristoteles' Periherm enias, zu den beiden Ana-
lytiken, zu den Elenchi sophistici, zur Physik, zu De generatione et
corruptione, zur Metaphysik, zu De anima, endlich ein Kommentar zum
Liber de causis, welcher am 31. Januar 1291 dem Kardinal Benedict Gae-
tani, dem späteren Papst Bonifaz VIIL, gewidmet wurde. Als weitere Werk«
des Aegidius seien noch genannt: Quaestiones de esse et essen tia,
Quaestiones de mensura et cognitione angelorum, De forraatione
corporis humani, insbesondere aber der Kommentar zu den Sentenzen
des Lombarden, der aber nur bis lib. III, dist. 11 reicht, und die Quod-
libeta (sechs an der Zahl). Auf die exegetischen Schriften, wie der
Kommentar zum Hexaemeron und andere, kann hier nicht eingegangen
werden.
Dagegen muß noch auf die Hauptwerke aufmerksam gemacht werden, in
denen Aegidius seine politischen und kirchenpolitischen Anschauungen
niedergelegt hat. An erster Stelle kommt das Seitenstück zur gleichnamigen
Schrift des Thomas von Aquin in Bücher De regimine
Betracht, die drei
principum, die Aegidius kurz vor 1285 für seinen Schüler, den Kronprinzen
und späteren König Philipp den Schönen, schrieb. In Anlehnung an Ari-
stoteles' Ethik, Politik und Rhetorik handelte er in drei Teilen von dem Fürsten
als Menschen, als Familieuglied und als Herrscher, wobei im ersten Buch die
Moral, im zweiten die Ökonomik, im dritten die Politik oder Staatsphilosophie
zur Darstellung kommt. Die Schrift war im Mittelalter außerordentlich beliebt
und weit verbreitet, wie die zahlreichen Handschriften und die Übersetzungen in
fast alle europäischen Sprachen beweisen. Nicht selten wurden auch Auszüge
daraus veranstaltet, so schon zwischen 1299—1315 von dem Mitglied der Sor-
bonne Larcastus lUid später von Leonin us de Padua. Die Abbreviation
<le8 letzteren hat H. Müller, Zeitschr. f. d. gesamte Staatswissenschaft 3(5, 1880
§ 40. Aegidius von Rom. 523
veröffentlicht. Siehe R. Scholz, Die Publizistik usw., S. 43. Die Verteidigung der
Wahl des Bonifaz VIII. führte Aegidius in der um 1297 abgefaßten Schritt
Papstes
De renuntiatione papae. Einige Jahre später, wahrscheinlich 1301, ließ er seine
kirchenpolitisch einflußreichste Schrift erscheinen, nämlich den großen, von Ch.
Jourdaiu entdeckten und von U. Oxilia und G. Boffito vollständig edierten
Traktat De ecclesiastica sive de summi pontificis potestate. Nach dem
Urteile von Scholz (S. 46) ist diese Publikation „das bedeutendste Erzeugnis
der kurialistiscben Schi-iftstellerei dieser Epoche und zugleich das erste zusammen-
fassende Werk, das mit den Mitteln der thomistischen ^Vissenschaft die Lehre
von der päpstlichen Gewalt systematisch darstellte". Besonderes Interesse wohnt
ihr auch deswegen inne, weil sie, wie Scholz (S. 124 ff.) nachweist, „dem klassi-
schen Manifest des päpstlichen Universahsmus*', der Bulle Unam Sanctam vom
18. November 1302, als Grundlage gedient hat.
Mit Unrecht wurde Aegidius das luiter seinem Namen gediiickte Cor-
rectorium corruptorii fratris Thomae zugeschiieben. Siehe oben S. 514.
Ebensowenig gehört ihm an der von E. Renan (Averroes et rAveiToisme,
S. 251 ff.) ihm zugeteilte Liber de erroribus philosophorum, welcher
nach Mandonnet zwischen 1260 und 1274 von einem Dominikaner verfaßt ist.
mas von Aquin, Mainz 1910, S. 100. Im Jahre 1567 wurde Thomas von Papst
Pius V. als fünfter Lehrer der Kirche, der mimittelbar im Ansehen den vier
großen abendländischen Kirchenlehrern Augustinus Hieronymus, Am-
brosius und Gregor Gr. folge, feierlich proklamiert. In der neuesten Zeit ist
d.
von katholischer Seite von einzelnen Theologen, z. B. von Alb. Stöckl u. a.,.
sodann aber 1879 von Papst Leo XIII. durch die Bulle „Aeterni patris" der
Versuch zur Wiederbelebung der thomistischen Lehre gemacht worden.
§ 41. Die Entwicklung der Logik u. Methodik im 13. u. 14. Jahrh. 527
Aasgaben.
I. Wilhelm Shyreswood.
Aus der ungedrnckten logischen Schrift Wilhelms teilt (J. Prautl,
<jesch. d, Logik in, Leipzig 1867, S. 11—24 nach Cod. Sorbonn. 1797 (Paris.
Bibl. Nat. 16 617) zahlreiche Stellen mit.
Frühere Drucke einzelner logischer und auf die Ars magna bezüglicher
Schriften sind bei C. Prantl, Gesch. d. Logik III, Leipzig 1867, S. 146—148
und bei H. Hurt er, Xomencl. lit. II, S. 473 f. notiert.
Eine Gesamtausgabe der Werke des LuUus wurde von IvoSalzinger
und seinen Nachfolgern unternommen, aber nicht zu Ende geführt (nur 45 Werke
finden sich in den gedruckten acht Bänden): Beati Raymundi Lulli opera
omnia, Mainz 1721-1742, 10 voll, in fol.; Bd. 7 u. 8 sind' höchst wahrscheinlich
nicht erschienen, da sie sich in keiner Bibliotüek vorfinden. T. I (1721) enthält
außer der Biographie und ausführlichen Einleitungen: Ars compendiosa inveni-
endi veritatem seu ars magna et maior, Ars universalis scu lectura artis compen-
diosae, Principia theologiae, philosophiae, juris, niedicinae. T. II (1722) enthält:
Liber de gentili et tribus sapientibus, Liber de sancto spiritn, Lil>er de quinque
sapientibu,s, Mirandae demonstrationes, Liber de quatuordecim articulis sanct. rom.
cath. fidel* T. III (1722) enthält: Introductoria artis deinonstrativae, Ars demou-
strativa, Lectura super figuras artis demonslrativae, Liber chaos. Compeudium
seu commentum artis demonslrativae, Ars inveniendi particiilaria in universalibu«,
Liber propositionum secnndum artem demonstrativam. T. IV (1729) enthält:
Liber exjK)neiis figuram elementarem artis demonstrativae, Regulac intn>ductoriac
in practicam artis demonstrativae, Quaesliones per artem demonstrativam scu
inventivani solubiles, Disputatio Eremitac et Raymundi super libros sententiarum,
Liber super Ps. Quicumquc seu liber Tartari et Christiani, Disputatio fidelis et
infidelis, Disputatio Uaymnndi Christiani et Hamar Saraeeni, Dispiitatio fidei et
intellectus, Iviber apostrophe, Sapplicatio professoribus Parisicnsious, Liber de
convenientia fidei et intellectus m
obiecto, Liber de demonstrationc ik'T ae<jui-
•§ 11. Die Entwicklung der Logik u. Methodik im 13. u. 11. Jahrh. Ausgaben. 52t)
parantiam. Liber facUis scieutiae, Libcr de novo modo demoustrandi seu ar»
praetiicativa magnitndinis. T. V
(1720) enthält: Ars inveiitiva ventatis seu ar» iii-
tellectiva veri, Tabula generalis, Brevis practica labulae generalis, Lectiira oom-
pendiosa tabulae "generalis, Lectura super artem inventivam et tabulain gei'.orule.'ii.
T. VI (1737) enthält: Ars amativa, Arbor philosophiae anioris, Flores amoris et
inteliigentiae, Arbor philosophiae desideratae, Liber pioverbioruin, Liber de ;initua
rationali, De homiue, De prima et secunda inteniiune, De Deo et Jesu Christo.
T. IX (i74t>) und T. X
(1742) enthalten den Liber n>agnus contemplatiuiucn
in Deum.
Eine weitere Ausgabe lullischer Schriften wurde veranstaltet zu Palma 1745
^nach K ei eh er, S. 55).
Pii eremitae Remundi de natali parvuli pueri .Thesu liber, Parisiis
149'J. — Disputatio Petri Clerici et Kavmundi Phantastici, Parisiis
1499. — Arbor scientiae, ed. A. de Zepetla, Brüssel lOW. — Declaratio
Eaymundi per modum
dialogi edita contra aliquorum philosophorum et eorum
sequacium opmiones erroneas et damnatas a venerabili Patre Domino Episcopo
Parisiensi, ed. O. Keicher, Münster 1909 (Beitr. z. Gesch. d. l'hüos. d. Mittel-
alt. VII, 4 —
5), S. 95—221. —
A. Gottron, Kamon Lnlls Kreuzzugsiüeen, Berlin-
Leipzig 1912, 8. 64—91 druckt nach einer Münchner Ha.ndschrift den Liber de
Jiiie im Auszug ab; derselbe gibt a. a. O. S. 92 ff eine Übersetzung des Anfangs
.
des libre del orde de cavayleria und des liber phan tasticus.
Durch Haur^au, Kotices erfahren wir von drei bis-
et extraits, I, 166,
her unedierten theologischen Traktaten des Rajmund [De recuperatione terrae
aanctae, De modo convertendi infideles, De angelis), sowie IV, 290 294 von —
einer auch in dem alten Kataloge übergangenen Trostschrift: Consolatio V^ene-
torum et totius gentis desolatae, 1298 zu Paris geschrieben und gegen astro-
logischen Aberglauben eifernd; ferner IL 16, Handschriftliches zur Ars inven-
tiva veritatis.
.1. Rossello, Obras rimadas de Ramou Lull en catalan, Palma 1859. — El
Blanquerna, maestro de la perfeccion cristiana, comi>uesto en lengua lemosina
por el iluminado doctor martir ... B. R. Raimundo Lulio, con prologo de Me-
nendez y Pelayo, Madrid 1883. —
Obras de Ramon Lull. Libre del gentil e
los tres savis: libre de la priraera e segoua intencio: libre de mil proverbis.
Textos originales publicados e illustrados con notas y variantes por J. Rossellö.
Prologo y glosario de M. Obrador y Bennassar. Palma de Mallorca, Hijas
de Colomar 1886—1901. —
Le B. Raymond Lulle libre de la Orden de Caballeria.
Trad. en castiUan par J. Luanco et publid par l'Academie des belles-lettres de
Baroelone, Barcelona 1901. —
F. Frost, The ,,Art de Conteraplacio" of Ramon
Lull, pubiished with an introduction and a study of the language of the author,
Baltimore 1903. —
Felix de les maravelles del mon, ed. J. Rossellu et
Obrador y Bennassar, Palma 1903. Das siebente Buch aus der genannten
»Schrift (De mirabilibus orbis) wurde von K. Hofmann, Ein katalanisches Tier-
epos von Ramon Lull, Abhandl. d. k. bayr. Akad. d. Wiss., ])hilos.-philol. Kl.
12, 3. Abt., München 1871 im katalanischen Urtext nebst Ül>ersetzung ver-
öffentlicht. —
M. Obrador y Bennassar, Libre de amich et e amat del
B. Ramon Lull, Palma 19*34; derselbe, Obras de Ramon Lull. Edicio original
feta en vista dels millors y mes antichs manuscrits, ebendaselbst, Vol. I, 1906;
Vol. II, 1906 1908. — —
Raymond Lulle. Dialogues et cauti(jues d'amour
entre l'ami et l'aime, composes en catalan par le Docteur illumine et martyr
Raymond Lulle, et traduits pour la Ire fois en franoais par A. Marius, Bruxelles
1912. —
Kürzlich hat J. H. Probst, Caractere et origine des idöes du bien-
heureus Raymond Lxdle, Toulouse 1912, nach Handschriften der Kgl. Hof- und
Staatsbibliothek zu München einige Auszüge aus katalanischen Texten veröffent-
licht, und zwar vier Kapitel aus dem philos. Roman Blanquerna (S. 306 313), —
vier aszetische und mystische Kapitel aus Art de contemplaciu (S. 313 326i, —
einige tsteUen aus Libre de anima racional (S. 326 329), drei kurze Kapitel —
—
aus Libre de Angels (S. 329 332), einige Stellen aus Liber de affatu seu
de sexto sensu (S. 332—334).
Francisco de Bofarull y Sans. El testamento de Ramon Lull y la
escuela luliana en Barcelona, memoria leida en la real academia de las bueuixs
letras, Barcelona 1894 (auch Boletin de la Real Academia de la historia XXX,
Madrid 1897, S. 91—93.
l'eberweg, (iruiidriU II. 34
530 § •i^- Wilhelm Shyrcs^woocl. Lambert v. Auxerre. Petrus Hispanus.
Die frühesten Anfänge der terministischen Logik, die aus einer Verquick ung
von Logik und Grammatik entsprang, reichen, wie es scheint, bis ins zwölfte Jahr-
hundert zurück. Schon bei Adam von Petit-Pont finden sich Spuren (siehe
Ch. Thurot, Revue critique 1867, n. 27). Deutlicher tritt sie bei Alanus de
Insulis zutage (siehe R. Stölzle, Literarischer Handweiser, Münster 1&97,
S. 14). Ihre volle Ausgestaltung erhielt sie aber erst unter arabischem Einfluß
im dreizehnten Jahrhundert. Siehe oben S. 202; femer R. Stapper, Papst
Johannes XXI., Münster 1898 (Kirchengesch. Studien IV, 4), S. 17—18.
Die ersten, bei denen sich, angefügt an die aristotelische Logik, die logica
modernorum d.h. die Lehre von den proprietates terminorum als fertiges
Ganze aufzeigen läßt, sind die Logiker Wilhelm Shyreswood und Lambert
von Auxerre. Der erstere, geboren zu Durham, studierte in Oxford, lehrte
dann in Paris, wo ihn Petrus Hispanus hörte, und starb als Kanzler von
Lincoln 1249. Roger Bacon hat ihn sehr gerühmt und sogar über Albertus
Magnus gestellt (Fr. Rogeri Bacon Opera quaedam hactenus inedita. Opus
tertium, c. 2, ed. J. S. Brewer, London 1859, S. 14: Magister Gulielmus de
Shyrwode, thesaurarius Lincolniensis ecclesiae in Anglia, longe sapientior Alberto.
Nam in philosophia comrauni nuUus maior est eo). Wilhelms Logik wurde
nicht gedruckt; sie läßt- sich aber aus den Mitteilungen Prantls in ihren L'm-
rissen wohl erkennen.
Den gleichen Typus, wie das Kompendium Wilhelms, zeigt die Summa
logicae des Lambert von Auxerre (um 1250). Auch sie blieb ungedruckt
und ist nur durch die Auszüge Prantls bekannt geworden.
Nach dem Vorbild der beiden im Vorhergehenden genannten Autoren arbeitete'
auch der für die Folgezeit einflußreichste Logiker, nämlich Petrus Hispanus.
Geboren im zweiten Dezennium des dreizehnten Jahrhunderts in Lissabon, studierte
er in Paris unter Wilhelm Shyreswood, war 1246 als Lehrer in Siena tätig,,
wurde 1273 Kardinalbischof von Tusculum, bestieg 1276 als Johann XXI. den
päpstlichen Stuhl, starb aber bereits im nächsten Jahre 1277. Petrus Hispanus
besaß als Mediziner großes Ansehen. Er setzte die mit Constantinus Afri-
canus (siehe oben S. 310) beginnende, von der griechisch-arabischen Medizin be-
fruchtete ärztliche Tradition fort durch Abfassung einer Reihe medizinischer
Schriften (siehe ihre Zusammenstellung und handschriftliche Grundlage bei
E. Stapper, Papst Johannes XXL, S. 20—26). Was aber sein Andenken bei.
der Nachwelt aufrecht erhalten hat, war sein logisches Kompendium, seine wahr-
scheinlich während des Aufenthaltes in Siena entstandenen Summulae logicales*
§ 41. Eaymiindus Lullus. 531
Sie wurden, wie Val. Rose, Ch. Thurot und insbesondere E. Stapper mit
durchschlagenden Gründen gegen Prantl dargetan haben, von Georgios Scho-
larios (1400 — 1464) unter dem Titel ZvvorpiQ sl<; ri]v 'Aoioxozekovg koyixijv
ksiiaxT^^rjv ins Griechische übertragen; vgl. oben § 32, S. 355 f. Dieses vielfach
benutzte Lehrbuch, das oft kommentiert wurde und für Jahrhunderte den Logik-
betrieb fixierte, stellt in sieben Abschnitten oder Traktaten die Logik dar. Diese
Traktate sind: 1. De enunciatione, 2. De universalibus. 3. De praedicamentis,
4. De syllogismo, 5. De locis dialecticis, 6. De fallaciis, 7. De terminorum proprie-
vorschlage zuv Missionierung der Heidenländer, ohne irgendwie sein Ziel erreicht
zu. sehen. Um so eifriger und intensiver gestaltete eich ai)er seine eigene Tätig-
keit in der Bekämpfung der arabischen Wissenschaft, speziell des Averroös, und
gerade an der Stätte, wo der arabische Philosoph am meisten Anhänger gewonnen
hatte, in Paris (siehe folgenden Paragraph), fjchon früher hatte sich Lullus gegen
die christlichen Adeplen des Averroismus gewandt, nämlich in der am 22. Februar
129ö in Paris vollendeten, nunmehr von O. Keicher v.iStändig ediorten Abhand-
lung: Declaratio Raymundi per modum dialogi edita contra aliquorum philo-
sophorum et eorum sequacium opiniones erroneas et damnatas a venerabili patre
Domino episcoix) Parisieusi oder, wie sie in dem alten Katalog von 1311 genannt
wird: Liber contra errores Boetii et Sigerii (O Keicher, S. 52).
einem abermaligen Aufenthalt in Paris in den Jahren 1310 luid 1311
Bei
setzte sichLulls ungestüme Feder erneut gegen die Averroisten in Bewegung. Es
folgte in langer Reihe eine antiaverroi.stische Schrift auf die andere. Es handelt
sich um folgende, fast durchweg noch ungedruckte Traktate (nach O. Keicher,
—
der S. 53 Gl den Inhalt und die handschriftliche Überlieferung bespricht):
Keprobatio aliq-iorum errorum Averrrois, Sermones contra errores Averrois, Dis-
putatio Raymundi et Äverroistae, Liber de «luaestione valde alta et profunda,
Liber de efficiente et effectu —
hier findet sich der interessante Satz, der bei
Giordano Bruno und Spinoza wiederkehrt: natura naturata est facta sub
natura naturante (O. Keicher, S. 55; siehe oben S. .383) Liber de ente, quod — ,
gemeint — anstürmte, so daß er zweifellos als der bedeutendste Gegner des Arabis-
mus am Anfang des vierzehnten .Tahrhunderts gelten muß.
Mit dieser reichen
schriftstellerischen Tätigkeit zusammen, den Lullus auf dem
fällt der Erfolg
Konzil zu Vienne (1311) erzielte, insofern auf sein Drängen hin die Bestimmung
getroffen wurde, daß am jeweiligen Sitz der römischen Kurie, an den Hochschulen
von Pari.«, Oxford, Bologna, Salamanca Hebräisch, Arabisch und Chaldäisch ge-
lehrt werden solle, nm den Missionaren die unerläßliche Sprachenbildung zu ver-
mitteln (siehe O. Keicher, S. 34). Die letzten Lebensjahre verbrachte Lullus
im Dienste der praktischen Mission in Tunis und in der Borberei. wo er nach der
Tradition das Martyriurü der Steinigung erlitt. Er starb am 29. Juni 1315 (Über
die gegen dieses Datum aus zwei von H. Finke veröffentlichten Briefen des
Königs Jacob II. von Aragonien sich ergebenden Schwierigkeiten siehe
< ). Keicher, S. 35 >.
Was der eigenartigen und tatkräftigen Persönlichkeit des Raymundus
Lullus Berühmtheit und Ansehen bis in die Neuzeit hinein verschafft hat, war
nicht die energische Abwehr des Averroismus, auch nicht seine Dichtungen und
philosophischen Romane (Blan<iuerna und Felix), sondern die Entdeckung der
Ars generalis, der er zahlreiche .Schriften widmete, und die ihre letzte Ge.stalt
in der Abhandlung Ars magna et ultima erhielt (siehe C. Prantl III, S. 157,
Anm. 84).
§ 41. Raymundus LuUus. 533
Die lullische „Kunst" ist die scientia gentralis für alle Wissenschaften.
Sie ist das System der obersten., allgemeinsten, durch sich evidenten
Prinzipien und Regeln, denen die Prinzipien der anderen Wissenschaften
in
enthalten sind, wie das Einzelne im Allgemeinen. Ohne sie kann weder die Philo-
sophie, noch irgend eine andere Wissenschaft bestehen. Die letzteren können vitl-
raehr durch sie leicht und in kurzer Zeit erworben werden (Ars magna et ult,,
ed. Zetzner, p. 218; Prantl III, S. 157, Anm.83: Quia (juaelibct scientia habet
Bua principia propria et diversa a principiis aliarum scientiarum. idcirco requirit
et appetit intellectus, quod sit una scientia generalis ad omnes scientias. et
hoc cum suis principiis generalibus, in quibus principia aliarum Bcienliaru)n parti-
cularium sint implicita et contenta, sicut particulare in universali. Ib., p. 31?>;
Prantl III, S. 167, Anra. 117: Per quartam figuram verius quam per alias datur
modus, quo aliae scientiae possunt faciliter et breviter accjuiri, sicut theologia,
philosophia etc. . . , Ratio huius est, quod ista scientia habet principia generalis-
sima et etiam regulas generalissim s, aliae vero scientiae habent subalternata principia,
medium earum est iraperfetHum sine ista scientia. Dcclaratio Raynmndi, ed.
et sie
Reicher, S. 97, 19 illa principia generalia sunt et communia ad omnes scientias et ad
:
omnes conclusiones et per se sunt cognita, et sine illis philosophia nee aliqua alia
scientia potest Die Ars ist somit die höchste aller menschlichen Wissen-
esse).
schaften. Sie steht noch über der Logik und Metaphysik, Sie lehrt den Weg
oder die Methoden, die allgemeinen und speziellen Prinzipien jeder Einzelwissen-
ßchaft zu finden, indem sie gewisse Termini als Prinzipien voraussetzt, mit deren
Hilfe sich dann zahllose Urteile bilden lassen (Introductoria artis demonstr., ed.
Salzinger 111, p. 1; Prantl III, S. 172, Anm. 142: Scd haec ars tamquam
suprema omnium humanarum scientiarum indifferenter respicit ens .... Solum
docet nara inveniendi communia et propria principia in quacun(iue scientia .....
Bolum ponit aliquos terminos principiornra, (juibus mediantibus ix>ssunt formari
infinitae propositiones). In der Ars magna et ultima (Prantl III, S. 157)
werden als diese Termini oder Prinzipien aufgeführt: neun Begriffe, welche
absolute Prädikate, göttliche Attribute bezeichnen (bouitae, magnitudo, aeternitas seu
duratio, potestas, sapientia, voluntas, virtus, veritas. gloria), ferner neun Begriffe,
welche Relationsprädikate bezeichnen (differentia, eoucordia, contrarietas. principium,
medium, finis, maioritas, aequalitas, minoritas). Hinzugefügt sind die Begriffe
von neun quaestiones, neun Subjekten, neun Tugenden, neun Lastern.
LTm nun von den Begriffen oder den Prinzipien zu Sätzen und Urteilen und
zu den Wissenschaften zu gelangen, schwebt Lullus der Weg der Kombina-
torik vor. Die Wissenschaft scheint ihm aus der Kombination (mixtio) der vor-
ausgesetzten Prinzipien zu entspringen. Ausdrücklieh sagt er (.\rs magna et ult.
ed. Zetzner, p. 'il5; Prantl III, S. 168, Anin. 119): Et ista mixtio est centrum
et subiectum huiiis-artis. Und in der Declaratio Raymundi läßt er in den
achtzehn Begriffen der absoluten und relativen Prädikate alles Seiende enthalten
sein oder daraus sich entfalten. Durch die methodische Mischung oder Kombi-
nation der IMnzipien sind ihm die Geheimnisse oder Wahrheiten der Natur be-
sseichnet, soweit der menschliche Intellekt sie in diesem Leben eneichen kann
(ed. Reicher, S. 97, 28: Et in his principiis omnia entia iinplirata sunt aut
explicata secundum eornm essentiam et naturam, ac per ordinatain mixtionem
ipeorura principiorum, quae traditur in praedicta tabula, significantur secreta
et vcritates naturae, secundum quod intellectus humanus in hac vita ipsa attingere
potest). Um
die mögliche Kombination der Grundbegriffe zu erleichtern, zu ver-
anschaulichen und praktisch für jedermann fruchtbar zu machen, griff Lullus
zu synib<^)1ipohen und mechanischen Hilfsmitteln, nämlich /ur Bezeichnung der
534 § ^^- Raymundus Lullus.
Grenzen von Vernunft una glaube ein, insofern er auch die christlichen
Mysterien, welche Albertus Magnuä und Thomas von A quin (siehe oben
(Articuli fidei sacrosanctae, ed. Argentorati 1617, p. 920, Introd.: Deus, in virtute tua
sperantes et de tua gratia confidentes, intenditnus probare articulos fidei per necessarias
rationes). Indessen ist kaum anzunehmen, wozu Stock 1 neigt, daß Lullus im Sinne
eines religiösen Rationalismus die Glaubenssätze in bloße Vernunftsätze auflösen möclite.
Es wird sich bei ihm ähnlich verhalten, wie bei Anselm von Canterbury und
Eiohard von St. Victor, die ebenfalls von necessariae rationes sprachen, ohne
einer völligen Rationalisierung der Dogmen das Wort reden zu wollen (siehe oben
S. 265, 345). Lullus bekennt ausdrücklich (Liber magnus contempl. c. 154,
n. 2; bei O. Keicher, S. 65, Anm. 2): Fides est res adeo exeellens et nobilis,
Ausgaben.
Von Siger von Brabant nahm man mit Echard und Ledere bis vor
kurzer Zeit an, er sei von einem abweichenden Standpunkt zum Thomismus über-
gegangen. Dieser vermeintliche Thomist nun, der sogar auch die Sorbonne und
damit die keinem Ordensverband angehörigen Lehrer dem Thomismus zugeführt
haben sollte, entpuppte sich allmähüch als Averroist, ja als Haupt und
Führer des averroistischen Aristotelismus an der Pariser Un iver-
sität im 13. Jahrhundert. Zunächst wurde durch Delisle imd Potvin,
dann 1881 durch Castets und Gaston Paris nachgewiesen, daß die Grundlage
der Hypothese von der Bekehrung Sigers zum Thomismus, nämlich die Identi-
fizierung Sigers von Brabant mit Siger von Courtrai, nicht aufrechtzu-
erhalten sei. Über die Entwicklung dieser Identifizierung sowie die alimähliche
Aufdeckung dieses Irrtums vgl. Cl. Baeumker, Die Impossibilia des Siger von
§ 42. Siger von ßrabant. 539
sorania, ita quod non simus certi de existentia alicuius rei; 3. quod bellum Troia-
num esset in hoc instanti 4. quod grave existens superius non prohibitum non
;
descenderet; 5. quod in humanis actibus non esset actus malus, propter quam
malitiam actus ille deberen prohiberi vel alicjuis ex eo puniri; 6. quod contingit
aliquid simul esse et non esse et contradictoria de se invicem vel de eodem veri-
ficari. Mandonnet dagegen (a. a. O., p. CXL ff.; Ire partie, Louvain 1911,
Ö. 119 ff.) bekämpfte diese Aufstellung und erklärte die ganze Schrift für Sigers
J^igentum. Die Impossibilia sind nach ihm eine Serie von Sophismen, wie
sie im Mittelalter öfter vorkamen, z. B. bei Petrus von Auvergne, Albert
von Sachsen, Siger von Courtrai, die in einer öffentlichen Disputation von
dem Magister, hier Siger von Brabant, vorgelegt und gelöst wurden. Sie
Ihaben den Charakter und
Bedeutung einer dialektischen Schulübung und in
die
der vorliegenden Form sind sie eine reportatio, ein Stenogramm eines Hörers
von Siger. Vgl. zur Sophisraenliteratur oben S. 536. —
Außer den eben er-
wähnten edierten Werken bat Siger noch weitere Schriften verfaßt, insbesondere
einen Kommentar zu De anima, der kürzlich von A. Pelzer in Oxford auf-
gefunden wurde. Wertvoll ist ferner die Notiz eines Schülers von Siger, des
Pierre Dubois (De recuperatione terrae sanctae, ed. Ch. V. Langlois, Paris
1891, S. 121 f.), der zufolge sich Siger, wie Albert und Thomas, auch mit
der aristotelischen Politik beschäftigt hat. Siebe P. Mandonnet, Ire partie
1911, S. 141.
Was nun die anlangt, so wiire nach Baeumker,
I^ebensdaten Sigers
a. a. O., S. 62 ff., berühmte Artistenlehrer von der Halraenstraße (rue
113, der
du fouarre) als Bundesgenosse des Wilhelm von Saint Amour in den von
1253—1259 sich hinziehenden Kampf des Weltklerus gegen die Mendikanten-
orden au der Pariser Universität verstrickt gewesen. (Über Wilhelm von
Saint Amour vgl. Le Clerc, Guillaume de S. Amour et G^rard d'Abbe-
ville, Hist. litt, de la France XXI, Paris 1847, S. 468-499. H. Denifle,
•Chart. Univ. Paris. I, Paris 1889. M. Perrod, Maitre Guillaume de Saint
Amour. L'universite de Paris et les ordres mendiants au XIII. siede, Paris
1895; derselbe, Etudc sur la vie et sur les oeuvres de Guillaume de Saint
Amour. Extrait des memoire» de la soci^te d't^mulation du Jura. Lons-le-
540 § 42. Siger vö;i ßrabant.
2e partie, Louvain 1908, S. 29 ff.) zum ersten Male edierte Brief de»
Aegidius von Lessines an Albert den Großen. Aegidius' Bericht ent-
hält folgende in Paris vielumstrittene Thesen 1. Quod intellectus omniuni homi-
:
num est unus et idem numero. 2. Quod ista est falsa sive impropria: homa
intelligit. 3. Quod voluntas hominis ex necessitate vult et eligit. 4. Quod oninia
mundus est aeternus. 6. Quod nunquam fuit primus homo. 7. Quod anima (juae
est forma hominis secundum quod hoc, comimpatur corrupto homine. 8. Quod
anima post mortem separata non patitur ab igne corporeo. 9. Quod liberum
aliud a se. 12. Quia humani actus non reguntur providencia dei. 13. Quia deus
non potest dare immortalitatem vel incorruptibilitatem rei mortali vel corruptibili.
Die beiden letzten Thesen (14 u, 15) kommen für den vorliegenden Fall nicht in
Betracht. Diese Liste des Aegidius stimmt völlig übercin mit den von Bischof
Stephan Templer am 10. Dezember 1270 verworfenen Sätzen (vgl. Denifle,
Chart. Univ. Paris. I, S. 486 -487-, siehe auch P.Mandonnet, Ire partie, Louvain
1911, S. 111, Anm. 1). Die Averroistenpartei unter Führung von Siger und
Boetius de Dacia fuhr aber fort, für ihre Lehren Propaganda zu machen, bis
endlich am 7. März 1277 durch eine abermalige Verurteilung von 219 zumeist
averroistischen Sätzen durch Stephan Templer der Hauptschlag gegen den
Pariser Averroismus geführt wurde (Da.s Verzeichnis der Propositionen siehe bei
H. Denifle, Chart. Univ. Paris. I, Paris 1889, S. 543 ff. und bei P. Man-
donnet. 2e partie 1908, S. 175 ff.). Siger verließ Paris, wurde noch in dem-
selben Jahre 1277 von Simon du Val, dem Großinqui.sitor von Frankreich, vor
Gericht geladen und begab sich schließlich an den römischen Hof nach Orvieto,
wo er um 1282 von seinem Sekretär ermordet wurde (vgl. Cl. Baeumker in:
Arch. f. Gesch. d. Philos., Bd. 13, 19<X), S. 73 ff., und G. Paris in: Koniania,
t. 29, 1900, S. 107—112).
Sigers Lehren decken sich, wie schon Haur^au zu zeigen versuchte, aber
erst Baeumker und Mandonnet auf Grund der von ihnen edierten
Cl.
Schriften Sigers im Detail nachwiesen, in den Hauptpunkten mit den 1270 und
1277 verurteilten aveiToistischen Sätzen. Er vertritt, wenn auch in etwas ver-
schleierter Form, die Lehre von der zweifachen Wahrheit, indem er
Thesen, obgleich sie der geoffenbarten Wahrheit widerstreiten, als begrüntleie
§ 42. Boetius der Däne. 541
Lehren der Philosophen hinstellt (De anima intellect, ed. Mandonuet, 1899.
S. 96, 99, 112; 2e partie 1908, S. 154, 157, 169^ Die Intelligenzen sind
notwendige Wesen und stehen in notwendiger Beziehung zur ersten Ursache,
ßo daß einerseits ihre Ewigkeit behauptet, anderseits die Freiheit Gottes bei der
Schöpfung geleugnet wird (Iniposs.,* ed. Baeumker, S. 7, 143 f.). Weiterhin
lehrt Siger die Ewigkeit der Materie, der Bewegung, der species mit
besonderer Betonung der menschlichen species (secundum philosophos nuUa est
ratio, ut species aüqua entis esse incipiat, cum nunquam fuerit. De anima intell.,
ed. Mandonnet, 1899, S. 101, 25; 2e partie 1908, S. 159). Das gleiche gilt
von der anima intellectiva (Et sicut arguit de motu et mundo, similiter argui
potest de anima intellectiva, ebd.). Diese ist aber kein Teil oder Vermögen
der menschlichen Seele, wie Albert und Thomas (praecipui viri in
philosophia Albertus et Thomas, ed. Mandonnet, 1899. S, 94, 2"';
2e partie 1908, S. 152) lehren. Ihre Auffassung ist falsch und trifft nicht den
wahren Sinn des Aristoteles. Isti viri deficiunt ab intentione philo-
sophi nee intentum determinant, ed. Mandonnet, 1899, S. 95, 11;
2e partie 1908, S, 152. Supponit enim (Albertus) cjuod poteucia vegetandi et
senciendi j^ertineant ad illani substantiam, ad quam pertinet potencia intelligendi,
q\iod non est verum secundum Philosophum et Themistium ejus expositorem, ed.
Mandonnet, 1899, S. 96, 13—16; 2e partie 1908, S. 153. Die Verbindung
der anima intellectiva niit dem Körper ist nur eine Einheit der
Tätigkeit (Sunt igitur unum anima intellectiva et corpus in oi)ere, qui in unum
opus conveniunt; et cum intellectus dependeat ex corpore et fantasmate in intelli-
gendo, non dependct ex eo, sicut ex subiecto in quo sit intelligere ed.
Mandonnet, 1899, S. 97, 6—9; 2e partie 1908, S. 154), und die anima intellec-
tiva ist nur perfectio et forma coqxuris, secundum quod intrinsecus operans ad
corpus (ebd. S. 99, 3; 2e partie 1908, S. 156). Da
weiterhin die anima intellectiva
völlig losgelöst von jeder Materie existiert, so kann sie auch für alle Men-
schen nur eine und numerisch einzige sein (Natura que in esse suo
separata est a materia, non multiplicatur multiplicatioue luaterie .... Ergo
(anima intellectiva) non debet multiplicari nnütiplicatioiie materie neque multipli-
eatione corporum humanorum, ed. Ma ndonnet, 1899, S. 107,28; 2e partie
1908. S. 165). Endlich leugnet Siger die Willensfreiheit und vertritt
einen verhüllten Determinismus (Imposs., ed, Baeumlcer. S. 21, 26
29; 25, 3—8, S. 179).
Daß Siger trotz des offenkundigen Averroismus von Dante (Paradiso X,
133— 137) eine höchst ehrenvolle Stellung im Kranz der Theologen neben Albert
und Thomas zugewiesen erhält, muß Verwunderung erregen. Vgl. Cl.
Baeumker, a. a. O., S. 51 ff., Mandonnet, a. a. O., Cap. XII, B. Nardi,
a. a. O,, S. 65-70.
Sigers
averroistischer Gesinnungsgenosse an der i'ariser Universität, der eben-
durch die Verurteilung von 1270 und 1277 getrotfen wurde, war Boetius de
falls
Dania. Mit Sicherheit können Boetias zugeschrieben werden eine Reihe logischer
Schriften:De raodissignificandi,Quaestiones zu den beiden Analytiken,
zurTopik, zu den Elenchi sophistici und r^ophismata, ferner Quaestiones
zum vierteil Buch der Meteore, zum Liber de anima libus und zur Meta-
physik. Damit ist aber die Liste.seiner Werke noch nicht erschöpft, wenn der Bericht
der Tabiüa scriptorum Ord. Praedicatorum (siehe II. Denifle, Arch. f. Lit.- u.
Kircheng. d. Mittelalt. II, 1886, S. 230, n. 35) Vertrauen verdient. Hier werden
nämlich Boetius Quaestiones zu den übrigen naturwissenschaftlichen
noch
Schriften des Aristoteles und ein Liber de aeternifate mundi zugeteilt.
542 § 42. Der Kampf gegen den Averroismus.
Es erhebt sich aber die Schwierigkeit, wie es sich erklärt, daß Boetius iu der
genannten Tabula unter den Dominikanerlehrem erscheint. Über die Lösimg
derselben siehe P. Mandonnet. Ire partie 1911, S. 230.
Ahnlichen Anschauungen wie Siger und Boetius, scheint auch Bernier
de Nivelles gehuldigt zu haben. Wenigstens wurde er zusammen mit Siger
von Simon du Val vor Gericht geladen. Vgl. Cl. Baeuraker, a. a. O., S. 65
Mandonnet, a. a. O., S. CCLXV ff.; Ire partie 1911, S. 254 ff
Die genannten drei Gelehrten, mindestens aber Siger und Boetius, müssen
als die geistigen Führer des Averroismus im dreizehnten Jahrhundert
angesehen werden. Gänzlich falsch war die Behauptung Haur^aus (Hist. de la
philos. scol. II, 2, Paris 1880, S. 96), die Mehrzahl der 1277 verurteilten Thesen
gehörten der Franziskanerschule an. Haur^au hat übrigens später, wie sich
aus dem Vorhergehenden ergibt, den wahren Sachverhalt wohl erkannt. Nicht
minder fehl ging das Urteil von E. Renan (AveiToes et l'averroisme, 2e ed. 1S61,
B. 259— 267), der ebenfalls die Franziskaner schule und speziell Roger ßacon
zum Träger averroistischer Ideen machte. Siehe P. Mandonnet, Ire partie 1911,
S. 239-244.
Als eines der ersten Dokumente, in denen christlicherseits die wissenschaftliche
Abwehr gegen den Arabismus und Averroismus aufgenommen wurde, muß der
vonMandonnet vollständig veröffentlichte Tractatus de erroribus philo-
sophorum Aristotelis, Averrois, Avicennnae, Algazelis, Alkindi et
Rabbi Moysis gelten, der nach Mandonnet (S. XXX) nach 1260 und vor 1274
von einem Dominikaner abgefaßt wurde und in kurzen, scharf pointierten Propo-
sitionen, gleichsam in Warnungssignalen, die Irrtümer der genannten Philosophen
summarisch zusammenfaßte. Welche hervorstechende und führende Rolle unter den
bekämpften Gegnern Averroes zufiel, läßt der Verfasser genugsam erkennen
(Cap. IV, ed. Mandonnet, 2e part. 1908, S. 8: Commentator autem omnes errores
philosophi asseruit, imo cum majori pertinacia, et magis locutus est contra ix>nen-
tes mundum incepisse quam Philosophus fecit. Imo eine comparatione plus est
arguendus ipse quam Philosophus, quia magis directe fidem nostram impugnavit).
Außer dem unbekannten Verfasser des Tractatus de erroribus philoso-
phorum griffen aber auch die hervorragendsten Denker des Dominikanerordens in
den Streit ein. Schon 1256 schrieb Albert der Große sein Buch De unitate
iutellectus contra averroistas (siehe oben S. 465). Thomas von Aquin
richtete, wie bereits erwähnt wurde (siehe oben S. 5(X), 540), um 1270 zur Zeit,
als der Kampf aufs heftigste entbrannt war, gegen Sigers Schrift De anima
intellectiva und wohl auch gegen seinen Kommentar zu De anima
die Abhandlung De unitate intellectus contra averroistas oder contra
magistrura Sigerum. Es ist zwar richtig, wie Doncoeur (S. 501 f.)
gegen Mandonnet ausführt, daß sich wörtliche Zitate aus Sigers Schrift De
anima intellectiva bei Thomas nicht finden. Allein es wäre verfehlt, daraus
mit Doncoeur (S. 501) den Schluß zu ziehen, „que saint Thoraas poursuit aussi,
peut-etre surtout. d'autres averroistes'', denn die äußere Bezeugung, daß Siger
Thomas' Gegner war, fällt zu schwer ins Gewicht. Anderseits ist es aber
Doncoeur in keiner Weise gelungen, die anderen Averroisten namhaft zu machen.
Überdies hatte Thomas, wie schon Mandonnet (Ire partie 1911, S. 313) gegen
Doncoeur geltend machte, nicht Gruppen, sondern eine bestimmte Persönlichkeit
im Auge (De unitate intellectus contra averroistas, ed. C. Morelles, t. XVII. fol. 104 v
FG: mirum est, quomodo aliqui solura commeutum Averrois videntes pronunliare
praesuraunt, quod ipse dicit hoc (intellectus sit unus in omnibus) sensisse omnes
Philosophos Graecos et Arabes praeter Latinos. Est etiam raaiori admiratione vel
§ 42. Johannes von Jandun. 543
von K. Scholz, Leipzig 1914), in welchem sie die heftigsten Angriffe gogen das
Papsttum richteten und aucli den Satz von der Souveränität des Volkes als
Quelle aller politischen Macht auf.stellten (III, Legislatoren! huma-»".:
nuni solam ciWum Universitäten! esse valtntiorem illius partemi. 1326 suchten sie
Schutz am Hoie Ludwig des Bayern. 1327 erfolgte ihre Exkommunikation
durch Johannes XXII. In demselben Jahre wurden auch mehrere Sätze aus
dem Defeusor pacis verurteilt. Johannes von Jandun ßtarh schon 1328,
während der Tod des Marsilins in die Zeit zwischen 1330 und 1343 fällt.
Johannes von Jandun hat außer dem Defensor pacis, an dem er nur
Mitarbeiter war, auch eine Reihe von Werken hinter la.ssen, die sein alleiniges
Eigentum sind, so die Schrift De laudibus Parisius (1323 entstanden), dann
einen Kommentar zur Expositio problematuni Aristotelis des Mediziners
luid Philosophen Pietro d'Abano in Padua, der als der erste die Problemata
aus dem Griechischen ins Lateinische übersetzt hatte (siehe unten). Johannes
war den Besitz der Schrift, über die er nach 1315 in Paris Vorlesungen
in
hielt, durch Vermittlung seines Freundes Marsilius gekommen. Weiterhin
stammen aus seiner Feder Kommentare zu Aristoteles De anima (zwei Redak-
tionen), zu den Parva naturalia, zu De coelo et mundo, zur Physik und
Metaphysik, zu des Averroes Sermo de substantia orbis. In dem Kom-
mentar zu De anima mehrere früher abgefaßte Schriften, nämlich:
zitiert er
Quaestiones deformatione foetus, Quaestiones degradibus et plura-
litate formarum, Tractatus de specie intelligibili, Duo tractatus de
sensu agente, von denen einer als ErstUngsschrift bezeichnet wird (siehe
AI. de Wulf, Gesch. d. mittelalt. Philos., S. 394, Anm. Ij.
Johannes von Jandun charakterisiert sich selbst als einen Peripatetiker
<ler streng averroistischen Richtung, wenn er sich den Affen des Aristoteles
und Averroes nennt (In Metaphys., ed Venedig 1525, fol. 84; nach M. de Wulf,
S. 394). Wie der Philosoph von Stagira und der Araber, vertritt er die Lehre von
der Ewigkeit der Welt und der Bewegung (De coelo et mundo I, q. 29:
Totum mundum ingenitum secundum totum necesse est esse; Phys. VIII, q. 3).
Höchst charakteristisch ist auch seine Stellungnahme in der brennendsten Frage der
Zeit, in der Frage nach der Einheit oder Mehrheit des menschlichen
Intellekts. Er hält die averroistische Ansicht für unwiderlegbar. Trotzdem
bekennt er sich zu der Überzeugung, daß der Intellekt nicht der Zahl nach
einer ist für alle Menschen, sondern verschieden nach der Zahl der menschlichen
Körper. Diese Auffassung mit Gründen zu beweisen, ist aber un-
möglich; nur im Glauben allein kann sie festgehalten werden. Ge-
rechtfertigt wird diese Position mit dem Hinweis darauf, daß bei Gott alles das
möglich sei. als unmöglich dartun (De anima lib. III, q. 7;
vas Vernunftgründe
ed. Venet. 1587, S. 269 Quamvis etiam haec opinio (Averrois) nou possit removeri
f.:
rationibus demoi«trativis, tamen ego dico ahter et dico, quod intellectus non est
unus numero omn\bus hominibus; imo ipse est numeratus in diversis secundum
numerationem corporum humanorum et est perfectio dans esse simpliciter. Hoc
autem non probo aliqua ratione demonstrativa, quia hoc non scio
esse possibile, et si quis hoc sciat gaudeat. Istam autem conclu-
sionera assero simpliciter esse veram et indubitanter teneo sola fide.
Et ad rationes contra istam opinionem responderem breviter concedendo tamquaiu
possibilia apud Deum omnia illa, ad quae illae rationes deducunt tamquam ad im-
lX)68ibilia; bei Haureau, Hist. de la philos. scol. II, 2, S. 2^6, Anm. 1). Damit
ist aber ganz eklatant die averroistische Doktrin der doppelten W^ahrheit
proklamiert.
§ 42. Johanu Baconthoip. 54:5
Mit dem Averroismus verknüpft sich bei Johannes von Jan dun ein aus-
.geprägter Skeptizismus, der sich auf das gesamte Gebiet der metaphysischen
Psychologie erstreckt. Er ist überzeugt von dem J'ormcharakter der Intellekt iven
Seele, von der Einzigkeit dieser Form im Menschen, von ihrer Unteilbarkeit und
Unausgedehntheii, von ihrer Entstehung aus Nichts auf dem M'ege der Schöpfung,
von ihrer Unsterblichkeit. Allein alle diese Thesen sind lediglich Gegen-
stände des Glaubens, aber nicht des wissenschaftlichen Beweises
(De an. lib. III, q. 12; ed. Venet. 1587, S. 291: et omnia talia, quae dicunt fideles
catholici, ego dico simpliciter esse vera sine omni dubitatione, sed dem onst rare
nescio. Gaudeant, qui hoc sciunt, sed sola fide teneo et confiteor;
bei Hau r 6 au, a. a. O., S. 288, Aum. 1). Wie klar ersichtlich, sind die (irund-
lehren der metaphysischen Psychologie der Sphäre der Vernunft entzogen und
dem Gebiet des Glaubens zugewiesen.
Im Gegensatz zu dem strengen und unverhüllten Averroismus des Johannes
von Jandun waren andere Denker des vierzehnten Jahrhunderts zwar ebenfalls
Anhänger des Averroes, aber in einer anderen und milderen Form, welche vor
allem darauf bedacht war, jene lehren auszuschalten, die einen Konflikt mit dem
christlichen Glauben bedeuteten. So findet sich ein starker averroistischer Ein-
schlag bei dem Franziskaner Petrus Aureolus (siehe darüber K. Werner, Der
Averroismus in d. christl.-peripatetischen Psychologie, Wien 1881 [Sitzungsb. d.
K. Akad. d. Wiss., philos.-hist. Kl. OSJ, S. 176—231).
Als Hauptrepräsentant des christianisierten Averroismus, als A verroist aruni
princeps (Lucilio Vanini, Amphitheatrum aeternae providentiae, Lugduni
1615, Exercit. IV) figuriert aber Johannes Baconis, nach seinem Geburtsort
Bacouthorp in der englischen Grafschaft Norfolkshire auch Johannes Bacon-
thorp genannt. Nach seinem Eintritt in den Karmeliterorden studierte Johannes
in Oxford und in Paris, wo er auch bis 1327 dozierte, in welchem Jahre er zum
Provinzial seines Ordens in England gewählt wurde. Er starb 134(5. Johannes
Baconthorp verfügte über eine äußerst fruchtbare Feder. Von seinen zahlreichen
Schriften nur der Kommentar
sind zu den Senteuzen. die Quodlibetu,
•dasCompendium legis Christi und dasCompendium legis vitaechristia-
nae gedruckt worden. Unediert blieb die lange Reihe seiner Kommentare zu
den Zur Metaphysik, Ethik, Poli tik, zu De anima.
aristotelischen Schriften :
die Zusammenstellung bei K. Werner, Die Scholastik des späteren Mittelalters 11,
B. 18 f.).
gar den arabischen Philosophen in Schutz. Der Araber hätte jene Ansicht gar
nicht ernst gemeint; er betrachte sie lediglich als eine Fiktion und als eine Übung
zur Entdeckung der Wahrheit (In Sent. II, d. 21, q. 1, a. 3: NuUus debet repu-
I'eberwcg, (JnuidriU II. 3j
546 § 42. Pietro d'Abano.
tare istam opinionem esse veram, quam ipsemet opinans non reputat niei fictionem
et solutn ponit eani propter exercitium, \ic veritas corapletius inquiratur; siehe
K. Werner, Der Averroismus in der christl.-peripatetischen Psychologie, S. 238).
Lehnte Baconthorp die Irrtümer des Averroes ab, freilich nicht ohne ihren
Urheber so schonend wie möglich zu interpretieren, so folgte er der Autorität
des Kommentators in Fragen, bei denen kein Konflikt mit dem
Glauben zu befürchten war (siehe K. Werner, a. a. O., S. 236). Hervor-
gehoben sei nur, daß er die Annahme einer doppelten substanzialen Form im
Menschen, einer forma corporeitat is und der anima intellectiva, durch
die averroistische Lehre von der Präexistenz der Formen in der Materie zu stützen
suchte (Quodlibetica I, q. 6, a. 3; siehe K. Werner, a. a, O., S. 245).
Am längsten und zähesten hielt sich bis ins siebzehnte Jahrhundert hinein
der averroistische Aristotelismus in Oberitalien, insbesondere an der Universität
Padua. Als der erste Träger averroistischen Einflusses an der Paduaner Hoch-
schule gilt der Mediziner und Philosoph Pietro d'Abano (de Abano, de Apono,
Pntavinus, Paduanus). Geboren um 1250 in Abano bei Padua, erwarb sich der
junge Pietro durch ausgedehnte Studien und große Reisen ein umfassendes
Wissen. 1270 - 1290 (nach Ferrari 1298) hielt er sich in Konstantinopel auf, wo
er sich eine gründliche Kenntnis des Griechischen aneignete. Um 1300 begab er
sich nach Paris, wo Hauptwerke entstanden oder vorbereitet wurden. Daß-
seine
er dort auch doziert habe, ist nicht sicher. Mindestens seit 1307 hatte er einen
Lehrstuhl für Medizin und Naturphilosophie und vielleicht auch für Mathematik
an der Universität Padua inne bis zu seinem Tode, der wahrscheinlich 1315 erfolgte.
Im gleichen Jahre war er, wie schon zweimal vorher, unter Anklage der Magie
und Häresie in einen Prozeß mit der Inquisition verwickelt.
Pietro d'Abano die ihm in der
entfaltete eine reiche Übersetzertätigkeit,
Überlieferungsgeschichte philosophischer und anderer Schrifttexte des Altertums
eine noch kaum beachtete Stellung sichert. Neben hebräischen astrologischen Trak-
taten des Avenares (Abraham Ibn £sra, gest. 1168 zu Toledo) und griechischen
medizinischen Schriften, wie des Pseudo-Hippokrates und Galen, sind es vor
allem die zum Teil pseudo-aristotelischen Problemata, die Pietro, wie es scheint,
als der erstedurch Übersetzung aus dem Griechischen der lateinischen Gelehrten-
welt zugänglich machte und durch einen Kommentar (Expositio problematum
Aristotelis) erläuterte. Dieser Kommentar wurde in Paris begonnen und in
Padua 1310 vollendet. Durch Vermittlung des Marsilius erhielt ihn, wie bereits
(S. 544) erwähnt wurde, dessen Freund Johannes von Jandun, der ihn nach
1315 als der erste unter den Pariser PhUosophieprofessoren (primus inter Parisius
ad quem praedicta expositio pervenit; siehe E. Renan,
regentes in philosophia,
S. 340) zum Gegenstand von Vorlesungen machte. Später stellte der Skotist
Walter Burleigh eine Abbreviatur her (Summa alphabetica problematum
Burlaei. Oxford, Bodleiana Cod. Digb. 70, 153, 161, 206, s. XIV; Magdalen
College Cod. LXV, s. XV), die auch verschiedentlich noch unter Pietros Namen
ging. Als sein Hauptwerk muß die medizinisch-philosophische Schrift Conciliator
differentiarum philosophorum et praecipue medicorum bezeichnet
werden, die zwischen 1300 und 1310, vieUeicht um 1303, vollendet wurde.
Die philosophischen Anschauungen von Pietro d'Abano tragen in
manchen Punkten das Gepräge eines reineren Aristotelismus, der sachlich in
nächster Nähe von der im Thomismus emmgenen Form bleibt, ohne daß Thomas
zitiert wird, wohl aber des öfteren Albertus Magnus. So verrät eine unver-
kennbare Verwandtschaft mit den thomistischen Lehren Pietros Behandlung der
Universalien, der Abstraktion, des Individuationsprinzips, der unitas formae.
§ 42. Pietro d'Abano. Spätere Averroisten. 547
Denkens faßt, bildet die Syllogistik (Concil. diff. III, ad 3: logica in methodorum
omnium principia viam habet). Anderseits erfährt aber auch die Erfahrung
als Erkenntnisfaktor und der Wert der Erfahrungswissenschaften, sowie deren
Verhältnis zur Philosophie eine ausgiebige Würdigung, insofern in den zehn ersten
differentiae des Conciliator eine Art Wissenschaftslehre entwickelt wird.
Undurchsichtig bleibt Pietros Verhältnis zu Grundgedanken der
arabischen Philosophie, wie Ewigkeit der Materie und der Welt, und besonders
zur averroistischen Theorie von der Einheit des Intellekts. Die Texte
bieten kein unzweideutiges Bekenntnis zum Averroisraus. Auch die Behauptung
von der Weltewigkeit und pantheistische Tendenzen, die Ferrari bei Pietro zu
finden glaubte, können ihm nicht mit Sicherheit zugeschrieben werden. Aber
ebensowenig enthalten die textlichen Quellen eine klare Ablehnung der hetero-
doxen und zumal der averroistischen Doktrinen. Keineswegs aber hat der Paduaner
Mediziner und Philosoph trotz aller Begeisterung für die Autorität des Kommen-
tators mit der Kühnheit die averroistischen Gedanken durchgeführt, wie dies bei
dem Führer des Pariser Averroismus, bei Johannes von Jandun, der
Fall war.*)
dem Tode von Pietro d'Abano dozierte in Bologna
Einige Dezennien nach
der Averroist Urban
dem Servitenorden, der einen ähnlichen Standpunkt
aus
eingenommen zu haben scheint, wie Johann Baconthorp. Sein Hauptwerk,
ein Kommentar zum Kommentar des Averroes zur aristotelischen Physik, stammt
aus dem Jahre 1334. Es wurde zu Venedig 1492 gedruckt unter dem Titel:
Urbanus Averroista coramentorum omnium Averroys super librum Aristotelis
. . .
blieb Padua die Hocliburg des Averroismus und der literarischen Kämpfe, die
sich seit Petrus Pomponatius (gest. 1525) zwischen Averroisten und Alexan-
dristen abspielten.Siehe E. Renan, S. 347 ff., K. Werner; Der Averroismus
in der christlich-peripatetischen Psychologie usw., S. 288 ff.. Die Scholastik des
späteren Mittelalt. IV, L Wien 1887. S. 138 ff. und diesen Grundriß III, § 3.
*) Der Pa-ssiis über Pietro d'Abano ist auf Grund von Notizen gearbeitet,
die mir Herr Dr. Rüster in Bonn, der eine größere Publikation über Pietro
vorbereitet, gütigst zur Verfügung stellte.
35*
548 § '^•^- Neuplatonisimis, Mathematik u. Naturwissenschaft im 13. Jahrh.
Ausjraboii.
I. Witelo.
Die wahrscheiiiiioh Witelo zu':;('hörige Schrift De iiitelli<^en liis wurde
zum erstenmal nach sechs Hamlschriltcn herausgegel;>en von Cl. ßaeuniker,
Witelo, ein Philosoph und Naturforscher des XIII. Jahrhunderts, Münsrcr 1908
(Heitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. III, 2), S. 1—126. .Schon 1891, Philos.
.lahrb. 7, S. 177 — 181 hatte Baeumker die einzelnen Thesen ohne die Beweise
publiziert.
Witelos Pcrspectiva erschien zuerst zu Nürnberg 1535 unrer dem Titel:
Vitellionis matheraatici doctissimi .-rsgi o.-triy.ijg, id est. de natura, ratione. et pro-
icctione radiorum, visus, luminum, colorum atque formanun. quam vulgo Per-
spectivam vocant, libri X, ed. Georg Tanstetter et Petrus Apianus. Ein
Abdruck dieser ed. priiiceps ist die Ausgabe X^ürnberg 1551. Eine verbesserte
Ausgabe lieferte Friedrich Risner, Opticac
thesaurus, Alhazeni Arabis libri
Septem, nunc primura editi. Eiusdem
de Crepusculis et Xubiuni ascensioni-
liber
bus. item Vitellonis Turingopoloni libri X. Omnes instaurati, figuris
illustrati et aucti, adiectis etiam in Alhazenuni comraentariis, Basel 1572.
Philosophisch bedeutsame Abschnitte aus Witelos Pcrspectiva unter
Verbesserung des Risnerscheii Textes nach drei Handschriften hat ("lern.
—
Baeumker, a. a. <>., S. 127 179 als Anhang II veröffentlicht.
Mittelalt. XII, 5 —
6) publiziert, nachdem G. B. Venturi, Commentari .supra la
storia e le teorie dell" ottica I, Bologna 1814 einige Auszüge und G. Hell mann,
Xeudnuke von Schriften u. Karten über Meteorologie u. Erdmagnetismus. Nr. 11,
Berlin 19<>2 eine Analyse gebracht hatten.
Von den nicht edierten Schriften, soweit sie erhalten sind, hat ¥j. Krebs,
a. a. ()., S. 1 — 116 die handschriftliche Überlieferung, eine kurze Skizze ihres
Inhalts und Auszüge gegeben.
550 § "IS' Neuplatonismus, Mathematik u. Naturwissenseh. im 13. Jahrh. Ausgaben
gäbe enthält das Opus tertiuni, das Opus minus, das Compendium
philoßophiae, im Api)endix I: Epistola Fratris Rogerii Baconis de
secretis operibus artis et naturae et de nullitate magiae (ältere Aus-
gaben der Epistola siehe bei A. G. Little, Appendix S. 91 f.). — P. Duhem,
Bur un fragment inconnu jusqu'ici de l'Opus tertium de ßoger Bacoii, Archiv!
Francisc. Hist. 1908. S. 238-240 (über ein in Cod. lat. 10264 der Pariser Natio-
nalbibliothek entdecktes Fragment zum Opus tertium). Dasselbe wurde ediert
von demselben, Un fragment in^dit de l'Opus tertium de Boger Bacon, preeedö
d'une dtude sur ce fragment, Ad Claras Aquas 1909. A. G. Little, The mis-
sing part of Roger Bacon's Opus tertium, Tne English Hist. Review XXVII, 1912
S. 318—321 (über ein in Cod. 39 des Winchester College enthaltenes weiteres
Fragment zum Opus tertium, das sich mit dem von Duhem gefundenen zum
Teil deckt). Vei'ünentlicht wurde es unter dem Titel: Part of the Opus tertium
of Roger Bacon, including a fragment now printed for the first tirae. ed. by "
A.
G. Little, Aberdeen 1912 (British Society of Franciscan vStiidies, Vol. IV).
The greek grammar of Roger Bacon and a fragment of his hebrew
gram mar, ed. by Ed. Nolan and S. Hirsch, Cambridge 1902.
Opera hactenus inedita Rogeri Baconi, ed. Robert Steele, Fase. I:
Metaphysica Fr. Rogeri O. F. M. de viciis contractis in studio theo-
logiae. Omnia quae supersunt nunc, Oxonii 1905. Fase. II: Liber primus
Communium Naturalium Fr. Rogeri, partes prima et secunda, Oxonii
1909. Fase. III: Liber jjrimus Communium Naturalium Fr. Rogeri,
partes tertia et quarta, Oxonii 1911. Fase. IV: Liber secuudus Communium
Naturalium Fr. Rogeri De, Celestibus, partes quinque, Oxonii 1913. Siehe
dazu M. Bihl, Roger Bacon, Etudes franciscaines 1906, P, II, S. 542— .ö49. Cl.
—
Baeumker, Deutsche Literaturz. 1912. N. 17, S. 1047 1049. Die Quarta pars
des ersten Buches der Communia Naturalia ist nach Cod. 3576 der Bibliotnek
Mazarin auch von H. Höver, Roger Bacons Hylomorphismus als Grundlage
seiner philosophischen Anschauungen, Limburg a. d. Lahn 1912, S. 22— G."»
ediert worden.
Fr. Rogeri Bacon Compendium studii theologiae, ed. H. Rash-
dall una cum aj>pendice de operibus Rogeri Bacon, ed. per A. G. Little, Aber-
doniae 1911 (British Society or Franciscan Studies, Vol. III).
Das Speculum Astronomiae ist unter den Werken Albert des Gr.
<ed. Borgnet, t, X, S. 629 ff.) gedruckt. Siehe dazu P, Mandonnet, Roger
Bacon et le Speculum Astronomiae (1277), Revue n^-scol. 1910, S. 313-335.
Rogerii Baconis Specula mathematica — De speculis, ed. J.
Combacn, Frankfurt 1614; derselbe, Rogerii Baconis Augli Perspec-
tiva, nunc primum in lucem edita, Frankfurt 1614 (Die beiden Ausgaben ent-
halten den vierten und fünften Teil des Opus malus nebst einer Abhandlung
über die Spiegel).
F. Delorme (Archiv. Francisc. Hist. 1911, S. 209 -212) will die in den Hand-
schriften Johannes von Paris (Quidort) zugeschriebene Schrift De incar-
natione sive de secretis philosophiae (auch .De adventu Christi secundum carnem
oder De probatione fidei christianae betitelt) Roger Bacon zuschreiben.
Eine Zusammenstellung der neuesten Textpublikationen gibt M. Bihl, Arch.
Francisc. Hist. 1913, S. 559-569.
Witelo (ein Deminutivum von Wito oder Wido; nicht ViteUo oder Vitellio
oder Ciolek. Siehe über den Namen Cl. S. 190—200) wurde um
Baeumker,
1220—1230 in Schlesien, damals vielfach Polonia hieß, in der Gegend von
das
Breslau bis Liegnitz geboren. Sein Vater war ein in Schlesien eingewanderter
Thüringer, seine Mutter eine Polin, weshalb er sich selbst als filius Thuringorura
et Polonorum bezeichnete (Perspectiva, ed. Baeumker, S. 127, 1—2). Der Eifer
für die Wissenschaft führte ihn, vielleicht um 1260, nach Italien, nach Padua,
wo er philosophischen, mathematischen und naturwissenschaftlichen Studien
oblag. Auch in Viterbo hat er Aufenthalt genommen. Hier trat er in ein
freimdschaftliches Verhältnis zu dem bekannten Übersetzer des Aristoteles,
552 § 43. Witelo.
ile» Simplicius und Proklus, zu Wilhelm von Moerbeke, der unter den
Päpsten Clemens IV. (1265—1268) und Gregor X. (1271—1276) das Amt eines
Pünitentiais am Apostolischen Stuhle versali und mit dem römischen Hofe in
den Jahren 1266—1271 und 1276—1277 in Viterbo sich aufhielt (siehe Cl.
Baeumker, S. 201 f., 221 und oben S. 407 f.). Dem Pönitentiar Wilhelm
von Moerbeke, auf dessen dringenden Wunsch hin sie unternommen wurde.
istWitelos Perspectiva gewidmet. Sie muß also um 1270, jedenfalls aber vor
1277, in welchem Jahre Wilhelm Zi.m Erzbischof von Korinth ernannt wurde,
geschrieben sein. J. I^ndres (Literarische Rundschau 1910, Nr. 9, S. 438) spricht
Tun der Möglichkeit einer früheren Abfassung der Perspectiva am Anfang der
.•«txhziger Jahre (1261— 1262 da Wilhelm von Moerbeke höchst wahrschein-
1,
lich schon unter Urban IV. August 1261 bis Ende Juli 1262 mit Thomas von
A(juin an der Kurie zu Viterbo sich befand. Allein trotzdem kann die Ent-
stehung der Perspectiva doch nicht in diese frühe Zeit verlegt werden, weil
Wilhelm von Moerbeke erst unter Clemens IV. und Gregor X. das Amt
eines Pünitentiars bekleidete. Damit sind die spärlichen Daten erschöpft, die-
sich über das Leben Witelos eruieren lassen. Über die Zeit und den Ort seines-
weiteren Aufenthaltes und seines Todes haben wir keine sicheren Nachrichten.
.\ut Grund der Subskription der Berner Handschrift Cod. 61, s. XV (fol. 318vr
K.xplicit {perspectiva magistri Witelonis de Viconia) hat eine Reihe von Autoren
«Icr Vermutung Raum gegeben, Witelo sei Mönch der Prämonstratenserabtei
Vicoigne im Hennegau gewesen. Allein der gänzlich isolierten Notiz kann keine
Beweiskraft beigemessen Jüngst hat W. Rubczynski (Kwartalnik
werden.
historyczny XXIII, S. 574—587) die Ansicht ausgesprochen, der Baeumker ge-
neigt ist zuzustimmen (Zur Biographie des Philosophen usw.), Viconia sei aus-
Vitonia, dem heutigen Witow in Russisch-Polen, entstanden, und es sei infolge-
dessen an Witow, wo ein Prämonstratenser Kloster sich befand, als späteren Auf-
enthaltsort von Witelo zu denken.
Die Perspectiva ist nicht die einzige Schrift Witelos. Er zitiert in der
Perspective mehrere bis jetzt unbekannt gebliebene Traktate, so De elemen-
tatis conclusionibus (ed. Baeumker, S. 129, 35), De philosophia natu-
rali (Cl. S. 240 ff.), Scientia motuum coelestium, Natu-
Baeumker,
rales animae passiones (a. a. O.). Er spricht femer von einer Schrift De
ordine entium, deren Vollendung er auf einige Zeit zurückstellte, als er auf
Bitten des Wilhelm von Moerbeke die Abfassung der Perspective über-
nahm (ed. Baeumker, S. 128—129). Rubczynski und Baeumker halten
De ordine entium für identisch mit der nur anonym oder unter sicher
falschem Namen (Alanus, voa Cl. Baeumker zum
Alexander) überlieferten,
•T«itenmal edierten Abhandlung De
intelligentiis (Memoriale reruni
diff icilium). Tatsächlich ist die letztere Schrift aus demselben neuplato-
nischen Gedankenkreis des Liber de causis herausgewachsen, wie der
Widmungsbrief Witelos in seiner Perspectiva, so daß die Zuteilung von De
intelligentiis an Witelo lein gewisses Maß von Wahrscheinlichkeit besitzt
(siehe Baeumker, S. 249 ff.). Damit stimmt auch überein die Zeit ihrer Ent-
stehung. Sie wird von Thomas von Aquin (Quodlibet VI, q. 11. a. 19) mit
den Worten quod in libro De intelligentiis dicitur zitiert und ihrem sachlichen
:
der Verfasser und der Urspnmg der Schrift in der Umgebung des Wilhelm
von Moerbeke zu suchen, was vortrefflich zu ihrem neu platonischen Inhalt
paßt, dann wird es auch leicht begreiflich, daß Thomas von Aquin, der
Freund Wilhelms, sie kennen konnte und von ihr Notiz nahm, wenn auch in
negativem Sinn. Höchst wahrscheinhch ist sie schon vor 1268 in Angriff ge-
nommen v.orden, da sie sich von der in diesem Jahre erfolgten Übersetzung der
— Tot/c/cüöt? ^eoXoy Dtrj des Proklus noch völlig unberührt zeigt. Daß sie
schon 1252 bekannt war, wie Endres (Lit. Rundschau 1910, Nr. 9, S. 438) aul
Grund von Zitaten in der 1252 publizierten Summa des Alexander Halensis
annahm, ist unbegründet; denn an den betreffenden Stellen (Summa theol. II,
<j. 90, m. 1; m. 2, a. 1; q. 91, m. I, a. I) ist der Liber de causis zitiert, der
quae visus quideni comprehendit, non tarnen simplicitcr per se ipsum, sed aliis
actionibus animae accedentibus). Alhazen und Witelo sprechen mit Bezug
hierauf von der ratio oder der virtus distinctiva, die in der Form von unbe-
Mußten Schlüssen tätig ist (III, 69, ed. Baeumker: unde etiam non percipit
homo, quod comprehensio, quae fit per rationem et distinctionem, fiat per argu-
mentum, sicut puerulus, ex duobus pulchris distinguens et eligens pulchrius, non
percipit quod id fiat per viam argumentationis). Besonderes Interesse verdient
die Tatsache, daß Witelo mit Alhazen die assoziativen Elemente in der
Raum wahrnehmung erkannt hat. Die Entfernung und ihre Größe, der Ort eines
Dinges, die Größe eines Objekts, die Lage, die Körperlichkeit sind nicht durch
den Gesichtssinn allein erkennbar, sondern nur mit Hilfe der unterscheidenden
und urteilenden Kraft der Seele (IV, 9, ed. Baeumker, S. 155: auxilio virtutis
animae cognoscitivae et distinctivae; siehe auch IV, (53, ed. Baeumker, S. 168).
Der Gesichtssinn liefert bei Dingen in großer Entfernung nur ein flächenhaftes
Bild; das Bewußtsein der Dreidimensionalität oder der Körperlichkeit beruht auf
einem Erfahrungsschluß (IV, 63, ed. Baeumker, S. 169: Est enim principium
quiescens in anima ex consuetudine visionum, et est tale, quod nihil videtur nisi
corpus. LTnde quando visus videt aliquam risibilem superficiem, statim virtus
iudicativa animae dicet, quod videns videt corpus, quamvis non comprehendat
visus extensionem eins in profundum).
Die mathematisch-physikalisch- psychologischen Anschauungen VVitelos
stehen nicht isoliert. Sie sind umrahmt von einer im Widmungsbrief der Per-
spective an W^ilhelm von Moerbeke, den unermüdlichen Erforscher des
gesaraten Seins (totius entis sedulo scrutatori), ausgesprochenen neuplatonisie-
renden Weltbetrachtung im Sinne des Liber de causis und damit
in letzter Instanz des Proklus. Der Verfasser der Perspectiva scheidet
die Gesamtheit des Seins in zwei Seinsordnungen, in die Ordnung der inteliek-
tiven Substanzen und in die Ordnung der körperlichen Dinge. Die smnliche
Welt ist mit der intelligiblen durch das Band der Kausalität (per modura causae)
verbunden (ed. Baeumker, S. 127, 7—9). In der intelligiblen Welt entstehen
die niederen Substanzen durch eine von dem Quell der göttlichen Güte derivierte
Erleuchtung der höherenSubstanzen oder durch influentiae intelligibiles. So
fließt hervor die gesamte Entität der Dinge aus der göttlichen Entität, die ge-
samte Vernünftigkeit aus der göttlichen Vernunft, das gesamte Leben aus dem
göttlichen Leben Baeumker, S. 127, 17: ut omnis-rerum entitas a divina
(ed.
omnis intelligibilitas ab intelligentia divina, omnisque vitalitas
profluit entitate, et
a divina vita). Anfang, Mitte und Ende dieser Influenzen ist in intelligibler
Weise das göttliche Licht (divinum lumen), von dem, durch das und zu dem
hin alles gelenkt wird (disponuntur; ib., S. 128, 1). Die Influenz der göttlichen
Kräfte erstreckt sich aber auch in wunderbarer Weise durch die oberen Kräfte
auf die niederen körperlichen Dinge (ib., S. 127, 10). Das Medium für die
§ 43. Witelo. 555
delatas forraas) der göttlichen und unteilbaren Künstler in teilbarer Weise den
vergänglichen Körpern ein und produziert durch Einkörperung vQn sich selbst
(sui incorporatione) mit jenen immer neue spezifische und individuelle Formen, in
denen durch die Wirksamkeit des Lichtes (per actum luminis) die göttliche Kunst
sowohl der Beweger der Himmelskreise wie der bewegenden Kräfte hervortritt
(ib.., S. 128. 3—12). Das Licht besitzt demnach die Funktion der körper-
lichen Form (ib.: lumen corporalis formae actum habet); es ist die erste
aller sinnlichen Formen (ib., S. 129,5: lumen sit primum oranium forniarum
sensibilium). Als Licht wirken die körperlichen Formen in der Weise des Licht-
strahls d. h. in der Weise der geraden Linie und der verschiedenen Arten des
Winkels, des rechten, spitzen und stumpfen Winkels (ib., S, 128, 15 21). Das —
gesamte Naturwirken ist damit den Gesetzen der Geometrie und
weiterhin den Gesetzen und Wirkungsforra en der Optik unter-
worfen (ib., S. 131, 15: Hi quoque tres modi videndi Signum sunt triphcw
actionis formarum et oranium virtutum coelestium et naturalium).
er doch Witelo zur Bearbeitung der Perspectiva und übersetzte selbst den
Kommentar des Simplicius zu Arist. de coelo aus dem Griechischen in»
Lateinische. Wilhelm von Moerbeke war aber keineswegs der einzige im
Dominikanerorden, bei dem sich Naturwissenschaft und Neupiaton i.smus in enger
Verknüpfung zusammen fanden. Die gleiche Tendenz beherrschte ja auch
Albertus ^Magnus, dessen Forschungen sich in erster Linie auf das zoologiwhe
und botanische Gebiet erstreckten, der aber auch den anderen natiirwissenschaft-
liihen Fächern ein lebhaftes Interesse zuwandte und zugleich in den Schriften
De causis et processu un iversitatis und De intellectu et intelli-
gibili dem arabischen Neupiaton ismus starke Konzessionen machte (siehe oben
S. 468). Auf derselben Linie neuplatonisch-arabischer Weltbetrachtung hielt
sich Alberts Schüler, der Dominikaner Ulrich Engelberti von .Stnißburg
(siehe oben S. 475 ff.). Zu beiden gesellt sich noch ein drittes Mitglied aus dem
Dominikanerorden, Dietrich von Freiberg, ein ebenso erfolgi'eicher Natur-
forscher wie kühner Neuplatoniker, durch den die neuplatonische Strfmiung am
f2nde des dreizehnten und Anfang des vierzehnten Jahrhunderts im bewußten
Gegensatz zum Aristotelisraus und Thomismus ihre schärfste Prägung erfuhr und
Pro kl US seinen Weg in die deutsche Mystik zu Eckhart fand.
Die Nachrichten über Leben und Persönlichkeit des Magisters Dietrich
waren im Laufe der Zeit in heillose Verwirrung geraten. Erst E. Krebs hat
durch seine kritischen Untersuchungen in das Wirrwarr Ordnung gebracht.
Dietrich (Theodoricus Teutonicus de Vriberg, wie die meisten Hand-
schriften und die sonstigen Berichte lauten) wurde wahrscheinlich um 1250 geboren
nnd trat früh in Freiberg in Sachsen in den Dominikanerorden ein, wo er das Amt eines
Lektors versah. Zur weiteren Ausbildung wurde er um 1270 nach Paris gesandt, wo er
außer anderen Heinrich von Gent hörte, wenn die Notiz (De intellectu et intell.
II, c, 30, ed. Krebs, 8. 160*: ego fui praesens in quadam disputatione Parisius
et audivi,quod dicebat unus solemnis magister, qui tunc actu disputabat et habuit
totum Studium etc.) auf diesen Lehrer zu beziehen ist. Daß Dietrich ein
Schüler Alberts des Großen gewesen sei, wie Preger und Michael annehmen,
ist nicht richtig (E. Krebs, S. 17 f.), wenn er sich auch durch ihn. den er
dominum Albertura iUum famosum nennt (E. Krebs, S. 7)7 ), und ins-
besondere durch seine astronomischen und neuplatonisierenden Schriften stark an-
gezogen fühlte. Nach der Rückkehr aus Paris war Dietrich vielleicht 1285
Prior in Würzburg. Sicher ist aber, daß er 1293—1206 das Amt eines Provinzials
für Deutschland führte. 1297 wiirde er in Paris Magister der Theologie, woselbst
er auch dozierte. 1.'304 befand er sich auf dem Generalkapitel zu Toulouse, wo er
dem neugewählten Ordensgeneral Aymerich über seine Regenbogentheorie Be-
richt erstattete. Von da ab wirkte er als Prediger, ohne seine wissenschaftliche
schriftstellerische Tätigkeit aufzugeben, ."^o entstanden noch 1304 die Traktate:
De iride, De luce, De coloribus, De intelligentiis et moioribus
coelorum (E. Krebs. S. 10). Im Jahre 1310 wurde er Vikar der deutscheu
()rdensprovinz. Bald darnach scheint er gestorben zu sein wenigstens fehlen von
;
stantiis una tantum forma informat; siehe E. Krebs, S. 88), ferner in der Lehre,
daß die Materie ein ens in potentia ist und deswegen nie ohne jede Form
sein kann (materia est ens in potentia et proptei hoc non potest stare sine omni
forma et per consequens sine omni dimensione tenninata; siehe E. Krebs, S. 89),
weiterhin in der Leugnung 4er Zusammensetzung der geistigen Sub-
stanzen aus Materie und Form (Quod substantia spiritualis non sit compo-
sita ex materia et forma; siehe E. Krebs, S. 103*), endlich in der Überzeugung,
daß der Gedanke einer ewigen Weltschöpfung keinen Widerspruch invol-
viere (positio autera eorura, qui dicunt, quod deus potuerit producere mundum ab
aeterno, nulluni contradictionera implicat; De intellect. et intell. c. 29, ed. E. Krebs,
S. 159*).
Allein dem Zusammengehen mit der thoraistischen Richtung stehen Ab-
weichungen gegenüber, die ihn, wie durch eine Kluft, von der offiziellen Lehre
seines Ordens trennen. Er bekämpft direkt und«in bewußter Absicht Thomas
und seineAnhänger, die comm uniter loquentes, außerordentlich häufig. So
verwirft er die thoraistische Lehre vom Individuationsprinzip in seiner An-
wendung auf die Engel —
Dietrich spricht mit Bezug darauf von einer solem-
nis apud scolasticos quaestio —
(De intell. et intell. c. 25, ed. Krebs, S. 155*:
ergo nullum inconveniens est dicere omnium ordinum spiritus convenire in specie
et individualiter ad invicem distingui). Ferner leugnet er, wie Heinrich von
Gent, Richard von Middletown und Gottfried von Fontaines, im Gegen-
satz zu Thomas den realen Unterschied von esse und essentia (De esse et essen-
tia, ed. Krebs, Revue neo-scol. 1911, S. 526: Ergo esse idem est quod essentia
rei. \ec potest dici, quod essentia est aliquid in se, cui influitur ipsum esse et
intimatur ei) und kritisiert im einzelnen die thomistischen Argumente (ib., S. 532 ff.).
Weiterhin opponiert er in der mit der Eucharistie zusammenhängenden Frage, ob
Akzidenzien ohne Subjekt existieren können. Er stellt der thomistischen
Ansicht (Summ, theol. III, q. 77, a. 1 : Remanent accidentia . . . ., sed sola divina
virtute sine subiecto existunt; siehe E. Krebs, S. 84*) die These entgegen:
Accidens esse sine subiecto non potest capi vere per intellectum, quia importat
contradictionem (E. Krebs, wobei er das Akzidenz definiert als esse
S. 86*),
dispositionem substantiae. Auch in der Lehre vom lumen gloriae, die auf dem
Konzil von Yienne 1311 dograatisiert wurde, nimmt Dietrich gegen Thomas
Stellung und spricht sogar mit Bezug auf die thomistische Ansieht (Summ, theol. I,
q. 13, a. 4 u. 5) von einer ruditas positionis, die der Mühe der Widerlegung
nicht wert sei (magis mirandum. quam quod aliquis multura debeat esse sollicitus
ad hoc improbandum propter ruditatem positionis; siehe E. Krebs, S. 78*).
Indessen ist der von Dietrich in Einzelheiten gegen den Thomismus ge-
führte Kampf nur Kleingefecht. Was den deutschen Dominikaner von Tho-
mas trennt, ist die Verschiedenheit der Grundlagen. Sein ganzes Donken
und Philosophieren zeigt eine völlig andere, dem thomistischen Aristotelismus
fremde Struktur. Dietrich ist nicht Aristoteliker, wenn auch die aristotelischen
Elemente bei ihm nicht fehlen und nicht fehlen können. Er ist vielmehr Be-
wunderer Augustins, Anhänger des Augustinismus im Sinne der Franziskaner-
schule. Er ist ferner Schüler des Proklus, überhaupt des Neuplatonismns.
Während aber für Witelo der Liber de caüsis die Hauptquelle war, aus
welcher er seine neuplatonischen Anschauungen schöpfte, hat der Neuplatonismns
Dietrichs eine weit breitere Basis. Außer dem Liber de causis nehmen
Proklus und dessen 1268 von Wilhelm von Moerbeke ins Lateinische über-
setzte^Toix^ioyaiq dtoXoyixrj sein Denken gefangen. Sie hat er neben
Augustinus im weitesten Umfang zu Rate gezogen. Dazu kommt Pseudo-
§ 43. Dietrich von Freiberg. 55t>
Dionysius, vor allem aber, •wohl unter dem Einflüsse von Albertus Magnus,
der arabische Neuplatonisraus, speziell Avicennas und seines Abbreviators
Algazel. Was aber bei Albert nur Neben- oder Unterströmung gewesen
war. das wurde für Dietrich, wie für seinen älteren Ordensgenossen Ulrich
Engel berti von Straßburg, der führerde Gedankenstrora.
prima causa, sed eminentiori modo, scilicet per modum creationis). Mit dieser
dem christlichen Gedankenkreise entstammenden Modifikation glaubte Dietrich
die neuplatonische Emanationslehre Avicennas aufrecht erhalten zu können.
Doch stellte sich ihm immer noch der Gedanke in den Weg, daß diese Lehre ein
Wagnis bedeute, da sie in der Schrift der Wahrheit nicht zum Ausdruck ge-
kommen sei (ib., II, 1, S. 134* f.: dicerem igitur secundum praedicta ad salvan-
dum ordinem rerum, quantura ad emanationem et ad magnificandam omnipotentem
virtutem creatoris, omnes intellectus inferioris ordinis procedere ab intellectibus
superioribus, agentibus hoc in virtute primae causae fundante eorum actionem et
560 § 4^' Dietrich von Freiberg.
agonte cosdem simul, immo prius modo superiori et eminentiori, nisi iudicarem
hoc temere dictum ex hoc, quod non est expressum in scriptura veri-
tatis,quara secundum fidem profitemur). Die Bewegung der Himmelskörper
schreibt Dietrich den Himmelsseeleii (animae coelorum) zu, die mit ihren
Körpern nicht bloß als Beweger, sondern als Wosensf ormen vereinigt seien,
was Thoraas von Aquin (siehe oben S. 497) bestritten hatte (De animatione
coeli, E. Krebs, S. 65*: Substantiae separatae intellectuales .... uniuntur cor-
poribus coelestibus non solum ut motores, sed etiam ut formae unione
•essentialia. Daher könnten die Hi.Timelskürper als beseelt angesehen werden.
Die Hiramelsbeweger enthalten aktuell die substanzialen Formen in sich, die sie
bei der Erzeugung der Dinge In der niederen Welt in die Materie einführen (ib.,
S. (58*: Alias enini .... per se non educeret formas de potentia ad actum, quae
sunt in materia in potentia et in motore coeli in actu). Die Himmelsbeweger und
die Intelligenzen mit den christlichen Engeln zu identifizieren, lehnte Dietrich
-ab (De int. et intellig. I. 12, ed. Krebs, S. 132*).
Höchst eigenartig gestaltet sich bei Dietrich die Theorie vom in tei-
le ctus agens und possibilis. In ihr sind aristotelische, augustinische und
jieuplatonisch-arabische Elemente in seltsamster Konfiguration zusammengeflossen.
Dietrich identifiziert den von Aristoteles übernommenen Begriff des intel-
Jectus agens mit der augustinischen Vorstellung von der dunklen Tiefe des
•Gedächtnisses (De trin. XV, 21, n. 40: sed illa est abstrusior profunditas
nostrae memoriae), von dem Seelenversteck (abditum mentis; De trin. XIV,
4. n. 9), ans welchem wie aus einem Quell und Urspung das entsteht, was von uns
€st intellectus agens). Der intellectus agens ist die geheime Stätte, wo der Mensch
vorfindet i^invenit), was er an Wahrheit durch vernünftiges Denken bei sich selbst
schaut (videt), oder was er, von einem andern gut gefragt, antwortet. Invenit,
inquam, non efficit aut gignit secundum Augustinum ibidem. Non enira, sicut
ibi dicit, idem est invenire, quod facere vel giguere; alioquin aeterna gigneret
das Herz im Lebewesen (ib.: intellectus agens est principium cansale ipsius sub-
stantiae animae, principium inquam secundum substantiam aliquo modo intrins<'-
cum Siehe auch ib., S. 161*).
sicut cor in animali.
Entsprechend den im Vorhergehenden dargelegten Eigentümlichkeiten des
intellectus agens wird von Dietrich der Erkenntnisprozeß, ganz abweichend von
Thomas von Aquin, im Sinne des arabischen Neuplatonismus. speziell Avi-
<?ennas gekennzeichnet. Die species intelligibiles werden vom intellectus agens
nicht aus den Einzelinhalten abstrahiert. Die Abstraktion ist Sache des cogi-
tativum. Das Resrltat derselben, die intentiones universales, bedürfen aber der
Ergänzung durch die species intelligibiles, die aus dem intelkrtus agens in den
intellectus possibilis hineingestrahlt werden (De habitibus 11, ed. Krebs, S. 214 :
intellectu agente), während der intellectus agens unmittelbar und stets der Gott-
heit zugekehrt ist derart,daß seine Emanation aus Gott zugleich auch seine
Konversion zu Gott bedeutet (ib., S. 76*: jabditum mentis. intellectus agensj
seraper convertitur in deun 'ta, ut eins emanatio, qua intellectualiter emanat per
essentiam a suo principio, hit ipsius in ipsum principium conversio eadeni
simplici intellectione, quae est esscntia eins). Daher heißt auch, ein Ding in
<iuae deus est se<'unduni Augustinum in multis locis. Siehe auch ib., S. 187 ).
uud der älteren Franziskanerschule. Wenn auch seine Art der Lösung ganz im
Geiste des arabischen Neuplatonismus gehalten ist, so trifft sie doch im Haupt-
punkt, in der Zurückführung der Erkenntnis unmittelbar auf Gott, mit der
augustinischen Theorie zusammen.
Die Tntellektlehre wird für Dietrich das Mittel, das Problem der visio
beatifica zu klären, ohne ein besonderes lumen gloriae anzuerkennen.
Steht der intellectus agens und durch ihn auch der intellectus possibilis schon in
diesem Leben mit der Gottheit in unmittelbarer Verbindung, so muß dies um so
mehr im jenseitigen Leben Geltung haben (De visione beatifica, Krebs, S. 77*).
Während aber in diesem Leben der intellectus agens mit uns nur durch die -
species intelligibiles vereinigt wird (ib., S. 82*), vollzieht sich die selige An-
whauung dadurch, daß der intellectus agens, der seiner Wesenheit nach stets zu
(lOtt hingewendet ist, mit uns und dem intellectus possibilis als dessen Form
vereinigt wird (ib., S. 81*). So ist der intellectus agens das beseligende Prinzip,
durch dessen Einformung wir selig sind durch Vereinigung mit Grott in
unmittelbarer seliger Schauung des göttlichen Wesens (De intell. et intellig, II,
M, ed. Krebs, S. 162*: ipse intellectus agens est illud beatificum principium,
•|U0inforraati —
id est: quando fuerit forma nobis sumus beati —
per unionem nostri ad Deum per immediatam beatificam contemplationem, qua
videbimus Deum per essen tiam).
Dietrich selbst war kein Mystiker. Seine Schriften haben aber, wie schon
P reg er zeigte, auf Eck hart und Tauler und
auf andere Mystiker und
Mystikerinnen Einfluß Wertschätzung des Proklus und des
gehabt. Seine
arabischen Neuplatonismus hat beiden den Weg in die deutsche Mystik, spezieU
zu Eckhart, geebnet. Auch von seinen eigenen Auffassungen haben manche
fortgewirkt, so insbesondere seine Anschauung vom abditum mentis und seine
Lehre vom intellectus agens und possibilis. Die letztere wird verwertet
bei Tauler und in einem deutschen Traktat, der dem jüngeren Eckhart zu-
geschrieben wird, und der von Preger (Sitzungsber. d. Münchner Akad., philos.-
hist. Kl. 1871, S. 157 ff.) ediert wurde. Siehe E. Krebs, S. 126—148 (Dietrichs
Verhältnis zur deutschen Mystik).
Dietrichs Sympathien für den Neuplatonismus des Proklus fanden
"ußer bei Eckhart noch bei einem weiteren Mitglied des Dominikanerordens
Nacheiferung, nämlich bei Berthold von Mosburg (Bertoldus de Mos-
burch), der Lektor in Köln und vielleicht Dietrichs Schüler war. Ein An-
haltspunkt zur ungefähren Bestimmung der Zeit seines Wirkens liegt vor in
einer von E. Krebs (Meister Dietrich, S. 50, Anm. 2) mitgeteilten, im Basler
Codex (F. IV, 30) von Dietrichs Schrift De iride sich findenden Notiz, die
von einem Kommentar Bertholds zu den drei Büchern Meteora des Aristo-
teles aus dem Jahre 1318 berichtet. Das Hauptwerk Bertholds ist aber eine
drei Bände umfassende, in der Vatikanischen Bibliothek (Cod. lat. 2192) befind-
liche Expositio in Elemen tationem Theologicam Prodi. Von den
werden als Quellen angeführt: Tho-
Theologeii des dreizehnten Jahrhunderts
mas von Aquin, Albert der Große, Dietri ch von Freiberg, Ulrich
von Straßburg, Arnoldus Lusius, Thomas anglicus minor. Von den
Philosophen, deren Bücher und Lehren benützt wurden, werden genannt: Plato,
Aristoteles, Hermes Trismegistus, Proklus, Avicenna, Algazel,
AlfarabiuB, Avicebron qui et Avencebrol, Averroes commentator
Aristotelis, Seneca Tullius qui et Cicero, Apuleius, Macrobius,
"Rabbi Moyses. Siehe M. Grabmann, Der Neuplatonismus usw., Philoe.
Jahrb. 1910, S. 54. Von Bertholds Prokluskommentar führen Fäden bis zu
§ 43. Petrus Peregrinus von Maricourt. 5()3
Nicolaus Cusanus, der ihn wohl kannte und von ihm in geiner Apologia
doctae ignorantiae mit großer Anerkennung spricht. Siehe W. Eub-
czyiiski, Przeglad Filosoficzny 1900, S. 41—69 u. Arch. f. Gesch. d. Philos. 18,
1905, S. 570 f.
(Aroh. Francisc. Hist. 1911. S. 445 ff.) hat darauf anfmciksani gemacht, daß die
Stelle im Opus tert. c. 11, S. 3ö, in welcher bei Brewer neben anderen Namen
auch der des niagister Petrus de Maharn-curia Picardus ausdrücklich
genannt ist, in bezug auf ihre Echtheit verdächtig erscheint. Tatsächlich ist sie
in mehreren Codices nur als Marginalnote. in einem überhaui)t nicht zu finden.
Allein wenn auch die Stelle selbst nicht authentisch sein mag. so sj)richt doch
die in den Randbemerkungen zum Ausdruck kommende Tradition deutlich für
Petrus von Maricourt. Überdies treffen die Äußerungen Koger Bacons
nur bei diesem, nicht aber bei Petrus von Ardene zu, von dem wir nichts
wissen. Anderseits darf aber Petrus Peregrinus nicht mit einem ungenannten,
von Roger Bacon ebenfalls viel gerühmten Linguisten, Kxegeten und Theologen
identifiziert werden; denn hierzu fehlen alle Anhaltspunkte (siehe darüber F. Pi-
<avet. Essai snr Thistoire generale et comparee etc., S. 233—254). Es ist wohl
an den Franziskaner Wilhelm de la Mare zu denken (siehe oben S. 4r)2 f.).
Von englischer Seite hatten Mathematik und Naturwissenschaft mit Natur-
philosophie schon in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts eine Reihe
glänzender Vertreter Alexander Neckham, Al-
gefunden. Erinnert sei an
fredus Anglicus, Michael Scottus, Bartholomaeus Anglicus (siehe
oben S. 421 ff.}. Den ersten Platz nahmen aber Lehrer an der Oxforder Univer-
sität ein, Robert Grosseteste und Adam von Marsh, die der Naturwissen-
schaft und Naturphilosophie einemathematische Cirundlage zu geben suchten*
(siehe oben S. 425 ff.. 4r>3). Auch der Bonaventuraschüler John Peckham, der
Verfasser einer viel Perspectiva und astronomischer Traktate (siehe
gelesenen
oben S. 451), zeigte eich von dem mathematisch-naturwissenschaftlichen Geist,
der in Oxford herrschte, berührt. In ungleich stärkerem Maße gilt dies von
Roger Bacon, in welchem die mathematisch-naturwissenschaftliche Denkrichtung
im dreizehnten Jahrhundert ihren Höhepunkt erreichte.
Bischof Stephan Tempier in Propositio 178 (nach der Zählung von Man-
donnet, Siger de Brabant, 2e partie, Louvain 3908, S. 188) verurteilt worden
war, die bisher fälschlich Albert dem G^i'oßen zygeteilte Schrift Speculum
astronomiae. Dies war die Veranlassung zum Einschreiten gegen Bacon.
Der Ordensgeneral Hieronymus von Ascoli verwarf die Lehre Bacons und
verurteilte ihn 1278 zur Klosterhaft. Wie lange dieselbe dauerte, ist unbekannt.
Das einzige sichere Datum aus Bacons Leben nach seiner Einkerkerung ist die
Abfassung des Compendium studii theologiae im Jahre 1292. Von da ab
verschwindet er aus der Geschichte.
Roger Bacon hatte andere wissenschaftliche Ideale, als sie den großen
philosophisch-theologischen Systematikern des Festlandes, den Summen-
Bchreibern ((jui has Summas fecerunt; Opus minus, ed. Brewer, S. 325) vor-
raoralis. Der letzte Abschnitt über die Moralphilosophie ist nicht vollständig.
Die Ausgabe des Opus maius von Bridges enthält nur vier Teile, während
das von Brewer edierte Fragment des Opus tertiuni (c. 14, S. 48—52) von
sechs Teilen spricht. In einem von P. Duhem entdeckten weiteren Fragment
des Opus tertium entschuldigt sich Bacon wegen der Nichtabfassung des
sechsten Teils, und der Begleitbrief zum Opus maius spricht nur von fünf Teilen
(siehe P. Mandonnet, a. a. O.. S. 165).
Das Opus minus, wie das Opus tertium sind ein Torso. Aber auch
davon besitzen wir in der Ausgabe von Brewer nur Fragmente. Ein neues
sehr wichtiges Fragment zum Opus tertium hat P. Duhem aufgefunden und
publiziert. Ebenso stieß A. G. Little auf ein Fragment zum Opus tertium,
das sich zum dem von Duhem veröffentlichten deckt.
Teil mit
Bacon s Plan ging auf Schaffung eines Opus principale, das er auch
Clemens IV. übersenden wollte. Allein ehe ihm die Ausführung gelang, starb
der Papst 12G8. Das ihm tatsächlich übermittelte, heute als Opus maius be-
zeichnete Werk ist aber nicht das versprochene Opus principale; denn es
wird im Opus maius (Vol. III, ed. Bridges, S. 47) erst in Aussicht gestellt
und im Begleitbrief (A. Gasquet, S. 507) wird ausdrücklich bemerkt: scriptum
principale non transmitto (siehe P. Mandonnet, a. a. O., S. 177 f.). Als das
Opus principale, an welchem Bacon auch nach dem Tode des Papstes Cle-
mens IV. noch weiter arbeitete, ohne es zu vollenden, ist wohl das Compen-
dium Philosophie (Comm. natural. II, pars 1, c. 1, ed. R. Steele, S. 316, Fase.
IV) anzusehen. Es sollte vier Teile umfassen: 1. Grammatik und Logik (gram-
matica et logicalia), 2. Mathematik (partes mathematicae), 3. Naturwissenschaft
und Naturphilosophie (naturalia), 4. Metaphysik und Moral (meiaphysicalia cum
raoralibus). Siehe Comunia naturalia I, pars 1, d. 1, c. I, ed. R. Steele, S. 1,
Fase. II. In den Rahmen des ersten Teils des Opus principale gehören wohl
das von Brewer edierte, 1271 oder 1272 geschriebene Compendium studii
philosophiae, ferner die von Nolan und Hirsch besorgten Ausgaben der
griechischen und hebräischen Grammatik (Fragment). Aus dem zweiten,
die Mathematik umfassenden Teil in sechs Büchern sind nur einige Auszüge
bei E. Charles, a. a. O.^ S. 361—368 gedruckt worden. Der dritte Teil schließt
in sich Naturwissenschaft und Naturphilosophie in vier Büchern: De
comraunibus ad omnia naturalia, De celestibus, De elementis et mixtis inanima-
tis, De vegetabilibus et animalibus (Com. nat. I, pars 1, d. 1, c. 1, ed. R. Steele,
c. Brewer,
58, ed. A. G. Little, Roger Bacon's works in der Ausgabe
S. 227;
von Rashdall, S. 827). Der vierte Teil des Opus principale wird durch ein
kleines Fragment repräsentiert, das von R. Steele als Metaphysica de viciis
contractis in studio theologiae publiziert wurde.
Von Bacons seien noch genannt das 1277 oder 127S ab-
weiteren Schriften
gefaßte Speculum astronomiae, das ihm zum Verhängnis wurde (siehe oben
S. 565), femer die optische Schrift De speculis comburen tibus, von Com-
bach gedruckt, die oft edierte Epistola de secretis operibus artis et
naturae et de nullitate raagiae, in welcher Bacon (c. 4: De instrumentis
artificiosis mirabilibus, ed. Brewer, S. 532 f.) von Automobilen, Flugmaschinen
und anderen Vehikeln träumt, ferner die ungedruckten Kommentare zur
§ 43. Roger Bacon. 567
lectus ägens der höchste Engel und oberste Schöpfer aller übrigen Dinge in
der Welt sei, während für Bacon der intellectus agens nichts anderes
sein konnte, als der göttliche Logos der christlichen Theologie,
das schöpferische Gotteswort. Sapientia philosophiae est tota revelata a
deo et data philosophis, et ipse est qui illuminat animas hominum in omni
sapientia; et quia illud, quod illuminat mentes nostras, vocatur nunc a theologis
intellectus agens, quod est verbum philosophi in tertio de anima, ubi distinguit,
quod duo sunt intellectus, scilicet agens et possibilis. Ideo , ostendo, quod
, . .
568 t; 43. Roger Bacon.
dum"' sicut dixit scriptura; oui sententiae philosophi xpsi concordant. Nain
ponunt inti'llettum agentem et possibilem .... Op. maius, pars 2, c. 5, ed.
Bridges, I. S. 38. Daher ist auch der intellectus agens kein Teil der
ujenschlichen Seele, sondern eine von ihr völlig getrennte und
wesentlich verschiedene Substanz. Et sie intellectus agens secunduni
majores philosophos non est pars aniinae, sed est substantia intellectiva
alia et separata per essentiam ab intellectu possibili ut osten- . . . .
datur. ({uod philosophia sit per influentiam divina« illuniinationis. Ib., S. 39.
Tnzweifelhatt klingen diese Wendungen an arabistische Formeln, insbesondere an
Alfarabi und Avicenna, an. Indessen ist es gänzlich verfehlt, bei Bacon
oder überhaupt in der Franziskanerschule, wie dies Haureau. Hist. de la philos.
scol.. II. 2, S. 06, und Renan, Averroes et Averroisme, S. 259. tun, sachlich an
Averroismus zu denken. Bacons Theorie — ähnlich wie er hatten schon Wil-
helm von Auvergne und Johannes de Rupella (siehe oben S. 419 f., 438)-
gelehrt, und Roger von Marstou (siehe oben S. 455) schloß sich an —
ist die au gusti nische Lehre von der Erleuchtung der Geister durch-
die Gottheit im aristotelisch-arabischen Gewaride. Vgl. P. Mandonnet, Siger
de Brabant et raverroisme latin, Fribourg 1809, S. CCLIV ff., 2. ed., Ire partie,
I^uvain 1911, S. 288-244.
Es gibt für Roger Bacon zwei Arten der Erkenntnis, die durch
Beweise und die durch Erfahrung. Opus maius, pars VI, c. 1, ed. Bridges II.
S. 107 Duo sunt modi cognoscendi, scilicet per argumentum et per experimentum.
:
ex|x;rientia non sufficit homini, quia non plane certificat de corporalibus propter
6ui difficultatem et de spiritualibus nihil attingit. Ergo oportet, quod intellectus
hominis aliter iuvetur, et ideo sancti patriarchae et prophetae, qui primo dede-
runt scientias mundo, receperunt illuminationes inferiores et non solum stabant
in sensu. Et similiter multi post Christum fideles. Nam gratia fidei illuminat
multum, et divinae inspirationes non solum in spiritualibus, sed et in corporali-
bus et seien tiis philosophiae; secundum quod Ptolemaexis dicit in Centilogio, quod
duplex est via deveniendi ad notitiam rerum, una per experientiam philosophiae^
alia per divinam inspirationem, quae longe mehor est, ut dicit. Und zwar gibt
es sieben Stufen dieser inneren Erfahrung; die. welche die höchste er-
steigen, gelangen zu einer ekstatischen Erkenntnis, zu einer Verzückung. So ist
hr'i Bacon mit der Lehre von der Erfahrung die Mystik verbunden.
Ibid. S. 170 f.: Et sunt Septem gradus huius scientiae interioris. Unus per illu-
minationes vere scientales. Alius gradus consistit in virtutibus . . . Tertius gra-
tlii- tbt in Septem donis Spiritus Sancti, quae enumerat .lesaias. Quartus est in
§ 43. Köger Bacon. 569
S. 79" f.) als Fundament aller wissenschaftlichen Bildung hin (( )p. mai.,
pars IV. d. S. 97: Et sunt quattuor scientiae magnae, sine quibus caeterae
1, c. 1,
scientiae non ix)ssunt, nee rerum notitia haberi. Ib., c. 2, S. 98: onmis
sciri
S. 103: mathematicarum rerum cognitio est quasi nobis innata .... Quapropter
cum sit quasi innata prima erit
inter scientias et praecedens alias, dis-
. . . .,
ponens nos ad eas). Aus all dem ergibt sich, daß wenn wir in den übriaen
Wissenschaften zweifellose Gewißheit und irrtumslose W^ahrheit erreichen wollen,
wir das Fundament der Erkenntnis in der Mathematik suchen müssen. Nur auf
ihr kann die Gewißheit der übrigen Wissenschaften beruhen (Ib., c. 3, S. 106 f.:
Quare patet. quod si in aliis scientiis debemus venire in certidudinem sine dubi-
tatione et ad veritatem sine errore, oportet ut fundamenta cognitionis in mathe-
matica ponamus .... Quapropter per hanc oportet omnes alias scientias sciri et
certificari).
schiede der Dinge vennittelt, und auf diese Unterschiede sich alle unsere Einzel-
erkenntnisse der Natur gründen. Astronomia iudiciaria folgt, weil in
Die
der Gestirnwelt die ersten Unterschiede der sichtbaren Dinge sich zeigen. Sie
forscht nach den natürlichen Kräften der Gestirne und nach ihrem Einfluß auf
die irdische Welt. Die Scientia ponderum hat es besonders mit den Elementen
zu tun, da namentlich in diesen die Unterschiede des Schweren und Leichten
bemerkbar sind. Die Alchymie ist die Lehre von den unbeseelten tellurischen
Gebilden und beschäftigt sich mit „allen denkbaren elementaren Zusammen-
setzungen der tellurischen Stofflichkeit", deren es einhundertfünfundvierzig gibt
(auch das Goldmachen wird hier aufgeführt), während die Agrikultur auf das
Irdisch-Lebendige, auf die Pflanzenund Tiere geht. Die Medizin behandelt die
anima den Menschen, besonders Gesundheit, Krankheit desselben, und
rationalis,
infolgedessen auch seine Organisation und Erzeugung. Die Scientia experi-
mentalis ist die Höhe der ganzen Naturweisheit und weist auch die bedeu-
tendsten praktischen Erfolge auf. Sie ist die Herrin der übrigen V^'^issenschaften,
und diese sind ihre Dienerinnen (Opus malus, pars 6, c. 12, ed. Bridges II,
S. 221; Comm. nat. I, pars 1, c. 2, ed. Steele, S. 9).
d. 1, Sie hat die Con-
clusionen der übrigen Wissenschaften an der Einzelerfahrung zu prüfen (Opus
malus, Pars VI, c. 2, ed. Bridges II, S. 172 f.).
Die Unterlage für die Moralphilosophie (Opus malus, pars VII, ed.
Bridges II, S. 223 ff.) bilden gewisse die Lehren von
Sätze der Metaphysik,
Gottes Wesen, von Gott als Weltschöpfer und Weltregierer, auch die von der
Vergeltung m einem künftigen Leben. Die Moralphilosophie zerfällt in
sechs Teile, von denen der erste auf den cultus dei, der zweite auf das bonum
commune, der dritte auf das bonum privatum, der vierte und fünfte auf die
Ekklesiastik geht und der sechste de causis ventllandls coram ludice inter partes,
ut fiat iustltla handehi sollte, aber tatsächlich nicht ausgeführt wurde. In der
ganzen Moral will Bacon dem Aristoteles folgen, bei dem er sogar die christ-
liche Begründung der Moralphilosophie durch die Lehre von der Trinität zu
finden glaubt. Der Musik, in die er die Poesie mit einbegreift, schreibt er gleich
den Alten einen großen Einfluß auf die Menschen zu, da sie die ganze Natur
derselben umwandele und den Geist zu dem Vernehmen der göttlichen Harmonien
erhebe.
Eine intensive Hinneigung zur Naturwissenschaft beseelte auch Heinrich
Bäte von Mecheln (de Malinls), geboren 1244, gest. am Anfang des vierzehnten
Jahrhunderts, Lehrer der Artes und der Theologie zu Paris. Wie der Schlesier
Witelo, war er ein Freund des Übersetzers und Neuplatonikers Wilhelm von
Moerbeke, mit dem er auf dem Konzil zu Lyon 1274 zusammentraf. Auf dessen
Wunsch verfaßte er die astronomische Schrift Magistralis composltio Astro-
labll (gedruckt Venetiis 1485), die er auch Wilhelm widmete. Noch zwei
weitere Schilftchen bekunden seinen Sinn für die Astronomie. Den Liber de
mundo vel saeculo des Abraham Ibn Ezra hat er mit Hilfe des Juden
Chajjim (nach M. Steinschneider, S. 973) aus dem Hebräischen ins Latei-
nische übersetzt. Sein zwischen 1301 und 1304 geschriebenes, bis auf den Wid-
mungsbrief, den M. de Wulf mitgeteilt hat, noch unediertes Hauptwerk trägt
den Titel Speculum divinorum et quorumdam naturallum. Es umfaßt
in dreiundzwanzlg Teilen die gesamte Philosophie unter Ausschluß der Theologie,
behandelt aber mit besonderer Vorliebe die psychologischen Fragen.
an den Namen des Kopernikus sich knüpft, nicht er&t iin sechzehnten
und siebzehnten Jahrhundert die Geister erreo;te, sondern daß ihre Diskussion
bis ins dreizehnte und vierzehnte Jahrhundert hinauf sich verfolgen läßt. Schon
Albert der Große (De coelo et mundo II, tr. 4, c. 1, ed. Borgnet IV,
S. 211 b) erwähnt die Lehre der Pythagoreer und italischer Philosophen von der
täglichen Bewegung der Erde um das Zentralfeuer und die Ansicht, daß die
Erde ein Stern unter Sternen sei, verhält sich aber dagegen völlig ablehnend.
Eine ganz andere Stellungnahme bekundet eine Notiz in dem vor 1322 abge-
faßten Sentenzen kom mentar des Scotisten Franciscus de Mayronis,
von der P. Duhem (Franjois de Meyronnes et la question de la rotation de la
terre, Arch. Franc. Hist. 1913, S. 23—25) zuerst Kunde gab. Hier wird von
einem Doctor berichtet, der die Ansicht der Erdbewegung und der Ruhe
des Himmels für die bessere Hypothese erklärte (Scriptum in II Sent.,
d. 14, q. 5, fol. 150a, ed. Venetiis 1520): 14a difficultas: De terra, quae est im-
mobilis, cum
ignis et alia sunt mobilia. „Dicit tamen quidam doctor,
quod terra moveretur et coelum quiesceret, quod hie esset
si
Die Theologie kann, von den. elben kritischen Gesichtspunkt aus be-
trachtet, nicht als Wissenschaft im strengen Sinn angesehen
werden. W^egen ihrer auf das Handeln gerichteten Ziele hat sie prak-
tischen Charakte r.
572 § -14. Der Scotismus. Ausgaben.
die beiden ersten Gebote des Dekalogs), der Naturordnung und der
Heilsordnung.
Unmittelbare Schüler des Duns Scotus sind Antonius An-
dreas, Franz de Mayronis, Johannes de Bassolis, Walter
Burleigh (Burlaeus). Von Duns Scotus ist in theologischen
Dingen auch vielfach abhängig Thomas Bradwardine, der aber im
Gegensatz zum scotistischen Indeterminismus einen theologischen
Determinismus verteidigte.
Ausg'aben.
(zusammen mit dem Kommentar des Robert von Lincoln zu den Analyt. post.),
Venetiis 1537, 1559. —
Summa totius logicae, Venetiis 1508. Expositio —
phvsicorum Arist., Venetiis 1482, 1491, 1500, 1524. — Comm. in
in libros
Ethicam Ar ist., Venetiis 1481, 150C». 1521. — De intentione et remissione
formarum, Venetiis 1496, 1519. — De materia et forma, Oxonii 1500.
1G18. —
Traetatus de proportionibus velocita tum, Paris 1495, Venetlig
1505, Wien 1615. —
De arithmetica speculativa, Paris 1495, 1530. De —
georaetria speculativa, Paris 1495, 1516. — V^on der ungedruckten Schrift
De continuo hat M. Curtze, Zeitschr. f. Mathematik u. Physik 13, 1868,
Supplement, S. 85—91 eine Analyse gegeben.
Johannes Duns Scotus (doctor subtilis) wurde etwas vor 1270 geboren.
Über seine Heimat und ob Sehottland, England oder Irland,
sein Geburtsland,
läßt sich keine sichere Entscheidung treffen. Früh trat er in den Franziskaner-
orden ein und erhielt seine Ausbildung in Oyford, wo er Wilhelm von Ware
zum Lehrer hatte (siehe oben S. 458. Ein weiteres Zeugnis enthält der Sentenzen-
kommentar des Petrus Aureoli. in dem Wilhelm von Ware ebenfalls als
magister Scoti bezeichnet wird. Siehe K. Dreiling, Der Konzeptualismus in
der Universalienlehre des Franziskanererzbischofs Petrus Aureoli, Münster 1913,
S. 57, Anm. 1). In Oxford wirkte er dann als gefeierter Dozent bis 1304,
in welchem Jahre er durch ein Schreiben des Ordensgenerals (abgedruckt bei
A. G. Little, S. 220) nach Paris empfohlen wurde, um das Doktorat in der
Theologie sich zu erwerben. In Paris dozierte er von 1305 bis 1308. In dem
genannten Jahre erfolgte seine Abberufung nach Köln, wo er schon am 8. No-
vember desselben Jahres starb und in der Minoritenkirche begraben wurde.
Nur eine kurze Lebensspanne, die nicht volle vier Dezennien umfaßte, war Jo-
hannes Duns Scotus zugemessen. Trotzdem hat er der Nachwelt eine erstaun-
lich reiche literarische Erbschaft hinterlassen, deren wertvollste Bestandteile der
Oxforder Zeit angehören. In Oxford entstanden außer der als echt angezweifelten
Grammatica speculativa die Kommentare zu Aristoteles: im einzelnen
zu den logischen Schriften (zu Porphyrius
Universalia, zu den Prädica-
raenta, zu Perihermenias, zu den Elenchi, zu den beiden Analytiken), ferner zur
Metaphysik (Quaestiones in Metaphysicam subtilissimae) und zu De anima
(In libros Arist. de anima).
Der Kommentar zur Physik (Quaest. in libr. VIII Phys.) ist unecht,
wie schon Wadding erkannte und neuerdings von A. Daniels (Quellenbeitr. z.
Gesch. d. Gottesbew., S. 162 — 164) überzeugend dargetan wurde, indem er zeigte,
daß darin die zwischen 1338 und 1346 abgefaßte Schrift De causa Dei des
Thomas Brad wardine benutzt wurde. Die Autorschaft des Duns Scotus wird
auch stark in Frage gestellt bezüglich der Expositio in XII libros Meta-
physicae, die nach Seeberg (Die Theologie des Duns Scotus, S. 60) den Sco-
tisten Antonius Andreas zum Verfasser hat, und bezüglich der Conclu-
siones utilissimae raetaphysicae, die wohl ebenfalls aus der Feder eines
Scotisten stammen. Auch der Kommentar zu Meteor ologicor um libri IV
ist nicht Eigentum des Duns Scotus. Wie schon Wadding und genauer
P. Duhem nachwies, wird darin der 1328 geschriebene Traetatus de pro-
portionious des Thomas Bradwardine zitiert.
und Kant sind Kritiker. Ihre Tendenz geht in erster Linie dahin, die über-
kommenen Behauptungen und Beweise auf ihre Stichhaltigkeit zu prüfen und ihre
Mängel und Schwächen aufzudecken.
Bis zu diesem Punkte ist die Parallele zwischen Duns Scotus und Kant
zweifellos richtig und höchst interessant. Sie würde aber schief und direkt
falsch werden, wenn man sie weiter führen und Scotus im Sinne Kants des
Skeptizismus gegenüber den Gottesbeweisen und der Metaphysik überhaupt
zeihen würde, oder wenn man bei Scotus, wie bei Kant, einen Primat der
praktischen Vernunft gegenüber der theoretischen finden wollte, als ob Itei
ihm die metaphysischen Überzeugungen, da für sie die theoretische Vernunft keine
Beweise mehr liefern könne, auf den sittlichen Willen als Postulate der prak-
tischen Vernunft basiert wären.
Scotus zwar von einem Primat des Willens. Derselbe
Tatsächlich spricht
hat aber nichts gemeinsam mit dem Primat der praktischen Vernunft bei Kant.
Die Bedeutung des Willensprimats bei Scotus liegt auf dem Gebiet der Psycho-
logie, der Theologie und der Ethik, aber nicht auf dem der Erkenntnistheorie.
Auch der Umstand, daß Scotus die Theologie eine praktische Wissen-
schaft nennt, hat mit kantischen Gedankengängen nichts zu tun. Scotus will
mit dieser Bezeichnung die Theologie durchaus nicht in Gegensatz zur theore-
tischen Vernunft bringen; er will damit erkenntnis-theoretisch über die Theologie
überhaupt keine Aussage machen. Die Theologie wird von Scotus eine prak-
tische Wissenschaft genannt wegen ihrer praktischen Ziele, insofern die theolo-
gischen Lehren Normen für das Wollen und Handeln enthalten (Oxon. Prol.
<{. 4, n. 31 ergo ex primo subiecto sequitur tarn conformitas quam prioritas theo-
:
Scotus in echten Schriften für die Beweisbarkeit der Existenz Gottes eingetreten
ist (siehe A. Stöckl, II, S. 814 ff.; R. Seeberg, Die Theologie des Duns Scot.,
S. 143 ff.). Der Metaphysik bringt Scotus die größte Wertschätzung entgegen.
Ihre Prinzipien sind Avahr; sie stützen sich auf Begriffe, die allen zum Vernunft-
gebrauch Gelangten oder wenigstens den Weisen evident sind (Oxon. II, d. 25,
n. 14: quia principia talia cognoacuntur esse vera notis terminis ab omnibus ratione
utentibus vel saltem sapientibus). Die Metaphysik ist Wissenschaft im höchsten
Sinn, insofern sie die obersten Bedingungen für die übrigen Wissenschaften ent-
hält und ihre Gegenstände im höchster: Grade gewiß sind (Quaest. in Meta-
üeberweg, (irundriü II. 37
578 § "^'^- Johannes Duns Scotus.
physic. Prolog, n. 5: Maxime autem dicuntur scibilia dupliciter, vel quia prima
omriium sciuntur, sine quibus non possunt alia sciri, vel quia sunt certissima
cognoscibilia; utroque autem modo ista soientia considerat maxime scibilia; igitur
haec est maxime soientia). Vgl. auch Oxon. I, d. 3, n. 25 u. P. Inges, a. a. O., M
S. 47 f.
Auf dem Gebiete der rationalen Theologie und Psychologie hat Duns Sco-
tus allerdings in einigen Schriften die Grenzen der Vernunft überraschend eng
gezogen. Am Schluß der Schrift De primo principio (c. 4, n. 37) bezeichnet
er Gottes Allmacht, Unermeßlichkeit, Allgegenwart, Wahrheit, Ge-
rechtigkeit, Barmherzigkeit und Vorsehung als Gegenstände des
Glaubens, die sich nicht auf iinsern blinden und schwankenden Intellekt,
sondern auf die göttliche Offenbarung stützen (In hoc quippe tractatu [i. e. De
primo principio] tentavi, quomodo physica de te dicta ratione naturali
aliqualiter concluderentur. In sequenti, scilicet in Theorematibus, ponen-
tur credibilia, quibus vel ad quorum assensum ratio captivatur, quae tarnen eo
sunt catholicis certiora, quo non intellectui nostro caecutienti et in pluri-
bus vacillanti, sed tuae solidissiraae veritati firraiter innituntur).
—
In den Theoremata XIV XVI, die übrigens einen Traktat De creditis für
sich bilden, hat dann Scotus eine lange Liste von Sätzen zusammengestellt,
deren Beweis auf dem Vernunftwege unmöglich sei. Non potest probari
Deura esse vivum (Theor. XIV, n. 1). Non potest probari Deum esse sapientem
vel intelhgentem (ib. n. 2). Non potest probari Deum esse volentem (ib. n. 3).
Non potest probari Deum habere aliquam Operationen! manentem in se (ib. n. 4).
Xon potest probarianimam rationalem esse immortalem (ib. n. 18j. Wie die Un-
sterblichkeit, so kann auch die Entstehung der Seele durch Schöpfung nicht
demonstriert werden (Oxon. II, d. 17, q. 1, n. 3). Weiterhin kann durch die
natürliche Vernunft nicht bewiesen werden, daß die erste effiziente Ursache eine
einzige ist, oder daß Gott jetzt noch in der Welt ist (Theor. XV), oder daß Gott
zur Erhaltung der geschaffenen Natur im Sein notwendig ist (Theor. XVI, n. 5),
oder daß er zur Tätigkeit aller Geschöpfe mitwirke (ib. n. 6), oder daß Gott mit
seiner ^Vesenheit überall zugegen sei (ib. n. 7), oder daß er unveränderlich und
—
unbeAvegt ist (ib. n. 11 13), oder daß er ohne Größe, ohne Akzidenz, ohne wesent-
liche Teile ist (ib. n. 14 —
16), oder daß er intensiv unendlich ist (ib. n. 17). Siehe
P. Minges, Das Verhältnis zwischen Glauben und Wissen, S. 135 ff.
Der Grund für das von Scotus eingeschlagene Verfahren, eine Reihe von
theologischen und psychologischen Sätzen dem Bereich der natürlichen Verntmft
zu entziehen, ist nicht in skeptischen Bedenken zu suchen, sondern in dem hohen
Maß von Evidenz, das Scotus an die Beweisführung stellt. Indem er mit dem
Maßstab mathematischer und absolut notwendiger Stringenz an die genannten
Lehren herantrat, kam er zur Entscheidung, daß bei ihnen eine Demonstration in
dem bezeichneten Sinn nicht möglich sei. Diese Erklärung, die auch P. Minges
(a. a. O., S. Scotus selbst an, wenn er Theor. XV (Schluß) bemerkt:
139) gibt, deutet
et accipiatur probari ratione naturali necessaria, wie auch tatsächlich
De primo principio und die Theoremata nach der mathematisch-deduktiven
Methode Die Unmöglichkeit der streng mathematischen Argu-
gearbeitet sind.
mentation den gedachten Fällen schließt aber keineswegs eine weniger strin-
in
gente Beweisführung aus. Daher ist es auch kaum verwunderlich, wenn Scotusfür
die meisten der in De primo principio und in den Theoremata als un-
beweisbar charakterisierten Lehren in anderen Schriften rationale Beweise gibt
(siehe P. Minges, a. a. O., S. 140 ff.).
Damit steht auch im Einklang, daß bei Scotus die Philosophie der Theo-
§ 44. Johannes Duns Scotus. 579
logie in gleichem Sinne dient, wie bei Thomas. Die natürliche Vernunft v/ider-
streitet nicht den Offenbarungslehren und verhält sich nicht gegen dieselben in-
different, sondern wesentlich stützend (siehe P. Minges, Das Verhältnis zwischen
Glauben und Wissen, b. 122 ff.). Von hier aus wird ferner verständlich, wes-
halb und in Avelchem Sinn Scotus der Theologie den Charakter einer wahren
Wissenschaft nicht zugestehen will. Es ist lediglich die Konsequenz seines aus
Aristoteles (Analyt. post.) entnommenen und an der mathematischen Stringenz
gemessenen Wissenschaftsbegriffs, wenn ihm die Theologie nicht als eine seien tia
proprie dicta erscheint, da ihre Prinzipien nicht ex evidentia rei bekannt sind
(Oxon. III, d. 24, q. un., n. 13, 17—18). Trotzdem zögert er aber nicht, der
Theologie den höchsten Rang und ihren Prinzipien die größte Gewißheit zuzu-
erkennen (Report. Prol. q. 3, quaestiunc. 3: [theologia] est utroque modo certis-
sima, quia habet obiectum nobilissimum, et principia secundum se certissima
sunt).
Keineswegs auf skeptischer Grundlage, sondern auf einem Wissensideal, das
in bezug auf Stringenz aufs höchste gespannt war, ruht auch das bei Duns
Scotus vorwiegende Kritisieren fremder Ansichten, insbesondere des Thomas
von Aquin und des Heinrich von Gent. Er zerstörte und zertrümmerte die
Argumente seiner Vorgänger, aber nur um andere, nach seiner Ansicht bessere an
ihre Stelle zu setzen. Seine Kritik ist daher nicht mit einem die Scholastik auf-
lösenden Reflektieren über die Scholastik gleichzusetzen denn sein Ziel bleibt
;
immer die Harmonie zwischen Philosophie und kirchlicher Lehre. Sein Zwei-
feln tut dem Glauben keinen Eintrag. Er sagt (Oxon. III, d. 24, q. un.,
n. 17): quia fides non excludit oninem dubitationem, sed aliqua dubitatio potest
Stare cum fide. Obschon daher die auf die Gültigkeit der Argumente anderer
gerichtete Kritik des Scotus bei Späteren den Bruch vorbereiten konnte und
mußte, und seine vom Standpunkt strengster W^issenschaftlichkeit aus unter-
nommene Einengung der Vernunft bezüglich zahlreicher theologischer und
psychologischer Sätze dem Skeptizismus Vorschub leistete, so ist doch der Scotis-
mus neben dem Thomismus eine von den Doktrinen, in welchen die Scholastik
kulminiert.
Mit Albert und Thomas teilt Duns Scotus die Annahme einer drei-
fachen Existenz des Allgemeinen: es ist vor den Dingen als Form im
göttlichen Geiste, in den Dingen als deren Wesen (quiditas), nach den Dmgen
als der durch unseren Verstand abstrahierte Begriff. Auch er verwirft den No-
minalismus, demzufolge das universale nur ein figmentum wäre, und vindiziert
dem Allgemeinen eine reale Existenz im Individuellen, weil sonst die begriffliche
Erkenntnis ohne reales Objekt sein würde. Er meint, alle Wissenschaft würde
sich in bloße Logik auflösen, wenn das Allgemeine, auf welches alle wissenschaft-
ita quod universalia non sunt fictiones intellectus, tunc enira nunquam in
kommenheit ist, aus dem Allgemeinen nur durch den Hinzutritt positiver Be-
stimmungen hervorgehen, indem nämlich das allgemeine Wesen oder die Waa-
heit (quiditas) durch die individuelle Natur (haecceitas) ergänzt wird (Oxon. II,
d. 3, q. 6, n. 15). Daß der Ausdruck haecceitas als Bezeichnung für die Indivi-
Scotus noch nicht finde, sondern erst später auf-
dualdifferenz sich übrigens bei
gekommen sei (vgl. J. Jeiler in: Philos. Jahrb. I, 1888, S. 450), ist nicht richtig.
Nur der Sentenzenkomraentar kennt diesen Terminus nicht. Er findet sich
aber in Quaestiones subti lissimae super libros Metaphysicorum Ari-
sto telis, 410 linke Kolumne, Zeile 22 v. ob., und ebd.
liber VIT, q. 13, n. 9, S.
426 linke Kolumne, Z. 12 v. unt., Tom. VIT der Pariser Ausgabe
q. 13, n. 2G, 8.
von 1891—1895*), ferner in Report. II, d, 12, q. 5, n. 1, 8, 13, 14 und In libr.
I. Post. Analyt., q. 36, n. 4. Siehe dazu P. Minges, Der angebliche exzessive
Realismus usw., S. 43 f. Wie aus animal homo wird, indem zu der Lebendigkeit
die spezifische Differenz der huraanitas hinzutritt, so wird aus homo wiederum
Sokrates, indem zu dem generischen und spezifischen Wesen der individuelle
So ist die individuelle Differenz die letzte
Charakter, die Socratitas, hinzutritt.
Form, zu der keine andere mehr hinzutreten kann, und die haecceitas Indi-
viduationsprinzip. Daher kann auch das Immaterielle individuell im
vollen Sinne sein. Die thomistische Ansicht, daß bei den Engeln die Existenz als
Spezies und Individuum koinzidiere, also jeder Engel einzig in seiner Art sei,
als
ist verwerflich. Im Einzelobjekt ist das Allgemeine von dem Individuellen nicht
bloß virtualiter, sondern formaliter unterschieden, jedoch auch nicht von
demselben wie ein Ding von einem anderen Dinge gesondert (Oxon. II, d. 3, q. 6,
n. 15). Duns Scotus will nicht, daß seine Ansicht mit der platonischen (wie
er diese nach Aristoteles auffaßt und bekämpft) verwechselt werde (Opus Oxon.
I, d. 3, q. 6, n. 8). Über Scotus' Lehre vom Individuationsprinzip vgl. R. See-
berg, Die Theologie d. D. Scot., S. 72 ff.; R. Seyerlen, Die gegenseitigen Be-
ziehungen zwischen abendländischer und morgenländischer Wissenschaft mit be-
sonderer Rücksicht auf Aveueebrol. Rektoratsrede, Jena 1899. Anm. 36. Er-
weitert unter d. Titel: Populärwissenschaftliche Vorträge über Juden u. Juden-
tum, H. 2 u. 3, Lpz. 1900, S. 50 f., insbesondere aber P. Minges, Der angeb-
liche exzessive Realismus des Duns Scotus, Münster 1908.
Der allgemeinste aller Begriffe ist nach Duns Scotus der des Ens
(De an., q. 21). Derselbe greift über den Unterschied der Kategorien hinaus oder
ist ein „transzendenter" Begriff; denn das Substantielle ist, aber auch das Akzi-
dentielle ist. Ebenso übersteigt er den Gegensatz von Gott und Welt, denn
beiden kommt das Prädikat des Seins zu, und zwar nicht bloß aequivoce (nicht
durch bloße Homonymie, Gleichheit des Wortes ohne Gleichheit des Sinnes).
Doch ist dieser Begriff nicht eigentlich der höchste Gattungsbegriff zu nennen;
denn die Gattung setzt Gleichheit der Kategorie voraus. Kein Genus kann zu-
gleich Substantielles und Akzidentielles umfassen. Also paßt der Ausdruck Gat-
tungsbegriff nicht auf den Begriff Ens und überhaupt nicht auf Transzendental-
begriffe. Die übrigen Transcendentalia außer dem Ens heißen auch bei Duns
Scotus passiones Entis. Er unterscheidet (Expos, in Metaph. IV, Summ. II,
c. 2, n. 9) zwei Arten derselben, nämlich die unicae und die disiunctae. Zu den
ersten rechnet er: unum, bonura, verum, zu den anderen: idem vel diversum,
contingens vel necessarium, actus vel potentia. Auch der Gegensatz des Gleichen
und Ungleichen, des Ähnlichen und Unähnlichen könne als ein transzendenter
angesehen werden, sofern er nicht bloß auf die Kategorien der Quantität und
QuaUtät bezogen werde (Opus Oxon. I, dist. 19, qu. 1, n. 2).
Gott ist als actus purus schlechthin einfach (Oxon. I, d. 27, q. 3,
n. lO). Seine Existenz ist uns nach Scotus nicht an sich nach bloßen Be-
griffen (ex terminis) gewiß und auch nicht a priori, d.. h. aus seiner Ursache, da
er keine Ursache hat, sondern nur a posteriori, d. h. aus seinen Werken, erweis-
bar. Es muß eine alles andere überragende letzte Ursache geben, die zugleich
letzter Zweck ist, und Gott (Oxon. I, d. 2, q. 2, n. 4—18; De primo'
diese ist
Alles, was nicht Gott ist, auch der geschaffene Geist, hat Materie
und Form(De rerum princ, q. 7, a. 2). Freilich ist die Materie, welche der
menschlichen Seele und den Engeln anhaftet, von der körperlichen Materie sehr
verschieden. Duns Scotus nennt die Materie, sofern sie noch nicht durch die
Form determiniert ist, materia prima, unterscheidet aber, einen Gedanken dea
Heinrich von Gent aufgreifend (siehe oben S. 512), die materia primo-
prima, die unmittelbar durch Gott geschaffene und geformte universellste
Basis aller endlichen Existenz, die materia secundo-prima, das Substrat der
generatio und corruptio, welches durch die zweiten oder geschaffenen wirkenden
Wesen (agentia creata oder secundaria) verändert und umgeformt wird, endlich
die materia tertio-prima, die- Materie, die durch den Künstler oder über-
haupt von außen gestaltet wird, nachdem sie schon eine durch die Natur von
•innen her produzierte Form gewonnen hat, während sie noch nicht determiniert
ist in der Hinsicht auf die durch den Künstler beabsichtigte Form. Die materia
secundo-prima schon durch den Unterschied der Vergänglichkeit von
ist eine
angesehen.
Es ersten, sondern nur diese selbst in ver-
gibt keine Materie außer der
schiedenartiger Formation: materia prima est idem cum omni materia
particulari. Duns Scotus erklärt ausdrücklich, in dem Satze, daß jede ge-
schaffene Substanz, sie sei geistig oder körperlich, eine Materie habe, sich an
582 § 44. Johannes Duns Scotus.
Ibn Gebirol sei, dessen Gesänge in der Synagoge in hohem Ansehen standen.
In der Erkenntnistheorie und Psychologie stimmt Duns Scotus
mit Thomas vielfach überein. Auch Scotus bekämpft und noch schärfer als
sein Vorgänger, die Annahme von angeborenen Erkenntnissen (Quaest.
in Metaphys. II, q. 1, n. 1, 2). Er gibt solche nicht einmal bei den Engelgeistern
zu, denen Thomas von Gott eingestrahlte intelligible Formen anerschaffen sein
läßt. Der Intellekt bildet die allgemeinen Begriffe durch Abstrak-
tion aus den Wahrnehmungen (Oxou. 1, d. 3, q. G, n. 8, 10, 16). Er
richtet sich aber auch ebensosehr auf das Einzelne (De rerum princ,
q. 13, a. 3, n.28-33) und erkennt das Einzelne früher als das Universale. Das
ursprüngliche Fundament unserer Erkenntnis ist daher die empirische Wirk-
lichkeit (ib. n. 44: UmJe fnndamentum originale, a quo movetur omnis cognitio,
dico radicaliter est esse actuale). Zwischen dem Objekt und der Erkenntnis
braucht keine aequalitas, sondern nur eine proportio motivi ad mobile zu bestehen.
Mit Unrecht lehrt Thomas, daß das Niedere das Höhere nicht zu erkennen ver-
möge. Bei dem Akte des Wahrnehmens erkennt Scotus der Seele nicht eine
bloße passive Empfänglichkeit für den äußeren Eindruck, sondern eine aktive
Beteiligung zu. Viel mehr noch betont Scotus die Aktivität der Seele in den
höheren theoretischen Funktionen, zumeist bei der freien Zustimmung zu den
Sätzen, die nicht absolut gewiß sind. Neben der äußeren Wahrnehmung,
die per speciem impressam geschieht, erkennt Scotus einen intuitiven Akt
der Selbstauffassung der Seele an: per speciem expressam, quam reflexione
sui ipsius supra se exprimit; denn durch ihr Wesen allein sei die Seele noch
nicht ihrer selbst bewußt, sondern gewinne das Selbstbewußtsein erst dadurch,
daß sie aus ihrem Wesen das Bild (die species) ihrer selljst in sich produziere
(Derenimprinc, q. 15, n.26). Folgte Scotus bezüglich der Einzelerkenntnis und
der Selbsterkenntnis der älteren franziskanischen Tradition, so stellte er sich, wie
Richard von Middletown (siehe oben S. 457). in Gegensatz zu ihr und auf die Seite
des Thomismus, wenn er gegen Heinrich von Gent (siehe oben S. 513) energisch
die Lehre verteidigte, daß in diesem Leben zur Erkenntnis der natür-
lichen Wahrheiten das natürliche Licht der Vernunft hinreiche, und
§ 44. Johannes Dans Scotiis. 583
Die Seele ist die Wesensform des Körpers, aber es existiert neben ihr
noch eine Form des Körpers, die forma corporeitatis, da die materia prima
gar nicht fähig wäre, die Seele aufzunehmen (Hep. IV, d. 11, q. 3, n. 22: sed
corpus, quod est altera pars compositi hominis, pars, inquam, potentialis resi^eotu
animae intellectivae, quia per illam formam corpoream organicam ultimace
disponitur materia ad susceptionem animae In einem Teil seiner
intellectivae).
Schriften hat Scotus die Ansicht vertreten, daß die Unsterblichkeit der
Seele und ihre Entstehung durch Schöpfung sich philosophisch nicht be-
weisen lasse, sondern Sache des Glaubens sei (siehe oben S. 578). Dagegen hat er
sich in andern Schriften (Quaestiones in Metaphysicam XII, q. 2, n. 2 f. ; VII,
q. 10, n. 2; De rerum princ, q. 10, a. 1, n. 3 ff.; Quaestiones quodlibetales, q. 21,
Mit besonderer Feinheit und Schärfe und nicht ohne charakteristische Note
hat Scotus die Lehre vom Willen ausgebaut. Er weicht hier von Thoraas
ab bezüglich der Bewertung des Willens und seiner Stellung gegenüber dem
Intellekt. Mit August in und Heinrich von Gent stellte er den Willen über
den Intellekt Der WiUe ist Herrscher über den Intellekt, und der letztere spielt
beim Wollen nur die Rolle einer dienenden Ursache (Oxon. IV, d. 49, (juaest. ex
latere, n. 16: Voluntas iraperans intellectui est causa superior respectu actus eiua.
Intellectus autem, si est causa volitionis, est causa subserviens voluntati. Rep. IV,
d. 49. q. 2, n. 13, 19). Die Herrschaft des Willens über den Intellekt besteht
aber nur darin, daß der Wille den Intellekt auf die Betrachtung bestimmter Ob-
jekte hinlenkt, aber keineswegs darin, daß er die Ursache des Erkenntnisaktes
wäre, der lediglich Sache des Objekts und des Intellekts ist (Collat. II, n. 8: et
ideo voluntas non causat actus intelligendi, sicut concludit ratio, sed facit tantum,
quod intellectus convertitur ad aliud considerandum, et tunc intellectus cum aliis
nisi quia voluntas est voluntas .... quia nulla est prior causa).
Gebunden ist der göttliche Wille nur durch die logischen Gesetze. Gott
kann nur wollen, was logisch möglich oder widerspruchslos ist (Oxon. IV, d. 10,
q. 2, n. 5: quodlibet tenendum est esse Deo possibile, quod nee est ex terminig-
manifestum impossibile, nee ex eo impossibilitas vel contradictio evidenter conclu-
ditur). Ferner ist er gebunden durch die beiden ersten Gebote des Deka-
logs. Sie sind die lex naturalis im strikten Sinn und indispensabel (P. Minges,
Das Verhältnis zwischen Glauben und Wissen, S. 197 ff.; Stockums, S. 112 f.).
Die übrigen Gebote dagegen wurzeln im göttlichen Willen. Sie sind dispensabel,
und es wäre kraft der potentia Dei absoluta auch eine andere sittliche Ordnung
möglich. Der göttliche Wille erscheint hier als die oberste Regel für gut und
bös, als die letzte Quelle der Sittlichkeit. Ein Gesetz ist gut und recht, weU es-
Gott will (Oxon. IV, d. 46, q. 1, n. 6: sed non potest |Deus] aliquid velle, quod
non possit recte velle, quia voluntas sua est prima regula; Oxon. I, d. 44,
i\. un.. n. 2: ideo sicut potest aliter agere, ita potest aliam legem statuere rectam,
quia si statueretur a Deo, recta esset, quia nulla lex est recta, nisi quatenus a
voluntate divina acceptatur). Siehe W. Stockums, a. a. O., S. 125 ff. P. Minges,
Ist Duns Scotus Indeterrainist?, S. 128 f.
Wie die sittliche Ordnung innerhalb der bezeichneten Grenzen in letzter
Instanz vom Willen abhängig ist, so auch die gesamte Naturordnung und
ihre Gesetze. Alles Außergöttliche ist nur gut, weil es von Gott
gewollt ist. aber nicht umgekehrt wird etwas deswegen von Gott
gewollt, weil es gut ist (Oxon. III, d. 19, q. un., n. 7: Dico quod sicut omne-
aliud a Deo ideo est bonum, quia a Deo volitum et non e converso .). Siehe . .
Sentenzenkommentars.
Ein Schüler des Duns Scotus war auch Walter Burleigh (Burlaeus),
der doctor planus et perspicuus und realistische Bekämpfer des Ockhamschen Nomi-
nalismus, der in Paris und Oxford dozierte und nach 1343 (Denifle) starb.
Sein historisches Interesse bekundete er in der Abfassung einer Geschichte der
Philosophie von Thaies bis Seneca (De vitis et moribus philosophorum),
die aus den im zwölften oder dreizehnten Jahrhundert ins Lateinische übersetzten
Biographien des Diogenes Laertius (siehe oben S. 205), aus Cicero und
anderen lateinischen Quellen geschöpft ist. Ferner schrieb er Kommentare
zur Ars vetus d. h. .zu Porphyrs Isagoge, zu den Kategorien, zu
Perihermenias, zu De sex principiis des Gilbertus Porretanus^
586 § 44. Thomas Bradwardine.
zu den Analytica posteriora, zur Physik und zur Ethik des Aristoteles.
Seine Summa alphabetica problematum d. h. eine Kürzung des Kommen-
tars des Pietro d'Abano zu den aristotelischen Problemata wurde bereits oben
(S. 54t)) erwähnt.Von den systematischen Traktaten seien genannt De inten-
tione et reniissione f orraarum, De materia et forma, De potentiis
animae, De fluxu et refluxu maris Anglicani. A. Niglis (Siger von
Courtrai, I. D., P'reiburg 1903, S. 13, 2G) hat in dem Pariser Cod. lat. n. 16130,
Bibl. nat., zwei logische Abhandlungen Walters, De puritate artis logicae
und Obligaciones, nachgewiesen. Siehe auch C. Prantl, Gesch. d. Log. IV,
Leipz. 1870, S. 40. welcher den letzteren Traktat, aber nicht seinen Autor kannte.
Auf Sophismata insolubilia Walters in Cod. lat. 16 621 fol. 243r Bibl. nat.
in Piiris hat P. Duhem, Etudes sur Leonard de Vinci, 3e s<?rie, Paris 1913,
S. 443 aufmerksam gemacht.
Unter scotistischem Einfluß steht auch der Mathematiker, Philosoph und Theo-
log, der doctor profundus und Freund des Johann Baconthorp, Thomas
Bradwardine (über die verschiedenen Formendes Namens: Bradwardina, Brag-
wardin, Brandvardinus, Bredwardyn, Bradwardyn, Bradwedyn siehe S. Hahn,
S. 2). Geboren vor 1290 zu Chichester an der Südküste von England, studierte
er in Oxford, wo er später auch als Lehrer wirkte. 1325 war er Prokurator der
Oxforder Universität. Zwischen 1335 und 1337 wurde er zum Kaplan des Königs
Eduard IIL ernannt und 1349 auf den erzbischöflichen Stuhl von Canterbury
berufen; er starb aber schon kurz nach der Bischofsweihe am 26. August 1349.
Sein theologisches Hauptwerk in drei Büchern, das 1344 in London entstand und
die Bekämpfung des Pelagianismus zum Ziele hatte, trägt den Titel: De causa Dei
ad versus Pelagium et de virtutecausarum ad suosMertonenses. W^eiter-
hin werden ihm zugeschrieben ein Sentenzenkommentar, eine Summa theo-
logica, die aber mit De causa Dei identisch ist, Placita theologica. De
Sacra trinitate, Depraemiosalvandorum,Depraescientia et praede-
stinatione, Sermones, Meditationes, De quiditate peccati und eine
Ars memorativa (siehe S. Hahn, S. 12).
Thomas Bradwardine vertiefte sich aber nicht bloß in philosophisch-
theologische Probleme, sondern er hat auch als Mathematiker Hervorragendes ge-
leistetund die mathematische Tradition der Oxforder Schule im 14. Jahrhundert
durch eine R^ihe von wertvollen, nur zum Teil gedruckten Schriften (De pro-
portionibus velocitatum. De arithmetica speculati va, De geömetria
speculativa, De continuo, De arithmetica practica, De velocitate
motuum, Tabulae astronomicae —
De quadratura circuli ist unecht)
auf den Höhepunkt geführt.
Wie bei Duns Scotus, gelten auch bei Bradwardine Augustinus
und Anselm von Canterbury als die maßgebenden Autoritäten. Von den Ox-
forder Lehrern genießen Robert Grosseteste und Duns Scotus seine be-
sondere Wertschätzung. Aber auch vor Thomas von Aquin bekundet er hohe
Achtung. Auffallend ist seine Sympathie für die hermetische Literatur, die
schon im zwölften Jahrhundert von Alanus und anderen benützt worden war
(siehe oben S. 326). Häufig beruft er sich auf Hermes Trismegistus d. h.
auf den unter dem Namen des Apuleius überlieferten Traktat Asclepius und
auf das pseudo-hermetische „Buch der vierundzwanzig Philosophen", das kürzlich
von Cl. Baeumker (Festgabe für G. v. Hertling, Freiburg i. B. 1913, S. 17 40) —
veröffentlicht wurde.
An mathematische Denkweise gewöhnt, versuchte Thomas Bradwardine
die mathematisch-deduktive Methode auch in der Theologie zur Anwendung zu
§ 44. Thomas Bradwardine. 5g7
über respectu omnium citra Deum et tantumraodo servus Dei, servus, inquam,
spontaneus, non coactus. Ib., p. 676 C: XuUus ergo homo est dominus sui actus
omnino simpliciter et penitus absolute .... sed tantum secundum quid, scilicet
respectu causarum omnium secundarum subserviens necessario
caus ae primae).
Bradwardines Ideen von der univerealen -und nötigenden Kausalität
Gott€s haben ein Echo gefunden in Frankreich bei Johann von Mirecuria
(siehe unten), insbesondere aber in England bei Johann von Wiclif (ge-
storben 1384) und durch dessen Vermittlung bei den deutschen Reformatoren
(siehe G. Lechler, Johann von Wiclif, S. 506 ff. K. Werner, Die Scholastik ;
des späteren Mittelalt. IV, 1, Wien 1887, S. 17 ff.; S. Hahn, S. 52). Auch
Leibniz erwähnt in seiner Th4odic^e (I, Gerhardt VI, S. 139, 156)
67, 95, ed.
Bradwardines Determinismus, von dem er seine eigene Lehre wohl unter-
schieden wissen will.
Seit dem Ende des fünfzehnten Jahrhunderts beganu man, die Schriften des
Duns Scotus zu kommentieren. Als Kommentatoren sind zu nennen Petrus
Tartaretus in Paris um 1490 (siehe unten), der Irländer Mauritius a Portu
(gest. 1513), FranciacuB Lychetus aus Brescia (gest. 1520), die Irländer
588 § 45. Die Erneuerung des Nominalismuö.
Johannes Poncius (um 1550), Hugo Cavellus (gest. 1626) und An-
tonius Hiquaeus (gest. 1641). Siehe K. Werner, Johannes Duns Scotus,
Wien 1881 (Die Scholastik d. späteren Mittelalters I), S. 17; derselbe. Der End-
ausgang der mittelalterlichen Scholastik, Wien 1887 (Die Scholastik d. späteren
Mittelalt. IV, 1), S. 305; derselbe. Der heil. Thomas von Aquin III (Geschichte
d. Thomismus), Regensburg 1889, S. 142, 149. Noch im siebzehnten Jahrhundert
besaß der Scotismus in Spanien (Coimbra. Salamanca, Alcala) und in Italien
(Favia, Padua, Rom) eigene Lehrstühle. Siehe L. Wadd ing in seiner Ausgabe I,
Vita Scoti c. 15, n. 66—71.
Ockham verengte nicht bloß, wie Duns Scotus, den von Thomas
angenommenen Kreis der durch die bloße Vernunft erweisbaren theo-
logischen Sätze, sondern erkannte einen solchen überhaupt nicht an.
Auch das Dasein, und die Unendlichkeit Gottes
die Einheit
wird ihm zum bloßen Glaubensartikel. Indem nur das Einzelne als real
anerkannt wird, und das Allgemeine als bloßer Begriff des denkenden
Geistes erscheint, fällt auf die das Einzelne erfassende äußere und
innere Wahrnehmung ein großes Gewicht, wodurch, wenn andere
§ 45. Die Eraeuening des Noruinalismus. Ausgaben. 589
Aas^ben.
I. Durandas von St Pour^-ain.
tatus logicae .... divisus in tres partes oder Summa totius logicae,
Bononiae 1-198, Venetiis 1508, 1522, 1591, Oxoniae 1675.
Parisiis 1488, Quae- —
stiones in octo libros Physicorum, Argentor. 1491, 1506, Venetiis 1,506,
Romae 1637. Summulae in libros physicorum oder Philosophica natu-
ralis, Bononiae 1494, Venetiis 1506, Romae 1637.
Antipäpstliche und kirchenpolitische Schriften Ockhame
wurden ediert von M. Goldast, Monarchia JI, Frankfurt 1614 und neuestens von
R. Scholz, Unbekannte kirchenpolitische Streitschriften aus der Zeit Ludwig
des Bayern, II. Teil, Rom 1914, S. 392—480 (Seh. veröffentlichte sechs bisher
unedierte Stücke). —
Separat erschien der Dialog us inter magistrum et
discipulum, Lujrduni 1495; das Defensorium contra Joannem XXII,
Venetiis 1513; das letztere wurde auch von Edw. Brown, Fascic. rerum expeten-
darum et fugiendarum If, S. 439—464 veröffentlicht.
Eine Zusammenstellung der Werke Ockhams und Notizen über
ihre handschriftliche Überlieferung und Drucke findet sich bei A. G.
Little, The grey friars in Oxford, Oxford 1892. S. 225—234. L. ßaur, Die
philosophischen Werke des Robert Grosseteste, Münster 1912, S. 124*, Anm. 1,
bespricht Handschriften und Drucke der naturphilosophischen Traktate.
coloris existens in oculo nullo modo videtur, nee videri potest ab ipso, sicut quili-
bet experitur .... Quod autem in intellectu nostro non sit ponere speciem talem,
patet per eandem rationem). Ja er bestritt sogar, wie früher Wilhelm von
Auvergne oben S. 419), die Existenz des intellectus agens, den er
(siehe
für eine Fiktion erklärt, und den auch Augustinus nicht angenommen habe.
Die Abstraktion des Allgemeinen aus dem Einzelnen sei eine bloße conside-
ratio und daher nicht Sache des intellectus agens, sondern des intellectus possi-
bilis (In sent. II, d. 3. q. 7, 8: fictitium est intellectum agentem ponere. In
sent. I, d. 3, q. 5, 26: Sicut non ponitur sensus agens, qui cum obiecto causet
actum sentiendi, non oportet ponere intellectum agentem ad hoc, ut cum
sie
gustinus magnus philosophus imquam posuit ipsum, ut prius dictum fuit. Ab-
strahere universale a singularibus non est operatio intellectus agentis (luia . . . .,
talis abstractio est solum secundum considerationem. Et ideo opus ilhus potenüae
est, cuius est considerare. quod non convenit intelleclui agenti, sed possibili).
Individuationsprin zip ist nach Durandus weder die Materie, noch die
Quantität, sondern die Prinzipien der Natur und der Wesenheit, nämlich diese
Materie (haec materia) und diese Form (haec forma). Die Form ist schon durch
sich innerlich individuell, und es existiert in der Wirklichkeit nur das
Individuelle und Einzelne (In sent. II, d. 3, q. 2, 14—16: Dicendum ergo,
quod nihil est prineipium individuationis. nisi quod est principium naturae et
quiditatis . Per quid ergo est Socrates Individuum? Per illud, per quod est
. .
existens, et haec intrinsecae sunt haec materia et haec forma .... Nam
forma per se ipsam intrinsece est haec, et non per hoc, quod recipitur in materia,
nisi concomitative .... Nihil enim existit in re extra nisi Individuum vel singu-
lare: siehe C. Prantl, III, S. 295 f.).
Mit der scharfen Betonung der ausschließlichen Existenz des Individuellen
verbindet sich bei Durandus die Leugnung der realen Existenz des
Allgemeinen und damit die deutliche Wendung zum Nominalismus. Es
ist frivol, zu sagen, die Allgemeinheit entstehe in den Dingen; denn nicht die
Allgemeinheit kann in den Dingen existieren, sondern nur die Individualität (In
sent. II, d. 3, q. 7, 8: frivolum est dicere, quod universalitas fiat in rebus, quia
universalitas non potest esse in rebus, sed solum singularitas. Ib., 9: Sed esse
universale non est conditio realis, sed rationis). Die universale
und die individuale Natur sind sachlich identisch; sie unterscheiden
sich aber begrifflich, insofern die Art auf unbestimmte Weise das bezeichnet, was
das Individuum auf bestimmte Weise darstellt (so daß die Lehre des Leibnizianers
Wolff, d&H Individuum sei im t^nterschiede von dem durch Abstraktion ge-
wonnenen Gattungs- und Artbegriff das durchgängig Bestimmte, bereits hier auf-
tritt; In sent. II, d. 3, q. 2, 14: natura universalis et individua seu ^!ngularis
sunt idem secundum rem, autem secundum rationem, quia quod dicit
differunt
species indeterminate, Individuum dicit determinate; quae determi-
natio et indeterminatio sunt secundum esse et intelligi; universale enim est
unum solum secundum conceptum, singulare vero et uuum secundum esse reale.
Nam sicut actio intellectus facit universale, sie actio agentis naturalis termi-
natur ad singulare). Das L^niversale präexistiert nicht der oder
intellectio
der operatio intelligendi, sondern es ist etwas, das erst durch diese gebildet
592 S -^ö- l>iirandus v. Aurillac. Petrus Aureoli.
wird, indem das Ding in der Betrachtung von den individuellen Bedingungen
losgelöst wird (In sent. I, d. o, q. 5, 28: universale i. e. ratio vel intentio uni-
versalitatis sub intentione u niversali ta tis non est primum ob-
aut res
iectum intellectus nee praeexistit intellectioni, sed est aliquid torniatum
per operationeni intelligendi, per quam res secundum cont^iderationem abstrahitur
a conditionibus individuantibus). Im engsten Zusammenhang mit der Bestreitung
der Objektivität des Allgemeinen steht bei Durandus die Überzeugung von
dem Vorrang der Einzelerkenntnis. Nicht das universale, sondern das
singulare ist das erste Objekt des Intellekts (In sent. II, d. 3, (|. 7, 7: Primum
cognitum ab intellectu non est universale, sed singulare. Ib., q. 7, 12: ergo in-
tellectus abstrahens prius intelligit singularia (juam universale. Et ad hanc in-
tentionem dicit Aristoteles de aniraa, quod animal universale aut nihil est aut
I
Ord. Praed. I, S. 587 f. Siehe H. Denifle, Chart. Univers. Paris. II, 1, Paris
1891, S. 330. P. Mandonnet, Premiers travaux de polömique thomiste, Rev.
des scienc. philos. et thöol. 1913, S. 07, wo auch die Handschriften verzeichnet
sind. Fr. Ehrle schreibt Durandellus ein Correctorium corruptorii zu
(siehe oben S. 515).
Läßt sich bei dem Dominikaner Durandus von St. Pouryain eine eut-
Bchiedene Wendung zu einem konzeptualistisch gefärbten Nominalismus konsta-
tieren, so erfährt die nominalistische Tendenz eine verstärkte Ausprägung in der
Franziskanerschule bei Petrus Aureoli.
Das Geburtsjahr des Petrus Aureoli(oder Aurioli. Pierre d'Auriole;
über den Namen Dreiling, S. 2, Anm. 4, 218) kann nicht mit Sicher-
siehe R.
heit bestimmt werden. Die Heimat des doctor facundus war weder Verberie
an der Oise, wie bisher angenommen wurde, noch Toulouse, sondern Gourdon im
nördlichen Teil der Grafschaft Quercy im alten Aquitanien (Dreiling, S. 6).
Um 1304 studierte Aureoli an der Pariser Universität und hörte hier sehr wahr-
scheinlich Duns Scotus, der Ende 1304 oder Anfang 1305 nach Paris über-
gesiedelt war. 1311 gehörte er der aquitanischen Provinz des Franziskanerordens
an. Wann er in denselben eintrat, ist unbekannt. 1312 hatte er das Lektorat zu
Bologna, 1314 zu Toulouse inne, wo er in Predigt Tind öffentlicher Disputation
gegen die Dominikaner die Lehre von der unbefleckten Empfängnis Mariens ver-
teidigte. 1316 war er Baccalaureus in Paris und wurde daselbst 1318 auf Ver-
anlassung des Papstes Johannes XXII. Magister der Theologie. Ende des
Jahres 1320 erfolgte seine Wahl zum Provinzial der aquitanischen Ordensprovinz,
Kurz darauf, am 27. Februar 1321, wurde er zum Erzbischof von Aix ernannt,
starb aber schon zu Beginn des Jahres 1322 am päpstlichen Hofe zu Avignon.
Seine schriftstellerische Tätigkeit eröffnete Petrus Aureoli 1311 mit dem
Tractatus de paupertate et usu paupere, in welchem er gegen die Spiri-
tualen Stellung nahm. Seine erste philosophische Schrift, der noch ungedruckte
Tractatus de principiis, 1312 in Bologna entstanden, behandelte die Fragen
der Naturphilosophie, blieb aber imvoUendet. In Toulouse 1314 schrieb Aureoli
§ 45, Petrus Äureoli. 593
Anm. 716: Concipere enim est producere intra se Quia per actum intellec-
. . , .
tus res producitur in esse apparenti intra ipsum intelligentem, merito totum hoc
appellatur conceptio, et res sie posita appellatur conceptus). Den Unter-
schied der conceptus erklärt Aureoli aus der größeren oder geringeren Voll-
kommenheit und Deutlichkeit der Eindrücke und der Erscheinungen. Infolge
der mehr oder minder vollkommenen Eindrücke, Avelche dasselbe einfache Ding
auf den Intellekt machen kann, erscheint es in dem Intellekt mehr oder minder
vollkommen. So entspringt der conceptus der Gattung, durch welchen das Ding
unvollkommen und undeutlich erfaßt wird, einem unvollkommenen Eindruck, den
das Ding von sich im Intellekt hinterläßt. Der conceptus der Differenz aber,
durch welchen dasselbe Ding in seinem spezifischen und deutlichen Sein erfaßt
wird, beruht auf einem vollkommenen Eindruck, den das Ding im Intellekt her-
vorruft (In sent. 1, S. 66 b ß; Dreiling, S. 104, Anm. 2: diversitas conceptuu-n
generis et differcntiae habet ortum ultimate ex diversitate impressionum,
quas eadem res simplex oranino nata est facere, quarum una est magis perfecta,
reliqua minus, propter quas eadem res in intellectu apparct obiective
magis et minus perfecte. Et sie diversitas obiectiva, quae est diversitas con-
ceptuum, est ex diversitate formali impressionum factarum in intellectu .... Ex
hoc enim, quod res facit imperfectam inipressionem sui in intellectu, oritur con-
ceptus generis, quo res concipitur imperfecte et indistincte; ex hoc vero, quod
eadem res facit pcrfectam impressionem sui in intellectu, oritur conceptus diffe-
rentiae, quo res concinitur in esse specifico et distincto; vgl. auch Dreiling,
S. 116 f.). Der conc3ptus, das intentionale Sein, die Erscheinung, die forma
spccularis ist nach Aureoli der eigentliche Gegenstand der Erken ntnis,
das wahre Ding, das der Intellekt schaut (In sent. I, d. 9, a. 1 Prantl III, ;
S. 323, Anm. 707: Onmis intellectio exigit rem positam in esse intentionali, et
üla est forma specularis, de qua isti loquuntur, sed deficiunt a veritate .... cum
illa sit vera res, quam intellectus speculatur .... Res ipsae conspiciuntur mente.
et illud. quod intuemur, non est forma alia specularis, sed ipsamet res habens esse
§ 45. Petrus Aureoli. 595
apparens, et hoc est mentis conceptus sive notitia obieciiva. Ib.; Prantl III,
S. 323, Anm. 708: Forma illa, quam nos aspicere experimur, dum intelligimus
rosam simplicem aut florem. illa non est aliquid reale Impressum intcllectui sub-
iective aut phantasmati, sed nee aliquid reale subsistens, sed est ipsamet res habeiis
esse intentiouale conspicuum). Die species, die forma specularis ist somit nach
Aureoli nicht mehr, wie bei Thoraas von Aquin, das medium quo der Er-
kenntnis, sondern ihr unmittelbarer Gegenstand, und es wird selbstver-
ständlich, daß Aureoli die forma specularis in der Eolle des medium quo ab-
lehnen muß (siehe A. Stöckl II, S. 975).
in einer Weise, die es in Wirklichkeit nicht besitzt (In sent. I, S. 816 b C; Drei-
ling, S. 193, Anm. 1: scientia, quae attingit ad quiditates, non attingit ad res,
prout sunt, sed sub alio modo, quem in essendo non habent, noticia vero indivi-
dui demonstrati attingit ad rem, prout est. Ergo nobilius est cognoscere rem
individuatam et demonstratam, quam eam cognoscere per modura abstractum et
universalem). Die Erkenntnis des Individuums besitzt ferner größere Klarheit
und Gewißheit als die Erkenntnis des Allgemeinen (In sent. I, S. 817 a E F;
Dreiling, S. 194, Anm. 3: notitia individui demonstrati videtur esse quasi exem-
plum et quoddara signum notitiae universalis et per consequens illam declarare et
explicare tamquam clarior et magis certificans cognoscibilitatem). Der Erfahning
müsse man mehr vertrauen als irgend welchen logischen Gründen; in ihr hat die
38*
596 § 45. Wilhelm von Ockham.
Wissenschaft ihren Ursprung. Daher ist es ein Zeichen der Wahrheit unserer
Urteile,wenn sie Erfahrung übereinstimmen (In sent. I, S. 25 a F;
mit der
Dreiling, S. U*6, Anra. 1: via experientiae, cui adhaereudum est potius quam
quibuscunque logicis rationibus, cum ab experientia habet ortum scientia et
communes animi conceptiones, quae sunt principia artis .... Unde signum est
sermonum verorum convenientia cum rebus sensatis). Besonderes Gewicht legte
Aureoli auf die innere, psychologische Erfahrung (siehe Dreiling, S. 197 f.).
In den nominalistischen Rahmen fügt sich bei Aureoli vortrefflich die all-
seitige Verwertung des aus Aristoteles übernommenen Gesetzes der Öko-
nomie, der möglichst geringen Anzahl der Erklärungsprinzipien oder der mög-
lichsten Beschränkung der Pluralität der Realitäten (In Sent. II, S. 189 a C;
Dreiling, S. 205, Anm. 4: Multitudo ponenda non est, nisi ratio evidens neces-
saria illud probet aliter per pauciora salvari non posse. Deus enim et natura
nihil faciunt frustra. In sent. I, S. 319 bB; Dreiling, S. 205, Anm. 5: Non
est philosophicura pluralitatem rerum ponere sine causa. Frustra enim fit per
plura, quod fieri potest per pauciora).
In der Geschichte gilt weder Durandus von St. Pouryain noch Petrus
Aureoli als der eigentliche Urheber des späteren Nominalismus. Als solcher
ist vielmehr von jeher der englische Franziskaner Wilhelm von Ockham an-
gesehen worden. Wilhelms Biographie hat jüngst durch die kritischen Unter-
suchungen von J. Hof er eine neue Orientierung erfahren. Eine Reihe der
älteren Auf'^-tellungen, in besondere die Annahme, daß Ockham ein Schüler des
Duns Scotus gewesen sei, daß er den Titel Magister der Theologie geführt, daß
er in Paris studiert und dort als Lehrer gewirkt habe, muß als unbegründet
fallen gelassen werden. Wilhelm wurde auch nicht, wie man bisher annahm,
um 1280, sondern erst wenig vor 1300 geboren. Seine Heimat ist Ockham
(Ocham, Occham, Occam, Ockam, Okam), südlich von London in der Grafschaft
Surrey. Seine wissenschaftliche Ausbildung erhielt er in Oxford um 1312 1318. —
—
131S 1320 las er in Oxford über die Sentenzen. Frühestens 1320 wurde er daselbst
baccalareus formatus. Als .solcher erhielt er 1324 eine Vorladung an die Kurie
nach Avignon, um sich daselbst wegen der Anschuldigung häretischer Lehren zu
verantworten. Tatsächlich erklärte eine Kommission von Doctoren eine Anzahl
von Sätzen Ockhams für häretisch (Hofer, S. 440, 462). Vier Jahre dauerte die
Untersuchungshaft in Avignon. Ende Mai 1328 floh er mit seinem Ordens-
genossen Bonagratia von Bergamo und mit dem Ordensgeneral Michael
Cesena nach Pisa zu Kaiser Ludwig dem Bayer, nachdem er nicht lange vorher
im Armutsstreit sich der Oppositionspartei angeschlossen und am 13. April 1328
den Protest Cesenas gegen Armutsdekrete Johanns XXII. unterzeichnet
die
hatte (Hofer, S. 454). Am 6. Jimi 1328 wurde Ockham mit Michael
Cesena und Boragratia exkommuniziert. Die Franziskaner genossen aber den
wirksamen Schutz des Kaisers, bei dem auch schon kurz vorher (1326) Marsi-
lius von Padua imd Johann von Jandun eine Zuflucht gesucht hatten
(siehe oben S. 544). Sie begleiteten 1330 den Kaiser nach München, wo Ock-
ham im dortigen Franziskanerkloster Aufenthalt nahm. Von hier gingen seine
Angriffe gegen den Papst und seine kircheupolitischen Traktate in die Welt
hinaus. Sein Verhältnis zu dem bayrischen Fürsten bezeichnet der ihm seit
Trithemius zugeschriebene Ausspruch: tu me defendas gladio, ego te
defendam calamo (siehe S. Riezler, S. 71). In die Münchener Zeit fällt
auch, wie Hofer (S. 233) annimmt, die Hauptmasse seiner philosophisch-theo-
logischen Schriften. Nach dem Tode des Kaisers, spätestens im Friihjahr 1348
unternahm Ockham von München aus Schritte, um sich mit seinem Orden
§ 45. Wilhelm von Ockham. 597
und mit der Kirche wieder anszusöhnen. Ob es wirklich dazu kam, steht nicht
fest. Hof er (S. 661) vermutet, er sei am schwarzen Tod gestorben^ f^he die
Unterwerfungsformel in seine Hände kam. Sein Tod ist auf den 10. April 1349
oder 1350 anzusetzen (Hof er, S. 662).
Seine schriftstellerische Tätigkeit begann Wilhelm von Ockham als Bac-
calareus in Oxford mit einem sehr ausführlich gehaltenen, in den Handschriften
und im Druck separat vorkommenden Kommentar zum ersten Buch der
Sentenzen des Lombarden (siehe A. G. Little, S. 227). Die bedeutend
kürzeren Kommentare zu den übrigen drei Sentenzen büi'hern gehören
nach Hof er (S. 233) der Müuchener Zeit an; zum mindesten bat er in ^lünchen
noch an ihnen gearbeitet. Nach dem ersten Buch des Sentenzenkommentars
(post lecturam Oxoniensem, wie im Explicit der Straßburger Ausgabe der Quod-
libeta von 1491 bemerkt ist; siehe A. G. Little, S. 228) ließ Ockham die"
Quodlibeta septem erscheinen. AVeitere theologische Arbeiten sind das
Centiloquium theologicum, die Schriften De sacramento altaris et de
corpore Christi, die ungedruckte Abhandlung De motu, loco, tempore,
relatione, praedestinatione et praescientia Dei.
Wilhelms rein philosophische Tätigkeit erstreckte sich auf Logik
und auf Naturphilosophie. Die Logik kommt zur Darstellung in der Expo-
sitio aurea super totam artem veterem (d. h. in Kommentaren zu Por-
phyrius" Isagoge, zu Aristoteles' Kategorien, De interpretatione und zu den
Elenchi sophistici). In der uns vorliegenden Gestalt stammen die Kommentare nicht
von Ockham sdbst, sondern sind bereits Bearbeitungen im Geiste Ockhams
(siehe Prantl, S. 329, Anm. 739). Ein gleiches gilt von der Summa totius
logicae ad Adamum in drei Hauptteilen; die Anordnung und Eeihenfolge des
Stoffes rührt aber von Ockham selbst her (siehe Prantl, S. 329, Anm. 740 und
S. 361). Naturphilosophische Traktate werden Ockham folgende drei zuge-
schrieben, deren Verhältnis zueinander erst untersucht werden muß: Quaestio-
nes in octo libros physicorum, Summulae in libros physicorum oder
Philosophia naturalis und Quaestiones super physicam (der letztere
Traktat ist ungedruckt; siehe Little und Baur).
vidi de dictis illius doctoris. Si enim omnes vices, quibus respexi dicta sua,
simul congregarentur, non complerent spatium unius diei naturalis .... quam
materiam tractavi et fere omnes alias de primo libro, antequara vidi
opinionem hie recitatam. Die Mitteilung verdanke ich Herrn Lothar
. . .
Kugler; siehe auch dessen Abhandlung: Der Begriff der Erkenntnis bei Ockham,
Breslau 1913, S. lü). Als Restaurator des Nominalismus erhielt Ockham bei
den späteren Nominalisten den Ehrentitel ,,venerabilis inceptor". In der Ausgabe
seines Logiktraktats, ßononiae 1498, wird er als sacre scholae invictissimorum No-
minalium inceptor und in der Ausgabe seiner Summulae in libros physicorum,
Bononiae 1494, als Nominalium princeps bezeichnet (siehe Hof er, S. 223 f.
Hier wird auch auf die ursprüngliche Bedeutung von inceptor im Sinne von
doctor aufmerksam gemacht). Der Florentiner Marianus nannte ihn um 1.520
inceptor omnium Nominalium monarcha (Hof er, S. 226), und L. Wadding
(Annales Min. VI, n. 66, ed. Romae, S. 137) schrieb von ihm: Nominalium ante-
signanus communiter aijpellatur. In dem amtlichen, gegen den Nominalismus
gerichteten Schriftstück der Pariser Universität aus dem Jahre 1473 wird Ock-
ham als der erste in der Reihe der Nominales aufgezählt (Bulaeus, Hist. Uni-
vers. Paris. V, S. 708; Prantl IV, Leipzig 1870, S. 186, Anm. 62). Von den
neueren Geschichtschreibern der Philosophie des Mittelalters haben ihn, von an-
deren abgesehen, Stöckl, Haur^au, Baeumker zu den Nominalisten gezählt.
M. de Wulf erhob gegen diese Klassifizierung Einspruch. Er nennt den Ock-
hamschen Standpunkt Terminismus oder Kon zeptualisraus; ja er geht so-
gar so weit, zu behaupten, ,,e3 heißt, die Lehre Occams verfälschen, wenn man
ihn zu den Nominalisten rechnet" (Gesch. d. mittelalt. Philos., deutsche Übersetz,
von R. Eisler, Tübingen 1913, S. 378). Nicht ohne Interesse ist es ferner, zu
erfahren, daß Gerson die streitenden Parteien als und terministae
formalistae
bezeichnete (siehe Prantl IV, S. 146, Anm. 607, 613), und Petrus Nigri um
1475 in seinem Clipeus Thomistarum den Ausdruck conceptistae gebrauchte
(siehe Prantl IV, S. 222, Anm. 271).
Ist es berechtigt, bei Ockham von Xominalismus zu sprechen, oder
nun
liegt in dieser Bezeichnung eine Verfälschung seiner Lehre? De Wulf kommt
zu seiner das zweite Glied der gestellten Alternative bejahenden Auffassung da-
durch, daß er, ausgehend von modernen Betrachtungsweisen (Hippolyt Taine),
zwischen Nominalismus und Konzeptualismus einen scharfen, trennenden Schnitt
zieht (a. a. O., S. 124). Allein schon Haureau (S. 424 f) hat treffend bemerkt,
daß die Scheidung von Nominalismus und Konzeptualismus eine sehr neue Er-
findung sei. In der Tat kannte das 11. und 12. Jahrhundert nur die Stichworte
Nominales und Reales (siehe oben S. 255), und ebenso war das 14. und 15.
Jahrhundert gewohnt, den Parteigegensatz durch die gleichen Ausdrücke zu be-
zeichnen (siehe die Belege bei Prantl IV, S. 186 ff.; R. Seeberg, Lehrb. d.
Dogmengesch. III, 2. u. 3. A., Leipzig 1913, S. 631 f.). In ihnen kam der für
das gesamte Mittelalter allein entscheidende und bedeutsame
§ 45. Wilhelm von Ockham. 599
Spätscholastik sich in den meisten Stücken nur als Fortsetzung und vollere Ent-
faltung des Frühnominalismus darstellt, hat seinen Grund in der Gebundenheit
an die gleichen Quellen, nämUch an die ju-istotelisch-porphyrianisch-boethianische
Logik, aus welchen auch die Nominalisten des 11. und 12. Jahrhunderts ihre
geistige Nahrung nahmen.
Ockham begründete die Verwerfung des Realismus in eingehenden
kritischen Erörterungen (siehe Stöckl, S. 998 ff. und Prantl III, S. 349 ff.).
Die Annahme der realen Existenz des Allgemeinen außer der Seele führt in jeder
Form, in der sie auftreten mag, auf Absurditäten. Schreibt mau platonisierend
dem Allgemeinen eine selbständige Existenz zu, so macht man es zu einem
Einzelwesen. Läßt man es in den einzelnen Dingen existieren, so daß es in der
Wirklichkeit auch ohne unser Denken von dem Individuellen unterschieden sei,
so Avird das Allgemeine nach der Zahl der Individuen vervielfacht, folglich das-
selbe individualisiert. Ein „formaler" Unterschied aber, der in der Sache als
solcher liegen soll, müßte ein realer sein, ist also nicht anzunehmen. Läßt man
dagegen das Allgemeine so im Einzelnen sein, daß erst unser Intellekt durch die
Abstraktion es absondere, so existiert es in Urnen nicht als Allgemeines; denn
unsere Betrachtung gestaltet nicht das äußere Objekt, sondern erzeugt nur den
Begriff in uns. Ferner hält Wilhelm die Annahme universaler Realitäten für
einen """erstoß gegen das von ihm noch mehr als von Petrus Aureoli geschätzte
Ökonomiegesetz: nunquam ponenda est pluralitas sine necessitate (In sent. I,
d. 27, q. 2 K) oder frustra fit per plura, quod potest fieri per pauciora (Summ,
tot. log. I, 12, ed. Venet. 1522, fol. 6 r. A). Sufficiunt .singularia, et ita tale»^
res universales omnino frustra ponuntur. Aus der Tatsache der Wissen-
schaft oder daraus, daß wir mittels allgemeiner Begriffe erkennen, folgt nicht>
daß das Allgemeine als solches Realität habe. Es genügt, daß die Individuen
realiter existieren, welche bei der Urteilsbildung gemeinschaftlich durch den näm-
lichen Begriff bezeichnet oder vertreten werden (In sent. I, d. 2, q. 4 O scientia :
sto modo est de rebus singularibus, quia pro ipsis singularibus termini suppo-
nunt. Ib. N: Nihil ergo refert ad scientiam realem, an termini propositionis scitae
sint res extra animam vel tantum sint in anima, dummodo Stent et supponant
pro ipsis rebus extra; propter scientiam realem non oportet
et ita
ponere tales res universales distinctas realiter a rebus singularibus).
Aus dem Gesagten ergibt sich, daß den Universalien außerhalb der
Seele in den Einzeldingen keinerlei reale Existenz zukommt (Expos^
aur., Praedicab. Prooem. NuUum universale est extra animam existens realiter ia
:
und in den Worten (Expos, aur. Praedicab. Prooem.: [universale] universaliter est
tantum in anima vel est universale per institutionem, quomodo vox prolata ....
est universalis). In der Seele sind sie intentiones.oder passiones oder durch den
Intellekt gebildete Konzepte, die nach der einen Auffassung ein objektives Sein
(esse obiectivum),ein vom Denken erzeugtes Sein (quoddam fictum) besitzen,
nach der andern aber subjektiv, d. h. als Qualität der Seele existieren oder
noch einfacher, wozu Ockham am meisten neigt, mit den actus intelligendi zu-
sammenfallen (Expos, aur. Praedicab. Prooem.: [UniversaUa] non sunt nisi quae-
dam intentiones vel conceptus formati per intellectum. Summ. tot. log. I, 12, ed.
Venet. 1522, fol. 6 r. A: Intentio animae vocatur quoddam ens in anima natum
significare aliquid .... anima .... aliquando vocatur
Illud autem existens in
intentio animae, aliquando conceptus animae, aliquando passio animae .... Sed
§ 45. Wilhelm von Ockham. 601
quid est in anima id, quod est tale Signum? .... Aliqui enim dicunt, quod no»
est nisi quoddam fictura per animam [die Ansicht vom fictum siehe schon bei
Johannes von Salisbury, oben S. 322]; alii, quod est quaedam qualitas sub-
iective existens in anima distincta ab actu intelligendi; alii dicunt, quod est actus
inteliigendi ergo praeter actum intelligendi non oportet ponere aliquid
aliud. Siehe dazu Prantl III, S. 335, Anm. 757; S. 358, Anm. 809, 810).
Die Universalien, insofern sie der Seele angehören, nennt Ockham univer-
salia naturalia und scheidet davon die Worte oder die konventio-
nellen Universalien, und er zögert nicht, die entsprechenden voces selbst
Gattungen und Arten zu nennen (Summ. tot. log. I, 14, ed. Venet. 1522, fol. 6
V. B: Universale duplex est. Quoddam est universale naturale .... et tale uni-
versale non est nisi intentio animae . . . Aliud est universale per voluntariam in-
stitutionem, et sie vox prolata .... est universalis .... unde sicut vox dicitur
communis, ita potest dici universalis. Expos, aur. Praedicab. Prooera. : ipsae
voces correspondentes possunt aliquomodo genera vel species appellari pro tanto,
quia omne iUud, quod significatur per intentionem vel conceptum in anima,
ßignificatur per vocem et e converso). mit Ockhams Auf-
Im Zusammenhang
fassung der voces als Universalien Überzeugung, daß die aristote-
steht seine
lischen Kategorien nicht von Dingen, sondern von AVorten be-
ziehungsweise von Intentionen und Konzepten handeln (Expos, aur.
Praedicam. Prooem.: In hoc opere [d. h. Categoriae] haec intentio eot, de primi&
rerum nominibus et de vocibus res significantibus disputare. ... Et ignorantia
intentionis Aristotelis in hoc libro facit multos modemos errare cre r ates multa
hie dicta pro rebus, quae tarnen pro solis vocibus et proportionabiliter pro inten-
tionibus seu conceptibus in anima vult intelligi. Siehe auch Prantl III, S. 371,
Anm. Die gleichen Anschauungen in der Logik des 11. und 12. Jahr-
866).
hunderts siehe oben S. 255 f.
Was macht nun die vox und einen psychischen Tatbesland, wie es die in-
tentio, der conceptus, eine seelische Qualität, der actus intelhgendi ist, oder ein
Erzeugnis des Denkens (fictum) zum Universale? Wie Abälard (siehe oben
S. 283 f.), antwortet auch Ockham: Die Prädizierbarkeit oder Aussag-
barkeit oder die Eigenschaft, Zeichen zu sein für eine Mehrheit
von Dingen, oder kurz die Sign ifikation (Summ. tot. log. I, 14, ed. Venet.
1522, fol. 6 V. B: Et sie nuUum universale est singulare, quia quodÜbet univer-
sale natum est esse sigTium plurium). Das natürliche Universale, die intentia
animae oder der conceptus, von einer Mehrheit aussagbares
ist ein natürliches
Zeichen, wie der Rauch in natürlicher Weise das Feuer und das Schluchzen den
Schmerz und das Lachen die innere Freude bezeichnet. Das konventionelle Uni-
versale, das Wort, dagegen ist ein konventionelles Zeichen für eine Mehrheit (Ib.:
Universale duplex est. Quoddam est universale naturale, quod est signum natu-
de pluribus ad modum, quo fumus naturaliter significat ignem
rale praedicabile
et gemitus infirmi dolorem et risus interiorem laetitiam Aliud est uni-
versale per voluntariam institutionem, et sie vox prolata .... est universalis,,
quia est signum voluntarie institutum ad significandum plura. Expos, aur.
Perierm,
c. 5: Vox est singularis in se, seilicet quia est una res et non plures;.
potest tamen esse universalis per signif icationem et praed icatio-
nem). Ein Außending läßt sich nicht von einer Mehrheit aussagen, sondern nur
die vox oder der conceptus oder irgend ein konventionelles Zeichen; daher können
auch nur sie als Universalien fungieren (Expos, aur. Praedicam. Prooem.: res
extra animam non praedicantur de pluribus, non enim praedicatur nisi vox vel
conceptus vel aliquod signum ad placitum institutum).
602 § 45. Wilhelm von Oekham.
Voraussetzung für die Signifikation und Supposition ist der Umstand, daß die
Universalien keine reinen Denkgebilde (purum figmentum intellectus)sind,
denen nichts in der objektiven Wirklichkeit entspricht wie einer Chimäre. Viel-
mehr sind sie Abbilder des Wirklichen, freilich nicht irgendwelcher gemein-
samen AVesenheit, sondern der Individuen, die durch sich selbst in Übereinstim-
mung stehen (In sent. I, d. 2, q. 8 F: lUud sie fictum .... propter ista potest
esse terminus propositionis et supponere pro omnibus illis, quorum est imago vel
similitudo. Ib. H
Universale non est figmentum tale, cui non correspondet
:
aliquid consimile in esse subiectivo ., non est figmentum sicut chimaera vel
. . .
aliquid tale. Ib. E: illud potest vocari universale, quod est exemplar et indifferenter
Da die Universalien nur Bilder der Einzeldinge sind, aber keinerlei reale
Wesenheit repräsentieren, so wird für Oekham, wie für Aureoli, die Frage
nach dem Individuationsprinzip gegenstandslos. Jedes Ding ist durch sich selbst
ein Einzelding (In sent. I, d. 2, q. 6 P: Quaelibet res singularis se ipsa est sin-
gularis). Die Ursache eines Dinges ist zugleich auch die Ursache seiner indivi-
duellen Existenz.
Wie auch die Ideen in Gott nicht sub-
die Vorstellungen in uns, so sind
stantiell (subjektive), nicht als Teile seinesWesens, sondern nur als die Kenntnis,
die Gott von den Dingen hat, und zwar von den einzelnen Dingen, weil diese
allein realiter existieren (In sent. I, d. 35, q. 5 G: Ideae non sunt in deo sub-
iective et realiter, sed tantum sunt in ipso obiective, tamquam quaedam cognita ab
ipso .... Ideae sunt primo singularium et non sunt specierum, quia ipsa singu-
laria sola sunt extra producibilia et nulla alia), wenn anders es uns überhaupt
erlaubt ist, das göttliche Wissen nach der Analogie des unsrigen uns vor-
zustellen.
§ 45. Wilhelm von Ockham. 603
Weil nur Individuelles Existenz hat, so ist die Intuition die natür-
liche Form unseres Erkennens. In Seutent. I,2 F: nihil potest
dist. 3, q.
d. 27, q. 2 K species neutro modo dicta est ponenda in intellectu, quia nunquam
:
ponenda est pluralitas sine necessitate; siehe Stöckl II, S. 992 f.).
Die intuitive Erkenntnis erstreckt sich nicht bloß auf die äußere, son-
dern auch auf die innere Erfahrung, auf die Tatsachen des Bewußtseins, und
auf diesem Gebiet besitzt der Intellekt sichere und evidente Erkenntnisse (In sent.
Prol. q. 1 H
H: Intellectus noster pro statu isto non tantum cognoscit sensibilia,
sed etiam in particulari et intuitive cognoscit aliqua intelligibilia, quae nuUo modo
cadunt sub sensu .,
. cuiusmodi sunt intellectiones, actus voluntatis, delectatio,
. .
tristitia et huiusmodi, quae potest homo experiri inesse sibi, quae tamen non sunt
sensibilia nobis, nee sub aliquo sensu cadunt. In sent. Prol. q. 1 KK: Sed veri-
tates contingentes de istis raere intelligibilibus inter onines veritates contingentes
certius et evidentius cognoscuntur ab intellectu a nobis. Quodl. I, q. 14: De
cognitione intellectus et volitione fomiatur propositio contingens, quae evidenter
cognoscitur ab intellectu nostro; puta talis: intellectio est, volitio est).
Ockham beschränkte jedoch keineswegs das Wissen auf die intuitive Er-
kenntnis; er erklärte vielmehr die Wissenschaft für die evidente Erkenntnis des
notwendig Wahren, die vermittels des syllogistischen Denkens erzeugt werden
könne (In sent. Prol. q. 2 B). Unmittelbarer Gegenstand der Wissenschaft
sind nicht die Dinge, sondern das, was für sie supponiert, nämlich die Intentionen
g04 § 45. Wilhelm von Ockham.
realis sive rationalis, est tantum de propositionibus tamquam de Ulis, quae sciun-
tur, quia solae propositiones sciuntur. . . . Ergo eodem modo proportionabiliter
de propositionibus quae vere possunt sciri a nobis pro statu isto, quia
in raente,
omnes termini illarum propositionum sunt tantum conceptus et non sunt ipsae
substantiae extra .... Ib. O: scientia isto modo est de rebus singularibus, quia
pro ipais singularibus termini supponunt). So ist bei Ockham, wie bei Au-
reoli, was für Thomas von
das, Aquin Medium der Erkenntnis war, zum
unmittelbaren Gegenstand geworden.
Zu rationalen Psychologie und Theologie konnten Ockhams
einer
Prinzipien nicht führen.Ein kritisch veranlagter Geist, wie Duns Scotus und
Petrus Aureoli, hat er der Neigung, die bisherige Metaphysik skeptisch zu
unterhöhlen und ihre Gegenstände dem Gebiet des Glaubens zuzuweisen, nicht
widerstehen können. Wie sein kirchenpolitischer Gesinnungsgenosse, der Averroist
Johannes von Jandun (siehe oben S. 545), hat er das Gebiet der metaphy-
sischen Psychologie, wie sie auf aristotehscher Basis im 13. Jahrhundert
in den Schulen entwickelt worden war, dem Skeptizismus preisgegeben. Daß die
intellektive Seele eine immaterielle, unvergängliche Form sei, die ganz im ganzen
Körper und ganz in jedem Teil ist, daß es eine solche Form in uns gebe, daß
einer solchen Substanz das intelligere in uns eigentümlich sei, daß eine solche
Seele Form des Körpers sei, kann man weder auf dem Wege der Ver-
nunft, noch der Erfahrung mit Evidenz wissen. Um die Ansicht des
Aristoteles in dieser Sache brauche man sich nicht zu kümmern, weil er
überall skeptisch zu sprechen scheine. Die genannten psychologischen Thesen
lassen sich nur im Glauben festhalten (Quodl. I, q. 10: Intelligendo ])er animam
inteUectivam formam immaterialem, incorruptibilem, quae tota est in toto et tota
in qualibet parte, non potest sciri evidenter per rationem vel experientiam^
quod talis forma sit in nobis, nee quod intelligere tali substantiae proprium sit in
nobis, nee quod talis anima sit forma corporis. Quidquid de hoc senserit Aristo-
teles, non curo, quia ubique dubitative videtur loqui. Sed ista tria solum fide
tenemus). Der Identifizierung des denkenden Geistes (der anima intellectiva)
mit der empfindenden Seele (anima sensitiva) und mit der Seele als form-
gebendera Prinzip des Leibes (forma corporis) ist Ockham abgeneigt (In
sent. II, q. 22 H: In homine praeter animam inteUectivam est ponere aliam for-
mam, scilicet sensitivam). Die sensitive Seele ist ausgedehnt und mit dem Leibe
als seine Form circumscriptive verbunden, so daß ihre Teile einzelnen Teilen
des Leibes innewohnen. Die intellektive Seele aber ist eine andere, trennbare,
mit dem Leibe diffinitive verbundene Substanz, so daß sie in jedem Teile
ganz ist. Das Ockhamsche Argument für die (aristotelische) Doktrin der sub-
stantiell gesonderten Existenz des vovg ist der Widerstreit zwischen Sinnlichkeit
und Vernunft, der nach Ockham s Ansicht nicht in einer und der nämlichen
Substanz denkbar ist (Quodl. II, q. 10; In sent. IV, q. 7 F). Außer den beiden
Formen der intellektiven und sensitiven Seele nimmt Ockham, entsprechend
einem alten Erbstück der Franziskanerschule, noch eine dritte Form, die forma
corporeitatis,. im Menschen an (Quodl. II, q. 11). Zur Anschauung Augu-
stins kehrt er zurück, wenn er die Seelenkräfte weder von der Substanz der
Seele, noch unter sich verschieden sein läßt (In sent. II, q. 24 K). Der Wüle
besitzt dem Verstände gegenüber die Superiorität (In sent. I, d. 1, q. 2 K). Der
§ 45. Wilhelm von Ockham. 605
Ursprung der Seele entzieht sich unserer Erkenntnis. Weder die generatia-
nistische, noch die kreatianistische Ansicht läßt sich beweisen (Quodl.
II, q. 1).
Die Gottheit ist nicht intuitiv, sondern nur durch einen Begriff erkenn-
bar, Elemente natürlicherweise von den Dingen abstrahierbar sind (In
dessen
«ent. I, d. 3, q. 2 F: Nihil potest naturaliter cognosci in se, nisi cognoscatur in-
tuitive. Sed Deus non potest cognosci a nobis intuitive ex puris naturalibus. . . .
Essentia divina vel quiditas divina potest cognosci a nobis in aliquo conceptu sibi
proprio, composito tarnen, et hoc in conceptu, cuius partes sunt abstrahibiles
naturaliter a rebus). Auch folgt nicht (wie das ontologische Argument will) sein
Dasein aus seinem Begriff (ex terminis). Es ist nur ein Beweis a posteriori mög-
lich, aber ohne Stringenz. Ockham suchte die bisher üblichen, im Anschluß
an Aristoteles formulierten Gottesbeweise kritisch zu zersetzen, indem er ihre
Voraussetzungen bezweifelte, in erster Linie das Kausalgesetz in aristotelischer
Passung (omne quod movetur ab alio movetur non est per se nota:
nee ex per se notis deducitur et per consequens non est principium
demonstrativum). Daß eine Reihe endlicher Ursachen nicht eine uneudüche
Zahl von Gliedern haben könne, sondern Gott als eine erste Ursache voraussetze,
ist nicht streng erweisbar. Ebensowenig läßt sich die Einheit und die Unend-
lichkeit Gottes demonstrativ dartun. Eine Mehrheit von Welten mit ver-
schiedenen Urhebern ist denkbar. Das vollkommenste Wesen braucht nicht not-
wendig unendlich zu sein usw. Doch findet Ockham das Dasein Gottes aller-
•dings auch aus Vernunftgründen wahrscheinlich (Centil. theol. concl. I ff.). Im
übrigen aber erklärt er, daß die „articuli fidei" ,,pro sapientibus mundi
et praecipue innitentibus rationi naturali" auch nicht einmal
VV ahrscheinlichkeit haben (Summ. tot. log. III, 1, ed. Venet. 1522, f. 36
T. A: et sie articuli fidei non sunt principia demonstrationis nee conclusionis, nee
sunt probabiles, quia omnibus vel pluribus vel sapientibus apparent falsi, et hoc
accipiendo sapientes pro sapientibus mundi et praecipui innitentibus rationi natu-
ral!). Daß die Trinitäts lehre, indem sie das Eine göttliche Wesen ganz in jeder
•der göttlichen Personen sein läßt, den Realismus invohnere, erkennt Ockham
ausdrücklich an (In sent. I, dist. 2, q. 4); aber er bescheidet sich, daß auf diesem
Gebiete nur die Autorität der Bibel und der kirchlichen Tradition; nicht die
Orundsätze der Erfahrungswissenschaft gelten dürfen. Der WUle, das Unbeweis-
bare zu glauben, ist verdienstlich.
Für die Philosophie, soweit sie die Theologie nicht berührt, forderte er Denk-
freiheit. diesem Standpunkt aus nannte er die durch Robert Kilwardby
Von
am 18. März 1277 zu Oxford erfolgte Verurteilung grammatikalischer, logischer
und naturplylosophischer Thesen, von welch letzteren einige die thomistische
Lehre von der Einheit der Form betrafen (siehe oben S. 509 und Prantl
III, S. 186, Anm. 21), eine sententia temer aria (Dialogus, Pars I, lib. II,
0. 22; ed. Goldast, Monarchia 11, S. 427: Assertiones praecipue physicae, quae
ad theologiara non pertinent, non sunt ab aliquo soleraniter condemnandae seu
interdicendae, quia in talibus quilibet debet esse Über, ut libere dicat, quod sibi
placet. Et ideo, quia dictus archiepiscopus daranavit et interdixit opiniones
gramraaticales, pure physicas, sua sententia fuit temeraria repu-
logicales et
tanda. Ib. opinionem Thomae de unitate forraae in horaine inter alias eondem-
:
navit, et tarnen tu scis, quod plures Parisiis ipsam publice tenent et defendunt
et docent, et ita de multis aliis).
In der Ethik wandelt Ockham in den Bahnen des Duns Scotus, geht
aber viel weiter als dieser, insofern er das gesamte Sitteugesetz, alle Gebote des
606 § 41). Die philos. Richtungen der Spätscholastik.
Dekalogs lediglich in dem Willen Gottes begründet sein läßt, so daß sie
actum potest obligari; et idco eo ipso, quod Deus vult, hoc est iustum fieri). Auch
unser \Ville ist nicht dem Verstand unterworfen.
Ockhara und seinen Nachfolgern trat, wie im lateinischen Averroismus
Bei
(siehe oben § 42), an die Stelle des scholastischen Axioms der Vernunftgeraäßheit
des Glaubens das Bewußtsein der Diskrepanz, welches bei einem Teile der
Philosophierenden zu der Voraussetzung zAveier einander widerstreitender Wahr-
heiten geführt hat unter verhüllter, mit dem Scheine der Unterwerfung unter die
Kirche umkleideter Parteinahme für die philosophische Wahrheit, bei Mystikern
und Reformatoren aber die Verwerfung der Schulvernunft zugunsten der Un-
mittelbarkeit des Glaubens zur Folge hatte.
Am 25. September 1339 wurde in Paris die ockharaistische Lehre und
am 29. Dezember 1340 eine Reihe ockhamistischer und nominalistischer Sätze
von der Artistenfakultät verboten; vgl. H. Denifle, Chart. Univers. Paris. II,
1, S. 485, 505 ff.; Gl. Baeumkcr in Arch. f. Gesch. d. Philos., Bd. 10, 1897,
S. 249, 251.
richtete sich ihre Kritik nicht auf die Fundamente der Erkenntnis,
sondern in erster Linie nur auf die aristotelische und Astro- Physik
nomie. Der Pariser Ockhamistenkreis war der Ausgangspunkt der
modernen Djnamik (Trägheitsgesetz, Kraftbegriff, Fall-
gesetz), der Himmelsmechanik, des Kopernikanismus und
der analytischen Geometrie. Die Hauptträger des naturwisseu-
§ 46. Die philos. Richtungen der Spätscholastik. 607
Ausüben.
I. Adam Wodham oder Godhani.
Adams Sentenzenkommentar wurde zu Paris 1512 gedruckt. — Die
handschriftliche L^berlief erung zu seinen Werken siehe bei A. G. Little,
The grey Mars in Oxford, Oxford 1892, S. 173.
IL Robert Holkot.
Einige von Holkots Schriften: Super quatuor libros sententiarura
quaestiones, Quaedam conf erentiae, De imputabilitate peccati,
Determinationes quarundam aliarum quaestionum erschienen Lyon
1497, 1510, 1.518; die Praelectiones in librura sapientiae, Speyer 1483,
Hagenau 1508'U. noch sehr oft; die Moralizationes historiarum, Hagenau
1508, Basel 1,586; De origine, definitione et remedio peccatorum, Paris
1517; Philobiblion seu de araore libroruni et institutione biblio-
thecarum, Köln 1473, Spirae 1483 u. ö., zidetzt von E. C. Thomas, London
1888 unter dem Xamen des Richard de Bury.
I
§ 46. Die philos. Richtungen der Spätscholastik. Ausgaben. 609
zweiten Brief des Nicolaus an Bernhard von Arezzo und S. 339 3-10 —
referierte er über den Inhalt der Antwort des Nicolaus an Acgidius. Voll- —
ständiger und korrekter nach dem Original in der Vatikanischen Bibliothek
edierte die verurteilten Sätze H. Denifle, Chart. Univers. Paris. II, I, Paris
1891, S. 576—587. — Am
vollständigsten ist die Ausgabe von J. Lappe, Nico-
laus von Autrecourt. Sein Leben, seine Philosophie, seine Schriften, Münster
1908 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. VI, 2). Ediert werden der erste und
zweite Brief des Nicolaus an Bernhard von Arezzo, der Brief des Aegi-
dius an Nicolaus, Exzerpte aus dem Brief des Nicolaus an Acgidius und
nach Denifle die verurteilten Thesen, wobei der Text nach dem Druck der
Sentenzen des Lombarden, Basel 1488, an einigen Stellen sinngemäß von Clem.
Baeumker verbessert wurde.
TL Johannes Buridan.
Johannis Buridani Sumraulae oder Compendium logicae mit dem
Kommentar des Johannes Dorp, Paris 1487, 1504; Venet. 1489, 1499; Oxoniae
1637; Londini 1740. — Quaestiones super oeto physicorum ibros, Paris 1
YIL Albert von Sachsen und Themo, der Sohn des Juden.
Alberts Quaestiones zu Ockhams Logik sind gedruckt in Ock-
liams Expositio aurea, Bononiae 1496 (siehe oben S. 589). Quaestiones —
subtilissimae Alberti de Saxonia super libros Posteriorum, Venetiis
1497. —
Logica Albertucii. Perutilis logica .... Alberti de Saxonia ....
per Petrum Aurelium Sanutum Venetum, Venetiis 1522. — Sophismata Al-
berti de Saxonia nuper emendata, Paris 1489. — Tractatus obligationura
l.ugduni 1498. — Die Sophismata und der Tractatus obligationum
zusammen mit der Abhandlung Insolubilia erschienen Paris 1490, 1495 (ein«'
dritte Ausgabe von Anthonius Cayllaut ist ohne Datum).
Subtilissimae quaestiones super octo libros physicorum, Padua
1493, Venedig 1504, 1516. — Quaestiones in libros de coelo et mundo,
Pavia 1481, Venedig 1492, 1497, 1520. —Quaestiones in libros de generatione
(zusammen mit den Kommentaren des Aegidius von Rom und des Marsi-
iius von Inghen zu demselben Buch), Venedig 1504, 1505, 1518. Die ge-
nannten naturwissenschaftlichen Arbeiten erschienen zusammen mit Schriften des
Thimo (Themo) und des Buridan unter dem Titel: Quaestiones et deci-
siones physicales insignium virorum .... acc. et iudicio Magistri Ge-
orgii Lockert, Paris 1516, 1518. — Der Mechaniktraktat De proportionibus
wurde sehr häufig gedruckt zu Padua, Venedig, Bologna, Paris; siehe darüber
U. Boncompagni, Intorno al Tractatus proportionum di Alberto di Sassonia,
BuUetino di Bibliografia e di Storia delle scienze mat. e fisiche IV, 1871, S. 498.
— Die Epithomain proportiones fratris Alberti de Saxonia des Isidor
Isolani wurde zu Pavia 1513, 1522, zu Lyon 1580 veröffentlicht (eine weitere
Ausgabe wird von P. Duhem, Etudes etc., 3e s^rie, Paris 1913, S. 416, Anm. 1
verzeichnet). —
H. Suter, Der Tractatus .,De quadratura circuli" des Albertus de
Saxonia, Zeitschr. f. Mathem. u. Phys. 29, 1834, Histor.-lit. Abt., S. 81—101; der-
selbe, Die Quaesti'o „De proportione dyametri quadrati ad costam eiusdem" des
Albertus de Saxonia, ebemias. 32, 18B7, S. 41 — 56.
Zur Bibliographie Alberts siehe .T. Aschbach, Gesch. d. Wiener Uni-
versität, Wien 1865. S. 359-366; P. Duhem, Etudes sur Leonard de Vinci.
Ire s^rie, Paris 1906, S. 334-^338. 341-344; 2e s^rie, Paris 1909, S. 367 und
A. Dyroff, Über Albertus von Sachsen, Festgabe für Clem. Baeumker, Münster
1913, 'S. 3.30 - 342.
Der Kommentar des Themo zu den Meteora des Aristoteles erschien
ü eher wog, Grundriß ü.
< 39
610 § •16' 1)16 philos. Richtungen der Spätscholastik. Ausgaben.
dix, Antverpiae 170G (siehe dazu J. Aschbach, a. a. O., S. 375, Anm. 1). —
Carmen pro pace, ed. H. v. d. Hardt, In discrepantiam manuscript. et
editionum, Heinist. 1715. — Contra fratrem Telesphorura, cd. Pez, The-
saur. anecdot. noviss. T. I, p. II, S. 508-564. — Tractatus bipartitus de
contractibus emptionis et venditionis in: Joannis Gersonii opp., t. IV,
S. 185 —
210, Coloniae 1483. —
De contemptu mundi, ed. G. Soramerfeldt
in: Zeitschr.f. kathol. Theologie 29, 1905, S. 404—412. Siehe dazu E. Stein-
raeyer, Neues Archiv f. ältere deutsche Geschichtsk. 30, 1905, S. 768: 31, 1906,
S. 485 f. G. Sommerfeldt, ebendas. 31, 1906. S. 483—485; derselbe, Histor.
Jahrb. 1906. S. 714—716. —
De animae couditionibus, ed. Wimpheling,
Argentor. 1503, Basil. 1555; siehe J. Aschbach, a. a. O., S. 394, Anm. 1.
XL Peter d'Ailly.
Die Schriften d'Ailly und
des Peter ihre Ausgaben sind bei
P. Tschackert, S. 348— 366 zusammengestellt. Ergänzungen bringen L. Salera-
bier und H. Finke. — Werke d'Aillys finden sich gesammelt bei H. v. d.
—
Hardt, Concilium Constantiense I II und in: Joannis Gersonis Opp. omn.
I— II, ed. E. Du Pin, Antverpiae 1706.
Separat erschienen der Sentenzenkommentar: Quaestiones super pri-
mum, tertium et quartum sententiarum, Brüssel 1478, Argentor. 1490, fol., Vene-
tiis 1500, 4". Eine Reihe von Drucken s. 1. e. a. siehe bei Tschackert, S. 349.
— Destructiones modorum signif icand i. Conceptus et insolubilia
secundum viam nominalium magistri Petri de allyaco, s. 1. e. a., 4". — Trac-
tatus exponibilium magistri petri de Aillyaco, Paris 1494. Tractatus —
super libros meteororum de impressionibus aeris, Argent. 1504, Lipsiae
1506, Viennne 1509, 1514, Cracoviae 1515; siehe Tschackert, S. 359. Trac- —
tatus de legibus et sectis contra supersti tiosos astronomos in: Gers.
Opp. I, S. 778 ff. —Vigintiloquium de concordia astronomicae veri-
tatis cum theologia, Venetiis 1494 und in der Ausgabe von Imago mundi,
8. 1. e. a., Lovanii 1483, siehe Tschackert, S. 357. - Tractatus et Ser-
mones, s. 1. e. a., Argent. 1490, Mogunt. 1574, Douai 1634. In dieser Samm-
lung sind auch enthalten: Tractatus de anima (separat Paris 1494, 1505),
Speculum considerationis (separat Argent. 1483) und Compendium
contemplation is.
F. W. E. Roth, Ein Brief des Gabr. Biel, Neues Archiv d. Gesellsch. für
ältere deutsche Geschichtsk. 35, 1910, S. 582— 5R5.
Metaphysik und Ethik wurden ediert Venetiis 1503, 1513, 1571, 1621. —
Der Kommentar zu den Qnodlibeta des Scotus erschien Paris 1519, die
Erläuterungen zum Ben tenzenkommentar des Scotus Paris 1520, beide
Kommentare durch den Kardinal Sarnanus Venedig 1580, eine neue Ausgabe
mit Anmerkungen von B. Manenti Venedig 1583, 1607.
Oxford war der englische Franziskaner Adam Wodham oder G od harn (God-
dam), dem Ockham sein logisches Hauptwerk, die Summa totius logicae,
widmete. Um 1340 dozierte er als magister regens Theologie in Oxford. Er
starb 1358. Sein im Kommentar zu den Sentenzen des
Druck erschienener
Lombarden Heinrich von Oyt«i eine verkürzte Bearbeitung
erfuhr durch
(siehe A. G. Little, S. 173). Von seinen ungedruckten Schriften seien die
Quacstiones variae philosophicae et theologicae und die Determi-
nationes XI genannt (A. G. Little, S. 173). AVie der Meister, bestritt auch
der Schüler jeden Unterschied zwischen den göttlichen Attributen einerseits und
der Wesenheit anderseits (In sent. I, d. 6, q. 1) und stellte ebenso jede Differenz
zwischen Seele und Seelen kräften in Abrede (In sent. I, d. 17, q. 5).
Ein überzeugter Parteigänger Ockhams, der seinen Lehrmeister oft wört-
lich wiederholt,war auch der englische Dominikaner Robert Holkot, geb. in
Northampton, Lehrer der Theologie in Cambridge, gest. 1349. Außer ex^etischen
Schriften, unter denen die Praelectiones in librum Sapientiae am be-
kanntesten sind, schrieb er einen Kommentar zu den Sentenzen des Lom-
barden, ferner De imputabilitate peccati, Determinationes quaesti-
onnm, von denen aber nicht feststeht, ob sie in der vorliegenden Fassung
von ihm herstammen. De origine, definitione et remedio peccatorura,
Moralizationes historiaram und Philobiblion seu de aniore librorum
614 § 46. Robert Holkot. Gregor von Rimini.
miani einen Vertreter gefunden hatte (siehe oben S. 248 f.). Auf dem Gebiete
der Ethik vertrat Holkot noch ungeschminkter als Ockham den absoluten
Voluntarismus.
S. 590, n. 4). Ein noch grelleres Licht auf den mächtigen Einfluß Ockhams.
seiner Lehren und insbesondere meiner kritischen Tendenzen in Paris werfen die
1346 und 1347 verurteilten Sätze, die Nicolaus von Autrecourt und Jo-
hannes von Mirecourt zu Urhebern haben.
§ 46. Johannes von Mirecourt. Xicolaus von Autrecourt. 615
wurden 1347 von den Pariser IMagistri der Theologie 40 Thesen verurteilt, die
Johannes in seinem noch ungedruckten Kommentar zu den Sentenzen des Lom-
barden vorgetragen hatte. Ein Teil dieser Sätze mag von Thomas Bradwar-
dine abhängig sein, insofern sie aus dessen Lehre von der göttlichen Kausalität
und aus seinem theologischen Detcrminimus die Konsequenzen
letzten ethischen
ziehen. Hierher gehören die Sätze: Quod Dens facit quod
quod aliquis peccat et
sit peccator, et quod vult voluntate beneplaciti quod iste sit peccator (Denifle,
S. 610, n. 10). Quo'l peccatum magis est bonum quam malum (Denifle, S. 611,
n. 15). Quod si aliquis habens usum liberi arbitrii, incidens in tantam tempta-
cionem cui non possit resistere, moveatur ad illecebram cum aliena uxore, non
committit adulterium, et sie de aliis peccatis (Denifle, S. 611, n. 18). Et
quod Dens est causa peccati ut peccatum est, seu mali culpe \it malum culpe, et
auctor peccati ut peccatum est (Denifle, S. 612, n. 34). Ein anderer Teil da-
gegen verrät ockhamschen Geist. Der ethische Voluntarismus Ockhams und
seine Identifizierung der seelischen Tätigkeiten mit der Seele kommt zum Aus-
druck in den Sätzen Quod odium proximi non est demeritorium nisi quia probi-
:
Dens se solo potest facere, quod anima odiret proximum et Deum non demeritorie
(Denifle, S. 612, n. 31).
bus, dann Baccalarers und Lizentiat der Theologie und las über die Sentenzen
des Lombarden und auch über die Politik des Aristoteles (ed. Lappe, S. 40*,
26 ff.). Am 21. November 1340 wurde er durch ein Schreiben des Papstes Bene-
dict XII. an den Bischof von Paris an die Kurie nach Avignon vorgeladen, um
sich wegen seiner Lehren zu verantworten. Der Prozeß kam erst an Weihnachten
1346 zur Entscheidung durch Verurteilung einer Reihe von Sätzen des Nico-
laus, die er am 25. November 1347 in Paris vor versammelter Universität öffent-
lich widerrief, wobei er sie nebst einem Werk von ihm durch Verbrennung ver-
nichtete. Er selbst wurde des Lehramts in artibus für verlustig und für das
Magisterium theologiae als unfähig erklärt. Nach einer Kollation Clemens VI.
aus dem Jahre 1343, deren Text von Höfler, Aus Avignon, Abhandl. d. K.
böhmischen Ges. der Wiss. 1868, Prag 1869, 6. Folge, Bd. II, S. 20 veröffentlicht
wurde, wäre Nicolaus von der römischen Kurie aus Avignon zu Ludwig dem
Bayer geflohen und von ihm, wie Ockham und seine Genossen, freundlich auf-
genommen worden. Allein schon Denifle (Chart, etc. II, 1, S. 720) hat die Echtheit
dieser Nachricht in Zweifel gezogen, den aber Lappe nicht hinreichend begründet
fand. Neuesten« hat indessen J, Hof er die Fluchtgeschichte Avohl endgültig in
das Reich der Fabeln verwiesen. Die letzte Nachricht über Nicolaus ist seine
am 6. August 1350 Ernennung zum Domdekan in Metz. Über seine
erfolgte
Verurteilung hat später Peter von Ailly bemerkt: quod multa fuerunt condem-
nata contra eum causa invidiae, quae tarnen postea in scholis publice sunt con-
fessa (siehe Prantl, Gesch. d. Logik IV, S. 112, Anm. 470).
616 § 46. Nicolaus von Autrecourt.
non possunt simiil esse vcra [siehe Arist. Metaph. IV, 6, 1011 b 16]). All unsere
Gewißheit läßt sich auf dieses erste Prinzip zurückführen, es selbst aber kann
nicht mehr auf ein anderes zurückgeführt werden (Ib., S. 7*, 20 ff.: in nostnim
principium dictum omnis nostra certitudo resolvitur et ipsum non resolvitur in
aliud sicut conclusio in principium). Infolgedessen müssen wir alles mit der
gleichen Gewißheit wissen (Ib., S. 8*, 1 —
14), und außer der Glaubensgewißheit
gibt es keine andere Gewißheit als die des ersten Prinzips und der Sätze, die sich
auf dasselbe zurückführen lassen (Ib., S. B*, 16: excepta certitudine fidei nuUa
est alia certitudo nisi certitudo primi principii vel que in primum principium
potest resolvi). Die Zurückführung auf das erste Prinzip is-t aber nur möglich
für den Fall der totalen oder partiellen Identität von Antezedenz und Konsequenz
(Ib., S. 8*, 29ff. In omni consequentia immediate reducta in primum principium
:
consequens et ipsum totum antecedens vel pars ipsius antecedentis sunt idera
realiter).
Mit diesen Voraussetzungen tritt nun Nicolaus an die Prüfung der Kau-
sal- und Substanzerkenntnis heran. Kant formulierte das Kausalproblem:
„Wie soll ich es verstehen, daß weil etwas ist, etwas anderes sei?" (Versuch, den Be-
griff der negativen Größen in die Weltweisheit einzufühlen. Kants ges. Schriften,
Ausgabe d. Berliner Akad.,
Bd. II, Berlin 1905, S. 202, 20). (Jenau in der
gleichen Weise hat auch
schon der Spätscholastiker das Problem empfunden.
Nicolaus ist der Ansicht, daß aus der Erkenntnis der Existenz eines Dinges die
Existenz eines anderen Dinges nach dem AViderspruchssatz mit Evidenz sich nicht
erschließen läßt (Ib., S. 9*, 20: Ex eo quod aliqua res est cognita esse,,
non potest evidenter evidentia reducta in primum principium vel
in certitudinem primi principii inferri, quod alia res sit. Siehe auch
S. 31*, 13 ff.). Aus der Annäherung des Feuers an AVerg und aus dem Fehlen
eines Hindernisses läßt sich nicht mit Evidenz auf Grund des W^iderspruchs-
gesetzes der Schluß ziehen, daß das Werg verbrannt werden wird (Ib., S. 32*,
16 ff.: hec consequentia non est evidens evidentia deducta ex primo principio:
Ignis est approximatus stupe et nullum est impedimentum : ergo stupa comburet'ur),
Nicolaus bestritt demnach den analytischen Charakter der Kausalität
und des Kausalgesetzes. Damit verband er aber die Leugnung der ratio-
nalen Natur beider. Wie später Hume, lehrte er, daß wir nur die Aufeinander-
folge der Erscheinungen, die zeitliche Folge des Seins nach dem Nichtsein er-
kennen, und daß die Gleichförmigkeit in der Aufeinanderfolge lediglich wahr-
ff.: si poneret generationem, non poneret subiectum,.
scheinlich sei (Ib., S. 40*, 16
sed solura ordinem ipsius cause post non esse, puta hoc ens est et prius non fuit^
Ib., S. 13*, 10 ff: quando ponebam manum ad ignem, eram calidus, ideo proba-
bile est michi, quod si nunc ponerem, quod essem calidus). So steht Nicolaus-
bezüglich der Kausalerkenntnis, wie Hume, auf dem Standpunkt des krassen
Empirismus. Kausalität löst sich ihm in eine rein tatsächliche oder empirische
Sukzession auf.
Ein gleiches Resultat ei^bt die Prüfung der Substanzerkenntnis. Kein
Philosoph, sei es Aristoteles oder irgend ein anderer, hat eine evidente Er-
kenntnis einer von der Seel6 verschiedenen Substanz besessen, wenn man unter
Substanz eine Realität versteht, welche von den Sinnenobjekten und den Inhalten
unserer Erfahrung verschieden ist. Die Erkenntnis einer derartigen Realität ist
unmöglich. Sie läßt sich nicht intuitiv erkennen, in welchem Fall auch die Un-
gebildeten ein Wissen von solchen Realitäten haben müßten. Sie läßt sich aber
auch nicht diskursiv, auf von dem Sein der Wahr-
dem Wege des Schlusses
nehmungen aus erkennen, da von der Existenz eines Dinges auf die Existenz.
618 § -^ß- Nicolaus von Autrecourt.
eines anderen Dinges nach dem Widerspruchsgesetz nicht mit P'videnz geschlossen
werden kann. Ein weiterer Grund, weshalb von den P^rscheinungen nicht mit
Evidenz ein Schluß auf die Substanz möglich ist, liegt in der Erwägung, es könne
durch irgend eine Macht, niimlich die göttliche Macht, geschehen, daß trotz der
Erscheinungen keine Substanz existiert (Ib., S. 12*, 20—29: nunquani Aristo-
teles habuit noticiam evidentem de aliqua substantia alia ab anima
sua, intelligcudo substantiam (juandam rem aliam ab obiectis quin-
que sensu um et a formalibus experientiis nostris. Et ideo est, quia de
tali re habuisset noticiam ante omnem discursum quod non est verum, —
cum non nee sciun-
appareant intuitive, et item rustici scirent tales res esse — ;
Pr^face Vf.) schreibt: „Cette M&anique, les physiciens qui enseignaient, au XlVe
si^le, ä l'universitd de Paris l'avaient con^^ue en prenant l'observation pour guide;
ils l'avaient ä la dynamique d'Aristote, convaincue d'impuissance ä.
Substitute
„sauver les .... C'est de cette tradition parisienne que Ga-
phenomfenes"
lileo et ses ^mules furent les h^ritiers." Ebendas., S. XI: „Ainsi, de Guil-
laume d'Ockam a Dominique Soto, voyons-nous les physiciens de l'ecole parisienne
poser tous les fondements de la Mecanique que developperont Galileo, ses contem-
porains et ses disciples." Die Schöpfer dieser fortschrittlichen Pariser Tradition
waren die Ockhamisten Johann Buridan, Albert von Sachsen und Nico-
laus von Oresme.
Johann Buridan, geboren gegen Ende des 13. oder Anfang des 14. Jahih.
zu B^thune in der Grafschaft Artois, war einer der angesehensten Lehrer der
Pariser Universität und einer der einQußreichsten Anhänger Ockham s. 1327
und 1348 führte er das Rektorat der Pariser L^niversität, an welcher er auch noch
1358 tätig war. Bald hernach muß er gestorben sein. Daß er aus Paris ver-
trieben worden und, wie noch Haur^au, Hist. de la phil. scol. II, 2, p. 453, an-
genommen hatte, in Wien tätig gewesen sei, wird von Denifle, Chart, üniv,
Paris II, 1, S. 646, Note 29 abgelehnt; ebenso neuestens von P. Duhem, a. a. O.,
S. 13 ff. Er hat die logischen, metaphysischen, ethischen und physikalischen,
nicht die spezifisch-theologischen Probleme erörtert. Am bekanntesten von seinen
Schriften ist seine weit ausgesponnene Logik (Summulae oder Compendium
logicae). Nicht weniger bedeutsam sind aber auch seine Kommentare zu Ari-
stoteles, zur aristotelischen Physik (In octo libros physicorum),
Metaphysik (In metaphysicen Arist. Quaest.) und Politik (Quaest. in
libros polit Arisr.). Die Kommentare zu den Parva naturaiia, die
Quaestiones in libros de anima und die Quaestiones super decem
libros ethicorum Arist., die unter seinem Namen gedruckt sind, werden ihm
von P. Duhem, a. a. O., S. 9 f., 19 abgesprochen. Indessen bedarf die Sache
noch einer gründlicheren Untersuchung.
An Buridans Namen knüpft sich, freUich, wie es scheint, mit Unrecht, die
sogenannte „Eselsbrücke", pons asinorum, die mit der Auffindung des
Mittelbegriffs, der inventio raedii, zusammenhängt. Es ist das medium gleichsam
die Brücke zwischen den termini extremi, und da nach Arist. Anal. poet. I, 34
in der raschen Auffindung des Mittelb^;riffs der Scharfsinn sich bekundet, so
nannte man die Anleitung dazu, die auch den Stumpferen zugute kommen mochte.
§ 46. Johann Buridan. 62 t
nötig, daß Gott sie bewegt, außer in der Form des allgemeinen Einflusses, durch
den er bei allem, was ist, mitwirkt" (nach P. Duhera, a. a. O., S. 52).
Die Impetus-Lehre bei Buridan und anderen Physikern seiner Zeit be-
deutet eine vollständige Abkehr von der aristotelischen Dynamik und Astronomie
und das Beschreiten des neuen, glänzenden Weges der modernen Naturforschung
in Physik und Astronomie. Nicht Kopernikus und Galilei sind als die
Anfänge anzusehen, sondern Buridan und die Physik ersehn le in Paris.
Der Ursprung der modernen Erd- und Himmelsmechanik muß bedeutend
früher angesetzt und mitten in der Spätscholastik gesucht werden. Buridans
Dynamik hat zwei Jahrhunderte lang das Denken der Pariser Nominalistenschule
bestimmt (siehe P. Duhem, a. a. O., S. 34). Durch Vermittlung Alberts
von Sachsen gewann sie Einfluß auf Leonardo da Vinci (P. Duhem, a. a. O.,
Physikern (P. Duhem, a a. O,, S. 181—259) und bei dem spanischen Domini-
kaner Dominicus Soto (1494— 1Ö60), der in Paris seine Studien gemacht hatte
(P. Duhem, a. a. 0., S. 267— 295), bis der große Galilei das Pariser Erbe über-
nahm (P. Duhem, a. a. O., S. 502-583).
Albert von Sachsen (de Saxonia), .auch Albert von Helmstedt,
Albert von Ricmestorp, Ricmenstorp, Ric merstorpe, Rickensdorf
oder Albertutius, Albertus parvus genannt, studierte und lehrte in Paris,
Avar 1353Rektor der Pariser Universität und gehörte ihr sicher bis 1362 oder
noch etwas länger an. 1305 führte er als erster das Rektorat der in diesem
Jahre gegründeten Wiener Universität, aber schon 1366 wurde er zum Bischof
von Halberstadt ernannt, als welcher er 1390 starb. Die von P. Duhem (Etudes
sur Leonard de Vinci, Ire s^rie, 1906. S. 327—331) vertretene Hypothese, Albert
von Sachsen oder von Helmstedt, der Pariser Lehrer, sei von Albert von
Ricmestorp, dem Rektor von Wien und dem Bischof von Halberstadt, zu
unterscheiden, läßt sich, wie A. Dyroff gezeigt hat, nicht aufrecht erhalten.
Auch die erst kürzlich zum Beweise für seine Ansicht von P. Duhem (Etudes
etc., 3e Serie, 1913, S. 3—0) mitgeteilte, in Handschrift Bibl. nat. 14 723, fol. 162,
stammen, sondern sind nur als ein Vermerk des Kopisten zu verstehen, der
hierzu offenbar durch den Schluß der Vorrede (Pro bene dictis autem non mihi
soli, sed magistris meis reverendis de nobili faciiltate arcium parisiensi, qui me
talia docuernnt, peto dari grates etc.) veranlaßt war. Höchst wahrscheinlich ist
gleichnamigen Schrift des Thomas Brad ward ine erkennen läßt (siehe Duhem.
Etudes etc., 3e s4rie 1913, S. 302). Einen Auszug daraus veranstaltete Isidor
Isolani. Dyroff (a. a. 0., S. 331) erwähnt noch Quaestiones de sensu et
sensato. Dem Gebiet der Mathematik gehören an: Demonstrationes de
quadra tura circuli und die Quaestio de proportione dyametri qua-
drati ad costam eiusdem, die aber nach Duhera (Etudes etc., 1 re serie, 1906,
S. 337 f., 341—344) unecht ist. —
Ethische Fragen wurden von Albert be-
handelt in noch ungedruckten Expositio decem libforum ethice
einer
Aristotelis, von der Dyroff (a. a. O., S. 340 ff.) Mitteilung machte, und der
die antiqua traductio des Robert Grosseteste (siehe oben S. 407) zugrunde
liegt. Auch zur Ökonomik und Politik, über die Albert 1356 Vorlesungen hielt,
wollte er Erklärungen schreiben (Dyroff, a. a. O., S. 342, Anm.).
Albertus de Saxonia erseheint als eines der bedeutendsten Mitglieder
Während er in der Logik Ockhara folgte, steht
der Pariser Ockhamistenschule.
er auf dem Gebiete der Physik in der Reihe jener Männer, welche auf die
Folgezeit bis zu Galilei herab einen beträchtlichen Einfluß ausübten und zu den
„Vorläufern" modernen Naturwissenschaft gezählt werden müssen. Von
der
seinem Lehrer Buridan übernahm er die Theorie des Impetus, die er gegen
Averroes, Thomas von Aquin imd Aegidius von Rom verteidigte und weiter
ausbaute (Duhem Etudes etc., Ire serie, 1906, S. 6; 2e s^rie, 1909, S. 194). Wie Bu -
,
ridan, wandte er sie auch auf die kos mischen Bewegungen an, so daß
für ihn die Intelligenzen des Aristoteles und der Araber überflüssig erschienen.
„Es ist nicht nötig, ebensoviele Intelligenzen anzunehmen als es IJimmeskreise
gibt. Man kann behaupten, daß die erste Ursache die Himmclskrcise geschaffen
und einem jeden eine gewisse bewegende Qualität (une certaine qualite niotrice)
eingeprägt hat, die diesen Kreis in einer bestimmten Weise bewegt. Und diese
Kraft (vertu) wird nicht zerstört, weil dieser Kreis nichts hat, der ihn zu einer
entgegengesetzten Bewegung nötigt" (nach Duhem,
2e serie 1909, P^tudes etc.,
S. 199). Weiterhin sind für die Entwicklung der modernen Mechanik von Be-
deutung gewesen Alberts Hypothesen über das Zentrum der Schw ere, das
er sich im Mittelpunkt der Welt dachte (Duhem, Etudes etc., Ire serie, 1906,
S. 10; 3e serie, 1913, S. 23 ff.), und seine Untersuchungen über die Fallgesetze,
wobei er zwar die Geschwindigkeit noch proportional dem durchlaufenen Raum
setzt, aber an die Galileische Voraussetzung von der Proportionalität der (Je-
schwindigkeit mit der Zeit sehr nahe herankommt (Duhem, Etudes etc., 3e s^rie,
1913, S. 312). Bemerkenswert ist Alberts Mitteilung, einer seiner Lehrer scheine
624 § -IG- Thcmo. Nicolaus von Oresme.
dafür gehalten zu haben, die Annahme, daß die Erde sich bewege und der Him-
mel ruhe, lasse sich nicht als unhaltbar erweisen; er selbst freilich glaubt, wenn
auch andere Argumente nach dem richtigen Nachweise seines Lehrers ohne Kraft
seien, so könnten doch die Stellungen der Planeten und die Sonnen- und .Mond-
finsternisse nicht aus jener Annahme erklärt werden. (Quaestiones in libros de
coelo et mundo, Hb. II, q. 25, Venetiis 1492, II. fol. nach fol. G. 3, col. a. ; nach
P. Duhem, Archiv. Francisc. Hist. 1913, S. 24: Circa tarnen istam quaestionem
vel conclusionem est advertendum, quod unus e magistris meis videtur velle, quod
non sit demonstrabile quin possit salvari« terram moveri et coelum quiescere. Sed
apparet mihi, sua reverentia salva, quod imo, et hoc per talcm rationem : Nam
nullo modo per rootum terrae et quietera cocli possemus salvare oppositioncs et
coniunctiones planetarum nee eclipses solis et lnne. Verum est, quod istam
rationem non ponit nee solvit, licet plures alias persuasiones, quibus persuaderetur
terram quiescere et coelum moveri, ponat et solvat). Die gleiche Ansicht wurde
übrigens schon in den ersten Dezennien des 14. Jahrhunderts in Paris vorgetragen
{siehe oben S. 571, 585).
Ein Kollege Alberts von Sachsen an der Pariser Universität war der
Physiker Themo (Thimo), der Sohn des Juden, aus Münster i. W., Magister
—
in artibus, dessen Tätigkeit in Paris von 1349 1360 nachweisbar ist. Es wird
ihm Kommentar zu den Meteora des Aristoteles zugeschrieben, der
ein
nach Augustinus Niphus und P. Duhem (Etudes etc., Ire sörie, 1906, S. 845)
ein Werk Alberts von Sachsen sein soll, während Themo lediglich Redaktor
gewesen sei. Darauf scheint der Tit«l in zwei Editionen hinzuweisen: Incipiunt
quaestiones super quatuor libros meteororum compilatae per doctissimum philo-
sophiae professorem Thimonem. Kommentar formell und
Tatsächlich zeigt der
inhaltlich viele Beriihrungen mit den Schriften Alberts von Sachsen. Be-
merkenswert daraus ist die Theorie des ßegenbogens. Wie schon am An-
fang des 14. Jahrhunderts Dietrich von Freiberg, gibt auch der Verfasser
des Kommentars eine richtige Erklärung von dem Phänomen der Iris (P. Duhem,
a. a. O., S. 171 f.).
Nicolaus von Oresme in der Diözese Bayeux studierte seit 1348 Theo-
logie in Paris. 1356 war er Magister des Kollegs von Navarra. Als Magister der
Theologie erhielt er 1362 ein Kanonikat in Bouen, 1363 ein solches in Paris, 1364
wurde er Dekan der Kirche von Ronen und 1377 Bischof von Lisieux, als welcher
er am 11. Juli 1382 starb. Seine wissenschaftliche Betätigung, die teils in latei-
nischer teils in französischer Sprache erfolgte, galt einerseits den politischen,
ethischen und wirtschaftlichen, anderseits den physikalisch-astronomischen Pro-
blemen. Im Auftrag des französischen Königs Karls V. übersetzte er 1371 die
Politik, Ökonomik und Ethik des Aristoteles ins Französische, kommen-
tierte die beiden ersten Schriftenund verfaßte einen noch ungedruckten Livre
de politique und einen Livre appell^ ^conomique. Besondere Berühmt-
heit erlangte sein lateinisch und französisch geschriebener Traktat: De muta-
tione monetarum oder De l'origine,' nature et mutation des monnaies.
Gegen die Astrologie wandte er sich in dem Trait^ contre l'astrologie und
in dem Trait^ de divinations (De divinatibus). Von größter Bedeutung
für die Fortschritte der Physik und Astronomie in der Pariser Schule sind des
Nicolaus naturwissenschaftliche Arbeiten: die französisch abgefaßten Werke
Traite de la Sphäre und Commentaire aux livres du cieletduroonde.
Das letztere, noch ungedruckte Werk wurde auf Anregung des Königs Karls V.
1377 ins Französische übersetzt und kommentiert, nachdem vorher der Traite de
la Sphfere entstanden war. Verloren gegangen ist ein Kommentar zur ari-
§ 46. Nicolaus von Oresme. 625
Wie die genannten Forscher, übertrug er sie auch auf die Gestirnbewegungen
und setzte der Intelligenzenlehre des Aristoteles die Mechanik des Himmel«
•entgegen (P. Duhem, a. a. O., S. 354).
Nicht minder machte er Opposition gegen die alte aristotelische Auffassung
von der Ruhe der Erde und der täglichen Bewegung des Himmels. Zwar war
Nicolaus von Oresme nicht der erste, welcher diese Lehre angriff und koper-
nikanische Ideen antizipierte. Schon am Anfang des 14. Jahrhunderts wurde das
OegenteU in Paris verteidigt (siehe oben S. 571, 585), und etwas später hatte eiii
Lehrer Albert s von Sachsen die gleiche Hypothese vertreten (siehe oben S. 623 f.>.
Allein Nicolaus trug in seinem Kommentar zu De coelo et mundo in 4 Ka-
piteln die Lehre von der täglichen Bewegung der Erde und von der
Ruhe des Himmels und die Gründe, die dafür sprechen, mit einer Klarheit,
Präzision und Sicherheit vor, die von Kopernikus selbst nicht erreicht wurde
(siehe P. Duhem, a. a. O., S. 350; derselbe, Archiv. Franc. Hist. 1913, S. 23).
Interessant sind die Titel der vier Kapitel (nach P. Duhem, Arch. Franc. Hist.
1913, S. 23: 1. Que
ne pourroit prouver par quelconque expßrience, quo le
l'on
Ciel soit meu de mouvement Journal et la Terre non. II. Que ce ne pourroit
estre prouvö par raison. III. Plusieurs belles persuasions a montrer, que la Terre
est meue de mouvement Journal et le Ciel non. IV. Comment telles consideracions
fiont profitables pour la deffense de notre Foy. Bezüglich der schon dan)als aus
der hl. Schrift ins Feld geführten Beweise für die Bewegung des Himmels und
-die Ruhe der Erde bemerkt Nicolaus, man müsse sagen, daß sich die hl. Schrift
in diesem Punkte an die allgemein gebräuchliche Sprachweise anschließe.
Nicolaus von Oresme hat aber nicht bloß dem Kopernikanismus vorge-
arbeitet; er ist auch der Vorläufer von Descartes und Galilei. Wie die
Untersuchungen von Duhem (a. a. O., S. 375—388) dartun, hat Nicolaus
schon zwei und ein halbes Jahrhundert vor Descartes in seiner Schrift De
-difformitate qualitatum die Koordinatengeometrie erdacht und nutzbar ge-
macht, so daß er als der Erfinder der analytischen Geometrie bezeichnet
werden muß. In dem gleichen Traktat hat er aber noch eine zweite Entdeckung
—
gemacht (siehe Duhem, a. a. O., S. 388 398), nämlich das Fallgesetz auf-
gestellt, welches allgemein Galilei zugeschrieben wird, daß nämlich der von
einem fallenden Körper in gleichförmig veränderter Bewegung durchlaufene
Raum gleich ist dem Raum, der in gleichförmiger Bewegung in derselben Dauer,
aber mit mittlerer Geschwindigkeit durchlaufen wird (siehe P. Duhem, a. a. O.,
S. 396).
Ueberwe^, Grundriß ü. 40
626 § 46. MarsiliuB von Inghen. Heinrich von Hainbuch.
Arbeiten, unter denen das Weltbild (Imago mundi; 1410 vollendet) die be-
kannteste ist. Bei den genannten uatum-ifvsenschaftlichen Schriften wird häafig
lloger IJacon benützt, ohne ihn zn nennen. Die Imago mnndi hat auf die
geographischen Anschauungen des Christoph Columbus Einfluß gehabt, wie
der Kommentar zu den aristotelischen Meteora auf Amerigo Vespucci
(siehe P. Tsch ackert, S. 329, 385). Die Reihe der kirchenpolitischen Schriften,
die bei Tsch ackert (8. 352—357) aufgezahlt sind, ist zu ergänzen durch die
Abbreviation der Dialoge Ockhams (Bibl. n&L Paris n. 14579). In vorgerück-
tereni Alter, wohl von Gerson angeregt, flüchtete sich Ailly zeitweise in das
Gebiet der Mystik, so in den Schriften: Specnlum considerationis und
Corapendium contcmplationis. Die mystischen und aszetischen Werke sind
gesammelt in den Tractatus et Sermones.
In Logik, und Ethik geht Ailly die W^e
Erkenntnistheorie, Theologie
Ockhams. In seinem Kommentar zu den Sentenzen (In scnt. I, q. 1, a. 1. F)
begründet er, wie später Descartes und Berkeley, bei der Erörterung der
Präliminarfragen über die Möglichkeit der Erkenntnis den Satz (des Ockham),
die Selbsterkenntnis sei sicherer als die Wahrnehmung von
äußeren Objekten. Ich kann mich nicht darüber täuschen, daß ich
bin, die Annahme der Existenz äußerer Objekte aber könnte ein
Irrtum sein, denn die Empfindungen, auf Grund deren ich diese
Annahme mache, könnten durch Gottes All macht ebenso in mir
auch ohne äußere Objekte sein; Gott könnte sie mir lassen, auch
wenn er die Objekte vernichtete (Simpliciter et absolute nuUum extrin-
secura a nobis sensibile evidenter cognoscitur esse .... Deus destructo quolibrt
sensibili extrinseco posset conservare in anima sensationem). Doch baut Peter
d'Ailly auf die Voraussetzung des gewöhnlichen Naturlaufs und des unver-
änderten göttlichen Einflusses genügende Überzeugung von der
die subjektiv
Wirklichkeit der wahlgenommenen Dinge (quamvis
talia apparenüa possint esse
ipsis obiectis non existcntibus per potentiam Dei ahsolutam, tamen propter hoc
non habemus rationabiliter dubitare: nam ex hoc multa inconvenientia et absurda
sequerentur). Auch erkennt er die wissenschaftliche Gewißheit an, die
durch das Schließen gewonnen werde, welches den Satz des Widerspruchs
zur Voraussetzung habe. Wer diese Gewißheit aufheben wolle, den widerlege der
Bestand der Mathematik. Von den gangbaren Beweisen für das Dasein
Gottes urleilt Ailly, wie Ockham, daß sie nicht stringent seien, jedoch eine
Wahrscheinlichkeit begründen (ib., q. 3, a. 2 X: Licet ista propositio „deus est"
non sit nobls evidens aut evidenter demonstrabilis, ipsa tamen est natnraliter pro-
babilis). Mit Ockham teilt Ailly auch daß der göttliche Wille
die Ansicht,
jede Bestimmbarkeit durch die und daß jede Ordnung, die der
ratio ausschließe,
Natur, wie die sittliche und die Gnadenordnung, lediglich im grundlosen Willen
Gottes ihre Wurzel habe. Gut
etwas nur, weil es Gfott will, aber nicht um-
ist
Peter d'Aillyß in Paris. 1392 erhielt er das Doktorat der Theol<^e und 1395
das Kanzleramt als Nachfolger Aillys. Von 1397 an lebte er in Brügge, kehrte
aber 1401 wieder nach Paris zurück. Auf dem Konzil zu Konstanz (1414 1418) —
entfaltete er, wie sein Lehrer Ailly, eine ausgedehnte und machtvolle Tätigkeit.
Nach Beendigung des Konzils und nach einem kurzen Aufenthalt in Battenberg
am Inn zog er sich nach Lyon zurück, wo er 1429 starb. Von seinen zalilreichen
Schriften beschäftigen sich mit logisch-erkenntnistheoretischen und metaphysi-
schen Fragen: Centilogium de conceptibus, Centilogium de causa
finali, De modis significand i, De concordia metai)hysicae cum
logica, die sämthch in Lyon abgefaßt wa"den, die zuletzt genannte 1426. Sie
stehen in der Ausgabe von Du Pin in t. IV, S. 793 — 830. Die Einleitung zu
den mystischen Schriften bilden die 1402 entstandenen Lectiones duae
contra vanam curiositatem (Du Pin I, 86—106). Noch 1402 otler 1403
schrieb Gerson den Traktat: Consider ation es de theologia mystica
speculativa, 1407 in Genua De theologia mystica practica. Die
übrigen mystischen Schriften stammen aus der Lyoner Zeit, so De perfectione
cordis (1423), De elucidatione scholastica theologiae mysticae (1424).
Die Schriften über Mystik stehen bei Du Pin t. III. Als Gerson nach Schluß
des Konstanzer Konzils infolge des Einflusses des Herzogs von Burgund nicht
nach Frankreich zurückkehren konnte, suchte er in seinem Mißgeschick Trost
bei der Theologie, wieehedem Boethius bei der Philosophie. So entstand die
Consolatio theologiae in vier Büchern, eine formelle Nachahmung der
boethianischen Consolatio philosophiae (bei Du Pin t. I, S. 125—184).
Wie Peter von Ailly und Heinrich von Hainbuch, konnte auch eine so
tief empfindende und hoch angesehene Persönlichkeit wie Gerson angesichts
der kirchlichen Notlage sich nicht in Schweigen hüllen. Der Beseitigung des
Schismas galten eine Reihe von Schriften (bei Du Pin t. II), so De unitate
ecclesiae (1409), De auferibilitate papae (1409), De potestate eccle-
siastica (1417), in denen er die Theorie von der Superiorität der Konzilien
dem Papste vertrat.
gegenüber
Wie Peter von Ailly, bekannte sich auch Gerson zur Philosophie
Ockhams. Allein er steht dem Ockhamismus weit freier und unabhängiger
tr^enüber als Lehrer.
sein Seinem versöhnlichen Temperament entsprechend
suchte er zwischen den streitenden Parteien der formalistae oder formalizantes
(Scotisten) und der terministae (De concept., ed. Du Pin IV, S. 808) eine ver-
mittelnde Stellung einzunehmen (De concord. metaphys. ciun log., ed. Du Pin
IV, 822 Quae consideratio clavis est ad concordiam formalizantium cum termi-
:
nistis, si perspicaciter nee proterve videatur), indem er auch dem Realismus ein
gewisses Recht zu wahren und die Konkordanz von Metaphysik und Logik auf-
recht zu erhalten suchte. Bei der Kompromißstellung, die Gerson in der Uni-
versalienlehre einnimmt, ist es nicht verwunderlich, wenn er von den einen
(Schwab, ErdraannJ zu den Nominalisten, von den anderen (Kleutgen,
Stöckl) zu den Realisten in thomistischem Sinne gezählt wird.
Obgleich aber Gerson den philosO|^hischen Problemen der Zeit keines-
vega teilnahmslos gegenübersteht, so konnte er sich doch für die Philosophie
und ihre Anwendung auf die Theologie nicht recht erwärmen. Über der
Philosophie und der scholastischen Theologie steht ihm die
mystische Theologie, die er definiert als die klare und deutliche Einsicht
in alles das, was aus dem Evangelium geglaubt wird, undmehr durfh Buße
die
als durch bloße menschliche Forschung erworben wird (Lect. contra vanam curio-
sitatem, ed. Du Pin I, S. 106: Intelligentia clara et snpida eorum quae creduntiir
630 § 46. Der Gegensatz der moderni und antiqui. Gabriel Biel.
Auch Zeit nach Peter von Ailly und Gerson Wieb die Pariser
die
Universität ein Zentrum der Vertreter der via raoderna, d. h. des Ockhamismus
und Nominalisraus. Am 1. ]März 1473 erschien allerdings ein Dekret des Königs
Ludwigs XI., durch das die Lehren Ockhams und die Werke seiner nomina-
listischen Anhänger verboten und alle Lehrer auf den Realismus eidlich ver-
pflichtet wurden (Bulaeus, Hist. uuiv. Paris. V, S. 708; siehe auch Prantl,
Gesch. d. Log. IV, S. 186, Anm. &2 und H. Hermeliuk, Die theolog. Fakultät
in Tübingen, Tübingen 1900, S. 138). Allein bereits 1481 wurde die nomina-
listische Doktrin in Paris wieder freigegeben (Bulaeus, a. a. O., S. 739). Siehe
dazu die interessante Verteidigungsschrift der Nom inalisten partei in: St. Ba-
luzii, Miscellanea 11, ed. J. D. Mansi. 1761, S. 293; bei Prantl, IV, S. 187,
Anm. 63 und bei Hermelink, S. 139. Die gleichen gegensätzlichen
Richtungen der moderni und antiqui, der Nominales und Reales,
die sich in Paris gegenüberstanden, hatten sich seit der zweiten
Hälfte des 14. und im 15. Jahrhundert auch auf die neugegründeten
deutschen Universitäten verpflanzt. Mit Ausnahme von Wien und
Erfurt, die ein ausschließlicher Besitz des Ockhamismus und der moderni waren,
und von Prag, Köln, Leipzig und Greifswald, wo die via antiqua stets die herr-
schende Richtung bildete, wirkten an den übrigen deutschen Universitäten Ver-
treter der beiden viae nebeneinander, wenn auch vielfach von den Reales oder
den antiqui der Zutritt zur Universität und die Gleichberechtigung erst erkämpft
werden mußte Prantl IV, S. 185-194; K. Werner, Der Endausgang d.
(siehe
mittelalterl. Wien 1887 [Die Scholastik d. späteren Mittelalt. IV, IJ,
Scholastik,
S. 118 ff., 296—305; Herme link, S. S7 ff., 133 ff.). Mit Unrecht sucht Prantl
(a. a. ()., S. 193 f.) den Gegensatz herabzumindern und primär als einen solchen
Einer der bekanntesten Vertreter der via moderna in Deutschland war Ga-
briel Biel. Geboren zu Speyer, studierte er in Heidelberg und Erfurt und hatte
1460 das Amt eines Dompredigers in Mainz inne. Vor 1468 trat er in den Orden
der Brüder des gemeinsamen Lebens (Hermelink, S. 205). 1477 kam er nach
Urach an das neu entstandene Chorherrnstift der Brüder vom gemeinsamen
Leben, 1482 wurde er Propst in Urach, von wo er 1484 von Graf Eberhard
im Bart an die theologische Fakultät der 1477 gegründeten Universität Tübingen
berufen wurde. 1492 wurde Biel Propst auf dem Einsiedel im Schönbucher
Wald in der Nähe von Tübingen, wo er 1495 starb.
§ 46. Gabriel Biel. Johannes Capreolus. 631
Aus der Mainzer Zeit stammen Sammlungen von Sermones und das De-
fensorium obedientiae apostolicae. In Tübingen entstanden die verschie-
denen Erlilärungen des Meßkanons und Biels Hauptwerk: Epithoraa
pariter et collectorium circa quatuor sententiarum libros, das aber
nicht vollendet wurde. Eine Ergänzung unter dem Titel: Supplementum
Gabrielis Biel, die letzten 28 Distinktionen des
Buches des Lombarden 4.
iHiehe Prantl IV, S. 220), Johannes Versor, gest. 1485, der vom thomistischen
Standpunkt aus alle Hauptschriften des Aristoteles erklärte (siehe Prantl IV,
S. 220 f. K. Werner, Die Scholastik d. späteren Mittelalt. IV, 1 f., Wien 1887,
S. Xß. H. Hurter, Nomencl. lit. II, 3. ed., 1906, S. 990), Gerhard Teerstege
oder Gerhard de Monte, gest. 1480, der die thomistische Schrift De ente et
essen tia kommentierte und zwischen Thomisten und Albertisten zu vermitteln
suchte (siehe Prantl IV, S. 223 f.), ferner der Schüler des letzteren Lambert
de Monte, Thomist der Kölner Schule, der außer
gest. 1499, der einflußreichste
den logischen auch die physischen und psychologischen Schriften des Aristoteles
in thoraistischem Geiste erläuterte (siehe Prantl IV, S. 224. K. Werner,
a. a. O., S. 303). Unter den Albertisten sind zu erwähnen Heimerich de Campo
oderCampen, gest. 14ß0, Gerhard Harderwyk, gest. 1503, und sein Schüler
Arnold von Lugde oder de Tungris, gest. 1540 (siehe Prantl IV. S, 228.
umspannen, und die in der neuesten Ausgabe seiner Schriften t. I, S, 187 ff. auf-
gezüMt sind, sollen hier nur Erwähnung finden die Kommentare zu den
Sentenzen des Lombarden, zur Consolatio des Boethius und zu sämt-
lichen Schriften des Pseudo-Dionysius. K. Werner (IV, 1,S. 261) nennt
den Sentenzenkommentar ,,neben dem Werk des Capreolus die bedeutendete
theologische Leistung aus der Mitte des 15. Jahrhunderts und eine A\esentliche
Ergänzung des Werkes des Capreolus". Mehr noch und umfassender als der
letztere griff Dionysius auf die Theologen iind Philosophen des 13. Jahrhunderts
zurück, ließ ihre Lehren Revue passieren und bot so im Gegensatz zur via mo-
derna seiner Zeit —
erinnert sei an den Sentenzenkomraentar Biels —
eine ge-
Avaltige Synthese der theologischen und philosophischen Arbeit der via antiqua,
des großen 13. Jahrhunderts.
Eine intensive Weiterführmg fanden die thomistischen Studien am Anfang
des 16. Jahrhunderts durch die großen Kommentare zu den Hauptwerken des
Aquinaten. Thomas del Vio (Cajetan) schrieb 1505—1522 seinen berühmten
Kommentar zur Summa theologica (siehe K. Werner, Der Endausgang d.
mittelalt. Scholastik, Wien 1887 [Die Scholastik d. späteren Mittelalt. IV, 1], S. 305,
Anm. 5 und oben S. 480). Gleichzeitig —
1516 war die Arbeit abgeschlossen —
kommentierte Franciscus Silvestris aus Ferrara die Summa contra gen-
tiles (K. Werner, a. a. O.. S. 306 und oben S. 480).
Gleich den Thomisten traten auch die vornehmlich dem Franziskanerorden
angehörenden Scotisten gegen die moderni und zugunsten der via antiqua in die
Schranken. Als Vertreter des Scotisraus seit der Mitte des 15. Jahrh. sind zu er-
wähnen der Minorit Wilhelm Vorillon, gest. 1464, der einen Sentenzen-
kommentar doctrinam S. Bonaventurae et Scoti schrieb (gedruckt Lyon
iuxta
1484, Paris 1503, Venedig 1519) und um die Herausarbeitung der echten scoti-
stischen Lehre sich bemühte (siehe K. Werner IV, 1, S. 304 f.), Nicolaus de
Orbellis oder Dorbellus, gest. 1455, der zum Lombarden, zur aristotelischen
Physik und zu Petrus Hispanus Kommentare verfaßte (siehe PrantllV,
S. 175 f.), Nico laus Bonetus in Venedig, der Autor eines Kommentars zu den
Kategorien, Petrus Thomas, der De conceptu entis und Formalitales schrieb,
Johannes Anglicus, der die Qiiaestiones de universalibus des Scotus kom-
mentierte, Antonius Sirectus, der zwischen 1470 und 1475 über die Formali-
tates handelte, Stephan Brulefer, Lehrer in Paris und Mainz, von dem Epito-
mata in formalitates iuxta doctrinam Scoti stammen (siehe H. Hefmclink, Die
theolog. Fakultät in Tübingen, S. 137 f.), dessen Schüler Scriptoris in Tübingen,
der das erste Buch der Sentenzen des Scotus erklärte (siehe H. Hermelink,
S. 137), Nicolaus Tinctor von Gunzenhausen, der in Paris und Ingolstadt do-
zierte und einen in Tübingen benutzten Kommentar zu Petrus Hispanus ver-
faßte (siehe H. Hermelink, a. a. O., S. 13G), Thomas Bricot, der einen.
Textus abbreviatus logices und Quaestiones zu den zweiten Analytiken verfaßte,.
Georg von Brüssel, der den Textus abbreviatus des Bricot erläuterte und
den Petrus Hispanus kommentierte (siehe über die einzelnen Autoren Pranti
—
IV, S. 194 203), Samuel de Cassinis, der einen Liber isagogicus ad doctri-
nam logicalia, einen Liber isagogicus ad physicos apices
Scoti et ad aristotelica
assequendos und eine Expositio triplex in VIII libros Physicorum schrieb isiehe
Pranti IV, S. 209 f. K. Werner IV, 1, S. 305, Anm. 4).
II. La logique). Eine kurze Übersicht über die Schriftstellerei der Oxforder
Lehrer seit der Mitte des 14. Jahrhunderts mag das Gesagte bestätigen.
Clymeton (C'limeton) Langley, um 1350, schrieb Sophismata, die
in der Pariser Nationalbibliothek (fonds latin n. 16 134, fol. 56) erhalten sind.
Weiterhin werden ihm zugeteilt Replicationes scholasticae und eine Ab-
handlung De orbibus astrologicis. Siehe P. Duhem, Etudes etc., 3e serie,
Paris 1913, S. 408—410.
§ 46. Johann von Durabieton. Johann Chilraark. Swineshead. 635
a. O., S. 452—460) gibt nach Cod. Paris. Bibl. nat. n. 16 621, fol. 35 v eine Ana-
lyse des naturwissenschaftlichen und naturphilosophischen Traktats De primo
motore, der oder differentiae eingeteilt ist, und bespricht die Be-
in 8 Teile
wegungslehre, speziell die gleichförmig ungleichförmige Bewegung, die in einer
von Nicolaus von Oresme abweichenden Weise erklärt wird. Mit dem
gleichen Problem des motus uniformiter difformis beschäftigt sich auch das erste
der drei Dubia Parisiensia (Cod. Paris. Bibl. nat. n. 16 621). Duhem (a. a.
en forment le fond constant; elles ont ravi d'admiration les ergoteurs pour qui la
Philosophie n'avait plus d'autre objet que de foumir matiere ä dispute
. le . . . .
636 § 46. Wilh. Heytesbury. Rad. Strodus. Rieh. FeribrigiiB. Raym. v. Sabunde.
Liber calculationnm est l'oeuvre d'iine science senile et qui commence ä ra-
doter.''
Pariser Einfluß verrät auch eine aus der Oxforder Schule stammende Samm-
lung von Sophismata mit dem Titel: A unum
calidum (Cod. Paris. Bibl.
est
nat. n. 16 134), Allein die Ixisung des Fallprobleras wird nicht in der geometri-
schen Weise des Nieolaus von Üresme mit Hilfe der Koordinaten, sondern
rein arithmetisch gegeben. Siehe P. Duhem, a. a. ()., S. 474—477.
Ein führender I.«giker der Oxforder Schule im 14. Jahrhundert war Wil-
helm Heytesbury (Hethelbury, Hegterbury, Hegtelbury, Heightilbury,
Heighterbury, Hetisbury, bei den Scholastikern Hentisberus, Tisberus; siehe
P. Duhem, Etudes etc., 3e serie, S. 406 f.). 1370 war er Mitglied des Merton
College, 1371 Magister der Theologie und Kanzler der Universität Oxford; er
starb 1380 (nach Prantl). Wir besitzen von ihm folgende Schriften: De sensu
composito et diviso, Regulae solvendi sophismata, auch kurz als-
Regulae bezeichnet, die von Cajetan vonTiene kommentiert wurden (sie
bestehen aus sechs Traktaten: De insolubilibus. De scire et dubitare. De relativis.
an der Zahl).
Aus der Oxforder Schule und vielleicht von einem Schüler des Wilhelm
Heytesbury stammt der anonyme physikalische Traktat De sex inconveni-
entibus, über den P. Duhem (a. a. O., S. 420—423) nach zwei Pariser Hand-
schriften (ßibl. nat. n. 6559 u. n. 6527) berichtet und von dem er (a. a. O.,,
S. 471—474) die Titel der Quästionen mitteilt. Derselbe Forscher erwähnt (a. a.
Kommentar zum ersten Buch der Physik von dem Oxforder Magister
Wilhelm de Colymgam.
Um das Jahr 1370 schrieben die Logiker Radulf Strodus und Richard
Feribrigus oder Ferabrich. Der erstere, der zu den hervorragenden G^nem
"Wiclefs zählte, verfaßte Consequentiae und Obligationes, die später viel-
fach kommentiert wurden, .so von Cajetan von Tiene und von Alexander
Sermoneta (siehe C. Prantl, Gesch. d. Log. IV, Leipzig 1870, S. 45—56.
Dict. of Nat. Biography 55, London 1898, S. 57—59). Von Richard Feri-
brigus oder Ferabrich ist eine Abhandlung Consequentiae bekannt, zu der
Cajetan von Tiene ebenfalls einen Kommentar schrieb. Siehe C. Prantl, a,
a. C, S. 53-60.
Außerhalb der drei großen Strömurgen des Ockhamismus, Thomismus und
Scotismus, welche die Spätscholastik beherrschen, steht der an Raymundu»
Lullus anknüpfende, aus Barcelona stammende Raymund von Sabunde, der
als Mediziner, Philosoph und Theolog an der Universität Toulouse gewirkt
hat. —
In seinem wahrscheinlich von 1434 1436 entstandenen Liber naturae
sive creaturarum oder Theologia naturalis versuchte er die Lehren
des Christentums aus der Offenbarung Gottes in dem Buche der
Natur zu erweisen. Von der Betrachtung der vier Stufen: bloßes Sein,
I^ben, Empfinden, Vernunft ausgehend, wobei dem Raym und mit den Nomina-
listen die Selbsterkenntnis als die gewisseste gilt, erweist derselbe durch ontolo-
gische, physico-teleologische und moralische (auf das Vergeltungsprinzip gegrün-
dete) Argumentation das Dasein und die Dreiemigkeit Gottes und die PfUcht der
§ 47. Die deutsche Mystik des 14. u. 15. Jahrhunderts. 637
dankbaren Liebe zu Goit, der uns zuerst geliebt hat. Das Werk gipfelt in dem
mystischen Gedanken einer Liebe zu Gott, durch welche der Liebende in das
Wesen des Geliebten hineinzuwachsen vermöge. — Ein Auszug aus seinem Werk
ist die Viola animae des Kartaeusers P. Dorland.
*) Diesen Paragraphen hat für eine frühere Auflage des Grundrisses Herr
Dr. Adolf Lasson, Prof. in Berlin, verfaßt, ihii auch für die achte Auflage in
dankenswertester Weise einer Durchsicht unterzogen. Für die jetzige zehnte
Auflage sind von dem nunmehrigen Herausgeber zu den Ausgaben und zur
Literatur ergänzende Zusätze gemacht.
638 § 47. Die deutsche Mystik des 14. u. 15. Jahrh. Ausgaben.
Einigung mit dem Objekt; nur im Erkennen wird auch das Absolute
ergrififen und mit Lust besessen. Im Gegensatze zu den Lehren des
Duns Scotus wird der Wille dem Erkennen untergeordnet und die
vernunftgemäße Notwendigkeit im göttlichen Wesen betont bis zur
äußersten Härte. Die Vernunft findet ihre Befriedigung erst in der
letzten, alles umschließenden Einheit, in welcher alle Unterschiede
aufgehoben sind. Das Absolute, die Gottheit, bleibt als solche ohne
Persönlichkeit und ohne Werk in sich selbst verborgen. Von ihr um-
schlossen ist von Ewigkeit her mit dem Vermögen, sich offenbar zu
machen, Gott eine göttliche Natur, die sich zu einer Dreiheit
als die
von Personen indem sie sich selbst erkennend sich anschaut
entfaltet,
als ein reales Objekt ihres Erkßnnens und sich in Liebe und Freude
zeitliche Schöpfung aus Nichts entstanden. Außer Gott ist die Kreatur
ein lauteres Nichts; Zeit und Raum und die durch sie bedingte Viel-
heit ist nichts an sich. Über dieses Nichts der Kreatur hinauszugehen
und sich durch unmittelbare Anschauung in Einheit mit dem Ab-
soluten zu versetzen, ist die sittliche Aufgabe; mittels der mensch-
lichen Vernunft sollen alle Dinge in Gott zurückgeführt werden. So
ist der Ring des absoluten Prozesses, der zugleich absoluter Stillstand
ist, durchlaufen und das letzte Ziel erreicht, die Vernichtung aller
Mannigfaltigkeit in der ruhenden Verborgenheit des Absoluten.
I
§ 47. Die deutsche Mystik des 14. u. 15. Jahrh, Ausgaben. 639
gati et denuo editi a PP. Collegii S. Bonaventurae, Ad Claras Aquas 1899 ins ;
Deutsche übersetzt von P. Thomas Villa nova unter dem Titel: Bruder David
von Augsburg, Wegweiser zur christlichen Vollkommenheit, Brixen 1902.
Davids deutsche Schriften wurden ediert von Fr. Pfeiffer, Deutsche
Mystiker I. 1845, S. 309—405 und Zeitschrift für deutsches Altertum 9,
1853, S. 1 ff.
IV. Eckhart.
Deutsche Mystiker des 14. Jahrhunderts, hrsg. von F. Pfeiffer,
Bd. II, Lpz. 1857 (siehe unter Bd. II enthält Meister Eckhart. Bis dahin
I).
T»raren als von letzterem herstammend nur die in der Ausgabe von Taulers
Predigten, Basel 1521, als Anhang enthaltenen Predigten und Traktate bekannt.
Pfeiffers Ausgabe, die manches nicht unmittelbar von Eckhart Herrührende
enthält, bietet doch ein hinlängliches Material, um den Gedankenkreis des Meislers
zu überschauen, wenn auch nur einen Teil der von Trithemius (De script.
eccles.) genannten und von Nicolaus Cusanus (Opp. ed. Basil. p. 71) noch
eingesehenen Schriften. Manches jetzt dem Eckhart Zuzuweisende ging früher
unter Taulers und Ruysbroecks Namen. Vielfach ist der Text schwer ver-
stümmelt, manches bis zur Unverständlichkeit verderbt. —
Fr. H. Seuse
Dcnifle, Das geistliche Leben, eine Blumenlese aus den deutschen Myst.
des XIV. Jahrhunderts, 2. A., Graz 1879; derselbe, Meister Eckharts latei-
nische Schriften und die Grundanschauung seiner Lehre. Arch. f. Literatur- u.
Kirchengesch: des Mittelalt. II, 1886, S. 417—652; 673-687: Das Cusanische
Exemplar lateinischer Schriften Ik^kharts in Cues. —
Materialien zu Eck hart bei
Sievers, Ztschr. f. deutsch. Altert, u. d. Lit., Bd. XV, S. 373 ff., bei Birlinger,
Alemannia, III, 1875, S. 15—45, von F. Bach in der Germania, 8. Jahrg.,
S. 223-226, ferner 10. Jahrg., S. 391-392, bei A, Jundt in der S. 129* ange-
führten Schrift Histoire du panth^isme populaire, S. 231—280, bei W. VVacker-
n»gel, Altdeutsche Predigten und Gebete, Basel 1876, S. 156—179, bei Jostes,
ßeitr. zur Kenntnis der niederdeutschen Mystik, Germania 1886, S. 1—41 und
Meister Eckhart u. seine Jünger, üngedruckte Texte z. Gesch. der deutsehen
Mystik, Freiburg i. S. 1895 liefern den Beweis, daß wir in Pfeiffers Sammlung
überwiegend und ausreichend E^khanisches Eigentum besitzen. —
ß. Langen-
berg, siehe unter I. — Meister Eckharts mystische Schriften, in unsere Sprache
übertragen von Gustav Landauer (Verschollene Meister der Literatur), Berlin
1903. Etwa ein Sechstel der Schriften Eckharts mit Weglassung alles eigentlich
Scholastischen. —
Meister Eckharts Schriften u. Predigten, a. d. Mittelhochdeutschen
übersetzt u. hrsg. von Herrn. Büttner, 1. Bd., Jena 1903; 2. A. 1912. 2. Bd.,
ebendas. 1909. Mit ziemlich ausführlicher Einleitung. Beide Übersetzer haben
die Tendenz, Eckhart für die Gegenwart wieder aufleben zu lassen. Siehe auch
einen Aufsatz in den ,, Grenzboten", Die christl. Mystik u. die Religion der Zu-
kunft, 1904, Nr. 33 ff. —
M. Pahncke, Untersuchungen zu den deutschen Pre-
digten Eckharts, I. D., Halle 1905; derselbe, Kleine Beiträge zur Eckhartphilo-
logie, Pr., Neuhaldensleben 1909; derselbe, Zwei ungedruckte Mystikerreden,
Zeitschr. f deutsches Altertum 49, S. 395 ff. Dazu Nachtrag in: Anzeiger f. d.
Altertum 31, S. 209: derselbe. Eckehartstudien. Texte und Untersuchungen, Pr.,
Neuhaldensleben 1913. —
Lotze, Kritische Beiträge zu Meister Eckhart, I. D.,
Halle 1907. —
Fr. von der Leyen, Unbekannte Predigten Meister Eckharts,
Zeitschr. f. deutsche Philologie 38, S. 177 ff., 334 ff. —
A. Spam er. Über Zer-
setzung und Vererbung in den Texten der deutschen Mystiker, Gießen 1908; der-
selbe, Zur Überlieferung der Pfeifferschen Eckeharttexte, Beitr. z. Gesch. d. deut-
—
schen Sprache u. Lit., 34, 1908, S. 307 420; derselbe, Texte aus der deutschen
Mystik des 14. u. 15. Jahrb., Jena 1912 (Lateinische und deutsche Predigten und
Traktate Eckhartsi; siehe dazu M. Pahncke, Literar. Zentralblatt 1912, N. 28,
S. 885 f. —O. Behagel, Zur Kritik von Meister Eckhart, Beitr. z. Gesch. d.
deutschen Sprache u. Lit. 34, 1903, S. 530 ff. —
Ph. Strauch, Meister Eck-
harts Buch der göttlichen Tröstung und von dem edlen Menschen (Liber
benedictus). Bonn 1910 (Kleine Texte für Vorlesungen N. 55'. —
E. Diede-
Tichs, Meister Eckharts Reden der LTnterscheidung, Bonn 1913 (ebendas.
N. 117). —
Meisler Eckhart. Ausgewählt u. übers, von J. Bernhart, Kempten
u. München 1914 (Samml. Kösel: Deutsche Mystiker III).
V. Tanler.
Die wichtigsten von Taulers Predigten sind Leipzig 1498,
Ausgaben
Augsburg 15(^, Basel 1521 und 1522, Köln 1543; ins Lateinische übertragen von
§ 47. Die deutsche Mystik des 14. u. 15. Jahrh. Ausgaben. 641
der deutschen Prosa und für das religiöso I^ben des deutschen Volkes waren,
so haben sie doch keine eigentümliche H(>deutunp für die Fortschritte der Wissen-
schaft. Eine der wichtigsten, zum grölUen Teile aus Stellen Eckharts zu-
sammengesetzt, ist übersetzt bei Greith, Die deutsche Mvstik im Predigerorden,
S. 9G-2l>2.
Anklänge der eigentümlich deutsehen Mystik finden sich schon bei dem
Franziskaner David von Augsburg, gest. 1271, femer bei Albertus Mag-
nus, der in seiner mystischen Schrift De adhaerendo Deo von David von
Augsburg abhängig ist (c. 3 ist aus c. 36 von Davids De septem processibus
entnommen; siehe Cl. Baeumker, Der Anteil des Elsaß usw., S. 52, Anm. 64.
E. ]\Iichael, Gesch. d. deutschen Volkes III, S. 143—146), insbesondere aber
bei Mechtild von Magdeburg, die, geb. um 1210, seit 1235 als Beguine in
Magdeburg lebte, um 1270 aber nach dem Zisterzienserinnenkloster Helfta bei
Eisleben verzog, wo sie zwischen 1281 und 1301 starb.
Ohne selbst Mystiker zu sein, hat Dietrich von Freiberg durch seine
Predigten und philosophischen Anschauungen auf die Mystiker eingewirkt; siehe
oben S. 562.
Weitaus der tiefste, spekulativste und auch für spätere Zeiten einflußreichste
der deutschen Mystiker war Johann Eckhart von Hochheim bei Gotha, ritter-
lichen Standes, geb. um 1260, der in den Dominikanerorden trat und möglicher-
weise noch ein unmittelbarer Schüler Alberts war Er lernte und lehrte dann
1300 in Paris, wurde aber 1302, also noch vor der Ankunft des Duns Scotus, von
Bonifazius VIII. nach Rom berufen und zum Doktor ernannt („doctorem ipse
inauguravit", Qu^tif et Echard, Script. Ord. Praed. T. I, f. 507). Er hat in
seinem Orden hohe Würden bekleidet; er wurde 1304 Ordensprovinzial für Sachsen,
1307 Generalvikar mit dem Auftrage, die Klöster seines Ordens in Böhmen zu
reformieren er lehrte und predigte in vielen Teilen Deutschlands mit dem größten
;
Ruhme. Vom Provinzialanit 1311 entbunden, wurde er als Lektor nach Paris
geschickt. Wo er seitdem tätig war, ist ungewiß, wahrscheinlich in Straßburg,
§ 47. Eckhart. 643
I. E.s Psychologie stimmt zunächst mit der des Augustinus und Tho-
mas überein. Die Seele ist immateriell, die einfache Form des Leibes, in jedem
Gliede ganz und ungeteilt. Die Seelenkräfte sind die äußeren Sinne, die niederen
:
und die höheren Kräfte. Die niederen Kräfte sind: der empirische Verstand
(Bescheidenheit), das Gemüt (die Zürnerin) und das LJegehrungsverraögen; die
höheren Kräfte: das Gedächtnis, die Vernunft und der Wille, entsprechend dem
Vater, Sohn und Geist. Über den Sinnen steht das Wahrnehmungsvermögen, der
gemeine Sinn; das Wahrgenommene wird durch ihn an Verstand und Gedächtnis
überliefert, indem unter Wegfall der sinnlich-materiellen Elemente das Mannig-
faltige in Einheit verwandelt wird. Sinnliche Wahrnehmung geschieht durch
Vermittlung von Bildern der Gegenstände, die in die Seele aufgenommen werden.
Durch die Begehrung geordnet, durch verständige Betrachtung geläutert und von
Gleichnis und Bildlichkeit befreit, gelangt die Wahrnehmung in die obersten
Kräfte (S. 319 ff.; 538; 383 ff.). Die Seele ist nicht an Kaum und Zeit gebunden,
alle ihre Vorstellungen sind unkörperlich und doch
(S. 325); sie wirkt in der Zeit
nicht zeitlich (S. 25). Nach ihren ihrem übersinnlichen
obersten Kräften in
Wirken heißt die Seele Geist, Seele dagegen als belebendes Prinzip des Körpers;
aber beide sind ein Wesen. Alle Wirksamkeit der Seele (im engeren Sinne)
haftet an einem Organ. Aber die Organe sind nicht selbst das Wesen der Seele,
sondern Ausfluß des Wesens und zugleich Abfall vom Wesen. Im Grunde der
Seele hören die Organe und somit alles Wirken auf. In diesen Grund dringt
nichts als Gott allein. Die Kreatur bleibt auf die Kräfte angewiesen, in denen
sie ihr eigenes Bild beschaut. Somit hat die Seele ein doppeltes Antlitz, das
eine dieser Welt und dem Leibe zugewandt, den sie zu aller seiner Wirksamkeit
befähigt, das andere unmittelbar auf Gott gerichtet. Die Seele ist ein Mittleres
zwischen Gott und Kreatur (S. 110; 250; 170). Vgl. die Stellen bei Greith,
Die deutsche Mystik usw., S. 9() — 120.
Die höchste Tätigkeit der Seele ist das Erkennen. Dieses erscheint
als einvon Stufe zu Stufe mächtigeres Abscheiden aller Vielheit und Materialität.
Es gibt drei Arten der Erkenntnis: siniiliclie.s, vernünftiges und übervernünftiges
§ 47. Eckhart. 645
Erkennen erst das letztere hat die volle Wahrheit. Was man in Worten auszu-
;
drücken vermag, das begreifen die niederen Kräfte aber damit begnügen sich die ;
oberen nicht, i^ie dringen immer weiter vor, bis in den Ursprung, aus dem die
Seele geflossen ist. Die oberste Kraft der iSeele ist nichtmehr eine Kraft neben
den anderen, sondern die Seele in dem Wesen ihrer Totalität; als solches heißt
sie der „Funke", auch (S. 113) Synteresis (dem Seelenzentrum des Plotin
entsprechend, vgl. Grundriß I, 10. A., S. 341). Dieser obersten Kraft dienen alle
Kräfte der Seele und helfen ihr in den Ursprung, indem sie die Seele aus den
niederen Dingen emporzichen (S. 131; 469). Der Funke begnügt sich an nichts
Geschaffenem oder Geteiltem; er strebt zum Absoluten, zu der Einheit, die nichts
anderes mehr außer sich hat.
Die Vernunft ist das Haupt der Seele, Erkenntnis Grund der Seligkeit.
Wesen und Erkenntnis ist eins. Was am meisten Wesen hat, erkennt man auch
am meisten. Das Erkennen des Objekts ist ein reales Einswerden mit demselben.
Gottes Erkennen und mein Erkennen ist eins; im Erkennen geschieht die wahre
Einigung mit Gott. Darum ist die Erkenntnis das Fundament alles Wesens, der
Grund der Liebe, die bestimmende Macht des Willens. Xur die Vernunft ist dem
göttlichen Lichte zugänglich (S. 99; 84; 221). Aber dies Erkennen ist ein über-
sinnliches, inWorten nicht auszusprechen, verständig nicht vermittelt, ein über-
natürliches Schauen über Raum und Zeit, nicht eigene Tat des Menschen, sondern
Gottes Tun in uns. (Bei Suso im „dritten Buch" Kap. 6 findet sich die Bestim-
mung, das wahre Erkennen sei ein Verstehen zweier Contraria in einem.) Darum
ist es ein Zustand der Blindheit, des Nichtwissens.
zugleich ein Nichterkennen,
Der Form nach aber Erkennen, und alles endliche Erkennen ist ein
bleibt es ein
Fortschreiten zu dem Unendlichen hin. Darum ist die erste Anforderung: wachset
an Erkenntnis; ist euch aber jene Erkenntnis zu hoch, so glaubet; glaubet an
Christum, folgt seinem heiligen Bilde und laßt euch erlösen (S. 498). Mit der
rechten Erkenntnis hört alles Dünken, Wähnen und Glauben, alles Anschauen in
Bildern und Gleichnissen, alle Belehrung durch die Schrift, durch Dogmen und
Autoritäten auf; da braucht man kein fremdes Zeugnis, keine verständigen Be-
weisgründe mehr (S. 242 245 381 ; ; ; 302 ; 458). Da aber die Wahrheit für den
empirischen Verstand nicht faßbar ist, so sehr, daß, wäre sie begreiflich und
glaublich, sie nicht Wahrheit sein könnte (S 206), so wird das Erkennen der
Wahrheit im Gegensatz zum Wahrnehmen und kunstmäßigen Denken selbst ein
Glauben genannt (S. 567), mit besonderer Beziehung darauf, daß dieses un-
mittelbare Verhältnis zum Übersinnlichen in der Vernunft entspringt, im Willen
aber wirksam wird. Wenn nämlich die Vernunft bis an die Grenze ihres Ver-
mögens gelangt ist, so bleibt ihr noch ein Transszendentes, das sie nicht zu er-
gründen vermag. Das offenbart sie dann in dem Grunde der Seele, in welchem
Vernunft und Wille in lebendigem Austausch stehen, dem Willen, und der Wille,
von göttlichem Lichte erleuchtet, stürzt sich in ein Nichtwissen und wendet sich
von allem vergänglichen Lichte zu dem höchsten Gute, zu Gott. So entsteht der
Glaube (S. 102; 171; 176; 384 ff.; 439; 454-460; 521; 537; 559; 567; 591),
eine Erhebung, welche vom Verstände aus die ganze Seele ergreift und sie
in ihre höchste Vollkommenheit leitet (vgl. die Stellen bei Greith, a. a. O-,
S. 172 ff.).
Der höchste Gegenstand des Erkennens sind nicht die drei Personen der
Gottheit, die ja voneinander auch nicht die Einheit der
unterschieden sind;
Drei, denn sie hat die Welt außer sich. Die Vernunft dringt über alle Be-
stimmtheit hinaus in die stille Wüste, in die nie ein Unterschied gedrungen ist,
646 § 47. Eckhart.
die unbeweglich, über allem Gegensatze und aller Geteiltheit erhaben ist (S. 193;
281; 144).
II. In der Lehre von Gott geht E. von des Areopagiten negativer
Theologie oben h^. 180 f.) aus und nimmt den von Gilbertus Porretanus
(vgl.
gemachten Unterschied von Gottheit und Gott (s. oben S. 319) in tieferem Sinne
wieder auf, während er die Dreieinigkeitslehre vorträgt wie Thomas. Das Absolute
heißt bei E. die Gottheit, unterschieden von Gott. Gott wird und vergeht,
nicht die Gottheit. Gott wirkt, die Gottheit wirkt nicht. Doch werden die
Termini nicht immer genau geschieden. Gott (d. h. die Gottheit) hat keine Prä-
dikate und ist über alles Verstehen, unbegreiflich und unaussprechlich; jedes
Prädikat, ihm beigelegt, hebt seinen Begriff auf und setzt zu Gott einen Abgott.
Das abstrakteste Prädikat ist Wesen (Sein); aber insofern auch dies noch eine
Bestimmtheit enthält, wird der Gottheit auch das Wesen abgesprochen; Gott ist
insofern ein Nichts, ein Nichtgott, Nichtgeist. Nichtperson, Nichtbild, und doch
als die Negation der Negation zugleich das unbegrenzte Ansich, die Möglichkeit,
die keiner Art des Wesens entbehrt, in der AUes nicht Eins, sondern Einheit
ist (S. 180; 268; 282; 320; 532; 540; 590; 5; 26; 46; 59). —
Die Gottheit als
solche kann sich nicht offenbaren; offenbar wird sie erst durch die Personen
(S. 320). Das Absolute ist zugleich absoluter Prozeß. Die Gottheit ruht nicht
da, wo sie der Anfang, sondern da, wo sie das Endziel aller Wesen ist, wo alles
Wesen nicht vernichtet, sondern vollendet wird. Der Anfang und das Ende ist
die verborgene Finsternis der ewigen Gottheit, Finsternis, weil sie unerkannt
und unerkennbar ist, weil Gott sich selber dort unbekannt bleibt (S. 288; 539).
Gott als Gottheit ist eine geistige Substanz, von der man nur sagen kann, daß
sie nichts sei; aber in der Dreifaltigkeit ist er ein lebendiges Licht, das sich
Die Form ist das Sein für Anderes, das Offenbarende;
selber offenbart (S. 499).
deshalb sind die Personen die Form des Wesens (S. 681). (In der Schule Eck-
harts, wie bei Duns Scotus, ist die Form das individualisierende Prinzip. Form
gibt gesondert Wesen nach Suso im „dritten Buch*' Kap. 4; vgl. Ar ist. Metaph.
VII, 13, 1038 a 7.) Die Personen haben ihre Einheit in der ihnen allen gemein-
samen einen göttlichen Natur, dem offenbarenden Prinzip in der Gottheit. Das
göttliche Wesen ist die ungenaturte Natur, die Personen gehören der genaturten
Natur an (vgl. Denifle, S. 456); aber sie sind ebenso ewig wie jene. Die ge-
naturte Natur ist ein Gott in drei Personen, und diese naturen wieder die
Kreatur. Die göttliche Natur ist der Vater, soweit man von dem Unterschiede
von den beiden anderen Personen absieht, der ungenaturten Natur so nahe, wie
der genaturten (S. 537). Der Vater ist in der unoffenbaren Gottheit noch ohne
Persönlichkeit, also noch nicht als Vater, die Vernunft in der göttlichen Natur.
Was da erkennt und was erkannt wird, ist eins und dasselbe (S. 499; 670).
Diese Reflexion in sich ist des Vaters ewige Tätigkeit. Sie heißt ein Gebären
und ein Sprechen, das Objekt der Tätigkeit der Sohn oder das Wort, die zweite
Person in der göttlichen Natur. Die sinnliche Natur wirkt in Kaum und Zeit,
darum ist dort Vater und Sohn geschieden; in Gott ist nicht Zeit noch Raum,
daher ist Vater und Sohn zugleich ein Gott, unterschieden nur wie Entgießung
und Entgossenheit (S. 94). Der Sohn geht ewig in den Vater zurück in der
Liebe, welche beide verbindet. Diese Liebe, der gemeinsame Wille des Vaters
und des Sohnes, ist der Geist, die dritte Person. Aus der göttlichen Natur
fließt so die Dreiheit in einem ewigen Prozeß, in dieselbe fließt sie ewig zurück.
Der Wirklichkeit der Personen gegenüber ist die Einheit das absolute Vermögen.
Aus diesem Vermögen, nicht als Person, erzeugt der Vater den Sohn, und erst
§ 47. Eckhart. 647
durch die Zeugung wird er Person. Diese Zeugung ist ewig und notwendig und
mit dem Begriffe des Wesens gesetzt (S. 335). Natur und Person postulieren
sich gegenseitig, beide gleich ewig und gleich ursprünglich, aber verschieden wie
Unterschiedslosigkeit und Unterscheidbarkeit. Das Sicherhalten in seiner Eigen-
tümlichkeit ist der ewige Prozeß; die unbewegliche Ruhe hat an dem ewigen
Prozeß ihr Substrat. Es ist ein ewig prozessierender Stillstand (S. 682; 677).
In der absoluten göttlichen Einheit ist aller Unterschied aufgehoben, der Fluß
in sich selber verflossen. Wesen und Natur bilden nur einen relativen Gegen-
satz, Wären sie zwei Bestimmungen des Absoluten, so müßte die eine aus der
anderen entspringen; in der absoluten Einheit sind sie eins. Das Absolute ist
das Wesen des Wesens, die Natur der Natur (S. G69). Der ewige Prozeß in Gott
ist das Prinzip der ewigen Güte und Gerechtigkeit (S. 528).
IIL Das Absolute ist nun auch der Grund der Welt (S. 540 ff.). Alle Dinge
sind von Ewigkeit her in Gott, grober Materialität, sondern wie
freilich nicht in
das Kunstwerk im Meister. Als Gott sich selber ansah, da sah er die ewigen
Bilder aller Dinge in sich vorgebildet, aber nicht
in Mannigfaltigkeit, sondern
alsein Bild (S. 502). Die Lehre von der ewigen Ideenwelt trägt Eckhart
—
nach Thomas vor (S. 324 328, vgl. Thomas, Summa theol. I. qu. 15, art. 1 8). —
Von ihr unterschieden ist die Welt der Kreaturen, die zeitlich und von Nichts
geschaffen sind. Beides muß man wohl unterscheiden, um nicht Eckhart einen
Pantheismus zuzuschreiben, von dem er sich in der Tat weit entfernt zu halten
bestrebt war (S. 325; 669; 673). Die Welt stand in dem Vater ursprünglich in
ungeschaffener Einfachheit. Aber in ihrem ersten Ausbruche aus Gott hat sie
Mannigfaltigkeit angenommen, und doch ist alle Mannigfaltigkeit einfältig von
Wesen und die Selbständigkeit der Einzelwesen nur scheinbar (S. 589 Ein 1.
neuer Wille erhob sich nicht in Gott. Als die Kreatur noch kein Fürsichsein
hatte, war sie doch ewiglich in Gott und seiner Vernunft. Die Schöpfung ist
unzeitlich. Gott schuf nicht Himmel und Erde, wie wir ims unangemessen aus-
drücken; denn alle Kreaturen sind in dem ewigen Wort gesprochen (S. 488). In
Gott ist kein Werk; da ist alles ein Nun, ein Werden ohne Werden, Verände-
rung ohne Veränderung (S. 309). Das Nun, in dem Gott die Welt machte, ist
das Nun, in dem ich spreche, und der jüngste Tag ist so nahe diesem Nun, wie
der gestrige Tag (S. 268). Der Vater sprach sich und alle Kreaturen in seinem
Sohne und fließt mit allen Kreaturen wieder in sich zurück. Der Sohn ist ein
Bild alles Werdens, die Einheit aller Werke Gottes. Gottes Güte zwang ihn
dazu, daß er alle Kreaturen schuf, deren er ewig schwanger gewesen war in
seiner Providenz. Die Welt ist ein integrierendes Moment im Begriffe Gottes:
648 § 47. Eokhart.
che die Kreaturen waren, war Gott nicht Gott (S. 281). Dies gilt aber nur von
der Ideenwelt, und so kann es heißen: Gott ist in allen Dingen, Gott ist alle
Dinge. Außer (Jott ist nichts als nur das Nichts. Die Welt der Dinge, soweit
sie sich in ihrer Selbstiindiji'keit gegen Gott behaupten wollen, ist also ein Nichts-
Alles, was mangelhaft ist, alles Sinnliche ist ein Abfall vom Wesen, eine Pri-
vation: alle Kreaturen sind ein lauteres Nichts. Sie haben kein Wesen, als soweit
Gott in ihnen gegenwärtig ist. Die Mannigfaltigkeit ist nur für den endlichen
Intellekt; in Gott ist nur ein Spruch, aber wir verstehen zwei: Gott und die
Kreatur (S. 207). Ein reines Denken über Zeit und Raum sieht Alles als Eines,
und so, nicht nach ihrer endlichen Bestimmtheit und Unterschiedenheit, hat Gott
die Dinge in sich (8. 311; 322 ff.; .040) und sind sie in Wahrheit. — Die schein-
bare Selbständigkeit der Dinge hat Eckhart teleologisch zu erklären versucht.
Gott hat ein einheitliches Universum geschaffen und um dieses Ganzen willen die
Teile, ohne deren Vielheit es keine Vollkommenheit und Harmonie, ohne deren
Unterschiede es keine Wertabstufung und keine Ganzheit gäbe. Alle Vielheit
und Verschiedenheit geht wieder in das Eine und Gleiche, aller Gegensatz in die
Harmonie zurück, aus der sie stammt. Denn Gott als Vernunft schaut in der
Einheit die Vielheit der Formen (Denifle, S. 612). In Gott fällt Essenz und
Existenz zusammen; aber das Geschaffene empfängt die Existenz von Gott als
der obersten Ursache in zeitlicher Genesis, während die Begriffe der Dinge
ebenso ewig sind wie die mathematischen Formen, und weder eine Ursache noch
einen Zweck zulassen (ebd. S. 604; Pfeiffer, S. 117; 466; 390; 589). Das Übel
wie der Tod hat seine Ursache nicht in Gott, denn es ist bloße Privation, ein
Abfall vom Sein, ein Defekt, nicht ein Effekt; es existiert also nur als Akzidens
(Denifle, S. 602; 610; Pfeiffer, S. 613; 327).
Das Verhältnis Gottes zur Welt ist näher folgendes: Gott ist die erste
Ursache der Welt: in den Dingen hat Gott sein innerstes Wesen veräußert.
Darum könnte er sich nimmer erkennen, wenn er nicht alle Kreaturen kannte.
Nähme Gott das Seine hinweg, so fielen alle Dinge in ihr ursprüngliches Nichts
zurück. Aus Nichts sind die Dinge gemacht, aber die Gottheit ist ihnen ein-
geflößt. Das Nichts hängt allem Geschaffenen an als Endlichkeit und Unterschied.
Gott hält alle Kreaturen an einem Zaum, nach seinem Gleichnis zu wirken. Gott
ist in allen Dingen nicht als Natur, noch als Person, sondern als Wesen. So ist
Gott an allen Orten, und an jedem ist er ganz. Da Gott ungeteilt ist, so sind
alle Dinge und alle Orte eine Statt Gottes. Gott teilt sich allen Dingen mit,
einem jeden soviel es seiner empfänglich ist. Gott ist in allen Dingen als
intelligibles Prinzip; aber soviel er in den Dingen ist, soviel ist er doch darüber.
Keine Kreatur vermag Gott zu berühren. Insofern Gott in deji Dingen ist,
wirken sie auch göttlich und offenbaren Gott, aber keine kann es vollkommen-
Die Kreaturen sind ein Weg von Gott hinweg, aber auch ein Weg zu Gott.
Gott wirkt alle seine Werke so, daß sie ihm immanent sind. Die drei Personen
haben ihr eigenes Bild in alleg Kreaturen gewirkt, und alle Dinge wollen wieder
in ihren Ursprung zurück. Diesen Zweck hat alle Bewegung der Kreatur. Die
Kreatur strebt immer nach dem Besseren; aller Formenwechsel der Stoffe erzielt
Veredlung (S. 333; 143). Die Ruhe in Gott ist das letzte Ziel aller Bewegung.
Das Mittel, allein Gott zurückzuführen, ist die Seele, das Beste
Dinge
unter dem Die Seele hat Gott sieh gleich gemacht und ihr sein
Geschaffenen.
ganzes Wesen mitgeteilt. Aber was in Gott durch sein Wesen ist, das ist der
Seele nicht wesentlich, sondern Geschenk der Gnade. Die Seele ißt nicht causa,
sni: sie ist von Gott so ausgeflossen, daß sie nicht im Wesen geblieben ist..
§ 47. Eckhart. 649
sondern ein fremdes Wesen angenommen hat. Darum vermag sie nicht Gott gleich
zu wirken, sondern wie Gott Himmel und Erde bewegt, belebt sie den Leib und
verleiht ihm alle seine Tätigkeiten, während sie zugleich vom Leibe unabhängig
mit ihren Gedanken anderswo sein kann als ein in der Endlichkeit Unendliches
(S. 394 ff.). All' Dinge sind um der Seele willen geschaffen. Die Vernunft, von
der Tätigkeit der Sinne anhebend, vermag alle Kreaturen in sich aufzunehmen.
Im Menschen sind alle Dinge geschaffen. In der menschlichen Vernunft ver-
lieren die Dinge ihre endliche Bestimmtheit. Aber nicht allein im Denken ver-
edelt sondern schon durch leibliche Assimilation im
der Mensch alle Kreatur,
Essen und Trinken. In menschliche Natur verwandelt, erlangt jede Kreatur die
Ewigkeit. Alle Kreatur ist ein Mensch, den Gott von Ewigkeit lieben muß;
in Christus sind alle Kreaturen ein Mensch, und dieser Mensch ist Gott. Die
Seele ruht nimmer, sie komme denn in Gott, der ihre erste Form ist, und alle
Kreaturen ruhen nimmer, sie kommen denn in menschliche Natur und in dieser
in ihre erste Form, in Gott (S. 151 ff.; 5.10). Aller Dinge Werden endet in dem
Entwerden (Vergehen), dies zeitliche Wesen endet in dem ewigen Entwerden
(S. 497). So ist der Zirkel des ewigen Prozesses umlaufen, und da.s All kehrt in
den Mittelpunkt, die unentfaltete, unaufgeschlossene Gottheit, zurück. Es ist die-
ngöodo? und IjiiojQocpr] des Proklus, durch Vermittlung des Pseudo-
fiovT^,
IV. Mit dem Gedanken der Rückkehr aller Dinge zu Gott durch Vermittlung
der Seele ist das Prinzip der Ethik gegeben. Sittlichkeit ist diese Rückbringung
der Seele und mit ihr aller Dinge in das Absolute. Ihre Form ist Abgeschie den-
heit, d. h. Aufhebung der Kreatürlichkeit, ihr Ziel die Vereinigung des Menschen
mit Gott. Gerade auf dem Gebiete der Ethik liegt ein Hauptverdienst Eckharts.
Tiefer noch als Abälards Rationalismus dringt E.s Spekulation in den Kern des
Sittlichen ein.
die Gerechtigkeit eingebildet und überbildet sein. Niemand liebt die Tugend,
als wer die Tugend selbst ist. Alle Tugenden sollen in mir zur Notwendigkeit
werden, ohne mit Bewußtsein geübt zu werden. Sittlichkeit besteht nicht in
einem Tun, sondern in einem Sein. Die Werke heiligen nicht uns, wir sollen die
Werke heiligen. Der Sittliche ist nicht wie ein Schüler, der schreiben lernt
durch Übung, indem er auf jeden Buchstaben merkt, sondern wie der fertige
Schreiber, der ohne Aufmerksamkeit unbewußt die ihm wesentlich gewordene
Kunst vollkommen und mühelos ausübt (S. 524; 546; 549; 571). Alle Tugenden
sind eine Tugend. Wer eine mehr übt als die andere, ist nicht sittlich. Liebe
ist das Prinzip aller Tugenden; sie strebt nach dem Guten, sie ist nichts anderes
als Gott selber. Der Liebe zunächst steht die Demut; sie besteht darin, daß
man alles Gute nicht sich, sondern Gott zuschreibt. Das ist der Seele Schön-
heit, daß sie wohlgeordnet sei (vgl. Plotins Doktrin, Grundriß I, § 73, 10. A.,
S. 370). Die Seele soll mit den niedersten Kräften unter die obersten geordnet
«ein und mit den obersten unter Gott, die äußeren Sinne unter die inneren, diese
unter den Verstand, der Verstand unter die Vernunft, die Vernunft unter den
Willen, der Wille in die Einheit, so daß die Seele abgeschieden sei und nichts in
«ie dringe, als die Gottheit.
Das innere Werk ist unendlich und geschieht über Kaum und Zeit; niemand
kann es hindern. Das äußere Werk verlangt Gott nicht, das von Zeit und
Baum abhängt, das beschränkt ist. das man hindern und bezwingen kann, das
müde und alt wird durch Zeit und Übung. Wie dem Steine das Fallen be-
nommen werden kann, aber nicht die Neigung zum Fallen, so ist das innere
Werk des Sittlichen: wollen und sich neigen zu allem Guten und streiten gegen
das Böse (S. 434). Des Gerechten Tun ist nicht ein gesetzliches Tun, sondern
ein Glaubensleben (439). Das wahre innere Werk ist ein unabhängiges Auf-
gehen der Vernunft in Gott, nicht gebunden an bestimmte rationale Vorstellungen,
sondern in lauterer unmittelbarer Einheit (S. 43). So ist auch das wahre Gebet
die Erkenntnis des absoluten Wesens. Das Gtebet d^ Mundes ist nur eine der
Sammlung wegen eingesetzte äußere Übung. Das wahre Gebet ist wortlos, ein
AVirken in Gott und eine Hingabe an Gottes Wirken in uns, und so soll man
beten ohne Unterlaß in allen Zeiten und Orten. Du brauchst Gott nicht zu
sagen, wessen du bedarfst; er weiß alles zuvor. Wer recht beten will, der bete
652 § 47. Eckhart.
um nichts als um Gott allein. Bitte ich um etwas, so bitte ich um ein Nichts-
"Wer um etwas anderes als um Gott bittet, der bittet um einen Abgott. Darum
gehört zum Gebet vollständige Ergebung m
Der abgeschiedene
Gottes Willen.
Mensch betet nicht; denn jedes Gebet geht auf etwas Bestimmtes, des Ab-
geschiedenen Herz aber begehrt nichts. Gott wird durch unser Gebet nicht be-
wegt. Aber Gott hat von Ewigkeit alle Dinge vorausgesehen und somit auch
unser Gebet, und hat es von Ewigkeit erhört oder abgeschlagen (S. 240 352 ff. ;
487; 610).
Es Tugend keine Grade. Die Zuneh nenden sind noch gar nicht
gibt in der
sittlich (S. Aber die vollkommene Heiligung ist erreichbar. Der Mensch
80; 140).
kann alle Heiligen im Himmel und die Engel selbst übertreffen. Er kann dazu
schon in diesem Leibe kommen, daß er zu sündigen nicht vermag (S. 460). Dann
istauch der Leib von Licht durchströmt, alle Kräfte der Seele harmonisch ge-
ordnet, der ganze äußere Mensch ein gehorsamer Diener des heiligen Willens.
Der Mensch bedarf dann Gottes nicht, denn er hat Gott. Seine Seligkeit und
Gottes Seligkeit sind eine Seligkeit.
Mit großer Besonnenheit vermeidet E. die quietistischen und antinoroistischen
Konsequenzen, die sich aus solchen Anschauungen zu ergeben scheinen, und die
bei den gleichzeitigen Schwärmereien der Brüder und Schwestern des freien
Geistes im Anschluß an die Lehre Anialrichs von Bfene so grell hervortreten.
Der Zustand einer transszendenten Einheit mit Gott hindert keineswegs ein zeit-
liches und rationales Wirken auf empirische Dinge. Jene Freiheit vom Gesetz
und allem Wirken kommt nach E. nur dem „Fünklein" zu, aber nicht den Kräften.
Nur das „Fünklein" der Seele soll allezeit bei Gott und mit Gott geeinigt, aber
dadurch auch zugleich das Begehren, Wirken und Empfinden bestimmt sein (S. 22;
385; 161; 514). In jenem höchsten Zustande kann der Mensch nicht beständig
sein, sonst hörte jede Gemeinschaft der Seele mit dem Leibe auf. Gott aber ist
nicht ein Zerstörer der Natur, sondern er vollendet sie und tritt mit seiner Gnade
da ein,wo die Natur ihr Höchstes leistet (S. 18; 78). In diesem Leben kann und
soll ein Mensch von Affekten nicht frei werden, wenn nur die Erregung der
niederen Triebe die Vernunft nicht berührt, und in den obersten Teil der Seele
nichts Fremdes und Unangenehmes eindringt (S. 52 ff.; 489; 666 668). Keine —
Kontemplation ohne Wirken bloße Beschaulichkeit wäre Selbstsucht. Durch das
;
vielfach vermittelte äußere Wirken wird das stille Werk der Vernunft nicht
beeinträchtigt. Was die Vernunft als Eines und Unzeitliches erfaßt, das über-
tragen die Kräfte in zeitliche und räumliche Bestimmtheit. Wäre der Mensch in
Verzückung, wie St. Paulus, und wüßte er einen Armen, der eines Süppleins
bedürfte, es wäre besser, er ließe die Verzückung und diente dem Bedürftigen
(S. 18—21; 330; 554; 607j. Weit entfernt,daß die "Werke mit der erreichten
Heiligung aufhören; vielmehr erst nach der Heiligung beginnt die rechte Wirk-
samkeit, die Liebe zu allen Kreaturen, am meisten zu den Feinden, der Friede
mit allen. Die Verzückung geht schnell vorüber,' aber die Vereinigung mit Gott
wird der Seele ein bleibender Besitz, auch wenn sie ihr scheinbar in äußerlichem
Tun entrückt wu:d. Freilich sind die äußeren Werke der Barmherzigkeit nicht
Selbstzweck; sie haben ein Ende, wo es nicht Jammer noch Armut gibt, in der
Ewigkeit, während die Übung des inneren Menschen, deren Ausfluß sie sind, hier
anfängt und ewig dauert ff.). Ein Mensch kann sich selber lassen und
(S. 320
dennoch —
und dann erst mit Fug und Recht —
zeitliche Güter behalten. Alles
kann er genießen, keine natürliche Empfindung ist seiner unwürdig. Wir sollen
kein kleines Gut in uns zerstören, um ein größeres zu gewinnen, keine Wirkung»-
§ 47. Eckhart. 653
weise von bedingter Güte aufgeben um eines größeren Gutes willen, sondern wir
sollen jedes Gute im höchsten Sinne erfassen, denn kein Gut streitet wider das
andere (S. 427; 473; 492; 545; 573j. Nur auf das Prinzip kommt es an; das
rechte Prinzip hat die rechten Handlungen von selbst zur Folge (S. 179j. Manche
Leute sf^en: habe ich Gott und Gottes Liebe, so kann ich tun, was ich will.
Sie müssen's nur recht verstehen. So lange du irgend etwas vermagst, was wider
Gott ist, so hast du eben Gottes Liebe nicht (S. 232). Tue, avozu gerade du dich
am meisten von Gott gedrungen fühlst. Was des Einen Leben ist. das ist oft des
Anderen Tod. Alle Leute sind mit nichten auf einen Weg zu Gott gewiesen.
Gott hat des Menschen Heil nicht gebunden an eine bestimmte Wirkungsart.
Findest du, daß dein nächster Weg zu Gott nicht in viel Werken und äußeren
Mühen oder Entbehrungen besteht, woran eben auch nicht viel liegt, es sei denn,
daß sich der Mensch sonderlich dazu getrieben fühle und die Macht habe, es zu
tun ohne lieirrung seines inwendigen Lebens, — findest du also dies nicht in
dir, so sei ganz in Frieden und nimm dich deß nicht viel an. Auch Christo folge
geistlich nach. Wolltest du 40 Tage fasten, weil es Christus getan hat? Sondern
darin folge ihm, daß du wahrnimmst, wohin es dich am meisten zieht, und da
übe Entsagung. Das wäre ein schwaches inwendiges Leben, das von dem äußeren
Kleide abhinge; das Innere soll das Äußere bestimmen. Darum mögen mit Fug
und Recht die wohl essen, die ebenso bereit wären zum Fasten. Peinige dich
nicht selbst; legt dir Gott Leiden auf, so trag's. Gibt er dir Ehre und Glück,
so trag's ganz ebenso gern. Ein Mensch kann nicht Alles tun, er muß je Eines
tun; aber in dem Einen kann er alle Dinge erfassen. Liegt das Hindernis nicht
in dir, so kannst du Gott beim Feuer oder im Stall ebensowohl gegenwärtig
haben als in andächtigem Gebet. Laß dir nicht genügen an einem gedachten
Crott. Vergeht der Gedanke, so vergeht auch der Gott. Du magst es im Glauben
wohl erreichen, daß du Gott dir wesentlich innewohnend habest, und daß du in
Gott seiest und Gott in dir (S. 543—578).
Die Natur macht keinen Sprung; sie fängt im Mindesten an und wirkt stetig fort
bis zum Höchsten hinauf. Gott handelt nicht gegen den freien Willen. Das
Werk der Gnade ist nichts eine Offenbarung Gottes, seiner selbst
anderes als
Die Gnade beginnt mit der Bekehrung des
für sich selbst, in der Seele (S. 678),
Willens, die zugleich eine Neuschöpfung aus Nichts ist. Sie bewirkt im Menschen
nicht ein Tun, sondern einen Zustand, ein Einwohnen der Seele in Gott. —
Über das Verhältnis der Gnade zum freien Willen spricht sich E. in schwankender
"Weise aus.
Durch die Gnade erlangt der Mensch die volle Einheit mit Gott wieder,
die er ursprünglich hatte. Der Seele kommt eine ewige Präexistenz in Gott zu
wie allen Dingen. Da war ich in Gott, aber nicht als dieser individuelle Mensch,
sondern als Gott, und unbedingt wie er. Daraals gab es in Gott keine
frei realen
Unterschiede; im göttlichen Wesen immanent habe ich die Welt und mich selber
geschaffen, durch mein Ausfließen zu individueller Existenz habe ich Gott seine
Gottheit gegeben und gebe sie ihm immerfort; denn ich gebe ihm die Möglich-
654 § 47. Eckhart.
keit sich mitzuteilen, die doch sein Wesen ausmacht. Gott kann sich nicht ver-
stehen ohne die Seele; insofern ich dem Wesen der Gottheit immanent bin, wirkt
er alle seine Werke durch mich, und
alles, was Objekt des göttlichen Verstandes
Dieser Zustand auch eine Vergottung des Menschen (die ^dwatg des
heißt
Dionysius und Maximus, siehe oben S. 181, 183, und des Eriugena, siehe
oben S. 222 und 229); auch der Leib wird verklärt, sinnenfrei (S. 128; 185; 303^
377; 465; 523; 533; 662).
Die Stellung des Bösen im absoluten Prozeß bleibt bei E. unklar und
mußte es bleiben, weil er wie die Früheren ihm nur die Bedeutung einer Privatior
zuerkannte. Als Durchgangspunkt für die Rückkehr der Seele in Gott erscheint
das Böse zuweilen als ein Teil des göttlichen Weltplans, als ein von Gott ver-
hängtes Leiden. Dem Guten kommen alle Dinge zugute, auch die Sünde (S. 556).
Gott verhängt dem Menschen die Sünde und gerade denen am meisten, die er zu
großen Dingen ausersehen hat; auch dafür soll der Mensch dankbar sein. Er
soU nicht wünschen, nicht gesündigt zu haben; durch die Sünde wird man ge-
demütigt und durch die erfahrene Vergebung Gott nur um so inniger verbunden;
er soll auch nicht wünschen, daß die Versuchung zur Sünde wegfiele, denn damit
fiele auch das Verdienst des Streites und die Tugend selbst hinw^ (S. 426; 552;
557). Von einem höheren Standpunkte aus betrachtet gibt es nichts Böses, ist
auch das Böse nur Mittel für die Realisierung des ewigen Zweckes der Welt
(S. 111; 327; 559). Gott könnte dem Sünder nichts Schlimmeres tun, als damit,
daß er es ihm gestattet oder über ihn verhängt, daß er sündig sei, und daß er
ihm nicht so großes Leiden sendet, um seinen bösen Willen zu brechen (S. 277).
Gott zürnt nicht über die Si'mde, als würde er dadurch beleidigt, sondern über
den Verlust unserer Seligkeit, also nur über die Vereitelung seines Planes mit
uns (S. 54). Gegen das bleibende Wesen des Geistes ist die Sünde nur ein
Äußerliches. Auch in Todsünden behält der Geist im Wesen seine Gottähnlich-
keit; auch jenem Zustande kann der Mensch aus dem ewigen Grunde setner
in
Seele heraus gute Werke tun, deren Frucht im Geiste bleibt und, wenn er zu
Gnaden angenommen ist, ihn fördert (S. 71—74; 218). —
Doch trägt E. auch die
kirchliche Lehre von der Erbsünde vor. Adams Fall hat den göttlichen Weltplan
reell gestört, nicht nur die vorher von aller Schwäche freie, sittlich wohlgeordnete
Natur des Menschen zerrüttet und sterblich gemacht, so daß wir nun in Gefahr
und Furcht vor den Naturkräften stehen, sondern auch die ganze äußere Natur
in Verwirrung gebracht (368; 497; 658), und die Sünde ist seitdem die Natur
aller geworden (S. 370; 433; 529, Z. 26).
§ 47. Eckhart. 05&
anderer Ausdruck für die heiligende, vorbildliche Kraft seines Leidens (S. 452
184). Durch vollkommene Pflichterfüllung hat er einen Lohn verdient, an dem
656 § 47. Eckhart.
wir alle teilhaben, soweit wir mit ihm eins werden (S. 644). Darum verdient
auch sein sterblicher Leib keine Anbetung; eine jede sittliche Seele ist edler als
dieser (S. 397). Die Betrachtung der menschlichen Erscheinung Christi ist nur
Vorstufe; selbst den Jüngern war Christi leibliche Gegenwart eher ein Hindernis.
Man muß der Menschheit Christi nachjagen, bis man die Gottheit ergreift. Das
viele Denken an den Menschen Jesus, an Erscheinung und sein
seine leibliche
Leiden erscheint E. als die Quelle einer falschen Rührung und empfindungs-
seligen Andacht ohne sittliche Kraft und klare Erkenntnis (S. 241; 247; 636;
658). Maria ist selig, nicht weil sie Christum leiblich, sondern weil sie ihn
geistig geboren hat, und jeder kann ihr darin gleich werden (S. 285 345—347). ;
Ahnlich urteilt E. über die Sakramente, wenn er auch zumeist die orthodoxe
Lehre vorträgt. Wohl ist das Abendmahl das griißte Geschenk Gottes an die
Menschheit aber doch ist es größere Seligkeit, daß Gott in uns geistlich geboren
;
werde, als die leibliche Vereinigung mit Christo. Wer geistig recht bereit wäre»
dem würde jede Speise ein Sakrament. Sakrament bedeutet Zeichen. Wer am
Zeichen haften bleibt, kommt nicht zu der inwendigen Wahrheit, auf die jenes
bloß hindeutet (S. 568; 239; 396; 593). Mönchische Askese, Heiligen- und
Reliqniendienst, Beichtstuhl sind für den Höherstrebenden Avertlos, wie alles
äußere Formenwesen (S. 340; §95; 241; 599). Bis zum Tode ist ein Fort-
schreiten in der Heiligung möglich, der Tod ist der Abschluß. Der Zustand, in
welchem der Mensch bei seinem Tode ist, bleibt sein Zustand für immer (S. 639).
Die Hölle ist ein Zustand, das Sein im Nichts, in der Gottentfremdung. Für
die, welche sich kurz vor dem Tode bekehren, wird ein Fegefeuer zugegeben,
welches einmal ein Ende nimmt. Am jüngsten Tage spricht nicht Gott das
Gericht, sondern jeder Mensch spricht sich selbst sein Urteil; wie er da in
seinem Wesen erscheint, so soll er ewig bleiben. Die Auferstehung des
Leibes ist so zu verstehen, daß der. Leib das Wesen der Seele mit überkommt;
was aber aufersteht, ist nicht der stoffliche Leib selber, sondern das ideelle
Prinzip des Leibes (S. 470—472; 522j.
Eckharts Lehre ist eine spekulative Deutung, zum Teil Umdeutung der
fundamentalen christlichen Dogmen, beruhend auf einer kühnen metaphysischen
Grundanschauung, dem Gedanken der Wesensgleiehheit der Seele mit Gott. In
seinem freien Verhältnis zur Kirchenlehre ist er der Vorläufer der neueren Wissen-
schaft. Wenn neuere Denker aus reiner Vernunftwissenschaft heraus eine Über-
einstimmung mit dem Christentum angestrebt haben, so ist E. von einer, wie er
glaubte, kirchlichen Anschauung zu einem Absolutismus der Vernunft gekommen.
Seine Grundstimmung ist aus dem innersten Wesen der deutschen Nationalität
geschöpft; in Deutschland sind die von ihm ausgegangenen Anregungen nicht
wieder untergegangen, auch als sein Name fast vergessen war. Wohl will er
erbauen, aber vermittels klarer Erkenntnis. ihm
Das Dogmatische verliert bei
<lie Forderung der Aufgebung des eigenen Selbst und die Lehre von der voll-
kommenen Einigung mit Gott als dem höcbsten Ziele. Aber seine Mystik ist
nicht sowohl Stimmung als Gedanke, und das gibt ihm die Besonnenheit und
Klarheit, die er selten verleugnet. Die äußersten Konsequenzen scheut er nicht;
die Paradoxie wird eher gesucht als gemieden, der immer fesselnde, oft hin-
reißende Ausdruck auf die Spitze gestellt, um eindringlich zu werden imd den
Gegensatz zur verflachenden gewöhnlichen Auffassung klarer darzustellen. Oft
ist deshalb der Ausdruck paradoxer als der Gedanke, und E. nimmt Bedacht, die
nötigen Restriktionen hinzuzufügen. Thomas von Aquino streift in vielen
Punkten hart an das von E. Gelehrte an aber seine Stelking zur Kirche und
;
ihrer Lehre erlaubt ihm nicht, über alles Statutarische hinaus so weit in den
reinen Grund des religiösen Bewußtseins zurückzugreifen. Insofern ist E.s Lehre
ein vergeistigter Thomismus. Der Romane Thomas wurde die höchste wissen-
schaftliche Autorität der römischen Kirche, die Lehre Eckharts, des Deutschen,
bereitete mit ihrer Ethik die Reformation, mit ihrer Metaphysik die spätere
deutsche Spekulation vor.
haben Tauler und die „deutsche Theologie" das Fortleben der Eckhartschen
Spekulation vermittelt, während auf Eckharts Andenken und Schritten der
Bann der Kirche mit aller Schwere lastete.
Die spätere Mystik, wie sie sich unter den Brüdern des gemeinschaftlichen
Lebens (gestiftet von dem Freunde Ruysbroecks, Gerhart Groot, gest. 1384)
besonders durch Thomas Hamorken von Kempen (gest. 1471, „Von der
Nachfolge Christi") ausgebildet hat, und von hier aus angeregt bei Johann
Wessel (gest. 1489) zu einem System reformatorischer Theologie geworden ist,
trägt nicht mehr den spekulativen Charakter der Schule Eckharts.
Verzeichnis der Arbeiten Neuerer
zur Geschichte der Philosophie der patristischen
und scholastischen Zeit.
(Die Ausgaben der Werke der Philosophen und die Übersetzungen siehe im Text
bei den einzelnen Paragraphen.)
Väterliteratur bis zum Beginn des 12. Jahrh. iL B. D. schol. Methode im 12.
:
1855; II— IV: Die Logik im Mittelalter, ebd. 1861—1870; B. II, 2. A., eM.
B.
1885. Eucken, Gesch. d. philos. Terminologie, Leipzig 1879.
R.
b) Gottesbeweise und Gotteserkenntnis: A. Tyszka, Gesch. d. Be-
weise f. d. Dasein Gottes bis z. 14. Jahrh., Jena 1875. H. Gwatkin, The know-
ledge of God and its historical development, Edinburgh 1906. O. Zöckler, G«sch.
der Apologie des Christentums, Gütersloh 1907.
c) Naturwissenschaft und ihre Beziehungen zur Theologie:
Jan de Vasconcellos, Quid de vi vitali patres aut doctores ecclesiae senserint,
1. D.: Rostock 1868. O. Zöckler, Gesch. d. Beziehungen zwischen Theol. u. Na-
turwissensch. mit besonderer Rücksicht auf die Schöpfungsgeschichte, I: Von den
Anfängen der christlichen Kirche bis auf Newton und Leibniz, Gütersloh 1877.
Laucnert, Gesch. d. Physiologus, Straßburg 1889. K. Laßwitz, Gesch. der
Atomistik vom Mittelalter bis Newton I, 1890 (greift auch auf die Patristik zurück).
M. Goldstaub, Der Physiologus und seine Weiterbildung in der lateinischen
und byzantinischen Literatiir, PhiloL Supplemei^tb. 8, Leipzig 1899 1901, 339 — —
400. F. Strunz, Gesch. d. Naturwissenschaften im Mittelalter, Stuttgart 1910.
Frdr. Nitzsch (Dograengesch. I. B., Berlin 1870), Thomasius, Kurz, Herzog, Her-
genröther, 4. A. bearbeitet von J. P. Kirsch, Freiburg 1902-1909, B. J, 5. A.
1911, R. Kothe, Wilh. Moeller, Lehrb. der Kirchengesch., neu bearbeitet von
Hans V. Schubert u. Kawerau, K. Müller, Kirchengesch. I, II, 1, 1892— 19(^
(Neudruck 1905—1911), G. Krüger u. E. Preuschen. Handb. d. Kirchen-
gesch., 4 Bde., 1909 ff., Die Kultur der Gegenwart I, 4, I, Geschichte der
christl. Rehgion, Leipzig 1909, A. Knöpf 1er, Lehrb. d. Kirchengesch.,
2. A.,
.5. A., Freiburg 1910, Fr. X. Funk, Lehrb. der Kircheng., 6. A. herausgegeben
von K. Bihlmeyer, Paderborn 1911.
J. Schwane, Dogmengeschichte der vornizänischen Zeit, Münster 1862,
2. A. Freiburg i./B. 1892; derselbe, Dogmengesch. d. patristischen Zeit (325—787),
Münster 1869, 2. A. Freiburg i./B. 1895 derselbe, Dogmengesch. der mittleren
;
Zeit (787—1517), Freiburg i./B. 1882; derselbe, Dograengesch. d. neuen Zeit, ebend.
1890. J. Bach, Dogmengesch. d. Mittelalt. v. christol. Standpunkt (vom 8.— 16.
Jahrb.), 2 Teile, Wien 1873—1875. Ad. Harnack, Lehrb. d. Dogmengesch.,
1. Bd.: Die Entstehung des kirchlichen Dogmas, 2. u. 3. Bd.: Die Entwickelung
des christlichen Dogmas, Freib. i. Br. 1886-1890, 3. Aufl. 1894—1897, 4. A.
—
Tübingen 1909 1910, auch ins Englische übersetzt; ders., Grundriß der Dogmen-
gesch., I u. II, 1889, 1891, 2. A. 1893, 4. A. 1905. Harnack räumt bei dem Bil-
duugsprozeß des kirchlichen Dogmas dem Hellenismus einen größeren Einfluß
ein, als es sonst in der Regel geschehen war. Wenn er auch hier und da etwas
zu weit geht, so ist es doch sehr wertvoll, daß diese Seite einmal in helles Licht
gestellt wurde. Ungerechtfertigten Angriffen gegenüber, als ob er das fertige
katholische Dogma vollständig mit dem Hellenismus identifizierte, hebt er hervor
(Theol. Lit. Zt., 1886, S. 165 ff.), er habe bei der Entstehung des Dogmas jedem
Element das Seine zu geben versucht, dem Alten Testamente, dem Urchristentum,
dem Neuen Testamente als Kanon, der Glaubensregel, dem Griechentum. Er
habe 'dies komplizierte Verhältnis, in welchem der Katholizismus mit seinem
Dogma zum Gnostizismus gestanden habe, abgewogen und von einem halben
Sieg des Hellenismus im Katholizismus gesprochen und weiter gezeigt, wie sich
das Dogma in jener wunderbaren Weise entwickelt habe, daß einerseits die grie-
chischen Elemente noch gesteigert worden seien, anderseits nun erst das Ur-
christentum durch das Medium des neu testamentlichen Kanons und der Glaubens-
regel eingewirkt habe. Frdr. Loofs, Leitfaden zum Studium der Dogmenge-
schichte, 3. Aufl., Halle 1893, 4. A. 1906. Derselbe, Grundriß d. Dogmengesch,,
Halle 1907. R. Seeberg, Lehrbuch der Dogmen geschichte, 1. u. 2. Hälfte, Lpz.
1895, 1898. B. I u. II, 2. A. 1908—1909. Derselbe, Grundriß der Dogmengesch.,
2. A. Lpz. 1905. A. Dorner, Grundriß d. Dogmengesch., Entwicklungsgesch. d.
christl. Lehrbildungen, Berlin 1899. J. Tixeront, Histoire des dogmes, I. La
theologie Ant^niceenne, 3e ed., Paris 1906, 6e ^d. 1909; IL De S. Athanase ä
5. Augustin (316-430), 4e 4d., Paris 1909. III. La fin de Tage patrist. (430-
800), ebd. 1912. G. Bonwetsch, Grundriß der Dogmengesch., München 1908.
A. Dufourcq, L'avenir du christianisme. le partie. Le pass^ chr^tien. Vie
et Pens^e.. 8 voll., 3e ^d., Paris 1908, vol. II- III, 4e ^d. 1909. Gh. Guigne-
bert, L'^volution des dogmes, Paris 1910.
VL Zeitschriften.
Yll. Bibliographie.
Außer den in 10. A. 1909 zu § 4, S. 1* u. 2' genannten biblio-
Grundriß I,
graphischen Hilfsmitteln sind insbesondere zu nennen: U. Chevalier, Eei>er-
toire des sources historiques du moyen-Age. 1. Bio-Bibliographie, 2 Bde., Paris
1877-18^.8, 2. ed. 1905—1907. Hiirter, Nomenclator litterarius theol. cath.,
5 Bde., 3. A., Innsbruck 1903— 1911. Die Berichte über die Philosophie der Kirchen-
väter und des Mittelalters im Archiv für Geschichte der Philosophie.
Der theologische Jahresbericht, zuerst hrsg. von B. Pünjer, Leipzig, von
1882 an. nach dessen Tode von R. A. Lipsius und später von H. Holtzmann, dann
von G. Krüger u. W. Köhler, jetzt von G. Krüger u. M. Schian. Daraus Sonder-
abdruck Bibliographie der theologischen Literatur, Braunschweig.
:
Alb. Stöckl. Gesch. der Philosophie der patrist. Zeit, Würzb. 1859; ders.,
Gesch. der christl. Philosophie zur Zeit der K,-Väter, Mainz 1891 (zum Teil iden-
tisch mit dem Früheren), Johann Huber, Die Philosophie der Kirchenväter,
München 1859. O. Gril In berger, Studien zur Philos. d. patristischen Zeit, Jahrb.
f. Philos. u. spekul. Theol. 1889, 1891. G. Misch, Geschichte der Autobiographie,
I. ß. Das Altertum, Leipzig u. Berlin 1907. A. Catoire, Philosophie byzantine et
philosophie scolastique, Echos d'Orient 12, 1909, 193 201. G. Krüger, Artikel —
Patristik in Realenzyklopädie für prot. llieol.. B. 15, 3. A. Leipzig 1904. Vgl.
dazu unten § 4, XIII Das Christentum und die hellenische Philosophie und
:
Studien, 22. Stück). A. Kur ti des, 7/ (fvaig xal ot "EXkrjveg IJaxioBg lij; 'ExxXri-
aiag, MeUrti, 1909. 66—76 (Athen).
c) Psychologie: B. Dawydenko, Über nach
die Uusterblichkeit der Seele
der Lehre "der Kirchenväter, Glaube und Vernunft 1908, 3, 488—511, 614— (>36,
—
778 794 (Russisch). Siehe auch unter III e.
d) Soziologie uud Wirt schaftslehre: Fr. X. Funk, Über Reichtum
und Handel im christl. Altertum,
Historisch-politische Blätter 130, 1902, 888 ff.
(Kirchenpsch. Abhandl., III, Paderborn 1907, 150 ff.). L. Brentano, Die wirt-
schaftl. Lehren d. christl. Altertums, Sitzungsber. d. K. b. Akad. d. Wissensch.,
philos.-philol. u. histor. Klasse, Jahrg. 1902, München 1903. M. Nathusius, Die
Mitarbeit der Kirche an der T^ösung der sozialen Fra^e, 3. A., Leipzig 1904.
S. Talamo, La schiavitö secondo i padri della chiesa, Rivista intemaz. di scienze
sociali, anno XII. vol. 36, 1904, 161 ff., 321 ff.; anno XIII, vol. 37, 1905, 3-26;
derselbe, li concetto della schiavitü da Aristotele ai dottori scolastici, Roma 1908.
James Donald son, Woraan, her position and influence in ancient Greece and
Rome and among the early Christians, London 1907. J. Seipel, Die wirtschafts-
ethisch. Lehren d. Kirchenväter, Wien 1907 (Theol. Studien d. Leogesellsch.). Vielfach
gegen Soramerlad gerichtet. Siehe oben unter § 1 II g. O. Sc h ill in g Reichtum u.
, ,
los u. alte Kirche. Eine histor.-exeget. Studie über die soziale Frage im Lirchristentum,
München-Gladbach 1910 (Apologet. Tagesfragen 8). E. Vogt, Soziales Leben in
der ersten Kirche, Breslau 1911. A. Harnack, Aus Wissenschaft u. Leben, B. IL
—
Gießen 1911, 175 183: Der proletarische Charakter des Urchristentums, 253—
277: Das Urchristentum und die sozialen Fragen. —
Anhang. ITiesen über den
Wert der Arbeit nach urchristl. Anschauung. R. Pöhlmann, Geschichte der
sozialen Frage und des Sozialismus in der antiken Welt, 2. A. der „Geschichte
des antiken Kommunismus und Sozialismus", 2 Bde., München 1912 (Bd. II,
2. Buch, 7. Kap. Das Christentum).
:
«haristie, Revue du clerg6 franyais 60, 1909, öl5— 540. Dar well btone, A
llistory of the Doctriiie of the holy Eucharist, Bd. I, London 1909. E. Baum-
^artner, Eucharistie u. Agape im Urchristentum, Solothum 1909. M. Goguel,
LEuchanstie, des origincs ä Justin martyr, l'aris 1910. P. Pourrat, La
th<''<)logie sacrameiitaire, 4eParis 1910.
6d., W. Heitraüller, Taufe und
AlKiKlmahl im Urchristentum, Tübingen 1911 (Religionsgeschichtlichc Volks-
liiicher I, 22, 3). Fr. Dibelius, Das Abendmahl. Eline Untersuchung über di«
.Vnfänge der christl. Religion, Leipzig 1911.
g) Sonstige theologische Lehren: A. Seitz, Die Heilsnotwendigl^eit d.
Kirche nach d. altchristl. Literatur bis zur Zeit d. hl. Augustinus, Freiburg i./B.
I"*"3. G. Hoffmann, Die Lehre von der fides implicita innerhalb d. kath. Kirche,
; Bile., Leipzig 1903—1909. E. Dorsch, Die Wahrheit d. bibl. Geschichte in den
Anschauungen der altchristl. Kirche, Zeitschrift f. kath. Theol. 1905, 190G, 1907.
.1. Wen dl and. Der Wunderglaube im Christentum, Göttingen 1910. A. Har-
iiack, Gesch. eines programmatischen Wortes Jesu (Matth. ö, 17) in der iUtesten
Kirche, Sitzungsber. d. Pr. Akad. d. Wiss. 1912, 184—207.
Über. die erste alt christl. Literaturgeschichte (de viris illustribus) des
heiligen H i e r o n y m u s luid ihre späteren Bearbeiter, sowie über die patrologischen
Werke des 17. u. 18. Jahih. siehe ü. Barden hewer. Patrologie, 3. A. Freiburg i./ß.
—
l'.tlO, () 10. Von der neueren Literatur seien erwähnt: Möhler. Patrologie,
Rd. I (die drei ersten Jahrb.), hrsg. v. F. X. Reithmayr, Regensb. 1840. Institutiones
patrologiae concinnavit Jos. Fessler. Innsbr. 1850—1851 (bis auf Gr^or d._Gr.),
wieder hrsg. von B. Jungmann, ebd. 1890 ff. Deutin ger, Geist der chiistl. Über-
iieferung, Regensb. 1850 — 1851 (bis auf Athanasius). Ferd. Christ. Baur, Da»
Christentum der 3 ersten Jahrb., 2. A., Tübing. 1860 Die christl. Gnosis oder
;
schluß der Schriftsteller syrischer Zunge, ebd. 1.912. A. Harnack, Gesch. der
•\ltchristl. Literatur bis Eusebius. 1. Teil: Die Überüeferung u. der Bestand, be-
arbeitet unter Mitwirkung von E. Preuschen, Lpz. 1893. In diesem Teil wird
möglichst genau vorgefiSirt, was von den Christen in den drei ersten Jahrh. ge-
schrieben worden ist, was vnr noch besitzen und wie es auf uns gekommen ist,
2. Teil: Die Chronologie, 1. Bd.: Die Chronologie der Literatur bis Irenäus, ebd.
1n97 (Harnack ist hier vielfach konservativer als in seinen früheren 2^itbestim-
niungen), 2. Bd.: Von Irenäus bis Eusebius, 1904. Gust. Krüger, Geschichte
der altchristl, Literatur in den ersten drei Jahrhunderten, 1. u. 2. Aufl., Freib. u.
Leipzig 1895 (Grundriß d. theolog. Wissenschaften, IL Reihe, 3. Bd.); derselbe, Nach-
trabe dazu. ebd. 1897. P. Batif fol, La litterature grecque, 4e ed., Paris 1897 (Bibl.
de Vcnseigneraent de l'hist. ecclfe. Anciennes htt. chretiennes). Georgios Derbes,
Zu § 3. Die patristifcchc l\riode in ihren beiden Hanptabsihnitten. y*
„eine Geschichte der Formen der Literatur". Er stellt sich die Frage: „wie haben
die christhchen Schriftsteller der ersten sechs Jahrhunderte ihren rehgiostn Ge-
fühlen und theologischen Gedanken schriftlich die Form gegeben, woher haben
sie diese Formen genommen, haben sie selbständige Formen gebildet und wie
haben sich diese Formen im Laufe der Jahrhunderte entwickelt?") Vorbereitet
wird von E. Preuschen, Griechische Patristik u. von J. M. Heer, Lateinische
Patristik in Bibliothek der klass. Altertumswissensch., herausgeg. von J. Geffckcn,
Heidelberg 1911 ff. P. Wendland. Die urchristlichen Literaturformen, Tü-
bingen 1912.
VIII. Kulturgeschichte.
L. Friedländer, Darstellungen aus der Sittengesch. Roms, 3 Bde., ü. A.
Leipzig 1888-1890, 7. A., 2 Bde., 1902, 8. A., 4 Teile 1910. J. Nikel, AUg.
Kulturgeschichte, Paderborn 1895, 2. A. 1907. G. Grupp, Kulturgeschichte d.
römischen Kaiserzeit, 2. Bd.: Anfänge der christlichen Kultur, München 1904.
L. Hahn Rom und Roraanismus im griechisch-römischen Osten. Mit besonderer
,
X. Bibliographie.
Richardson, The Antenicen Fathers, Bibliographical Synopsis, Buffalo
1887. W. Engel mann, Biblioth. Script, clas's.. 8. A., umfassend die Lit. von
1700—1878, neu bearbeitet von E. Preuß, 1. Abteil., Scriptores graeci, Leipzig
1880. 2. Abt., Scriptores latini 1882. R. Kl uß mann, Bibliotheca Script, class.,
die Lit. von 1878 — 1896 incl. umfassend, I. Bd. Scriptores graeci, 2 Teile, Leipzig
1909-1912.
A. Ehrhard, Die Literatur und ihre Erforschung seit 1880.
altchristliche
I. Seit 1880—1884. 1884-1900, 1. AbteU. Die vornikänische Literatur, in
11. Seit
Straßburger Theol. Studien, Freiburg i. B. 1894, 1900. (Sehr genaue Literatur-
angabe mit Orientierung über den Inhalt der einzelnen Schriften und Abhand-
lungen.)
Jahresberichte über die Kirchenväter u. ihr Verhältnis zur Philosophie von
P. Wendland im Arch.
Gesch. d. Philos. von 1888(1886) an, später für 1893
f.
bis 190) von H. Lüdemann. Jahresber. über die Fortschritte der klass. Alter-
tumswissensch., hrsg. von C. Bursian, nach dessen Tode von J. Müller, seit
1905 von W. Kroll. In dieser Sammlung bildet das vorhin genannte Werk
von R. Klußmann die Supplementbände 146 und 151.
Zu § 4. Die Deutest. Schriften. Jesus u. d. Apostel. Christentum u. Hellenismus. H*
I. Neutestamentliche Zeitgeschichte.
A. Hausrat h, Neutestamenthche Zeitgeschichte, Heidelb. 1868 f., 2. Aufl.,
4 Teile, 1873—1877,Aufl. von 1879 an. E. Schür er, Lehrb. d. neut«stamentl.
3.
Zeitgesch.. Lpz. 1874; 2. Teil, 2. Aufl., 1886; Gesch. des jüdischen Volkes im
Zeitalter Jesu Christi, 2 Bde., Lpz. 1886, 1890; 3. Aufl., 3 Bde., 1898, 1901;
4. Aufl. 1901 —
1911. W. Bousset, Die Religion des Judentums im neutestamentl.
Zeitalter, Berlin 1903, 2. Aufl. 1906. James Vernon Bartlet, The Apostolic age,
its Ufe, doctrine, worship and polity, Edinb. 1900. O. Holtzmann, Neutestam.
Zeitgeschichte, 2. A. Tübmgen 1906. M. Friedländer, Die religiösen Bewegungen
innerhalb des Judenturas im Zeitalter Jesu, Berlin 1905. J. H. Ropes, Apostolic
Age in Light of modern Criticism,- London 1906. W. Staerk, Neutestamentl. iZeit-
feschichte. I. Der hiator. u. kulturgeschichtl. Hintergnmd des Urchristentums,
I. Die Religion des Judentums im Zeitalter des Hellenismus u. d. Römerherr-
schaft, Leipzig 1907 (Samml. Göschen). P. Krüger, Hellenismus und Judentum
im Neutestamentl. Zeitalter, Leipzig 1908. W. Fairweather, The Background
of the Gospels or Judaism in the Period between the Old and the New Testament,
;
Edinburgh 1908, 2nd ed. 1911. H. Kellner, Jesus v. Nazar. u. seine Apostel im
Rahmen d. Zeitgeschichte, Regensburg 1908. J. M. Lagrange, Le Messianisme
chez les Juifs, Paris 1909. J. Feiten, Neutestamentl. Zeitgeschichte oder Juden-
tum ü. Heidentum z. Z. Jesu u. d. Apostel, 2 Bde., R^ensburg 1910. Siehe
dazu A. Stein mann, Theol. Revue 1912, N. 4, 105-112.
.T. MofiiU, -An iiJn dv.ction lo the literalure oi the N. Ttst., 2. ed., Edin-
burgh 1912.
Charaktor, Leipzig 18(j3. J'. Wer nie, Die synoptische Frage, treiburg 16S9.
C. Weizsäcker, Untersuchungen über die Evangel. Geschichte, 2. A., Tübingen
u. Lfipzig IDÜl. G. Bonaccorsi, I tre primi Vangeli e la critica letteraria oesia
1h (^uistione Sinottica, Mcnza 1904. J. Well hausen, Das Evangelium Mattbäi.
Uerliii 1904; derselbe. Das Evangelium Lucac, ebd. 1904; derselbe, Einleitung in
die drei ersten Evangelien, ebd. 1905. H. Pasquier, Les temps evang^liques et la
vif du Sauveur. Etüde bist, et chronol. sur Ics Evangiles, 2 Bde., Paris 19C4;
derselbe, La Solution du probl?-me synoptique, Tcurs 1911. A. Harnack,
siehe den vorigen Abschnitt IL B. Weiß, Die Quellen der synoptischen
Überlieferung, Leipzig 1908 (Texte und Untersuchungen, 3. K., 2. Bd.. 3. Heft).
H. T. Andrews, The Acts of the Apostles, London 1908. W. M. Kamsav,
Luke the Physician in the history of religion, London 1909»
and other studies
.1. G. Hawkins, Horae Synopticae. Contributions to the study of the Synoptie
Problem, 2. ed., Oxford 19C9. B. Bonl^amp, Zur EvangeUenfrage, Münster
1909. P. Batiffol, Six Icyons sur les Evangiles, 9. ed., Paris 1909; derselbe,
Orpheus et l'Evangile. 2. ed., Paris 1910. P. O. B. Hansen, Det aeldste Evan-
gelium, Kopenhagen 1910. J. Schäfer, Die, Evangelien u. die Evangelienkrilik,
2. A., Freiburg 1911. E. Mangenot, Les Evangües synoptiques. Conferences
apologetiques, Paris 1911. W. Sanday, Studies in the synoptic problem by
membres of the universitv of Oxford, Oxlord 1911. D. Völler, Die eschatologiscbe
Rede Jesu und ihre Bedeutung für die Frage der Abfassung unseres zweiten und
dritten Evang., Tcylcrs Theol. Tijdschrift ml, ."j21- .'j31. Heinr. Koch. Die
Abfassungszeit des lukanischen Geschichtswerks, Leipzig 19,11. L. C. Fillion,
Les etanes du rationalisme dans Us attaques contre les Evangiles et la vie de
Jehus-Ghrist, Paris 191 1. K. Pieper, Die Simon-Magus-Perikope (Apg. 8, 5
24). Ein Beitrag zur Quellenfrage in der Apostelgesch., Münster 1911 (Neutesta-
nientl. Abhandl. III, 5). E. R. Buckley, An introduction lo the synoptic
problem, London 1912. W. M. Fourneaux, The Acts of the Apostles, Lon-
don 1912.
E. A. Hoff mann. Das Markusevangelium und seine Quellen. Ein Beitrag
zur Lösung der Urmarkusfrage, Königsberg 1904. H. Zimmermann, Der
historische W^ert der ältesten Überlieferung v. d. Gesch. Jesu im Markus-Evan-
gelium, Leipzig 190,j. E. Wendung, Ur-Markus. Versuch einer Wiederher-
stellung der ältesten Mitteilungen über das Leben Jesu, Tübingen 1905; derselbe,
Die Entstehung d. Markus-Evangeliums, Tübingen 1908. ,J. Wellhausen. Das
Evangelium Marci, 2. A., Berlin 1909. M. Goguel, L"P>angile de Marc et ses
rapports avec ceux de Matthieu et de Luc, Paris 1909. M. J. Lagrange, Evan-
gile de S. Marc, Paris 1911. A. Loisy, L'Evangile seien Marc, Paris 1912.
Ije quatrifeme P>ansile, Paris 1903. C. Fouard, Les origines de TEglise. Saint
Jean et la fin de I'tige apostolique, 4. M., Paris 190.5, 5. M. 1907. "J. Belser,
Das Evangelium des heil. Johannes, Freiburg 190."). H. Gebhardt, Die Al)-
fassungszeit des Joh. Evang., Leipzig 1906. ^aunard,_L'aputre S. Jean, 7. ('d.,
Pari:
valeur
Aporicn im vierten Evanj^eliura, Nachr. d. Königl. (xesellsch. d. Wiss. zu Götting
1907— 191 H. L. C. FilTion, Saint Jean rp>angelisto, sa vie et se.-; ecrits Paris
1907. H. J. Holtzraann, Evangelium, Briefe u. (Offenbarung des Joh., 3. A.
von W. Bauer. Tübingen 190S. J. Well hausen, Das Evangelium Johannis.
Berlin 1908 (Schwartz und Wellhausen unterscheiden verschiedene Schichten
im Evangeliural. P. L. Murillo, San Juan. Estudio critico-exegetico sobro <!
euarto Evangelio, Barcelona 1908. J. Dufourcq. Lavenir du christianisme.
Ire partie. III. ^yncr^tiste. 3. 6d. Paris 1909, 106—148 (S. Jean).
Epoque T. W.
Worsley. The fourth Göspel and the Synoptists. London 1909. Dausch, Das
Johannes-Evangelium, Biblische Zeitfragen, II. F., 1. u. 2. A., Münster 19K>.
Fr. Spitta. Das Johannes-Evangelium als Quelle der Geschichte Jesu, Göt-
tingen 1910 (eine Auseinandersetzung mit Schwartz u. Wellhauseuu Gregory,
Wellhausen u. Johannes, Leipzig 1910. E. H. Askwith. The historical value
of the fourth Gospel, London 1910. J. Chapraan, John the Presbyter and the
fourth Gospel, Oxford 1911 (Johannes der Presbyter bei Papias ist identisch mit
Johannes dem Evangelisten). H. Wendt, Die Schichten im vierten Evangelium.
Göttingen 1911. Th. Zahn, Das Evangelium des Johannes ausgelegt, 3. u. 4. A.
Leipzig 1911 (Kommentar z. X. Test., IV. Bd.). F. R. M. Hitchcock, fresh A
«tudy of the fourth Gospel, London 1911. Fr. Overbeck, Das Johannes-Evan-
gelium. Studien zur Kritik seiner Erforschung. Aus dem Nachlaß herausgeg. v.
C. A. Bernoulli, Tübingen 1911 (Verfasser des Ev. ist nicht Johannes, sondern
•ein unbekannter, von der alex. Religiousspekulation stark beeinflußter u. an den
Grenzen des Gnostizismus stehender Jude). Dagegen A. Harnack, Theol. Litc-
Taturz. 1912. N. 1, 8-14. Zahn, Das Johannes-Evangelium in den Händen
«einer neuesten Kritiker, 1911. Belser, Das Johannesevangelium u. s. neueste
Beurteilung, Theol. Quartalschr. 93, 1911, 404-449, .^-^GS-eH.j
Matthäus eingehend exegetisch untersucht und krit. gewürdigt. Berl-n 1878; Hil-
genfeld, Papias von Hiera^olis. in: Zeitschr. f. wiss. Theol., 1875, S. 231 270; —
ders., ebd. 1886, S. 257—291; 'H. Holtzmann, Zeitschr. f. wiss. Theo!., 188Ü, S. 64
— 77; C. L. Leirabach, Das Papias-Fragment, Gotha 1875; B. Lightfoot, Pap. of
Hierap., in: The contemporary review, 1875, Okt., S. 828 -855: D. Martens,
Papias als Exe^t van Lögia d&s Heeren, Amsterdam 1875; H. Lüde mann, Zur
Erklärung des Papias-Fragments. in: Jahrb. f. protestant. Theol., 5. Jahrg. 1879.
S. 365 -384, 537-576. Th. Zahn, Forschungen VI, 1900. 109-157. J. Chap-
man, Le temoignage de .lean le Presbyter au sujet de S. Marc et de S. Luc,
Revue Ben6dictine 1905, N. 3 derselbe, John the Presbyter and the fourth Gos-
;
pel, Oxford 1911 (der Presbyter Johannes und der Apostel u. Evangelist .lohannes
sind identisch), ß. W. Bacon, Date and Habitat of the Eiders of Papias, Zeit-
schrift f. d. neutest. Wiss. 12, 1911, 176-187.
Sprachforschung, Tübingen 1910 (unter den rund 5000 Wörtern d. N. Test, sind
kaum 50 spezifisch christliche). Buonaiuti: Saggi di filologia e storia del Nuovo
Testamento, Roma 1910. A. Bon hoff er, Epiktet u. d. N. Testament, Gießen 1911,
180 ff., 197 ff. H. Jordan, Geschichte der altchristl. Literatur, Leipzig 1911.
.T. H. Moulton, Einleitung in die Sprache des N. Testaments. Aus dem Engl,
übersetzt. Heidelberg 1911 (Indogerman. Biblioth. I., I. R., IX. B.). L. Radeir-
m ach er, Neutestam. Grammatik. Das Griechische d. N. Test, im Zusammenhang
mit der Volkssprache, Tübingen 1911 (Handb. z. N. Test., herausg. v H. Lietz-
mann, I. B., 1. Abt.). F. Blaß. Grammatik d. Neutestaraentl. Griechisch, 3. A.,
Göttingen 1911. Robertson, Kurzgefaßte Grammatik des Neutest. Griechisch.
Deutsch von H. Stocks, 1911. H. P. V. Nunn, A short Syntax of N. T. Greek,
Cambridge 1912. J. Rauffiac, Recherches sur les caractferes du grec dans le N.
Test, d'aprfes les inscriptions de Priene, Paris 1912 (Bibl. de l'öcole des h. ötudes.
Sc. rel., vol. 24, fasc. 2). P. Wendland, Die urchristlichen Literaturformen,
Tübingen 19 12.
Lexica zu den Schriften des Neuen Testaments haben verfaßt:
W. Grimm, 4. A., Leipzig 1903. E. Preuschen, Gießen 1910. F. Zorell,
Paris 1911. H. Cremer, 10. A., hrsg. von J. Kögel, Gotha 1911.
II: Epoque Syncr^tiste, 4e ^d. Paris 1909, 134—269 (J^sus de Nazäreth. S. Pierre
et les apötres). A. Harnack, Lehrb. d. Dogmengesch. I, 4. A. Tübingen 1909,
65—85. A. Pottgießer, Johannes der Täufer und Jesus Christus, Köln 1911.
H. Schneider,, Jesus als Philosoph, Leipzig 1911. P. Lelievre, La reiigion de
J^us d'aprfes TEvangile, Paris 1911. G. Jahn, Über die Person Jesu und über
die Entstehung des Christentums u. den Wert desselben, Leiden 1911. W. New-
ton, The Ideal of Jesus, London 1911. P. T. Forsyth, The person and the
place of Jesus Christ, London 1911. W. B. Hill, Introduction to the life of
Christ, New York 1911. N. Bultel, Jesus, ses enseignements et sa vie, Paris
1911. W. W. Holdsworth, The Christ of the Gospels, London 1911. J. U.
Wuhrmann, Die Selbstoffenbarung Jesu, Zürich 1911. H. Schumacher, Die
Selbstoffenbarung Jesu, Freiburg i. B. 1912.
L. Ihm eis. Der Lohngedanke und die Ethik Jesu, Leipzig 1908. H. C.
King, The Ethic of Jesus, 1910. J. S talker, The Ethic of Jesus according
to the Synoptic Gospels, London 1910. J. M. Lahy, La morale de J^sus. La
part. d'influence dans la morale iutellectuelle, Paris 1911. D. Evans, The
Ethic of Jesus and the modern raind, Harvard Theol. Rev. 1911, 4, 418 439. —
|(j* Literaturverzeichnis.
2. A., Leipzig 1911, 190—513: Die Lehre des Paulus; derselbe, Paulus als Theo-
loge 1906 (Bibl. Zeit- u. Streitfragen II. S., 3 u. 4). E. Weber, Das Problem
d. Heilsgesch. nach Rom. 9 — 11. Ein Beitrag zur histor.-theol. Würdigung der
paulin. Theol., Leipzig 1911. Clement Wise, The New life of S. Paul,
London 1911.
d) Christologie Heilslehre des Paulus: R. Schmid. Die i)aul.
und
^hristologie in ihrem Zusammenhange mit der Heilslehre des Apostels dargtsl..
Göttingen 1870. H. Lüdemann,
Die Anthropologie des Ap. Paulus und ihr»'
Stellung innerhalb seiner Heilslehre, Kiel 1872. E. Menegoz, Le peche el
la r^emption d'aprfes St. Paul. Paris 1882. E. Tobac, Le probleme de la
jnstification dans saint Paul, Louvain 1908; derselbe, La öixaioovvrj üior dan>
S. Paul, Rev. d'hist. eccles., 1908 Jan. H. Windisch, Die Entsündigung der
Christen nach Paulus, I. D., Leipzig 1908. W. Oischewski, Die Wurzel der
Siulin. Christologie, I. D., Königsberg 1909. Davelina, La cristologia di S.
aolo, Rivista stor.-crit. delle sc. teol. 1910, H. 7 u. 8. P. Feine, Theol. d. N.
Test., Leipzig 1910, 2. A. 1911, 254-298, M4—
400. E. Krebs, Der Logos als
—
Heiland im ersten Jahrb., Freiburg 1910, 81 93 (Stellung des Paulus zur Logos-
lehre). E. Frutsaert, La „justice de Dieu" dans S. Paul, Recherches de science
rel. 2, 1911, 167—182. E. v. Dobschütz, Die Rechtfertigung bei Paulus, eine
Rechtfertigung des Paulus, Theol. Stud. u. Krit. 1912, I, 38-67. G. Kittel,
Jesus bei Paulus, Theol. Stud. u. Krit. 1912, 366—402.
e) Ethik und sozial-wirtschaftliche Anschauungen des Paulus:
H. Fr. Th. L. Ernesti, Die Ethik d. Apost. Paulus, Braunschweig 1868, 3. A.
1885. H. Sladeczek, Paulin. Lehre über das Moralsubjekt. Regensburg 1899.
A. Junker, D. Ethik d. Apost. Paulus, 1. p., Halle 1904. J. Quirmbach, D.
Lehre d. hl. Paulus von der natürl. Gotteserkenntnis u. dem natürlichen Sitten-
gesetz, Freiburg 1906 (Straßburger Theol. Stud. B. 7, H. 4). R. Krämer, Die
Bedeutung d. Gottesgemeinschaft f. d. sittl. Leben n. d. Lehre d. Paulus, I. D.,
Greifßwald 1909. A. Alexander, The Ethics of S. Paul 1910. P. Feine,
Theol. d. N. Testaments, Leipzig 1910, 2. A. 1911, 474-490. A. Harnack, D.
hohe Lied d. Apost. Paulus von der Liebe (I. Kor. 16) u. s. religionsgesch. Be-
üeberweg, GnindriS n. b
IR* Literaturverzeichnis.
deutung, Berlin 1911 (Sitzungsb. d. k. preuß. Akademie d. Wiss. 32. Die paulin.
Lehre über Erkenntnis und Liebe bildet den Gegenpol zu Piaton u. den Griechen).
Lagrange, Le catalogue des vices dans l'epltre aux Romains I, 28—31, Revue
Biblique intern. 1011, 5a4— 549. R. Steinmetz, Das Gewissen bei Paulus, Gr.-
Lichterfelde-Berlin 1911 (Bibl, Zeit- u. Streitfr. VL S., 8. H.). G. Wohlen-
berg. Das Heidentum nach der Beurteilung des Apostels Paulus, Neue kirchl.
Zeitschr. 1912, 223—249.
Ch. Calippe, Derhl. Paulus u. d. christl. Staat. Deutsche Ausgabe von
Emil Prinz zu Oettingen-Spielberg, Ravensburg 1908. O. Schilling, Reichtum
u. Eigentum in d. altkirchl. Literatur, Freiburg i. B. 1908, 10 —
13 (die Stellung
des P. zu Reichtum u. Eigentum). E. Troeltsch, Gesammelte Schriften, L B.,
1. u. 2. H., Tübingen 1912. Die Soziallehren der christl. Ejrchen und Gruppen.
L Kapitel: Die Grundlagen in der alten Kirche. 2) Paulus. Siehe auch Archiv
f. Sozialwissenschaft u. Sozialpolitik, B. 26, 1908, 292—306 (Paulus).
Psychologie des Paulus: Th. Simon, Die Psychologie d. Anost.
f)
Paulus, Göttingen 1897. P. Gardner, The religious experience of S. Paul,
London 1911. F. Barth, La notion Paulinienne de H'vxrj, Rev. de theol. et
philos. 1911, 316-336.
Paulus und der Hellenismus: C. F. G. Heinrici, Zum Hellenis-
f). Paulus, Anhang zu d. Bearbeitung von Meyers Kommentar z. N. Test.^
VI. Abt., 8. A.; derselbe, Erklänin^ d. Korintherbnefe, Berhn 1887, 2. A. 1900
(H. sucht Paulus' Gedanken und Stil aus den hellen. Dichtem und Philosophen
abzuleiten). Gegen ihn E. Norden, Die antike Kunstprosa, Leipzig 1898, 2. Ab-
druck 1909, II, 493. Nachträge S. 3. E. Gurt ins, Paulus in Athen, Sitzungs-
berichte d. Berliner Akad. d. Wiss., Berlin 1893. E. Hicks, S. Paul and HeUe-
iiism, Studia bibl. et eccles. IV, Oxford 1896, 1 ff. Cb. Calippe, St. Paul et
le monde greco-romain, Annales de philos. chr^t. 142, 1901, 74—87. Bickel,
Über den gefälschten Briefwechsel Senecas mit Paulus, Rhein Mus. 60, 1905,
505 ff. H. Lietzmann, Handb. z. N. Test. III. Die Briefe d. Apost. Paulus I.
An die Römer. Tübingen 1906 (S. 8 über die natürl. Gotteserkenntnis, S. 14
über das natürl. Sittengesetz und die Belege aus philosophischen SchriftsteUem).
P. Wendland, Die hellen.-röm. Kultur in ihren Beziehungen z. Judentum und
Christentum, Tübingen 1907, 138 ff., 2. u. 3. Aufl. 1912 (über die hellenistischen
Einflüsse auf Paulus). N. Glubokowskij Die griechische Bildung des Apostels
,
Paulus, Hristianskoe Ctenie (Die christliche Lesung) 1907, I, 142 166, 347 bi& —
379, II, 1—30; derselbe, Der heilige Paulus und der Stoizismus, ebd. II, 387
bis 405, 513—533; derselbe. Die Heilsverkündigung des hl. Apostels Paulus nach
ihrem Ursprung und Wesen. II. Buch: Das „Evangelium" des hl. Apostels
Paulus und die Theosophie Philos, das Buch der Weisheit Salomos, der Helle-
nismus und das röm. Recht. Ergebnis, Petersburg 1910 (Russisch). Michelini,
Ta oxoixeTa rov xöofiov, Riv. stonco-crit. delle scienze teol. 1908, 10. H. C. Gie-
men, Religionsgeschichtliche Erklärung des Neuen Testaments, Gießen 1909,
261—268 (Paulus und sein Verhältnis zum Hellenismus). F. Pfister, Die
oxoixeM rov xoofxov in den Briefen des Apostels Paulus, PhUologus 69, 1910, 411
bis 427. A. Bonhöffer, Epiktet u. d. N. Test., Gießen 1911, 98-180 (Paulus'
Verhältnis zur Stoa und zur kynisch-stoischen Popularphilosophie). Vgl. dazu
K. Praechter, Lit. Zentralblatt 1#12, No. 3, 84-88. E. Vernon Arnold
Roman Stoicism, Cambridge 1911 (stoischer Einfluß auf das Urchristentum und
Paulus). Rüther, Stoisches z. Areopagrede d. Paulus, Theol. u. Glaube 1911,
228—230. A. E. Garvie, Did Paul borrow bis Gospel?, Expositor 1911, 343-356;
derselbe, The gentil influences on Paul, ebenda«, 1911, 470—474. K. Lincke,
Plato, Paulus u. d. Pythagoreer, Rhein. Mus. 70, 1911, 511 — 519 (Paulus soll an
den Timaeus u. andere piaton. Schriften anknüpfen). H. Böhlig, Zum Weltbild
des Paulus, Memnon 1911, 188—205.
R. Reitzenstein, Die hellenistischen Mysterienreligionen, ihre Grund-
gedanken u. Wirkungen, Leipzig 1910, 209 ff.: D. Entwicklungsgeschichte des
Paulus, 112—129, 160—204: Die Abhängigk. d. Paulus von dem Gedanken u. d.
Sprache der heilenist. Mysterienreligionen. Siehe auch den in diesem Abschnitt
unter a genannten Aufsatz von R. Reitzenstein, Religionsgeschichte und
Eschatologie.
h) Die Mystik bei Paulus: J. M. Campbell, Paijl the Mystic, London
1907. J. Stoffels, Die mystische Theologie MaKarius d. Ägypters', Bonn 1908,
Zu §4. Die neutest. Schriften. Jesus u. d. Apostel. Christentum u. HeUenismus. 19*
Über d. Essäismus vgl. El. Benamozegh, Storia degli Esseni, Firenze 1865.
A. Hilgenfeld, Der Essäismus und Jesu, in: Ztschr. f. wiss. Theol., X. Jahrg.,
1. Heft, 1867, S. 97—111, und Noch ein Wort über den Essäism., ebd. XI, 3, 1868,
S. 343 — 352. Wilh. Clemens, De Essenorum moribus et institutis, Diss. inaug.,
Königsb. 1868; dersell)e. Die Quellen f. d. Gesch. d. Essener in Ztschr. f. wiss. Th.,
XII, 3, 1869, S. 328—350; derselbe. Die essenisch. Gemeinden, ebd. XIV, 3, 1871,
S. 418-431. P. E. Lucius, Der Essenismus in seinem Verh. zum Judentum,
Straßb. 1881. E. Zeller, Zur Vorgeschichte des Christentums, Essener u Orphiker,
Ztschr. f. w. Th., 1899, 2, S. 195—269. ß. Tr ep li n Die Essenerquellen gewürdigt in
,
einer Untersuchung der in neuerer Zeit an ihnen geübten Kritik, Stud. u. Krit. 1900.
1, S. 28—92. A. Hilgenfeld, Noch einmal die Essäer, Ztschr. f. wiss. Th., 1900,
S. 180-211. P. Chapuis, L'influence de l'essenisme sur Ics origines chrötiennes,
—
Rev. de th^l. et de philos., 1903, S. 193 228. Poitcau, L'essdnisme, Revue
Augustinienne 1906, Avril. Ermoni, L'essenisme, Revue des questions bist.
79, 1906, 5 —
27. —
Daß die Therapeuten Philons die eine den Essäem
,
ähnliche, nur noch strengere Lebensweise geführt haben sollen, die Erfindung
eines unter dem Namen Philons schreibenden Christen seien, der das Mönchtum
verherrlichen wollte, hat Lucius dartun wollen: Die Therapeuten und ihre Ge-
schichte in der Askese. Eine krit. Untersuch, der Schrift De vita contemplativa,
Straßb. 1879; vgl. jedoch H. Weingarten, R. Encycl. f. prot. Th., Art. Alönchs-
tum, und Ad. Harn'ack, ebd., Art. Therapeuten. Gegen Lucius noch die Schrift
von L. Massebieau, Le trait<^ de la vie contemplative et la question des Th^ra-
peutes (aus Revue de l'histoire des relig.), Par. 1888. J. Nirschl, Die Thera-
peuten, Mainz 1890. M. Friedländer, Zur Entstehungsgeschichte d. Christen-
tums, Wien 1894 (über Essäer u. Therapeuten). F. C. Conybeare. Philo about
the contemplative life —
critically eaited with a defense of its genuineness,
Oxford 1895. P. Wendland, Die Therapeuten und die philonische Schrift vom
beschaulichen Leben. Ein Beitrag z. Geschichte d. hellenist. Judentums, Jahrb.
f. klass. Philol., 22. Supplementbd., Lpz. 1896. W. Bousset, Die Religion des
Judentums im neutest. Zeitalter, 2. A., Berlin 1906, 526—536 (Essener), 536 539 —
(Therapeuten). P. Heinisch, Die griech. Philosophie im Buche der Weisheit,
Münster 1908 (Alttestamentl. Abh., herausgeg. v. J. Nikel, I, 4), 150—154 (Der
Essenismus. Der Verfasser von Sapientia Sal. war kein Essener oder Therapeut);
derselbe, Christentum u. Judentum im letzten Jahrhundert vor Christus, Münster
1908 (Bibl. Zeitfrageu I. 12). P. Krüger, Hellenismus u. Judentum im helle-
nistischen Zeitalter 1908. E. Br^hier, Les id^es philos. et religieuses de Philon,
Paris 1908. Talmont, Philon et la pens^ chr^tienne, Revue Augustinienne
1908, Jan. H. Windisch, Die Frömmigkeit Philos u. ihre Bedeutung für das
Christentum, Leipzig 1909. K. S. Guthrie, The Message of Philo Judaeus of
Alexandria, Chicago 1909. K. Herzog, Spekulativ-psycholog. Entwicklung der
Grundlagen u. Grundlinien des philonischen Systems, Leipzig 1911. O. Stählin,
Die hellenistisch-jüdische Literatur in: W. v. Christ, Gescn. d griech. Literatur,
5. A., bearb von W. Schmid, II. T., 1. H., München 1911, 405-506. J. Fei-
ten, Neutest. Zeitgesch. od. Judentum und Heidentum z. Z. Jesu u. d. Apostel,
2 Bde., Regensburg 1911 (B. I. über Essäer und Therapeuten).
Siehe auch die Lit. oben unter I u. Grundr., Bd. I, 10. Aufl., § 68, S. 309,
312 ff. und S. 113*— 115*.
Zu § 4. Die neutest. Schriften. Jesus u. d. Apostel. Christentum u. Hellenismus. 21*
filosofico e religioeo nei prinii secoli cristiani, Riv. storico-crit. delle scienze teol.
1008, 3. H.; derselbe, II dualismo antropologico nel sincretismo religioso, eben-
das. 1908. 8 H. E. von Dobschütz, Griechentum und Christentum in: Das
Christentu;... Fünf Einzeldarstellungen, Leipzig 1908 (D. unterscheidet drei
Perioden d. Hellenisierung des Christenturas, die erste, in der das Christen-
tum sich mit ganzer religiöser Kraft dem Griechentum aufdrängt; die zweite, in
der das Griechentum diese neue Religion zu absorbieren sucht; die dritte, in der
das Christentum einen Kompromiß zwischen Evangelium und Griechentum schließt).
A. Harnack, Lehrb. d. Üogmengesoh. 1. 4. A., Tübingen 1909, 121—148 (jüa.
und griech.-röm. Philosophie), 496 ff. (Die Fixierung u. allmähliche Hellenisierung
d. Christentums als Glaubenslehre); aerselbe, Die Mission und Ausbreitung des
Christenturas i. d. ersten drei Jahrh., 2 Bde., 2. A., Leipzig 1906. M. Pohlenz,
Vom Zorne Gottes. Eine Studie über den Einfluß der griech. Philos. auf d. alte
Christent., Göttingen 1909 (Forsch, z. Rel. und Lit. d. A. und N. lest., herausgeg.
V. W. Bousset H. Gunkel, 12. H.). C. Giemen, Religionsgesch. Erklärung
u.
d. X. Testaments. Die Abhängigkeit des ältesten Christent. v. nichtjüdischen Re-
ligionen und philos. Systemen, Gießen 1909. W. Glawe, Die Hellenisierung des
Christenturas, Teil I, I. D., Berl. 1909. M. Wundt, Griechische Weltanschauung,
Leipzig 1910, 115 —
130 (Griech. u. christl. Weltanschauung). J. Lebreton, Lei
origines du dograe de la trinit^, Paris 1910 (L. 1 Le railieu hellenique). C. F. G.
:
Christent. aus der antiken Kultur, Jena 1910. E. B. Allo, L'Evangile en face
du syncr^tisme paien, Paris 1910. A. Bauer, Vom Griechentum z. Christentum,
Leipzig 1910 (Wiss. u. Bildung 78). Dagegen A. Kahr, Griechent. u. Christent.
Ein offnes Wort über A. Bauers usw.,Graz u. Wien 1911. Rauschen, D. orient.
Sonnenkult, u. s. Verhältnis zum Christent., Monatsbl. f. d. kath. Religionsunter-
richt 1911, 7, 204—209. F. Kluge, Der Mithrakult, Leipzig 1911 (Zusammen-
24* Literaturverzeichnis.
19Ki. O. Soeck, Geschichte des Untergangs der antiken Welt, 4 Bde., Berlin
1895-1911, I. B., 3. A. 1910. H. v. Schubert, Staat u. Kirche von Konstantin
bi> Karl den Gr., Rede, Kiel 1906. A. Drews, Plotin u. d. Untergang der antiken
M'eltanschauung, ]9(i7. A. Pieper, Christentum, röm. Kaisertum u. heidnischer
Staat, '^wei akad. Reden, Münster 1908. L. M. Hartmann, Der Untergang
der antiken Welt, 2. A., 1910. A. Dieterich, Kleine Schriften, heraus^, von
K. Wünsch, Leipzig-Berlin 1911, 449—539: Der Untergang d. antiken Religion.
Zu § 5. Judenchristentum, Heidenchristentum, katholische Kirche. 25*
bis zum Ende des 6. Jahrh., Tübingen 1859, 2. A. 1863. Albert fech wegler.
Das nachapost. Zeitalter in den Hauptmomenten seiner Entwicklung, Tübingen
1846. Reuß, Histoire de la theologie chr^tienne au siecle apostolique, 2 vols.,
Paris 1852. Albrecht Ritschi, Die Entstehung der altkatnol. Kirche, Bonn
1850, 2. Aufl. 1857. Thiersch, Die Kirche im apost. Zeitalter, Frankf. 1852,
3. Aufl., Augsb. 1879. Joh. Pet. Lange, Das apost. Zeitalter, Braunschweig
—
1853 1854. Ad. Hilgenfeld, Das Urchristentum in den Hauptwendepunkten
seines Entwicklungsganges, Jena 1855. Gerh. Vict. Lechler, D. apost. u. nach-
apost. Zeitalter, 3. Aufl., Karlsruhe 1885. Heinrich Holtzmann, Judentum u.
Christentum, Leipzig 1867 (bildet den zweiten Band der Schrift: Gesch. d. Volkes
Israel und der Entstehung des Christentums von Georg Weber und H. Holtz-
mann). Philipp Schaff, Gesch. d. christl. Kirche, Bd. I: Apost. Kirche, Mer-
cersbury 1851, 2. Aufl., Leipzig 1854, engl., New York 1853 u. ö. Gesch. der alten
;
Kirche bis zum Ende des sechsten Jahrh., engl., New York u. I^nb. 1859, 2. Aufl.
ebd. 1862, deutsch. Leipzig 1867, 2. Aufl. ebd. 1869 (vgl. Schaff, Die Person Jesu
Christi, Gotha 1865). J. Döllinger, Christentiun imd Kirche in der Zeit der
Grundlegung, 2. Aufl. 1868. Th. Keim, Rom und das Christeutiun. Eine Dar-
stellung des Kampfes zwischen dem alten u. neuen Glauben im römischen Reiche
während der beiden ersten Jahrh., aus Keims Nachlaß hrsg. von H. Ziegler,
Berlin 1881. C. Weizsäcker, Das apostolische Zeitalter der alten Kirche 1886,
3. Aufl., Tübingen u. Leipzig 1902. O. Pfleiderer, Das Urchristentum, seine
Schriften und Lehren, Berlin 1887, 2. A., 1902 (2 Bde.). Derselbe, Die Ent-
stehung des Christentums, München 1905, 2. A., 1906. G. Mercati, L'eta di
Simmaco ITnterprete e S. Epifanio, Modena 1892. L. Lemme, Das Juden-
christentum der Urkirche und der Brief des Clemens Rom., Neue Jahrb. der
Theol. 1892, 325 ff. R. Sohm, Kirchenrecht, Bd. I, 1892 (siehe auch weiter
unten). V. Ermoni, L'Ebionismc dans lY'glise naissante, Rev. des quest. hist.
66, 1899, 481—491. A. Harnack, Die Mission u. Ausbreitung d. Christentums
in den ersten drei Jahrh., Leipzig 1902, 2. A., 1906 (2 Bde.). J. Riviere, La
Sropagation du Christian, dans les trois premiers sifecles d'aprt-s les conclusions de
[. Harnack, Paris 1907. A. Harnack, Lehrb. d. Dogmengesch. I, 4. Aufl.,
—
Tübingen 1909, 162 166 (D. Auseinandersetzung mit d. Judentum), 310—334 (Das
Christentum der Judenchristen. Die Elkesaiten, Ebioniten, d. Pseudoclementinen).
P. Wernle, Die Anfänge unserer Religion, 1901, 2. A. 1904. G. Heinrici,
Das Urchristentum, Göttingen 1902. Sabatier, Les religions d'autorit^ et la reli-
gion de l'Esprit, Paris 1904. E. v. Dob schütz, Die urchristl. Gemeinden, 1902,
dei-selbe, Probleme d. apost. Zeitalters, Leipzig 1904. H. Weinel, Paulus. Der
Mensch und sein Werk. Die Anfänge des Christentums, der Kirche und des
Dogmas, Tübingen 1904. —R Knopi, Das nachapost. Zeitalter. Geschichte d.
christl. Gemeinden von Beginn d. Flavierdynastie bis zum Ende Hadrians, Tü-
bingen 1905. L. Charpennes, La Judee et le Jud^o-Christianisme au ler siecle.
Le Royaume de Dieu, Paris 1905. G. Hoen nicke. Das Judenchristentum im
ersten "u. zweiten Jahrh., Berlin 1908 (H. gibt in der Einleitung einen trefflichea
Überblick über die Gesch. d. Problems u. ein Verzeichnis d. Lit.). A- Seitz,
Die Kirche in ihrer Entstehung u. d. Katholizismus, Thcol. u. Glaube 1909, 6. H.
J. Chapman, La date du livre d'Elchasai, Rev. Bt''n<5dictine 26, 1909, 221—223.
R. Sohm, Wesen u. Urspning des Katholizismus, Leipzig 1909 (Abb. d. Königl.
Sachs. Ges. d. Wiss. Phil. -hist. Kl. 27, 10). A. Harnack, Entstehung u. Ent-
26* Literaturverzeichnis.
Wicklung d. Kirehenverfassung
u. des Kirchenrechts in den zwei ersten Jahrh.,
Ivcipzig 1910 (gegen Sohm). P. Batiffol, Urkirche u. Katholizismus, übera. u.
eingel. von F. X. Seppelt, Kempten u. München 1910. A. Schmidtke, Neue
Fragmente u. Unters, zu den juaenchristl. Evangeüen. Ein Beitrag zur Lit. u.
Gesch. der Judenchristen. Leipzig 1911 (Texte und Untersuch. 3?, 1). C. T.
Lipshytz, Der Ebionitismus in der Judenmission oder Ohrißtentura u. national-
jüdisches Bewußtsein. Vortrag, Leipzig 1912 (Schriften, d. Inst. Judaic. in Berlin
Nr. 41). J. Müller, Die Entstehung des persönl. Christentums d. paulin. Ge-
meinden, 2. A., Leipzig 1911. P. A. Leder, Das Problem der Entstehung des
Katholizismus, Zeitschr. d. Savigny-Stiftung f. Rechtsgeschicht«, Bd. 32, Kano-
iiistische Abt. I, Weimar 1911. M. Freimann, Wie verhielt sich das Judentum
zu Jesus und zu dem entstehenden Christentum? Mon^tsschr. f. Gesch. u. Wiss.
des Judentums 55, 1911. O. Scheel, Zur Frage des Urchristentums u. Katho-
lizismus, Theol. Rundschau 14, 1911, 331 350. —Parting of the roads. Studies in
the development of Judaisra and early christianity, by members of Jesus College,
Cambridge 1912. H. Achelis, Das Christentum in den ersten 3 Jahrh., L Bd.,
Leipzig 1912 (88—221: Die heidenchristl. Gemeinden; 222-250: Das Ende des
Judenchristentums). Scheel, Zum urchristl. Kirchen- u. Verfassungsproblera,
Theol. Stud. u. Krit. 1912, 3, 403-457. —
Siehe auch die Lit. oben § 4, XV und
§ 3, VI.
Leipzig 1909 (Texte u. Unters. 34, 2b). Vgl. dazu die Kritik von E. Krebs,
Der Logos als Heiland im ersten Jahrhundert, Freiburg 1910, 8. 94 A. 1. O. Bar-
denhcwor, Patrologie, 3. A., P'reiburg 1910, ö. 23—27. Kellner, Wer war
Klemens von Rom?
Der Katholik, 1911, 161—173 (Klemens war der Sprößling
einer jüdischen Familie in Rom).
b) Pseudo-Clemens (dicRekognitionen u. Homjlien):A. Hilgen-
feld. Die dement. Rekogn. u. Homilien, Jena 1848; der»., Über die Komposition
der Clement. Homilien, in: Zellers Theol. Jahrb 1850, 1 ff., auch ebd. 1854, 4.
,
Pseudo-(;lementinorum, Dies., Breslau 16^6. Ch. Bigg, The Gl. Hom., Studies
Bibl. et Eccl. II, Oxf. 1890, S. 157 — 193. J. Langen, Die Clemensromane, ihre
Entstehung und ihre Tendenzen aufs neue untersucht, Gotha 1890. Vgl. dazu
A. Brüll, Theol. Quartalschr. 73, 1891, S. 577-601. F. J. A. Hort, Notes intro-
ductory to the study of the Clementine recognitions, London 1901. A.C. Head-
lam, The Clementine Literature, Journal of theol. studies 3, 1902, 41 58. H. U. —
Meyboom, De Clemens-Roman. 2 Bde., Groningen 1902—1904. J. Bergmann,
Les Clements juifs dans les Pseudo-Clementines, Rev. des Et. juives, 1903, S. 89 bis
98. A. Harnack, Chronologie II, Leipzig 1904, S 518—540. Derselbe, Dog-
mengeschichte I, 4. A., S. 332 f. H. Waitz, Die Pseudoklementinen, Leipzig
1904 (Texte ,u. Untersuchung. 25, 4). Bousset, Göttingische gelehrte Anzeigen
1905, S. 425 ff. A. Hilgenfeld, Der Klenens-Roman, Zeitschr. für wiss Theol.
49, 1906, S. 66—133. J. Geff cken, Zwei griech. Apologeten. Leipzig 1907, 274
bis 2(7. W. Bousset, Hauptprobleme der Gnosis, Göttingen 1907, S. 136 ff.,
171 ff. J. Chapman, On the Date of the Clementines, Zeitschr. für neutest.
Wiss. 1908, S 21—34, 147—159 (Die Clem. sind in Syrien und Palästina in der
zweiten Hälfte des 4. Jahrh. entstanden und arianischen Urspnnigs. Die Grund-
schrift entstand nach dem Konzil von Nicäa). O. Barden hewer, Patrol., 3. A.,
Freiburg 1910, S. 66—68. Kellner, Wer war Klemens von Rom oder Kl. von
Rom u. die sog. Kleraens-Romane, Der Katholik 1911, 161 173 (Die Haupt- —
schriften stammen aus der Mitte d. 2. Jahrb.).
V. Polykarp.
Funk, Die Echtheit Ignatianischen Briefe, Tübingen 1883, S. 14—42
d.
(Der Polyliarpbrief). G. Volkmar, Epist. Polyc. Smyrn. genuina, Turici 1885;
derselbe, Theol. Zeitschr. aus d. Schweiz 3, 1886, S. 99—111. A. Hilgenfeld,
Der Brief des Polykarpus an d. Philipper, Ztschr. f. wißs. Theol. 29, 1886, S. 180
bis 206. J. M. Cotterill, The Epistle of Polyk. to the Philippians and the
Homihes of Antiochus Palaest, Joum. of Philol., 1891, S. 241—285. CTaylor,
ebd. 1892, S. 65—110 (gegen Cotterill). Th. Zahn, Forschung, zur Gesch.
d. neutestamentl. Kanons IV, 1891, S. 249—283 (über Polyk. Leben). A. Har-
nack, Chronologie I, Leipzig 1897, 381—388. ß. Jackson, St. Polykarp,
Bishop of Smyma, London 1898. P. Corssen, Das Todesjahr Polykarps, Zeit-
schrift für neutestam. Wiss. 3, 1902, S. 61-82 (Polyk. Todesdatum 23. Febr. 155).
V. Schweitzer, P. v. Sm. üb. Erlösung u. Rechtfertig., Theol Quartalschr. 1904,
S. 91 —109. E. Sohwartz, De Pionio et Polycarpo 1905; derselbe, Christi, und
jüd. Ostertafeln, Berlin 1905 (Abh. d. Königl. Ges. d. Wiss. zu Göttingen, philos.-
hist. Kl. VIII, 6), S. 125—138, Todesdatum Polyk. 22. Febr. 156). H. Müller,
Zur Überlieferungsgesch. d. Polykarp-Martyriums 1908; derselbe, Rom. Quartal-
schrift 1908, 1—16. O. Bardenhewer, Patrol. 3. A., Freiburg 1910, S. 32-34.
Funk, Kirchenlexikon, 2. A., S. 145 154. —
YI. Ignatius Ton Antiochien.
Vgl. Rieh. Rothe, Über d. Echtheit der ^natianiechen Briefe, im Anhang
zu seiner Schrift über Auf. d. christlich. Kirche. Bd. I., Wittenberg 1837.
d.
W. Cureton, Vindiciae Ignatianae, London 1846. (Die syrische Rezension ent-
halte die echten Ign. Briefe.) Bunsen, Die drei echten und die vier unechten
Briefe des Ignatius von Antiochien, Hamb. 1847, Ignatius von Antiochien u. s.
Zeit. ebd. 1847. Chr. Ferd. Baurs Untersuchungen üb. d. ign. Briefe, Tübing. 1848;
femer Uhlhorns, Hilgenfelds u. a. Untersuchungen, wonach d. syrische Text
ein Auszug aus dem griechischen ist. Friedr. Böhringer, Kirchengesch. der
drei ersten Jahrhunderte, 2. A., Zürich 1861, S. 1—46, der eine genaue Analyse
der Briefe gibt. Richard Adalbert Lipsius, Über das Verhältnis des Textes
der drei syrischen Briefe des Ignatius zu den übrigen Rezensionen der Ignatia-
nischen Literatur, Leipzig 1859, auch in: Abh. für die Kunde des Morgenlandes,
Lpz. 1859 u. 1861 (f. d. Priorität der in syrischer Sprache auf uns gekommenen
Rezension), und anderseits wiederum A. Merx, Meletemata Ignatiana, Halle 1861.
J. Nirschl, D. Todesjahr d. h. Ignatius v. Ant. und d. drei oriental. Feldzüge
des Kaisers Trajan, Passau 1869. Theod. Zahn. Ignatius v. Antiochien, 1873
(Z. tritt für die Echtheit der sieben Briefe ein). Th. Dreher, S. Ignatü episc.
Antioch. de Christo deo doctrina, Pr., Sigmaringen 1877. A. Harnack, Die Zeit
des Ignatius und die Chronologie der antiochenischen Bischöfe usw., Lpz. 1878;
derselbe ,Chronologie I Leipzig 1897
, S. 388 , —
406 (H. gibt die im vorigen
Werk vertretene Ansicht vom Tode des Ign. um 138 auf). J. Nirschl, Die
Theologie des heil. Ignatius —
aus seinen Briefen dargest., Mainz 1880. Fr. X.
Funk, Die Echtheit der ignatian. Briefe, Tübingen 1883. Killen, The Ignatian
epistles entirely spurious, Edinb. 1886. D. Völter, Ignatius-Peregrinus, Theol.
Tijdschr. 1887, S. 272—320. R. C. Jenkins, Ignatian Difficukies and Historie
Doubts. London 189C). J. R^ville, Etudes sur l'origine de l'^piscopat. La
valeur du tämoignage d'Ignace d'Antioche, Paris 1891; derselbe, L^ ongines de
l'^piscopat I, Paris 1894, 442—520. Ed. v. d. Goltz, I. v. Ant. als Christ und
Theologe, in Texte u. Untersuch, zur Gesch. d. altchristi. Lit., 12, 3, Leipz. 1894.
D. Völter, Die Ignatianisch. Briefe auf ihren Urspr. untersucht, Tübing. 1892.
E. Bruston, Ignace d'Ant., ses ^pitres, sa vie, sa th^logie, Par. 1897. A. Har-
nack, Das Zeugnis, d. Ign. über d. Anseh. d. römisch. Gemeinde, Ber. d. Berl.
Ak., 1896, S. 111—131. Vgl. dazu J. Chapman, Revue B^n^ictine 13, 1896,
385—400; Funk, Kirchengesch. Abhandl. u. Unters. I, Paderborn 1897, 1-23.
C. D. Holzhey, Die beiden Rezensionen der Ignatiusbriefe u. d. apostolische
Didaskalia, Theol. Quarialschr. 1898, S. 380—390. A. Amelungk, Unter-
suchungen über Pseudo-Ignatius. E. Beitrag zur Gesch. einer Uterarischen Fäl-
schung, Diss., Marb. 1899. A. HilgenfeJd, D. Ignatiusbriefe u. d. neueste Ver-
teidigung ihrer Echtheit, Ztschr, f. w. Th., 1903, S. 171—194. W. Koch, Theol.
Quartalschr. 1904, 208—232. H. P. Schim van der Loeff, Onderzoek naar
de herkomst en de strekking der zeven Brieven van Ignatius in de körte recensie,
Zu § 7. Der Gnostizismuß. 31*
Zu § 7. Der Onostizismus.
I. Der Gnostizismns im allgemeinen.
Neander, Genetische Entwicklung d. vornehmsten gnostischen Systeme,
Berlin 1818; derselbe, Kirchengesch. I, 2, 2. A,, S. 631 ff. J. Matter, Hist.
crit. du gnosticisme 1828, 2. ^d. 1843. Möhler, Ursprung des Gnostizismus,
Tübingen 1831. Ferd. Christ. Baur, De gnosticorum christianismo ideali,
Tübing. 1827; Die christl. Gnosis od. Religionsphil., Tübing. 1835; Das Christent.
der drei ersten Jahrb., 2. A., Tübing. 1860, S. a75-234. J. Hildebrand, Philo-
sophiae gnosticae origines, Berol. 1839. R. A. Lipsius in: Ersch und Grubers
Encycl. I, 71, bes. abg. Lpz. 1860, und an manchen Stellen seiner Schrift: Zur
Quellenkrit. des Epiph., Wien 1865; derselbe, Die Quellen d. ältest. Ketzergesch.
neu untersucht, Lpz. 1875. J. Huber, Die Philos. d. Kirchenväter München 1859,
26—46. Wilh. Möller. Gesch. der Kosmologie in d. griech. Kirche bis auf
Origenes, Halle 1860, S. 189—473. A. Hilgenfeld, Der Gnostizismus und die
Philosophumena, in: Ztschr. f. wiss. Theol., V. Jahrg., Halle 1862, S. 400-464;
Der Gnostizismus u. das neue Testament, in: Zeitschr. f. wise. Theol., Jahrg. XIII,
32* Literaturverzeichnis.
—
Leipzig 1S7Ö, S. 233 27.'); derselbe, Die Ketzergesohichte des Urchristentums,
Leipzig 1884; derselbe, .Tudentuiu und .Tudenchristentum, Lpz. 188G. W. King,
The Gnosti<'s and their remains 1873. Weingarten, Umwandlung der ur-
sprünglichen Gemeindeorganisation zur katholischen Kirche, Histor. Zeitschrift
45, 1881, S. 441-4G8; s. auch Ztschr. f. wiss. Theol., .lahrg. XXXIIl, 1890, 8. I
bis 03. C. Kessler, Über Gnosis und altbabjlon. Religion, Verhandlungen des
ö. international. Orientalistenkongr., Berl. 1882, !<. 288-305. W. IJranat, Die
«landäische Kelig., Lpz. 1889; derselbe, Jahrb. für prot. Theol. 18: Über das
{?chicksal der Seele nach d. Tode nach parsischen und mandäischen Vorstellungen.
Derselbe, Mandäische Schriften, Göttingen 1893. E. Ani61ineau, Essai sur le
gnosticisme egyptien, Lyon 1887. A. Jiarnack, Zur (.iucllenkritik der Gesch.
des Gnostizismus, Leipzig 1873; derselbe. Zur Quellenkritik der Geschichte
des Gnostizismus, in: Zeitschr. f. hist. Theol., 1874, II, S. 143—226; derselbe,
Chronologie I. Leipzig 1897, 289—311, ,533—541, 712 ff.; derselbe, Lehrb. der
Dogmengeschichte I, 4. A., Tübingen 1909, Kapitel 4-G, S. 243-334. H. L.
Man sei, The Gnostic heresies of the first and second centuries — , ed. by
B. Lightfoot, Lond. 1875. M. Joel, Blicke in die Religionsgesch. zu Anfang
des 2. christl. Jahrh. 1. Der Talmud und die griech. Spr. nebst 2 Exkursen:
a) Aristobul, d. sog. Peripatetiker, b) D. Gnosis, Breslau u. Lpz. 1880. G. Koff-
mane. Die Gnosis nach ihrer Tendenz u. Organisation (12 Thesen), Bresl. 1881.
A. Stöckl, Gesch. d. christl. Philos. z. Z. d. Kirchenväter, Mainz 1891, 31—57
(Der Gnostizismus). A. Dieterich, Abraxas 1891; derselbe, Eine Mithras-
liturgie 1903, 2. A., 1910. K. Schmidt, Gnostißche Schriften in koptischer
Sprache, aus d. Cod. Brucianus herausgeg., übers, u. bearbeitet, Texte ii. Unters,
zur Gesch. der altchristl. Lit., hrsg. von O. v. Gebhardt u. Harnack, VIII,
1 U.2, 1892. Siehe dazu Preuschen, Theol. Lit.-Z. 1894, S. 183-187; K. Schmidt,
Koptisch-gnostische Schriften I, Lpz. 1905 (Griech. Christi. S<"hriftsteller d. erst.
3 Jahrhunderte); derselbe, Irenäus und seine Quelle in adv. haeres. I, 29, Philo-
tesia, Festschrift f. P. Kleinert, Berlin 1907, S. 317-336. J. Kunze, De histo-
riae gnosticismi fontibus, Lipsiae 1894. W. Anz, Zur Frage nach dem Ur-
sprung des Gnostizismus, Texte und Untersuchung., 15, 4, Leipzig 1897 (sieht die
Lehre vom Aufstieg der Seelen durch die Welten der großen Are honten zum
höchsten Gott als die altgnostische Zentrallehre an). Fried länder, Der vor-
christliche jüdische Gnostizismus, Göttingen 1898. K. Schmidt, Biotins Stellung
zum Gnostizismus u. z. kirchl. Christentum, Leipzig 1900, Texte u. Unters. 20, 4.
Liechtenhan, Die Offenbarung im Gnostizismus, 1901 derselbe, Art. Gnostizismus
;
schen Mysterienreligionen, Leipzig- Berlin 1910, 38— 42, 112 -136. 0. Gruppe,
Griech. Mythologie u. Religionsgeschichte, München 1906 (Handb. d. klass. Alter-
tumsw. V, 2). J. Tixeront, Hist. des dogmes I, 3e 6d, Paris 1906, 187—207.
F. Loofs, Leitfaden d. Dograengesch., 4. A., Halle 1906, 104—114. Buonaiuti,
Lo Gnosticismo, Roma 1907 derselbe,
; A proposito di gnosticismo, Riv. storico-
critica delle scienze teol. 1907, 5. H, Vgl. dazu J. Burel, Riv. d'hist. et de litt,
relig. 12, 1907, 179—183 und P. Batiffol, Le gnosticisme d'aprfes Buonaiuti,
Bullet, de Ut. eccl^s. 1907 (Juni). S. 165 ff. P. Wendiand, Die Hellenistisch-
Römische Kultur in ihren Beziehungen z. Judentum u. Christentum, Tübing. 1907,
S. 161—179 (Synkretismus und Gnostizismus). W. Bousset, Hauptprobleme der
Gnosis, Göttingen 1907 (Eme treffliche Herausarbeitung d. gnostischen Haupüehren
u. Aufsuchung ihres historischen Ursprungs); derselbe, Art. Gnosis u. Gnostiker in
Pauly-Wissowa, Rcalenzyklop. d. klass. Alterturasw. 7, 1911, 1503 -1547. J. Stof
fels", Die mystische Theologie Makarius des Ag.ypters, Bonn 1908, 44-51 (Die
mvstische Theologie d. Gnostizismus). J. Geffeken, Aus d. Werdezeit d. Christen-
tums, 2. A.. Lpz. 1909, S. 117—125. O. Bardenhewer, Patrologie, 3. A.,
Freiburg 1910, S. 58—65. W. Schultz, Documenta d. Gnosis, Jena 1910 (Die
Einleitung handelt über die Gnosis als Ganzes, über ihren Ursprung, ihre Ver-
breitung, ihre Lehrer und Lehren). Siehe dazu P. Koetschau, Theol. Litera-
turz. 1911, 649-652 und O. Stählin, W^ochenschr. für klass. Phüol. 1910, 1202
bis 1204. W. Köhler, Die Gnosis, Tübingen 1911 (Religionsgesch. Volksbücher
IV, 16). L. Duche&ne, Hist. ancienne de l'^glise I, 5e ed., Paris 1911, S. 153
Zu § 7. Der Gnostuismus. 33*
V. Apelles.
A. Harnack, De Apellis Gnosi monarchica, Leipzig 1874; derselbe, Sieben
neue Bruchstücke der Syllogismen des Apelles (aus Ambrosius), Leipzig 1890,
Texte u. Unters. 6, 3, S. 111-120; derselbe, ebd. 1900, 20, 3, S. 93-100. A. Hilgen -
feld. Die Ketzergesch. d. ürchristent., Leipzig 1884, S. 522—543 (Marcion und
ApeUes).
YL Karpokrates.
Meyboom, TheoL Tijdschrift 1906, S. 491—520.
Köstlin, Die gnost. Syst. d. Buches Pistis Sophia, Theol. Jahrb., Tüb. 1854,
S. 1—104, 137-196. Lipsius in den Jahrgängen 1863 und 1864 der Hilgen-
feldschen Ztschr. f. wiss. Theol. Job. Nep. Gruber, Über d Ophiten, Inaug.-
Diss., Würzb. 1864; derselbe. Dictionary ot Christ, biogr. IV, 405— 41.'> A.Kö-
nig, Über die Ophiten, Beiträge zur' Geschichte des jüdischen (inostizismus,
Berlin 1889. A. Harnack, Über das gnostische Buch Pistis Sophia. Leipzig
1891, Texte und Untersuchungen 7, 2, S. 1—114; derselbe, Chronologie 11,
Leipzig 1904, 193-196. Meyboom, Theol. Tijdschrift 1904, S. 136—162.
Gran g er, The Poemandres, Journ. of Theol. Studies 5, London 1904, 352—412
(Pistis Sophia u. Jeü sind ursprünglich koptisch abgefaßt). Reitzenstein, Poi-
Ueber weg, Grundriß n. ^'
34* Literaturverzeichnis.
VIIL Basilides.
und: Das Christentum der drei ersten Jahrb., 2. A., 1860, S. 204—213. Lipsius,
Zur Quellenkritik des Epiphanius, Wien 1865, S. 100 f. P. Hofstede de Groot,
Basilides am Ausgange oes apostol. Zeitalters als erster Zeuge f, Alter u. Auto-
rität nentes tarnen tl. Schriften, insbesondere des Johannis-Evangel. Deutsche verm.
Ausg., Leipzig 1868; vgl. ferner auch Abhandlungen in der von Hilgenfeld
herausgegebenen Ztschr. für wiss. Theol., z. B. Hilgenfeld, Der Basilides des
Hippolytus, aufs neue geprüft, Bd. 21, S. 228—250. Funk, Ist der Basil. der
Phüosophumena Pantheist? in- Theol. Quartalschr. 63, 1881, S. 277-298.
Th. Zahn, Gesch. d. neutestam. Kanons I, 1888-1889, S. 763—774. J. Ken-
nedy, Buddhist gnosticism, the System of Basilides, Journ. of the Royal Asiat.
Soc." 1902, S. 377-415. H. W indisch. Das Evangelium d. Basilides, Zeitschr.
f.neutestam. Wiss. 7, 1906, S. 236 246. — Mestre, El budismo y el basilidismo,
La Ciencia Tomista 1910/11, No. 11.
IX. Yalentinus.
X. Ptolemäus.
XI. Bardesaiies.
Aug. Hahn, Bardesanes gnosticus Syrorura primus hvmnoiogus, Lips. 1819.
Die Stellen aus dem Fihrist bei Flügel, Mani, Leipzig 1862. S. 161 f. u. S. 35G f.
A. Merx, Bardesanes von Edessa, Halle 1 863. A. Hilgenfeld, Bardesanes, der
letzte Gnostiker, Leipzig 1864. Boll, Studien über Claudius Ptolemäus, Jahrb. f.
kla.ss. Philol., 21 Suppleraentb. 1894. G. Krüger, Kealenzykl. f. prot. Theol. 2,
1897, 400-403. Fr.Nau, üne biographie in^ite de ßardesasies, Paris 1897; der-
selbe, Bardesane l'astrologue, le livre des lois de pays, 1899 derselbe, Bardesanes,
;
XIL Mani.
J. de Beausobre, Histoire crit.et du Manicheisrae, Amster-
de Manich^e
dam 1734-1739. K. A. v. Reichlin-Meldegg, Die Theologie des Magiers
Manes u. ihr Ursprung, Frankfurt 1825. A. F. V. de Wegnern, Manichaeorum
indulgentias cum brevi totius Manichaeismi adumbratione e fontibus descripsit,
Leipzig 1827. F. Chr. ßaur, Das manich. Religionssystem, Tübingen 1831.
F. E. Coldit, Die Entstehung des manich. Religionssystems, Lpz. 1831. P. de
Lagarde, Titi Bostreni contra Manich. libri quatuor syriace, Berol. 18.59; derselbe,
Titi Bostreni quae ex opere contra Manichaeos edito in codice Hamburgensi servata
sunt graece, Berol. 1859. J. Sicken berger, Titus v. Bostra, Leipzig 1901, Texte
u. Unters. 21, 1. Flügel, Mani und seine Alexis
Lehre,
Leipzig 1862.
Geyler, Das System sein Verh. zum Buddhismus,
des Maniehäismus und
Jena 1875. Konr. Keßler, Mani. Forschungen üb. d. manichäische Relig.,
1. Bd., Berl. 1889; derselbe, Realencyclopädie f. prot. Theol. 12, 3. A. 1903,
193—228. E. Rochat, Essai sur Mani et sa doctrine, Genfeve 1897. A. Du-
fourcq. De Manichaeismo apud Latinos quinto sextoque saeculo atque de latinis
apokryphis libris, Thfese, Paris 1900. Brückner, Faustus von Mileve. Ein Bei-
trag zur Gesch. des abendländ. Maniehäismus 1901. W. Bousset, Hauptpro-
bleme der Gnosiä, Göttingen 1907. C. Salem ann, Manichäische Studien I,
St. Petersburg 1908. F. Cumon t, Recherches sur le Manich^isme I, La Cosmogonie
manich^enne d'aprfes Theodore Barkhoni, Bruxelles 1908. A. Harnack, Lehrb.
der Dogmengescn. II, 4. A., Tübingen 1909. Beigaben I. Der Maniehäismus
S. 513-527. E. de Stoop, Essai sur la diffusion du Manich. dans rempire
romain, Gent 1909. Vgl. dazu F. Cumont, Revue d'hist. et de ht, relig. 1910,
S. 31-43. L. Duchesne, Hist. ancienne de l'^glise I, 5e ^d., Paris 1911,
—
S. 55.5 566.
'^noloytjröjv tov öevitQov y.ai rgitov aiojrog, iv 'AOtjvai? 1876. R. Maria iio, Le
apologie nei prinii tre secoli delia chiesa; le caj^ioni e gli effetti, Napoli 1888.
G. Schmitt, IMe Apologie der drei er.sten Jahrhunderte in hist. System. Darst.,
Mainz 1890. J. Zahn, Die apologet. Grundgedanken in der Literat, der drei
ersten Jahrhunderte systematisch dargestellt, Würzburg 1890. A. StöckI, Ge-
schichte der christlichen Philos. z. Z. der Kirchenväter, Mainz 1891, 72-103.
G. Mayer, I). altchristl. Apologetik in ihrer normativen Bedeutung, Neue kirchl.
Zeitschr. 3, 1892, 572—587. O. Kitschi, Die christl. Apologetik in d. Vergangen-
heit und ihre Aufgabe in der Gegenwart, Theol. 8tud. u. Krit. 1892, 143 173.
A. Seitz, Die Apologie des Christentums bei den Griechen des 4. und 5. Jahr-
hunderts, Würzburg M. Faulhaber, Die griech. Apologeten der klass.
1895.
Väterzeit. LB.: Eusobius von Caesarea, Würzburg 1895. W. B. Green, The
metaphysics of christ. apologetics, Presb. Kcv., 1898 ff. L. Laguier, La möthode-
apologötique des p&res dans les trois premiers sifecles. Paris 1905. A. Harnack,
Der Vorwurf des Atheismus in den ersten drei Jahrhunderten, Leipzig 1905 (Texte
und Unters. 28, 4). J. Martin, Aporog(5tic^ue traditionelle. Ire partie: Les cinq
Premiers siecles, Paris 1905. J. Feuerstein, Die Apologie Tatians und der
übrigen griech Apologeten d. 2. Jahrh. Mit einleitender Gottes- u. Schöpfun^s-
lehre. J. D., Münster 190Ö. J. Tixeront,
Hist. des dogmes T, 3e 6d., Paris 1900,
221 —246 (Les Apologistes du Ile F. Loofs, Leitfaden d. Do";mengesch.
sifecle).
IL Quadratus.
Th. Zahn, Der älteste Apologet d. Christent., Neue kirchl. Zeitschr. 1891,
281 —287; Forschungen zur Geschieh, des neulestamentl. Kanons usw.,
derselbe,
6. 1900, 41-53. A. Harnack, Chronologie I, Leipzig 1897, 269-271. O. Bar-
de nhewer, Gesch. der altkirchlichen Lit. 1. 1902, 168-171.
III. Aristides.
IV. Justinus.
a) Allgemeine Darstellungen: Karl Semisch, Justin der Märtyrer,
2 Bde., Breslau 1840-1842. (Die ältere Literatur zitiert Semisch Bd. I, S. 2
—4). C. Otto, Ersch u. Grubers Encvclopädie, Leipzig 1853. Yolkmar, Die Zeit
Justins des Märt., Thecl. Jahrb. 1855', S. 227 ff., 412 ff.. 569 ff. Barth. Aub^,
vS. Justin Philosophe et Martyr. Etüde critique sur l'apolog^tique chr^tienne au
II. si^le, 1861, nur mit neuem" Titelblatt 1875. M. v. Engelhardt, Das Christen-
tum Justins des Märt. Eine L'nters. über die Anfänge der kathol. GIfubenslehre,
Erlangen 1878; dagegen Ad. Stählin, Justin d. M. u. sein neuester Beurteiler,
Lpz. 1880, auch Hnr. Behm. Bemerk, z. Christentum Justins d. M., in: Ztschr.
f. k. W. u. k. Leb.. 1882, S. 478-491, 627—636. Th. Zahn. Stud. zu J. M.,
Ztschr. für Kirchengesch., 1885, S. 1-85. Ch. E. Freppel, Les Apologistes
cWtiens au IL siecle. Saint Justin, 3. 6d , Par. 1886. G. T. Purves, The
testimony of J. M. to early Christianity, N. Y. 1889. B. Grün dl, De inter-
polationibus es S. Justini "philos. et m'art. Apologia secunda expungendis, Pr.,
Augustae Vindel. 1891. Paul, Zur Erklärung der beiden Apologien des Justinus
Martyr. Jabrbb. f. klass. Philologie 1891. W. Flemming, Zur Beurteiliuig des
Chrißtentums Justins d. Märtyrers, Leipzig 1893. F. Emmerich, De Justini
Phil, et Mart. apologia altera,' I.-D., Mona.st. 1893 (gegen Grün dl). A. Eber-
hard. Athenagöras nebst einem Exkurs über das Verhältnis der beiden Apo-
logien des h. Justin zueinander, Pr., Augsburg 1895. A. Harnack, Chrono-
logie I, Leipzig 1897, 274-284. Tb. M. Wehofer, Die Apologie Justins, des
Philosophen und Märtyrers, in literarhistor. Beziehung zum erstenmal untersucht,
Rom. Quartalschr. für' christliche Altertumskunde, 6. Suppl.-Heft, Freiburg 1897
(Versuch des Nachweises , daß die Form der Apologie die einer Eede ist).
Siehe dagegen G. Rauschen, Die formale Seite der Apologie Justins, Theol.
—
Quartalschr., 1899, S. 188 206 und J. M. Pf attisch in der unter b genannten
Schrift: Der Einfluß Piatons usw. '/^. AsßevröjtovXo?, 'HA y.ai fj B anco'/.oyia
XoioTtavcöv 'lovazivov (fi).oo6<pov xal näQzvoo; xat 6 y.axä E/.'/.tjvojv ).6yog Auavaaiov
Tov «fvä/of, Diss., Erlangen, h'A-^tjv. l9lX). J. A. Cramer, Die erste Apologie
Justins: Zeitschr. für d. neutestam. Wise. 5, 1904, 154—162, 178-190; 6, 1905,
347—368. J. Rivi&re, St. Justinet les apologistes du second siecle, Paris 1907.
J. Geffcken, Zwei griech. Apologeten, Leipzig 1907, 97-104. P. Heinisch,
Der Einfluß Philos auf die älteste christl. Exegese. Münster 1908 (Alttestamentl.
Abh., herausgeg. v. J. XikeJ, I. 1 u. 2. Behandelt wird die allseitige Beein-
flussung Justms durch Philo i. F. C avaller a, La notice de Photius sur saint
Justin, Rech, des sciences religieuses 1, 1910, 487—493. O. Bardenhewer,
Patrologie, 3. A., Freiburg 1910, 38 ff. A. B^ry, Saint Justin, Paris 1911.
b) Justins Stellung zur Philosophie: W. Möller. Die Kosmologie
in der griech. Kirche bis auf Origenes, Halle 1860, S. 112—188 (über J.s Kos-
mologie). Thümer. Über den Platonismus in den Schriften des Justinus Mart.,
Glauchau, Progr. d. Realsch., 1880. C. C lernen. Die religionsphilosoph. Bedeutung
d. stoisch-christlichen Eudämonismus m
Justins Apologie, Leipzig I89l'. E. de
Faye, De Tinfluence du Tim^e de Plaion sur la th^ologie de Justin. Martyr.
(Biblioth&que de l'^cole des hautes etudes. Sciences religieuses. B. 7, 1896, 169
187) J. M. Pfättisch, Christus und Sokrates bei Justin: Theol. Quartalschr.
90. 1908, 503-523; derselbe, Piatons Einfluß auf die Theol. Justins: Der Katholik
19C»9, 1, 401—419; derselbe. Der Einfluß Piatons auf die Theologie Justins des
Märtyrers. Eine dogmengeschichtl. L'ntersuchung nebst einem Anhang über die
Komposition der Apologien Justins, Paderborn 1910 (Forsch, zur christl. Lit. und
Dogmengesch. X, li. Vgl. dazu A. L. Feder, Lit. Rundschau 1912, 2, 72—73.
M. Grabmann, Die Gesch. d. scholastischen Methode, Bd. I. Die scholast.
Methode in ihren Anfängen in d. Väterliteratur bis zum Beginn d. 12. Jahrb.,
Freiburg 1909, S. 70 f.
38* Literaturverzeichnis.
F. Bosse, Der präexistente Christus des Jußtinus Martyr, eine Episode aits d.
Cresohiohte des christologischen Dogmas, I. D., Greifswald 1891. A. Har-
nack. Chronologie L Leipzig 1897, 274—284, 508, 512 ff. A. L. Feder,
Justins des Märtyrers Lehre v. Jesus Christus, dem Messias und d. mensch-
gewordenen Sohne Gottes. Freiburg I90o (Die Logoslehre Justins stammt in
ihrem Hauptinhalt nicht aus d. griech. Philosophie und nicht aus d. philonisch-
alexandrinischen Theosophie). Die unter b erwähnte Schrift v. J. M. Pfättisch.
Puderborn 1910.
e) Justins Theologie: C. Weizsäcker, Die Theol. d. M. Justinus:
Jahrb. f. d. deutsche Theolog. 12, 1867. 60—119. J. Sprinzl, Die Theol. d. hl.
Justinus d. M. Theol. pratt. Quartalschr. 1884— 18S6.
: H. Windisch, Die
Theodizee d. chrLstl. Apologeten Justin. I. D., Leipzig 1906. W. Borne mann.
Das Taufsynibol Justins d. Mart. Zeitschr. f. Kirchengesch. 3, 1879, 1 27.
: —
J. Wilpert, Fractio panis. Freiburg 1895, 42—65: Die eucharistische Feierzur
Zeit des hl. Justinus Martyr. A. Harnack. Texte und Untersuchungen «, 2,
1891, 115—144 tJustins 'Eucharistielehre). Vgl. dazu Funk in: Theolog.
Quartalschr. 74, 1892. 643—659 (.\uch Kirchengesch. Abhandl. und Unter-
suchungen 1, ia>7, 27S-292). A. Jülicher in: theol. Abhandl., C. v. Weiz-
säcker gewidmet, Freiburg 1892, 215 250. —
f) Justins Verhältnis zur hl. Schrift: H. D. Tjeenk Willink, Jus-
tinus Martyr in zijne verhouding tot Paulus. Zwolle 186S. E. Lippelt. Quae
fuerint Jus'tini Martyris d.-ToiivtjuovfvuaTa iiuaiTue ratione cum forma evangeliorum
syro-latina cohaeserint, L D., Halle 1901. Fr. Overbeck, Über Justins Ver-
hältnis zur Apostelgeschichte: Hilgenfeids Zeitschr. f. wiss. Theol. 1."^, 3, 1872,
305—349. A. Thoma. Über Justins literarisches Verhältnis zu Paidus u. z.
Joh.-Evangel.: Zeitschr. f. w-iss. Theol. 1875, 383^112, 490 -.')6j. K. L. Grube,
Darlegung d. hermeneuti-chen Grundsätze Justins d. M., Der Katholik. Mainz 1880,
I, 1—42; derselbe. Die typologische Schrifterklärung Justins d. M.. ebd. 1880, II.
139-159. Th. Zahn, Gesch. d. neutestam. Kanons 1,2, 1889, 4C.3— 585: Justinus
Martyr und die apostolischen Schriften. W. Bousset, Die Evangelienzitate
Justins des M. in ihrem Wert für d. Evangelienkritik von neuem untersucht,
Göttingen 1891. A. Baldus, Das Verhältnis Justins d. Mart. zu unseren
svnoptischen Evangelien. Münster 1895. P. Heinisch, Der Einfluß Philos auf
d. älteste christl. Exegese, Münster 19<JS. Pohl, Schrieb Justinus Martyr eine
Erklärung der Apokalypse?, Historisches Jahrb. 1910, 3. H. Pfättisch, Psalm
110 (109) bei Justinus," Biblische Zeitschr. 1910, 3. H.
g) Justins iinechte Schriften: E. Schürer, Julius Africanus als
Quelle der pseudo-justinsch. Cohprtatio ad Graecos, in: Ztschr. f. K.-G., 2,
1878, S. 319—331. D. Völter, ÜTaer Zeit u. Verf. der pseudo-justinschen Cohor-
tatio ad Gr.. in: Ztschi'. f. wiss. Theol.. 26, 1883, S. 180—215. J. R. Asmus.
Ist die pseudo-justinsche Cohortatio ad Graecos eine Streitschrift gegen Julian?,
Ztschr. f. wiss. Theol., 1895, S. 115—185; ders.. ebd. 1897, S. 267-284. A. Puech
in: Melanges Henri Weil, Paris 1898, 395 —
406 (Die Cohortatio ist abgefaßt zwischen
260—300). W. Gaul. Die Abfassungsverhältnisse der pseudo-justinschen Cohor-
tatio ad Graecos, Berl. 19<32 f.Us Abfassungszeit werden die Jahre 200—220 an-
genommen). Wilh. Widmann, D. Echtheit der Mahnrede Justins d. M. an die
Heiden (Forschungen zur christl. Literatur- und Dogmengesch., 3. Bd., 1. Heft,
Mainz 1902 (kritiklos die Echtheit verteidigt). .T. Knossalla bei Sdralek. Kirchen-
geschichtl. Abhandl. 2. 1904. 107—190 (die Abfassung der Cohortatio fällt in die
Jahre 180-220). A. Harnack, Gesch. der altchristl. Lit. 2, 2, 151 ff., 545 ff.
(die Abf. d. Coh. wird in die Jahre 260-302 verlegt). J. Geffckeu, Zwei griech.
Zu § 9. Die Apologeten. Fortsetzung. 39*
L'rioch. Apolop. usw. siehe im Text: derselbe, Geech. d. altchristl. Lit., II, 1^
Leipzig 1S97. 284 tf. F'r. X. Funk, Zur Chronologie Tatians: Theolog. Quartal-
schrift 05, 18S3, 219-233 (Auch Kirchengesch. Abhandl. und Unters. 2, 1899,
1 42— 152). A. Ka 1 k ni a n n Tatians Nachrichten über Kunstwerke
, : Rhein.
.Museum f. Philol. N. F. 42, 1887, 489-524. W. Steuer, Die Gottes- u. Logos-
lehre des Tatian, Lpz. 1893. B. Ponschab. Tatians Rede an die Griechen, (rr.).
Metten 1895. J. Dräscke, Zu Tatianos' Rede an die Hellenen, Ztschr. f. «iss.
Iheol., 19uO, S. ö03 —(312. P. Fiebig, Zur Frage nach der Disposition des /.öyos
.Toög "Ekhjva? des Tatian, Z. f. Kirchengesch. 1900, 2, S. 149-159. C. Kukula,
T.s sogenannte Apologie. Exegct. chronologische Studie, Leipzig 1900; ders.,
...Vltersbeweis u. Künstlerkatalog" in T.s Rede an die Hellenen, Pr., Wien 1900
ivvill beweisen, daß die Schrift eine Rede zur Eröffnung einer philosophischen
Schule sein solle und sucht manche Tatian gemachten Vorwürfe zu entkräften).
.\. Puech, Recherches sur Ic discours aux Grecs de Tatien. Par. 1903. H. L^.
Mevboom, Tatianus en zijne apologie, Tijds. 1903, S. 193—247. J. Leblanc,
Le logos chez Tatien, Ath^nagore et Th^ophile, Annales de philos. ehret. 149,
1005, 034-639. J. F'euerstein, Die Anthropologie Tatians und der übrigen
griech. Apolog. des zweiten Jahrb., I. D., Münster 1906. J. Geffcken, Zwei
griechische Apologeten, Leipzig und Berlin 1907, 105—113. J. van Beck,
Athenagoras geschrift de resurrectione, 1. D., Leyden 1908. C. L. Heiler, De
Tatiani Apologetae dicendi gcnere, I. D., Marburg 1909. O. Bardenhewer,
Palrol., 3. A.,' 1910, 40 ff.
Kanons usw. 1); derselbe, ebd. 2, 1883, 286—299; derselbe, Gesch. des neutestam.
Kanons 1, 1, 1>588, 369-429; 2, 2, 1892, 530—556; derselbe. Zur Gesch. v. T.s
Diatessaron im Abendland: Neue Kirchl. Ztschr. 5, 1894, 8.5—120. A. Hjelt,
Die altsyrische Evangelien Übersetzung und Tatians Diatessaron, Leipzig 1903
(Zahn, Forsch, z. Gesch. d. neutestam. Kanons 7, 1). J. Hontheim, Die Ab-
folge d. evangel. Perikopen in Tatians Diatessaron: Theol. Quartalschr. 90, 1908,
204—255, 339—376. H. Vogels, Die altsyrischen Evangelien in ihrem Ver-
hältnis zu Tatians Diatessaron, Freiburg i./B. 1911 (Bibl. Studien 16, 5); derselbe,
Eine interessante Lesart d. Diatessarons, Biblische Zeitschr. 1911, 1. H.
Y. Athenagoras.
Th. A. Ciarisse, De
Ath. vita, scriptis et doctrina, Lndg. Bat. 1819.
Tit. Voigtländer, in: Beweis des Glaubens, VIII, 1872, S. 36-47. •
bei dem Apologeten Theophihis, 1886. Vgl. ferner C. Erbes, Jahrb. f. prot.
Theol. 1879, B. 464-485; 618—653; 14, 1888, S. 611-632, siehe b. Irenäus.
5,
Overbeck, in: Hist. Ztschr. N. F. 15, S. 465 f. A. Harnack, Theophilus v.
Antiochien u. d. Neue Testament: Zeitschr. f. Kircheng. 11, 1890, 1—21; derselbe,
Chronologie I, 319-320. Otto Groß, Die Weltentstehungslehre des Theoph.
von Antiochien, Diss., Jena 1895 derselbe, Die Gotteslehre des Theophilus von
;
Tm. llermias.
Irrisio des Hermias, Paderborn 1907 (Forschung, z, christl. Lit.- xi. Dogmengesch.
7, 2); derselbe. Theolog. Quartalschr. 90, 1908, 523—531 (die Abfassung der Irrisio
sei vor 220 anzusetzen). Siehe dazu J. Dräseke, Theol. Literaturz. 1908, N. 4,
111- 113 (Abhängigkeit d. Irrisio von d. Cohortatio) und G. Rauschen, Literar.
Rundschau, 1909. N. 7, 329.
42* Literaturverzeichnis.
I. Ireniius.
n. Hippolytos.
a) Allgemeine Darstellungen: C. W. Haenell, De Hippolyto epi-
dcopo, tertii saeculi scriptore, Götting. 1838. Bunsen, Hippolytus u. seine Zeit,
Leipzig 1852 1853. — Döllinger, Hippolytus und KaUistus, München 1853.
J. E. Gieseler, Über Hippolytus, die ersten Monarchianer u. die röm. Kirche in
der ersten Hälfte des dritten Jahrb., in den Theol. Stud. u. Krit. 1853. G. Volk-
raar. Die Quellen der Ketzergeschichte bis zum Nicaenum, 1 Hippolytus u. die
;
I. Minueiiis Felix.
Zur Literatur über Mir.ucius Felix siehe J. P. Waltzing, Bibliographie de
Minucius Felix in: Le Mus^e beige de philol. classique 6, 1902, 5—51. ferner in
seiner Minucius-Ausgabe Löwen 190M, Brnges 1909 und in Studia Minuciana^
Louvain 1907. Ferner J. 'R6vay, Bibl. de Minucius Felix depuis 190G, Le
Mus^c beige 1912, 15 Avril.
Im einzelnen: C. Roeren, Minuciana, Gymn.-Progr., Köln 1859. Adr.
foulet, Essai sur l'Octavius de Minucius Felix, Strasbourg 1867. A. Ebert,
TertuUians Verh. zu Minuc. Fei., Leipzig 1S68, worin der Verf. zu beweisen sucht,
daß Tertullian in semem Apologeticum den üctavius des Minuc. Fei. benutzt (s.
dazu W. Hartel, in: Zeitschr. für Oesterr. Gymn. 1869, S. 348—361, der eine
gemeinsame, kaum anzunehmende Quelle für Minucius und Tertullian annimmt).
E. Behr, Der Octavius des M. Minucius P'elix in s. Verh. zu Ciceros Büchern
De nat. deorum, Gera 1870. A. Faber, De M. Minucio Feiice commentatio,
Nordhausen 1872. S. auch Th. Keim, Celsus' wahres Wort —
mit Lucian und
Minuc. Fei. vergl., Zürich 1873, vgl. unten i; 13. B. Dombart, Zur Erklär, u,
Krit. des Minuc. Felix, in: Zeitschr. für d. bayr. Gvmn., IX, 1873, S. 285- 30(J.
,
F. de F^lice, Etüde sur l'Octavius de Min. Fei., Blois 1880. Vict. Schultze^
Die Abfassungszeit der Apologie Octavius des M. F., in: Jahrbb. für protest.
Theol., 1881, S. 485-506 (Seh. will erweisen, daß der Octav. zwischen 300 und
23. Febr. 303 abgefaßt sei). G. Loesche, Min. P'elix' Verh. zu Athcnagoras, in:
Jahrbb. für prot. Theol., 1882, S. 168—178. R. Kühn, Der Oct. des Min. Fei.
Eine heidnisch-philos. Auffassung vom Christentum, I.-D., Leipzig 1882, (geht in
der Betonung des Heidnisch-Philosophischen zu weit). P. Schwenke, Über die
Zeit des M. F., in: Jahrbb. für prot. Theol., 1883, S. 263—294. Reck, Min. F.
u. Tertullian, eine literar. krit. Untersuch., Theol. Quartalschr., 1886, S. 64-114.
Frid. Wilhelm. De Minucii F. Octavio et Tertulliani Apologetico, Breslau 1887
(in: Breslauer philol. Abb.). M. L. Massebieau, L'apolog^tique de Tertullien
et l'Octavius de M. F., Rev. de l'hist. des relig. XV, 1887, S.„316— 346 (nimmt
die Abhängigkeit des Minucius von Tertullian an). E. Kurz, Über den Oct. des
M. F., Burgdorf 1888. 0. Gri Unb erger, Studien zur Philosophie der patrist.
Zeit, L D Octavius des Min. Fei. keine heidnisch-philos. Auffassung des Chri-
,
stentums, Jahrb. für Philos. u. spekulat. Theol., 1889, S. 104—118, 146-161, 260
-269 (gegen R. Kühn). B. Seiller, De serraone Minuciano (Pr.), Aug. VindeL
1893. J. Vahlen, Quaestiones Minucianae, Berlin 1894. M. Schanz, Die Ab-
fassung.-^zeit des Octavius des M. F., Rhein. Mus. für Philol., 50, 1895, S. 114
136. K. J. Neumann. Der römische Staat u. die ailgem. Kirche I, Leipzig 1890,
8. 241 u. 2.50, setzt die Abfassungszeit in das Jahr 248.' H. Bönig, Min. Fei.,.
G.-Pr., Königsb. 1897. E. Norden, De Minucii Feheis aetate et genere dicendi,
Ind. sehol., Greifswald 1897 derselbe, Die antike Kunstprosa II, Leipzig u. Berlin
;
1898, 2. A., 1909, 605. F. Kotek, Anklänge an Ciceros de natura deorum bei
Minucius Felix und Tertullian (Pr.), 1901. J. P. Waltzing, Minucius l'elix et
Piaton, Paris 1903; derselbe, Plato and Minucius Felix, Class. review 1904. 302 f.;
derselbe, Piaton, source directe de Minucius Felix, Mus^ beige 8, 424 428. —
F. Raraorino, L'apologetico di Tert. e TOttavio di Minucio in: Atti del Con-
gresso Internat, di scienze storiche, vol. 11, Roma 1903. O. Bottero, L'Octavius
di M. Minucio Feiice e sue relazioni con la coltura classica in: Rivista filosofica
anno 5 (vol. 6), 1903, 359 ff. Fr. X. Burger, Minucius Fehx und Seneca.
München 1904. A. Harnack, Gesch. der altchristl. Lit. 2, 2, 1904, 324-330.
Krüger, Göttinger gelehrte Anzeigen 1905, Nr. 1, 36 ff. M. Schanz, Gesch.
der röm. Lit. III. T., 2. A., München 1905, 267-278 (Nach Seh. ist der Oktavius
gegen die Angriffe des Rhetors Fronto gerichtet). Kroll, Rhein. Museum 60, 1905,
—
307 314 (für die Priorität TertuUians). H. Dessau, Minucius Felix u. Caecihus-
Natalis, Hermes 40, 1905, 373—386 (Der ,Caeciliu8' des Dialogs wird identifiziert mit
dem Magistratsbeamten von Cirta Caecilius Natalis). J. Geff cken. Zwei griech.
Apolegeten, Leipzig 1907, 278—282. Th. Zielinski, Cicero im Wandel der
Jahrhunderte, 3. A., Leipzig u. Berlin 1912, 94—96. A. Elter, Prolegomena zu
Minucius Felix (Pr.), Bonn 1909 (E. sieht in dem Dialog keine Apologie, sondern
eine Trostschrift zum Gedächtnis des Octavius, der als eine wirkliche Persönlich-
keit aus dem ..edlen Kynikergeschlecht", als kynischer Christ betrachtet wird).
Zu § 11. Minucius Felix. Tertullian. Cyprian. Commodiaii. ^ö*
dapest 1911 (Egyetennes Philologiai Közlöny 1911). R. tritt für die, Priorität
Tertullians ein. Zugleich, behauptet er, das Werk: Quod idola neu sint, sei 211
von Minucius Felix aus dem Apologeticum TertuUians exzerpiert. Der Octavius
sei um 220 abgefaßt. J. van Waijeningen, Minucius Feiix een raodernist,
Theol. Tijdschr. 46, 1912, 217-234 (Der Octavius wurde um 147 geschrieben).
n. Tertulliau.
a) Allgemeine Darstellungen: J. A. Nösselt, De vera aetate ac
doctrina scriptorum TertuUiani, Hai. 17(38. Neander, Antignosticus, oder Geist
des TertuUiau und Einleitung in dessen Schriften, Berlin 1825, 2. Aufl. 1849.
Hesseiberg, Tertullians Lehre, entwickelt aus seinen Schriften, 1. Teil Leben
und Schriften, Dorpat 1848. Engelhardt, Tert. schriftstellei*. Charakter: Zeit-
schrift für histor. Theol. 1852, 2. F. ßöhringer, Die Kirche Christi und ihre
Zeugen, 2. Aufl., 3—4: Die lateinisch-afrikanische Kirche Tertullianus, Cyprianus,
Stuttgart 1864. Grotemeyer, Über Tert. Leben u. Schriften (Pr.) I, JI, Kempen
1863, 1865. H. Kellner, über Tert. Abhandl. de pallio und das Jahr seines
Übertritts zum Christentum: Theol. Quartalschr. 52, 1870, 547 —
566. A. Hauck,
Tertull. Leben n. Schriften, Erlangen 1875. E. Nöldechen, Tert. als Mensch
und Bürger; Histor. Zeitschr. 54, II, 2, 1885, 225-260; derselbe, Tertullian in
Griechenland, Zeitschr. f. wiss. Theol. 1887, 385—439; derselbe. Tertulüan, Gotha
1890. Courdaveaux, TertulUen, Revue de l'hist. des religions 23, 1891, 1—35.
A. Harnack, Tertullian in der Literatur der alten Kirche; Sitzungsber. der
Kgl. preuß. Akad. der Wiss. zu Berlin 1895, 545-597. Ho
11, Über Tertullian
als Schriftsteller: Preußische Jahrb. 88, 1897, 262 ff. Ch. Gu ig neben, Ter-
tullien, Paris 1901. P. Monceaux, Hist. litt, de i'Afrique chr^tienne, 1 TertulUen:
Berlin 1898, 2. Aufl., 1909, 600- 015. Baden, Aus Tertulliana Sprach- und Ge-
dankenwelt. Magazin f. volkstümi. Apologetik 1910/11, No. 7. P. Henen,
L'apolog^tiquc de Tertullicn et le thesaurus linguae latin. (corrections au tbesauruB),
Revue de 1 instr. publique en Belgique 54, 1911, 1—9.
d)Tertullian und der Montanism uk: Schwegler in eeinern Werke
über den Montanismus, Tübingen 1841, 302 ff. P. Gottwald, De inontanismo
TertuUiani, Breslau 1802. G. Caucanas, Tertullien et le Montanismc, Genfeve
1876. G. N Bonwetsch, Die Geschichte des Montan ismus, Erlangen l88l.
W. Belck, Gesch. d. Montanismus, seine Entstehungsursachen, Ziel und Wesen,
Leipzig 1883.
e) Tertullians Philosophie im allgemeinen: Eine ausgezeichnete
Darstellung der philos. Ansichten Tert. findet sich bei Ritter, Gesch. d. Philos.
5, 362—417. J. Hub er, Die Philos. d. Kirchenväter, München 1859, 100—129.
A. Stöckl, Gesch. d. christl. Philos. z. Z. der Kirchenv., Mainz 1891, 150—175.
G. Schelow8ky,»Der Apologet Tertullian iu seinem Verhältnis zur griech.-röm.
Philos., L D., Leipzig 1901. J. Leblanc, Le mat^rialisme de TertulT.: Annales
de philos. chr^tienne 1903, 415—424. G. Bonfiglioli, TertulUano et la filosofia
pagana in: Rivista filosofica anno VII (vol. VIII) 1905, fasc. III (Mai— Juni),
.350 —376; derselbe, La teologia di Q. F. Tert. nei suoi rapporti con la filosofia
stoica, Rivista storic.-crit. delle scienze teol. 1905, 7. H. Martain, Le mat^rialisme
de Tertullien, Revue A.ugustinienne 1906 (März).
Tertullians Ethik: W. Münscher, Darstellung der moralischen Ideen
f)
d. Clemens v. Alex. u. d. Tertullian in:Henkes Magazin f. Religionsphil., Ex^ese
u. Kirchengesch. tom. VI, St. 1, Heimst. 1796, 106 ff. F. Nielsen, TertnUians
Ethik, Kjöbenhavn 1879. G. Ludwig, TertuU. Ethik in durchaus objektiver Dar-
stellung, I. D., Leipzig 1885. P. Wolf, Die Stellung d. Christen zu den Schau-
spielen nach Tert. Schrift de spectaculis, Wien 1897. J. de Labriolle, Une
episode de l'historie de la morale chrötienne in: Annal. de phüos. chr^tienne 78,
1907, 262 ff. G. Bonfiglioli, La morale di Tertulliano nei suoi rapporti colla
filosofia stoica in: Rivista filosofica anno IX (vol. X). fasc. II, 1908, 165 ff.
O. Schilling, Reichtum u. Eigentum in der altkirchl. Lit., Freiburg i./B. 1908,
53—58 (Tert. wirtschaftliche Anscha'iungen).
g) Tertullians Psychologie und Erkenntnislehre: A. Burck-
hardt. Die Seelenlehre des Tert., Budissin 1857. A. Stöckl, Tert. de animae
humanae natura De Tert. doctrina psychologica, Lektionskatalog, Münster 1863.
;
Ch. Murton, Essai eur l'origine de l'äme d'aprfes Tert., Origene et Lactance,
Strasbourg 1866. G. R. Hauschild, Tertullians Psychologie und Erkenntnis-
theorie (G.-Progr.), Frankfurt a. M., Leipzig 1880. G. Esser, Die Seeleulehre
Tertullians, Paderborn 1893. Beck, Die Lehre d. h. Hilarius v. P. u. Tertulhans
über die Entstehung der Seelen, Philos. Jahrb., 13, 1900, 37—44. G. Bonfiglioli,
La psicologia di TcrtuUiano nei suoi rapporti colla p.sicoiogia stoica in Rivista filo-
:
sofica, anno VII (vol. VIII), fasc. IV (Sept.— Oct.), 1905, 445—466; derselbe,
La gnoseologia di Tertulliano nei suoi rapporti colla filosofia antica ir Rivista
:
fDosofica, anno VIII (vol. IX), fasc. II, 1906,209—228. The Catholic Fort-
nightley Review 1909, Nr. 29: Anima humana naturahter christiana. C. F.
Seybold, Zu Tertullian de anima c. 43, Zeitschr. für die neutestam. Wiss.
1911, 4. H,
h) Tertullians Apologetik: H. Jeep, Tertullian als Apologet: Jahrb.
f. deutsche Theo!. 9, 1864, 649-687. J. Pelet, Essai sur rapologeticus de Tert.,
Straßbourg 1868. G. Leonhardi, Die apologet. Grundgedanken Tertullians in:
Zeitschr. f. k. Wiss. und k. Leben 1882, H. 11. E. B. Mayor, TertuUian's Apo-
logy, Journal of PhUol. 21, 1893, 259-295. E. M. Gau eher, L'Apolog^tique.
Les argumenta de Tertullien contre le paganisme avec Texte latjn retouchö et
quelques notes, Auteuil 1898. C. Guignebert, TertuUien. Etüde sur ses
sentiments a l'ögard de l'empire et de la societ^ civile, Paris 1901. J. Geffcken,
Zwei griech. Apologeten, Leipzig 1907, 282 286. — R. Heinze, Tertullians
Apologeticum, Leipzig 1910 (Ber. über d. Verh. d. K. Ges. d. \Vi88. zu Leipzig,
Philol.-hist. Kl., Bd. 02, 10. H., 279-490. P. C. Ysseling, Tertulüanus als
Apologet, Theol. Tijdschr. 1911, 6, 486—523.
i) Tertullians Theologie: V. Bordes, Expose crit. des opinions de Tert.
sur la redemption, Straßb. ItiW. H. Ron seh. Das neue Testament Tertullians,
Zu § 11. Minucius Felix. Tertullian, Cyprian. Coramodian. 47*
Theol. 31, 1907, 372 ff. Stakemeier, Tertullians Lehre über die Sakramente,
Riv. storico-crit. delle scienze teol. 1908 u. 1909 (5 Artikel). A. Harnack, Lehrb. d.
Dogmengesch. III, 4. Aufl., Tübingen 1910, 13—22 (Das Christentum u. d. Theo-
logie Tert). Fr. X. Maver, Die Beichte als Bekenntnis der einzelneu Sünden,
dargestellt nach den Schriften Tertullians und Cyprians, Pr., DiUingen 1911.
k) Tertullians Ansichten über die Kirche: K. Leimbach, Tertull.
als Quelle f. d. christl. Archäologie in: Zeitschr. f. d. histor. Theol. 1871, 108,
157. J. Kolberg, Verfassung, Kultus und Disziplin der christl. Kirche nach,
den Schriften Tertullians, Braunsberg 1886. Koch, Tertullian und d. Cölibat,
Theol. Quartalschr. 1906, 3. H. K. Adam, Der Kirchenbegriff Tertullians,
Paderborn 1907 (Forsch, zur christl. Literatur- u. Dogmengesch. 6, 4). Batiffol-
Seppelt, Urkirehe und Katholizismus, Kempten u. München 1910, 272 302. —
K. Kastner, Tertull. u. d. römische Primatfrage, Theol.-prakt. Quartalschr. 1912,
1, 77-83.
1) Tertullians Verhältnis zu einzelnen Autoren: A. Ebert, Ter-
tullians Verhältnis zu Minucius Felix, Leipzig 1870 (Abhandl. d. sächs. Gesellsch,
d. Wiss. V, 321-386). E. Nöldechen, Tertull. Verhältnis zu Clemens von
Alexandrien, Jahrbb. für prot. Theol. 1886, 279—301. ßeck, Minucius Felix u.
Tertullian, Theolog. Quartalschr, 1886, 64 114. —
Wilhelm, De Minucü Felicis
Octavio et Tertulliani Apologetico, Breslau 1887. E. Schwär tz. De M. Terentii
Varronis apud sanctos patres veßtigiis capita duo, Jahrbb. f. Pbilol., Supplementb.
1888 (die Stellen bei Tertull., die auf Varros Antiquitates rer. div. zurückgehen).
K. Werber, Tertull, Schrift de spectaculis in ihrem Verhältnis zu Varros Herum
divin. libri, Progr., Teschen 1896. T. Kotek, Anklänge an Ciceros de natura
deorum bei Minucius Felix und Tertullian (Progr.), Wien 1901. R. Heinze,
Tertulüans Apologeticum, Leipzig 1910 (Ber. über die Verhandl. der K. sächs.
Ges. d. Wiss. zu Leipzig, Philol.-hist. Klasse, B. 62, 10. H., 279-490 (für die
Priorität Tertull. gegenüber Minucius) A. Dirking, Tertullian und Basilius d.
G., Theol. und Glaube 4, 1912, 189—201 (Tertullian in: de ieiuriio adversua
psychicos u. Bas. in der ersten Homilie tisqi vqaxelag haben eine geroeinsame
Quelle, vermutlich eine Schrift eines asketisch gerichteten Christen, vielleicht
Tatians). Bill, Tertullien et Marcion, Revue crit. d'hist. et de litt. 46, 1912,
N. 19. A. Puech, Julien et Tertullien, Didaskaieion 1912, 1, 48—53 (De spectac.
wird von Julian in seinem Misopogon benützt).
m) Einzelne Schriften Tertullians: Über das Apologeticum siehe
die vorhin Unter 1 erwähnte Schrift v. R. Heinze. —
A. Bill, Beiträge zur
Erklärung und Textkritik d. ersten Buches Tert's Adversus Marcionem, Lpz. 1911
(Texte u. Unters. 38, 2). —
Über die Schrift Adversus Judaeos P. Corßen,
Die Altercatio Simonis Judaei et TheopMü Christiani, Berlin 1890, 2 9. E. Nöl- —
dechen in: Texte und Untersuchungen 12, 2, 1894. J. M. Einsiedler, De
Tertulliani adversus Judaeos libro, I. D., August. Vindel. 1897. —
L. Lehanneur,
Le trait^ de Tertullien contre les Valentin iens, Caen 1886. — E. Preuschen, Ter-
tullians Schriften De poenitentia und de pudicitia mit Rücksicht auf die Buß-
disziplin untersucht, I. D., Büdingen 1890. G. Esser, Die Bußschriften De
gjenitentia und De pudicitia und das Indidgenzedikt des Papstes KaUistus,
onn 1905; derselbe, Nochmals das Indulgenzedikt des Papstes KaUistus und die
Bußschriften Tertullians, Der Katholik 1907 und 1908. Charrier, Tertulhen et
lee Martyrs-Pönitenciers, Revue Augustinienne 1907 (Mai). A. d'Alfes, Tertullien
et CaUiste. Le trait^ de TertuUien De poenitentia, Revue d'hist. ecclfe. 1912,
5—33; derselbe, De pudicitia, ebend. 221—256. —
Über De monpgamia und
De ieiunio E. Rolffs, Texte und Untersuchungen, 12, 4, 1895. Über Inhalt—
48* Liiteratiirverzcichiiis.
III. Cjpriauus.
Über die zahlreiche, zumeist rein theologische Literatur zii Cyprian siehe
O. Bardenhewer, Patrol. 3. A., 1910, 168 ff. Hier seien genannt: Fr. Böh-
ringer, Die Kirche Christi und ihre Zeugen. 2. A., 3 -4: Die lateinisch-afrika-
nische Kirche. TertuUianus, Cyprianus, Stuttgart 1864, 2. Auso-. 1873. B. Fech-
trup, D. hl. Cypr., sein Leben und seine Lehre, Münster 1878. O. Ritschi,
C. von Carthago und die Verfassung der Kirche, Göttiagen 1885. Freppel,
St. Cyprien et l'Eglise d'Afrique, 3. Aufl., Par. 189(D. Geo. Morgenstern, C,
Bischof von Carthago als Philosoph, Jena 1889. Siehe dazu P. Wen
dl and in:
Archiv f. Gesch d. Philos. 7, 417. A. Harnack, D. pseudocyprianische Traktat
De aleatoribus, die älteste lat.-christl. Schrift, das Werk des römisch. Bischofs
Victor I, Texte und Untersuch., 5. Bd. Leipzig 1888; derselbe, Gesch. d. altchristl.
Lit. 2, 2, 1904, 334 -368, 370-381 (H. nimmt seine frühere Ansicht zurück, verlegt
den Traktat in die Zeit nach Cyprian und schreibt ihn einem Bischof einer schis-
matischen Partei in Rom zu); derselbe,, Lehrb. d. Dogmengesch. III, 4. A.,
Tübingen 1910, S. 23 f.Le Provost. Etüde philologique et litteraire, sur St.
Cyprien, Par. 1889. K. H. Wirth, Der Verdienstbegr. in der christl. Kirche,
nach seiner geschichtl. Entwicklung dargest. II. Der Verdienstbegr. bei Cyprian,
Leipzig 1901. P. Monceaux, Hist. litt, de l'Afrique chr^tienne 2: St. C.^rien
et son temps. Paris 1902. Chapman, Les interpolations dans le trait« de S.
Cyprien sur l'unite de TEglise, Revue Benedictine 19, 1902; 20. 1903. L. Nelke,
Die Chronologie d. Korrespondenz Cyprians, 1902. H. v. Soden, Die CyDriansche
Briefsammlung, Leipzig 1904 (Texte und Untersuch. N. F. 10, 3). M. Schanz,
Gesch. d. röm. Lit., III. T., 2. A., München 1905, 351—415. Bouacorsi, Le
lettere di S. Cipriano, Riv. storico-crit. delle sc. teol. 1905, 6. H. E. de Jonge, Les
clausules m^triques dans S. Cyprien, Löwen 1905. G. Rion, La genese de l'unit^
catholique et la pensöe de Cvprien, Paris 190<. B. Poschmann, Die Sichtbar-
keit der Kirche nach der Lehre d. hl. Cyprian, Paderborn 1908 (Forsch, z. christl.
Lit.- und Dogmengesch. 8. 3). O. Schilling, Reichtum und Eigentum in d.
altkirchl. Literatur, Freiburg i./B. 1908, 58-68 (Cyprians wirtschaftsethische An-
schauungen). Batiffol- Seppelt, Urkirche imd Katholizismus, Kempten und
München 1910, 339—410 (Cyprians Kirchenbegriff). H. Koch, Cyprian und der
römische Primat. Eine kirchen- und dogmengesch. Studie, Leipzig 1910 (Texte
u. Untersuch. 35, 1); derselbe, Matrix et radix eccles. cathohcae, Zeitsch. f. d. neu-
testam. Wiss. 13, 1912, 165—170. Siehe dazu J. Chapman, Revue Benedictine 27,
1910, 447— 4t)4. A. Seitz, Cyprian imd der römische Primat usw., Regens-
burg 1911 (gegen Koch). Th. S'pacil, Die Cyprianfrage, Ztschr. für kath. Theol.
1911, 3. H. Ernst. Cyprian und das Papsttum in: Der Katholik, 1911 und 1912.
Fr. X. Maver, Die Beichte als Bekenntnis der einzelnen Sünden, dargest. nach
d. Schriften Tertullians und Cyprians, Pr., Dillingen 1911. C. A. Kn eller,
Römisch-Katholisch beim hl. Cvprian, Zeitschr. für kathol. Theol. 35, 1911,
Zu§ 12. DerMonarchiauismus. DerSuboi-dinationismus. DasDojrma d.Homousie. 49*
253 —
271; derselbe, Cyprian und die römische Kirche, ebd. :>.'), 1911, 674 ff.
derselbe, Cyprian.s Schrift von der Einheit der Kirche, ebd. 36, 19 12, 2SC)— 303.
K. Adam,' Cvprians Kommentar zu Matth. 16, 18 in dograengesch. Beleuch-
tung, Theolog^ Quartalschr. 94, 1912, 99 -120, 203-244 (über Cyprians Stellung
z. Primat).
IV. Cominodiauus.
Jacobi, Zeitschr. für christl. Wissensch. und christl. Leben 4, 1S53,
J. L.
203-209 (über Gomm.s Trinitätslehre). A. Ebert, Tertullians Verhältnis zu
Minucius Felix nebst einem Anhang über Commodians Carmen apologeticum.
Leipzig 1870 (Abhandl. der sächs. Ges. der Wiss., philol.-hist. Klasse 5, 1870).
C. Leimbach, Über Comm.s Carmen apologeticum adversus Gentes et Judaeo?
<Progr.), Schmalkalden 1871. Fr. Hansen, De arte metrica Commodiani in:
Diss. philol. Argentor. sei. 5, 1881, 1—90. B. Aub^, L'^glise et l'etat dans la
seconde moiti^ du 3e sifecle (249-284), Paris 1885, 517-544. G. Boissier,
Commodien, Paris 1886. L. Atzberger, Gesch. der christl. Eschatologie, Frei-
burg 1896, 555—566 (über Comraod..s Eschatologie). J. Ul brich, De vita et
operibus Commodiani Gazaei, Temesvar 1902. A. Harnack, Chronologie II,
Leip^zig 1904, 433—449. W. Meyer, Gesamm. Abh. zur mittel-lat. Rhythmik 2,
Berlin 1905, 24 43. — M. Heer, Zur Frage nach der Heimat des Dichters
—
Comm., Römische Quartalschr. 19, 1905, 64 b^. P. Monceaux, Hist. litt, de
l'Afrique chröt. 3, Paris 1905, 451 489. —
M. Schanz, Geschichte der römischen
Literatur III, 2. A., München 1905, 427 436. —
H. Brewer, Kommodian von
Gaza, ein arelatensischer Laiendichter aus der Mitte des fünften Jahrh., Pader-
born 1906 (Forsch, zur christL Lit.- und Dogmengesch., 6, 1—2). P. Lejay,
Revive crit. 1907, II, 199—209 (gegen Brewer). Morin, Plus de cjuestion Com-
modien?, Revue Bön^dictine 1907, No. 2. H. Scheifler, Quaestiones Coramo-
dianeae, L D., Vratislav. 1908 (für Brewer). Fr. Xav. Zeller, Die Zeit Kom-
modians, I. D., Tübingen 1909; derselbe, Histor. Jahrb. 30, 1909, 883 f.; derselbe.
Theol. Quartalschr. 1909, 161 ff., 352 ff., ebd. 1910, 170-185 (Elagabal-Ammu-
dates und der Dichter Komm.). Nach Zeller sind die Instructiones zwischen
—
251 2.54 und das Carmen vor 280 abgefaßt. Butler, .Journal of Theol. Stud.
10, 1909, 456 f. J. R^vay, Commodians Leben, Werke und Zeitalter, Buda-
pest 1909 (Ungarisch). O. Bardenhewer, Patrologie, 3. A., 1910, 197 ff.
H. Brewer, Die Frage um
das Zeitalter Kommodians, Paderborn 1910 (Forsch.
zur christl. Lit.- und Dogmengesch. 10, 5). Gegen P. LeJay, C. Weyman.
F. Zeller. V^l. dazu Feulner, Literar. Rundschau 1911, 10, 486—488 und
insbesondere die wertvolle Bespraihung von C. Weyman,
Theol. Revue 1912,
N. 1, 1—10. G. Rauschen, Über die Zeit Commodians, Lit. Beilage d. Köl-
nischen Volkszeifcung 1911. N. 3, S. 17: 10, S. 73—74 (die Antwort Brewersj; 15,
S. 113 f. (R. stimmt schließlich Brewer zu). H. Brewer, Geschichtl. Betrach-
tungen zu Commodian, Zeitschr. für kathol. Theol. 1912, 641—650. A. d'Ales,
Commodien, Carmen Apologeticum, v. 73, Recherches de science religieuse 2, 1911,
461; derselbe, Commodien et son temps, ebd. 481 —
520, 599—616 (eine ausge-
zeichnete Einführung in die Streitfrage mit einer vollständigen Bibliographie. Der
Verfasser bekennt sich zu den Aufstellungen von Dodwell und Zeller). Siehe
auch Rev. crit. d'hist. et de lit. 46, 1912, N. 19.
I. Lncian.
E. Buonaiuti, Luciano martire. La sua dottrina et la sua scuola, Riv. stor.-
crii. delle scienze teol. 4, 1908, 830-877; 5, 1909, 2. H. G. Bardy, Le sym-
Ueberweg, GrundriB 11. d
5 * Literaturverzeichnis.
III. Athaiiasius.
—
München 1859, 51 77. Heinrich v. Stein, Der Streit über den angebl. Pla-
tonismus der Kirchenväter, in Niedners Zeitschr. für hist. Theol., Jahrg. 1861,
Heft 3. S. 319- 418, und im zweiten und dritten Teil seiner Gesch. des Platonis-
mus, Göttingen 1864, 1875, siehe ob. S. 1*. D. Becker, Das philos, System
Piatons in seiner Beziehung zum christlichen Dogma, Freiburg 1862. A. Jahn,
S. Methodii opera et S. Methodius platonizans, Halle 1865 (a. zweite Teil führt
den Sondertitel: Platouisraus SS. Patrum eccles. graecae S. Methodii exemplo
illustratus). H. Kellner, Hellenismus und Christentum, 1866. Michelie, Über
die Bedeutung des Neuplatonismus für die Entwicklung der christl. Spekulation,
Philos. Vorträge, N. F., 8. H., S. 48—74, Halle 1885. Charles Bigg, The
Christian Platonists of Alexandria (Bampton-Lectures), Oxford 1886. O. Will-
mann, Gesch. d. Idealismus IJ, Braunschweig 1896, 93—230 (Anschluß d. christl.
Idealismus an den antiken). E. de Faye, Clement d'Alexandrie. Etudes sur les
rapports du Christianisme et de la philos. grecque au He
sifecle, Paris 1898, 2e ^d.
1906. H. Koch, Das mystische Schauen beim heiligen Gregor v. Nyssa, Theol.
—
Quartalschr. 80, 1898, 397 420; derselbe, Pseudo-Dionysius Areopagita in s. Be-
ziehungen Neuplatonismus u. Mysterienwesen, Mainz 1900 (Forsch, zur christl.
z.
Lit.- und Dogmengesch. I, 2 u. 3). K. Schmidt, Plotins Stellung zum Gno-
stizismus undkirchl. Christentum, Leipzig 1900 (Texte und Untersuch. 20, 4).
z.
K. Krogh-Tonning, Essays, Piaton als Vorläufer des Christentums, Kempten
1906. C. Gronau, De BasUio, Gregorio Nazianzeno Nyssenoque Piatonis imi-
tatoribus, l. D., Göttingen 1908. M. Grab mann,
Die Gesch. d. schol. Methode
I. B., Freiburg i. B. 1909, 55—76 (G. behandelt imter Berücksichtigung eines
reichen Uterarischen Materials die prinzipielle Stellung der Patristik zur griech.
Spekulation). A. Harnack, Lehrb. d. Dogmengesch. I, 4. A., Tübingen 1909,
496 (Fixierung und allmähliche Hellenisierung d. Christentums als Glaubens-
ff.
besondere bei Clemens und Ori<^enesl Charles Bigg, The Christian Platonists
of \lexandria (Bampton-Lectures). Oxf. 1886 (Geht besonders auf Clemens und
Origenes ein und bespricht auch deren Geschichte in der Lehre der Kirche). Leh-
mann Die Katfchetenschule zu Alexandrien, Leipzig 1890. E. de Faye, Clement
,
De yvwoei Clem. Alex., I. D., Jena 1871. Knittel, Pistis und Giiosis bei Clem.
von Alex., Theolog. Quartalschr. 55, 1873, 171-219, 363—417. E. Norden. D.
antike Knnstprosa II, Leipzig 1898, 2. A., 16C9, 674—675 (Clemens Stellung zur
Philos. und d. artes liberales; V. Pascal, La ioi et la raison dans Li. d'Alex.,
Mondidier 19C0. .7. Geffcken, Zwei griech. Apologeten, Leipzig und Berlin 1607,
252- 256 (über Cleniens Stellung zur Philosophie). M Grabmann, Die Gesch.
der scholast. Methode. L B. Die schol. Methode von ihren ersten Anfängen in
der Väterliteratur bis zum Beginn des z-wölften Jahrh., Freiburg i9G9, 71 If.
d) Clemens' Theologie: Kling, Bedeutung des alex. Clem. für die Ent-
stehung der Christi. Theol.. Theol. Stud. u. Krit. 1841, 863 ff. H. Lämmer, Cl.
Alex, de köyo) doctrina, Lipsiae 1855. J. H. Müller, Id^es dogm. de Clem.
d'Alex., Straßb. 1861. G. Th. Hillen, Clem. Alex, de SS. Eucharistia doctrina,
L D., ^Varendorpii 1861. A. Aall, Der Logos II, Leipzig 1899, 396-427.
H. Kutter, Das Christentum des Clemens von Alexandrien in seiner Be-
deutung für die Entwicklung der christlichen Glaubenslehre, Schweiz, theolog.
Z., 1899, III, 129—156. A. Kranich, Qua via ac ratione Clemens Alex, ethni-
cos ad religionem christianam adducere studuerit, 2 Pr., Brunsbergae 1903
1908. Meyboom, Clemens Al»x. als Ketterbestrijder Theol. Tijdschr. 1908, 6.
,
IT. Origenes.
150. M. Lang, Über die Leiblichkeit der Vernunftwesen bei Origen., I. D.,
Leipzig 1893. Davies, Origen's theory of knowledge, The Americ. Journ. of
theol., 2, 1898, E. Norden, Die antike Kunstprosa II, Leipzig 1898.
276 ff.
2. A. 190!), 675—677 (Die Philosophie als Gehilfin d. Theologie nach dem Vor-
bilde l*hilons). W. Fairweather, Origen and the greek patristie i)hilosopliy,
London 1901 M. Grabmann, Die Gesch. d. scholast. Methode, 1. Bd. Die
schol. Methode in ihren ersten Anfängen, in der Väterliteratur bis zum Beginn
d. 12. Jahrb., Freiburg 1909, 80—85. J. Lindsay, Studies in European Philo-
sophy, London 1909 (Origen as Christian phUosopher)
c) Origenes' Ethik: Fermand, Exposition crit. des opinious d'Origene
6ur la nature et l'origine du p^che, Strasbourg 1859. P. Mehl hörn, Die I^hre
V. d. menschl. Freiheit nach Orig. jisqI agyiov, Zeitschr. für Kircheng. 2, 1878,
234—253. L. Klein, Die Freiheitslebre d. Orig. in ihren ethisch-theol. Voraus-
setzungen und Folgerungen im Zusammenhang mit der altgriech. Ethik, I. D.,
Straßburg 1894. G. Capitaine, De Origenis Ethica, I. D., Münster 1898.
Stuf 1er, Die Sündenvergebung bei Origenes, Zeitschr. f. k. Theol. 31, 1907,
193 ff. O. Schilling, Reichtum u. Eigentum in der altkirchl. Lit., Freiburg i. B.
—
1908, 48 .52 (Origenes' wirtschaftl. Anschauungen). B. Poschmann, Die Sün-
denvergebung bei Origenes, Pr., Braunsberg 1912.
d) Origenes als Apologet: Jules Avesque, Origene envisage comme
apologete, Straßb. 1868. J. Patrick, The Apology of Origen in Reply to Celsus,
London 1892. G. Bordes, L'apolog^ticjue d'0^ig^^e d'aprfes le Contre Celse,
Th&se. Gabors 1900. J. Geffcken, Zwei griechische Apologeten, Leipzig 1907.
256—267 (Origenes' Polemik gegen Celsus). Siehe auch unten Y.
e) Origenes' Trin itätslehre: Kabnis, Die Lehre vom hl. Geist, B. 1,
1847, 331 ff. F. Harrer, Die Triuitätslehre d. Kirchenlehrers Origenes, G.-Pr.
Regensburg 1858.
f) Origenes' Erlösungslehre und Chri-toiogie: Fournier, Ex)io-
d'Ongt;ne sur la redemption, Straßb. 1861. Knittel, Des
sition crit. des idees
Origenes Lehre von der Menschwerdung des Sohnes Gottes, Theol. Quartalschr.
54, 1872, 97 —
1.38. H. Schultz, Die Christologie d. Orig. im Zusammenhang
seiner Weltanschauung, Jahrbuch für prot. Tbeol. 1875, 93— 247, 369-421.
i
56* LiteraturverzeichniB.
Wundertäters, Zeitschr. f. wiss. Theologie 41, 1898, 211- 250 (über d. Beziehungen
der syr. zu der griech. Biographie). A. Harnack, Chronologie II, 93—102.
A. Poncclet, La vie latine de S. Greg. Thaumat., Kecherches de science
religieuse 1, 1910, 132-160, 567-569. H. Bourier, Einleitung zu Ausgewählte
Schriften d. hl. Gr. Thaum. Ins Deutsche übersetzt, Kempten u. München 1911
(Bibliothek der Kirchenväter).
J. Dräseke, Jahrb. f. prot. Theol. 7, 1881, 724—756 (über Gregors sogen,
kanonischen Brief); derselbe, Ges. patrist. Untersuchungen, Altona und Leipzig
1889, 162- 168 (über die Schrift an Theopompus); derselbe. Zeitschrift für wiss.
Theol. 44, 1901, 87- 100 (für d. Echtheit der Abh. über die Seele). J. Lebre-
ton, Le traite de l'äme de S. Grdg. le Thaumat., Bulletin de litt, eccles. 1906.
73—83 (gegen d. Echtheit d. Seelen traktats).
Literatur zu den übrigen Schriften Gregors s. bei O. Bardenhewer,
Patrologie, 3. A., Freiburg i. B. 1910, 150—153.
I. Arnobius.
a) Allgemeine Darstellungen: Petr. Krog Meyer, De rationc-
et argum. Apologetici Amobiani. Hauniae 1815. E. Klußmann, Arnobius
und Lucretius, oder ein Durchgang durch den Epikureismus zum Christen-
tum, in: Philol., Bd. 26, 1867, S. 362-366. Mich. Zink, Zur Kritik und
Erklärung des Arnob., G.-Pf., Bamberg 1873. G. Kettner, Cornelius Labeo,
ein Beitrag zur Quellenkritik des Arnobius, Progr. der Königl. Landesschule
Pforta, 1877. K. B. Franc ke, D. Psychol. u. Erkenntnislehre des Arnob.. I. D.,
58* Literaturverzeichnis.
Lpz. 1878. P. O. Gr
11 n berger, Die Unsterblichiceitsl. d. A., Jahrb. f. Th. u.
i
II. Laetautias.
H. Dechent, Über die Echtheit des Phönix v. Lact., in: Rhein. Mus., N.
F., 35, 1S80, S. 39-55.
Bd. R. Loche, Jahrbb. f. protest. Theol. 18, 1892, 34
—65. Brandt, Rhein. Mus. f. Philol. 47, 1892, 39U— 403. A. Knappitsch,
De L. C. F. Lact, ave Fhoenice, Pr., Graecii 1896. C. Pascal, Sul carmine de
ave Phoenice attribuito a Lattanzio, Napoli 1904. Auch nach anderen Forschern,
wie Ebert, Birt, Brandt, Schanz, Bardenhewer, Harnack, ist an der
Echtheit dieses Gedichts von 85 Distichen nicht zu zweifehl.
f. Kircheng. 8, 1886. 15—20 (über den Bischofssitz des M.). A. PankoAv, M..
Bischof V. Olympos, KathoHk 1687, S. 1—28, 113-144, 225-250, auch selbst.
?»chrift, Mainz IS'^8. L. Atz berger, Gesch. d. christl. Eschatol. innerhalb der
voniicänischen Zeit, Freiburg 1896, 409— -490. N. Bonwetsch, Die Theologie d.
Methodius von Olympus untersucht (Abhandl. der Kgl. Gesellsch. der Wiss. zu
Göttingen), Berlin 'l90;5. A. Harnack, Chronologie IT, Leipzig 1904, 147—149.
L. Fendt, Sünde und Buße in den Schriften d. Aleth. v. Olympus, Der Katho-
lik 1905, 1, 24 —
45; derselbe, Einleitung zu seiner Übersetzung cles Gastmahls d,
hl. ^fethod., Kempten und München 1911 (Hibl. d. Kirchenv.j. Fr. Ullrich,
Entstehung u. Entwicklung der Literaturgattung des Svmposion. L T. (bis Xeno-
phon). IL T. (bis Methodius und Julianus Apostata), "Pr., Würzburg ]908;19(i9.
0. Bardenhewer, Patrologie, 3. A. 1910, 153- 156.
ines 2, 1867, 252 fi'. (Untersuchung d. Quellen in den Homilien d. Bas. Eine um-
fassende Verwertung des Aristoteles wird festgestellt). A. Stöckl, Gesch. der
christlichen Philos. z. Z. der Kirchenväter, Mainz 1891, 239—250 H. Eickhof f,
Zwei Schriften des Basilius und August, als geschichtliche Dokumente der Ver-
einigung von klass. Bildung und Christentum, G. Pr., Schleswig 1897. J. Hoff-
mann, Die Beurteilung und Stellung der altklassischen Bildung in der Kirche,
Monatsblätter für den kathol. Religionsunterricht an höheren Lehranstalten 2,
1901, 2.-4. H. E. Norden, Die antike Kunstprosa II. Leipzig und BerUn
1898, 2. A. 1909, .569 f. (Basilius' Stil). Fr. M. Padelford, Essays on the
Study and Use of Poetry by Plutarch and ßasil the Great, New-York 1902.
K. Weiß, Die Erziehungslehre d. drei Kappadoz., s. oben unter III. P. Plaß.
De BasUii et Ambrosii escerptis ad historiara animalium pertinentibus, I. D.,
Marpurgi 1905 (Über die v. Bas. in der 7. u. 8. Homilie seines Hexaeraeron be-
nützten Quellen. Außer Aelian und Oppian kommt besonders Aristoteles in be-
tracht). Th. L. Shear, The influence of Plato on S. Basil, I. D Baltimore 1906.
,
Apocriticus enthaltene Streitschrift die Autorschaft des Porphyrius, aus dem aber
von einem L'nbekannten manches übernommen sei). O. Bardenhewer, Patrol.,
3. A., 1910, S. 268-269. A. Harnack, Kritik d. Neuen Testaments von einem
griech. Philosophen d. 3. Jahrh. (die im Apocriticus d. Macarius Magnes. enthalt.
Streitschrift), Leipzig 1911 (Texte u. Untersuchungen 37, 4). Siehe dazu H. Vo-
gels, Theol. Revue 1912, N. 1, 17—20 u. G. Krüger, Deutsche Literaturz. 1912,
N. 2, 83-86 (g^en Harnacks Zuteilung der Streitschr. an Porphyrius und für
Hierokles als Verfasser). Salmon, Artikel Makarius in: Dict. of Christ. Bio-
graphy III, 766—771. Über Porphyrius s. Grundr. I, 10. A., S. 341 f. u. 121* f.
J. Dräseke,
Apoll, in den Anführungen des Nemesius, Zeitschr. für wiss.
Theol., 1866, S. 27—36; A. v. L., Zeitschr. f. kirchl. Wissensch. u. kirchl. Leben,
1887, S. 499—513; ders.. Zur Zeitfolge der dogmatischen Scliriften des A. v. L.,
Jahrb. f. prot. Theol. 1887, S. 659 687 —
derselbe, ApoUinarios von Laodikeia.
;
otxovoula^ StdixaKalia toö 'A:zoXkivaoiou, Nea Sio'yv. Bd. 9, 1909, 96—103, 426 437. —
J. Tixeront. Hist. des dogmes iL 3e ^J., Paris 1909, 94—111. xM. Pohlenz,
Vom —
Zorne Gottes, Götting. 1909, 7." ST. O. Barden hewer, Patrologie, 3. A.,
Freib._1910, 236-287.
Über Vital 18 von Laodicea siehe das eben genannte Werk v. H. Lietz-
mann, S. 273; ferner Fr. Diekamp, Theol. Quartalschr. 86, 190i, 497—511.
IX. Makarius der Ägypter.
Th. Förster, Makarius v. Ägypten, Jahrb. f. deutsche Theol. 18, 1873, 439
— 501. A. Ehrhard, Die L^gendensammlung des Symeon Metaphrastes in Fest-
schrift z. Campo Santo in Rom, 1896. A. Bron-
elfhundertjährigen Jubil. d. deutsch.
2off , De.r sei. Makarius v. Ägypten Petersburg 1896 (russisch). R. Lobe,
I, St.
Mak. V. d. Herzogt. Sachsen- Altenburg 6, 1900, 37
Ägypten, Kirchl. Jahrb. für
78. C. Gore. The Journ. of Theol. Stud. 8, 1907, 85-90 (Über die Echtheit d.
Homilien d. M.). J. Stoffels, Die mystische Theol. Makar. d. Ägypters u. die
iütesten Ansätze christlicher Mystik, Bonn 1908; derselbe, Makar. der Ägvpt. auf
den Pfaden der Stoa, Theol. Quartalschr. 92, 1910, 88-105. 243-265.' Gegen
Stoffels J. Stiglmayr. Theol. Revue 8, 1909, 233 -240; derselbe, Theologie und
Glaube 1, 1909, 734—736; derselbe. Der Mystiker Mak. u. d. Weltweisen, ins-
—
besondere Sokrates, Der Katholik 1910, II, 55 59; derselbe, Mak. der Gr. im
Lichte der kirchl. Tradition, Theol. u. Glaube 3, 1911, 274—288; derselbe, Bilder
und Vergleiche aus dem byzantin. Hof leben in den Homilien d. Mak., Stimmen
aus Maria Laach 80, 1911, 414—427 (die Vergleiche u. Bilder können nicht von
Mak. herrühren, sondern sind Interpolationen); derselbe. Das Mönchtum in den
Homilien d. Mak. v. Ägypten, Theol.-prakt. Monatsschr. (Passau) 21, 1911/12, H. 3
— 5; derselbe, Makarius, Pr., Feldkirch 1912. C. Flemming, De Alacarii
Aegyptii scriptis quaestiones, I. D., Göttingae 1911. Siehe dazu J. Dräseke,
Wochenschrift f. klass. Philol 29, 1912, N. 13, 349-354 (Flemming bestreitet
die Autorschaft Makarius' des Ägypters).
1906. 277 Ermoni, Ecole theol. d'Antioche, Dict. de th^ol. cath. I, 1435—
ff.
1439. J. Lehre ton, L9 dogme de la transsubstantiation et la christologie An-
tiochienne du Ve sibcle, Etudes 117, 1903, 477—497. U. Manucci, La topografia
christiana di Cosma Indicopleuste e l'insegnamento teologico nella Scnola Anti-
ochena, Riv. storio-crit. delle scienze teol.. 1909, 30-40. L. Fendt, Die Christol.
d. Nestorius, I. D., Kempten 1910. —
Über die einzelnen Mitglieder der Schule,
ihre Schriften und die Literatur siehe bei 0. ßardenhewer, Patrologie, 3. A,,
Freiburg 1910.
XI. Johannes Chrysostomos.
Eine umfassende Bibliographie zu Johannes Chrysostomus gibt Chr. Baur,
S. Jean Chrys. et ses oeuvres dans l'histoire litt^ra're. Essai präsente ä l'occasion
du 15e centenaire de S. Jean Chrys., Louvain 1907. Siehe dazu F. Lauchert,
Lit. Rundschau 1908, N. 8, 360—361. Hier sei folgendes verzeichnet:
a) Allgemeine Darstellungen: Die älteste Biographie d. Joh. Chrys.
schrieb Palladius, Bischof von Helenopolis in ßithynien 407 oder 408 in seinem
Dialogus de vita S. Joannis Chrys. (Migne, P. gr. 47, 5-82). Von neueren
Darstellungen seien genannt: Tillemont, Mömoires pour servir ä l'histoire eccl^.
11, Paris 1706, 1-405, 547—626. J. Stilting, De S. Joanne Chrys. commen-
tarius historicus, Acta SS. Sept. 4, Antverp. 1753, 401—709. A. Neander, Der
hl. Chrys. u. d. Kirche, besonders in dessen Zeitalter, 2 Bde., Berlin
d.. Orients,
1821-1822, 4. Aufl. 1858. Fr. Bohr inger,
Joh. Chrys. und Olj^mpias, 2. Aufl.,
Stuttgart 1876. E. Martin, S. Jean Chrys., ses oeuvres et son sik;le, 3 t., Mont-
pellier 1860. Fr. Ludwig, Der hl. Chrysost. in s. Verh z. byzantinischen Hof,
Braunsberg 1883. G. Marchai, St. Jeaii Chrysostome, Paris 1898. A. Puech,
S. Jean Chrys., Paris 1900, 5e 4d. 1905. P. Ubaldi, La smodo ad Quercum deU
anno 403, Torino 1902. Chr. Baur, S. J^rome et S. Jean Chrys., Revue Bene-
dictine 1906, N. 3; derselbe, L'entr^e litteraire de S. Chrysostome dans le monde
latiü, Revue d'hist. ecclös. 8, 1907, 249—265. Ch. Papadopulos, 'O äyios 7w-
Zu § 15. Die Griechen des vierten Jahrhunderts. 65*
<ivft]gXqvo. DJ? ^QBoßvxEQog ^Avxioxelag, 'Ey.x/.. <PäQog I, 1908, 109 123, 44U- —
455 (auch separat Alexandrien 1908). XQvaoarof^iiy.ä, Studi e ricerche intorno
a S. Giovanni Cris., a cura del comitato per il 15o centenario della sua morte.
Fase. 1—3, Roma 1908. Cyrill Charon. Le quinzifeme centenaire de S. Jean
Chrysostome (407—1907) et ses consequences pour Faction catholique dans l'Orient
^reco-slave, Rom 1909. O. Bardenhewer, Patrologie, 3. A., 1910, 297—314.
S. Colorabo, II prologo del jifoI leQcoavvrjg di S. Giovanni Crisostomo, Didaska-
leion 1912, 1, 39-47.
Joh. Chrys. und die Philosophie: Eiser, Der hl. Chrysostomus
b)
n. die Philosophie, Theol. Quartalschr. 1894. 556—576. A. Naegele, Joh. Chrvs.
u. s. Verhältnis z. Hellenismus, Byzantin. Zeitschr. 13, 1904, 73—113. J. Geff-
cken. Kynika, Heidelberg 1909 (Benutzung der kynisch-stoischen Diatribe durch
Joh. Chrys.).
c) Joh. Chrys. als Pädagog: A. Hülster, Die pädagogischen Grund-
sätze d. hl. Joh. Chrys., Theol. und Glaube 1911, 203—227.
Joh. Chrys. als Redner und Prediger: Ch. Molines, Chrysostome
d)
Orateur, Thfese, Montauban 1886. Matthes, Der Unterschied in d. Predigtweisc
d. Chrysostomus u. Augustinus, Pastoralblätter f. Homiletik, Katechetik u. Seel-
sorge, '30, 1888, 40 71. L. — Ackermann,
Die Beredsamkeit d. hl. Joh. Chrys.,
Würzburg 1889. G. Rauschen,
Jahrb. d. christl. Kirche unter d. Kaiser Theo-
dosius d. Großen, Freiburg 1897, 565—574: D. schriftstellerische Tätigkeit d. Joh.
Chrysost. vor seinem öffentlichen Auftreten als Prediger z. Antiochien; 495—529:
Die "Predigttätigkeit d. hl. Joh. Chrys. in Antiochien. La Civilta Cattolica 1908,
1. Febr., 8. April: L'eloquenza di S. Giovanni Crisostomo. A. Naegele, Chry-
sost. u. Libanios in XQraoazo/xcxä 1, 81 142. —
R. Goebel, De Joannis Chrysost.
et Libanii orationibus quae sunt de seditione Antiochensium, Gottingae 1910 (Li-
banius hat Reden u. Homilien seines ehemaligen Schülers nachgeahmt). Siehe
auch ßaur a. a. O. 250—257.
Joh. Chrys. als Exeget: Th. Förs.ter, Chrysost. in
e) s. Verhältnis z.
antiochenischen Schule, Gotha 1869. Kihn, Über ^scogia und dXXtjyoQi'a nach
den verloren gegangenen Schriften d. Antiochener, Theol. Quartalschr. 62, 1880,
531—582, Fr. H. Chase, Chrysostom. A study in the history of biblical Inter-
pretation, London 1887. S. Haidacher, Die Lehre des hl. Chrysost. über die
Schriftinspiration, Salzburg 1897.
bis 49.
XIY. EuDomius.
('. R. W. Klose, Geschichte u. Lehre d. Eunomins, Kiel 1833. K. Werner,
D. hl. Thomas v. Aquin I, J889, 46 f. (Eun. als Nominalist). O Will mann,
Gesch. d. Idealismus II, Braunschweig 1896, 164, 227 (Eunomins Erkenntnislehre).
Fr. Diekamp, Die Gotteslehre d. Gregor von Nyssa, Münster 1896, 122 ff. (Er-
kenntnis- u. Gotteslehre d. Eunomius). M. Albertz, Untersuchungen über die
Schriften d. Eunomius, I. D., Wittenberg 1908. Fr. Diekamp, Literargeschicht-
liches zur Eunomianischen Kontroverse. Byzantin. Zeitschr. 18. 1909, 1 13 und —
190—194 (Besprechung d. Schrift von Albertz).
über die Leidensfähigkeit Christi, Zeitschrift für kathol. Theol. 30, 1906, 108—122,
G. Rauschen, Die Lehre d. hl. H. v. P. über die Leidensfähigk. Christi, Theol.
Quartalschr. 87...1905. 424—439 und Zeitschr. f. kath. Theol. 30, 1906, 295-305,
A. P. Orlow, Über die Herkunft d. hl. Hilar. v. Poitiers u. seine trinitarischen
Anschaimngen, Sergiewo 1908 (russis(h).
e) Hilarius als Historiker und Polemiker: M. Schiktanz, Die
Hilariusfragmente, I. D., Breslau 1905. B. Marx, Die Herkunft d. Fragmente I
u. II des sogenannten opus historicum. Theolog. Quartalschr. 88, 1906, 390—406.
A. Wilmart, L'Ad Constantiura liber primus de S. Hilaire de Poitiers et les
fragments historiques, Revue B^n^dictine 24, 1907, 149-179, 293-317; 25, 1908,
—
225 229. A. L. Feder, Stud. z. Hü. v Poit, I. Die sogen, fragmenta histoi'ica
u. d. sogen. „Liber I'' ad Const. imp., Wien 1910 (Sitzungsb. d. phil.-hisi. Klasse
der Kais. Akad. d. Wiss. in Wien, B. 162); IL Bischofsnamen und Bischofssitze
bei Hilarius, Wien 1911 (ebend. 166, 5).
d) Sprachliche und rhetorische Eigentümlichkeiten der Schrif-
ten des Hilarius: J Stix, Zum Sprachgebrauch d. hl. Hil v. P. in seiner
Schrift de trinitate, Pr., Rottweil 1891; derselbe. Zu den Schriften des hl. Hilar.
Pictav., Theol. Quartalschr. 91, 1909, 527 559. J. A. Quillacq, Quomodo lingua
latina usus sit S. Hilarius P. episc, Thfese, Tours 1903. H. Kling, De Hilario
Pictav. artis rhetoricae ipsiusque ut fertur institutionis oratoriae Quintilianeae
studioso, I. D., Freiburg 1JI09; derselbe, Hilar. v. Poiters u. Sallust, Philologua
69, 1910, 567— 569 (Hilarius' Stil erinnert an die röm. Historiker).
e) Kulturgeschichtliches bei Hilarius: A. L. Feder, Kulturge-
schichtliches in den Werken d. hl. Hilarius v. P., Stimmen aus Maria Laach 1911,
30-45.
f) Hilarius' Psychologie: A. Beck, Die Lehre d. hl. Hilar. v. P. und
Tertullians über die Entstehung der Seelen, Philosophisches Jahrbuch 13, 1900,
37—44.
g) Hilarius als Exeget: Fr. Schellauf, Rationem afferendi locos litter,
divinamm, quam super psalmos sequi videtur S. Hilarius, illustr.,
in tractatibus
Graecii 1898. H. Lindemann, Des hl. Hilarius von Poitiers „Lib. myste-
riorum", Münster 1905. F. J. Bonassi eux, Les evangiles synoptiques de S,
Hilaire de Poitiers. Thfese, Lyon 1906. H. Jeannotte, Les „capitula" du Com-
mentarius in Matthaeum de S. Hil. de Poit., Bibl. Zeitschr. 1912, 3(3 45. —
h) Die Literatur zu Hilarius als Hymnendichter siehe bei O, Barden-
hewer, Patrologie. 3. A., 1910, 354-355.
IIL Ambrosius.
Allgemeine Darstellungen: Die älteste Biographie des Ambrosius
a)
stammt von seinem Sekretär, dem Mailänder Kleriker Paulin us, bei Migne,
P. lat. 14,27—46. F. Kemper, De vitarum Cypriani, Martini Turonensis, Ambr.,
Augustini rationibus, I. D., Münster 1904. Fr. Böhrihger, Die Kirche Christi u. ihre
Zeugen, 2. Aufl., Bd. 10: Ambrosius, Erzbischof von Mailand, 2. Ausg. Stuttgart
1877. Th. Förster, Ambr., Bischof v. Mailand, eine Darstellung seines Lebens
und Wirkens, Halle 1884. M. Ihm, Studia Ambrosiana, Jahrbb. f. klass. Philol.,
Supplementbd. 17. Leipzig 1890, 1 — 124 (bezieht sich auf das Leben, die Ab-
fassungszeit und die Echtheit der Schriften d. Ambr.). A, C, Card, Ferrari, Am-
6,S* Litcratiirvrrzeichnis.
Benutzung d. Rümcrbriefkommentars d. Origencs bei Ambros. ep. 72, 34, 35, 36).
Fr. Rozynski, Die Leichenreden des hl. Ambrosius, insbesondere auf ihr Ver-
hältnis zur antiken Rhetorik und den antiken Trost^chriften untersucht, I. D.,
Breslau 1910.
e) Ambrosius als Exeget: J. B. Kellner, Der hl. Ambrosius, Bischof
V. Mailand, als Erklärer d. Alten Testam., Regensburg 1893. P. de Labriolle,
Saint Ambroise et l'ex^gese allegorique, Annales de philos. ehret., 9 annee, B. 155,
<
V. Augustinus.
Augustins Leben und geistige Entwicklung.
A.
Allgemeine Darstellungen: Die älteste Biographie Augustins schrieb
sein junger Freund Possidius voa Calama. Sie ergänzt Augustins Confessiones
nnd Retractationes und findet sich bei den meisten Ausgaben der Werke August.,
so insbesondere im XI. Bande der Mauri ner- Ausgabe bei Migne, P. lat. 32, 65
;
— 578. —Von den neueren Arbeiten über Augustins Leben und geistige Entwick-
lung sind die umfassendsten: Tillemont, Mimoires pour servir a l'histoire eccl^s.,
t. 13, 2e ed. Paris 1710. G. F. Wiggers, Versuch einer pragmat. Darstellung
des Augustinismus u. Pelagianismus, 2 Bde., Hamburg 1821-1833. Kloth, Der
hl. Kirchenlehrer Augustinus, Aachen 1840. C. Bindemann, Der hl. Aug., Bd. I,
Berlin 1844, Bd. II, Leipzig 1855, Bd. III, Greifsw. 1869. Poujoulat, Histoire
de St. Augustin, sa vie, ses oeuvres, son sifecle, influence de son genie, 3 vols.,
Paris 1844, 3e ^d. 1852. E. Feuerlein, Die Stellung Augustins in der Kirchen-
und Kulturgeschichte, v. Sybels Historische Zeitschr. XI, 1869, 270—3)3. A. F.
Hewitt, The Problems of the age, with studies in St. Aug., New York 1868.
Chrestien, Etudes sur Aug., Montpellier 1870. Am. Biechy, Vie de St. Aug.,
Limoges 1872. Jos. A. Ginzel, Der Geist cl. hl. Augustinus in seinen Briefen,
Kirchenhist. Schriften, Wien 1872, I, 123-245. H
A. NaviUe, St. Aug., Etüde
sur le d^veloppement de sa pens^e jusqu'ä l'^poque de son Ordination, G^nfeve
1872. Fr. und P. Bühringcr, Aurehus Augustinus, Bischof von Hippo, 2 Bde.,
Stuttgart 1877—1878 (Die Kirche Christi und ihre Zeugen, Neue Ausgabe, 11.
70* Literattirverzeichnis.
1 — R. W. Bush, A., his life and times, London 1883. Collette, Augustine,
2).
London 1883. W. Cunningham, S. A'.igustine and his place in the historv of
Christian thought, London 188B. Ph. Schaff, St. Augustinus, Melanchthoa
Neander, New York 1886; derselbe, St. Chrysostom and St. Aug., Studies in
Christian Biographv, London 1891. F. Wörter, Die Geistesentvvickl. des hl. A.
bis zu seiner Taufe, Paderborn 1892 (betont auch den Einfluß des Xeuplatonisni.
auf A. mit Entschiedenheit). O. Willmann, Geschichte d. Idealismus II, Braun-
schweig 1896, 231-320. 2. A. 1908 (Augustinus). Ad. Hatzfeld, St. Au^justiu.
Paris 1897. Schmid, Zur ßekehrungsgeschichte Aug.. Zeitschrift f. Theol. und
Kirche, 7, 1897. C. Wolfsgruber, Augustinus, Paderborn 1898. Siehe dazu
0. Rotlmanner, Hist. Jahrb. 1898. 892—898. J. Martin, Saint Augustin, Paris
1901. Siehe dazu Grosjean, Annales de philos. chr^. 142, 1901, 194-204. G. v.
Hertling, Augustin. der Untergang der antiken Kultur (Weltgeschichte in Cha-
rakterbildern), Mainz 1902. J. Mc. Cabe. St. Augustine and his age, London 1902.
A. Egger, Der hl. Augustinus, Kempten 1904. F. Kern per, De vitarum Cypriani,
Martini Turonensis, Ambrosii, Augustini rationibus, I.D., Münster 1904. F. Loofs,
Leitfaden der Dogmengesch., 4. A., Halle 1906, 34.5-417. A. Sanvert, S. Au-
gustin, Paris 1906. W. Thimme, Aug. geistige Entwickl. in den ersten Jahren
nach seiner Bekehrung, Berlin 1908 (Neue Stnd. z. Gesch. d. Theol. u. Kirche 3).
Siehe dazu v. Hertling, Lit. Rundschau 1909, 6, 278-280. W. Thimme, Aug.,
ein Lebens- u. Charakterbild a. Grund seiner Briefe, Göttingen 1910. G. Grütz-
macher, Hieronymus III, BerUn 1908 (üb. die Beziehungen Aug. zu Hieronym.).
H. Becker, Augustin. Studien zu seiner geistigen Entwicklung, Leipzig 1908.
Popp, St. Augustins Entwicklungsgang und Persönlichkeit. Mimchen 1908.
Doruer, Augustinus, in Unsere reüg. Erzieher, B. I, Leipzig 1908. J. Mausbach,
Die Ethik d. hl. Aug., I, Freiburg 1909. 1-50. R. Seeberg. Lehrb. d. Dogmen-
gesch. I, 2. A., Leipzig 1908, 384-392; II, 2 A. ebd. 1909, 357-505. A. Har-
nack, Lehrb. d. Dogmengesch. III, 4, A., Tübingen 1910, 59—236 (nait wertvollen
Literaturangaben). J. Tixeront, Hist. des dogmes II, 3e 6d., Paris 1909, 354
—512 O ßardenhewer, Patrol., S.A., 1910, 410-43^. L. de Mondadon,
Les premiferes impressions catholiques de S. Augustin, Etudes 1909, B. 119, 441
— 459, (J15— 630; derselbe, S. Augustin professeur, ebend. 1910, B. 122, 5—34.
A. Brückner, Die 4 Bücher Julians von Eclanum an Turbantius. Ein Beitrag
zur Charakteristik Julians und Augustins, Berlin 1910 (Neue Studien z. Gesch. d.
Theol. u. Kirche 8). A. Dufourcq, L'avenir du christianisme Ire partie IV.
,
Orient. Die Lehre v. d. Kirche ti. d. Motive des pelagianischen Streits, die Frage
nach dem Verf. d. L. v. d. Kirche, die L. v. d. prädestinatian. Gnade, die Kirche
„das Reich Gottes" (zu De civ. Dei), das weltl. und geistl. Leben, die weltl. und
kirchl. Wissenschaft b. A., zur Würdig, d. Stell. A.s in der Gesch. d. Kirche u. a.
Ferner O. Rottmanner, Geistesfrüchte aus der IQosterzeUe. Gesammelte Auf-
sätze herausgegeb. von R. Jud, München 1908, 7—108 (Zahlreiche Aufsätze und
Rezensionen über Augustinus und ihn betreffende Schriften). Weiterhin siehe
Augustinus im Kirchen lexikon von Wetzer und Weite, 2. Aufl. 1882,
1, 1669—1078 (Ph. Hergenröther); in der Realenzyklopädie f. prot. Theol.
u. Kirche, 3. Aufl. 1897, 11,257—285 (Loofs); im Dictionnaire de theologie
catholique von Vaca n t-Mangenot I, Paris 1909, 2268—2472 (E. Portali^j;
derselbe, ebendas. 2501 -2561: Developpement hLstorique de l'Augustinisme.
Außer den vorhin genannten allgemeinen Darstellungen handeln speziell
über Augustins Bekehrung: Boissier, La conversion de S. Augustin, Rövue
des deux mondes 1888 Jan., 43—69. Gourdon, Essai sur la conversion de S.
Augustin, Cahors 19(X). La Ciudad de Dios 1906, 5. Mai: La conversion di
S. Agustin. E. Logoz. St. Augustin, Revue de theol. et de philos. 38, 1905;
39. 1906; 40, 1907 (Artikelserie über Augustins Bekehrung und Entwicklung).
J. Mausbach, Die Ethik d. hl. Augustinus, I, Freiburg 1909, 6— 16 .(Mausbach
verteidigt mit Recht die von Boissier, Gourdon, Harnack, Loofs,
Thini nie. Becker angezweifelte Zuverlässigkeit des Bekehrungsberichts der Kon-
Zu § 16. Die Lateüier des vierten Jahrhunderts. 71*
B. Augustins Philosophie.
Augustins Philosophie im allgemeinen: J. Huber, Philosophie der
a)
Kirchenväter, München 1859, 233—315. A. Thery, Le genie philosophique et
litt^raire deAugustin, Paris 1861. Flottes, Etudes sur Augustin, son o;enie.
S.
son ame, Montpellier 1861. Milone, Come la filosofia de S.
sa philosophie,
Tommaso da queUa di S. Agostino per essere differentissiraa non e discorde, Giornale
d. Arcad. 1862, B. 34, 37 ff. Matinee, S.Augustinus Aurelius in Soliloquiis qualis
philosophus appareat, qualis vir, These, Rennes 1864. F. Nourrisson, La philosophie
de S. Augustin, 2 völs., Paris 1865; 2. M. 1869. A. Dupont, La philosophie de
S. Augnstin (Extrait de la Revue cathol. de Louvain). Louvain 1881, der die tho-
mistisehe Lehre zum Vergleich heranzieht und die Identität derselben mit der
augustinischen, wenigstens in den wesentlichsten Punkten, behauptet. J. Storz.
Die Philosophie d hl Augustinus, Freiburg i. ß. 1882. A. Stöckl, Gesch. der
Christi. Phüos. z. Z. d. Kirchenväter, Mainz 1891, 293-366. F. Wörter, siehe
unter A. O. Willmann, Gesch. des Idealismus, II, Braunschweig 1896, 231—
320 (Augustinus). D. 0hl mann. De S. Augustini dialogis in Cassiciaco scriptis,
I. D., Argentorati 1897. R. Eucken, Die Lebensanschauungen der großen
Denker, Leipzig, 9. Aufl. 1911; derselbe, La couception de la vie chez Augnstin.
Annales de philos. chrötienne, 1899, I, 609—628, II, 31-41, 137-151. G. Frhr.
V. Hertling, Augustinus-Zitate bei Thomas v. Aquin, München 1904 (Sitzungsb.
d. philos.-philol. und d. bist. Klasse d. K. bayer. Akad. d. Wiss. 1904, H. 4, 535
— 602). W. Thimme u. H. Becker, siehe unter A. M. Straszewski, Filo-
sofia swietego Augustyna, Krakau 1906. H. Wein and. Die Gottesidee, der
Grundzug d. Weltanschauung d. hl. Augustinus. Paderborn 1910 (Forsch, z. ehr.
Lit.- u. Dogmengesch. X, 2). M. Baumgartner, Augustinus in: Große Denker,
Bd. L Leipzig 1911.
b) Augustins Stellung zu den artes liberales: H. Hagen, Jahrb.
f. klass. Philol, 105, 1872, 757-780. Teuff el-Schwabe, Gesch. d. röm. Lit.,
5. Aufl., Leipzig 1890, 1132 ff. Huemer,
Der Grammatiker Augustinus, Ztschr.
f. Österreich. Gymnas. 1886, 4, 256 ö. W. Crecelius, 8 Aurelii Augustini de
dialectica liber, Pr., Elberfeldae 1857. A. Reuter, Zu dem angustia. Fragment
de arte rhetorica, Leipzig 1888 (aus Kirchengesch Studien H. Reuter gewidmet).
J. Zurek, Da D. Aurelii Augustini praeceptis rhetoricis, Vindobonae 1905 (Diss.
philol Vindob. 8, 2). W. Sc her er. Über die 6 Bücher de musica, Kircheu-
musikalisches Jahrb., herausg. von K. Wein mann, 22 Jahrg., Regensburg 1909.
C Prantl, G^sch. d. Logik i. Abendlande I, Leipzig 1855, 665 -672. J. Vasold,
Augustinus quae hauserit ex Vergilio, 2 Teile, Pr., München 1907 u. 1908.
c) Augustins Verhältnis zum Piatonismus: G. Loeschke, De
Augustino plotinizante de deo disserenda, I. D., Jena 1880; derselbe.
in doctrina
Über Plotin nnd Augustin, Zeitschr. f. k. Wissenschaft und kirchl. Leben, 1884,
—
337 346. Ch Bigg. The Christian platonism of Alexandria, London 1886.
L. Grandgeorge, St. Augustin et le N^oplatonisme. Paris 1896. H. Schöler,
Augustins Verhältnis zu Plato in genetischer Entwicklung, I. D., Jena 1897.
H. Kauff, Die Erkenntnislehre d. hl. Aue und ihr Verhältnis zur platonischen
Philosophie. I Teil: Gewißheit und Wahrheit, Progr.. München-GIadbach 1899.
R Seeberg. Augustin u. der NeuplatonLsmus in: Moderne Irrtümer im Spiegel
der Geschichte, herausgeg. v. W. Laible, Leipzig 1912, 95—113.
d) Augustins Erkenntnistheorie: E. Melzer, August atque Cartesii
placita de mentis humanae sui cognitione quomodo inter se congruant a seseque
differant, I. D., Bonnae 1860. J. Merten, Über die Bedeutung der Erkenntnis-
lehre des hl. Aug. u. des hl. Thomas v. Aquino für den geschichtl. Entwicklungs-
fang der Philosophie als reiner Vernunftwissenschaft, Trier 1865. L. Schütz,
)ivi Augustini de origine et via cognitiouis intellectualis doctrina ab ontologisnu
nota vindicata, comm. philos., Monasterü 1867. Zigliara, Della luce intellet-
tuale e dell' ontologismo secondo la dottrina dei SS. Agostino, Bonaventura e
Tommaso, Rom 1874 (B. 1). A. Schmid, Erkenntni.slehre I, Freiburg i. B.
72* Litoradirver/t'ichnis.
JSI.1O, 12ü, 372—391. W. Ott, Über die Schrift des hl. Aufiiistiii De magistro,
l'r., Heohingeii 1SS)8 ((^hristus oder der Logos allein ist der I'rsprung und l'r-
luber unserer Erkenntnis). H. Kaulf, I)ie P>kenntnislehrc des hl. Augustinus
und ihr Verliiiltnis /.. platonisehen Philosophie. 1. Teil: (Jewißheit u. Wahrheit,
l'r.. .Miiiuhen-(ilailbach 181)9. II. Leder, Untersuchungen über Aug. Erkeniitnis-
iheorie in ihren Beziehungen zur antiken Skepsis, zu i'lotin und Deseartes, !Mar-
bürg 1901 (.Vbhängigkeit vom Piatonismus und Plotin hervorgehoben). W. Ott,
Des hl. Aug. Lehre von der Sinneserkenntnis, Philos. Jahrb., 190). 45 09, 1.38 —
— 148. Bnonaiuti, S. Agostino eome teorico della conosecnza, Riv. storieo-
crit. delle scicnze teol. 1905, 574 — 591. J}. Warfield, Angustine's doetrine ot
knowledge and aulhoritv, The Princeton theological Keview ö, 1907. 357—397,
529-578.
e) l>ie (iottesbeweise bei Augustin: Carl van Kndcrt, Der Gottes-
beweis in der patristischen Zeit mit besonderer Berücksichtigung Au^ustins, Frei-
burg i. B. 1S()Ö. F. l)n(|uesnoy, Une preuve de rcxistence de Dien dans S.
Aug. Dial. de libero arbitrio II, 3—15, Annales de philos. chr^tienne, N. S., 25,
1891, 28(5-.302, 331— 34G. G. Grunwald, Die Geschichte der GottesbcM eise im
Mittelalt. bis z. Ausgang d. Hochscholastik, Münster 1907, 4 —
14 (Beitr. z, (ieseh.
d. Philos. d. Mittelalt., VI, 3).
C. Augustins Theologie.
a) Augustins Ansicht über das Verhältnis von Glaube und
Wissen: Gangauf, Verhältnis zwischen Glauben und Wissen nach den Prin-
zipien d. Kirchenlehrers Augustinus, Pr., Augsburg 1851. A Hähnel, Ver-
hältnis d. Glaubens z. Wissen bei Augustin, Pr., Chemnitz 1891. W. Schwenken-
becher. Augustins Wort: „Fides praecedit intellectum" erörtert nach dessen
Schriften, Pr., Sprottau 1899. M. Grabmann. Die Geschichte der scholastischen
Methode, I. Bd.: Die scholast. Methode von ihren ersten Anfängen in der Väter-
literatur bis zum Beginn d. 12. .fahrhunderts, Freiburg i. B. 19(Ä, 125-143 (klar-
Zu § 16. Die Lateiner des vierten Jahrhunderts. 75*
Philos. u. spekul. Theol., 22, Ph. Friedrich, Die Mariologie des hl.
1907/08. -
der Erlösung durch Christus, Theol. Studien u. Krit. 77, 1904, 401 -433, 491—
554. — Th. Weber, Augustini de justificatione doctrina, Vitenbergae 1875.
Schanz, Theol. Quartalschr., 1901, 481-528.
e) Augustins Lehre von der Gnade, Prädestination und Repro-
bation: A.Mayer, Augustinus, doctor gratiae, Ingolstadt 1721. Marheinecke,
Gespräche über d. Aug. Lehre von der Freiheit des Willens und der Gnade,
Berlin 1821. G. F. Wig^ers, siehe oben unter A. A. Ritschi, Expositio doc-
trinae Augustini de creauone mundi, peccato, gratia, Halle 1843. E. Lonitz,
Augustins Lehre von Gnade und Freiheit, Straßburg 1869. J. P. Baltzer, Aug.
Lehre von der Prädestination und Reprobation, V/ien 1871. A. Koch, Die Au-
torität d. hl. Augustinus in der Lehre von der Gnade und Prädestination, Theol.
Quartalschr. 1891, 95-136, 287-304, 455-487. A. Kranich, Über die Emp-
fänglichkeit der menschl. Natur für die Güter der übernatürlichen Ordnung,
Paderborn 1892. O. Rottmanner, Der Augustinismus (d. i. Augustins Lehre
von der Prädestination), München 1892. Pfülf Die Prädestinationslehre des hl.
,
August., Zeitschr. für kathol. Theol. 1893. Jüngst. Kultus und Geschichtsreli-
gion. Pelagianismus und Augustinismus, Gießen 1901. Turmel, La controverse
semipelagienne 1 S. Augustm et la controv. s^mipelag., Revue d'hist. et de litt,
:
VL Pelagrius.
—432. Brückner, Julian von Eclanum, Leipzig 1897 (Texte u. Unters. 15, 3);
A.
derselbe, Die vier Bücher Julians von Eclanum an Turban tius. Ein IBeitrag zur
Charakteristik Julians und Augustins, Berlin 1910 (Neue Stud. z. Gesch. d. Theol.
u. Kirche 8). Jüngst, Kultus u. Geschichtsreligion, Pelagiauismus u. Augusti-
nisraus, Gießen 1901. A. Harnack, Lehrb. d. Dogmengesch. III, 4. Aufl., Tü-
bingen 1910, 165-220. J. Tixeront, Hist. des dogmes II, 4. ^d., Paris 1909.
Die weitere Literatur siehe im Text VI.
VIIL Ticoiiius.
T. Hahn,
Ticonius-Studien 1900 (Stud. zur Gesch. der Theol. u. der Kirche
VI, 2). A. B. Sharpe, Tichonius and St. Augustine, The Dublin Review 132,
1903, 64 72.— W. Bousset, Die Offenbarung Johannis, Bearbeitung d. Meyer-
schen Kommentars z. Apokalypse, 6. A., 1906, 56—63. H. Scholz, Glaube und
L^nglaube in der Weltgeschichte. Ein Kommentar zu August. De civitate Dei,
Leipzig 1911, 78-81. J. Haußleiter, Realenzyklop. f. prot. Theol. 20, 3. A.
1908, 851-855. O. Bardenhewer, Gesch. d. altk. Lit. III, P^eiburg i./B. 1912.
495-498.
L Synesius.
A Th. C lausen, De Synesio philosopho, Libyae Pentapoleos metro-
e ra.
polita. Kopenh. 1831. Thilo, Comm. in Synes. hymnum sec, zwei Universitäts-
programrae, Halle 1842 u. 1843. ßernh. Kolbe, Der Bischof Synesius von
Cyrene, Berl. 1850.,^ J. Huber, Die Philos. d. Kirchenv., München 1859, 315-
321. H. Druon, Etudes sur la vie et les oeuvres de Synesius, Paris 1859. Franz
Xaver Kraus, Observationes criticae in Syn. Cyr. epistolas, Regensburg 1863;
derselbe, Studien über Syn. von Kyrene, in Theol.* Quartalschr., 47, 1865, Heft 3.
:
381-448, Heft 4, 537-600 und 48, 1866, Heft 1, 85-129. Ern. Malignas,
Essai sur la vie et les iddes philos et relig. de Synesius eveque de Ptolemais,
Stra-sb.1867. Rieh. Volkmann,
Syn. v. Cyrene, eine biograph. Charakteristik
aus den letzten Zeiten des untergeh. Hellenismus, Berl. 1869. G. Sievers, Syn.
V. Cyr,, in: Studien z. Gesch. d. römisch. Kaiser, Berl. 1870. 'O 2!vvsaiog nkwzi-
viCcov —i'jco <Pi}.aofTnv Baqpeiöov, Leipz. Dokt.-Diss., er KcovaTavrivovjTÖlEi, 1875.
Ed. Reinh. Schneider, De vita Synesii philosophi atque episcopi, Leipz. Dokt.-
Diss., Grimma 1876 Eine biographische und literarische Einleitung s. auch in
78* Literaturverzeichnis.
der französischen Übersetzung der Werke des Synesius von Druon, Par. 1878. H
A. Gardner, S. of C
philosopher and bishop, Lond. 1896. Eng. Gaiser, Des
Synesius v. C. ägyptische Erzähhingen od. üb. d. Vorsehung, JJarstellung des
Gedankeninhalts ciieser Schrift u. ihr. Bedeut. f. d. Philos. des S., I. D., Wolfenb.
1880; derselbe Synesius von Cyrene, Theolog. Studien aus Württemberg 7, 1886,
51 —
70. C. Schmidt, Synesii philosophuniena eclectica, I. D., Hahs Sax. 1889.
O. Seeck, Studien zu SvnesiuR. 1. Der historische Gehalt des Osirisniythos
2. Die Briefsammlung, Philologus 52, 1893, 442—483. E. Norden, Die antike
Kunstprosa I, Leipzig 1898, 405. W. Fritz, Die Briefe des S. v. K. E. Beitrag
zur Gesch. des Attizismus im IV. u. V. Jahrh., Diss., Leipzig 1898 derselbe, ;
uomo" in armeno, Rendic. della R. Accad. dei Lincei, classe di scienze mor., stör,
e filol. vol. 2, fasc. 1, 1893. Cl. Baeumker, Die Übersetzung d. Alfanus usw.,
sieheim Text. B. Doraanski, Die Lehre d. N. üb. d. Wesen der Seele. Diss.,
Münster 1897; Die Psychologie des Nemesius. Münster 1900 (Beiträge zur
ders..
Gesch. der Philosophie des Mittelalters, III, 1). D. Bender, Untersuchungen
zu N. V. E., Diss., Heidelb. 1898. Siehe auch v. Arnim, Quelle der Überlief,
über Ammonius Sakkas, Rhein. Mus., 42, S. 276—285. Ed. Zeller. Ammonius
Sakkas und Plotinus, A. f. G. d. Ph., 7, S. 285 312. A. Zanolli, Osservazioni
sul codice Marciano di Nemesio, Riv. di filol. 34, 472-476. M. Pohlenz, De
Posidonii libris Jisel jiaßdn', Jahrb. f. klass. Philol., Suppl. 24, 1898, 597 ff. (über
das Verhältnis des Nemes. zu seinen Quellen). Siehe auch Grundriß I, 10. A.,
S. 123*— 124*.
Theodoreto Clementis et Euscbii oorapilatorc, Halle 1883 (über die Bcimtziing der
.Stroinata und der Praeparatio Evangelica). J. R. Asmus,
Theodorets Therapeutik
und ihr Verhältnis zu .Julian, Byzantin. Zeitsohr. 1894, IIG 145. J. Racder,
De Theodoreti Graec. affect. curat, quaestioncs criticae, Kopeiihajit'ii I90() (13;') —
154: De Theodoreti philosophia). J. Schulte, Theodoret von Cyrus aL> Apo-
loget, Wien 1901 (Thoolog. Studien der Leogesellsrh. 10) derselbe, Theologische
;
Quartalschr. 88, 1906, 492 ff L. Küsters Zeitschr. f. kath. Theol. 30, 1906, 349—
.
356 (über die Abfa.ssungszeit der Apologie). J. fieffcken. Zwei grieoh. Apo-
logeten, Leipzig 1907, 314 f. E. Montmasson,
1^'homme ct6^ ä l'image de
Dieu d'aprt's Theodoret de Cvr et Procope de Gaza, Echos d'Ürient 1911, Nov.,
334—339; 1912, März-April, i54— 102.
c) Theodoret als Historiker: A. Güldenpenn ing. Die Kirchengesch.
des Theod. von Kyrrhos. Eine Untersuchung ihrer Quellen Halle 1889. ,
nion Photopulos '/rtroo<;<o< fidtjaei^ :zfol ßFwdoorjXOv STTioy.öjiov Kvqov. Xia 2^id>r
11, 1911, 642-652.
d) Theodorets wirtschaftliche Anschauungen: 0. Schilling,
Reichtum und Eigentum in der altkirchl. Lit., Freiburg i. B. 1903, 123—128.
e) Theodoret als Dogmatiker und Exeget: Ad. Bertram, Theo-
doreti episc. Cyrensis doctrina christologica Hildesiae 1883.
, Fr. A. Specht,
Der exeget. Standpunkt d. Theodor v. ^lopsuestia und Theodoret v. Kyros in der
Auslegung messianischer Wei.ssagungen, aus ihren Kommentaren zu den kleinen
Propheten dargestellt. München 1871. A. Rahlfs. Septuaginta- Studien 1,
—
Göttingen 1904. 16 46: Theodorets Zitate aus den Königsbüchern u. d. 2. Buche
d. Chronik. L. Saltet, Les sources de VEoariöTtjc: de Theodoret, Re^nie d'hist.
^
eccles: 6, 1905, 289-303, 513—536, 741— 7.54 (Die HauptqueUe f. d. zahlreichen
Väterzitate im Bettler" ist ein 430 oder 431 verfaßtes dogmatisches Florilegium).
,,
von Boissonade, Paris 1836. H. Ritter, Gesch. d. christl. Philos., II. T., Hamb.
1841, 484—495. K. Seitz, Die Schule v. Gaza, siehe unter VI, a. D. Russos,
ToeZi FaCaToi, siehe unter VI, a. G. Schalkhaußer, Aeneas von Gaza als
Philosoph, I. D., Erlangen 1898. A. v. Di Pauli, Die Irrisio d. Hermias, Pader-
born 1907, 47—49 (Benutzung derselben durch Aeneas). E. Legier, Essai de
—
biographie d'Enee de Gaza, Oriens christianus 7, 1907, 349 309. St. Sikorski,
De Aenea Gazaeo, I. D., Vratislaviae 1909 (Breslauer philol. Abhandl. 9, 5).
156 ff., 169. A. Ehrhard bei Krumbac her, Gesch. d. byzant Lit., 2 A., München
1897, S. 53. L. Radermacher, Philol. 59, 1900, 177, 185 (zu de aeternitate
nmndi). M. Grabmann, Geschichte d. scholastischen Methode I, Freiburg i B.
1909, 96. P. Corß en In Damascii Platonici de orbe lacteo disputationem a Joanne
,
von Byzanz, Leipzig 1887 (Texte u. Unters, usw. 3, 1—2); derselbe, Realenzyklop.
f Protest. Theol. und Kirche, 11, 3. Aufl., Leipzig 1902, 394 ff. W. Rügamer,
Leontius v. Byzanz, ein Polemiker aus der Zeit Justinians, Würzburg 1894. Vgl.
dazu Fr. Loofs, Byzantin. Zeitschr. 5, 1895, 185—191. Erraoni, De Leontio
Byz. et de ejus doctrina christologica, Paris 1895. Vgl. Fr. Loofs, Byz. Ztschr.
6, 1896, 417—419. A. Ehrhard bei Krunibacher, Gesch. der byz. Literatur,
2. A., München 1897, 54-56. J. P. Junglas, Leontius v. Byzanz. Studien zu
seinen Schriften, Quellen u. Anschauungen, Paderborn 1908 (Forsch, zur christl.
Lit.- u. Dogmengesch. 7, 3). Siehe dazu J. Stiglmayr, Ztitschr. f. kath. Theol.
32, 1908, 565—568 und G. Krüger, Deutsche Literaturz. 1909, N. 14, 837—842.
A. Harnack, Lehrb. d. Dogmengesch. II, 4. A-, Tübingen 1909, 405 ff. M. Grab-
mann, Gesch. d. schol. Methode I, Freiburg i. B., 104—108. O. Barden he wer,
Patrologie, 3. A., 1910, 472 - 473.
X. Pseudo-Dionysius Areopagita.
Corderius, Observationes in Dionysii opp. t. I, bei Migne, P. gr. 3, 77
— 107. Baumgarten-Crusius, De Dionye. Areopag., Jen. 1823, auch
L. F. O.
in den Opusc. theol., Jen. 1836. Karl Vogt, Neuplatonismus u. Christentum,
Berlin 1836. J. Huber, Die Philosophie d. Kirchenv., München 1859, 327-341.
F. Hipler, Dionys. d". Areop Regensburg 1861, De theologia librorum qui sab
,
D. A. nomine feruntür, Part. I (Ind. lect.) bis IV, Braunsb. 1871 1885 (Hipler —
flaubte an keine Fälschung, sondern hielt Dion. von Rhinokorura, in der zweiten
lälfte des 4. Jahrhunderts, für den Verfasser, was aber mit dem Textbefui.l un-
vereinbar erscheint). Ed. Böhmer, D. A., in d. Zeitschr. Damaris 1864, Heft 2.
J. Colet, Two treatises on the Hierarchies of D., with transl., intr. and notee,
by J. H. Lupton, London 1869. Joh. Niemeyer, Dion. Areop. doctr. phil.
et theol., diss., Hai. 1869. J. Kanakis, Dion. d. Areop. nach sein. Charakt. als
Philos. dargest., I. D., Lipsiae 1881 (die Schriften sollen um die Wende des 1. u.
Ueberweg, Grundriß n. I
32* Litt-raturvcrzcichnis.
2. Jahrh.s entstanden sein und aus tlen eklekt. plat. Kreisen stammen. Es wären
dann viele Interpolationen anzunehmen). C. M. Schneider. Areopagitica, die
Schriften des hl. D. v. A., eine Verteidij^iuig ihrer Echtheit, Regensburg 1884.
R. Foß, Über den Abt Hilduin von St. Denis und Dion. Areopagita, Pr., Berlin
1886. A. Jahn, Dionysiaca. Sprachliche und sachl. platonische Blüteniese aus
I)ion dem sotrenannten Areopagiten, z. Anbahnung der philolog. Behandl. diese.s
,
Autors. Altena 1889. Joh. Dräseke, Dion. von Rhinokorura (in: Gesammelte
patrist. Unters.), Altona 1889. der mit Hipler davon überzeugt ist, daß keine der
Schriften des sogen. D. absichtlich gefälscht sei: derselbe, Dionvsische Bedenken,
Theol. Stud. u. Kr., 1897, S. 381— 4«) ; Zu D., Zeitschr. f. w. Th., 1897, S. (X)8
— fiI7. A. Stöckl, Gesch. der christl. Philos. z. Zeit d. Kirchenv., Mainz 1891,
384—397. Uebiiiger, J^er Begriff der docta ignorantia in seiner geschichtlichen
Entwickl., Arch. f. Gesch. d. Philos. 8, 1894, S. 6 ff O. Siebert, D. Metaphys.
u. Eth. d. Ps.-Dion. Areop.. Diss., Jena 1894. J. Stiglmayr, D. Neuplatoniker
Proklus als Vorlage des sogen. Dion. Areop. in d. Lehre v. Übel, Histor. Jahrb.,
189.'S, S. 253—273. 721 -
748; derselbe, D. Aufkommen der pseudb-dion. Schriften
und ihr Eindringen in die christl. Literatur bis zum Laterankonzil 649. Progr.,
Feldkirch 1895; derselbe, Hielt Photius die sogenannten areopagit. Schriften für
echt? Histor. Jahrb. 19, 1898. 91—94; 20, 1899, 367-388; derselbe. Zur Lösung
dionysischer Bedenken, Byzantin. Zeitschr. ., 1898, 91 — 110; derselbe. Die Engel-
lehre d. sogen. Dion. Areopagita, Compte rendu du 4e Congres scient. intern, des
Cath., Fribourg (Suisse) 1898, Sect. 1, 403—114; derselbe. Über die Termini Hier-
arch u. Hierarchie. Ztschr. f. kath. Theol. 22, 1898, 180—187; derselbe. Die Lehre
von den Sakramenten u. der Kirche nach Pseudo-Dion., ebend. 246—303; derselbe.
Die Eschatologie d. Ps.-Dion., ebend. 23, 1899, 1-21; derselbe, Ein interessanter
Brief aus dem kirchl. Altertum, ebend. 24, 1900, 657 — 671; derselbe, Eine syr.
Liturgie als Vorlage des Pseudo- Areopagiten, ebend. 33, 1909,383—385; derselbe.
Des hl. Dion. Areopag. angebl. Schriften über die beiden Hierarchien. Aus dem
Griech. übersetzt, Kempten u. München 1911. Einleitung VIII— XXVI (Bibl. d.
Kirchenv.). H. Koch, Proklus als Quelle d. Dion. A. in der Lehre vom Bösen,
Philol. 1895, S. 438-454; derselbe, Der pseudo-epigraphische Charakter der dion.
Schriften, Theol. Quaitalschr. 1895, S. 353-420; derselbe, ebd. 1896, 290-298;
derselbe. Römische Quartalschrift 12, 1898. 353—398; derselbe, Das mystische Schauen
bei Gregor v. Nyssa, Theol. Qnartalschr. 80, 1898, 39<— 420 (Über die Beziehungen
des Ps.-Dion. zu Gregor v. Nyssa); derselbe, Pseudo-Dion. Areopagita in seinen
Beziehungen z. Neuplatonismus u. Mysterien wesen, Mainz 1900; derselbe. Theol.
Qnartalschr. 86, .1904, 378- 399. J. Parker_^ Are the wTitings of Dionysius the
Areopagite genuine? London and Oxford 1897 (für die Echtheit d. Dion. -Schriften
bei großer Unkenntnis der Sachlage); derselbe, Dionysius the Areopagite and the
Alexandrine Sehool, Jahrb f. Philos. \i. spek. Theol. 14, 1900. G. Krüger, Wer
war Pseudo- Dionysius? Byz. Zeitschr. 8, 1899, 302—305. J. Turmel, L'Angelo-
logie depuis le faux Denys l'Arfep. I — IV, Rev d'hist. et de litt, relig. 1899.
Jos. a Leonissa, D. des Areopagiten Lehre vom Übel beleuchtet v. Aquinaten,
Jahrb. f. Phil. u. spek. Th., XV, 1900, S. 147—156; St. Dion. Areopagita. nicht
Pseudodionvsius, ebd., XVI, 1902, 4 Stücke; derselbe, ebd. XVII, 1903: XVIII,
1904, .327 ff. (Gott und das Übel nach Dion. Areop., kommentiert.. von Thomas
von Aquin); XIX, 1905, 176 ff. (die geschaffenen Geister und das Übel, im An-
schluß an den Kommentar d. hl. Thomas zum Areopagiten); XXIII, 1909, 223 ff.
(Die stoffUche Welt und das Übel); XXV, 1911, 486-494 (Die hl. Kirche u. die
Areopagitica). H. Omont, Manuscnt des cpuvres de St. Denys l'Ar^opagite,
envove de Constantinople ä Louis Debonnaire en 827, Par. 1904. Cl. Baeumker,
Witelo, :SIünster 1908 (Beiträge z. Gesch. d. Phüosophie d. Mittelalt. 3, 2), 377 ff.
(über die Lichtmetaphysik d. Pseudo-Dion.). H. Weertz, Die (jotteslehre des
Pseudo-Dion. Areopag. und ihre Einwirkung auf Thomas von Aquin, Bonn 1908.
St. Schindele, Philos. Jahrb. 22, 1909, 159 ff. (über Pseudo-Dionys. Lehre von
dem Unterschied von Wesenheit und Dasein). O. Bardenhewer, Patrol., 3. A.,
1910, 462—467. H. Bruders, Die Kirche und d. Areopagitica. Zeitschr. f. kath.
Theol. 35, 1911, (67 — 775 (gegen Jos. a Leonissa).
XL Maximus Confessor.
nuntur et examinantur, I. D., Berolini 1869. L. Stavrides, 'H 68ög jigog z6v
&e6v i] Jiegi tov zsXovg tov avdgcoTiov xara Mä^inov tov 'Ofiokoyi^rtjv, Leipzig 1894.
A. Preuß, Ad Maximi Confessoris de deo hominisque deificatione doctrinam
adnotationum P. I, Schneeberg 1894. K. Holl, Die Sacra Parallela d. Johannes
Damascenus, Leipzig 1896 (Texte u. Unters, usw. 16, 1, 342 ff.); derselbe, Fragm.
vomizänischer Elirchenv. aus d. Sacra Parallela, Leipzig 1899 (ebd. 20, 2, XVIII ff.).
A. Ehrhard in Krumbacher, Gesch. der byzant. Lit., 2. A., München 1897,
61- 64, 216 ff; derselbe, Zu den „Sacra Parallela" d. Johannes Damascenus u. dem
Florüegium des Maximus, Byzant. Zeitschr. 10, 1901, 394—415. A. Elter, Gno-
mica homoeomata 1. Pr., Bonnae 1900. E. Michaud, St. Maxime le confesseur
et l'apocatastase, Rev. int. de Th^ol., 1902, S. 257-272. Wagen mann (R. See-
berg), Realenzyklopädie f. prot. Theol. 12, 3. A., 457—470. H. btraubinger,
Die Christologie des hl. Maximus Confessor, Bonn 1906; derselbe, Die Lehre des
Patriarchen Sophronius v. Jerusalem über d. Trinität, d. Inkarnation u. d. Person
Christi. Mit besonderer Berücksichtigung seiner Beziehungen zu Maximus Conf.,
in ihren Hauptpimkten zugleich verglichen mit den Sätzen des hl. Thomas, Der
Kathoük 1907, I, 81-109, 175— 198, 251-265. Haidacher, Chrysostomus-
Fragmente im Maximus-Florilegium u. in d. Sacra ParaUela, Byzant. Zeitschr. 16,
1907, 168—202. J. Stiglmavr, Maximus mit seinen beiden Schülern, Der
Kathoük, 1908, II, 39—45. O.'Bar denhewer, Patxologie, 3. A., 1910, 497—500.
5. Montmasson, Chronologie de Ja vie de S. Maxime le Confesseur (580 — 662),
Echos d'Orient 13, 1910, 149-154; derselbe, La doctrine de V'^jiädeia d'apr^
S. Maxime, Echos d'Orient 14, 1911, 36—41. G. Heinrici, Griechisch-byzan-
tinische Gesprächbücher, Abh...d. philol.-histor. Kl. d. K. sächs. Ges. d. Wiss.,
B. 28, Leipzig 1911, S. 4—5 (Über die Gesprächbücher d. Max.). J. Dräseke,
Maximus Confessor und Johannes Scotus Erigena, Theol. Studien und Kritik. 84,
1911, 20-60, 204-229.
f*
34* Literaturverzeichnis.
IL Claudianus Mamertus.
M. Schulze, Die Schrift des Claudianus Mamertus, Presbyters zu Vienrie:
De statu animae, im Auszuge mit kritischen Untersuchungen, Dresden 1883.
A. Engel brecht, Untersuchungen über die Sprache d. Claud. Mara., Wien
1885. R. de la Broise, Mamerti Ciaudiani vita ejusque doctrina de anima hominis,
Thesis, Paris 1890.
m. Martianus Capeila.
C. Böttger, Jahns Archiv, -622. C. Prantl, Gesch. d. Logik
13, 1847, 591
I, Leipzig 1855, 672—679. E. Narducci, Tntorno a vari coraraenti fin qui inediti
osconosciuti al „Satyricon" di Marziano Capeila, seguita dal commento di Remigio
d'Auxerre al libro VII de de Arithmetica, Roma 1883. A. Ebert, AUg. Gesch.
der lat. Lit. d. Mittelalt., 1. B., 2. Aufl. 1899, S. 483. A. Baumgartner, Gesch.
d. Weltliteratur, IV. B.. 3. u. 4. A., Freiburg i./B. 1905. C. Thulin, Die Götter
des Martianus Capeila und der Bronzeleber von Piacenza, Religionsgeschichtl.
Versuche und Vorarbeiten herausgegeben von R. Wünsch u. L. Deubner, B. III,
H. 1, 1906. A. Sundermeyer, De re metrica et rythmica Martiani Capellae,
I. D., Marpurgi 1910. M. Esposito, Hermathena 36, 1910, 71 f. (Über Mart.
Cap. bei den Iren im Mittelalter). K. Schulte, Das Verhältnis v. Xotkers
Nuptiae PhQologiae et Mercurii z. Kommentare d. Remigius Antissiodorensis,
Münster i./W. 1911 (Forschungen und Funde, B. 3, H. 2).
IT. BoSthius.
Große, Münster 1896, S. 169 ff.; derselbe, Theodorich der Große, Mainz 1910
(Weltgesch. in Charakterbildern). S. Brandt, Entstehungszeit u. zeitliche Folge
der Werke von Boethius, Phüologus 62, 1903, 141—154, 234—2<5. R. Murari,
Dante e Boezio, Bologna 1905. M. Grabmann, Die Gesch. d. scholast. Methode,
T. I, Freiburg i./B. 1909. 148—177 (eine sehr eingehende Darlegung der Bedeutung
d. Boethius und seiner Schriften für die scholastische Methode). O. Barden-
hewer, Patrologie, 3. A. 1910, 541—545. M. Manitius, Gesch. d. lateinischen
Literatur d. 1. Teil.
Mittelalters, München 1911. S. 22-36. T. Venuti de
Dominicis, Boezio. Vol. I- Studio storico-filosofico, Grottaferrata 1911.
Vgl. auch die Artikel über Boethius von Funk
im Kirchenlexikon II, 2. A.,
967 ff., von Dryander in Realenzyklopädie f. prot. Theol. III, 3. A., 277 ff.,
von Godet in Dictionnaire de th^ölogie catholique II, 918—922, von Hart-
mann in Pauly-Wisspwas Realenzyklopädie d. klass. Altert. III, 2. A.. 596—601.
b) Boethius' Übersetzungen und logische Schriften: C. Prantl,
Gesch. d. Logik im Abendland I, Leipzig 1855, 679—722. V. Rose, Die Lücke
im Diogenes Laertius und der alte Übersetzer, Hermes 1, 1866, S. 381 f. (Über die
Übersetzung der Analytica, der Topik und der Elenchi sophistici durch Jacob de
Venetia). Th. Stangl, Boethiana vel Boethii Commentanorum in Ciceronis Topica
eraendationes, Gotha 1882. A. Busse, Porphyrii Isagoge et in Aristotelis Cate-
gorias coramentarium, Comment. in Arist. graeca I V, Berol. 1887, XXXL- XXXIV
(Über die Boethianische Übersetzung der Isagoge u. ihre handschriftl. Uberliefer.)
Zu § 18. Die Lateiner des fünften bis achten Jahrhunderts. 85*
367 (Über den Kommentar d. Bovo II. v. Corvey zu De Cons. philos. 1. III,
metr. IX).
e) Das Christentum des Boethius. G. Baur, De An. M. Sev. Boethio
Christ, doctr. assertore, Darmstadt 1841. G. Suttner, Boeth. der letzte Römer,
J.
Nachruhm, Pr., Eichstädt 1852. Ch. Jour-
sein Leben, sein christl. Bekenntnis, seui
dain, De l'origine des traditions sur le christianisme de Boece, Paris 1861.
G. Bosisio, 8ul catolicismo di An. M. T. Sev. Boezio, Pavia 1867. L. C. Bour-
quard, De An. M. Sev. Boethio, christiano viro, philosopho ac theologo, Angers
1877. Prietzel, Boeth. u. seine Stellung /.. Christentum, Pr., Lobau 1879.
H. Weißenborn. Zur Boeth.-Frage, Pr., Eisenaeh 1880. A. Hildebrand,
Boeth. u. s. Stellung z. Christentum, Kegensburg 1885. G. Boissier, Le christia-
nisme de Bofecc, E.xtrait du Journal des Savants, Paris 1889. Semeria, II
christianesimo Sev. Boezio rivendicato, Roma 1900.
f) Die theologischen Schriften des Boethius: Schenkl, Ver-
handlung, d. 18. Versararal. deutsch. Philologen und Schulmänner, Wien 1859,
76—92. Fr. Xitzsch, Das System d. Boethius und d. ihm zugeschriebe-
nen theologischen Schriften, Berlin 1860 (Gegen die Autorschaft d. Boethius).
G. Bosisio, Suirautenticita delle opere theol. di An. M. T. Sev. Boezio,
Pavia 1867. Vgl. dazu G. Schündelen, Bonner Theol. Literaturblatt 1870,
804ff,838ff. H. Usener, Anecdoton Holderi. Ein Beitrag zur Gesch. Roms
in ostgotischer Zeit (Festschrift), Bonn 1877 {Zeugnis d. Cassiodor für die Echt-
heit der opuscula theologica). C. Krieg, Über die theolog. Schriften d. Boethius.
Jahresb. d. Görresgesch. f. 1884. 23—52 (Für d. Echtheit). G. Schepß, Neues
Archiv f. ältere deutsche Geschichtskunde XI 125 ff. (Gegen die Echtheit). J.
.
Dräseke, Jahrb. f. protest. Theol. 12, 1886, 312 - 333 (Für d. Echtheit d. theolog.
Traktate gegen Nitzsch); derselbe, Boethiana, Zeitschr. f. wiss. Theol., 31, 1888,
94—104 (Für die Echtheit gegen Schepß). E. K. Rand, Der dem Boethius zu-
geschriebene Traktat De fide catholica, Jahrbb. f. klass. Philol., Supplementb. 26,
Leipzig 1901, 405—461 (der Traktat de fide ist unecht); derselbe, Johannes
Scottus, München 1906 (Quellen und Untersuchungen z. latein. Philologie d.
Mittelalt., herausgeg. v. L. Traube I, 2); R. ediert den Kommentar d. Johannes
Eriugena und d. Remigius v. Auxerre zu den opuscula sacra d. Boethius). St.
Schindele, Philos. Jahrb. 22, 1909, 169 (Boeth. der Vermittler der Lehre von
Wesenheit und Dasein). M. Grabmann, Die Gesch. d. schol. Methode 1, Frei-
burg i. B. 1909, 163—176 (Die schol. Methode in d. opuscula sacra d. Boeth.).
Manitius, Gesch. d. lat. Lit. d. Mittelalt. I. T., München 1911, S. 35-36.
g) Grammatisches bei Boethius: G. Bednarz, De univeräo orationis
colore et syntaxi ßoethü 1. I. D., Vratislaviae 1883; derselbe. De svntaxi Boethü
1, Pr., Striegau 1892.
V. Cassiodurus Senator.
F. D. de St. Marthe (Par. 1695), Buat in: Abh. der Bayer. Akad. d. Wiss.,
I, S. 79 ff. Stäudlin in Kirchenhist. Archiv für 1825, S. 529 ff., Prantl, Gesch.
:
der Log., I, Leipzig 1855, S. 722- 724. V. Durand, Quid scripserit de anima
M. A. Cassiodorus, Tolosae 1851. C. Schirren, De ratione quae inter Jordanem
et Cassiodorum intercetiat coramentatio, I. D., 1858. A. Thorbecke, Cassiodorus
Senator, Heidelb. 1867. Adolf Franz, M. Aur. Cassiodorus Senator, ein Beitr.
zur Gesch. d. theol. Lit., Bresl. 1872. Ebert, Allg. Gesch. d. Lit. d. Mittelalters,
Bd. I, Leipzig 1874, S. 473-490. H. Usener, Anectodon Holderi, Bonn 1877
(Über ein Fragment einer verlorenen Schrift Cass., das wichtige Mitteilungen über
seine Familie, seine Schriftstellertätigkeit u. eine wertvolle Notiz über die theolog.
Werke d. Boethius enthält). B. Hasenstab, Studien z. Variensammlung a.
Cass. Sen., T. 1, Pr., München 1883. G. Minasi, M. A. Cassiodoro Senatore,
Napoli 1895. E. Norden, Die antike Kunstprosa IL, Leipzig 1898, 2. A. 1909,
663—665 (Cass. Bedeutung f. d. Hebung d. klass. Studien). H. Peter, Der Brief
in der röm. Lit., Leipzig 1901, S. 202 ff Mari(5tan, Le probl^me de la Classi-
.
S. 419 ff. M. Manitius, Gesch. d. lat. Lit. d. Mittelalters, I. T., München 1911.
8. 36—52.
VI. Martin von Bracara.
C. P. Caspar i, Martin von Bracaras Schrift De correctione rusticorum,
Christiania 1883. A. Ebert, Allg. Geschichte d. Lit. d. Mittelalt., B. 1, 2. Aufl.
1889, S. 572 f. A. E. Burn, Niceta of Remesiana, Cambridge 1905, Introd.
CXXV— CXXXl. See berg, Realenzyklcpädie f. prot. Theol. 12, 3. Aufl., S. 385 ff.
E. Bickel, Die Schrift d. Martinus v. Bracara formula vitae honestae, Rhein.
—
Mus. 60, 1905, 505 551. J. Stiglmayr, Das opus imperfectum in Matthaeuni.
Zur Frage über Grundsprache, Entstehungszeit, Heimat, Verfasser des ganzen
Werkes. Zeitschr. f. kath. Theol. 34, 1910, 1-38, 473-499 (Martin v. Br. war
vielleicht der Übersetzer des zwischen 395—414 in Konstantinopel entstandenen
griech. Textes). O. Bardenhewer, Patrologie, 3. A., Freiburg i. B. 1910, S. 566 f.
Victorinus etc., Pr., Halle 1861. C. Prantl, Gesch. d. Logik im Abendland, B. II,
Leipzig 1861, 2. Aufl. 1885, S. 12-15. H. Dressel, De Isidori Origimim fon-
tibus, I. D., August. Taurin. 1874. K. Laßwitz, Gesch. d. Atomistik vom
Mittelalt. bis Newton, I. B. 1890, S. 31 ff. (Über die Epikureische Atomistik bei
Isidor). Marius Michel, Le livre des origines d'Isidore de Söville, Revue
Internat, de Fenseignement, 1891, S. 198 ff. M. Klußniann, Excerpta Tertullianea
in Isidori Hisp. etymologiis, Pr., Hamburg 1892. H. Schwarz, Observationes
criticae in Isidori Hispalensis Origines, Pr., Hirschberg 1895. Marietan, Le
Erobleme de la Classification des sciences d'Aristote ä. S. Thomas, Paris 1901,
(. ßaur, Dominicus Gundissalinus, De divisione philosophiae, Münster 1903
(ßeitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt., B. 4, H. 2 u. 3), S. 355 f. W. M.
Lindsay, Notes on Isidor's Etymologiae, The classic. Quarterly 1912, Jan. H.
Philipp, Die historisch-geographischen Quellen in den Etymologiae d. Isidorus
V. Sevilla, T. I. Quellenuntersuchung, Berlin 1912 (Quellen u. Forsch, z. alt.
Gesch. u. Geogr. v. W. Sieglin XXV).
d) Isidors Schrift De natura rerum: A. Schenk, De Isidori His-
palensis De natura rerum Jenae 1909.
libelli fontibus, I. D.,
e) Isidors Sentenzenbuch: M. Grabmann. Die Gesch. d. scholast.
Methode, B. I, Freiburg i. B. 1909, S. 144-146.
f) Isidors Schrift De fide catholica: K. WeiTihold, Die alt-
deutschen Bruchstücke d. Traktats des Bischofs Isidorus von Sevilla De fide
catholica contra Judaeos, Paderborn 1874. M. RannoAV, Der Satzbau des alt-
hochdeutschen Isidor im Verhältnis zur latein. Vorlage, Berlin 1888 (Schriften z.
germanischen Philol. 2. H.). G. A. Hench, Der althochdeutsche Isidor, Straß-
Durg 1893. E. Klemm, Satzmelodische Einrichtungen zum althochdeutschen
Isidor, I. D., Halle 1911.
Isidors Mönchsregel; R. Kiec, Die Regula monachorum Isidors von
g)
SeviUa, Pr., Marburg 1909.
h) Isidors Chroniken: H. Hertzberg, Über die Chroniken des Is.
v. Sevilla, Forschungen z. deutsch. Gesch., B. 15, 1875, S. 289—360. Watton-
bach, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, I, 7. A., Stuttg. 1904,
93-95.
38* Literaturverzeichnis.
1910. 481—503. C. Weyman, Histor. Jahrb. 32, 1911, 63— 6^. M. ManitiuB,
Gesch. d. lat. Lit. d. M. I, München 1911, 69.
Lud. Vives, De
causis corruptarum artium, in seinen Werken, Basel 1555.
Lambertus Danaeus, in seinen Prolegom. in primum librum sententiarum cum
comm., Genev. 1.580. Ch. Binder, De scholastica theologia, Tübing. 1614. Ad.
Tribbecho vius, De doctoribus scholasticis et corrupta per eos divinarura
huraanarumque rerum scientia. Gießen 1665, 2. Aufl., besorgt von Heumann,
Jena 1719. Jac. Thomas
ins, De doctoribus schol.. Lips 1676 (Lcipz. Dissertation
des Martin Busse unter dem Vorsitz d. Jac. Thomasius). Jac. Brucker,
Hist. crit. philos., t. III, Lips 1743, p. 709—912. W. L. G- v. Eberstein, Die
natürl. Theologie der Scholastiker, nebst Zusätzen über die Freiheitslehre iind den
Begriff der \Vahrheit bei denselben, Lpz. 1803. Tiedemann, Buhle, Tenne-
mann, Ritter u. a., in ihrer allgera. Gesch. der Philos. In neuerer Zeit be-
sonders: Hampden, The Schol. philos., Oxf. 1832. V. Cousin in seiner die
geschichtliche Auffassung der Scholastik vielfach beeinflussenden Einleitung z.
buvrages in^dits d'Abelard, Par. 1836. wo die scholast. Philos inhaltlich mit den
Entwicklungsphasen des Universalienproblems identifiziert wird. Ders., Fragments
philosophiques, philosophie du moyen-äge. 5. ^d., Par. 1865 (deckt sich zum Teil
mit dem vorigen Werk). sur la philosophie dans le moyen-
Rousselot, Etudes
äge, Par. 1840—1842. Duc de Par a man,
Hist. des röv. de la phüos.
en France pendant le moyen-äge jusqu'au 16. sifecle, Par. 1845. Barth. Haureau,
De la philosophie scolastique. 2 voll., Par 1850; ders., Singularit^s historiques et
litteraires, Par. 1861; ders., Histoire de la philos. scolastique, I. partie (de Charle-
magne a la fin du XII. siecle), Par. 1872, IL partie, t. 1 u. 2, Par. 1880 (H. hat
manches neue historische Material mit verarbeitet und die Scholastik richtiger ge-
würdigt, als dies seit Brucker üblich war). Ders., Notices et extraits de quelques
—
manuscrits latins de la biblioth. nationale, 6 Bde., Par. 1890 1893, (bietet reiches
biographisches und handschriftliches Material nebst teilweise sehr wichtigen Publi-
kationen bisher unedierter Texte). Siehe dazu die wertvolle Besprechung von
Cl. Baeumker, Archiv f. Gesch. d. Philos. X, 1897. 127—151. Wilh. Kaulich.
Gesch. der scholastischen Philosophie, I. Teil: Von Joh. Scotus Erigena bis
Abälard, Prag 1863. Alb. Stöckl, Gesch. d. Philos. des Mittelalters, Bd. I— III,
—
Mainz 1864 1866. J. E. Erdmann in dem betreffenden Abschnitt seines Grundr d.
Gesch. d. Ph., Bd. I, 4. Aufl., bearb. von B. Erdmann, Berl. 1896, wS. 263-516,
und in der Abhandlung: Der Entwicklungsgang der Scholastik, in: Ztschr. f.
wiss; Theol., Jahrg. VIII, Heft 2, Halle 1865, S. 113—171. L. Figuier, Vies
des savants illustres du moyen-äge avec l'appreciation sommaire de leurs travaux.
Par. 1867. De Cupely, Esprit de la philos. scol., Par. 1868. Maurice, Me-
diaeval philosophy or a treatise of moral and metaphysical philosophy from the 5.
;
to the 14. Century. New edit., Lond. 1870. K. Werner, Die Scholastik des
späteren Mittelalters. 1. B. Johannes Duns Scotus. 2. B: Die nachskotistische
:
Avril 1893. Separat bei Armand Colin, Par. 1893 (Begriff d. Scholast., Aufgabe
ihrer Geschichte, Quellen, Hauptprobleme, hervorragendste Philosophen der I.
Periode); derselbe, Les discussions sur la libert^ au temps de Gottschalk, de
Kaban Maur, d'Hincmar et de Jean Scot, Paris 1896; derselbe, Le raoyen-äge.
Charact^ristique th^logique et philosophico-scientifique in: S6ances et trav. de
l'Acad^m. des sciences mor. et pol., niai 1901, S. 630—654 (auch separat Paris
1901); derselbe, Valeur de la> scolastique, Paris 1902; derselbe, Esquisse d'une
histoire g^nörale et corapar6e des philosophies m^di^vales, Paris 1905, 2 c ed., 1907.
Picavets Skizze ist geschrieben vom Standpunkt der Vergieichung der einzelnen
philosophischen Systeme oder Philosophien. Er läßt die mittelalterl. Philosophien
Deginnen mit Paulus, Philon, ApoUonius von Tyana, Plutarch von
Chaeronea und Seneca (S. 319). Als der eigentliche Lehrer des Mittelalters,
der Christen, wie der Araber und Juden, gilt ihm nicht Aristoteles, sondern
Plotin und die Neuplatoniker (eh. V). Siehe dazu die kritischen Bemerkungen
von Cl. Baeumker, Deutsche Literaturz. 1907, N. 14, 2757—2764. Ferner M. de
Wulf, Revue neo-scol. 1905, 112—115 und Hist. de la philos. mediöv., 4e ^d. 1912,
S. 125. Anm. 2. A. Leclfere, Archiv f. Gesch. d. Philos. 19, 1906, 495-503; 21,
1908, 110-111. Dornet de Vorges, Revue de philos. 1906, 289f{. F. Picavet,
Hist. des philosophies m6di6v., Revue Internat, de Fenseignement, janvier, no-
vembre 1911, dßcembre 1912. —J. Freudenthal, Zur Beurteilung der Schola-
stik, Arch. f. Gesch. d. Philos., III. 1890, S. 22 ff. (Unselbständigkeit d. scholast.
Wiss. gegenüber d. Glauben u. d. Theolog.; z. T. Polemik gegen Kaufmanns
„Universitäten", Bd. I). R. Eucken, Die Lebensanschauungen d. großen Denker,
Lpz. 1890, 5. Aufl. 1904, 9. A. 1911. W. Windelband, Gesch. d. Philos., Frei-
burg 1892, 5. A. 1910; derselbe, Zur Wissenschaftsgesch. der romanischen Völker
in: Gröber, Grundriß d. roman. Philol II, 3, Straßburg 1901, 550-578. In
demselben Grundriß II, 1, Straßburg 1902 wird von G. Gröber, Die literar-
historische Seite der mittelalterlichen Philosophie behandelt. J. Uebinger,
Der Begriff docta ignorantia in seiner geschichtl. Entwicklung, Archiv f. Gesch.
d. Philos. 8, 1895, 1—32. M. de Wulf, Histoire de la philos. scol. dans les
Pays-Bas et la principaute de Lifege jusqu'ä la Revolution franjaise, Louvain et
Paris 1895 (behandelt größten Teils Leben, Schriften und Lehre d. Heinrich
von Gent); derselbe, Histoire de la philosophie medievale pr^cedee d'un
aperfu sur la philosophie ancienne, Paris et Bruxelles 1900, 2e ^d. Louvain- ,
chez les raystiques uu Xle sifecle, Rev. des sciences philos. et thdol. 2, 1908, 526 ff.
(Anselinj. Derselbe, Essai historique sur les rapports entre la philos. et la foi de
B^renger de Tours a S. Thomas cl'Aquin, Paris 1909. J. M. Verweyeii, Philo-
sophie und Theologie im Mittelalter, Bonn 1911. 0hl ig, Piiilosophia ancilla
theologiae, Pastor bonus 1911—12, 2. H. A. D. \Vhite, Gesch. der Fehde
zwischen Wissenschaft u. Theol. in der Christenheit. Übersetzt nach der IG. Aufl.
V. C. M. von Unruh, 2 Bde., Leipzig 1911. M
de Wulf, Hist. de la philos.
med., 4e 4d. 1912, 120—121. E. Krebs, Theologie u. Wissenschaft nach der
Lehre der Hochscholastik. An der Hand der bisher ungedruckten Defensa doc-
trinae D. Thomae des Hervaeus Nataüs, Münster 1912 (Beitr. z. Gesch. d. Philos.
d. Mittelalt. XI, 3-4).
d) Gottesbeweise und Gotteslehre: O. Paschen, Der ontologische
Gottesbeweis in der Scholastik Pr. d. Kaiser Karl Gymnasiums, Aachen 1903.
,
schol. Lehre v. Materie u. Form u. ihre Harmonie mit den Tatsachen der Natur-
wißsensch., Eichstädt 1873 ; dere.. Die Lehre von der Erdrundung u. Erdbewegung im
Mittelalter, Histor.-politißche Blätter, Bd. 80, 1877, II, S.433 ff. K. Werner, Die
Kosmologie u. Naturl. d. schol. Mittelalt. m. spez. Bez. auf Wüh. von Conches,
Sitzungsb. d. Wiener Akad., philos. - histor. Kl. 1873, Bd. 75. J. Schwert-
schlager, Die erste Entstehung der Organismen nach den Philosophen des
Altertums und des Mittelalters mit besonderer Rücksichtnahme auf die Urzeugung,
Eichstädt 1885. P. Schanz, Zui scholast. Kosmologie, Theol. Quartalschr. 1885,
—
3 58. C. ürbain, De concursu divino scolastici quid senserint, Paris 1894.
L. Schmöller, Die scholast. Lehre von Materie und Form. Neuerdings dar-
gestellt mit Rücksicht auf die Tatsachen und Lehren der Naturwissenschaft, Passau
1903. G. Feldner, Das „Werden" im Sinne der Scholastik, Jahrb. f. Philos. u.
spek. Theol. 18, 1904, 441 ff.,, 19, 1905, 419 ff. J. Wild, Zur Gesch. d. qualitates
occultae, ebend. 20, 1906, 307 ff. Gl. Baeumker, Zur Vorgeschichte zweier
Locke'scher Begriffe, Archiv f. Gesch. d. Philos. 21, 1908, 296—298 (der Ausdruck
tabula rasa findet sich nicht erst bei Aegidius Romanus, sondern schon
bei Albertus Magnus, Thomas von Aquin u. Bonaventura), 492—517; 22, 1909,
S. 380. (Die Ix)CKe'sehen Ausdrücke „primäre imd sekundäre Qualitäten" kennt
nicht erst Bartholomäus Arnoldi von Usingen, gestorben 1532, sondern
sie finden sich bereits in der Scholastik des dreizehnten Jahrhimderts, so bei
Albertus Magnus und anderen.) F. Zigon, Das Aevum (Darstellung und
Kritik des aristotelisch-scholastischen Begriffs des Aevum), PhUos. Jahrb. 21, 1908,
483—496. F. Budde, Läßt sich die scholastische Lehre von Materie und Form
noch in der neueren Naturwissenschaft verwenden und in welchem Sinn?, Philos.
Jahrb. 21, 1908, 314—338, 459—482. D. Nys, L'^nerg^tique et la th^orie sco-
lastique, Revue neo-scol. 18, 1911, 341-365; 19, 1912, 5—41. Siehe auch unten X:
Naturwissenschaft und Medizin.
g) Psychologie: K. Werner, Der Entwicklungsgang der mittelalt. Psycho-
logie von Alcuin bis Albertus Magnus, Wien 1876 (Denkschrift der Wiener Akad.,
philos.-hist. KL, Bd. 25). D. Kaufmann, Die Sinne. Beiträge zur Gesch. d.
Physiologie und Psychologie im Mittelalter aus hebräischen u. arabischen Quellen,
Leipzig 1884. H. Siebeck, Gesch. d. Psychologie, I. T., 2. Abt., D. Psych, v.
Arist. bis Thomas von Aquin, Grotha 1884; ders.. Zur Psychol. d. Scholastik, Arch.
f. Gesch. d. PhUos., Bd. 1— III, 1888—1890 (7 Artikel z. Gesch. d. empirischen
Psychol. im Mittelalter) ders., Die Anfänge der neueren Psychol. in der Scnolastik.
;
Ztschr. f. Philos. u. philos. Kritik. 1. Der ältere Augustinismus, Bd. 93, 1888,
S. 161 ff.; 2. Der Scotismus, Bd. 94, 1888, S. 161 ff.; Bd. 95, 1889, S. 245 f.; ders.,
Die Willenslehre bei Duns Scotus und seinen Nachfolgern, ebd., B. 112. 1898,
S. 179 ff. M. Dessoir, Gesch. der Psychologie in Eeins Enzyklopädischem
Handb. d. Pädagogik, Langensalza 1896; derselbe. Abriß einer Gesch. d. Psycho-
logie, Heidelberg 1911, S. 58—89: Die Seelenlehre im Mittelalter imi in der
Renaissance. D. Mercier, La psychologie de Descartes et l'anthropologie
scolastique in: Revue neo-Scolastique , 3e et 4e annee, 1896 97. —
J. Frie-
drich, Gesch. d. Lehre v. d. Seelenvermögen bis zum Niedergang d, Scholastik,
in: Pädagog. Abb., N. F., hrsg. von W. Bartholomäus, B. V, H. 1, 1900.
A. Schneider, D. Psychologie Alberts des Großen. Nach den Quellen dar-
gestellt. 2 Teile, Münster 1903, 1906 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. des Mittelalters,
hrsg. V. Gl. Baeumker und G. v. Hertling, B. IV, H. 5 u. 6.). Siehe dazu die
wertvollen Bemerkungen von CI. Baeumker, Zeitschr. f. Psychol. 46, 1908, 439
— 449. Domet de Vorges, L'estimative, Revue n4o-scol. 11, 1904, 433 ff.
H. Ostler, Die Psychologie des Hugo von St. Victor, Münster 1906 (Beitr. z.
Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. VI, 1). J. Ude, Die Psychologie des Strebever-
mögens. WiUensproblem und Psychologie der Leidenschaften im Sinne der Scho-
lastik, Graz 1907. B. Jansen, Die Definition des KonzUs von Vienne über die
f. kath. Theol. 1908, 289-306, 471—487.
Seele, Zeitschr. J. M. Verweyen, Das
Problem der Willensfreiheit in der Scholastik, Heidelberg 1909. Siehe dazu
M. Grabmann, Liter. Rundschau 1909, 576 f. E. Lutz, Die Psychologie
Bonaventuras, Münster 1909 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. VI, 4—5).
O. Klemm, Gesch. d. Psychologie, Leipzig-Berlin 1911. Fr. Baeumker, Die
Lehre Anselms von Canterbury über den Willen und seine Wahlfreiheit, Münster
1912 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. X, 6). M. Meyer, Die Lehre des
Thomas von Aquino De passionibus animae, Münster 1912 (Beitr. z. Gesch. d.
Philos. d. Mittelalt. XI, 2). M. Debifevre, La döfinition de concile de Vienne
sur l'äme (6. mai 1312), Rech, de scienc. reüg. 1912, 321—344.
Zu § 19. Begriff und Einteilung der fcjcholastik. 95*
derselbe, Arch. f. Gesch. d. Phüos. 2, 1888, 29 f. Hnr. Appel, Die Lehre der
Scholastiker von der Synteresis, Rostock 1891 derselbe
; Die Synteresis in d.
,
m) Ästhetik: M
de Wulf, Etudes historiques sur Testhetique de Thomas
—
d'Aquin, Revue neo-scol. 1895 1896; derselbe, L'histoire de l'esth^tique et ses
—
grandes orientations, ebendas. 1909,237 2.59. Minjon, Der Schönheitsbegriff der
Hochscholastik, Philos. Jahrb. 25, 1912, 171—185.
n)Religionsphilosophie: H. Reuter, Geschichte der religiösen Auf-
klärung im Mittelalter vom Ende des 8. Jahrh. bis zum Anfang des 14., 2 Bde.
Berlin 1875, 1877. Rotta, La coscienza reügiosa medievale, Turin 1908.
0) Sprachphilosophie: P. Rotta, La filosofia del liuguaggio nella
patristica e nella scolastica, Torino 1909.
g) Lehre von der Sünde: J. N. P^spen berger, Die Elemente der Erb-
sünde nach Augustin und der Früliscbohistik, Mainz 1905 (Forsch, z. christl. Lit.
u. Dogmeng. V, 1).
L^nard de Vinci. Ceux quil a lus et ceux qui Tont lu, Ire s^rie, Paris 1906;
2e s4rie, el)end. 1909 (Die Beziehunj^en Leonardos zu Albert von Sachsen und
dessen Zeitgenossen Thenion, ferner zu den Scholastikern des dreizehnten und
vierzehnten Jahrhuncierts und zu Nicolaus von Cues in der Gesch. der natux-
wissenschaftl. Theorien); derselbe, Essai sur la notion de throne physique de
Piaton a Galilüe. Extrait des Annales de philos. chr^t., Paris 1908, S. 40—52:
La Bcolastique chr^t. du moyen-äge; derselbe, Le mouvement abaolu et le niouve-
ment relatif, Montligeon 1Ö09 (Auch Revue de philosophie 1907 — 1909). Unter-
sucht werden in bezug auf das genannte Problem Aristoteles, die arabischen
Kommentatoren, die Scholastik, die lienaissance und die Neuzeit); derselbe,
Un pr^curseur fianjais de Copernic, Nicolaus Üresme, Revue gön^rale des
sciences 1909, 86(j— 873 (Nicofaus, Bischof von Lisieux, gest. 1382, vertrat
bereits die heliozentrische Hypothese); derselbe, La physique neoplatonicienne
au moyen-äge, Louvain 1910 (Auch Revue des questions scientifiques 1910).
A. E. Schönbach, Aus der Naturforschuug des Mittelalters. Hochland V, 2, 1908,
—
453 ^156. S. Günther, Gesch. der Naturwissenschaft, Leipzig 1909. F. Strunz,
Gesch. d. Naturwissenschaften im Mittelalter, Stuttgart 1910. Ch. V. Langlois, La
connaissance de la nature et du monde au raoyen-äge d'aprfes quelques Berits
frauyais a l'usage des laics, Paris 1911. Behandelt wird die populäre naturwissen-
schattl. und kosmologische Literatur: Lapidaire, Bestiaire, l'imago du monde, De
proprietatibus rerum von dem Franziskaner Bartholomäus Anglicus, Die Quelle
alles Wissens von Sidrach. Der Dialog ,,Placides et Timeo" und das Schatzbuch
von Brunetto Latin o. O. Steg mann, D. Anschauungen d. Mittelalt. über d.
endogenen Erscheinungen d. Erde, Archiv f d. Gesch. d. Naturwiss. 4, 1912,243 269. —
F. Wüstenfeld, Gesch. d. arabischen Ärzte und Naturforscher, Göttingen
1840. L. Leclerc, Histoire de la mMecine arabe. Expos^ complet des traductions
du Grec. Les sciences en Orient, leur transmission a l'occident par les traductions
latines, t. II, Paris 1876. Häser, Lehrb. der Geschichte d. Medizin. 1875.
J. Hirschberg, Geschichte der Augenheilkunde im Mittelalter und in der Neu-
zeit, Leipzig. 1908 (Graf e-Saemisch, Handbuch der gesamten Augenheilkunde,
B. Xin, Kap. XXlII). M. Neuburger, Geschichte der Medizin. IL ß., I.Teil,
2. H., Stuttgart 1911 (Gesch. d. Medizin im Mittelalter). —
Siehe auch oben IV, f.:
Naturphilosophie.
XL Mathematik.
L. Bossut, Histoire gön^rale des mathematiques depuis leur origine jusqu'
k rannte 1808, 2 voll., Paris 1810. Hankel. Gesch. d. Mathematik im Altertum
und Mittelalter, Leipzig 1874. M. Cantor, Vorlesungen über Gesch. der Mathe-
matik, I. B.: Von den ältesten Zeiten bis zum Jahre 1200 nach Christus, Leipzig
1880, 3. A. 1907. II. B., 1892, II, 1, 2. A. 1899. M. Marie, Histoire des sciences
mathematiques et physiques, t. II, Paris 1883. S. Günther, Gesch. der Mathe-
matik. I, T. Von den ältesten Zeiten bis Cartesius, Leipzig 1908 (Göschen). G. F.
:
bis zum Tode des Bonifatius, 3. u. 4. A. Leipzig 1904. IL B.: Die Karohnger-
,
zeit, 3. u. 4. A., ebend, 1912. III. B. Die Zeit unter den sächsischen und frän-
:
ebend. 1912. V. B.: Das spätere Mittelalter. 1. Hälfte. Die Kirche Deutsch-
lands während des beginnenden Sinkens der päpstlichen Macht 1250—1347,
ebend. 1911. A. Ehrhard, Das Mittelalter und seine kirchliche Entwicklung,
Maüiz 1908.
Die dogmengeschichtliche Literatur siehe oben § 1, III, S. 3*. Ferner
H. Denifle, Luther und Luthertum in der ersten Entwicklung quellenmäßig
durgestellt, I. Abt., 2. A.. Mainz 1905. Schlußabteilung, 2. A. herausgeg. von A. M.
Weiß, Mainz 1906. H. Denifle, Die abendländischen Schriftausleger bis Luther
über Justitia dei (Rom. 1. 17) und Justificatio. Beiträge zur Gesch. d. Exegese,
der Literatur und des Dogmas im Mittelalter. Mainz 1W5.
Zu § 19. Begriff und Einteilung der Scholastik. 101*
Fr. Gramer, De graecis per occidentem studiis inde a primo medio aevo
usque ad Carolum Magnum, 2 Pr., Stralsund 1848, 1853. Ch. Cuissard,
L'etude du grec ä Orleans depuis le IXe. siede jusqu'au milieu du XVIIIe sifecle,
Orleans 1883. Tougard, L'hellenisme dans les ecrivains du moyen-age du Vlle
au Xlle sifeole, Paris 1886. L. Traube, O Roma nobilis, Sitzungsb. d. bavr.
Akad. d. Wiss. 19, 2. Abt., 1891, 844—361. K. Krumbaeher, ebendas. 1892,
362 ff. L. Stein, Archiv f. Gesch. d. Philos. N. F. II, 1896, 241 ff. H. Stein-
acker, Die römische Kirche u. die griech. Sprachkenntnisse des Frühmittelalters,
Festschr. f. Gomperz, Wien 1902, S. 324 ff. J. Sandys, Herraatheua XII, 1903,
428 ff. M. Manitius, Die Kenntnis des Griechischen im frühen Mittelalter,
AUgem. Zeitung, Beilage 1905, Nr. 193. E. Norden, Antike Kunstprosa, II, 2.
Abdr., Leipzig und Berlin 1909, S. 666. —
Siehe auch unten die Lit. zu § 20.
XV. Kulturgeschichte.
Hnr. von Eicken, Geschichte und System der mittelalt. Weltanschauung,
Stuttgart 1887. G Grupp, Kulturgeschichte des Mittelalters, 2 Bde., Stuttgart
1894—1895, 2. A.. Bd. I u. II, Paderborn 1907-1908, III. B. 1912. E. Michael.
Geschichte des deutschen Volkes vom dreizehnten Jahrhundert bis zum Ausgang
des Mittelalters, Freiburg i./B. I. B Deutschlands wirtschaftl., gesellschaftl. und
:
XVIL Zeitschriften.
XVIU. Bibliographie.
Wichtige bibliographische Hilfsmittel sind bereits oben § 1, VII, S. 5* ver-
zeichnet. Weiterhin seien genannt: J. A. Fabricius, Bibliotheca latina mediae
et infimae aetatis, Hamburg 1734—1736, ed. Mansi, Patavii 1754, neueste
Ausgabe, 6 Bde., Florentiae 1858. Ferner die Histoire litt6raire de la
France, ouvrage coramence par des Religieux B6n6dictins de la Congre-
gation de St. Maure et continu^ par des Membres de I'Institut 1733 ff. Bis 1906
33 Bde., die bis zum 14. Jahrh. reichen. A. Pott hast, Bibliotheca historica
medii aevi, 2. A., Berlin 1896. Watten bach, Deutschlands Geschichtsquellen
im Mittelalter bis zur Mitte des dreizehnten Jahrh., I. B., 7. A., Stuttgart u.
Berlin 1904, IL B., 6. A. 1894. O. Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen im
Mittelalter, seit der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts, 2 Bde., 3. A., Berlin
1886—1887.
Ausgezeichnet durch Sachkenntnis, kritische Bemerkungen und wertvolle Er-
gänzungen sind die Berichte, welche Cl. Baeumker über die Neuerscheinungen
zur Geschichte der Philosophie des Mittelalters im Archiv für Geschichte aer
Philosophie seit 1890 veröffentlichte. Im einzelnen: Jahresbericht über die
abendländische Philosophie im Mittelalter, B. V, 1890, 113—138; 557—577. Be-
richt über die abendländische Philosophie im Mittelalter, 1891—1896, B. X, 1897,
— —
127 151, 247 289. Bericht über die Philosophie der europäischen Völker im
Mittelalter, 1897—1907, B. XXII, 1908, 129—139.
Für die Schriftsteller des Dominikanerordens ist wichtig: Qu^tif et
Echard, Scriptores Ordinis Praedicatorum. recens., notis hist. et cnt. ill., Lutetiae
—
Parisiorum 1719 1721 (reicht bis 1720); II. ed. emendata. plurimis accessionibus
aucta et ad hanc nostram aetatem perducta, curis et labore Fr. R. Coulon,
ibid. 1910.
Für die Schriftsteller des Franziskanerordens kommt in Betracht:
Wadding, Scriptores ordinis Minorum, Romae 1650. Dazu Sbaralea, Supple-
mentum et castigatio ad scriptores trium ordinum S. Francisci, Ed. nova, 2 voll.
Romae 1806—1808.
Zu § 30. Die Quellen der Scholasttk.
A. Jourdain, Recherches critiques sur Tage et l'originedes traductions
latines d'Aristote et sur des commentaires grecs ou arabes employfe par les
docteurs scolastiques, 2e ed., Paris 1843. C. Prantl, Gesch. d. Logik im Abend-
land, II, Leipzig 1861, 2. A. 1885. V. Rose, Die Lücke im Diogenes Laertius
Zu § 20. Die Quellen der Scliolastik. 103*
Über den Asciepius siehe J. Bernays, Über den unter den Werken des
Apuleius stehenden hermetischen Dialog Asciepius, Monatsb. d. K. Akad. d.
Wiss.,. Berlin 1871, S. 500 ff.
Über Nemesius und die Übersetzungen seiner Schrift TZe^t q^voeco? ävd^QWjiov
siehe oben § 17, S. 172 u. Lit. S. 78*.
Über Johannes Chrysostomus und sein Eintreten in den Gesichtskreis
der Scholastik siehe oben § 15, S. f22.
Über Pseudo-Dionysius und die Übersetzung seiner Schriften im Mittel-
alter siehe oben § 17, S. 179 u. Lil. S. 81*-82*. Ferner L. Baur, Die philo-
sophischen Werke des Robert Grosseteste, Münster 1912 (Beitr. z. Gesch. d. Philos.
d. Mittelalt. IX), S. 31*-43*.
Über Maximus Confessor und seine Einwirkung auf Johannes Scottus
siehe oben § 17, 8. 183 u. Lit. S. 83*.
Über Johannes Damascenus und die Übersetzung seiner Schrift im
Mittelalter siehe oben § 17, S. 185 u. Lit. S. 83*. Ferner L. Baur, Die philos.
Werke des Robert Gros'seteste, Münster 1912, S. 132*. J. de Ghellinck, L'entr^
de Jean de Damas dans le monde litt^raire occidental. Byzantinische Zeitschr. 21,
1912, 449—457.
1903, H. 2 u. 3. Die weiter hierner gehörigen Arbeiten von De Wulf siehe oben
§ 19, I. G. von Hertling, Augustinus-Zitate bei Thomas von Aquin, München
19(14. Sitzungsb. der phil.-philol. u. d. hist. Kl. d. K. bayr. Akad. d. Wiss. 1904,
H. 4, 535—602. H Felder, (Tcsch. d. wissen schaftl. Studien im Franziskaner-
orden bis um die Mitte des dreizehnten Jahrb., Freiburg 1904, S. 511 ff. C. Ali-
bert, Valeur ^ducative de la discipline scolastique, Revue n^-scol. 11, 1904,.
39C> ff. J. Richard, Usage et abus de la scolastique, Revue thomiste 12.
—
1904, 564 582; derselbe, Proct^des oratoires et scolastiques ebend. 15, 1907.
,
174 ff. derselbe, Actualitö de la methode scolastique, ebend. 15, 1907, 770 ff.
;
Siehe auch oben § 19, I. Cl. Baeuniker. Geist und Form der mittelalterl.
Philosophie, Internationale Wochenschr. 1. Jahrg., 1907, Nr. 15 u. 16; derselbe,
• Die europäische Philosophie d. Mittelalters, Leipzig 1909 (Kultur d. Gegen w. I, 5),
iS. 295f. A. Daniels, Quellenbeitr. u. Untersuchungen zur Gesch. d. Gottes-
beweise im dreizehnten JaJirh., Münster 1909 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. M.
VIII, 1—2), 115—121 (Der scholastische Lehrbetrieb). G.Robert, Les ^oles et
l'enseignement de la th&>iogie pendant la premifere moiti^ du Xlle si^le, Paris
1909 (für die Methode kommen insbesondere in Betracht die Kapitel III, VI u.
VII). M. Grab mann, Die Geschichte d. scholast. Methode, I-II. Freiburg i. B.
1909, 1911 (Das bedeutendste Werk über den fraglichen Gegenstand. I, S. 37 — 54
finden sich die Quellen und die Literatur der Geschichte der scholastischen
Methode zusammengestellt). P. Mandonnet. Siger de Brabant et Taverroisme
latin, Ire partie, 2e ed., Louvain 1911 (Les Philosophes Beiges, t. VI), S. 85 ff.
R. Janssen, Die Quodlibeta d. hl. Thomas von Aquin, Bonn 1912, S. 1 12. —
M. Meier. Die Lehre des Thomas v. Aquino De passionibus animae, Münster
1912 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. M. XI, 2): S. 124—129 finden sich ausgezeich-
nete Darlegungen über d. scholast. Methode bei Thomas. P. Geny, L'argumen-
tation scolastique — sa valeur p^agogique, Etudes 1912, 5 raars, 623 644. —
Siehe auch oben die Lit. § 19, 1.
dialettica nelle scuole dopo la rtnascenza Carobngia e dell' origine della controversia
degli universal! (8. u. 9. Jahrb.), Riv. di scienze stör. 1904^ S. 398-408, 444
Zu § 22. Die Karolingische Renaissance. 105*
II. Alcuin.
aj Allgemeine Darstellungen: F. Lorenz, Alcuins Leben, Halle 1829.
Bahr, Gesch. d. röm. Lit. im Karolingischen Zeitalter, Karlsruhe 1840. Monnier,
Alcuin et son influencey litteraire, relig. et polit., Par. 1854. H. A. Rahrdt. Ale.
d. Lehrer Karls d. Gr., Lauenburg 1&61. Bchönfelder, Alcuin, Zittau 1873.
K. Werner, Alcuin u. sein Jahrh. Ein Beitr. zur christl. theolog. Literärgesch.,
Paderborn 1876. 2. Ausg. 1881. A. F...Thery, L'ecole et Aeademie Palatines.
Alcuin, Amiens 1878. Richter, Der Übergang d. Philos. z. den Deutschen im
VI.— XI. Jahrb., Pr. d. R.-Sch., Halle 1880. A. Ebert. AUg. Gesch. d. Lit. d.
Mittelalt. im Abendl. II, Leipz. 1880, S 12—36. A. Fleming West, Alcuin
and the rise of the Christian schools, New York 1892. E. Dümmler, Zur Lebens-
gesch. Alcuins, Neues Archiv f. ältere deutsche Geschichtskunde 18, 1883, S. 51
— 70. La Foret, Histoire d'Alcuin. Paris 1898. Hauck. Kirchengesch. Deutsch-
lands II, 2. Aufl., Leipzig 1900, 123-145, 3. u. 4. A. 1912. Ditscheid, Alkuin»
Leben und Bedeutung f. d. relig. Unterricht I-II, Koble;iz 1902- 03. Brunhes,
La foi chretienne et la philosophie au t«mps de la renaissance carohngienne,
Paris 1903. Watten bach, Deutschi. GeschichtsqueUon i. Mittelalt. I, 7. A.,
Stuttg. 1904, S. 186—190. C. J. ß. Gaskoin. Alcuin, bis lif.- and his work,
London 19<J4. M. Roger, L'enseignement des lettres classifjUf-s d'Ausone a
Alcuin, Paris 1905. F. Picavet, Esquisse d'une histoire g^iK^rak- et comparee
des philosophies m^di^vales, Paris 1907, S. ,1 17 ff. (eh. VI: La Kciiaissance de
la philosopnie avec Alcuin et Jean Scot Erig&ne). G. F. ßrcnv n Alcuin cf ,
York. London 1908. M. Grabmann, Die Gesch. d. schob Methode I. B., Frei-
b\irg 1909, S. 193—195. M. Manitius, Gesch. d. lat. Lit. d. Mittelalt. L T.,
München 1911, S. 273—288; derselbe, Neues Archiv d. Ges. f. ältere deutsche
Geschichtskunde 32, 1907, 667—668; 36, 1911, 766 (Zur handschriftl. Überlieferung).
Bastgen, Alkuin u. Karl d. Gr. in ihren wissensch. u. kirchenpolit. Anschauungen,
Historisch. Jahrb. 32, 1911, 809-825, 33, 1912. -^ Histoire litt, de la France
IV, S. 295-347; 701—705 (Rivet). Hurter, Nomenciator litt, theol. cath. I.
3. A.. Oemp. 1903, S. 70Öff. Dictionnaire de th^ol. cath.. 1. Paris 1909,
S. 687—692. Realenzyklopädie f. protest. Theologie I, 3. A., S. 365 ff.
b) Alcuins Grammatik: J. Frey, De Alcuini arte grammatica commen-
tatio, Alünster 1886 (Über die Quellen v. Ale. Grammatik). W. Schmitz, Alcuin»
ars grammatica, die lat. Schulgrammatik d. Karoling. Renaissance. I. D., Rat-
tingen 1908.
c) Alcuins Logik und Mathematik: Prantl, Gesch. d. Logik im
Abendl.. IL 2. A., Leipzig 1885, S. 16 — 19. M. Cantor, Mathematische Beiträge
z. Kulturleben d. Völker, Halle 1863, IX: Isidor, Beda, Alcuin: derselbe, Vor-
lesungen über d. Gesch. d. Math. I, 2. A., Leipzig 1894, S. 712-721.
d) Alcuins Psychologie: K. Werner, Der Entwicklungsgang der
mittelalt. Psychol. v. Alcuin bis Albertus Magnus, Wien 1876 (Aus: Denkschriften
d. philos.-hist. Klasse d. Wiener Akademie, B. 25). E. Seydl, Alcuins Psycho-
logie, Jahrb. f. Philos. u. spek. Theol., B. 26, 1910—1911. S. 34- 55.
e) Alcuins Briefe: Th. v. Sickel, Alcuin-Studien, Wien 1875 (Sitzungsb.
d. Kais. Akad. d. Wiss phil.-hist, Klasse 79, S. 461 ff.); derselbe, Hist. Zeitschr.
,
d) Hraban
als F. Falk, Der hl. Rhab. Maur. als Exeget,
Exeget:
Studien und Mitt. aus Benediktinerorden 1899, S. 640ff. A. E. Schönbach,
d.
Sitzungsb. d. Kais. Akad. d. Wiss. in Wien, philos.-hist. Kl. 146, 1903, S. 79-
141. J. Hablitzel. Hrabanus Maurus. Ein Beitrag z. Gesch. d mittelalt.
Exegese, Freiburg 1906 (Bibl. Stud. 11, 3. H.); derselbe. Hrab. Maur. u. Claudius
\. Turin, Hist. Jahrb. 27, 1906, 74—82. (Gegen die Abhängigkeit des Hrab.
von Claudius.)
Zu § 22. Die Karolingische Renaissance. 107*
Y. Walafrid Strabo.
Über Walafrids „Glossa ordinaria" handeln: S. Berger, Hist. de la
Vulgate pendant les premiers siMes du moyen-äge, 1893, S. 132—136. A. Jundt,
Walafried Strabon: rhomme et le th^ologien, Gabors 1900. L. Ei gl, Walafrid
Strabo, Wien 1908 (Stud. u. Mitteilungen aus d. kircheng. Sem. d. theol. Fak.
d. Unirers. Wien). M. Grabmann, Die G^sch. d. schol. Methode 1., Freib
1909, S. 197.
X. Godesealc.
Victor Borrasch, Der Mönch Gottschalk, Thorn 1868. J. Bach, Dogmen-
gesch. d. Mittelalt. I, Wien 1873, 219—255 (Der Prädestinationsstreit des IX.
Jahrb.). Schrörs, Hinkmar von Reims, Freiburg 1884. L. Traube, M. G. hist.
Poetae lat. aevi Carol. III, 1896, 707 ff. F. Picavet, Les discussions sur la liberte
.autemps de Gottschalk, de Raban Maur, d'Hincmar et de Jean Scot, Paris 1896.
A. I reystedt, Studien zu Gottschaiks Leben u. Lehre, Zeitschr. f. IQrchengesch.,
"] 08* Literatnirerzeichnie.
B. 18, 1808, S. 1 ff.. 8. 161 ff., 8. 529 ff.; dere., D. Ausgang d. riädcstir.atioiis-
streites Jahrh. und die Stellung des Papettums zu dempelben. Zeitschr. für
im 0.
wissensch. Theologie, Fd. 41, 18U8. S. 112—137; ders., Der Streit über die göttliche
Trinitär, ebenda, S. 392— 401. Opternaeher, Theoduli eclogam rec., Kipariae
prope Lentiam 1002; derselbe. Quos auctores Latinos et bibl. sacr. Jocos Theodulus
imitatus esse vidcatur, l^fahr prope Lentiam 1907. J. Frey, Über das mittel-
alterliche Gedicht Theoduli ecloga und den Kommentar des Bernhardus Ultraiec-
tensis, Münster 1904. Turmel. La controverse pr^destinatienne au IXe sic'^cle,
Eev. d'hist. et de litt rel. 1905, -17—09. (J. L. Hamilton Theodulus: a mediaeval
,
rich. Die christl. Mystik, H, Gotha 1842, S. 55—126. St. Ren^ Taillandier,
Scot. Erigene et la philosophie scolastique, Straßb. 1843. Nie. Möller, Joh. Sc.
Er. und seine Irrtümer, Mainz 1844. Th. Christlieb, Leben und Lehre des Joh.
Sc. Er., Gotha 1860. W. Kaulich, in Abh. d. böhm. Ges. d. Wiss., XI, 1861,
147—198; ders., Gesch. d. scholast. Philos. I, Prag 1863, 65—226. Joh. Huber,
Joh. Sc. Erig., ein Beitrag z. Gesch. der Phil. u. Theol. im Mittelalter, Münch.
1861. A. Stöckl, De loh. Sc. Er., Monast. 1867, und Gesch. d. Philos. des
Mittelalt., I, Mainz 1864, S. 31—128. Jul. Steeg, loh. Sc. Er. christologia.
diss. dogm.-hist., Argentorati 1867. Oscar Hermen
s, Das Leben des Erig.,
I.-D., Jena 1868. Meusel, Doctr. I. Sc. Er. cum christiaria comp., G.-Pr..
Bautzen 1869. Haurdau, Hist. de la philos. scol. I, Paris 1872, 148—176,
J. Bach, Dogmengesch. des Mittelalters I, Wien 1873, 264-313. H. Rähse,
Des Joh. E. Stellung zur mittelalt. Scholast. u. Myst., Rostock 1874. F. J. Hoff-
mann, Der Gottes- u. Schöpfungsbegr. d. Joh. Sc.Er., I.D., Jena 1876. R. Hoff-
mann, De loannis Scot. Er. vita et doctrina, D. I.. Halle 1877. G. Anders,
Darstellung u. Krit. der Ansicht E,s, daß d. Kategorien nicht auf Gott anwendbar
Beien, I.-D.. Jena 1877. A. Ebert, Allgem. Gesch. der Lit. d. Mittelalt. im
Abendland II, Leipzg. 1880, 257—267. G. Buchwald, Der Logosbegr. des Joh.
Sc. Er., I.-D., Lpz. 1883. Schröre, Der Streit über die Prädestination im 9. Jahrb.,
Freiburg 1884; derselbe. Hinkmar von Reims, ebendas. 1884. Prantl, Gesch. d.
Log. JI, 2. A., Leipzig 1885, 22-37. K. Laßwitz, Gesch. d. Atomistik I, 1890,
8. 37 ff. (Scottus spiritualistische Körperlehre). Th. Wotschke, Fichte und
Erigena, Halle 1896. F. Picavet, La scolastique, Revue internationale de T.enseigne-
ment, Par. 1893, avril: ders., Les discussions sur la Hberte au temps de Gottschalk,
de Raban Maur, d'Hincmar et de Jean Scot, Par. 1896 (Extrait du compte
rendu de l'Acad^mie des sciences morales et politiques 1896); derselbe, Esquisse
d'uiie histoire g^n^rale et comparee des philosophies m^di^vales, 2e 46.. Paris 1907,
Zu § 23. Johanues Scottus. 109*
Scot. Erigena, Theol. Studien und Krit. 84, 1911, 20-60. 204-229; derselbe,
Zum Neuplatonismus Erigenas. Zeitschr. f. Kirchengesch. 1912, 73— 84 (Bericht
über die Untersuchungen von M. Jacquin; siehe unten). E. K. Rand, Jahrb.
£. klass. Philologie, Suppl.-Bd. 26, 1901. R. nennt S. 409 Johannes Scottus
als den Verfasser eines Kommentars zu des Boethius opuscula theologica (I,
II, III. V ed. Peiper). Vgl. dazu Schepß, Neues Archiv, f. alt. deutsche Ge-
schichtskunde, XI, 1885, S. 129. Schepß bestimmte als Zeitgrenzen d. Kommen-
tars die Jahre zwischen 867 und 891. Veröffentlicht wurde derselbe von
E. K. Rand, Johannes Scottus, Mimchen 1906 (Quellen u Unters, zur lat.
Philol. d. Mittelalt. herausgeg. v. L. Traube I, 2). Siehe dazu E. Buonaiuti,
Giovanni Scoto in un commento boeziano recentemente edito, Riv. stor.-crit.
delle sc. teol. 1908, 145 —
149. H. Oinont, Manuscrit des anivies de S. Denys
l'Ar^opagite envov4 de Constantinople a Louis le Döbounaire en 827, Revue des
^tudes grecques XVII, 1904, 230—236. H. Ostler. Die Psvchologie d. Hugo v.
St. Victor, Münster 1906 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. VI, 1). S. 9,
A. 3 (Die Beziehungen des Hugo v. St. Victor zu Eriugena). Baldini,
Scoto Erigena e la filosofia religiosa nel IX secolo, Rev. stor.-crit. delle sc.
teol. 6. H.
1906, S. M. Deutsch, Realenzyklop. f. prot. Theol. 18, 3. A., 1906,
86-100. M. Jacquin, Le nöoplatonisme de Jean Scot, Revue des sciences
philos. et th^ol. 1907. 674—685 (Erst in der zweiten Periode seiner Schrift-
stellerei gewann Joh. Fühlung mit den griechischen Autoren) derselbe, L'influence
;
doctrinale de Jean Scot au debut du Xllle sifecle. ebendas. 1908, 104-106; ders.,
Le rationalisme de Jean Scot, ebendas, 1908, 747—748 (Joh. Scot. war neuplaton.
Mystiker, aber nicht Rationalist). Gl. Baeumker, Witelo, Münster 1908 (Beitr.
z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. III, 2), .S. 381 (Joh. Scottus hält durch seine
Übersetzungen u. Erklärungen die Lichtlehre des Areopagiten lebendig). W. Hein-
rich, Eriugena und Spinoza, Krakow 19(39. M. Grab mann. Die Gesch. d.
schol. Methode I, Freiburg i./B. 1909, 202—210. A. Harnack, Lehrb. der
Dogmengesch. III, 4. A., Tübingen 1910, S. 270. W.Turner, \N'as John de Scot
(Eriugena) a heretic?, The Insh theol. Quarterly, Oct. 1910; derselbe, John
ihe Scot, The Catholic University Bulletin 1912." Febr. F. Vernet, Erigfene,
Dict. de thöol. cathol. I, 1910, 401-434. M. Manitius, Gesch. d. lat. Lit. d.
Mittelalt. I. T., München 1911, 323-339. M. de Wulf, Hist. de la philos.
mediev., 4e ed., Louvain-Paris 1912, 192—201. De Wulf bezeichnet Johannes als
„pfere de l'antiscolastique". R. Heurtevent, Durand de Troarne et les origines
de l'h^resie b^rengarienne. Paris 1912 (Über die Eucharistielehre des Scottus u.
die Beziehungen Berengars dazu). Siehe dazu B. Geyer, Theol. Revue 1912,
N. 15, 454—455.
Zu § 34. Die Dialektik von der zweiten Hälfte des 9. bis zur ersten Hälfte des
11. Jahrhunderts.
legende
tient la
. . , intern.
de l'enseignement 62, 1911, 232—234. G. Lefevre, Les variations de Guillaume
de Charnj)eaux et la question des universaux. Etüde suivie de documents originaux,
Lille 1898. M. de Wulf Le problferae des universaux dans son Evolution historique du
,
IX. au XIII. siecle, Arch. f. Gesch. d. Philos. IX, N. F. II, 1896, S. 427 ff. (Die
verschiedenen Lösungsversuche der Universalienfrage stellen sich dar als die
organischen Entwicklungsstufen zum gemäßigten Realismus); derselbe, Qu'est-ce
que la philosophie scolastique? Louvain 1899, p. I9ff. derselbe, Hist. de la
;
Philosoph. mMi^vale, Louvain 19a), 4e ed. 1912, 169 ff., 208 ff. Dornet de
Vorges, Saint Anselme, Paris 1901, 141—167 (R&ilisme et Nominalisme).
J. Geyser, Universalien, Kirchenlexikou 12, 2. A., Freiburg 1901, 302—314.
H. Willner, Des Adelard von Bath Traktat de eodem et diverso, Beitr. z.
Gesch. d. Philos. d. Mittelalt., Bd. IV, H. 1, Münster 1903, S. 51 ff. (genauer
verfolgt wird insbesondere die Indifferenzlehre) ß. Haureau, Notices etextraits
des mss. lat. t. V, Par. 1892, S. 290—338. H. veröffentlichte aus einer Handschr. des
12. .Tahrh. (biblioth. nat. 17 813) eine Reihe neuer, für die Geschichte und Kennt-
nis des Universalienstreites höchst belangreicher Quellenstücke, nämlich einen
Kommentar zur Isagoge des Porphyrius (S. 293—296), dessen anonymer Verfasser
sich aufs engste an Boethius anlehnt (vgl. H. W^illner, der a. a. O., Anh. I, S. 105
—108, das Stück ediert und ebd. S. 63 ff. eine Analyse desselben gibt); dann einen
ebenfalls anonymen Traktat über die Gattungen und Arten (S. 298—325), der nach
einer eingehenden Polemik gegen exzessiv realistische Auffassungen die Indifferenz-
lehre entwickelt und nach Haur^aus Vermutung Walter von Mortagne zum
Verfasser hat (vgl. H. Willner a. a. O. S. 64ff., wo das Stück inhaltlich analysiert,
und Anh. II, S. 108-110, wo der Text desselben mitgeteilt wird); ferner ein drittes
Stück mit dem Titel: „Sententia de universalibus secundum magistrum R."
(S. 325—328), das aber nicht, wie Haureau meint, aus Roscelins Schule stammt,
sondern auf dem Boden des Realismus steht; und endlich an vierter Stelle einen
Kommentar zu den aristot«Uschen Kategorien (S. 333—337), der mannigfach Aus-
züge aus Boethius wiedergibt. Canella, Della dialettica nelle scuole dopo la
rinascenza Carolingia et dell' origine della controversia degli universal!, Riv. di sc.
stör. 1904, 398—408, 444—445; derselbe. Per lo studio del problema degli universali
nella scolastica, La scuola cattohca 1904 —
1907; derselbe, II nominalismo e
Guglielmo d'Occam, Florenz 1908. J. Reiners. Der aristotelische Realismus in
der Frühscholastik, I. D., Bonn 1907; derselbe. Der Nominalismus in der Früh-
scholastik. Nebst einer Textausgabe des Briefes Roscelins an Abäl-ard, Münster
1910 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. M. VIII, 5). Siehe dazu M. de W^ulf, Rev.
neo-scol. 1912, 425—427. H. Dehove, Qui praecipui fuerint labenteXII saeculo
ante introductam Arabum phUosophiam temperati realismi antecessores, Th^e,
Lille 1908. Symphorien de Mons, La distinction formelle de Duns Scot et
les universaux," Etudes francisc, mars 1910. B. Geyer, Die Stellung Abälards
Zu § 24. Die Dialekt, von d. zweit. Hälfte des 9. bis z. erst. Hälfted. 11. Jahrh. Hl*
in der Universalienfrage nach neuen handschriftl. Texten in: Festgabe für
ßaeumker, Münster 1913. — Siehe auch unten § 26, I.
siehe oben im Text. Histoire litt, de la France VI, 99 ff. Haurlau, Histoire
de' la philos. scol. I, Paris 1872, 199 ff.; derselbe, Notices et extraits de quelques
manuscrits, „Paris 1890, t. I, 78 ff Huemer, Wiener Sitzungsb. B. 96, 18»),
.
505 551: Über ein Glossenwerk zum Dichter Sedulius. Zugleich ein Beitr. zu
d. gramm. Schriften des Remigius von Auxerre. E. Dümmler, Neues Archiv
d. G. f. alt. deutsche Gesch. 26, 1901, 565—567. E. K. Rand, Johannes Scottus,
München 1906, 87 ff. M. Manitius, Neues Archiv d. Ges. f. alt. deutsche Ge-
schichtsk. 32, 1907, 681-683 (Zur handschriftl. Überlieferung); derselbe, ebendas^
36, 1911, 43 —
75 (Über Exzerpte und Bruchstücke einer größeren Zahl von Remig.-
Kommentaren in der Handschr. von Ronen 1470 s. X
oder XI) derselbe, ebendas. ;
36, 1911, 770—71 (Zur handschriftl. Überlieferung); derselbe, Gesch. d. lat. Lit.
des Mittelalt. I, München 1911, 504—519. K. Schulte, Das Verhältnis von
Notkers Nuptiae Philologiae et Mercurii zum Kommentar des Remigius Antissio-
dorensis, Münster 1911 (Forschmigen u. Funde, herausgeg. v. Jostes, 3. .B., 2. H.).
R. Raschke, De Alberico mythologo, I. D., Vratislaviae 1912 (Über die Ent-
lehnungen des Albericus aus Remigius' Kommentaren).
V. Notker Labeo.
Prantl, Über die zwei ältesten Compendien der Logik in deutscher
C.
Sprache, München i856; derselbe, Gesch. d. Logik II. 2. A., Leipzig 1885, 61—68.
J. Kelle, Die philos. Kunstausdrücke in Notkers Werken, Abhandl. d. bayr.
Akad. d. Wiss., philos.-philol. Kl. 18, 1. Abt., 1886, 1—58; derselbe, Die St. Galier
deutschen Schriften und Notker Labeo, ebendas., S. 205 — 280; derselbe. Die rheto-
rischen Kunstausdrücke in Notkers Werken, ebendas. 21, 3. Abt. 1899, 445—454;
dei-selbe, Gesch. d. deutschen Literatur, Berlin 1892, S. 232 ff. derselbe. Über die;
Ges. f. ältere deutsche Geschichtsk. 32, 1907, 695 (Zur handschriftl. Überlieferung).
M. Grabmann, Die Gesch. d. schol. Methode I. Freiburg i./B. 1909, 215 f.
J. Endres, Studien zur Gesch. der Frühscholastik, Philos. Jahrb. 25, 1912, 368
— 371 (Fulbert von Chartres).
Vni. Fseudo-Hrabanus.
Cousin, Ouvrages inÄlits d'Ab^lard, Paris 1836, XVI ff., LXXVI ff., 613.
Haur^au, De la philos. scol. I, Paris 18.50, 108—111; Hist. de la philos. scol. I,
Paris 1872, 142-147. C. Prantl, Gesch. d. Log. IL 2. A., Leipzig 1885 37—40.
J. Reiners, Der aristotelische Realismus in der Frühscholastik, I. D., Bonn 1907,
lß_]9; derselbe, Der Nominalismus in der Frühscholastik, Münster 1910 (Beitr.
z. Gesch. d. Philos. d. M. VIII, 5}, 16—21. (Nach Reiners sind die Glossen von
Pseudo-Hrabanus in der ersten Hälfte des 11. Jahrb. entstanden.)
Zu § 25. Der Kampf gegen die Dialektik in der zweiten Hälfte des 11. Jahrh.
hl. Petrus Damiani usw., Steyl 1882; derselbe, Wetzer u. Weite, Kirchenlexikon
IX, 2. A., S. 1904 ff. Sackur, Die auniacenser, II, Halle 1894, 279 ff.
C. Mirbt, Realenzyklop. f. prot. Theol. 4, 3. A., 1898, 431—439. H. Hurter,
Nomenciator, I, 3. A., 1903, 998-1004, J, Endres, Die Dialektiker und ihre
—
Gegner im 11. Jahrh., Philos. Jahrb. 19, 1906, 29 32; derselbe, Petrus Damiani
und die weltl. Wissenschaft, Münster 1910 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt,
VIII, 3), M, Manitius, Neues Archiv d. GeseUsch. für ältere deutsche Ge-
schichtsk. 32, 1907, 699— 700; derselbe, ebendas. 36, 1911, 773 (Zur handschr.
Überlieferung d. Werke Daraianis). Reginald Biron, S. Pierre Damien (1007
1072), Paris 1908. E. Norden, Die antike Kimstprosa II, 2 A.. Leipzig u. Berlin
1909, S. 681 Anm. M. Grab mann. Die Gesch. d. schol. Methode I, Freiburg i./B.
1909, 231 —
234. J. de Ghellinck, A propos du premier emploi du mot trans-
substantiation, Recherches de science religieuse 2, 1911, 466—469, 570 — 572 (Die
Expositio canonis missae, die Damiani zugeschrieben wird, gehört ihm nicht an;
ihre Abfassung fällt gegen 1200). L. Rocca, San Pier Damiano e Dante, Ren-
dic, di R. Istituto Lombardo, vol. 45, 1912, 731—749,
derselbe. Die Dialektiker und ihre Gegner im 11. Jahrb., Philos. Jahrb. 19, 1906,
S. 29. G. Schwarzen ski Die Ref^ensburj^er Buchinacherei d. X. u. XI. Jahr-
,
VL Laufrane.
de Crosalz, Lanfranc, sa vie, son enseignement, sa politique, Paris 1877.
J.
C. Prantl, Gesch. d. Logik II, 2. A., Leipzig 1885. S. 72, 74. Moiraghi,
Lanfranco di Pavia, Padova 1889. J. Schnitzer, Berengar von Tours, München
1890, S. 340ff. Dornet de Vorges, S. Anselme, Paris 1901, S. 42 f. Poree,
Hist. de Tabbaye de Bec, 2 Bde., Evreux 1901. F. Lieber mann, Lanfranc
and the Antipope, The English Historical Review, IG, 1901, S. 308—332.
H. Böhmer, Die Fälschungen des Erzbischofs Lanfranc von Cantcrbury. Stud.
zur Gesch. d. Theol. u. Kirche, B. VIII, 1902; derselbe, Realenzyklop. f. prot.
Theol. XI, 3. A., 249—255. E. Longuemare, L'Eglise et la conquete de l'Angleterre.
Lanfranc moine ben^dictin, conseiller politique de Guillaume le Oonqu^rant.
Paris 1902; J. A. Endres. Lanfrancs Verhältnis zur Dialektik, Der Katholik, B. 25,
1902, S. 215-231; derselbe, die Dialektiker und ihre Gegner im 11. Jahrb.,
Philos. Jahrb. 19, 1906, S. 32 f. H. Hurter, Nomenciator I, 3. A. 1903, 1055
—1058. M. Grabmann, Die Gesch. d. schob Methode I, Freiburg i. B. 1909.
225-230.
Zu § 2(i. Der Nomiiialismus und Realismus. 115*
I. Roscelin.
Die Dissertation des Job. Mart. Chladenius, De vita et haeresi Roscellini,
Erlangen 1756, und in G. E. Waldaus Thesaurus bio- et bibliographicus,
Chemnit. 1792 ist veraltet. Die theologischen Konsequenzen der zur Zeit Ros-
celins und Anselms einander bekämpfenden Richtungen entwickelt Boiichitte,
Le rationalisme chretien ä la fin du Ale siecle, Par. 1842. Haureau, Hist.
de la philos. scol. I, Paris 1872, 242-265. C. Prantl, Gesch. d. Log. II,
2. A., Leipzig 1885, 78 82. Das Historische vom Legendenhaften scheidet
F. Picavet, Roscelin philosophe et th^ologien, d'aprfes la legende et d'apr^s
l'histoire, Par. 1896, 2eed., Paris 1911 (Gegen fri'dier sehr erweitert u. wichtig). Siehe
dazu M. Jacquin, Revue des scicnc. philos. et theol. 5, 1911, 769. F. Picavet,
Quelques documents sur un de nos vieux maitres: Roscelin de Compiegne, Revue
intern, de l'enseignement, Juli 1912. Hauck, Art. Roscelin, Realenzvklop. f.
prot. Theol. 17, 3. A., 1906. 137—143. B. Adlhoch, Roscelin u. St. '.^nselra,
Philos. Jahrb. 20. 1907, 442—456. Buonaiuti, Un filosofo della contingenza
nel sec. XI. Roscelino, Riv. stor.-crit. di sc. teol. 1908, 195-212. —
M. Grab-
mann, Gesch. d. scholast. Methode I, F eiburg i. B. 1909, 293—311 (Anselm und
Roscelin). J. Reiners, Der Nominalisi /us in der Frühscholastik. Münster 1910
(Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. M. VIII, 5), S. 25-41. —
Siehe auch die oben § 24, I
angegebene Lit.
VI. Deusdedit.
C. Mirbt, Realenzyklop. f. protest. Theol. 4, 3. A., 1898, 581-5&3. G. Robert.
Les ecoles etc.. S. 165 (siehe unter V). M. Grabmann, Die (xcsch. d. schol.
Methode I, Freiburg i./B., 1909, S. 239. G. Bareil le, Dict. de theol. cath. IV,
Paris 1911. 647-651.
VIII. Irneiius.
Kreutzwald, Kirchenlexikon 6, 2. A., 1889, 916-917. M. Grabmann,
Die Gesch. d. schol. Methode II, Freiburg 1911, 131—135; derselbe, Theol. Quartal-
schr. 93, 1911, 536 ff (Mitteilungen über die Sentenzen des Irnerius).
.
4. Abb. 19(>4; derselbe, Untersuch, über des Honorius Inevitabile .«'ve de praedesti-
natione et libero arbitrio dialop;us, ebendas. 150, 3. Abb., 1905; ders.. Untersuch, über
den nicht nachweisbaren Honorius, Avifnistodunensis ecclesiae presbyter et scho-
lasticus und die ihm zugeschriebenen Werke, ebendas. 152, 2. Abb.; 153, 5. Abb.
1906. J. A. Endres, Zum Offendiculum des Honorius Aupustod., Histor. Jahrb.
26, 19()5, 783 —
78."); derselbe, Honorius Augustodunensis. Beitrag zur Geschichte
des geistigen Lebens im 12. Jahrb., Kempten und München 1906. Siehe dazu
J. Dräseke, Zur Frage nach dem Einfluß des Johannes Scotus Erigena, Zeitschr.
f. wissensohaftl. Theol. .50. 1908, 323 — 347. Daux, Un scolastique du Xlle sifecle
trop oubli(';: Honorö d'Autun, Rev. d. scienc. ecel^s. 1907, aoüt-sept. M. Manitiue,
Honorius Augustod., Neues Archiv d. Ges. f. alt. deutsche Geschichtsk. 32, 1907,
7(12—703. E. :\Iäle. Die kirchl. Kunst d. 13. Jahrh. in Frankreich. Studien über
die Ikonographie des Mittelalters und ihre Quellen. Deutsch von R. Zucker-
mandel, Straßburg 1907 (Über den Einfluß des Honorius auf die Kunst des
Mittelalters).
I. Robertos Pullus.
B. Haur^au, Hist. de la philos. scol. L Paris 1872, 483-486. J. Bach,
Die Dogmeng. d. Mittelalt. II, Wien 1875, 216—225 Hitzfelder, Kirchen-
IcxikoJi 10, 2. A., 1897, 633. O. Baltzer, Beitr. z. Gesch. d. christolog. Dogmas
im 11. und 12. Jahrb.. Stud. z. Gesch. d. Theol. u. Kirche, B. 3, 1899, 58 ff.
D. J. Gottschick. Studien zur Versöhnungslehre d. Mittelalt.. Zeitschr. f.
Kircheiig. 22, 1901. F. Cohrs, Realcncyklop. t. prot. Theol. 16, 3. A., 1905, 31_S
— 323. G. Grunwald, Die Gesch. d. Gottesbeweise im Mitteiah., Münster 190.,
42-44 A. Hofmeister, Studien über Otto von Freisins, Neues Archiv d. G.
f. äU. d. Gesch. 37, 1912. S. 141.
Theol. 11. 3. A., 1902, 630-642. H. Hurt er. Nomencl. litt. II, 3. A., 1906, 91—94.
J. Seipel, Die Lehre von d. göttl. Tugend d. Liebe in des Petrus Lomb. Büchern der
Sentenzen und in der Summ, theol. d. hl. Thom. v. Aquin, Der Katholik 86, II, 1906,
S. 37 ff., 128 ff., 189 ff. J. Annat, Pierre Lombard et ses sources patristiques,
Bull, de litt eccl^s., mars 1906, 84—95. G. Grunw.ald, Gesch. d. Gottesb. im
Mittelalt., Münster 1907, 44—53 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. VI, 3).
H. Dehove, Qui praecipui fuerint labente XII saec. temperati reahsmi ante-
cessores, Lille 1908, 118-130 (Der Lomb. gehört zu den Vertretern eines ge-
mäßigten Realismus). J. Verweyen, Das Problem der Willensfreiheit in der
Scholastik, Heidelberg 1909, 54—58. J. de Ghellinck, Les oeuvres de Jean de
Damas en occident au Xlle sifecle, Revue des questions bist. 88, 149 - 160 (Der
Lombarde hat nur Kapitel 2-8 des dritten Buches von De fide orthodoxa benützt);
derselbe. Le trait^ de Pierre Lombard sur les sept ordres eccMs. Ses sources et
ses copistes, Revue d'hist. eccl^s. 10, 1909, 290—302, 720—728; 11, 1910, 29-46;
derselbe, Les citations de Jean Damasc^ne chez Gandulphe de Bolögnc et Pierre
Lombard, Bullet, de litt, ecclfe. 1910, 278—285; 1912, juin derselbe, The Liber ;
Chart. Univers. Paris. 1889, 65 f., 74. Lecoy de la Marche, La chaire fran-
I,
gaise au moyen-äge,.Paris 1886, 86 ff. B. Haur^au, Notices et extraits etc. I,
Paris 1890, 15 f. (Über die Summa super Psalterium); II, 164 —
167 (Über die
Serraones); derselbe, Prevostin. chanceUer de Paris, M^langes Julien Havet, Paris
1895, 297— 303. F. Brommer, Die Lehre vom sakramentalen Charakter in der
Scholastik, 1908, 14. P. Schmoll, Die Bußlehre d. Frühscholastik, München
1909, 83 ff. J. Verweyen, Das Problem der Willensfreiheit in der Scholastik,
Heidelberg 1909, 91—99. F. Gillmann, Die Laienbeichte nach Praepositinus,
Der Katholik 1910, I, 318 ff.; derselbe, Transsubstantiatio und transsubstantiare
bei Praef)Ositinus, ebend. II, 77; derselbe. Die Form d. eucharistischen Konse-
kration beim letzten Abendmahl nach Praepositinus, ebendas. IL 231 — 233.
M. Grabmann, Die Gesch. d. schol. Meth. II, Freib. 1. ß. 1911, .552-563.
Nomenciator II, S.A., 1906, 222. L. Saltet, Les r^ordinations, Paris 1907. 352.
P. Schmoll, Die Bußlehre der Frühscholastik, München 1908, 101 f. F. Brora-
tner, Die Lehre vom sakramentalen Charakter in der Scholastik, Paderborn 1908,
169. Ph. Funk. Jacob von Vitry, Leipzig und Berlin 1909, 98. M. Grab m an n.
Die Gesch. d. schol. Meth. II. Freib. i. B. 1911, 493—497.
Zu i;^ 30. Die Schule rou Chartres und ihr nahestehende Persönlichlieiten.
IL Constantinus Africanus.
Ch. Jourdain Recherches critiques etc., Paris 1843,95—96, 455 f. Petrus
,
las de dies, Revue des sc. philos. et thfel. 1909, 525—531 (Nicolaus' von Cues
Einheitstheorie findet sich schon in Thierrys De opere sex dierum). Th. Heitz,
Essai historique sur les rapports entre la philos. et la foi, Paris 1909, 33 36. —
M. de Wulf, Hist. de la philos. m^di^v., 4e ^d., Louvain-Paris 1912, 212—214.
A. Hofmeister, Studien über Otto von Freising, Neues Archiv d. G. f. alt. d.
Geschichtsk. 37, 1912, 665-671 (Über Thierrys Heptateuchon).
3. ed. 190H, 105, 1584. J. Reiners, Der Aristotelische Realismus in der Früh-
scholastik, I. D., Bonn 1907, 44—57. H. Dehove, Qui praecipui fuerint tempe-
rati realismi antecessoies, Thfese, Lille 1908, 90—104. Th. Heitz, Essai historique
sur les rapports entre la philosophie et la foi, Paris 1909, 36—41. M. Grab-
raann, Die Gesch. d. schol. Methode II, Freib. i. B. 1911. 408—430. R. M.
Martin, Le p^he originel d'aprös Gilbert de la Porree (f 1154) et son ecole,
Rev. d'hist. eccles, 1912, 674— 691. M. de Wulf, Hist. de la philos. mediev., 4e
^d., Louvain-Paris 1912, 226 — 230. A. Hofmeister, Studien über Otto von Frei-
sing, Neues Archiv d. G. f. alt. d. Gesch. 37, 1912, 640-646 (Über die Be-
ziehungen Ottos zu Gilbert). R. Seeberg, Lehrb. d. Dogmeng. III, Leipzig
1913, 147-148, 183-184, 243-246.
Über die Sententiae divinitatis handeln: Du Boulay, Hist. Univ.
Paris., II, 1665, 631ff. H. Denifle, Archiv f. Lit.- u. Kirchengesch. d. Mittel-
alt. I, 1885, 404—417. B. Geyer, Die Sententiae divinitatis, ein Sentenzenbuch
der Gilbertschen Schule, Münster 1909 (Beitr. z. Gesch. der Philos. des Mittel-
alters VII, 2—3). M. Grabmann, Die Gesch. d. schol. Meth. IL Freib. i. B.
1911, 437 f.
Über den Liber de vera philosophia siehe die bereits im Text an-
gegebenen Arbeiten von P. Fournier. Femer P. Mandonnet, Compte rendu
des publications de P. Fournier sur le Liber de vera philosophia, Bulletin critique,
5. fevrier 1901, 70 ff. M. Grabmann. Die Gesch. d. schol. Meth. II, Freib. i. B.
1911, 402, 434-437.
Über Otto von Freising handeln die Ausgaben seiner Werke; siehe
im Text. Ferner: Huber, Otto von Freising, München 1847. Wiedemann,
Otto von Freysingen, Passau 1848. Lang, Psychologische Charakteristik Ottos
von Freising, Augsburg 1852. Gaisser, Charakteristik des Bischofs und Chro-
nisten Otto von Freising, Pr., Rottweil 1860. Sorgenfrey, Zur Charakteristik
des Otto von Freising, Pr., Greiz 1873. J. Bach, Dogmeng. d. Mittelalt. II,
—
Wien 1875, 455 460. Büdinger, Die Entstehung des 8. Buches Ottos von Frei-
sing, Sitzungsb. d. Wiener Akad. d. Wiss., phil.-hist. Kl. 98, 1881, 325 ff. Lü-
decke, Der historische Wert des ersten Buches von Ottos von Freising Gesta
Friderici, I. D., Halle 1884 und Stendaler Gymnasialprograram 1885. C. Prantl,
Gesch. d. Log. II, 2. A. Leipz. 1885, 105, 229 f. Bernheira, Der Charakter
Ottos von Freising und seiner Werke, Mitteil. d. Instit. f. Österreich. Geschichts-
forschung 6, 1885, 1 ff. R. Wilmans. Über die Chronik des Otto von Freising,
Archiv d. G. für ältere deutsche Geschichtsk. X, 131 ff., XI, 18 ff. "W. W'atten-
bach, Deutschlands Geschichtsquellen II, 6. A., Berlin 1894, 271—279. Weber,
Kirchenlexikon 9, 2. A. 1895, 1884 f. J. Hashagen, Otto v. Freising als Gesehichts-
philosoph und Kirchenpolitiker, Leipziger Studien auf dem Gebiet der Geschichte
VI, 2, 1900. A. Hauck, Kirchengesch. Deutschlands IV, Leipz. 1903, 476—485;
siehe dazu J. Schmidlin, A. Haucks Urteil über Otto von Freising, Histor.
Jahrb. 27, 1906, 316—322. 0. Holder-Egger, Realenzykl. f. prot. Theol. 14,
3. A. 1904, .533 —
537. J. Schmidlin, Die Philosophie Ottos von Ireising, Philos.
Jahrb. 18, 1905, 156-175, 312-323, 407—423; derselbe, Bischof Otto von Frei-
sing als Theologe, Der Katholik 32, 1905. 81—112; 161—182; derselbe, Die Es-
chatologie Ottos v. Freising, Zeitschr. f. hathol. Theol. 29, 1905, 445 ff. derselbe,
;
X. Johannes Saresberiensis.
Histoire de la France. XIV, 89 ff Herm. Reuter, Job. v. S.,
litt, .
zur Geschichte der christlichen Wissensch. im 12. Jahrb., Berl. 1842. Karl
Schaarschmidt, J. S. in seinem Verhältnis zur klass. Literatur, im Rhein. Mus.
f. Ph., N. F., XIV, 1858, 200—234; ders., Johannes Saresberiensis nach Leben u.
HtTiihaid. (iiistl. Lesung auf alle Tage des Jahres aus den Schrift, d. hl. Abtes
II. Kiichenlchrcrs, 4 Bde., Paderborn 18ü8ff. T. Haiusa. Flores Bernardi. Lebens-
weisheit d. hl. Bernh. v. Cl., Kegensb. 1898; derselbe, Der hl. Bernhard v. Clair-
vaux, Didiiion llK)ü. .1. Gottschick, Studien z. Versühnungslehre des Mittel-
.illcrs, Zeitschrift lür Kirchengesch., Bd. 2l\ 1901, S. :i78 ff. Häusler, Die Stel-
iiing d. hl. Bernhard zum Ncuplatonisraus u. z. hl. Schrift nach Harnack u. im
Lichte der Wahrheit, Zisterzienserchronik 15, 1903, 273 ff. H. Hurt er, Nomen-
elator 11, 3. ed. I9()ti, 85-91. .1- Ries, Die Gotteslehre d. hl. Bernhard, Jahrb.
I. Thilos, u. spekul. Theol. 20, 1906, 450- 4Ü2; derselbe. Das geistliche Leben in
seinen Entwiekluugsstufen naeh der Lehre d. hl. Bernhard, Freib. i. B. 190(); der-
selbe, Die Kontcmplationsarten nach der Lehre des hl. Bernhard, Jahrb. f. Thilos.
II.spekul. Theol. 23, 1909, S. I.'jO. Gegen Joseph a S^jiritu Saneto, Die Kon-
teniplatioiisarteii d. hl. Bernhard, ebend. 22, l9i)8, S. 4.53 ff. G. Zuccante, S.
Bernardo e gli ultiini canti del Taradiso, Riv. filosofica 9, 1906. Zisterzienser-
ihroiiik 1907, Nov.: Der hl. Bernhard in Dantes Divina Comedia. J. Bern-
hart, Bernhards Kampf mit Abälard, Hochland V, 1, 1907-1908, 527—545;
derselbe, Bernhardisehe u. Eckhartische Mystik in ihren Beziehungen und Gegen-
sätzen, Kempten und München 1912. A. Steiger, Der hl. Bernhard v. Clair-
vaux, Studien u. Mitt. aus dem Benediktiner- und Zisterzienserordeu 28 u. 29.
1907—1908 (auch separat Brunn 1908); derselbe, S. Bernardi de praecepto et dis-
peiisatione liber, Zisterzienserehronik 1912 Mai, 129-135. B. Beß, Unsere reli-
giösen Erzieher I. Leipzig 1908 (Mongr. Bernh.s von Deutsch). T. Rousselot,
Troblerae de l'amour au moyen-äge, Münster 1908 (Beitr. z. Gesch. d. Thilos, d.
M. VJ, 6), 49—55. Tb. Heitz, Essai historicpie sur les rapports entre la philos.
et la toi, Paris 1909, 67 — 69. J. Verweyen, Das Troblem der Willensfreiheit
in der Schola.stik, Heidelberg 1909, 64—69. A. Harnack, Lehrb. d. Dogmeng.
III. 4. A., Tübingen 1910. .342—347. G. Salvaayre, S. Bernard, maitre de vie
spirituelle Avignon 1910. M. Grabmann, Die' Gesch. d. schol. Methode II,
Freib. B. 1911, 104—108.
i. K. Haid, Der hl. Bernhard in Haucks Beleuch-
tung, Zisterzienserchronik 1911 Oktober, 289—294. A. Hofmeister, Studien
über Otto von Freising, Neues Archiv d. G. f. alt, deutsche Geschichtsk. 37. 1912,
747—767 (Ottos Verhältnis zu Bernhard v. Cl.). R. Seeberg, Lehrb. d. Dog-
meng. 111, 2./3. A., Leipzig 1913, 118 — 135 (Das Christentum Bernhards). T. Ras-
sow, Die Kanzlei St. Bernhards von Clairvaux, Stud. u. Mitteil. z. Gesch. d. Be-
nediktincrordens 1913, 63-103. H. Schwarz, Der Gottesgedanke in der Ge-
schichte der Thilosophie, 1. T., Heidelberg 1913, 288—305 (Das Bernhard-Franzis-
kanische Gottesgut u. d. Aufkommen einer Jesusmystik).
Otto von Freising, Neues Archiv d. G. f. alt. d. Gesch. 37, 1912, 646 ff. (Über
die Beziehungen Ottos zu Hugo v. 8. V.l. R. Seeberg, Lehrb. d. Dognieng.
III, 2. u. 3. A., Leipzig 1913, 174-183, 204 (Lehre v. d. Transsubstantiationi.
233—235 (Sünden- und Versöhnungslehre), 247 f. (Christologie). Fr. Krön seder,
Hugo V. St. Victor, Stimmen aus Maria-Laach 1913, 149 — 160.
Über die Summa sententiarura handeln: P. Fournier, Un adversaire
inconnu de Saint Bernard de Pierre Lombard, Bibl. de T^cole des chartes,
et
t. 47, 1886, 410; derselbe, l'authenticitö de la Summa de« Sentences
Une preuve de
attribuee a Hngues de S. Victor, Annales de l'Universitd de Grcnoble, t. 10.
1898, S. 178 ff.; derselbe, Ktudes sur Joachim de Flore et ses doctrines, Paris
19()9, S. 70 f. (Für die Echtheit). H. Denifle, Archiv f. Lit.- u. Kirchengesch.
d. M. III, 1887, 634 — 640 (Gegen die Echtheit^ A. Mignon. Revue des sciences
ecclfe. 7. s^rie, VII, 1890, 524 ff. (Petrus Lombardus ist der Verfasser der Summa
sent.). J\r. GietI, Die Sentenzen Rolands, nachmals Papst Alex. III., Freiburg i. B.
1891, XXXIV ff. (Für die Echtheit). H. Ostler, Die Psy^^hologie des Hugo v.
St. Victor, Münster 1906 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. M. VI, 1), S. 7-8 (Für
die Echtheit). Portalie, Artikel Abälard, Diction. de th^ol. cathol. I, 53 — 54
(Gegen die Echtheit). Roch de Chefdebien, Une attribution contest^e. La
„Summa sententiarura" de Hugues de S. Victor, Revue Augustinienne 1908, 529
—560. G. Robert, Les ^coles etc., Paris 1909, 212—237 (Ein Magister Otto ist
der Verfasser der Summa). F. Anders, Die Summa sentent. kein Werk des
Hugo v. St. Victor, Der Katholik 40, 1909, 99—117 (Verfasser der Summa ist
Odo V. St. Victor). Claevs Bounaert, La „Summa scntentiarum" appartient-
elle a Hugues de S. Victor?, Revue d'hist. eccles. 10, 1909, 278-289. 710—719
(Gegen die Echtheit). B. Sententiae divinitatis, Münster 1909 (Beitr.
Gever, Die
z. Gesch. d. Philos. d. M. Vtl, 2—3), S. 57 (Gegen die Echtheit). M. Grab-
mann, Die Gesch. d. schol. Methode H, Freib. i. B. 1911, 290 309 (Für die
Echtheit). R. Seeberg, Lehrb. d. Dogmengesch. III, 2. u. 3 A., Leipzig 1913,
S. 174 A. 2 (Gegen die Echtheit).
I. Allgemeine Darstelhin^eu.
Hauptorgan für die Erschließung der byzantinischen Kultur ist die By-
zantinische Zeitschrift, gegründet von Karl Krumbacher, Leipzig
1892 ff., nach dessen Tode herausgeg. von A. Heisenberg und P. Marc. Bis
1913 B. 22.
Über die Philosophie der Griechen im Mittelalter
handeln Jac.
Brucker, Hist. crit. philos. t. III, 532—554. Carl Prantl,
Lips. 1743, p.
Gesch. d. Log. I, S. 643 ff. und II, S. 263-303. R. Nicolai, Geschichte der
griech. Literatur, 3. B., Magdeburg 1878. C. Neu mann, Die Weltstellung des
bvzantin. Reiches vor den Kreuzzügen, Mannheim 1894. Ludw. Stein, Die
Kontinuität der griech. Philosophie in der Gedankenwelt der Byzantiner, A. f. G.
d. Ph., 9, 1896, S. 225-246. A. Ehrhard, Die theol. Literatur d. griech.
Kirche von Joh. v. Damascus bis zum Falle Konstantinopels, Theol. prakt. Mo-
natsschrift 1896, 1—15, 95—110. K. Krurabacher, Gesch. d. byzantinischen
Literatur, München 1897, S. 37—218 (Theologie bearbeitet von A. Ehr-
2. A.,
hard); —
428 449 (Die Philosophie).
S. Ph. Meyer, Die theol. Lit. d. griech.
Kirche im sechzehnten Jahrb., Leipzig 1899. J. Dräseke, Bischof Anselm von
Havelberg und & ine Gesandtschaftsreisen nach Byzanz, Zeitschr. f. Kircheng. 21.
1901, 160 — 185; derse'Se, Zur Beurteilung des Hesychast^nstreites, Neue kirchl.
Zeitschr. 1911, 638—653. Siehe auch die oben zu § 23 (Joh. Scottus) genannten
Abhandl. d. gleichen Verfassers. Bisehof Alexei, Die byzantinischen kirch-
lichen Mystiker des 14. Jahrh. (Russisch), Pravoslavnvi Sobesjednik 51, 19'36, 98
—108; 224—240; 409—428 (Über Greg. Palamas, Nik.'Kabasilas, Gregor Sinaites).
A. Heisenberg, Die Grundlagen der byzantinischen Kultur, Neue Jahrb. f. d.
kla-ss. Altert^ 23, 1909. 196-208. K. Dieterich. Byzant. Charakterköpfe, Leipz.
1909 (Aus Natur u. Geisteswelt 244). N. Giakumakes, 'H :ivEvuariy.>] xivtjai^
ev BvCaviicp xara zov lA' alwva. Nea Iiwv 9, 1909, 159-181, 371—384;^ 10, 1910.
—
92 — 100, 173 188; derselbe, 'H ev Bv^aviüo avzoxoazogiy.r] dxadrjuia üig xevxgov
xü>v (pdoooqptxäjv o.TOvöüJv y.axä rov lA' atiova, ebend. 10, 1910, 529—537; 11, 1911,
318—329 (Der Verfasser behandelt vorwiegend die theol. Anschauungen des Jo-
hannes Italos). M. Grab mann, Gesch. d. schol. Meth. II, Freib. B. i. 1911,
S. 74-75. M. De Wulf, Hist. de la nhilos. mMiev., 4e ed., Louvain-Paris 1912,
268—270. A. Rambaud, Etudes sur Vhistoire byzantine, Paris 1912.
Fabricius, Bibl. gr., ed. Harles 10, 670-776; 11, 1—37. J. Hergen-
rüther, Photius, Patriarch von Konstantinopel. 3 Bde.. Regensburg 1867—1869.
Ehrhard-Krumbacher, Gesch. d. byzantin. Lit., 2. A., München 1S97, S. 73
Zu § 32. Die byzantinische Philosophie im Mittelalter. 185*
X. Symeoii.
Fabricius, Bibl. gr. ed. Harles XI, 302—320. Ehrhard-Krumbacher.
a. a. O., S. 152 — 154. K. Holl, Enthusiasmus und Bußgewalt beim griechisch.
Mönchtum. Eine Studie zu Svmeon dem neuen Theologen, Leipzig 1898; der-
selbe, Realenzykl. f. prot. Theol. 19, .3. A. 1907, 215-219.
<i. Phil. d. M. V, 3), p. XI— XVI zahlreiche neueste Literatur verzeichnet. Ferner
V. Chauvin, Bibliographie des ouvrages arabes ou relatifs aux Arabes publies-
dans l'Europe chr4t. de 1810-1885, Li^ge 1892—1901, Leipzig 1909.
1 38 * Literaturverzeichnis.
Berlin 1858, 2. Ausg. 1875, VII. Die Anthropologie. Lpz. IS71, VIII. Die Lehre
V. d. Weltseele. Lpz. 1873; ders., Aristotelisin. u. Platonism. im X. Jahrh. nach
Chr. bei den Arabern, Vortrag, in der Philologen-Vers, zu Innsbruck gehalten
1874. in: Verhandl. d. 29. Versaraml. deutsch. Philologen u. Schulmänner, Lpz.
1875; ders., Der Darwinismus im zehnten u. neunzehnten Jahrh., Lpz. 1878 (in
der ersten Abhandlung dieser Schritt wird gezeigt, daß schon die Araber des
10. .Jahrhunderts die Affen als Übergangsstufe zwischen Tier und Mensch be-
trachteten); ders.. Die Abhandlungen der Ichwän es safu, zum erstenmal aus
arab. Handschriften herausgegeben, Lpz. 1883, 84. 86; ders., Die Wissensch. der
Araber im 10. Jahrh., Vorwort zu den Abhandl. der Ichw. es s., Lpz. 1885.
Dieterici schätzt die Abhandlungen der lauteren Brüder zu hoch, wenn er sie
für die Philosophie oder die Wissenschaft der Araber im 10. Jahrhundert ansieht.
Heinr. Steiner, Die Mutaziliten oder Freidenker im Islam als Vorläufer der
islamischen Dogmatiker und Philosophen nebst kritischen Anmerk. zu Gazzalis
Munkid. Lpz. 1865. W. 8pitta, Zur Gesch. Abu'l-Hasan al-Ash'ari's, Leipzig
1876 (A. H. war einer der Hauptv^ertreter der Orthodoxie gegen die Mutaziliten).
Leop. Dukes. Philosophisches aus dem 10. .lahrh., ein Beitrag zur Literatur-
gesch. der Mohammedaner und .Juden, Nakel 1868. G. Dugat, Histoire des
philosophes et des theologiens Musulmans (de 632 a 12.58 de Jes. Chr.), Par. 1878.
Vgl. auch I. Harthölemy Saint Hilaire, Mahomet et le Coran precMe d'une
introduct. sur les devoirs mutnels de la philos. et de la relig., Paris 1865. A. v.
Kremer, Gesch. der herrschenden Ideen des Islam, Lpz. 1868. H. L. Flei-
scher. Hermes Trismegistus an die menschl. Seele, arab. u. deutsch, hrsg. Leipz.
1870. P. F. Frankl, Ein mutazilitischer Kaläm aus dem 10. .Jahrh., als Beitrag
zur Gesch. der muslimischen Religionsphilos., Wien 1872. M. Th. Houtsura.
De srrijd over het dogma in den Islam tot op el-Aschari, Leiden 1875. B. Hau-
reau. Hist. de la philos. scol. II, 1, Paris 1880, 15—53. J. Bach, Des Albertus
Magnu-i Verhältnis zu der Erkenntnislehre der Griechen, Lateiner, Araber und
Juden, Wien 1881. G. Diercks, Die Araber im Mittelalter und ihr Einfluß auf
die Kultur Europas, Loipz. 1882. M. Steinschneider, Die Parva Naturalia
l)2i den Arabern, Zeitschr. d. deutsch, morgenländ. Ges. 37, 1883; 45, 1891. Die
arab Übersetzungen aus dem Griechischen, Beihefte zum Centralblatt f. Biblio-
thekswesen, H. 5, Leipzig 1889; H. 12. 1893; derselbe. Die europäischen Über-
setzungen aus dem Arabischen bis Mitte des 17. Jahrh., Wien 1904 (Sitzungsb.
d. K. Akad. d. Wiss., philos.-hist. Kl. 149, 4). M. Guttmann, Das religions-
philosophische System der .Vlutakalliraün nach d. Berichte des Mainionides, Leipz.
1885. A. Günz, Die Abhandl. Alexanders v. Aphrod. über den Intellekt. Aus
handschriftl. Quellen herausgeg. u. durch die Abhandl.: ,,Die Nuslehre Alexan-
ders VOM Aphrod. u. ihr Einfluß auf die arab.-jüdische Philos. d. Mittelalt." ein-
pel.. I. D. von Leipz., Berlin 1886. Ch. Jourdain, La philosophie des .\rabes
et des Juifs, Annales de philos. ehret. 18S7 Septembre. 559—571. H. Siebeck,
(resch. d. Psvchol., siehe oben S. 2'; derselbe, Zur Psychologie d. Scholastik.
3. Die (Ju?llen d. Psvchol. im 12. Jahrh., Arch. f. Gesch.' d. Philos. 1. 1888, 525
—.533: 4. Avicenna; 7. Alhacen; 8. Averroes, ebendas. 2, 1889, 22—28, 414-425.
—
517 .525. L. Stein, Antike und mittelalterl. Vorläufer des Okkasionalismus,
Archiv f. G. d. Philos. 2, 1889, 207—224 fDie Ascharija); derselbe, Über das
erste Auftreten der griechischen Philosophie unter den Arabern, ebendaselbst 7,
1894. S. 350—361; derselbe. Die Kontinuität der griechischen Philosophie in der
Gedankenwelt der Araber, ebendaselbst U, 1898, S. 311-334. C h. Huit, Les
Arabes et l'Aristotelisme, Annales de philos. ehret. 1889, D^c. 281—293; 1890.
Avril 371— 382. Schreiner, Zur Gesch. d. Ascharitentums, Leiden 1890. W. M.
Sloane. Aristotle and the Arabs, Class. stmlies in Honour of Henrv Drisle.
New York 1894, 257—268. H. Suter, Die Araber als Vermittler der Wlss. in
deren Übergang vom Orient an den Okzident. Vortrag. 2. A., Aarau 1897.
G. Hahn, Les Arabes et l'eglise, Revue des questions scientifiques 13, 1898, 193
— 218. 542 — .549; 14. 345 — 349 (Die Syrer vermittelten den Arabern die Kenntnis
der griechischen Philosophen). C. Ur ockelmann, Ge.sch. d. arabischen Literatur,
2 Bde., Weimar 1898-1902; derselbe. Die Literaturen des Ostens, B. 7, Abt. 2:
Gesch. d. christl. Literaturen des Orients, Leipz. 1907 (Br. behandelt S. 1-74 die
syrische u. christl. -arab. Liter.). L. Gauthier, La philos. musulmane. Le^on
d'ouverture d'un cours public sur ,,le roman philosophique d'Ibn Thofail'' faite
1899, Paris 1900 (Bibl. Orient, elzevirienne, t. 75); derselbe. Une reforme du
Systeme astronomique de Ptol6m4e tentee par les philosophes arabes du XI le
sifecle. Journal Asiatique 14, 1910. M. W^orms, Die I^ehre von der Anfangs-
140* Literaturverzeichnis.
losigkeit der Welt bei den mittelalterlichen arabischen Philosophen des Orients-
lind ihre Bekämpfung; durch die aral)ischen Theologen (MutaKallimiln), Diss.,
Erlangen 190<\ auch in den Beiträgen zur (Jeschichte der Philosophie des Mittel-
alters, III, 4, Münster liKX). T. J. de Boer, Geschichte der Philosophie im
Islam. Stuttgart 1901 (nicht sehr ausführlich, aber trefflich belehrend); ins
Englische übersetzt von E. R. Jones, I^mdon 1903. J. Wellhausen. Die
religiös-politischen Oppositionsparteien im alten Islam. Abhandl. d. K. Gesellsch.
d. Wissensch. zu Göttingen 1901. A. Th. C. Thompson, Mohameds Koran en
de Arabische Philosophie. De grote Denkers der Arabiern, Amsterdam 1902,
A. Biram, Kitäbu etc. Die atomistische Substanzenlehre aus dem Buch der
Streitfragen zwischen Basrensern u. Bagdadensem. Diss.. Lpz. 1902. S. Horovitz,
Ober den Einfluß des Stoizismus auf die Entwicklung d. Philosophie bei den Arabern,
Zeitschr. d. Deutsch. Morgenland. Ges.. Bd. 57, 1903, S. 177—196 derselbe. Über
;
den Einfluß d. griech. Philos. auf die Entwicklung des Kalam, Pr., Breslau 1909.
A. de V lieger, Mat«5riaux pour servir a I t'-tude de la doctrine de la predesti-
nation dans la th«''ologie musulmane, Leiden 1903. J. Pizzi, Letteratura araba,
Milaiio 1903. L. Baur, Dorainicus Gundissalinus De divisione philosophiae,
Münster 1903 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. M. IV, 2-3), S. 294, A. 1. (Hier.
sind .^ie bei den Arabern bekannten log. Schriften d. Arist., ihre Übersetzungen
und Übersetzer zusammengestellt.) C. Sautor, Die peripatet. Philos. bei den
Syrern u. Arabern, Archiv f. d. G. d. Philos. 17, 1904, 516—533. J. Pollak,
Entwicklung d. arabischen u. jüdischen Philos. im Mittelalter, ebendas. 17, 1904,
196—236; 433—459. M. Wittmann, Zur Stellung Avencebrols (Ibn Gebirols)
im Entwicklungsgang d. arabischen Philosophie, Münster 1905 (Beitr. z. Gesch. d.
Philos. d. Mittelalt. V, 1). Ch. Huart, L^ rationalisme musulman au IVe siecle
de IHegire, Eevue de l'hist. des religions 50, 1904, 200-213. S. Vogl, Die
Physik Roger ßacons (13. Jahrh.). Erlangen 1906, 29-36 (die von Roger
zitierten arab. Autoren); 36—40 (Theorie des Sehens bei den Alten u. bei den
Arabern). J. Goldziher, Kitab raaani al-nafs. Buch vom Wesen der Seele.
Von einem LTngenannten, Berlin 1907 (Abh. d. K. G. d. Wiss. z. Göttingen.
Philol.-hist. Kl. N. F. IX, 1). Die Schrift ist von den Getreuen von Basra,
von Hermes Trismegistus (De castigatione animae) und insbesondere von
Avicenna abhängig; derselbe. Die islamische u. d. jüdische Philos. in: Kultur
d. Gegenwart I. 5. Berlin u. Leipz. 1909, 45 —77, 2. A. 1913; derselbe, Vorlesungen
über den Islam, Heidelberg 1910. P. Mandonnet, Incerti auctoris tractatus de
erroribus philosophorum in: Siger de Brabant, Ile partie, 2e ed. Louvain 1908
(Les Philosophes Beiges VII), Introd. XIV- XXX. Text p. 3-25. Es handelt
sich um ein Verzeichnis der Irrtümer von Aristoteles, Averroes, Avi-
cenna, Algazel. Alkindi, Moses Maimonides. CI. Baeuraker, Witelo,
Münster 1908 „(Beiträge zur Geschichte der Philosophie des Mittelalters III, 2),
S. 387-391 (Über die Lichtmetaphysik bei den Arabern). M. Horten, Die Ent-
wicklungslinie der Philosophie im Kulturbereiche des Islam, Archiv f. Gesch. d.
Philos. 22, 1909. 16t) 178; derselbe. Die Gesch. d. Philos. im Kulturbereiche des
-
als Förderer der Geschichte der Xaturwissenschaft bei den Arabern zu nennen
Wiedemann. Er schrieb: Über die Naturwissenschaft bei den Arabern, Ham-
burg 1890. Weiterhin veröffentlichte er eine Reihe von Aufsätzen zur Geschichte
der Naturwissenschaft bei den Arabern in: Poggendorffs Annalen d. Physik
B. 159, 1870, 05()— 058, dann in Annalen der Physik und Chemie, N. F. B. 1,
1877, S. 480; 4,^878,320; 7, 1879, 079 f.; 14,1881,3(58; 17,1882,350 1.; 20,
1883, 337—345; 21, 1884, .541—544; 39, 1890. Ferner in den Sitzungsberichten
der physikalisch-medizinischen Sozietät in Erlangen B. 34, 1902; 3(5, 1904; 37,
1905; 38, 1906; 39, 1907; 40, 1908; 41, 1909; 42, 1910; derselbe, Zur Alchemic
bei den Arabern, Journal für praktische Chemie, N. F. B. lO, 1907, 05—123.
Bindl, Versuche der Alten und Araber, Pr., Bamberg 1903. P. Duhem, Essai
sur la notion de th^orie physicjue de Piaton ä Galilee, Paris 1908, 27 40. Fr. —
Strunz, Gesch. d. Naturwissenschaften im Mittelalt., Stuttg. 1910, 48 — 80 (Die
Naturforschung der Araber).
Zur (Jeschichte der Medizin bei den Arabern siehe außer den schon
oben § 19, X, S. 1(XJ* angegebenen Werken M. Steinschneider, Die griechi-
schen Arzte in arabischen Übersetzungen, Archiv f. pathol. Anatomie, B. 124,
H. 2. .J. Hirsch berg, Geschichte d. Augenheilkunde. II. Buch: Geschichte d.
Augenheilkunde bei den Arabern. Leipzig 1905 (Graef e - Saemisch, Handb. d.
gesamten Augenheilkunde, Lief. 97—99); derselbe. Die arabischen Lehrbücher d.
Augenheilkunde, l'nter ^Mitwirkung von J. Lippert u. E. Mittwoch bearb..
Berlin 1905 (Abh. d. preuß. Ak. d. Wiss.).
VI. Alkindi.
Barhebraeus seiner Hist. dynast. IX, dann von den Neueren, nament-
in
lich Brucker, Hist. crit. philos. III, Lpz...l743, 8.63—69. Casiri, Bibl. Arab.
I, 352 ff. Wüstenfeld, Gesch. d. arab. Arzte u. Naturforscher, Götting. 1810.
S. 21 ff. Schraölders, Essai sur les ecoles philos. chez les Arabes, >^. 131 ft.
Haureaii, Ph. sc. I, 8. 363 ff., der dort auch einige Mitteilungen ans dem
Tractatus De erroribus philosophorum (aus dem 13. Jahrh.) machte, den P. Man-
donnet, Siger de Brabant, Ile partie, 2e ed., Louvain 1908, p. 3—25, voll-
ständig herausgegeben hat. G. Flügel, Al-Kindi, genannt der „Philosoph der
Araber", ein Vorbild seiner Zeit und seines Volkes, Lpz. 1857 (in den Abh. für
die Kunde des Morgenlandes, hrsg. von der Deutschen Morgenland. Gesellsch.,
I. Bd., Nr. 2), wo (S. 20—35) auch die Titel der 265 von ihm verfaßten Abhand-
lungen nach dem Fihrist aufgezählt werden. Munk
im Dict. des sc. ph. s. v.
Kendi u. M^langcs p. 339—341. O. Loth,
Kindi als Astrolog" in .Morgen-
..AI ,
Vn. ÄlfärAbi.
Leben u. Testament des Arist. v. Ptolemäus, in den Memoires de l'acad. imp. des
Sciences de S. Petersbourg, VII. serie, tpm. XIII, Nr. 4, auch separat, Petersb.
u. Lpz. 1869; derselbe. Die hebräischen Übersetzungen d. Mittelalters, Berlin 1893,
8. 289-29fi. C. Prantl, Gesch. d. Logik II, 2. Aufl., Leipz. 1885, 308—325.
C. Brockelmann I, 210-213. H. Suter, Die Mathematiker u. Astronomen
d. Araber usw., Leipz. 1900, S. 54—56. Carra de Vaux, Avicenne, Paris 1900,
91 — 116. M. Worms, Die Lehre von der Anfangslosigkeit der Welt usw.,
Münster 1900, S. 18—26. T. J. de Boer, Gesch. d. Philos. im Islam, Stuttgart
1901, 98—116. G. Tripodo, Al-Farabi e suoi scritti musicali, Roma 1905.
S. Vogl, Roger Bacon, Erlangen 1906. S. 33.
IX. Avicenna.
Schahrastäni, Geschichte der religiösen und philosophischen Sekten, S. 348
— 429 des arab. Textes, II, 8. 213-^332 der deutschen Übersetzung von Haar-
brücker. Wüstenfeld, Gesch. der arab. Ärzte u. Naturforscher, Göttingen 1840.
Von seiner Logik handeln Prantl, Gesch. d. Log. II, 2. Aufl., S. 325—367; der-
selbe, Sitzungsber. d. Münch. Akad. 1864, II, S. 58 ff., und B. Haueberg, Zur
Erkenntnislehre des Ibn Sina und Albertus Magnus, in den Abh. der philos.
philolog. Kl. d. bayer. Akad. d. Wissensch. XI, 1, München 1866, 8. 189—267.
A. Stöckl, Gesch. d. PhUos. d. Mittelalt. II, Mainz 1865, 23-58. H. Siebeck,
144* Literaturverzeichnis.
Die Lehre von der Anfangslosigkeit der Welt usw., Münster 1900, 26 38. — T. J.
de Boer, Gesch. d. Philos. im Islam, Stuttg. 1901, 119-132. M. Winter,
Über Avicennas Opus egregium de anima (Liber sextus naturaliiim). Grund-
legender Teil. Beilage zum Jahresbcr. d. K. Theresien-Gymnas. f. d. Schuljahr
19(»2/03, München 1903. A. F. Mehren, Vues d'Avicenne sur Tastrologie et sur
Ic rapport de la responsabilit^ humaine avec le destin. Homenaje a D. Francisco
—
Codera. Zaragoza 1904, 235 250. S. Vogl, Die Physik Heger Bacons, Erlangen
19U6, S. 31 f. J. Kohler, Avicennas Rechtsphilosophie, Archiv f. Rechts- und
Wirtschaftsphilos. 2, 1909, 465—470. C. S auter, Avicennas Bearbeitung der
-arlstotel. Metaphysik, Freiburg i. B. 1912.
1883, 337-345; 21, 1884, 541-544; 39, 1890; derselbe. Zur Gesch. d. Lehre vom
."^ehen, ebendas. 89, 1890; derselbe. Über eine Schrift von Ibn al Haitatn „Über
die Beschaffenheit der Schatten", Sitzungsber. „d. physikalisch-medizinischen
Sozietät in Erlangen 39, 1907, 226—248 (teilweise Übersetzung des Werkes); der-
selbe. Kleinere Arbeiten von Ibn al Haitam, ebendas. 41, 1909, 1—25 (4 Auf-
sätze); derselbe, Brechung des Lichtes in Kugeln nach Ibn al Haitara, eljendas.
42, 1910, S. 15ff. derselbe, Ibn al Haitham, ein arab. Gelehrter, Festschrift,
;
XI. AI^azeL
Aug. Schmöiders, Artikel Alg. in Ersch u. Grubers Enzykl. derselbe, Essai
;
sur les ^oles philos. chez les Arabes et notamment sur la doctrine d'Algazali. Paris
1S42; v^l. dazu Derenburg, Rez. in den Heidelb. Jahrb. 1845. S. 420—431.
Munk im Dictionn. des sc. phil. s. v. GazaU und Melanges p. 336 383. —
il. Gosche über Ghazzälis Leben u. Werke, in: Abh. d. Berliner Akad. d. Wiss.
18.58, phil.-hist. Kl.,S. 239-311. A. Stöckl, Gesch. d. PhUos. d. Mittelalt. 11,
Mainz 1865,186—214. C. Pranti, II, 2. A., Leipz. 1885, S. 367—380. 51.
5? tein Schneider, Die hebräischen Übersetzungen usw., Berlin 1893, S. 296— 34b>.
T. J. de Boer, Die Widersprüche der Philosophie nach Al-Gazzäli und ihr Aus-
gleich durch Ibn Roschd, Straßburg 1894; derselbe, Gesch. d. PhUos. im Islam,
^.tuttg. 1901, 138—150. C. Brockelmann, Gesch. d. arab. Lit. I, Weimar
1S9S, 419 —
426. M. Worms, Die Lehre von der Anfangslosigkeit der AVeit usw.,
Münster 1900, S. 49-62. Miguel As in Palacios, Algazcl. Dogmatice.
Moral, Ascetica. Con prologo de Menendez y Pelayo, Zaragoza 1901 (Collecciuii
de estudios arabes. Estudios filosofico-teologicos, t. I); derselbe, Algazel. Compte
—
rendu dans Kevue de l'hist. des religions 1905, 295 312; derselbe, Sens du niot
:
,,Tehäfot" dans les oeuvres d'El-Ghazäli et d'Averroes, Revue Africaine 50, 1908,
—
185 203. Dazu Nachtrag d. Verf. in: Cultura espagnola 5, S. 335. Carra d»^
Vaux, 'Gazali, Paris 19Ö2. Siehe dazu M. Horten, Archiv f. G. d. Philos.
20. 1907. 245-249. J. Wolf söhn, Der Einfluß Gaz;ilis auf Chisdai Cresca;.,
Erlanger I. D., Leipzig 1905, auch Frankfurt a. M. 1905. H. Bauer, Die Dos-
matik Al-Ghazalis, Halle 1912.
'^'
a-t-il t'U un Averroismc populaire au XlIIo et au XlVe siMe?, Revue de rhi>.t.
des rt'lipions 1901, !{95— 40(3. A. Farah, Averroes u. seine Philosophie,
AlexHiidria 190;{. Miguel Asin i'alacios, El Averroismo teologieo de S. To-
mas de Aquino, Zaragoza 190-1 in: Hoin. a D. Francisco Codera. C. A. Nal-
liiio, Intorno al Kitab al Bajan (die Apodeixis) del giurista Ibn Roshd. Zara-
goza 190-1 (wie vorhin). 8. Vogl, Die Physik Roger Bacons, Erlangen l!Xj(>,
S. 32. L. Gauthier, La theorie d'Ibn Roschd (Averroes) sur les rappoits de
la reliu;ion et de la philosophie, ThJ^se, Paris 190y. Siehe dazu P. Doncoeur,
J.a religion et les maitres de l'Averroisme, Revue iles scienc. philos. et theol. .5,
IHll, 267—298; 4X0 —506 (Averroes u. Thomas v. Aq. trennt ein Al)grund. wenn
<ie auch die gleiche Sprache zu sprechen seheinen). Montagne, Les rapports
eiitrc la fni et la raison chez Averroes et S. Thoraas, —
Revue thora., mai juin
1911. (t. M. Mauser, Die göttliche Erkenntnis der Einzeldinge u. d. Vorsehung
bei Averroes, Jahrb. f. Philos. u. spek. Theol. 23, 1909, 1-29; derselbe. Da^ \'er-
hältnis von Glaube u. Wissen bei Averroes, Paderboni 1911 (auch .Tahrb. f. Phil,
u. spekul. Theol. B. 24, 1910. u. 25, 1911).
l. Allgfenieiiie Darstellunj^eii.
la Cabbale, Paris (Acad.) 1839; Franck im üict. ph., Art. Kabbala; Adler ia
Noacks Jahrbüchern 1846 u. 1847. M. 8. Frey Stadt, Philos. cabbalistica et
pantheismus, ex fontibus priraariis adunibr., Regiom. 1832; Philosophus et cabba-
lista, Choker u. Mekubbal, ebd. 1840. Tholuck, De ortu eabbalae (als II. Teil der
oben S. 138* angef. Comnientatio), Hamb. 1837. H. Grätz, Gnostizismus u. Juden-
tum, Krotoschin 184G. Ad. Jellinek, Moses ben Sehern Tob de Leon und sein
Verhältnis zum Pohar. Lpz. 1851; derselbe, Beiträge z. Gesch. d. Kabbala, Lpz. 1852;
derselbe, Auswahl kabbalistischer Mystik, Lpz. 18.55. S. Munk, Mdlanges S. 275 ft.
u. ö. Isaac Misses, Zofnat Paaneach, Darst. u. krit. Beleuchtung der jüdischen
Geheimlehre, Krakau 18G2— 1863. Grätz, Gesch. d. Juden, Bd. VIT, 1863, Note 3,
S. 442 ff. u. Note 12, S. 487 ff. Ginsburg, The Kabbalah. its doctrines, deve-
lopment and literature. an essay, Lond. 1865. Eliphas Levi, La science des
osprits, r^velation du dogme secret des Kabbalistes, esprit occulte des ^vangiles,
appreciation des doctrines et des phenomfenes spirites, Paris 1865. Zur späteren Ge-
schichte der Kabbala mag außer aen Werken über die Geschichte des Judentums von
Spezialschriften hier A br. Geiger, Leon da Modena (1571—1648), seine Stellung zur
Kabbalah. zum Talmud und zum Christentum, Breslau 1856, zitiert sein. Ph.
Bloch, öesch. d. Entwicklung d. Kabbalah u. d. jüd. Religionsphilosophie, Trier
1895. S. Karppe, Etudes sur les origines et la nature du Zohar. PrÄiedees
d'une etude sur l'hist. de la Kabbale, Paris 1901. A. Wünsche, Realenzykl. f.
prot. Theol. 9, 3. A.. 1901, 670—689. D. Neu mark, Gesch. d. jüd. Philos. I,
Berlin 1907, S. 179—236. Pappus, Die Kabbala, übersetzt von .L Nestler,
Leipzig 1911.
III. Saadja.
Sal. Munk, Notice sur Saadia, Paris 1838. Leop. Dukes, in: Lit. Mit-
teilung, über die ältesten hebräischen Exegeten, Grammatiker u. Lexikographen,
Stuttg. 1844. Jul. Fürst, Glaubenslehre und Philosophie des S., Lpz. 1845.
Ä. Stöckl, Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. II, Mainz 1865, 251—265. D. Kauf-
mann, Gesch. d. Attributenlehre in der jüd. Religionsphilosophie, Gotha 1877.
.1. Guttmann, D. Religionsphilosophie des Saadia, dargest. u. erläutert, Götting.
vom göttl. Willen usw., Münster 1909 (Beitr. z. G. d. Phil. d. Mittelalt. VII. 6),
8. 16—24. D. Rau, Die Ethik R. Saadjas,. Monatsschr. f. Gesch. u. Wiss. d.
.Tudent. 55, 1911; 56, 1912. S. Horovitz, Über die Bekanntschaft Saadjas mit
der griech. Skepsis in: «Tudaica. Festschr. f. H.Cohen, Berlin 1912; derselbe, Die
Psychologie bei den jüdisch. Religionsphilosophen d. Mittelalt., Jahresb. d. jüd.-
theol. Seminars zu Breslau 1898 (Saadja). H. Hirschfeld, Antikaräische Po-
lemik in Saadjas Religionsphilosophie, .Tudaica. Festschrift für H. Cohen. Berlin
1012, S. 265-270.
Zu § .'>4. Die Philosophie der Juden im Mittelalter. 149*
Die Herzenspflichten von Bachja ben Josef, Wien 1856. Kaufmann, Die Theo-
logie des Bachja ibn Pakuda. Sitzungsber. d. Akad. zu Wien, phüos.-hist. Kl.,
1874, Bd. 77, H. 1 derselbe, Gesch. d. Attributenlehre in d. jüd. Religionsphilos.
;
d. Mittelalt., Gotha 1877. A. Kahlberg, Die Ethik des Bachja ibn Pakuda,
Bresl. L D., Breslau 1906. D. Neumark, Gesch. d. jüd. Philos. d. Mittelalt. L
Htrlin 1907, S. 473—500; 551—55.5. A. Grünfeld, a. a. O., S. 37-42.
TL Jebuda ha-Levi.
D. Kaufmann, Jeh. H., Versuch einer Charakteristik, Breslau 1877. M.
Steinschneider, Die hebräischen Übersetzungen usw., Berlin 1893, 402—404.
J. Goldziher, Le Amr ilähi chez Juda Hal^vi, Revue des Etudes juives 50,
lf!05, 32—44. A. Grünfeld, a. a. O., S. 42-49. D. Neumark, Gesch. der
jüd. Philos. d. Mittelalt. I, BerUn 1907. 510; 561 —
565; derselbe, Jehuda Halevis
Philosophy in its principles, Cincinatti 1908. J. Guttmann, Das Verhältnis von
Religion u. Philosophie bei Jehuda Halewi, in Festschr. zu Israel Lewy's "Osten
:
Ubersetzungen aus dem Arabischen bis Mitte d. 17. Jahrb., Wien 1904 (Sitzungsb.
d. k. Akad. d, Wiss. in Wien, philos.-histor. Kl., B. 149, 4). Cl. Baeumkor.
Archiv f. Gesch. d. Philos. X, «. 140 (Simon v. Tournai), S. 143, A. 7Ü (Radulf
.le Longo Canipo), A. 77 (Wilhelm von Auxcrre), S. 14.'). R. Seyerlen, Die
Beziehungen zwischen abendländischer und morgenländ. Wissensch.
(.'egenseitigen
mit besonderer Rücksicht auf Salomon ihn (Jebirol. Rektoratsrede, Jena lb9',«.
Krweitert u. d. Titel: Populärwissenschaftl. Vorträge über Juden u. Judentum.
H. 2 u. 3, Lpz. 1900. P. Mandonnet, Siger de Brabant et l'Averroisme
latin au Xllle sifecle. Etüde critique et documents inödits, Fribourg (Suisse;
1S09 (Collectanea Friburgensia fasc. VIII). 2e ed., Ire partie. Efude critique,
Louvain 1911 (Les Philosophes Beiges t. VI), Kap. I: De l'action d'Aristote sur
le mouvement intellectuel medi<^val. S. 13 f. gibt Mandonnet eine wertvolle
Zusammenstellung der bekannten Daten über die ersten Aristotelesübersetzungen.
J. Guttmann, Die Scholastik des 13. Jahrb. in ihr. Beziehungen zum Judentum
u. zur jüdischen Lit., ßresl. 1902. G. H. Luquet, Aristote et l'universit^- de
Paris pendant le Xllle si?>cle (Bibl. de l'Ä^ole des hautes ^tudes. Sc. relig. 16, 2),
Paris 1904. C. Marchesi, L'etica Nicomachea nella tradizione latina medievale
^Documenti ed Appunti), Messina 1904. Froment, La prohibition des livres
d'Aristote au Xllle sik-Ie, Revue Augustinienne, Avril 1908. Th. Heitz, Essai
historique sur les rapports entre la philos. et la foi, Paris 1909, S. 87—91. M. de
Wulf. Hist. de la philos. m^i^v., 4e od.. Louvain-Paris 1912, 291—310.
P. Minges, De relatione inter prooemium summae Alex. Halens. et prooeni.
summae Guidonis abbatis, Archiv. Francisc. Hist. VI, 1913, 13—22, 433-438.
01. Bueumker, Die Stellung des Alfred von Sareshel (Alfredus Angliciis) und
seiner Schrift De motu cordis in der Wissenschaft des beginnenden XIII. Jahrb.,
Sitzungsb. d. K. bayr. Akad. d. Wiss., philos.-pbilol. u. hist. Kl., Jahrg. 1913,
9. Abb., München 1913, S. 29 ff.
Über Michael Scottus und Robert Grossete'ste siehe die Liter, unten
zu § 36.
Über die Stellung der Orden zur W^issenschaf t und zu den l'ni-
Tersitäten handeln:
Zu § 36. Die erste Benützung der neuen Literatur. 153*
rof siehe oben S. 98*. H. Denifle, Quellen zur Gelehrten geschichte d. Prediger-
,
ordens im 13. u. 14. Jahrh., Arch. f. Lit.- u. Kirchengescb. d. Mittelalt. II, 1886,
165—248 (wichtig insbesondere die Veröffentlichung der Pariser Magistri und des
Stamser Verzeichnisses der Schriftsteller des Dominikanerordens); derselbe, Quellen
znr Gelehrtengesch. des Karmeliterordens im 13. u. 14. Jahrh., ebendas. V, 1889,
—
365 384. C. Douais, Essai sur l'organisation des ^tudes de l'ordre des Freres
Prf'cheurs au Xllle et XlVe siL-cle, Paris 1884; derselbe. Acta capitulorum
generalium provincialium, Toulouse 1894. M. Perrod, Maitre GuiUaume de S.
Amour. L'universite de Paris et les ordres mendiants au Xllle sifecle, Paris 1895;
umgearbeitet unter dem Titel; Etüde sur la vie et sur les oeuvres de G. de S.-A.,
Memoires de la Soci^te d'^mulation du Jura 1902, Lons-le-Saunier, S. 61 252. —
P. Mandonnet, De l'incorporation des Dominicains dans l'ancienne universite de
Paris, Revue Thomiste IV, 1896; derselbe, Siger de Brabant, Ire partie, Louvain
1911 (Les Philosophes Beiges VI), S. 29 ff. ß. Reichert, Acta capitulorum
—
generalium Ordinis fratrum Praedicatorum, t. I IX, Stuttgart 1898 1904 (Mo- —
numenta Ord. Fr. Praed. Historica T. I—XIV, Stuttg. 1897—1904). P. Mortier,
Hist. des maitres g^neraux de l'ordre des Frferes Precheurs, t.I— V, Paris 1903- 1911.
Fr. X. Seppelt, Der Kampf der Bettelorden an der Universität Paris in der
Mitte des 13. Jahrh. I. Teil, Kirchengesch. Abhandl. von M. Sdralek IIJ,
1905, 197—241. IL Teil, ebend. VI, 1908, 73-140; M. de Wulf, Hist. de la
philos. m^di^v., 4e ed.. Louvain-Paris 1912, 310 316. —
Franziskanerorden: Wadding-Sbaralea siehe oben 8. 102*. Neue
b)
Ausgabe von Nardecchia, 3 voll., Quaracchi 1906. Fr. Ehrle, Das Studium
d. Handschriften d. mittelalt. Scholastik mit besonderer Berücksichtigung der
Schule des hl. Bonaventura, Zeitschr. f. kath. Theol. 7, 1883, 1—51 derselbe, Zur
;
1877, 15. 38 ff. O. Bardenhewer. Die pscuclo-ari.st(nelische Schrift über das reine
Gute, Freiburg i. B. 1882, S. 21 ff. J. A. Endres, Die Nachwirkung von Gun-
dissalinus De immortalitate aniniae, Philos. Jahrb 12, 1800, 382— .'J92; derselbe,
Gesch. d. mittelalt. Philos., Kempten u. Müncheji 1908, S. 77—81. Cl. Baeumker.
Dominicus Gundissalinus als philosophischer Schriftsteller in Compte rendu du :
über die Seele, Berl. 1891. Bülow, Des Dominions Gundissaliuus Schrift von
der Unsterblichkeit der Seele nebst einem Anhang, enthaltend die Abhandlung
des Wilhelm von Paris (Auvergne) De iramortaUtate aniraae, Münster 1897, in
Heft 3, Bd. II der Beiträge z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalters. Baeumker in:
Arch. f. Gesch. d. Philos., Bd. X, 1897, S. 14G.
V. Alfredus An^licus.
A.Jourdain, Recherches critiques etc., 2e ed., Paris 1843, S. 104 — 1U6.
C. S. Bar ach handelt in der Einleitung seiner Ausgabe von dem Verfasser der
Schrift und gibt eine Analyse derselben. B. Haureaii, Memoire sur deux ^rits
intitules: De motu cordis, im 2, Teil des 28. Bds. der Mömoires de l'acad. des
de la philos. scol. II, 1, Paris 1880, S. 6.3
inscript. et helles lettres; derselbe, Hist.
— 71. Die Schrift ist (nach Ha uro au) keine Übersetzung aus dem Arabischen,
wie Jourdain gemeint hatte; vgl. Baeumker, Archiv f. Gesch. d. Phil., Bd. X,
1897. S. 145; derselbe Die Stellung des Alfred von Sareshel (Alfredus Anglicus)
usw. siehe unter IV.
teste, London 1871. B. Haureau, Hist. de la philos. scol. II, 1, Paris 1880,
171—182. R. Feiten, R. Grosseteste, Bischof von Lincoln, Freiburg 1887.
J. Pöble, Kirchenlex. 5, 2. A. 1888, S. 1292 -1299. Fr. S. Stevenson, Robert
Grosseteste, Bishop of Lincoln. A contribution to the religious, political and
intellectual historv of the thirteenth centurv, Lond. 1899. Zöckler, Realenzykl.
f. prot. Theol. 7, 3. A., 1899, 193—199. R. Seeberg, Die Theologie des Duns
Scotus, m: Studien z. Gesch. d. Theol. u. Kirche, Bd. V, 1900, S. 8—16. L. Baur.
Dominicus Gundissalinus de divisione philosophiae, Münster 1903, S. 152, 390;
derselbe Das philos. Lebenswerk des Robert Grosseteste. Dritte Vereinsschrift der
;
3 56* Literaturverzeichnis.
Gürrefgee. für 19J0. Köln IIHO. S. .%>— 82; derselbe, Prolegomeiia zu seiner ^\us-
jrabe der philosuph. 5?chriften R. Grospeteslps; derselbe, Das Licht in der Natur-
philosophie des Robert Grosseteste, Festgabe f. G. v. Hertling. Freiburg i. B. 1913,
!r. 41—55. G. Dottin, Une version irlandaise du dialogue du corps et de ITime
attribuee a K. G., in: Revue celtique, janvier 1902. H. Felder, Gesch. d.
wissensch. Studien im Franziskanerorden, Freiburg i. B. 1904, S. 260 277. —
S. Vogl, Die Physik Roger Bacos, Erlanger L-D., Erlangen 190G, S. 8—10.
H. Hurter, Noniencl. lit. II, 3. ed. 1906, S. 330—333. J. A. Endres, Gesch.
d. mittelalt. Philos., Kempten u. München 19(J8. S. 113—114. J. de Ghellinck,.
L'enträe de Jean de Dain.as dans le monde litt, occidental, Byzantin. Zeitschr. 21,
3012, 449 ff. (Über die Übersetzung eines Teils der Schrift De fide orthodoxa).
R. Seeberg, Lehrb. d. Dogmeng. III, 2. u. 3. A., Leipz. 1913, S. 331 f.. 360,
Anin. 1. E. Hocedez, La difiusion de la „Translatio Lincolniensis" du De
orthodoxa fide de S. Jean Dam.. Bull, d'anc. litt, et arch. chr^t. 1913, S. 189
))is 198.
1?.159, 217. H. Stadler, Alb. Magnus, Thomas von Cantimpre und Vincenz
von Beauvais. Natur u. Kultur, Okt. 1906. H. Hurter, Noraencl. lit. II, 3. ed.
1906, S. 333-336. G. Grunwald, Gesch. d. Gottesbeweise im Mittelalter,
Münster 1907 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. VI, 3), S. 112 f. R. See-
l)erg, Realenzykl. f. prot. Theol. 20, 3. A. 1908, S. 665-670. P. Duhem, Etu-
des sur Leonard de Vinci, 2e serie, Paris 1909, S. 318 f. P. Mandonnet, Siger
de Brabant, Ire partie, Louvain 1911, S. 35 (Les Philosophes Beiges VI). P. Min-
nes, Exzerpte aus Alexander von Haies bei Vincenz von Beauvais, Franziska-
nische Studien 1914.
selbe, Über den Ursprung u. die Entwicklung der scholast. Lehrmethode, ebenda».
1889, 52-59; derselbe, Gesch. d. mittelalt. Philos.,. Kempten u. München 1908, 96 bis
103. ProsperdeMartigne, La scolastique et les traditions franciscaines, Par.
18SS, S. 505. H. Siebeck, Zur Psychologie d. Scholastik, in: Arch. f. Gesch. d.
Philos., Bd. II, 1889, S. 181. F. Picavet, Abölard et Alex, de Haies cröateurs
•de la m^thode scolastique. Biblioth. des beaux arts, Par. 1896. F. Nitzsch,
Realenzykl. f. prot. Theol. 1, 3. A.. 1896, S. 352—354. J. Guttraann, Alexandre
de Haies et le judaisme, in: Revue des ötudes juives, 19, 1890, S. 224 — 234; der-
selbe, Die Scholastik des 13. Jahrh. in ihren Beziehungen zum Judentum, Breslau
19<>2, S. 32—46; derselbe. Der Einfluß der Maimonidischen Philosophie auf das
Abendland, in: Moses ben Maimon I, Leipzig 1908, S. 147 152. —
Über AI. Ver-
söhnungslehre J. Gottschick in: Ztschr. f. Kirchengesch., Bd. 23, 1902. Über
sein Verhältnis zu Avencebrol M. Wittmann, Die Stellung des hl. Thomas von
Aquin zu Avencebrol, Münster 1900, S. 20 ff. Hilarin Felder, Gesch. der
•wissensch. Studien im Franziskanerorden, Freiburg i. B. 1904, S. 177 211. H. —
Hurter, Nomencl. litt. II, 3. ed. 1906, S. 256-260. K. Heim, Das Wesen der
<Tnade und ihr Verhältnis zu den natürlichen Funktionen d. Menschen bei Alex.
Hai., Leipzig 1907 derselbe. Das Gewißheitsproblem in der systematischen Theo-
;
—
logie bis zu Schleiermacher, Leipzig 1911, S. 16 23, 28—30 (über die theol. Ge-
wißheitslehre Alex. u. d. älteren Franziskanerschule), 91 —
97 (Stellung zu Anselms
•ontolog. Argument). G. Grunwald, Gesch. d. Gottesbeweise im Mittelalter.
Münster 1907 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. VI, 3), S. 95-101. Clem.
Baeumker, Witelo, Münster 1908 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. III, 2),
S. 316 (über die Gottesbeweise), S. 393—394 (über die Lichtlehre). Lucio M.
Muniez, Alejandro de Alfes fundator de la escolastica, Rev. de estudios francis-
•canos, Jan. 1909. Th. Heitz, Essai historique sur les rapports entre la philos.
•et la foi, Paris 1909, 105 f. J. Verweyen, Das Problem d. Willensfreiheit in
der Scholastik, Heidelberg 1909, S. 79-86. A. Vacant, Dict. de thöol. cathol.
I, 1909, 7<^2— 785. W. Stockums, Die Un Veränderlichkeit des natürlichen
Sittengesetzes in der scholast. Ethik, Freiburg i. B. 1911 (Freiburger theol. Stud.,
-4. H.), S. 31—37. St. Lisiecki, Die gratia capitis in Christo nach der Summa
theol. d. Alex. v. Hai., Jahrb. f. Philos. u. soekul. Theol. 27, 1913, 343-404.
M. de Wulf, Hist. de la philos. mödiöv., 4e 6d., Louvain-Paris 1912, S. 364 bis
:J69. R. Seeberg, Lehrb. d. Dogmeng. III, 2./3. A., Leipzig 1913, S. 325-331
(Erkenntnistheorie u. Glaubensbegriff), 358 ff. u. ö. O. Ke
icher, Zur Lehre der
ältesten Franziskanertheologen vom intellectus agens, Festgabe f. G. v. Hertling,
Freiburg i. B. 1913, S. 175 177. —
P. Minges, siehe oben im Text; derselbe.
158* Literaturverzeichnis.
Exzerpte aus Alexander von Haies bei Vincenz von Beauvais, Franziskanische
Studien, 1914.
ni. Bonaventai*a.
W. A. Hollenberg, Studien zu Bonaventura, ßerl. 1862; Bon. als Dog-
matiker, in: Theol. Stud. u. Kr. 1868, Heft 1, S. 95-130. Berthaumier, Ge-
sch. d. heiligen Bonaventura, ins Deutsche übersetzt, Regensb. 1863. A. Stöckl,
Gesch. d. Philos. d. Mittelalters II, Mainz 1865, 880—915. Jos. Krause, Bonav.
de origine et via cognitionis intellectualis doctrina ab ontologismi nota defensa,
dißs. inaug., Monasterii 1868; derselbe, D. L. d. hl. Bon. über d. Natur der kör-
perlich, u. geistigen Wesen u. ihr Verh. zum Thomismus, Paderb. 1888; derselbe,
Quomodo B. mundum non esse aetemum, sed tempore ortum demonstraverit, Pro-
gramm, Braunsb. 1891; derselbe, S. Bonaventuram in doctrina de rerum na,tura-
lium origine S. Augustinum secutum esse, Braunsb. 1894. Jean Richard, Etüde
sur le raisticisme sp^culatif de St. Bon., Heidelb. 1869. Marcellino da Ci-
vezza, Della vera filos. e delle dottrine del ser. dott. s. B., Genova 1874. F.
Zigliara, Della luce intellectuale e del' Ontologismo secondo la dottrina di S.
Bonaventura e Tomaso d'Aquino, Rom
1874. Karl Werner, D. Psychologie
u. Erkenntnisl. des Joh. Bonavent, Wien 1876. B. Haureau, Hist. de la philo?,
scol. II, 2, Paris 1880, S. 1—25. Bonaventura -Ausgabe von Quaracchi
t. X, 1 — —
39 (Diss. de scriptis seraphici doctoris); 39 73 (Diss. de ejus vita). Sehr
wertvoll sind auch die zahlreichen in den einzelnen Bänden eingestreuten Schdlien
dieser Ausgabe. De humanae cognitionis ratione Anecdota quaedam seraphii'i
doctoris S. Bonav. et nonnullorum ipsius discipulorum, ed. studio et nra PP.
Cloll. a. S. Bon., Ad Claras Aquas 1883, S. 1—47 (Diss. in qua tractatur >• Bo-
nav. et aliomm eiusdem aetatis doctorum sententia de via ac ratione, qua intell.
human, intelligibüia cognoscit in rationibus aetemis). D. Bourgognoni. Le
dottrine filosofiche di S. Bonaventura, Bologna 1882. Fr. Ehrle, Das Studium
der Handschriften der mittelalterl. Scholastik mit besonderer Berücksichtigung
der Schule des hl. Bonaventura, Zeitschr. f. kath. Theol. 7, 1883, 1—51. A. Schm id,
Erkenntnislehre I, Freiburg i. B. 1890, S. 438—443. Prosper de Martigne, La
scolastique et les traditions franciscaines, St. Bon., Paris 1888. C. Bram. D. hl.
B. als Mystiker, Kathol. 58, 1887, S. 83-92, 183-191, 301 317. —
Evangeliste
de Saint B^at, St. Bonaventura, scholae franciscanae magister praecellens,
Toumai 1888; derselbe, Le S^raphin de l'^oole, Paris 1900. M. Limbourg. Die
Prädestinationslehre des hl. Bonav. mit besonderer Berücksichtigung der Scholien
in d. neuen Gesamtausg., Ztschr. f. kath. Theol., 1892, S. 581—652. Sorrento,
S. Bonaventura e la sua dottrina, Napoli 1890. Zorzoli, La questione di S.
Bonav.: „De cognitionis humanae suprema ratione" commentata e difesa contro
le rosminiane interpretazioni di S. Casara, Torino 1890 (Verteidigung B.s gegen den
Vorwurf des Ontologismus). J. J eiler, Kirchenlexikon, 2. A., 1887, S. 1017
1027; derselbe, Der Ursprung und die Entwicklung der Gotteserkenntnis im
Menschen. Eine dogmatische Studie über die betreffende Lehre d. hl. Bonaven-
tura und anderer Meister des dreizehnten Jahrb., Der Katholik, 1877. 113 147; —
—
225 269; 337— .353 derselbe, S. Bonaventurae principia de concursu dei generali
;
40 (Text); 125; 132 — 156. H. Lemmens, Der hl. Bonaventura, Kardinal und
Kirchenlehrer, Kempten u. München 1909 (rein biographisch). E. Lutz, Die
Psvchologie Bonaventuras, Anhang: Bonaventuras Stellung zum Ontologisraus,
Munster 1909 (Beitr. z. (iesch. d. Philos. d. Mittelalt. VI, 4 u. 5); derselbe, Die
Ästhetik Bonaventuras, Festgabe f. Clem. Baeumker, Münster 1913, S. 195 21.". —
J. Joseph, Philos. Studien zu Bonaventura, I.D., Berlin 1909. Th. Heitz, Essai
historique sur les rapports entre la philos. et la foi, Paris 1909, S. 107 — 115.
.1. Verweyen, Das Problem der Willensfreiheit in der Scholastik, Heidelberg 1909.
S. 99-111. E. Smeets, Dict. de theol. cathol. II, Paris 1910, 962—986. M. Bier-
baum. Zur Methodik der Theologie d. hl. Bonaventura, Der Katholik, 1909. 7. H..
—
S. 34 52; derselbe, Alte u. neue Innerlichkeit. Eine histor.-dogmat. Studie im An-
schluß an Bonav., Theol. u. Glaube 3, 1911, 123—133. B. Desbuts, De S. Bo-
naventure a Duns Scot, Annales de philos. chr^t. 82 annee, 1910 Oct., 130—150
(.Methode der Gottesbeweise bei B.); Dec, 225 — 248 (Begriff d. Idee bei Bonav. u.
Thom. V. Aquin). G. Menaisson, La connaissance de Dieu chez s. Bonav.,
Revue de philos. 1910, juillet et aoüt. J, Eberle, Die Ideenlehre Bonaventuras.
Straßb. 1. D., Freiburg i. B. 1911. L. Costelloe, S. Bonaventure, the seraphic
doctor, London 1911. K. Heim, Das Gewißheitsproblera in der systemat. Theol.
bis zu Schleiermacher, Leipzig 1911, S. 34—38 Bonav. Erkenntnislehre), 91—97
i
y. Johannes Peckham.
Fr. Ehrle, Archiv Lit.- u. Kirchengesch. des Mittelalt. V, 1889, 603 bis
f.
635; derselbe, Zeitschr. f. kathol. Theol. 13, 1889, 172—193. De humanae cogni-
tionis ratione Anecdota etc. (siehe im Text). A. G. Little, The grey friars in
Oxford, Oxford 1892, S. 73 f., 154-156. Gh. L. Kingsford, Dict. of national
ßiography 44, 1895, 190-197. Fr. Kaulen, Kirchenlex. 9, 2. A. 1895, S. 1745
bis 1748. M. de Wulf, Gilles de Lessines de unitate formae. Louvain-Paris 1902
(Les Philosophes du moyen-äge, t. I), S. 80 (über Schriften Peckhams)
derselbe, Hist. de la philos. m^diöv., 4re Äl., Louvain-Paris 1912, S. 384,
388. H. Hurter, Nomencl. lit. II, 3. ed. 1906, S. 411 f. Die Ausgabe von
Kingsford, Little. Toceo, siehe oben im Text. A. Daniels (siehe im
Text). The Catholic Encvclopedia 11, 1911, 599-600. Kirehl. Handlexikon II,
München 1912, 1389—1390. W. T. Waugh, Archbishop Pechham and Plura-
lities. Engl. hist. Rev. 1913, Oct., S. 625-635.
TL Wilhelm de la Uare.
Hist. litt, de la France XXI,
299 ff. E. Charles, Ro^er Bacon, Paris
18()1, S. 240 f. (die Beziehungen zwischen Roger Bacon und Wilh. de la Marc).
B. Haureau, Hist. de la philos. scol. II, 2, Paris 1880, 99—103. Fr. Ehrle,
Zeitschr. f. kathol. Theol. 7, 1883, S. 44. Kirchenlexikon 7, 2. A. 1891, 1335.
A. G. Little. The grey friars in Oxford, Oxford 1892, S. 215 f. Hilarin
Felder, Gesch. d. wissenschaftl. Studien im Franziskanerorden, Freiburg i. B.
1904, S. 419—420. Hurter, Nomencl. lit. II, 3. ed. 1906, 387. Fr. Ehrle,
Der Kampf um die Lehre des hl. Thomas von Aquin in den ersten fünfzig Jahren
nach seinem Tode, Zeitschr. f. kathol. Theol. 37, 1913, S. 266—318. P. Man-
donnet, Premiers travaux de poMmique thomiste, Revue des sciences philo», et
th^l. 7, 1913, S. 54 f.
B. Haureau,
Hist. de la philos. scol. II, 2, Paris 1880, S. 103 f. Fr.
Ehrle, kath. Theol. 7, 1883, S. 48.
Zeitschr. f. A. G. Little, The grev friars
in Oxford. Oxford 1892, S. 213. Rashdall, The Universities in Europe in the
Middle Ages II, pt. II, Oxford 1895, S. 530. Die Arbeiten von A. Daniels
siehe oben im Text. R. Seeberg, Lehrb. d. Dogmeng. III, 2./3. A., Leipzig
1913, S. 338. Paschal Robinson, The Catholic Encyclopedia 15, 1912,
S. 640.
14, 1904, S. 364-366. H. Hurter, Nomencl. lit. II, 3. ed. 1906, S. 404-408.
B. Jansen. Die Definition des Konzils von Vienne. Zeitschr. f. kath. Theol. 32,
1908, 298—306; 471-487. M. Debifevre, La definition du Concile de Vienne
sur räme, Recherches de science relig. 3, 1912, 321 344. —
M. de Wulf, Hist.
de la philos. m6di^v., 4e 6d., Louvain-Paris 1912, S. 385 f.
Ueberweg, Grundriß II. l
162* LiteraUiirerzcichnis,
I. Albertus Magnus.
a) Leben und Schriften Alberts: Roger Bacon, Opus minus, Fr.
Kogeri Bacon Opera quaedara hactenus inedita, ed. ,1. S. Brewer, London 1859,
t?. 325— 32S; Opus tertiuni, ibid., S. 30 f.; Compendium studii philosophiae c. 5,
ibid., S. 426. Vita B. Alberti, Doctoris magni —
compilatore K. P. retro de
Prussia, Coloniae c. a. 1487, Antverpiae 1621. Legenda venerabilis domini b.
Alberti M. — coUecta per F. Rudolfum de Novimagio, Coloniae 1490.
Quetif-Echard, Script. Ord. Praed. I, Parisiis 1719, S. 162—184. A. Jour-
dain, Recherches critiques, Paris 1843, S. 31— 33; 37-38; 300—358. Joachim
Sighart, Alb. Magn.. sein Leben u. s. WLss., Regensburg 1857, ins Englische
übersetzt von Dixon, 1876. F. J. von Bianco, Die alte Universität Köln, T. I,
1855, uorin u. a. auch eine Leben beschreibung Alberts d. Gr. enthalten ist. G.
von Hertling, Albertus Magnus. Beitr. zu seiner Würdigung. Festschrift,
Köln 1880 (Die erste kritische Studie über Albert auf deutscher Seite);
neu herausgegeben von J. A. Endres in: Beiträge zur Geschichte der
Philosophie des Mittelalters XIV, 5—6, Münster 1914. H. Denifle, Archiv
für Literatur- u. Kirchen geschichte d. Mittelalt. II, 1886, S. 236—237 (Die Werke
Alberts im Stamser Katalog). H. Finke, Ungedruckte Dominikanerbriefe, Pader-
born 1891 (Briefe an Albert). P. Mandonnet, Pol^raique averroiste de Siger de
Brabant et de S. Thomas, Revue thomiste, janvier et mars 1897 (über die Ab-
fassungszeit der Werke Alberts zwischen 124^ und 1274); derselbe, Siger de Bra-
bant et Faverroisme latin au Xllle sifecle. Etüde critique et documents in^dits,
Fribourg 1899 (CoUectanea Fribourgensia, fasc. V^III). Deuxi^me ^d.. Ire partie:
—
Etüde critique, Louvain 1911 (Les Philosophes Beiges VI), S. 36 39 (auch reiche
—
Literaturangaben); 42—49; 105 107 (über das Schreiben des Gilles de Lessines
an Albert und dessen Antwort); derselbe, Dict. de th^ol. I, 1909, 666—674.
M. Weiß, Priraordia novae bibliographiae beati Alb. Magni, Paris 1898, 2e ed.
1905. P. de Loe, De vita et scriptis beati Alberti Magni in: Analecta BoUan-
diana 19, Bruxelles 1900, S. 257-284; 20, 1901, S. 273—316; 21, 1902, S. 361—
371. P. de Loe gibt nach einer Übersicht über die Quellen zum Leben Alberts
und nach Mitteilung einer Vita vom Jahre 1483 Regesten Alberts und auf
Grund der alten Kataloge sowie der vorhin erwähnten Bibliographie von M. Weiß
ein Verzeichnis der Werke Alberts; derselbe. Kritische Streifzüge auf dem Ge-
biete der Albertus Magnus-Forschung, Annalen d. histor. Vereins f. d. Nieder-
rhein 74. 1902, S. 115—126. P. Albert, Zur Lebensgesch. d. Alb. Magnus,
Freiburger Diözesan-Archiv, N. F., Rd. 3, 1902, S. 283—298. E. :Michael,
Gesch. d. deutschen Volkes vom 13. Jahrh. bis zum Auserang d. !Mittelalt.,
Bd. III, Freiburg 1903, S. 69 ff. (Alberts Biographie), S. 111 f. (Verzeichnis d.
Werke Alberts). M. Grabmann, Studien über Ulrich v. Straßburg, Zeitschr.
f. kath. Theol. 29, 1905, S. 89—90 (Zur Chronologie Alberts). J. A. Endres,
Das Geburtsjahr und die Chronologie in der ersten Lebenshälfte Alberts d. Gr.,
Histor. Jahrb. 1910, S. 293-304. Dagegen E. Michael, Wann ist Alb. d. Gr.
geboren?, Zeitschr. f. kath, Theol. 3.5, 1911, 561—576. J. A. Endres, Alb. Magn.
u. d. bischöfl. Burg Donaustauf, Histor.-polit. Blätter 149, 1912, 829-836: der-
selbe, Chronolog. Unters, zu den philos. Kommentaren Alberts d. Gr., Festgabe
f. G. von HertUng, Freiburg 1913, S. 95 —
108; derselbe. Eine beabsichtigte zweite
Berufung Alberts d. Gr. an die Universität Paris ums Jahr 1268, Hist.-polit.
Blätter 152, 1913, S. 749—758. H. Grauert, Magister Heinrich der Poet in
AVürzburg u. d. röm. Kurie, Abb. d. bayr, Akad. d. Wiss., philos.-philol. u. bist.
KL, Bd. 27, Abb. 1 u. 2, München 1912 (3. Hauptabschnitt § 7: Urban IV. als
Förderer der Philosophen Albertus Magnus und Thomas von Aquin). Fr. Pan-
gerl, Studien über Albert d. Gr.. Zeitschr. f. kath. Theöl. 36, 1912, S. 304—331
<Zur Stellung Alberts in Wissenschaft u. Lit.); S. 332—346, 512-530 (Die Werke
Alberts d. Gr.).
M. Weiß, Über mariologische Schriften d. sei. Alb. Magnus, Paris u. Frei-
sing 1898. R. S tapper, Eine augeblich von Alb. Magn. verfaßte Ars praedi-
candi. Kircherigesch. Festgabe A. de Waal dargebracht, Rom 1913, S. 388— 4(J2.
A. Dvroff, Über Albertus von Sachsen, Festgabe für Cl. Baeumker, Münster
1909, "S. 330—339 (Über Albert v. Sachsen u. Albert d. Großen. Die Philosophia
pauperum gehört weder Alb. d. Gr. noch Alb. d. Sachsen an). W. Sehen z,.
Zu § 38. Der Aristofelisnius. Albert der Große. 163*
Deutung 'u..J Bedeutung der Sohlußschrift d. sei. Alb. Magii. über die An-
hänglichkeit an Gott, Festschr. f. G. von Hertling, Kcnapten-München 1913.
S. 86-95.
b) Allgemeine Darstellungen: J. Brucker, Historia critica philo-
soi)hiae III, Lipsiae 1743, S. 703, 788—798. H. Ritter, Gesch. d. christl.
Philos.. 4. Teil. Hamburg 1845, S. 181 —
25G. Joachim Sighart siehe unter a.
A. Stöckl, Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. II, Mainz 18Ö5, S. 352— 421. Octave
d'Assailly, Albert le Grand, l'ancien monde devant le nouveau, Paris 1870. G.
V. Hertling, Alb. Magnus u. d. Wiss. seiner Zeit, Hist.-polit. Blätter, Bd. 73,
1874, S. 485 ff.; derselbe, Alb. Magnus, Vortrag auf der ersten Generalversamm-
lung d. Görresgesellsch., 1876,Jahresbericht d. genannten Ges. S. 21 ff.; derselbe
Albertus Magnus Festschrift, Köln 1880; siehe unter
a; derselbe, Kirchcnlexikon 1,
2. A., 1882, 414—419. [N. Thoemes], Albertus Magnus in Geschichte und Sage
(anonym). Festschrift zur 6. Säkularfeier seines Todes, Köln 1880. R. de Liechty,
Alb. le Grand et S. Thomas d'Aquin ou la science du raoven-äge, Paris 1880.
B. Haur^au, Hist. de la philos. medi^v. II, 1, Paris 1880, S. 214—337. Fr.
Ehrle, Der selige Albertus d. Gr., Stimmen aus Maria Laach 19, 1880. A. Riker,
Ein Kranz schuldiger Verehrung von der alma mater d. Wiener Hochschule dem
Andenken Alb. d. Gr. gewidmet, Wien 1881. Van Weddingen, Albert le
Grand, Ic maitre de S. Thomas d'Aquin, Bruxelles 1881. F. Xitzsch. Real-
enzykl. f. prot. Theol. 1, 3. A., 1896, 291-294. E. Michael, Albert d. Gr.,
Zeitschr. f. kath. Theol. 25, 1901, S. 37-68; 181-208; 735—738 (Albert als
Mystiker); derselbe, ebendas. 27, 1903, S. 356-392 (Zur Gesch. Alberts d. Gr.);
derselbe, Geschichte d. deutschen Volkes usw.. Bd. III, Freiburg 1903, S. 113 tf.
(Alb. als Scholastiker); S. 143 (Alb. als Mystiker); S. 245 ff. (Alb. als Moralist),
S. 445 ff. (Alb. als Naturforscher). A. Hauck, Kirchengesch. Deutschlands IV,
Leipzig 1903, 4(33-473, 3. u. 4. A., 1913, S. 486—497. P. Mandonnet, siehe
unter a. H. Hurter, Xomenclator II, 3. ed. 1906, 377—384. A. Carpenter,
Le B. Albert le Grand, Revue de Lille, mars 1907. J. A. Endres, Gesch. d.
mittelalt.Philos., Kempten u. München 1908, S. 131—139. Cl. Baeumker,
Der Anteil des Elsaß an den geistigen Bewegungen d. Mittelalt., Rede, Straßburg
1912, S. 24—26; derselbe, Die europäische Philos. d. Mittelait., Die Kultur d.
Gegenwart I, 5. Berlin u. Leipz. 1909, S. 334-335, 2. A., 1913, S. 384—385. M.
de Wulf, Hist. de la philos. m^diev., 4e ed. Louvain-Paris 1912, S. 391— 4C»0.
c. Logik und Erkenntnislehre Alberts: C. Prantl, Gesch.
d. Log.
III, Leipz. 1867, S. 89—107. B. Haneberg, Zur Erkenntnislehre des Ihn Sina
und Albertus Magnus, Abh. d. philos.-philol. Kl. d. bayr. Akad. d. Wiss. XI, 1,
München 1866, S. 189—267. M. Gloßner, Das objektive Prinzip d. aristotel.-
scholast. Philosophie, besonders Alberts d. Gr. Lehre vom objektiven Ursprung der
intellektuellen Erkenntnis, Regensburg 1880. J. Bach, Des Albertus Magn. Ver-
hältnis zu der Erkenntnislehre d. Griechen u. Römer, Araber u. Juden, Wien
1881. A. Schmid, Erkenntnislehre I, Freiburg i. B. 1890, S. 398-401. A. Man-
sion, L'induction chez Albert le Grand, Revue X^o-scol. 13, 1906, S. 115—134;
246-264.
d) Wissen u. Glauben bei Albert. Gottes beweise: Th. Heitz,
La philos. et la foi chez Albert le Grand, Revue des scienc. philos. et th^ol. 2,
1908, 661 —
673; derselbe, Essai hist. sur les rapports entre la philos. et la foi,
Paris 1909, S. 132—144, L. Mahieu, Les rapports de la science et de la foi
d'apr^s le B. Alb. le Grand, Les questions eccl^s., f^vrier 1910. V. Bernard i,
Una questione interessantissima per la apologetica et perla teologia, ossia latto di
fede e la dottrina di S. Tommaso, di ß. Alberto Magno e di S. Bonaventura,
Torino 1912.
G. Grunwald, Gesch. d. Gottesbeweise im Mittelalt., Münster 1907,
S. 102—111. Ol. Baeumker, Witelo, Münster 1908, S. 323. A. Daniels,
Quellenbeiträge u. Unters, z. Gesch. d. Gottesbew. im dreizehnten Jahrb., Münster
1909, S. 36—37, 122 (Alb. Stellung zum ontol. Beweis ist unbestimmt).
Begriffe, Archiv f. Gesch. d. Philos. 21, 1908, S. 497; 22, 1909, S. 380 (Die Aus-
drücke primäre und sekundäre Qualitäten finden sich bereits bei Alb. Magnus).
H. Fronober, Die Lehre von der Materie und Form nach Albert d. Gr., I. D.,
Breslau 1909. A. Rohner, Das Schöpfungsproblem bei Moses Maimonides,
Albertus Magn. und Thomas von Aquin. Münster 1913 (Beitr. z. Gesch. d. Philos.
d. Mittelalt. XI, 5), S. 45—92.
Alberts Ethik: Willy Feiler, Die Moral des Alb. Magnus, Leipzig
g)
1891. A. Strobel, Die Lehre des seli^. Alb. Magn. vom Gewissen, Gymn.-
'
d. schol. Methode II, Freiburg i. B. 1911, S. 370—371 (über die an den Lom-
barden sich anschüeßende Einteilung des Compend. theol. ver.). Cl. Baeumker,
Der Anteil d. Elsaß an den geistigen Bewegungen d. Mittelalt., Rede, Straßburg
1912, S. 21 f., 45, Anm. 38. Fr. Pangerl, Studien über Albert d. Gr., Zeitschr.
für kathol. Theol. 1912, S. 524—526 (das Comp, gehört Hugo v. Straßb. und ist
aus Alberts Werken geschöpft).
16()"'= Literaturverzeichnis.
Supplement a la Revue thom., janv.-fevr., 1913, ferner die Vita S. Thomae des Ber-
nardus Guidonis, im wichtigsten Teil ediert bei B. Mombritius, Sanctuarium
seu Vitae Sanctorum t. II, endlich die Vita S. Thomae des Petrus Calo. Fontes
Vitae S. Thomae Aquin. not. hist. et crit. illustr. curis et labore D. Plummer,
Fase. I: Vita S. Thomae Aquin. auctore Petro Calo, Toulouse 1911 (Documents
inedits publies par la Revue Thomiste). Siehe dazu P. Mandonuet, Pierre Calo
et la legende de S. Thoraas. Rev. thomiste 1912, 408—416. D. Prümnier,
Quelques observations a propos de la legende de S. Thomas par P. Calo, ebendas.
1912, 417-423.
Quetif-Echard, Script. Ord. Praed. I, Paris 1719, S. 271—347. A. Tou-
ron, Vie de S. Thomas d"Aquin, Paris 1737. M. B. de Rubels, De gestis et
scriptis ac doctrina S. Thomae Aquinatis dissertationes XXX eriticae et apologe-
ticae, Venedig 1750 (Der leoninischen Thomasausgabe voigetlruckt). A. Joiir-
dain, Recherches critiques, Paris 1843, S. 34, 390—401. P. J. Carle, Hist. de
la vie et des ouvrages de S. Thomas 1846. K. Werner, Der hl. Thom. v.
Aquin, Regensburg 1858 ff. (Bd. I: Leben u. Schriften). Ch. Jourdain, La
Philosophie de St. Thomas d'Aquin, Paris 1858. Roger B. Vaughan, St.
Thomas of Aquin. his life and labours, 2 voU.. Hereford 1871—1872. F. M.
Cicognani, Sulla vita e suUe opere di S. Tomaso d. Aquino, Venezia 1874.
J. Didiot, S. Thomas d'Anuin, Paris 1874, 2e ed. Lille 1894. A. Galea, De
fontibus quorumdam opusculorum S. Thomae Aquin. dissertatio, Melitae 1880.
V. de Groot, Het leven van den h. Thoraas von Aquino, Utrecht 1882, 2e 6d.
1907 (ins Französische übersetzt Louvain 1909). H. Denifle, Archiv für
Literatur- und Kirchengeschichte des Mittelalters II, 1886, S. 237 f. (Werke
von Thomas im Stamser Katalog), ü. Chevalier, Catalogue critique des
Oeuvres de S. Thomas d'Aquin, Romans 1886. Berjon y Vasquez,
Estudios criticos acerca de las obras de S. Tomas de Aquino, Madrid 1889.
P. Mandonnet, Polömique averroiste de Siger de Brabant et S. Thomas,
Rev. Thom. 1895, 1896, 1897; derselbe, Les titres doctoraux de S. Thomas d'A.,
Rev. thom. 1909. S. 597 ff.; derselbe, Des Berits authentiques de S. Thom. d'A.,
2e ed., Fribourg (Suisse) 1910 (zuerst erschienen Rev. thom. 1909—1910. Es ist
die bedeutendste Arbeit über die Echtheitsfrage, die auf Gnmd der ältesten
fünfzehn Kataloge behandelt wird); derselbe, Siger de Brabant et l'Averroisme
latin au XI Ile "siede, Ire partie, Louvain 1911 (Les Philosophes Beiges VI).
.1. Jansen, Der hl. Thomas von Aquin. Kevelaer 1898. E. Chimenti,
Zu § 39. Der Aristotelismus. Thoraas von Aquin. 167*
Thom. V. Aquin für den geschichtl. Entwicklungsgang d. Philos. als reiner V'er-
nunftwissenschaft, Trier 1865. C. Prantl, Gesch. d. Logik III, Leipzig 1867,
S. 107—119 P. C. van den Berg, De ideis divinis seu de divina essentia, prout
est omnium rerum idea et prim. exemplar iuxta doctrin. doctoris angelici Th.
Aquinat., Herzogenbusch 1872. T. Zigliara, Della luce intellettuale dell Onto-
logismo, 2 Bde., Rom. 1874 (Begründung und Verteidigung d. thom. Erkenntnis-
theorie). C. M. Ferr^, S. Thomas of Aquin and Idcology, London 1875, ins
Französ. übersetzt Paris 1876. D. Delaunay, St. Thomae de origine ideanim
doctrina, Paris 1876. L. C. Bourquard, Doctrine de la conn^ssance d'apres S.
Thom. d'A., Angers 1877. A. Otten, Allgemeine Erkenritnislehre d. h. Thom.,
Paderborn 1882. C
M. Schneider, Natur, Vernunft, Gott. Abb. über d. natür-
liche Erkenntnis Gottes nach der Lehre des hl. Thom. v. Aquin, Begensburg 188.-1.
A. Vacant, La th^orie de la connaissance selon S. Thomas d'A. et selou
Duns Scot, Annales de philos. chr^t., Paris 1889. N. Kaufmann, Die Er-
kenntnisl. d. hl. Thom, v. Aquin und ihre Bedeutung f. d. Gegenwart, Philos.
Jahrb. 2, 1889, S. 22ff. derselbe, Das Kausalitätsprinzip und seine Bedeutung
.
für die Philosophie, Philos. Jahrb. 4, 1891, S. 30ff., S. 105 ff. Brookhoff,
Die Lehre d. hl. Thom. von der Erkennbarkeit Gottes, Jahrb. f. Philos. u. spek.
Theol. 1890, S. 332—357. V. Lipperheide, Thom. v. A. und die platonische
Ideenlehre, München 1890. J. Gardair, La connaissance, Paris 1895. Dornet
de Vorges, L'objectivitö de la connaissance intellectuelle d'apres S. Thomas,
Rev. n^o-scol. 1896; U. Baltus, L'ldealisme de S. Augustin et de S. Thomas
d'Aquin, Rev. Benedict. 1897. S. 415—424. M. Couailhac, Doctrinam de ideis
divi Thomae divique Bonaventurae conciliatricem . . ., Paris 1897. ChoUet,
De la connaissance d'apres S. Thomas, Rev. des sciences ecclfeiast. 1898.
J. Geyser, Wie erklärt Thomas v. A. unsere Wahrnehmung von der Außenwelt "^
Philos. Jahrb. 12, 1899, S. 130—147. C. Piat, Quid divini nostris ideis tribnat
divus Thomas? Thfese, Paris 1890. Ch. Willems, Die obersten Seins- und
Denkgesetze nach Arist. u. d. hl. Thom. v. A., Philos. Jahrb. 14, 1901, S. 287 ff.,
15, 1902, S. 30 ff., 150 ff. J. Barön, Die Bedeutung d. Phantasmen für die
Entstehung d. Begriffe bei Thom. v. A. Ein Beitr z. Gesch. d. erkenntnistheo-
retischen Dualismus, I. D., Münster 1902. A. Lang, Das Kausalproblem I.
Köln 1904, S. 189-214. G. Feldner, Die natürliche Erkenntnis der Seligen
nach Thom. v. Aquin, Jahrb. f. Philos. u. spek. Theol. 19, 1905, S. 27 ff.
L. Baur, Die methodische Behandlung des Substanzproblems bei Thomas von
Aquin und Kant, Theol. Quartalschr. 1905, 37—78. B. Desbuts, La notjon
d'analogie d'aprfes S. Thom. d'A., Annales de philos. ehret. Bd. 151, 1906, 377
385; derselbe. De l'utilisation de la doctrine thomiste du concours divine, ebendas.
Bd. 156, 1908, S. 247—260. H. Dehove, Essai critique sur le realisme thomiste
compare ä l'id^alisme Kantien, Lille 1907. A.D. Serti Hanges, L'idee generale
de la connaissance dans S. Thom. d'A., Rev. des sciences philos. et, theol. 2,
1908, S. 449—465; derselbe, Agnosticisme ou anthroporaorphisme. £)tudes de
philos. thom., Paris 1908. R. Garrigou-Lagrange, Corament le principe de
la raison d'etre se rattache au principe d'iaentit6 d'apres S. Thomas, Rev.
thom. 1908; derselbe, La valeur transcendante et analogique des notions
170* Läteraturverzeichnis.
Summ, theol. An deus sit, Jahrb. f. Philos. u. spek. Theol. 23, 1909, S. 438 ff.;
24, 1910, S. 114 ff. H. Kirf el, Zum Gottesbeweis d. hl. Thomas aus der Ord-
—
nung der Wirkursachen, ebendas. 25, 1911, S. 146 163; derselbe, Gottesbeweis
oder Gottesbeweise beim hl. Thom. v. Aquin, ebendas. 27, 1913, 451—460;
derselbe. Absolutes oder relatives Meist im Gottesbeweis aus den Seinsstufen,
Philos. Jahrb. 27, 1914, S. 113—126. E. Krebs, siehe im Text. N. Baltha-
sar, La raethode en thÄ)dic^e. Id^alisme anselmien et r^aüsme thomiste, An-
nales de rinst. sup^rieur de Phüos. I, Louvain 1912, S. 421-469. A. Audin,
A proposito della dimostrazione tomistica dell' esistenza di Dio, Riv. di filos.
neo-scol. 4, 1912, 758 ff. G. Mattiussi, Sülle „cinque vie" di S. Tomaso,
«bendas. 5, 1913, 67 ff.
Freising 1893. K. Weiß, Über den Begriff der Tugend im Allgemeinen nach d.
Lehre d. hl. Thom. von Aqu., Jahrb. f. Philos. u. spek. Theol. 8, 1894, S. 11.3—
129, 242—258, 303—332, 442—471. A. Gardeil, L'övolutionisme et les principes
de S. Thoraas, Rev. thom. 3—4, 1895 - 1896. J. Mauöbach, Der Begriff d. sitthch
Guten nach d. hl. Thomas, Philos. Jahrb. 12, 1899, S. 85 ff. J. Zmavc, Die
Prinzipien der Moral bei Thom. v. A., Arch. f. Gesch. d. Philos. 12, 1899, S. 290-302;
derseloe, Die phUos.-ethische Seite der Lehre d. Thom. v. A. über die Willens-
freiheit, Jahrb. f. PhUos. u. spek. Theol. 13, 1899, S. 444—460. A. Kastil, Die
Frage nach der Erkenntnis des Guten bei Arist. u. Thom. v. A., Sitzungsb. d. k.
k. Akad. d. Wiss. z. Wien, Bd. 38, 1900. J. Wild, Das Maß d. Nützlichkeit nach
d. hl. Thomas, Monatsschr. f. christl. Sozialreform 1900, S. 61— 64. .J. Gardair,
Ix?s vertus naturelles, Paris 1901. J. G. Berthier, De la perfection chretienne
Thomas d'A. et S. Francois de Sales, 2 Bde.,
et la perfection religieuse d'apres S.
Paris 1902. G. Feldner, Das innerste Wesen der Sittlichkeit nach Thom. v. A..
Jahrb. f. Philos. u. spek. Theol. 18, 1904, S. 308 ff E. Hugueny, A quel
.
Charit^ d'aprfes S. Thom. d'A., Rev. thom. 1907, mars-avril. J. Lehuer, Der
Willenszustand d. Sünders nach dem Tode. Nach thomistischen Prinzipien dar-
gest., Wien 1906. J. Stuf 1er, Bemerk, z. Lehre d. hl. Thom. über den Willens-
zustand des Sünders nach d. Tode, Zeitschr. f. kathol. Theol. 31, 1907, S. 171 ff.
Ch. Calippe, La destination et l'usage des biens naturels d'aprfes S. Thom. d'A.,
Annales de philos. chröt. Bd. 155, 1907, S. 151-1Ö7. A. Ott. Thom. v. A. u. d.
Mendikantentum, Freiburg i. B. 1908 (Die Anschauungen v. Thom. über das Bettel-
ideal u. d. freiwillige Armut). P. Rousselot, Pour l'nist. du problfeme de l'amour
au moyen-äge, Münster 1908 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. VI, 6), S. 7
bis 43 (die thomistische Lösimg des Liebesproblems). P. d'H^ronville, La vertu
et le jnste milieu, Rev. de Philosophie 10, 1910 (über die Lehre vom justum
medium bei Arist. u. Thom. v. A.). S. Deploige, Morale thomiste et science de
—
moeurs, Rev. n6o-scol, 17, 1910, S. 445 473 derselbe, Le conflit de la morale et
;
—
de la sociologie, Louvain 1911, S. 272 364 (Die Methode der thom. Moral- u.
Sozialphilosophie). O. Renz, Die Synteresis nach d. hl. Thom. v. A., Münster
1911 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. X, 1-2); derselbe. Der Einfluß des
Willens u. d. Tugend auf die Wahrheit u. Sicherheit des Gewissens. Studie nach
dem hl. Thom. v. A., Festgabe f. Cl. Baeumker, Münster 1913, S. 269—285.
J. Mausbach, Grundlage u. Ausbildung des Charakters nach d. hl. Thom. v.
A. in: Moralprobleme, Vortr. auf d. 3. theol. Hochschulkurs zu Freiburg im Okt.
1910, Freiburg i. B. 1911, S. 1 —
78 (auch separat erschienen), H. Lauer, Die
Moraltheologiß Alb. d. Gr. mit besonderer Berücksichtigung ihrer Beziehungen z.
Lehre d. hl. Thom., Freiburgi. B. 1911. A. de la Barre, La morale d'aprfes S.
Thoraas et theologiens scolastiques.
les Memento th^orique et guide biblio-
graphique, Paris 1911. W. Stockums, Die Unveränderlichkeit des natürlichen
Sittengesetzes in der schol. Ethik, Freiburg i. B. 1911 (Freiburger theol. Studien
4. H.), S. 42 —
101. F. Wagner, Das natürliche Sittengesetz nach d. Lehre d.
hl. Thom. v. A., Freiburg i. B. 1911; derselbe, Der Begriff d. Guten und Bösen
nach Thomas von Aquin und Bonaventura, Breslauer Habilitations-Schrift,
Paderborn 1913 (auch Jahrb. für Philosophie und spekulat. Theologie 27, 1913).
A. D. Sertillanges, La sanction morale dans la philos. de S. Thomas, Rev.
des sciences philos. et th^l. 1912, S. 213 235. —
E. Troeltsch, Gesammelte
Schriften I. B. 1. u. 2. Hälfte. Die Soziallehren der christlichen Kirchen und
Gruppen, Tübingen 1912, 1. H., S. 252-285 (Die thomistische Fvthik). Th. Stein-
—
büchel, siehe oben unter e, S. 71 121 (Der Zweckgedanke in der thomistischen
Ethik und GeseUschaftslehre). A. M. Orlich, L'uso dei beni nella morale di
5. Tomaso, Scuola catt. 1913 (auch separat Monza 1913). J. C. Costes, La
piet4 d'aprfes S. Thomas d'Aquin, Rev. thom. 1913, mai-juin. K. Müller, Die
174* Literaturverzeichnis.
im Lichte modern, polit. -Jurist. Staatsauffassung, Lpz. 1910, Hdlb. I.-D. J. Zeiller,
L'id^e de l'^tat dans S. Thom. d'A., Paris 1910 (der 1. Teil behand. die Theorie d. poli-
Zu § 39. Der Aristotelismus. Thomas von Aquin. ITÖ''^
tischen Gewalt; der 2. untersucht die Quellen d. thomist. Lehre; der 3. vergleicht
d. thom. Theorie mit der des Ptolomaeus von Lucca und des Aegidius von
Rom). Siehedazu M. Defourny, Rev. neo-scol. 18, 1911, S.131-134. J.Zeiller,
Les destin^ hist. de la doctrine politique de S. Thomas d'A., Ann. de philos. ehret.
—
Bd. 160, 19l<*, S. 5 19 (ein Auszug aus L'id^c de l'etat etc.); derselbe, L'origine
du pouvoir politique d'apr^s S. Thom., Rev. thom. 1910, juillet-aout. Th^ M.
Pegues, La theorie du pouvoir dans S. Thomas, ebendas. 1911, sept.-oct.
A. Malagola, Le teorie jjolitiche di S. Tomaso d'A., Bologna 1912. Ella H.
Stokes, The conception of a Kingdom of ends in Augustine, Aquinas and Leibniz.
I.-D.,Chicago 1912. J. A. Endres, De regimine principum d. hl. Thom. v. A.,
Festgabe f. Cl. Baeumker,' Münster 1913, S. 261-267 (gegen die Echtheit).
Philos. u. spek. Theol. 22, 1908; 23, 1909; 24, 1910. K. Staab, Die Lehre von
der stellvertretenden Genugtuung Christi, Paderborn 1908 (3. Kap.: Thomas von
Aquin). A. D. Sertillanges, La providence, la contingence et la libert^ selon
S. Thom. d'A., Rev. des sciences philos. et theol. 3, 1909, S. 5—16. A. M.
Rohner, Die unio in persona, Jahrb. f. PhUos. u. spek. Theol. 23, 1909, S. 408 ff,
A. Harnack, Lehrb. d. Dogmeng. III, 4. A., Tübmgen 1910, S. 497—502 (Tho-
mas' Bedeutung); S. 535—540 (seine Lehre v. Werke Christi); S. 585—597 (seine
Lehre V. Buße u. Beichte); S. 624-643 (die thomistische Gnadenlehre). M. Mar-
tin, L'objet de la theologie d'aprfes S. Thomas et les scolastiques, Rev. thom.
1912, S. 12—21. A. Pagano et F. Ol^iati, L'individualitä di Dio secondo S.
Tomaso, Riv. di filos. neo-scol. 1912, Juni. G. Rein hold, Die Weise der eucha-
ristischen Gegenwart bei Thom. v. A., Theol.-prakt. Quartalschr. 1912, S. 489—
507. V. Bernardi, siehe oben bei Bonaventura. R. Seeberg, Lehrb. der
Dogmengeschichte III, 2. u. 3. A., Leipzig 1913, S. 340—356, 364—368 u. ö.
31. Schaff, S. Thomas et les rapports de la nature pure avec la nature dechue,
Rev. des sciences philos. et th^ol. 1913, S. 71 76. — J. Bainvel, D'un des-
accord entre S. Thom. pofete et S. Thom. theologien. Rech, de sc. relig. 1913,
S. 579—583. J. de Guibert, Quelle a ete la pensee de S. Thom. sur le salut
des infid(iles. Bull, de litt, eccles, 1913, S, 337—355,
Zu § 39. Der Aristotelismus. Thomas von Aqiiin. 177*
ursachung des Übels, ebendas. 22, 1908, S. 431 ff. H. Weertz, Die Gottes-
lehre des Pseudo-Dionvsius u. ihre Einwirkung auf Thomas v. Aquin, Bonner
L D., Köln 1908.
V. Ermoni, S. Jean Damascene, Paris 1904, S. 141 ff. (die Methode des
Arist., Jobs. v. Damasc. u. Thom. v. A.). Duffo, S. Jean Damascfene source
de S. Thomas. Thfese, Bulletin de littörat. eccles. 1906, 126-130.
Jellinek, Thomas v. Aqu. der jüdischen Literatur, Leipzig 1853. J.
in
Mausbach, Die Stellung v. Aquin zu Maimonides in der Lehre
d. hl. Thomas
von d. Prophetie, Theol. Quartalschr. 81, S. 553—579. J. Guttmann, Das Ver-
hältnis d. Thom. V. Aquin zum Judentum u. zur jüdischen Lit., Göttingen 1891
derselbe. Der Einfluß der maimonidischen Philosophie auf das christliche Abend-
land in: Moses ben Maimon I, Leipzig 1908, S. 175—204. Michel, siehe oben
unter g: Naturphilosophie. M. Wittmann, Die wStellung d. hl. Thom. v. A. zu
Avencebrol, Münster 1900 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. III, 3). Cl.
Baeumker, Arch. f. Gesch. d. Philos. 22, 1908, S. 132-134 (Beziehungen des
Thomas zu Maimonides). A. Rohner, Das Schöpfungsproblem bei Moses
Maimon., Alb. Magnus und Thomas v. A., Münster 1913.
E. Renan, Averroes rAverroisme, 2e ^d. Paris 1861, S. 236—246. P.
et
Mandonnet, Pol4mique etc. und Siger de Brabant et rAverroisme
averroiste
latin etc., siehe oben unter a. F. Picavet, L'averroisme et les averroistes du
Xllle si^cle d'aprfes le De unitate intellectus contra Averroistas du S. Thomas
d'A., Revue de Ihist. des religions 45, Paris 1902, S. 56 69 (auch separat Paris —
1902). Die Arbeiten von M. Asin y Palacio, P. Doncoeur, G. M. Mauser,
L. G. A. Getino siehe oben unter c.
A. und bei den Neueren, Jahrb. f. Philos. u. spckul. Theol. 9, 1895, 1—33. Fr.
Hettinger, Thom. v. A(\. u. die europäische Zivilisation, 2. A., Frankfurt a. M.
1898. A. AValgrave, Kant et S.Thomas, Rev. nÄ3-6col. 8, 1900. C. Sentroul,
Vrai thomisme et vrai kantisme, Rev. n(io-scol. 13, 1906, S. 164—200. G. Le-
hr uii, La philos. thomiste dans Lafontaine, Revue de l'ordre de Pr^monti^ 1908,
Mcrklen, La modernitö de S. Thomas, Rev. Augustinienne 1909, fevriei'.
juillot.
Dornet de Vorges, De Kant a S. Thomas, Revue de philos. 9, 1909, S. 26 — 39.
N. del Prado, Balmes y santo Tomas, Ciencia tomista 1910, sept-dic. E. Mar-
tine/, S. Tomas y
el modeniismo, Salamanca 1911. L. Bassani, S. Tomaso
dAquino pensiero moderno italiano.
e il Studio storico-filosofico, Siena 1911.
Th. Droege, Die Philos. d. hl. Thom. v. A. u. das moderne Denken. Histor.-
polit. Blätter 149, 1912, 7—35; 81 96. —
J. Dindinger, siehe oben unter e.
1). Feuling, Henri Bergson und der Thomismus, Jahrb. f. Philos. u. spekul.
Theol. 27, 1913, 33—55. Matth. Meier, Descartes' Stellung zu den Alten in
seinem Traktat „Les passions de l'äme", Festgabe für G. v. Hertling, Freiburg
i. B. 1913, S. 183—209 (inhaltl. Abhängigkeit msbesondere von Arist. u. Thoma*
von Aquin). M. Grabmann, Der hl. Thom. v. A. im Werturteil d. modernen
Wiss., Theol. u. Glaube 1913, S. 809-824.
mique thomiste, Rev. des scienc. philos. et th^ol. 7, 1913, S. 46 — 69, 245—262.
E. Krebs, Der Kampf um Thomas v. A. im Mittelalt., Internat. Wochenschr.
5. 1911, Nr. 36, Sp. 1133—1148; derselbe, La lotta intoruo a S. Tomaso d'A.
nel medio evo, Riv. di filos. neo-scol., 1913 ottobre. R. Janssen, Die Quod-
libeta d. hl. Thom. v. A., Bonn 1912, S. 46-07. Fr. Ehrle, Der Kampf um
die Lehre d. hl. Thom. v. A. in den ersten fünfzig Jahren nach seinem Tod,
Zeitschr. f. kath. Theol. 37, 1913, S. 266-318. A. Daniels, Wilhelm von Ware
über das menschl. Erkennen. Ein Beitr. z. Gesch. d. Kampfes zwischen dem
Augustinismus u. d. Aristotelismus im 13. Jahrb., Festgabe f. Gl. Baeumker,
Münster 1913. S. 309-318. M. de Wulf, Gesch. d. mittelalt. Philos., deutsche
Übers, v. R. Eisler, Tübingen 1913, S. 309—328.
y. Robert Kilwardby.
Quetif-Echard, Script. Ord. Praed. I, S. 374—380. W. F. Hooke, Lives
of the Archbishops of Canterbury III, London 1865, S. 304—326. A. Stöckl,
Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. II, Mainz 1865, S. 735 f. C. Prantl, Gesch. d.
Logik III, Leipzig 1867, S. 185—188. B. Haureau, Hist. de la philos. scol. II,
2, Paris 1880, S. 28—33; derselbe, Notices et extraits etc. V, Paris 1892, S. 115
-130. H. Denifle, Archiv etc. II, S. 236, n. 84. Fr. Ehrle, Beitr. z. Gesch.
d. mittelalt. Scholastik.
II. Der Augustinismus und der Aristotelismus in der
Scholastik gegen Ende d. 13. Jahrb., Arch. f. Lit.- u. Kirchengesch. d. Mittelalt.
V, 1889, S. 603-635. Bellesheim, Kirchenlexikon 7, 2. A. 1891, S. 449-452.
Tout. Dict. of Nation. Biography 31, 1892, 120—122. M. de Wulf, Gilles de
Lessines de unitate formae, Louvain-Paris 1902, S. 73 ff. (Les„ Philosophes du
moyen-äge t. I); derselbe, Gesch. d. mittelalt. Philos., deutsche Übers, v. R. Eis-
1er, Tübingen 1913, S. 282. L. Baur, Dominicus Gundissalinus de divisione
philosophiae, Münster 1903 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. des Mittelalt. IV, 2—3),
S. 368-380 (über die Einleitungsschrift De ortu et divisione philosophiae^.
H. Hurter, Nomencl. lit. II, 3. ed. 1906, S. 387-388. F. Tocco in: British
Society of Franciscan Studies, Vol. II, Aberdeen 1910, S. 93—96. P. Mandon-
net, Siger de Brabant, Ire part., Louvain 1911, S. 233—235.
X. Bernhard de Trilia.
Quetif-Echard, Script. Ord. Praed. 1, S. 432-434. A. Stöckl, Gesch. d.
Philos. d. Mittelalt. II, Mainz 1865, S. 737 f. B. Hauröau, Hist. de la philos.
scol. IL Pari." 1880, S. 114—120. H. Denifle, Archiv etc. II, S. 209, n. 34; 239,
n. 97. M. Grabmann, Die philos. u. theol. Erkenntnislehre das Matthaeus ab
Aquasparta, Wien 1906, S. 34.
Zu 5; 40. Der Kampf für und gegen Thomas. 181*
1903 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mitteiah. IV, 2-3), S. 380-385 (über die Ein-
h'itungsschrift De partibiis philosophiae es<;eiitialil)us). R.Scholz, Die PubUzistik
zur Zeit l'hiHpps des Schönen und ßonitaz' VIII. Ein Beitr. z. Gesch. d. poli-
tischen Anschauun>ren des Mittelalt.. Stuttjrart ]903, S. 32—129 (Aeg. kirchen-
politischc Anschauungen). H. Hurt er, Xoniend. lit. II, 3. ed. 1906, S. 471—485.
Burgard, Un disciple de S. Thomas d'A., Gilles de Korne. Rev. Augustinienne
1900. Anglist. C. A. Durbay, The Catholic Encyclopedia IV, 1908, S. 127—128.
G. U. Üxilia — G. Boffito. siehe Text (enthält auch eine Biographie des Aeg.).
J. Zeiller, L'idee de r»5tat dans S. Thom. d'Aquin, Paris 1910, S. 1G2— 177 (Aeg.
politische und kirchenix)litische Auffassungen). G. Boffito, Saggio di Biblio-
graphia Egidiana, Firenze 1911. P. Mandonnet, Siger de Brabaiit etc., 2e partie,
Louvain j908, p. XIV sqq.; XXIII sqq. (über den Aeg. fälschlich zugeteilten
Liber de orroribus philosophorum): derselbe, cbendas.. Ire partie, Louvain 1911,
S. 248—251 (über die Schulkarrieic des Aeg.); derselbe, La carriere scolaire de
Gilles de Rome (1276-1291), Rev. des sc. philos. et thÄ)l. 1910, S. 480— 499; der-
selbe. Les premibres disputes etc., siehe oben S. 93*, e (über die Unterscheidung
von Wesenheit u. Dasein); derselbe, Premiers travaux de polömique thomiste,
Rev. des sc. philos. et theol. 1913, S. 55 (über das Aeg. mit Unrecht zuge-
schriebene Correctorium corruptorii). Fr. Ehrle, Der Kampf um die Lehre d.
hl. Thom. v. A. in den ersten fünfzig Jahren nach seinem Tod, Zeitschr. f. kath.
Theol. 37. 1913, S. 278—284 (über das Aeg. fälschlich zugeteilte Correctorium
corruptorii). M. de AVulf, Gesch. d. mittelalt. Philosophie, ins Deutsche übers.
V. R. Eisler, Tübingen 1913, S. 321-323.
I. Wilhelm Shyreswood.
C. Prantl, Gesch. d. Logik III, Leipzig 1867, S. 10—24. ß. Haureau,
Hist. de la philos. scol. II, 1, Paris 1880, S. 182—184.
Zu § 41. Die Entwicklung der Logik u. Methodik im 13. u. 14. Jahrh. 185*
identisch mit Siger von Brabant). (^1. Baeumker, Die Impossibilia des Siger
von Brabant, Münster 1898 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. II, 6), S. 67 ff.
P. Mandonnet, Siger de Brabant et l'averroisme latin au Xllle sifecle.
Etüde critique et documents inedits, Fribourg (en Suisse) 1899, p. sq. LXXV
(Pseudo-Siger de Brabant); 2e 6d., Ire partie, Louvain 1911, S. 65—68; .4—78;
141. A. Niglis, Siger von Courtrai,. Beiträge zu seiner Würdigung, I.-Diss.,
Freiburg 1903. H. Vercruysse, Etüde critique des sources relatives a la
personalite du Sorboniste Siger de Courtrai, Mem. du cercle bist, et archeolog.
de Courtrai IV, 1910, S. 37—85 (biographische Notizen). M. de Wulf, Hist.
de la philos. en Belgique, Bnixelles-Paris 1910, S. 133 f.; derselbe. Gesch. der
Zu § 42. Der lateinische AvenoLsmus. 187*
littcraire, Ille s^rie, t. II, Paris 1881, S. 582-586 (Siger de Brabant); derselbe,
La mort de Siger de Brabant, Romania XXIX, 1900, S. 107—112. C. Cipolla,
Sigieri nella Divina Commedia. Giornale storico della letteratura italiana, vol. 8,
Torino 1886, S. 53-139. H. Denifle, Chart. Univ. Paris. I, Paris 1889, S. 487,
556. P. Mandonnet, Polemique averroiste de Siger de Brabant et de St. Tho-^
uias d'Acju., Revue Thomiste, verschiedene Artikel, T. III — V, 1895—1897; der-
selbe, Siger de Brabant et l'averroisme latin au Xllle siecle; siehe im Text.
IMandonnets W^erk ist die umfassendste und bedeutendste Publikation über den
lateinischen Averroisraus im dreizehnten Jahrhundert. Cl. Baeumker, Die Im-
possibilia des Siger usw., siehe im Text. Baeumker bietet (S. 49—116) eine
ausgezeichnete geschichtliche Darlegung des verwickelten »Siger- Problems ; der-
selbe. Zur Lebensgeschichte des Siger von Brabant, Arch. f. Gesch. d. Philos. 13,
1900, S. 73 ff.; derselbe, Zur Beurteilung Sigers von Brabant, Philos. Jahrb. 1911,
8. 177—202. Gegen Mandonnet, der darauf in zwei Artikeln erwiderte: Au-
tour de Siger de Brabant, Revue thomiste, mai-juin, juillet-aoüt 1911. Erwiderung
Baeumkers: Um Siger von Brabant, Philos. Jahrb., 1911, S, 369—381; 517—
519; derselbe. Die christl. Philos. d. Mittelalt., Die Kultur d. Gegenw. I, 5,
2. Aufl., Leipzig-Beriin 1913, S. 383; derselbe, Die Stellung des Alfred von
Sareshel (Alfredus Anglicus) und seiner Schrift De motu cordis, München 1913
(Sitzungsb. d. K. bayr. Akad. d. W^iss., philos.-philol. u. hist. KL, Jahrg. 1913,
9. Abh., S. 15—16. C. V. Langlois, Siger de Brabant, in: Revue de Paris,
1900, n. 17, S. 60—96. P. Alphanderv, Y
a-t-il eu un averroisme populaire
au Xllle et au XIVe sifecle, Revue de l'hist. des religions 44, 1901, S. 395—406.
F. Picavet, L'averroisme et les averroistes du XIII siMe d'apres le ,,De unitate
intellectus contra Averroistas" du S. Thomas d'Aquin, in: Revue de l'histoire des
religions 45, Paris 1902, 56-69. M. de Wulf, Hist. de la philos. scol. dans les
Pays-Bas, Louvain, Paris 1895, S. 275 ff. derselbe, Hist. de la philos. en Bel-
;
—
fique, BruxelJes-Paris 1910, S. 117 122; derselbe, Gesch. der mittelalt. Philos.,
eutsche Übers, v. R. Eisler, Tübingen 1913. S. 339—349. F. Brupkmüller.
Untersuchungen über Sigers (von Brabant) Anima inteUectiva, I. D., München
1908 (Br. findet in Siger keinen Averroisten, sondern einen Thomisten, einen
„Thomasseh üler", der außer von Ar ist. vor allem von Thomas von A. ab-
hängig sei. Allein die von Br. für seine Ansicht vorgebrachten Gründe sind
völlig unzureichend). Th. Heitz, Essai historique sur les rapports entre la phi-
los. et la foi, Paris 1909, S. 124—131. J. Verweyen. Das Problem d. Willens-
freiheit in der Scholastik, Heidelberg 1909 S. 164—170. P. Doncoeur, Notes
sur les Averroistes latins. Boece le Dace, Rev. des scienc. philos. et theol. 1910,
S. 50(0—511. R. Janssen, Die Quodlibeta des hl. Thomas von Aquin, Bonn
1912, S. 67 ff. B. Nardi, Sigieri di Brabante nella divina coraedia e le fonti
della filosofia di Dante, Spianate 1912 (Auszug aus der Riv. di filosofia neo-sco-
la.stica 1911 u. 1912). A. J. Rahilly, Averroism and Scholasticism, Studies. An
Irish Quarterly Review 1913—1914 (R. sucht gegen Mandonnet zu zeigen, daß
188* Literaturverzeichnis.
die Kommentare des Averroes bezüglich des Verhältnisses von Wissen und
(ilanben mit seinen übrigen "Werken nicht ira Widerspruch stehen, und daß die
Auffassung von Man denn et in bezug auf Wgers Averroismus großen Bedenken
unterliegt).
V. Pietro d'Abano.
Acta philosophorum III, n. 15, S. 374—400 (ed. Ch. Aug.
t. Heu-
in ann, Halle 1724). Weitere ältere Lit. siehe bei U. Chevalier, Repertoire
des sources hist. du moyen-äge, Bio-Bibliogr., Paris 1907, S. 3668. E. Renan,
a, a. O., S. 326—328. C. Prantl, a. a. O., S. 243. F. Wüstenfeld, Die
Übersetzungen arabischer W^erke ins Lateinische, Abh. d. K. Ges. d. Wiss. zu
Göttingen, B. 22, 1877. Ronzoni, Della vita e delle opere di P. d'Abano,
Roma 1878. K. Werner, Die Scholastik des späteren Mittelalt. IV, 1 (Der
Endaupgang der mittelalt. Scholastik), Wien 1887, S. 139 ff. S. Ferrari, Con-
tribuzioni alla storia della biologia (Pietro d'Abano), Genova 1899; derselbe, I
Zu § 43. Xeuplatonismus, Mathematik u. Naturwissensch. im 13. Jahrh. 189*
S. 124. 14(3, 524. E. Krebs, siehe im Text. Isiehe da/u M. de Wulf, Revue
n^-sc'ol. 190Ö, B. 434—441. E. Krebs, .Scholastisches zur Lösung von Dante-
problemen. Dritte Vereinsschr. d. Görresges., Köln 1913, S. 35—55. C. Gau-
thier, Thierrv de Fribourg, Revue Augustinienne 15. 1909, S. 657—673; 16,
1910, S. 178-206, 541—566. A. Hauck, Kircheng. Deutschlands V, 1, Leipzig
1911, S. 262— 270. P. Mandonnet, Las premieres disputes etc., siehe oben
S. 93* (Eingreifen Dietrichs in den Kampf betreffend den realen Unterschied von
esse und essentia). M. de Wulf, Gescn. d. mittelalt. Philos., deutsche Übers,
von R. Eisler, Tübingen 1913, S. 351—354.
Über Dietrich als Optiker handeln: Poggendorf, Biographisch literarisches-
Handwörterbuch zur Gesch. d. exakten Wissenschaften II, Leipzig 1863.. F. Ro-
senberger, Gesch. d. Physik in Grundzügen I, Braunschweig 1882, S. 104 f.
A. Heller. Gesch. d. Physik von Aristot. bis auf die Neuzeit I, Htuttgart 1882,
B. 207 f., 249. Günther, Gesch. d. mathematischen Unterrichts, Berlin 1887.
G. Hellmann und J. Würschmidt siehe im Text.
V. Roger Bacon.
V. Le
Clerc, Hist. litt, de la France 20, 1842. S. 227—252. A. Jour-
dain, Recherches Paris 1843, S. 34; 372—390.
crit., V. Cousin, siehe im
Text. J. S. Brewer, in der Vorrede seiner Ausgabe, siehe Text. E. Charles,
dieses sehr wichtige Werk siehe im Text. H. Siebert, Roger Bacon, sein Leben
und seine Philosophie, I. D., Marburg 1861. A. Stöckl Gesch. d. Philos. d. ,
Mittelalt. II. Mainz 1865, S. 915-924. C. Prantl, Gesch. d. Logik III, Leipz.
1867, S. 120-129. Leonh. Schneider, Rog. Bacon, Angsb. 1873. K. Werner,
Psychologie, Erkenntn.- u. Wissenschaftsl. d. Roger Bacon, Wien 1879 (Sitzungsb.
d. k. Akad. d. Wiss.. philos.-hist. KI. Bd. 93, S. 467—576); ders., Kosmologie u.
allgem. Naturlehre des R. Bacon. Wien 1879 (Sitzungsb. d. k. Akad. d. Wiss.,
philos.-hist. Kl. Bd. 94, S. 489—612). B. Haur^au. Hist. de la philos. scol. II,
2, Paris 1880, S. 75—94. D. Grammer, Kirchenlexikon 1, 2. A. 1882, S. 1839
—1843. Jos. Langen, Roger Bacon, in: Hist. Ztschr., 1883, S. 434-450.
C. Narbey. Roger Bacon et le mouvement scientifique du Xllle sik;le, in: Revue
des questions historiques, Bd. 35, 1884, S. 115—165. H. Siebeck, Zur Psychol.
d. Scholastik, Arch. f. Gesch. d. Philos. 3. 1890, S. 177—191. P. F^ret, Les
emprisonnements de Roger Bacon, in Revue des questions hist., Bd. 50. 1891,
:
Zu § 43. Neuplatonisraus, Mathematik u. Xaturwissensch. im 13. Jahrb. 191*
Paris-Lyon 1891; derselbe, D'oü vient que Duns Scot ne conyoit point la volonte
commeS. Thomas d'Aquin, in: Corapte-rendu du IVe congrfes scientif. intern,
cath., Fribourg 1898, S. 631 —
645. E. Pluzanski, Essai sur la philos. de D. Sc,
Par. 1887; dasselbe übers, von Alfani, Saggio della philos. del D. S., Firenze
1892. H. Siebeck, Der Seotismus, in Ztsehr. f. Philos. u. philos. Krit., Bd. 94,
1888, S. 161-182; Bd. 95, 1889, S. 245—261; derselbe, Die Willensl. b. D. Sc. u.
seinen Nachfolgern, Ztsehr. f. Ph., 112, 1898, S. 179—216. A, Schmid, Er-
kenntnislehre I, Freiburg i. B. 1890, S. 443—462. A. G. Little, The grey friars
in Oxford, Oxford 1892, S. 219—222, O. Willmann, Gesch. d. Idealismus II,
Braunschweig 1896, S. 505—519. J. v. DölUinger, Kirchenlexikon 10, 2. A.
1897, 2127—2133. J. Mausbach, Thomismus und Seotismus, Kirchenlexikon 11,
2. A. 1899, S. 1700—1710. E. Seeberg, Die Theologie des Duns Scotvis. Eine
dogmengeschichtl. Untersuchung, in: Studien z. Gesch. der Theol. und Kirche von
Bonwetsch u. Seeberg, Bd. V. 1900 (eine bedeutende Arbeit über Scotus; be-
handelt nicht nur dessen Theologie, sondern seine gesamte Weltanschauung im
Zusammenhang mit den Zeitgenossen und Vorgängern, insbesondere Robert
Grosseteste, Richard v. Middeltown, Heinrich v. Gent, Thomas v.
Aquin. Speziell sei noch aufmerksam gemacht auf die Kapitel: „Die philos.
Hauptlehren", ,,der Gottesbegriff'', „aus der Ethik d. D. Sc", „die geschichtl.
Stellung des p. Sc."); derselbe, Die Bußlehre des D. Scotus, in: Abhandl.
—
Alexander v. Öttingen gewidmet, Münch. 1898, S. 171 195; derselbe, Realenzvkl.
f. prot. Theol. 5, 3. A., 1898, S. 62—75; derselbe, Lehrb. d. Dogmeng. III, 2. u.
3. A., Leipzig 1913, S. 480-483 (Die Reuelehre d. Duns Scotus); S. 568—592 (Die
Theologie des Duns Scotus). Außer Seeberg hat sich sehr eingehend in einer
Reihe ergebnisreicher und die bisherigen Auffassungen oft rektifizierender Arbeiten
mit Scotus beschäftigt P. Minges, Die angeblich laxe Reuelehre des D. Scotus.
in: Ztsehr. f. kath. Theol., Bd. 25, 1901, S. 231—257; derselbe. Zur Theologie des
Duns vScotus, in: Theolog. Quartalschrift, Bd. 84, 1902, S. 259-273; derselbe, Ist
Scotus Indeterminist? Münster 19,05 (Beitr. z. Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. V,
4); siehe dazu P. Gratien, Etudes francisc, juin 1906 und R, Seeberg,
Deutsche Literaturztg. 28, 1907, N. 49, S. 3091-3094. P. Minges, Die Gnaden
lehre des Duns Scotus auf ihren angeblichen Pelagianismus u. Semipelagianismus ge-
prüft, Münster 1906; derselbe, Bedeutung von Objekt, Umständen und Zweck für
die Sittlichkeit eines Aktes nach Duns Scotus, Philos. Jahrb. 19, 1906, S. 338 —
347; derselbe. Der Gottesbegriff des Duns Scotus auf seinen angeblichen exzes-
siven Indeterminismus geprüft, Wien 1906 (Theol. Studien d. Leogesellsch. 16); der-
Belbe, Der Wert der guten Werke nach Duns Scotus, Theol. Quartalschr. 1907,
S. 76 ff.; derselbe, Beitr. zur Lehre d. Duns Scotus über das Werk Christi, eben-
das., S. 241 — 280; derselbe, Beitrag zur Lehre des Duns Scotus über die Person
Jesu Christi, ebendas., S. 384—424; derselbe, Beitr. zur Lehre des Duns Scotus
über die Univokation des Seinsbegriffs, Philos. Jahrb. 20, 1907, S. 306—323: der-
selbe, Verhältnis von Glauben und Wissen, Theol. u. Philos. nach Duns Scotus,
—
Paderborn 1907 1908 (Forsch, z. christl. Lit.- u. Dogmeng. VII, 4-5); derselbe,
Der angeblich exzessive Realismus des Duns Scotus, Münster 1908 (Beitr. z. Gesch.
d. Philos. d. Mittelalt. VII, 1); derselbe, Die distinctio forraalis des Duns Scotus,
Theol. Quartalschr. 1908, S. 409—436; derselbe, Joannis Duns Scoti doctrina
philosophica et theologica quoad res praecipuas proposita, exposita et considerata,
2 Bde., Quaracchi 1908; derselbe. Zum Wiederaufblühen des Seotismus, Franzis-
kanische Studien 1914, S. 137 — 164. N. Paulus, Eine unechte Ablaßschrift des
Duns Scotus, Zeitschr. f. kath. Theol. 25, 1901, S. 738—745. J. Guttmann, Die
—
Scholastik d. 13. Jahrh. in ihr. Beziehungen z. Judentum, Breslau 1902, S. 154 167;
derselbe, Der Einfluß d. maimonid. Philos. auf das christl. Abendland, in: Moses
Ben Maimon I, Leipzig 1908, S. 206-208. M. Schiefferens, Quellenmäßige Dar-
legung d. Lehre von d. Willensfreiheit bei Thomas mit Berücksichtigung derselbeil
Lehre bei Duns Scotus, Münster 1904 (Erlanger I. D.). Josephus a Leonissa,
Scotistische Theologie, Jahrb. f. PhUos. u. spek. Theol. 19, 1905, S. 298—314.
H. Hurter, Nomencl. lit. II, 3. ed. 1906, S. 453-462. M. Bihl, Zur Dispu-
tation des Duns Scotus über die unbefleckte Empfängnis, Zeitschr. f. kathoi.
Theol. 30, 1906, S. 454-469 (hält mit Recht die Disputation für unhistoriseh).
Uli vier,, Note sur l'opinion de Scot au sujet de la gräce et de la charit6 habi-
tuelles, Etudes fi-ancisc, nov. 1906. The Catholic Fortnightly Review,
15 dec 1906: Did Duns Scotus hold the famous Dlsputatio magna? A. Gemelli,
La Volon ta nel pensiero de Ven. G. Duns Scoto, Scuola cattolica, Sept. 1906; der-
Ueberwe«, Grundriß II. n
1 94* Literaturverzeichnis.
tion de Dieu d'aprfes Duns Scot, ebend. üct. 1909; derselbe, La connaissance de
Dieu d'ai)r?-s Duns Scot, ebend. 1910; derselbe, L'essenza e l'esistenza secondo
Duns Scoto, Riv. di filos. neo-scol., giugno 1910; derselbe, Da G. Duns Scoto a
Kant, pbend., ott. 1910; derselbe, Le röle de la volonte dans la philos. de Duns
Scot, j'^tudes francisc, mai, juin 1911 derselbe, Pour l'univocit^ scotiste, ebend.
;
1911 u. 1912; derselbe, Actualifes scotistes, ebend., avril 1912; derselbe, L'univo-
cit(5 scotiste, Revue de philos. 1912 u. 1913; derselbe, La liiigua della teodicea in
G. Duns Scoto, Riv. di filos. neo-scol. 1913; derselbe, L'idee de creation d'aprfes
S. Bonaventure et Duns Scot, Etudes francisc, 1913 u. 1914; derselbe, Simples
remarque? sur l'iddologie compar^e de S. Thomas et de Duns Scot, Revue de
philos., 1914 mars. J. Verweyen. Das Problem der Willensfreiheit in der Scho-
lastik, Heidelberg 1909, S. 170—196. C laver ie. L'existence de Dieu d'aprfes
Du!>K Scot, Rev. thom. 1909. Michel-Ange, Osuna et Duns Scot ou la niysti-
(jue de S. Frangois, Etudes francisc, 1910 u. 1911. N. del Prado, Duns Scot
et S. Thomas, Rev. thom., mars, avril 1910; derselbe, Escoto y S. Tomas, Cieneia
Tomista, marzo— abril 1914. TheCatholic Fortnightly Rev. 1910: Dun&
Scot on the divine will. A. Petazzi. Univocitä od Analogia, Riv. di filos. neo-
scol., giugno 1911, febraio 1912. Domin. de Caylus, Merveilleux ^panouisse-
nient de IV'cole scotiste au XVII. sifecle, Etudes francisc, 1910 u. 1911. K. Heim,
Das (lenißheitsproblem in der systematischen Theologie bis zu Schleiermacher,
Leipzig 1911, S. 178—202 (Die Herausarbeitung der irrationalen Gewißheitsquelle
bei Duiis Scotus). W. Stocku ms, Die Unveränderlichkeit des natürlichen Sitten-
gesetzes in der scholast. Ethik, Freiburg i. B. 1911, S. 102—135. Preuß, In
defense of Duns Scotus, The Cathol. Fortnightly Rev. 1912. A. Richard, A
propos de Duns Scot et du modernisme, Rev. thom., 1913, S. 207— 209; 438—441.
A. O'Neill, La causalite sacramentelle d'aprfes le Docteur.subtil, Etudes francisc,
aout, Sept. 1913. Th. Feiten. .Johannes Duns Scotus. Über das Werk des Er-
l.isers, I. I)., r>onn 1913. I\I. de Wulf, Gesch. d. mittelalt. Philos., deutsche
Cbers. V. R. Eisler, Tübingen 1913, S. 328-337. Gl. Baeumker, Die christl.
Philo-, d. Mittelalt., Die Kultur d. Gegenwart I, 5, 2. A., Leipzig-Berlin 1913,
S. 410—416. H. Schwarz, Der Gottesgedanke in der Gesch. d. Philos., Heidel-
berg 1913, S. .327—341 (Duns voluntaristische Fassung des Gotteserlebnisses).
H. Klein, Der Gottesbegritf des Johannes Duns Scotus vor allem nach seiner
ethischen Seite betrachtet, Paderborn 1913.
1867, i<. 283-291. B. Haur^au, Hist. de la philos. scol. II, 2, Paris 1880,
S. 298—300. K. Werner, Der hl. Thomas von Aquin III. Regensburg 1889,
S. 99—101. H. Denifle, Chart. Univcrs. Paris. II, 1, Paris 1891. S. 272 f.
P. Duhera, Franyois Meyronnes O. F. M. et la question de la rotation de la
terra, Archiv. Francisc. Hist. 1913, S. 23—25.
streit im 13. u. 14. Jahrhundert, in den Öitzuugsber. der philos. Kl. der Mün-
chener Akad., 1864, II, 1, S. 64 f.; derselbe, Gesch. d. Log. III, Leipzig 1867,
S. 327-420. A...Stöckl, Gesch. d. Philos. d. Mittelalters, Bd. II. S. 986-1021,
Mainz 1865. Über seine und überhaupt die nominalistische Gotteslehre.
A. Ritschi in Jahrbb. f. deutsche Theol., Heft I, 1868. B. Haureau, Hist. de la
?hiIos. scol. II, 2, Paris 1880, S. 356 430. — K. Werner, Die nominalisierende
'sychologie des späteren Mittelalters, Sitzungsb. d. k. Akad. d. Wiss., philos.-
hist. KL, Bd. 99, Wien 1882, S. 254-302; derselbe, Die Scholastik des späteren
Mittelalters II (Die nachscotistische Scholastik), Wien 1883; derselbe. Der hl.
Thomas von Aquin, III (Gesch. d. Thomismus), Regensburg 1889, !S. 114—121,
H. Denifle, Chart. Univ. Paris. II, 1, Paris 1891. A. G. Little, The grey
friars in Oxford, Oxford 1892, S. 224—234. P. Feret, La faculte de theologie
de Paris Moyen-äge, III, Paris 1896, S. 339—350.
etc. J. E. Erdmann,
Grundriß Gesch. d. Philos., 4. A., Berlin 1896, S. 462—473.
d. H. Siebeck,
Ockhams Erkenntnisl. in ihrer histor. Stellung, A. f. G. d. Ph., 10, N. F. 3, 1897,
S. 317—339; derselbe. Die Willenslehre bei Duns Scotus und seinen Nach-
folgern, Zeitschr. f. Philos. 112, 1898, S. 195-199. B. Henderson, Merton
College, London 1899, S. 15 ff. n. 287 ff. (Ockham
war nicht Mitglied des
Merton College). Fr. Kropatscheck, Ockham u. Luther. Bemerkungen zur
Geschichte des Autoritätsprinzips. Beitr. zur Förderung christl. Theol., hrsg. von
A. Schlatter und H. Cremer, IV, 1, S. 51 74, Gütersloh 1900; derselbe, Das
Schriftprinzip der lutherischen Kirche I, Leipzig 1904. Wurm,
Kirchenlexikon
12, 2. A. 1901, S. 1614— 1621. R. Seeberg, Realenzykl. f. prot. Theol. 14, 3. A.
1904, S. 260-280; derselbe, Lehrb. d. Dogmeng. IIl', 2. u. 3. A., Leipzig 1913,
S. 520-528; 602-621; 643-648. H. Hermelink, Die theologische Fakultät
in Tübingen vor der Reformation 1477—1534, Tübingen 1906 (über Ockham und
Gabriel Biel). Giulio Canella, II nominalismo e Guglielmo d'Occam, Firenze
1907. Muschietti, Breve saggio sulla filosofia di Guglielmo d'Ockam, Bellin-
zona 1908. R. L. Poole, Dictionary of National Biography 14, London 1909,
S. 802—807. J. Verweyen, Das Problem der Willensfreiheit in der Scholastik,
Heidelberg 1909, S. 238—242. W. Eichberg, Untersuchungen über die Be-
ziehungen der Erkenntnislehre Spinozas zur Scholastik, mit besonderer Berück-
sichtigung der Schule Ockhams, Erlanger I. D., Borna-Leipzig 1910. A. Küth-
mann. Zur Geschichte des Terminismus, Leipzig 1911 (Aohandl. zur Philos. u.
ihrer Gesch., herausg. von R. Falkenberg 20). Fr. BruckmüUer, Die Gottes-
lehre Wilhelms von Ockham, I. D., München 1911. H. Grisar, Luther I, Frei-
burg i. B. 1911 (IV. ,,Ich bin von Occams Schule." „Positiver Einfluß des
Occamismus/')- W. Stockums, Die Unveränderlichkeit des natürlichen Sitten-
gesetzes in der scholastischen Ethik, Freiburg i. B. 1911 (Freiburger Theolog.
Studien 4), S. 146—161. K. Heim, Das Gewißheitsproblem in der systematischen
Theologie bis zu Schleiermacher, Leipzig 1911, S. 206—219. J. Hofer, Biogra-
phische Studien über Wilhelm von Ockham, Archiv. Francise. Hist. 1913, S. 209
—233; 439—465; 654-669. L. Kugler, Der Begriff der Erkenntnis bei Wilhelm
von Ockham, I. D., Breslau 1913 (die Universalien theorie). G. M. Manser,
Drei Zweifler am Kausalprinzip im XIV. Jahrb., Jahrb. f. Philos. u. spekul.
Theol. 27, 1912, S. 405—437 (Ockham). Cl. Baeumker, Die christl. Philos. d.
Mittelalt., Die Kultur der Gegenwart I, 5, 2. A., Leipzig-Berlin 1913, S. 418—422.
P. J. Muller. De avondschemering der scholastiek (William van Occam en Jean
van Gerson), Theol. Tijdschrift 47, 1913, S. 518—552.
von Kirtlic uiitl Staat nach Occani, Thool. Slutlicn inui Kritiken ISSf), S. 672
722. .1. SilberiiftKl. Wilhelms von Occain Ansichten iiber Kirelie und Staat,
ilist. 7, ISSfi, S. 42\i - iXi.
.Inhrh. Lorenz, Deutsehlaiuls tJeseliiehtstinellen II,
3. A.,Berlin 18S7, S. 347 ff, E. Knolte, Untersuehnngen znr Chronologie der
Schriften der Minoriten am Hofe Ludwig des Havern, Honner L I)., 19r>3.
R. Scholz, Die Publizistik zur Zeit I'hilipj) de« Schtinen und Bonifaz' VIIL,
Stuttgart 1903, S. 4r)(')— 4j8; derselbe, l'nbekannt.^ kinhcnpolitisclie Streitschriften
aus der Zeit Ludwig d. Bayern. Analysen und Texte, 2 Teile. 1, Koni l'Jll,
S. 141 —
18Ü (über neu aufgefundene kirchenpolitische Traktate Ockhams).
A. Hauek. Kirehengeschichte Deutschlands V, 1, l^npig 1911, S. 537—512,
55S— r)(i3. R. Moeller, Ludwig der Baver und die Kurie im Kampf um das
Reich, Berlin 1914.
H. Robert HolkoL
(iuetif-Echard,Script. Ord. Praetl. I, Paris 1719, S. 629 ff. A. Stöekl,
CJpsch. d. Philos. d. Mittelalt. II, Mainz 1865, 8. 1022. C. Prantl, Gi^ch. d.
IvOgik IV, l^ipzig 1870, S. 6—9. B. Haureau, Hist. de la philos. scol. II, 2,
Paris 1S80, S. 434-436. K. Werner, Der hl. Thonuis v. Aqumo III (Gesch. d.
Thomismus), Regensburg 18S9, S. 122 f. H. Hurter, Nomencl. lit. II, 3. ed.
1906, S. 539 f. Kirchliches Handlexikon I, München 1907, S. 2003.
P. Duhem. Ktudes sur U^onard de Vinci, 2e s^rie, Paris liX>9, S. 399—403 (über
das Unendliche). W.Stock ums, Die rnvcränderlichkiit des natürlichen Sitten-
gesetzes in der scholast. Ethik, Freiburg 1911, S. 161.
VII. Albert von Sachsen und Themo, der Solui des Juden.
Bulaeus, Hist. Univers. Paris. IV, Paris 1668. J. Aschbach siehe oben
im Text. Ch. Thurot, Recherches hist. sur le principe d'Archimede, 3e articie,
Revue archeologique, nouv. serie, t. XIX. 1869, S. 119. C. Prantl, Gesch. d.
Logik IV, Leipzig 1870, S. 60—88. B. Boncorapagni, siehe oben im Text.
K. Werner, Der Endausgang der mittelalt. Scholastik, Wien 1887 (Die Scholast.
des späteren Mittelalters IV, 1). H. Denifle, Chart. Univers. Paris. III,
Paris 1894 (unter Albertus Bernardi Divitis oder de Saxonia); derselbe, Auctuarium
Chart. Univers. Paris. I, Paris 1894 (unter Helmstat). H. Hurter, Nomencl. lit.
II, 3. ed. 1906, S. 672 f. P. Duhem, Etudes sur Leonard de Vinci, Ire serie.
Paris 1906; 2e serie. ebendas. 1909; 3e serie, ebendas. 1913 (sehr wichtige Unter-
suchungen über Leben und Schriften Alberts und seine Bedeutung für die
Naturwissenschaft). M. Jullien, Un scolastique de la decadence. Albert de
Saxe. Revue Augustinienne ](>, 1910,8.26-40. A. Dyroff, Über Albertus von
Sachsen, siehe oben im Text. M. de Wulf, Gesch. d. mittelalt. Philos., deut.sche
Übers, v. R. Eis 1er, Tübingen 1913, S. 385.
Über Themo (Thimo) handeln: Bulaeus, Histoire Univers. Paris. IV,
S. 991. H. Denifle, Auctuarium Chart. Univ. Paris. I, Paris 1894.
P. Duhem, Etudes etc., Ire s^rie, Paris 1906, S. 1.59-212, 345; 2e sörie, Paris
1909, S. 367.
200* Literaturverzeichnis.
XL Petrus d'Ailly.
Die ältere Literatur ist bei P. Tschackert, Peter von Ailli (Petrus de-
Alliaco). Zur Gesch. des großen abendländischen Schisma und der Reformkon-
zilien von Pisa und Konstanz. Anhang: Petri de Alliaco anecdotorum partes-
selectae, Gotha 1877, S. V f., Anm. 2 zusammengestellt. J. Schr-ab, Gerson,
Würzburg 1858. Hefele, KonziUengeschichte VI, 2. A. Freiburg 1890, VII, 1,
Freiburg 1869. A. StöckI, Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. II, Mainz 1865,
S. 1028-1032. a Prantl, Gesch. d. Logik IV, Leipzig 1870, S. 103-lia
Zu § 46. Die philosophischen Richtungen der Spätscholastik. 201*
XVIIL Swiiieshead.
C. L. Kingsford, Dict. of Nat. Biographv 55, S. 231. P. Duhem, Etu-
des etc., 3e serie, Paris 1913. S. 413—420; 451—460.
IV. Eckhart.
C. Schmidt, Theol. Stud. u. Krit., 1839, S. 663 ff. Martensen, Meister
E., Hamb. 1842. Petr. Groß, De E., philosopho, diss. inaug., Bonn 1858.
R. Heidrich, Das theol. System des Meisters E., Progr., Posen 1864. Joseph
Bach, Meister E., der Vater der deutschen Spekulation, Wien 1864. W. Preger,
Ein neuer Traktat Meister E.s, Zeitschr. f. histor. Theol., 1864, S. 163 ff.; derselbe,
Kritische Studien zu Meister E., ebd., 1866, S. 453 ff. derselbe. Meister E. und
;
•die Inquisition (aus den Abh. der k. bayer. Akad. d. Wiss., bist. Kl. XI, 2), München
1869. M. E.s Theosophie und deren neueste Darstellung, in Ztschr. f. d. luther.
Theol., Jahrg. 31, 1870, S. 59—74; derselbe, Gesch. d. deutschen Mystik I, S. 309
-458; 471—488. E. Böhmer, Meister E. (Giesebrechts Daraaris, 1865, S. 52 ff.).
A. Stöckl, Gesch. d. Philos. d. Mittelalt. II, Mainz 1865, S. 1095-1120. Wahl,
Die Seelenlehre Meister E.s, Theol. Stud. u. Krit., 1868, S. 273—296. Ad. Las-
«on, Meister E., der Mystiker, zur Gesch. der relig. Spekulat. in Deutschland,
Berlin 1808; derselbe, zum Text des Meist. Eckhart, in Ztschr. f. deutsche Philol.,
9. Bd., 1878, S. 16-29. Aug. Jundt, Essai sur le mysticisme speculatif de
maitre Eckhart, Straßb. 1871, s. desselben Verfassers Histoire du panthöisme po-
pulaire etc., ob. I. A. Jonas, Der transzendentale Idealismus Artur Schopen-
hauers und der Mystizismus des Meisters Eckhart, in Phil. Monatshefte, Bd. II,
S. 13—47, 161—197. Franz Xaver Linsenmann, Der ethische Charakter d.
Lehre Meister Eckharts, Tübingen 1873. Lütolf, Über d. Prozeß u. die Unter-
werfung Meister Eckharts, Theolog. Quartalschrift, Jahrg. 57, S. 578—603.
Rieger in W. Wackernagels Altdeutsche Predigten, S. 398—429. Kramm,
Meister E.s Terminologie in ihren Grundzügen dargestellt, in Ztschr. f. d. Philol.
16, 1884, S. 1-44. H. Denifle, Aktenstücke zu Meister E.s Prozeß, Zeitschrift
f. d. Altert., N. F., 17, 1885, S. 259—266; derselbe, Meister E.s latein. Schriften
usw. 8. Text; derselbe. Die- Heimat Meist. E.s, ebd., V, 1889, S. 349—364.
O. Plüm acher, Meister E., Ztschr. f. Philos. u. phil. Krit., 93, 1888, S. 176—
213. E. Kramm, Meister E. im Lichte der Denifleschen Funde, Pr., Bonn
1889. W. Schöpff, Meister E. (Die Predigt der Kirche, hrsg. von G. Leon-
hardi VIII), Lpz. 1889. C. Steffensen. Über Meister E. u. d. deutsche Mystik,
Gesamm. Aufsätze. S. 133—201, Basel 1890. E. Schönbach, Meister E., Zeit-
schr. f. d. deutsche Altert., 35, 1891, S. 209—227. A. Bullin ger, D. Christen-
2ü<)* Lateraturverzeichnis.
VI. Tauler.
C. Schmidt, Joh. Tauler, Hamb. 1841. Rudelbach, Christi. Biogr., Lpz.
1849, S. 187 ff. F. Bäh ring, Joh. Tauler und die Gottesfreunde, Hamb. 1853.
A. Stöckl, Gesch. d.
d. Mittelalt. II, Mainz 1865,
Philos. S. 1120—1128.
E. Böhmer, Nicolaus Basel u. Taulcr (Giesebrechts Damaris, 1865, S. 148 ff.).
v.
v. d. Bekehrung Taulers, hrsg. v. C. Schmidt, Straßb.
Nicol. v. Basel, Bericht
1875. J. Nobbe, Tauler v. Straßb. als Volksprediger, Ztschr. f. luther. Theol.,
1876, S. 637-663. Heinr. Seuse Denifle (der Gottesfreund im Oberl.u.
Nikol. von Basel, eine krit. Studie, Histor. polit. Blätter 1875, S. 17—38, 93 —
Zu § 47. Die deutsche Mystik des 14. und 15. Jahrhunderts. 207*
122. 245—266, 340-354; derselbe, Taulers Bekehrung, krit. unters., Straßb. 1879;
derselbe, Taulers Bekehrung, Antikritik gegen A. Jundt, München 1879) hat
nachgewiesen, daß die Geschichte von Taulers Bekehrung eine Dichtung ist.
P. Mehlhorn, T.s Leben, in Jahrb. f. prot. Th., 1S83, S. 1.59—190. W. Preger,
Gesch. d. deutsch. Mystik, III, S. 3—241; derselbe, AUg. deutsche Biographie 37,
München 1894, S. 453-46.5. F. Cohrs, Realenzykl. f. prot. Theol. 19, 3. A., 1907,
ö. 451— 4.59. L. Naumann, Untersuchungen zu Jon. Taulers deutschen Pre-
digten, Eostock. I. D., Halle 1911. G. Siedel, Die Mystik Taulers nebst einer
Erörterung über den Begriff der Mystik, Leipzig 1911; siehe dazu K. Bihl-
roeyer, theol. Revue 1911, N. 20, S. 609—613. G. Grisar, Luther I, Freiburg
i;B. 1911 (V. Tauler und Luther). L. Roure, Tauler. Le „docteur iUumine",
Etudes 1912, 5. avril,,S. 5 — 34. A. Delplace, La doctrine de la communion
chez Tauler et Suso, Etudes 1913. 20. fevner. S. 501-515. H. Schuarz, Der
Gottesgedanke in der Gesch. der Philosophie I, Heidelberg 1913, S. 412—424.
Gent 1900, 1902; derselbe, De Gids 1907, S. 275 ff.; derselbe, Jan de Ruysbroeck,
Bruxelles 1909 (Auszug aus der belgischen Biographie nationale). J. E. Erd-
mann, Grundriß d. Gesch. d. Philos. I, 4. A.. Berlin 1896, S. 512—516.
Wautier d' Aygalliers Vie de Ruysbroeck, Thfese, Cahors 1909. R. P. van
,
Text.
'S.127, Z. 10 V. 0. lies: Evro/uiov statt: Evvo/nvov.
S. 142, Z. 14 V. 0. lies: § 33 statt: § 27.
S. 175, Z. 3, 5, 11 V. o. lies: Nikolaus von Methone statt: Menthone.
Z. 4 V. o. lies: 12. Jahrh. statt: 11. Jahrh.
Z. 11 V. 0. lies: § 32 statt: 27.
S. 195, Z. 4 V. 0. lies: Origines statt: Origenes.
S. 198, Z. 8 V. 0. lies: H. Bauer statt: Baur.
Z. 23 V. 0. Gilles de Lessines betreffend lies: 1902 statt: 1901.
Z. 28 V. o. lies: G. Wallerand statt: A. Wallerand.
S, 199, Z. 3 V. o. lies: A. G. Little statt: A. F. Little.
S. 203, Z. 13 V. u. lies: Robert von R^tines statt: Retine.
S. 205, Z. 10 V. o. lies: Philosophen statt: Philosophien.
S. 307, Z. 16 V. 0. lies: Paris 1890 statt: 1893.
S. 313, Z. 19 V. 0. lies: Robert de R^tines statt: Retine.
S. 348, Z. 3 V. o. ist nach 1246 einzuschalten: H. Felder, Gesch. d. wiss. Studien
im Franziskanerorden, Freiburg i. B. 1904, S. 284, A. I weist aus
einem Briefe des Adam von Marsh an Abt Thomas, den Verfasser des
Kommentars zur Hierarchia coelestis, nach, daß Thomas noch mindestens
1235 gelebt haben muß.
S. 353, Z. 21 V. o. lies: Vol. XXII statt: XX.
Ebendas. Z. 25 v. o. ergänze vor 1907: ed. M. Hayduck.
S. 383, Z. 19—23 v. o. Die hier aus Thomas von Aquin über die averroistische
Lehre vom vovg zitierte Stelle: intellectum substantiam .... plures
intellectus konnte bei Thomas (De un. intellect. contra averroistas, ed»
C. Morelles, t. XVII, fol. 104 v F G), wenn auch nicht genau wört-
lich, doch dem Sinne nach aufgezeigt werden. Dagegen ist die Fort-
setzung: per rationem per fidem fälschlich dem Averroes
zugeteilt. An der eben zitierten Stelle ist nicht von Averroes, sondern
von einem christlichen Autor, höchst wahrscheinlich von Siger von
Brabant, die Rede. Siehe S. 542 f.
S. 394, Z. 17 V. 0. lies: Salomon statt: Salamon.
S. 475, Z. 3 V. u. lies: und statt: uud.
S. 481, Z. 4 V. 0. lies: Turin 1895 ff. statt: 1895.
S. 483, Z. 19 V. o. lies: relativ statt: relativen.
S. 605, Z. 20 V. u. lies: In sent. I, d. 26, q. 1 J L statt: Sent. I, d. 2, q. 4.
S. 606, Z. 5 V. 0. lies: In sent. IV, q. 9 E
statt q. 8.
S. 633, Z. 19 V. 0. lies: de Silvestris statt: Silvestris.
8. 639, Z. 9 V. 0. ergänze vor Das geistliche Leben usw.: H. Seuse Denifle.
Literatur.
8. 4*, Z. 1 V. 0. lies: R. Pichon statt: Pichons.
Z. 10 V. u. lies: Freiburg 1908—1912 statt: 1908—190.
Z. 25 V. o. lies: A. Ehrhard behandelt S. 37—218 statt: 1—218.
Z. 27 V. 0. lies: Tübingen 1911 statt: 1911/12.
Uoberweg, Gnmdriß n. O
210* Nachträge und Berichtiguugen.
A. Abrahams, J. 150*.
Abroell,Ludw. 116'.
Aall,Anathon 7*, 53*. Absalon, Abt 416. f
Abälard, Peter 174, 198, 199, 212, 233, Abubacer (Abu Bekr Ibn Thofail) 36Ö,
243, 254, 255, 250. 257, 258, 259, 260, (363), (380), 381, 399, 497, 145*.
274. (277—294): Allgemeines 277; Abu Bekr el-Ra.si (Rasis) 430.
Literatur 277 f.; Leben 2iS; Schriften Abu Bekr ibn Thofail siehe Abubacer.
279 f.;A. als Lehrer 28U; A.s Methode Abu Bischr Mattä 369. 142*.
280 f.; Kenntnis des Griechischen, Abu Firäs en Nasäni 363.
des Plato, Aristoteles 282; Dialektik Abu Häschim 871.
282 f.; Logik, Lehre von den Univer- Abu Ishäk al-Bitr Uschi (Alpetragius)
salien 283 f.; A. Gegner des extremen 381, 424," 426, 497, 621.
Realismus 284 f.; A. nähert sich dem Abu Ja'^qüb Jüsuf, Chalif 380.
Nominalisraus 285 f.; die Ideen prä- Abu-1-Chair ai-Hasan ibn al-Chammär
existieren als Musterbilder der Dinge 369.
im göttlichen Verstände, Trinität Abulfaradsch JNluhammed an-Nadim
287; Neigung zum Monarchianismus 38, 138*.
288; Ethik 289; Unterschied von Abulfaragius (Gregorius Barhebraeus)
Gut und Böse ^ibhängig vom Willen (366), 367 f., 137*. 138*, 143*.
Gottes 290; Notwendigkeit der Dia- Abu "1 Hasan Behmenjär b. al Marzu-
lektik für die Theologie 291; Ab- bän 377.
handlungen aus der Schule A.s 292 Abü'-l-HuHail 371.
bis 294; 297, 298, 299, 320, 321, 322, Abu-'l-Käsim siehe Mohammed.
326, 327, 331, 333, 334, 335, 338, 339. Abu Ma'schar 'Ga'far ben Muhammed
340, 341, .342. 347, 491, 599, 601, 602, el Balchi 311, 426, 430.
649, 120*— 122*. Abu Mohammed Abd-Allah (Sohn des
Abarbanel, Isaak 391. Averroes) 380.
d'Abbadie, A. 28. Abu Mohammed Ali Ben Ahmed Ben
Abbamondi, A. 116*. Hazam ez-Zahiri 138*.
Abbeloos, J. B. 365, 366. Achelis. fl. 73, 26*, 33*, 43*.
'Abdallah ibn al-Fadl 368. d'Achery 308.
Abel, O. 77*. Ackermann, L. 65*.
Abert, Frdr. 481, 172*, 176*. Ackermann, W. 62*.
Abraham ben David (ibn Daud) von Adam, H. K. 150, 29*, 45*, 47*, 49*, 76*.
Toledo 387, (390), (399), 147*, 150*. Adam Godham siehe Adam Wodham.
Abraham ben Hasdai Rabbi 363, 394. Adam von Marsh (de Marisco) 407,
.Vbraham ben Jischak 147*. 432, (453), 458, 564, 576, 160*.
Abraham ibn Chasdai siehe Abraham Adam von Petit-Pont 201, 530.
ben Hasdai. Adam Wodham (Godham) 606, (608),
Abraham ibn Esra 546, 570. (613), 198*.
Abraham^ der Stammvater 59, 385. Adamantius 4,
Register. 213*
Adlhoch, Beda 90*, 115*, 116*, 117*, Werke 461—467. Bedeutung für die
189*. Philosophie 467—469. Stellung zur
Adrastus, der Peripatetiker 204. Naturwissenschaft 469. Wissen und
Adrian, J. 14*. Glauben 469—470. Logik, Metaphvsik
Aegidius, Gegner des Nicolaus von 470—471. Gottesbeweise 471. Ur-
Autrecourt 608 f., 616. sprung der Welt 472. Psychologie,
Aegidius von Lessines 462, 465, 504, Stellung gegen Averroes 472—473.
(505), 516, (517 537, 540, 180*.
f.), Qualitates primae et secundae 473.
Aegidius von Rom272, 474, 492, 504, Die Begriffe conscientia und synte-
(506 f.), 510, 514, 516, 519, (521— resis 474-475; 476-478, 482 f., 485 f.,
524), 525, 537, 543, 609 f., 614, 623, 490, 493-495,
499, 502, 507, 510,
93*, 175*, 181*. 517, 522, 530, 534, 535-537,
525.
Aelian 127, 148. 539-542. 548, 551, 555, 556,
546,
Aeneas von Gaza 167. (170), (175), 81*. 558, 562, 564 f., 571, 579, 582, 632,
Aetius 174. 637, 642 f., 162*-165*, 167*, 183*,
Agahd, Reinhold 74*. 191*.
Agathon, Papst 179. Albertus Parvus siehe Albert von
Agobard von Lyon (215), (217), 106*. Sachsen.
Agrippa von Nettesheim 534. Albertutius siehe Albert von Sachsen.
de Aguilar, A. 506. Albertisten in Köln 632.
Ahner, M. 215, 106*. Albertz, M, 66*.
Ahrens, K. 170. Albinos, der Platoniker 204.
Ahron ben Elia 402. Albinus siehe Alcuin.
d'Ailly, Peter 192, 343, 607, (611), 615, Albumasar s. Abu iMa'schar.
(6271), 629-631, 200* f. Albutt, T. C. 90*.
Ainslee, D. 83*. Alcher von Clairvaux 217, 328, (329),
Aisselin de ßillom siehe unter Hugo 334, (336 f.), 338, 437, 130* f.
Aisselin. Alchvine siehe Alcuin.
Akademiker 115 (bei Lactanz), „142, Alchwarizmi 311.
149 155 f. (Augustinus u. die Über-
f., Alcuin (Alchvine, auch Albinus)
windung der akademischen Skepsis). (214 f.), (216 f.), 218, 241, 280, 336,
Akiba, Rabbi 385 f. 89*, 105* f.
Akindynos. Gregorios 358. d'Alfes, A. 76, 29*, 43*, 47*, 48*, 49*.
AxvXag, Ä. M. 63*. Alexander, A. 17*.
Alamannus, Cosmus 5o5. Alexander, der Arzt 313.
Alanns de Insulis (von Ryssel, Lille) Alexander von Alexandrieu 437.
233, 303, 306, (309 f.), (324-326), 370, Alexander von Aphrodisias (Aphrodi-
412, 416 f., 477, 530, 535, 128*. siensis) 360. 368 f., 372, 374, 383 f.,
(P8eudo-)Alanus 310. 400 469 493 561.
AI 'Aschari 371. Alexander' von Haies 272, 326, 337,
Albe, E. 196*. 405, 407, 416 f., 426, (432 f.), (435—
Albergoni, Fr. Eleuth. 192*. 437), 438—442, 446, 451, 453, 474,
Albench von Reims 321, 127*. 476, 508, 553, 564, 565, 157* f., 191*.
Alberich von Troisfontaines 233, 128*. Alexander Neckham siehe Neckham.
Albericus mythologus 240. Alexander, Schüler des Xenophanes 351.
Albert 137*. Alexander Sermoneta 613, 636.
Albert, F. R. 203*. Alexander III., Papst 294.
Albert, Paul 162*. Alexander IV., Papst 436, 473.
Albert von Helmstedt siehe Albert von Alexandriner 40, (94-110), 50*- 57*.
Sachsen. Alexandrinische Katechetenschule 98,
Albert von Ricmestorp (Ricmenstorp, 51* f.
(378 f,). 398 f., 4051, 418, 421, 430, Anger, J. 177*.
453, 468, 542, 55b f., 562, 138*, 140*, Angus, S. 74*.
145*. Anianus von Celeda 122, 20.">.
(53 f.). 55, (56), 65, 70, 35* f. bei Gottfried de Breteuil), 3.54—358
Aristipp von Kyrene 153. (Arist. bei den Byzantinern), 359—366
Aristobulos 16, 99. (bei den Syrern).' 367—369 (bei den
Ariston von Pella, der Apologet 58, 62, Arabern), 372 f. (Arist. bei Alfärabi).
(63). (65 f.), 39*. 374 f. (bei den treuen Brüdern). 375 f.
Aristoteles 43, 47 (Hippolytus führt die (bei Avicenna), 378 lAlpazels Kampf
Lehre des Basilides auf Aristoteles f^egen Arist.), 381 t. (die Kommentare
zurück), 81 (Ar. bei Minucius Felix). des Averroes zu Arist., der al» X'oll-
83 (bei Tertullian), 94, 116, 127 (Ab- ender des menschlichen Wissens gilt),
hängigkeit des Basilius von Aristo- 387 f., 394, 399 f. (Arist. bei den Ja-
teles zoologischen Schriften), 140 den und jüdischen Peripat(;tikern, ins-
142 (Arist. in der Patristik), 148— besondere .\braham ben David und
150, 153 (Urteil Augustins über Ari- Moses Maimonides), 402 (jüdische
stoteles).155, 172 (Bekämpfung des Übersetzer und Kommentatoren de><
Entelechiebegriffs durch Nemesius, Arist.), 403—408 (Bekanntwerden
Einführung psychologisch-ethischer sämtlicher Schriften des Aristoteles
Begriffe des Arist.), 176 (Philoponus durch Übersetzungen aus dem Ara-
übernimmt aristotel. Lehren), 177 f. bischen u. Griechischen in der Hoch
(Leontius von Byzanz keine Wendung Scholastik), 408—410 (Kampf der
zum Aristotelismus), 182, 183 f. (Maxi- kirchlichen Autorität gegen Aristo-
mus ist nicht vorherrschend Aristo- teles). 411—431 (erste Benützung der
teliker). 185 f. (bei Johannes Damas- aristotelischen Schriften bei einer
cenus starker Einschlag aristotelischer Reihe von Scholastikern), 431 (Stel-
Logik, Ontologie, Psychologie und lung der älteren Franziskaiierschule
Ethik), 190—192 (Boethiusder Haupt- zu Aristoteles), 436 (Alexander von
vermittler des Aristotelismus für aie Haies hat zuerst die gesamte Philos.
Frühscholastik), 201—203 (aristotel. des Arist. benutzt), 437 f. (Johannes
Schriften, die bis zur Mitte des de Rupella u. Arist.), 4:j9 f., 443. 445
12. Jahrh. dem Mittelalter bekannt, (Bonaventuras Stellung zu Aristoteles,
wurden), 228, 230 f. (aristotel. Ein- insljesondere in der Erkenntnistheorie),
flüsse auf Johannes Scottus), 235 die Aristotelisierung von Philosophi»;
(aristotel. Ansieht über die Univer- und Theologie bei Albertus Älagnus
salien), 238, 242, 244, 247, 2,30, 254, 459—474, und insbesondere bei Tho
256, 266 f. (Arist. bei Anselm von raas von Aquin 477—502, 5l>6. 50^.
Canterbury, Begriff der Substanz und 511. 522-525, 531, 536-.547 ^dei
216* Register.
bei Petrus Aureoli 593, bei Wilhelm Bacher, W. 146*, 148^, 151*.
von Ockham 604, bei Gregor von Bachja ibn Pakuda 387, (389 f.), (3981),
^
Rimini 614, 91*1, 178*. 149*.
(Pseudo-)Augustinxis 201. Bachmann, O. F. 145.
Augustinus Niphus 624. Back, S. 146*, 147*.
Augustinus Tnumphus 504, 506, (507), Backer, J. F. B. 27*.
1524), 525, 182*. Bacon, B. M. 13*.
Aureoli, Petrus 519. 545, 576, 588 (589), Bacon, Francis 200, 549.
(592—596), 598—600, 602-604', 632, Bacon, Roger 210, 368, 377, 409 1, 412,
197*. 421, 424—426, 428, 435, 452-455,
Autolykus 68 (Adressat der Apologie
64, 467, 473, 513, 530, 542, 548, (550 1),
des Theophilus). 557, 563, (564—570), 576, 628, 634,
Avempace (Ibn Bäga) 360, (379), 380 f., 162*, 190*.
497. Bacon von Verulam siehe Bacon,
Avencebrol (Salomon Ibn Gebirol. Ga- Francis.
birol, Avicebron) 197, 351, 387. (389), Baconthorp, Johannes 537, (538), (545 f.),
392, (.396—398), 399, 402, 406, 414 f., 547, 586, 612, 188*.
418, 421, 426, 431, 436, 441, 459, 468, Baden 46*.
473, 483, 485. 562, 572, 582 f., 146* f., Baethgen, F. 54.
149*, 154*. Baeumker, Gl. 169, 188, 197, 223, 251,
Avendear siehe Avendeath, Joh. 278, 283, 307, 3091, 314, 325, 327,
Avendeath, Joh. (Ibn Daud, Johannes 345, 350, 362, 368, 371, 377, 389, 396,
ben David, Avendear, Johannes His- 407, 409, 412, 413, 415, 416, 4171,
panus) 368, 370, 375, (405 f.). 4211, 423, 433, 462, 4671, 471, 473
Aventin 256, ?14. —475, 480, 494, 506, 511, 520, 523,
Averrces (Ibn Roschd) 326, 351, 361, 526, 537-542, 549, 551-555, 581,
(3631), 369, 373, 377 f., (380—385): 586 1, 598, 606, 609, 616, 619, 638, 642,
Leben 380. Kommentare des A. zu 62*, 72*, 78*, 82*, 89*— 94*, 102*—
Aristoteles 381. Averr. großer Ver- 104*, 108*1, 114*, 117*, 124*-126*,
ehrer des Arist. 382. Formen keimartig 128*, 132* 1, 140*, 142*, 144*, 148* 1,
vorhanden in der Materie, Beweise f. 152*, 154*1, 157*, 159*, 163*— 168',
d. Existenz Gottes, Psychologie 383 171*, 179*1, 183*- 189*, 191*1, 195*.
— 384. Stellung des Av. zur Religion 197*- 200*, 206*.
384—385; 388, 3991, 402, 406, 410, Baeumker, Fr. 198, 94*, 118*.
4171, 424, 426, 430, 436, 441, 446, Bahr 104*, 105*.
453, 455 1, 463, 467 1, 473, 476, 486, Bahrdt, H. A. 105*.
488, 495, 497, 522, 532, 535—538, 542 Bährens 79.
-547, 557, 562, 567, 593, 623, 140*, Bähriug, F. 206*.
145*1, 164*, 168*1. 188*. Bainvel, J. 116% 117*.
Averroismus, der lateinische (536—547), Baizart, P. 42*.
187*— 189*. Bajanow, M. 65*.
Avesque, Jules 55*. van Bakel, Hendrik Ant. 28*.
Avicebron siehe Avencebrol. Baker, J. F. B. 27*.
Avicenna (Ibn Sinä) 326, 360, (362), Baldensperger, W. 19*, 36*.
3651, 369, (375-377), 378, 382, 3981, Baldi, B. 142*.
405 1, 414, 417 1, 421, 424, 42(3, 430, Baldini 109*.
436 1, 448, 453, 455, 463 1, 467 1, 471, Balduin, Fr. 79.
476, 486, 494, 498, 518, 525, 542, 559, Baldus, A. 38*.
561 1, 567 1, 140*, 143* 1 Baijon, J. M. S. 41*.
Avinyo, M. J. 186*. Balisa, L. C. 159*.
Axionikus, der Gnostiker 49. Ballerini 144.
d'Aygalliers, Wautiers 20S*. Balthasar, N. 116*, 117*, 159*, 171*.
Aymerich 556. Bakus, Franziscus, 51*.
Azariaa 59. Baltus, U. 169*.
Baltzer, J. P. 67*, 75*.
Baltzer, O. 301, 97*, 113*. 118*, 119*.
B. 122* 123*.
Baarmann, J. 362. Baluziüs, St'. 80, 111, 215, 630.
Bach, F. 640. Bandinus 294, (295), (301), 123*.
Bach, J. 120. 641, 3*, 88*, 106*, 107*, Bang, J. T. 27*.
108*, 113*, 115*, 118*, 120*, 122*, 123*, Bannez, Dominicus 480.
124*, 126*. 127*, 129*, 130*, 131*, 132*, Banz, R. 639.
139*, 146*, 154*, 163*, 205*. Baq}£idi]s, Philar. 77*.
218* Register.
Barach, Carl. Siegm. 197, 239, 307, Bauer, H. 198, 377, 378. 144*, 145*.
314 f., 3GÖ, 413, 422—424. 110*, 125* f., liauer, J. 62*.
134*, 155*. Bauer, K. F. 40'.
Barbagallo, Corrado 6*, 79*. Bauer, W. 13*. 14*.
Barbelo-Gnostiker 49, Haumann, J. J. 174*.
Barber, W. A. T. 186*. Baumgarten-Criisius, G. 56*.
Barbour, G. F. 2*. Haumgarten-Crusius, I^dw. Frdr. Otto
Barcoohba 385. 2*, 51*. 81*, 110*, m'.
Bardenhewer, O. 4, 27, 28, 32. 35, 39, Haumgarten, E. 389.
54, 58, 59, 63, 64, 65, 66, 71, 72, 73. Haumgarten, F. 10*.
80, 82, 87, 97, 111, 122, 147, 169, 174, Baumgarten, M. 22*.
183, 185, 187, 370, 490, 8*, 26*, 28*, Bauragartner, AI. 3", 4', ^\ 88'. 106".
30*— 32*, 36* f.. 39*— 43*, 45*, 48*— 136*.
50*, 52*, 55*, 57*— 70*, 77*—84*, 86* f., Baiimgartner, E. 6*, 8".
1.^)2*, 154*, Baumgartner, M. 197, 233, 303, 312, 324,
Bardesanes 37, 49, (50), 65, 35*, 39*. 325, 326, 418, 419, 71*, 128*, 154*.
Bardowics, Leo 150". 168*, 170*.
Bardv, G. 29*, 49*. Baumgärtner, P. 28*, 120".
Bareflle, G. 119*, 134. Baumstark, A. 365. 366, 369, 4*, 81%
Barhebraeus siehe Abulfaragius. 135*, 137*, 141*.
Barnabasbrief 25, 28, (33 f.), 40, 159. 29*. Baunard 13*.
Barnard, P. M. 96, 53*. Baur, Ferd. Christ. 21. 22, 39, 46, 76.
Baron, J. 169*. 91. 92, 98, 122,2*, 6*-8*, 25', 30^ f.,
Barraii. Albin 203=^. 34* f., 52*, 64* iE., 68% 118*.
de la Barre, A. 52*, 173*. Baur, Ferd. Friedr. 25*.
Barret, J. C. 171*. Baur, G. 84*, 86*, 183%
Barth, Carola 38, 49, 99, 170, 34*, 54'. Baur, L. 197, 198, 206, 207. 213, 311,
Barth, Casp. 187. 337, 339, 407, 412. 413, 416, 421, 424,
Barth, F. 11*, 18*, 120*. 425, 426, 427, 428, 429, 431, 440, 454,
Barthel, R. 58*. 504, 508, 522, 569, 590, 597. 86^ f..
Barthelemy Saint Hilaire 139*. 103*. 131* f., 140*, 151% 155* f., 159'.
Bartholomäus, Anglicus 412, (413 f.), 169*, 179*, 181*.
(429 f.), 5&4, 100*, 156*. Baxmann 34*.
Bartholoniaeus von Capua 483. Beaugendre, A. 276, 338.
Bartholomäus de Glanvilla 429. de Beaupuy, C. 117*.
Bartholoniaeus von Messina 407. de Beausobre, J. 35*. i
Bartholomaeus von Pisa 458, 196*. Becchius, Phiüppus 357.
Bartholoniaeus Urbinas 524. Beck, A. 67*.
Bartholomaeus von Usingen 473. Beck, J. T. 14*, 41*. 46'.
Bartholomäus, W. 94*. Becker, D. 51*.
Bartlet, J. V. 24*. Becker, Gust. 188, 199.
Baß Mullinger, J. 104*. Becker, H. 70*, 71*.
Bäotß. 2l. 353. Becker. J. 116\
Buoü.üy.t];, r. 53*. Becker, P. 135*.
Basileios von Anchialos 60*. Becket, Thomas 321.
Basilides 36, 41, 43, (45), 46, 47, 34*. Beda Venerabilis 30, 186, (189), (195),
Basilius d. Gr. 29, 97, 117, (120), (126 202, 205, 213, 216, 217, 218, 299, 336.
—128), 140, 148, 150, 159, 174, 177, 496, 498, 88*.
178, 179, 180, 205, 268, 426, 60* f. (Pseudo-)Beda 192.
Basingstokes, Johann 407. Bedjan, P. 97, 122, 140.
Bassani, L. 178*. Bednarz, G. 86*.
Bassi, D. 10*. van Beek, J. 40*.
Bastgen, H. 105* f. Beer, B. 146*.
Bastgen, M. 58*. Beer, G. 362.
Bäte, Heinrich 408, 549, (570), 192*. Beer. K. 390.
Batiffol. P. 23, 7* f., 12*, 26*, 28*, 32*, Beer, R. 188.
39*. Beeson, Ch. H. 51
Batiffol-Seppelt 42*, 47* f., 53*, 56*. B^gne, J. 201*.
Battistoni, M. 184*. Behagel, O. 640.
Bauch. G. 96*. Behm, H. M. Th. 28% 37'.
Baudissin, W. 24*. Behr, E. 44*.
Bauer, A. 73, 23*. Bekker, .1. 352.
Bauer, Bruno 13. 14, 22*. Beick. W. 46*.
Register. 219^
Bridges, J. H. 425, 453. 550, 563, 566 Buonaiuti, E. 14*, 22*, 32*, 35*, 42*,
-t570, 191*. 49*, 54*, 57*, 61*, 72*, 109*, 115*,
Brifere, M.
122, 123. 128*.
Brilliantoff,A. 109*. Buonamici, G. 132*.
Bringmann, A. 131*. Bürck 202*.
Brinkmann 80*. Burckhardt, A. 46*.
Brischar, J. 185*. Burgard 182*.
Brito, Guillelmus 349, 407, 409. Burel, J. 32*, 57*.
Brockelmann, C. 361, 362, 363, 377, 4*, Burger, Fr. X. 44*.
136*, 139*, 141*, 143* -145*, 148*. Burger, W. 106*.
•de la Broise, R. 84*. Burgundio Johannes Pisano 122. 169,
Brommer, F. 296, 97*, 124* f., 176*. 171, 172, 185, 201, 206, 300, 123*.
Brönnle. Paul 361, 363. Buridan, Johannes 607, (609), 610, 614,
Bronzoff, A. 64. (620-622), 623, 625 f., 634 f., 199*.
Brooke. A. E. 38, 34*. Burkhard, X. J. 169, 173, 185, 78*, 83*.
Brookhoff 169*. Burkitt, F. C. 35*.
Brooks, E. W. 170, 66*. Burleigh (Burlaeus), Walter 317, 546,
Brown, E. 590. 572, (574), (585 f.). 195*.
Brown, G. F. 105*. Burn, A. E. 188, 87*.
Brown, W. 155*. Burnam, J. 236.
Brucker, Jac. 363, 1*. 89*, 134*, 138*, Bürner, G. 9*, 23*.
143* 163*. Bursian, C. 144, 147, 10*, 101*.
Bruckmüller, Fr. 187*, 197*. Burton, E. 27, 119, 161*, 195*.
Brückner, A. 146, 70*, 77.* Burton, le Roy 72*.
Brückner 35*. Buschick, R. 73*.
Brüder vom gemeinsamen Leben 639 Bush, R. W. 70*.
208*. BusnelU, G. 184*.
Brüder, die lauteren (treuen) 360, (362), Busse, A. 237, 84*.
(374 f.), 376, 398, 399, 143*. Busse, Martin 89*.
Bruders, H. 82*. Butler 49*.
Brulefer, Stephan 633. Büttner, G. 128, 61*.
Brüll, Andr. 27*, 28*. Büttner, Herrn. 640 f.
Le Brun, J. B. 111, 146. Buturas, A. 80*.
Bruneau, J. 7*. Buxtorf, Joh. 390.
Brunetau 167*. Byron, M. 208*.
Brunhes, G. 104* f. Bywater, J. 222.
Bruno, Giordano 532, 534.
Bruno von Segni (263), (273), 118*.
Bruston, E. 30*.
C.
Bryennios, Ph. 27, 29. 35. Gabe, J. Mo. 70*, 121*.
Bryne, E. J.-183*. Cabrol, F. 42*.
222* Register.
Cacheux, N. 168*. 201, 202, 205. 214, 218. 223, 299, 336,
Cäcilius 81. 337, 86* f.
Caesar Albicinius Foroliviensis 98=^. Cassirer, E. 92".
Caeearius von Heisterbach 350, 409. Castets, F. 538. 187*.
Cajetan siehe Thomas del Vio. de Castro y Fernandez, Fed. 389.
Cajetan, Const. 246. Casturer, ,1. 185*.
Cajetan von Tiene (Cajetanus Thienaeus) Catoire, A. 5', 91*.
547, 610, 613, 636. Caucanas, G. 46*.
Caillau, A. B. 120. Cauchie 98*.
Caird, E. 21*. 117*. Cavallera, F. 37*, 50"".
Calippe, Ch. 18*, 173* f. Cavallo. Tib. 550.
Callaey, F. 133*, 153*. Cavellus, Hugo 573, 588, 192*.
Oalmes 19*. Caylitz 208*.
Calo, Calonvmus 382. Cayllaut, Anthonius 609.
Calo, Petrus 166*. de Caylus, Domin. 194*.
Camerarius, Gml. 361. CeiUier 115*.
Campanella 343. CeUini, A. 20*.
CampbeU, J. M. 18*. Celsus 55, 66, 102, 108, 173, 56*.
Le Camus 24*, 138*. Cerdon 36, 42, 44.
Canaiejas, F. de P. 185*. Cerinth 36, 40, 41, 42, 44, 76, 90, 33*.
Candidus von Fulda 214, (215), (218 f.), Cesena, Michael 596.
107*. Chabot, J. B. 4, 137*.
Canella, Giulio 104*, 110*, 197*. Chajjim 5.0.
Cannata, P. 68*. Chalcidius 204, 205, 237, 282, 301, 303,
Cantera, B. 182*. 312, 314, 421, 422, 468.
Cantor, M. 311, 85*, 88*, 100^ 105* 112*, Chapman, J. 32, 87, 13*, 25*, 28*, 30%
19.0% 200*. 48*.
Capecelatro, A. 113*. Chapuis, P. 20*.
Capitaine, G. 55*. Chäreraon 102.
Capitaine, W. 54*. Charles, E. 410, 550, 566, 160% 190*.
Capozza, F. 1.* Charlier siehe Gerson. Joh.
Cappa Legora, A. 183*, 188% Charma, A. 331. 126*'.
CappeUazzi, A. 170* f., 174', 176*. Chamizer, M. 151*.
Capponi, S. 480. Charousset, A. 92'.
Capreolus, Johannes 480, 519, 607, (612), Charpennes, L. 25*.
(631 f.), 633, 202*. Charrier 47*.
Caraccioli, J. B. 121. Cha-sdai Crescas 146*.
da Carbonara, M. 123*, 183*. Chase, Fr. H. 65.
Carboni, C. 183*. Chatelain, A. 198, 98% 151*.
E. 120.
(.'arel, Chaudouard, L. 40*.
Carle, P. J. 166*. Chaulant, L. 164*.
Cariebach, J. 151*. Chauvin, V. 137*.
Carlyle, A. J. 95*, 174*. Cheik Abdelhadi 141*.
Carlyle, R. W. 95*. Cheikho, L. 361, 362, 366, 368, 137*,
Carnac 76*. 141* f.
432—435, 437, 446 f., 449, 451 f., 454. 648, 88* f., 97* f., 100*, 104*, 121*-
456-458, 481, 504, 506, 523, 573, 575^ 124*, 127*. 129*, 132*-134*, 151*, 153*,
581, 39*, 93*, 104*, 116* f., 154*, 159* f., 162*, 166*, 178*- 182*, 185*, 187*—
161*, 163*, 171*, 178* f., 195*. 189*, 192*, 195*—206*.
Dante Alighieri 192, 424, 504, (525 f.), Denis, J. 55*.
541, 183*. Denney, J. 15*.
Darley, E. 172*. Denzinger 459.
Dartigue-Peyron 21*. Deodat Marie a Baliaco 573.
Darwell Stone 8*. Deploige, S. 173* f.
P*
228^ Register.
Faubtus von Reji ISO, (187), (189), 84*. Flavius Clemens, Konsul 30.
Favorinus xoii Arelate 99. Flavius, Josephus 148.
de Faye, E. 99, 6% 32- 37^ 51* f., 54*.
,
fleischer, H. L. 139*.
Fechtrup, B. 48*. Fleming, A. 105*.
Feder, A. L. 37* f., 67 \ Flemniin<j, C. 138, 139, iyi*.
Fürst, Jul. 388, 389, 395. 146*, 148*, Gaunilo von Mar-Moutier 262, (271),
151*. 446.
Fürstenthal, R. J. 389, 390. Gauslenus von Soissons siehe JosceUin.
Fuzier, R. 117*. Gauthier, C. 190*.
Gauthier, L. 363, 364, 139*, 145* f.
Gaya y Bauza, M. 185*.
230^ Register.
129, 173, 9*, 2r, 24*, 28*, 32*, 36^ Gierke, O. 164, 95*, 114*.
-^1*, 44*, 46*, 48*, 50*, 53* 55*,
— -
57*— 63*, 65*, 74^
- -78*-r
Giesebrecht, W. 251, y8^
205*, 207*.
112'. 114",
185, 192 f., 198, 201—203, 205 f., 208 f., Gregory 13*.
211 f., 217, 238 f., 249, 255, 260, 263 f., Greith, C. 639, 642, 644 f., 204* f.
272, 274, 278 f., 281, 283, 290, 295— Greßmann, H. 119.
305, 308, 310, 317, 319, 321, 325-327, Gretser, J. 121.
330 f., 337—339, 347, 434, 445 f., 453 f., Grill, Julius 12*, 23*.
462, 467, 475-477, .505, 514 f., 538, GrUlnberger, O. 5*, 44*, 58*.
562, 1*, 10*-, 37*, 51*, 53*. 55*, 66*, Grimm, W.241. 14*.
74*, 81*, 83*— 88*, 91*-94*, 99*. 101*, Grimont, F. 24*.
103*— 107*, 109*, llP-116*, 118 f., Grisar, H. 43*, 197*, 207*.
121*-135*, 137*. 152*, 160*— 162*, Groeber, G. 3*, 90*, 101*, 185*, 200*.
165* f., 168*, 172*, 176*— 181*, 184*, Gronau, C. 126, 141, 51*, 60* f., 63*.
186*, 189* f., 202* f. Gröne, F. 120.
Graetz. H. 146*, 148*. Gröne, V. 63.
Graf, G 64, 198, 361, 368, 141 f. Groot (de Groote), Gerhard oder Gerrit
Gräfe- Saemisch 100*, 142*. 639, 658.
232* Register.
Grosjeiin 70.
(irosse-Biaiuknianii 29 80"*. ,
Hello, Em.
642. Heurtevent, R. 109% 113'.
Helmsdörfer 113". Heurtier, B. 27' f.
Heloise 277-280. Heussi, C. 54*.
Hemmer, H. 4, 26. 27, 29, 54. Hewitt, A. F. 69'.
Hench, G. A. 189, 87*. Hevdecke, C. 29'.
Henderson, B. 197*. Heylbut, G. 353, 358.
Henen, P. 46*. Hevne, Wilh. 28*.
Henke, E. L. Th. 278, 46*. Heyns, S. P. 62*.
Hennecke, E. 26, 54, 27*. Hevtesburv, Wilhelm (Hentisberus) 608,
Henoch (Buch) 4, 8. (613), (636), 203'.
Henri Bäte siehe Bäte, Heinrich. Hibhä siehe Ibas.
Henri de Valois 119. Hicks, E. 18*.
Henricus Aristippus 202, 203, 204, 406, Hjelm, A. 122'.
416, 422. Hjelt, A. 40*.
Henricus de Hervordia 349. Hierokles 124, 138, 175.
Henry, C. 93*, 170*, 180* f. Hieronvmus 3, 29, 30, 56, 73, 74, 78.
Henschen, G. 263. 80. 102. 114. 123, 147, 150, 194, 299,
Hentisberus siehe Heytesbury, Wilhelm. 474 f., 526.
Herakleon 47, 49. Hieronymus von Ascoli 565.
Heraklian von Chalcedon 177. Hieronvmus de Ferrariis 574.
Heraklit 16, 41, 59, 84. Hieronymus de Monte Fortino 573.
<i'Herbignv, M. 29% 74*. Hieronymus de Nuciarellis 574.
Hercher, R. 1Ö8, 170. Hierotheos 365. 137*.
Hercz, Isaak 364. Hilarius von Poitiers 3, 29, 142, (144 1,
Herennios siehe Erennios. (147), 189, 299. 67*.
Hergenröther, Kard. Jos. 352, 3* f., 43*, Hildebert von Lavardin (276), 308, 338,
61*. 134*. 201*. 120*.
Hergenröther, Ph. 70*. Hildebrand 111.
Hermann, G. 62*. ffildebrand, A. 86*.
Hermannus Alemannus 406, 407, 421. Hildebrand, J. 111, 31=.
Hermann der Dalmate 203, 313, 405. Hildegardis 626.
Hermann von Fritzlar 639. Hilduin, Abt von St. Denis, 179.
Hermann von Tournai 256. Hilgenfeld, Ad. 26-28, 32 f., 38, 47, 53,
Hermant, G. 60*. 11*— 13*, 20*, 25*— 31*, 33*— 35*, 38*,
Hermas. Apokalypse des 31. 41*.
Hermelink, H. 630 f., 633, 99*, 197*, Hilgenreiner, K. 174*.
202*. Hill, W. B. 15*, 100*.
Plermens, Oscar 108*. Hillen, G. Th. 53*, 75^
Hermes Trismegistus 324, 326, 562. 586,' Hfllen, W. 53*.
140*. HiUer, B. 122*.
Hermias 63, (65), (71), 41*. HiUer, E. 52*.
Hermogenes 69—70. Hilt, F. 63*.
d'H^ronviUe, P. 173*. Himpel, 53.
Hertling, G. von 145, 197, 213, 445, 462, Hinkmar von Reims 212, 214, (216),
466, 468 f., 486 f., 490, 505, 516, 21*, (220-221), 224, 108*.
70*1, 73*, 90* f., 94*. 96*, 104*, 121*, Hjort, P. 108*.
128*, 151*, 162* f., 167*, 177* f., 200*. Hipler. F. 180, 73*, 81* f.
Hertz, Martin 56*. Hippokrates 203, 305, 310, 313, 360, 394,
Hertzberg, H. 87*. 422, 470.
Herveus von N^dellec (Natalis) 504, Hippokrates (Pseudo-) 546.
(505), 515, 517, (518 f.), 520, 545, 590, Hippolytus 4. 38, 40. 42-47, 72, (73),
593 f., 632. 181*. (76-77), 90 f.. 93, 127, 148, 229. 43'.
Herwig, Emil 116*. Hiquaeus, Antonius 573, 588.
Herzog, E. 76*. Hirsch. S. 551, 566.
Herzog, J. J. 4*. Hirschberg, J. »00*, 142*.
Herzog, K. 3* f., 20*. Hirsehfeld, Hartwig 388. 390, 148*.
Hesekiel (Ezechiel) 386, 392 f. Hirsching 199.
Register. 235^
von Hummelauer, Fr. 99*. Isaak von Stella 233, 328, (329), (334
Hundeshagen 611. —336), 424, 438, 447, 130*.
Hundhausen 202*. Ishält ben Honain 368, 422, 142*.
Hunzinger, A. 2", 73*. Isidor von 'Sevilla (Hispalensis) 30, 47.
Hurtault 115*. 186, (188 f.), (194—195), 201 f., 205,
Hurt er, H. 4, 144, 528, 574, 632, .5% 213, 216-218, 223 f., 241, 296, 299,
88*,105* f., 108*, 113*— 115*, 118* f., 312, 336 f., 429, 496, 87* f.
12r, 123* f., 126*— 128*, 1.30*-133*, Isidorus, Sohn des Ba-silides 47.
154*-161*, 163*, 167*, 178*— 182*, Isolani, Isidor 609, 612, 623.
186*, 188*, 193*, 195* f., 198*— 203*, Israeli siehe Isaak Israeli.
205*. Ittig, Thom. 4.
Hürth, H. 62*. Ivo von Chartres 212, (263), (274), 279.
Husik, J. 147*, 151*. 280, 281, 299, 119*.
Hüttinger, H. 85*. Jackson, B. 30*.
Huttier, M. 203*. Jacob II. von Aragonien 532.
Huys, J. 96*. Jacob, Bischof von Edessa 365, 137*.
Hyacinth de Ferrari 481. Jacob Capocci von Viterbo 504, 524 f..
Hygin195. 182*.
Hymmen, J. 76*. Jacob von Douai 504, 184*.
Hypatia, Philosophin 172. Jacob de Venetia 191, 201 f., 292, 320.
Hypatius, Metropolit von Ephesus 179. 84* f.
Lipsiiis, R. A. 39. 47, 5*, 30* f., 33* f., Ludwig de Ponte, 639.
42% 126*. Lugan, A, 16*.
Lisco 207*. Luguet, Henry 433.
Lisiecki, St. 68*, 157*. Lukas, der Evangelist (6 f.), 42, 49, 53,.
13*.
Little. A. G. 199, 434 f., 454 f.. 550 f.,
566 f.. 575, 577, 590, 597, 608, 613, 153*, Lukian 71, 108.
160* f., 191* f., 193*, 197* f. Lukian von Antiochien, Presbyter 92,
Littmann. E. 4*. 140, 49* f.
nova 202, 527, 530, 606, 630 f. Luther 22, 496, 607, 631, 641.
Lütke, H. 97*.
Logoslehre (13), (16—17), 18, 45, 52, 69,
Lütkemann, E. 56*.
19*.
Lütolf 205*.
Logothetes, P. 40*. Lutterbeck, R. K. 14*.
Logoz, E. 70*. Lutz, E. 197, 441, 442, 94*, 159*.
Loisy, A. 12-, 24*. Lychetus Franciscus 573, 587, 634,
Lommatzsch, C. H. E. 96, 97.
Longhaye 76*.
Longueniare, E. 114*.
Longwell, C. 191». M.
Lonitz, E. 75*.
Loofs, Frdr. 72, 122, 171, 176-178, 3*, Mabilleau, L. 99*.
32*, 36*, 42*, 47*, 53*, 55*, 61*, 64*, Mabillon 255, 329, 90*.
70*, 76* f 81*, 83*.
, Mackenzie 223.
Looshorn 122. Macrobius 202,' 204, 219, 234, 237, 241,
Lopin, J. 89. 251f., 282, 287, 303, 336, 347, 496.
Lorenz, F. 105*. 502, 562.
Lorenz, O. ip2*, 198*. Mädler, J. H. 99*.
Lorenz, Th. 58*. Maeterlinck 642.
Lösche, G. 40* f., 44*, 56*. Maggiani, V. 159*.
Loth, O. 143*. Mah6, J. 78*.
Lothholz, G. 120. Mahler A. 23*.
Lotze 640. Mai, a'. 3," 121," 170, 174, 188, 236, 263.
Low Benseeb siehe Leo ben Jeminis. Maimonides (Maimuni), Moses 387, (390
Löwe, Joh. Heinr. 237, 110*. —392), (399—402): Leben und Werke
Löwenthal, A. 396, 412, 415, 149*, 154*. 399 f., Aristoteles unbedingte Autorität
Lozano, S. M. 186*. für die Erkenntnis des Irdischen, für
Luanco, J. 529, 185*. das Götthche durch die Offenbarung
Luard, H. R. 413, 421, 426. eingeschränkt. Schöpfung der Welt
Lübeck, K. 4*, 61*. aus Nichts 400 f., Qualitäten von Gott
Lübkert 79, 26*. nicht aussagbar, Ethik 401. Maimon.
Lublinski, 8. 23*. bei Alb. Magn. 468, 472, bei Thomas
Luchaire 98*. von Aguin 494, 496-498, 453 f., 460 f.,
(182-184). 204, 206, 222. 223, 224, Metochites, Theodoros (353), (357),
229, 230, 349, 358, 654 f., 82* f. 136*.
Maximus, der Kyniker 126. Mettenleitner, D. 201*.
Maximus Planudes 192. Metzger, A. 23*.
Mav, O. 188. Metzger, E. 23*.
Mayer, A. 353, 75*, 135*. Metzger, P. 14*.
Maver, Gurt 366. de Meung, Jean 192.
Mayer, G. 36*. Meunier, F. 610, 200*.
Mayer, Fr. X. 47* f. Meusel 108*.
Maver, Johannes 639. Meyboom, H. U. 28*, 33*, 40*, 52*, 53*.
Ma'yer, J. Chr. 26. Meyer, A. 15*.
Mayor, E. B. 46*. Mever, E. 164*.
Mavr, M. 180*. Meyer, H. 189, 99*.
de Mayronis siehe Franz de Mayronis. Mever, K. 19*.
Maywadd, M. 92*, 145*. Meyer, M. 94*.
Mazzuchelli 85*. Mever, P. 59*, 155*.
Mead, G. R. S. 37. Mever. Ph. 134* f., 136*.
Mechtild von Magdeburg (639 t), (642), Mever, Petr. Krog 57*.
205*. MeVer, W. 278. 291, 329, 49*, 62*, 120*,
Medices, Jer. 480. 122*, 127*— 130*.
de Medina, B. 480. Meverhof, M. 141*.
Register. 245=*
Michael, E. 462, 466. 469, 556, 642, Moerbeke, Wilhelm siehe Wilhelm von
98* f., 101*, 162* f., 165*, 190*, 204* f. Moerbeke.
Michael von Ephesus 176, 201, (353j, Moffat, J. 12*.
(356 f.), 407, 135*. Moglia, A. 168*.
Michael de Marbaix 527, 536. Mohammed (oder Kotham oder Abu 'I
Michaud, E. 255, 261, 50*, 61* f., 65*, Mohammed al Schahrastäni 38, 367, 398,
76*, 83*, 98*, 115*. 138'=, 143*.
Michel, A. 496, 150*, 171*, 177*. Mohammed Amin el-Hänigi 363.
Michel, Marius 402, 87*. Mohammed Amin el-Kutubi 363.
Michel-Ange 194*. Mohammed ibn Abdallah ibn Mesarra
Michelini 18*. 371.
Michelis 51*. Mohammed ibn Ishäq 138*.
MicheUtßch, A. 167*. Möhler, J. A. 93, 8*, 31*, 50*, 115*.
Mickley, W. 85*. Mohy ed Din 185*.
van Mierlo, P. 208*. Moiraghi 114*.
Moirat, E. 76*.
Migne, J. P. 3, 26-28, 38, 51, 53 f.,
Molines, Ch. 65*.
58, 64, 66, 72 f.. 79 f., 89, 95-97, 111,
von Möller, E. 118*.
119-121, 125,' 130-132, 135, 137,
Möller, Nie. 108*.
141, 144—147, 164, 168—171, 173,
Möller, Wilh. 31*, 37*, 43*, 53*, 55*.
176, 178, 182, 185, 187-191, 193 f.,
Molsdorf, W. 175*.
196, 199, 201 f., 211, 214—217, 222,
Molzberger, J. 119, 145.
225, 231—233, 236-240, 242—244,
Mombritius, B. 166*.
246—255, 257—270, 273, 2761, 280—
Mommsen, Th. 119, 144, 188 f., 66*.
283, 285, 287—292, 295—300, 302,
Monarchianismus 88—93, 118, 49* f.
304, 306-309, 312 f 315—319, 321—
,
Monceaux, P. 80, 3*. 45*, 48* f., 58*,
327, 329-335, 337—347, 351-355, 358,
69*.
416, 54*, 61*, 64*, 67*, 69*, 81*, 95*,
de Mondadon, L. 70*, 76*.
98*, 108* f., 111*, 114*, 120*, 126*.
131*
Monuier 104*, 105*.
f.
Monnoyeur, J. B. 201*.
Mignon, A. 338, 131* f.
Millauer 414.
Monomachos Constantinos 354.
Monophysitismus 183, 359. 365.
Miller, E. (statt C.) 73.
Monotheletismus 183, 184.
MUler. O. 184*.
Montagne, H. A. 146*, 170*, 174*.
de Millon^, L. 23*.
Montaigne 613.
Milo Crispinus 252.
Montanismus 65, 88.
Milone 71*.
Montant, L. 9*.
MUtiades der Rhetor 62, (63), (65).
Montet, E. 42*.
Minasi, G. 86*.
Montfaucon, B. de 89, 122, 199.
Minasi, J. M. 31*.
Montmasson, E. 80*, 83*.
Mingarelli 309.
de Montmorency, G. 208*.
Minges, P. 197, 370, 406, 407, 417, 432, Mook, W. 170*.
433. 438, 575, 577-580, 582-584, Moore, Gl. H. 66*.
152*, 157* f!, 193*. Moore, Thomas 223.
Minjon 93*, 96*. Moore, Th. V. 169*.
Minucius, Felix 77, (79), (80—82), 110, Moosherr, Th. 175*.
112, 114, 115, 179, 44*. Morard, M. 73*.
Miraeus, L. 144. More, P. E. 72*.
Mirbt, C. 251, 73*, 95*, 113* f., 118* f. Morel, Ch. 122.
Miro, König der Sueven 194. Morel, P. 43*.
Misael 59. Morelius, G. 354.
Misch, G. 129, 5*, 62*, 74*, 78*, 85*. Morelles, Cosm. 479.
Misier, A. 120. Morelhus 170.
Misses, Isaac 148*. Morelius, F. 52, 54, 121.
Mittermüller 168*. Morgenstern, Geo. 48*.
Mittwoch, E. 142*. Morgott 122*. 183*, 203*.
Modalismus 88. Monn, G. 146, 179, 189, 246, 254, 49*,
Moderatus 102. 88*, 114*.
Moe, O. 16*. Morin, Joh. 388.
Moeller, E. G. 63*. Mörth, Fr. 22*.
Moeller, R. 198*. Mortier P. 153*. 181*.
Moeller, Wilh. 3*, 5*. MoaxäxTjg, 'I. 3'r.
246^ Register.
Mose ben Sehern Tob de Leon 385. 139 f., Augustinus 165 f., Pseudo-Dio-
Mosellanus, Petrus 187. nvsius u. Maximus 179 183, Johannes —
Moses 9, 10, 13. 36, 42, 43, 45, 52, 58, Eriugena 224, im 12. Jahrh. 327-348,
59, 60, 67, 69, 99, 125. bei Ailly und Gerson 628—630,
Moses ben Josuah von Narbonne 379, deutsche Mvstik im 14. u. 15. Jahrh.
391, 402. 637—658.
Moses von Bergamo 201.
Moses Maimonides siehe Maimonides.
Mosheim 2*, 50* f.
Moske, E. 17*. N.
Mothon 179*.
Mougel, A. 203*. Naaber, A. 112*.
Moulton, J. H. 14*. Naassener 36, 40, (44 f.).
Mourier, L. 122*. Naber, S. A. 168.
Moyes 116*. Naegele, A. 65*.
Muammar 371. Naegeli 14, 19*.
Mullach 358. Nager, A. 147*.
MiUlenhoff, K. 140, fJO*. Nagl 112*.
Muller, G. J. 146*. Nagle, A. 107*.
Muller, P. J. 197*, 201*. Nagy, Albino 197, 361, 368, 372. 1.52*.
MiUler, A. 144, 6*, 66*. Nallino, C. A. 146*.
Müller, Aug. 137* f., 143*. Nannius, P. 64.
MüUer, E. 462. Narbey, C. 190*.
Müller, H. 522. Nardecchia 153*.
MüUer, H. 29* f., 68*. Nardelii, E. 73*.
Müller, F. W. K. 38. Nardi, ß. 525, 541, 89*, 184*, 187*, 189*.
Müller, J. 639, 192*. de Nardi, Pietro 168*.
Müller, J. 26*. Narducci, M. E. 236, 84*, 85*, 144*,
V. MüUer, Iwan 9*, 10*. 156*, 181*.
Müller, J. G. 29*, 58*, 183*. Nasyroff, A. K. 144*.
Müller, J. H. 53*. Nathin, Lehrer Luthers 631.
Müller, K. 3*, 197*. Nathusius, M. 6*.
Müller, K. 173*. Nau, Fr. 4, 38, 50, 122, 35*, 66*.
Müller, M. Jos. 364. Nauck, A. 168.
Müller, Ph. 642. Naumann, L. 641. 207*.
Münch, W. 99*, 157*, 182*. Naville, H. A. 69*.
München, K. 31*. Nazzari. B. 117*.
Mundinger, C. 120. Neander, Aug. 22, 83, 2*, 25*, 31*, 45*,
Munerati, D. 95*. 64* 129*.
Muniez, Lucio M. 157*. Neckham, Alex. 412, (413), (421), 422,
Munk, S. 369, 371, 379, 381, 384 f., 429 f., 474, 547, 564, 155*.
389 f., 392, 396, 398, 400, 582, 138*, Neff, K. 198.
143*, 145* f., 148*— 151*, 153*. Negri, Gaetano 79*.
Münscher, W. 2*, 46*, 53*. Nelke, L. 48*.
Munter, Fr. 144, 147. NemesiuB, Bischof von Emesa 141, 167,
Münz, isaac 150*. (169), (172—173), 178, 185, 204, 206,
Münz, J. 391, 400, 151*. 207, 78*.
Muralt 79. Nestle, E. 169, 137*.
Murari, R. 84*, 183*. Nestler, J. 148*.
Muratori 22, 25, 32, 246, 166*. Nestorianer 53, 176, 359.
Murillo, P. L. 13*. Nestorius (122), (140), 173, 66*.
Murton, (Jh. 46*. Neuburger, M. 100*.
Muschietti 197*. Neukirch, F. 113*.
Musonius 84, 98, 99, 102. Neumann, C. 134* f.
Mußmann, .1. G. 1*. Neumann, C. F. 368.
Mustafa el Qabbäni 363 f. Neumann, C. J. 138, 169, 63*.
Mutakallimfin 371. Neumann, K. Jhs. 24*, 43 f., 56*. =
ülieris, A. 237.
Olsehewski, W. 17*. P.
Olverius 522.
Omnebene, Magister 294. Paban, C. 480, 612.
Omont, H. 129, 237, 82% 109^ Pace, E. A. 177%
Oncken, W. 200*. Pachali, Heinr. 136*.
O'Xeill. A. 194*. Pacheu, J. 129*.
Ophiten 36, 40, (44—45), 47, 49, 50, Pachvmeres. Georgios (353), (357\ 136*.
33* f. Padelford, Fr M. 61*.
Oporinus, J. 65. Paetow, M. 99*.
Oppian 127. Pagano, A. 95*, 175* f.
Orelli. Job. Conr. 111. Pahncke, M. 640, 206*.
Origenes 4, 30, 39, 49, 66, 92 f., (94 f.), Palaraas, Gregorios 352, (354), 358,
(96 f.), 98, (102—109) Leben und : (•359), 136*.
Scbriften 102 f., Origenes' Schulbetrieb, Paläokappa, K. 358.
die geometrische Methode in seinem Palhorifes, F. 159*.
Hauptwerk IJegl agywv, Gang der Palladius 195, 64*.
Durstellung 103 — 105, Lehre von Gott Palmer, E. H. 141*.
und vom Logos 105 f., anfangslose Palmieri 459, 161*.
Schöpfung, Gott L^heber der Materie, Palquera siehe Schem Tob ben Joseph
Wesen des Bösen, Apokatastasis 106 f., ihn Falaquera.
Inspiration, allegorische Schrift- Pamelius, J, 79 f.
deutung 107 f., Kampf des Origenes Pamphilus von Caesarea 95. 97, (110),
gegen Celsus 108, Verdammung des 123.
Origenes 109, seine Schüler 109 f., Pangerl, Fr. 462, 464 f., 467, 469. 475,
110, 117, 123-127, 129—131, 136, 162*, 164* f.
148, 150, 161, 1G4, 174. 179 f., 205, Pankow, A. 60*.
209, 229, 264, 273, 352, 54*- 57*. Pantänos 95, 98.
Orlich. A. M. 173*. de Paola, F. 61*.
Orlow, A. P. 67'. Paolini, P. 192*.
Orosius 150. Papadopulos, Ch. 28, 64*, 83".
Orpheus 60. Papadopulos-Kerameus, A. 54, 72, 353.
Orr. J. 21*, 23*. Papagni, P. 176*.
Ossinger 181*— 183*. Papamichael, G. 136*.
Ossinger 198*. Pape, P. 37*.
Osterhammer 169. Papias von Hierapolis (7), 8, 30, 73.
Osternacher 216, 108*. Papus 148*.
Ostler, H. 197, 308, 330, 339, 341—343, Paquet, L. A. 480.
!)4*, 109*, 131* f. de Paraman, Duc. 89*.
Otloh von St. Emmeram (246), 247. Paranikus 168.
(250-251), 253, 259, 273, 331, 113* f. Paredes 175*.
Ott. A. 173*. Pargoire, J. 182.
Register. 249^
Peckham, Johannes 272, 432, 433. (434), 598, 602, 610. 612, 633 f., 185*.
447, (451 f.), 483, 503, 508 f., 510, 520, Petrus Lombardus 185, 249, 294, (295),
557, 564, 576, 160*. (299-301), 302, 305. 320, 338, 343,
Pegge 155*. 347 f., 410 f., 436, 474, 476, 478, 483,
Pfegues, Th. M. 480, 612, 167*, 175*, 507 f.. 515, 522, 524, 573, 608, 613—
202*. 615, 626 f., 631-633, 122*.
Peiper, R. 187, 222, 225, 317, 343, 85*. Petrus von London 304.
P^lagaud, E. 56*. Petrus Magister 563 f. ; siehe auch Petrus
Pelagianer 143, 149, 151. Peregrinus von Maricourt.
Pelagius 143, (146), (163), 586, 76* f. Petrus Nigri 598 f., (632).
Pelet, J. 46*. Petrus Peregrinus von Maricourt (de
PeU, G. A. 50*, Mahamcuria) 548, (550), (.563 f.),
Petrus von Taren tasia (Taren taise) 272, Pitra, .J. ß. Card. 3, 53 f., 63, 72, 77,
463, 5()3, (504), (507), 515, 179*. 80, 121. 296.
Petrus Thoraas 633. Pius V., Papst 479.
Pctschenijr, M. 146. Pizzi, J. 140* f.
Pez, B. 237, 246 f., 278, 308, 327, 331, Pizzimenti, D. 169.
611. Placentius, Georgius Valla 169, 173.
Pfannmüller, G. 15*. Plank 132\
Pfättisch, J. M. 58, 62, 123, 37* f., 50*. Planque, L. 1<*.
59*. Planudes, Maximos (354), 356, (358),
Pfeifer. Fr. X. 99*, 165*, 171*. 136*.
Pfeiffer, Fr. 639 f., 641, 644, 648, 205*. Plaß, P. 127, 148, 5*, 61*, 66*, 68*.
Pfeilschi fter. G. 84='. Piasberg, O. 204.
Pf ister, F. 18", 112*. Plaßmann, E. 168*.
Pfleger, L. 475, 165'=, 183*. Plath, M. 74*.
Pfleiderer, E. 145. Piaton 11, 17. 43 f., 47 (Einfluß auf die
Pfleiderer, Otto 14*, 21*, 25*. GnostLker Karpokrates und Valentin),
Pfülf 75*. 52, 57, 59 (nach Justin hat PI. aus
Philalethes 525, 183'. Moses geschöpft), 60-62 (PI. bei
Philaretes 313. Justin), 67 (Athenagoras mit platonisch.
Philastrius 38, 76. Philos. wohl bekannt). 77 (PI. bei
PhiUpp, H. 87*. 104*. Hippolyt), 81 (PI. bei Minucius Felix),
Philipp von Gvhve (Grevius) 411, (417). 82, 83 (PI. bei TertuUian), 93-95,
Philipp, der Kleriker 408. 99 f. (Einfluß PI. auf Clemens von
Philipp, der Schöne 522. Alex.), 102 f. (PI. bei Origenes). 112
Philipp de Thoriaco 511. (PI. bei Arnobius), 116 (PI. bei Lac-
Philippe, J. 103* f. tantius), 117. 124—126 (PI. bei Euse-
Philippi, F. A. 56*. bius von Caesarea. Er gilt als der
Phiüpps, G. 115*. hervorragendste unter den griech.
Philippus 38, 50. 101. Philosophen), 136, 153 f. (PI. bei Au-
Philippus Sidetes 67. gustinus), 161, 164, 173, 174 (PI. bei
Philon 13, 16, 39. 45, 55, 62, 69, 94, Theodoret), 175 (PI. bei Aeneas von
98—101, 105, 126, 135, 137, 139, 148, Gaza), 180, 182 (PI. bei Ps.-Dionysius),
1&4, 174, 386, 392, 498. 1*. 190, 194, 204 (Übersetzung des Timaeus,
Philo ponus. Joh. aus Alexandrien 167, Menon und Phaedon ins Lateinische
(170 f.), (176), 178, 621, 81*. durch Chalcidius und Henricus Ari-
Philostorgius 4. stippus), 223. 230, 235 (PI. bei Eriu-
Phokas 216, 240. gena), 239 f., 2.50 (PI. bei Otloh), 251,
Photius 76 f., 136, 220, (352), (354), 134*. 265 (platonisierende Lehren bei Anselm
Photopulos, PhUemon 80*. von Canterbury), 282 (Abälard kennt
Piat, C. 169*. Piaton nur mittelbar aus Ausfüh-
Picard, M. 36". rungen), 291, 299 (der Timaeus bei
Picardus 262. Robert von Melun), 305—315 (PL bei
Picavet, Fr. 254-256, 258 f., 281, 436, den Piatonikern des 12. Jahrh., im
501, 550, 564, 1*, 88*— 90*, 92*, 98* f., einzelnen bei Adelard von Bath 311,
103*-105*, 107* f., 110*, 112*, 11.5*, Bernhard von Chartres 312, Thierry
121*, 145*, 157*, 176* f., 187*, 190* f., von Chartres 314, Bernhard Süvestris
207*. 314 f., Wilhelm von Conches, der einen
Piccioni, A. 504. Kommentar zum Timaeus schrieb 315),
Piccirelli, M. 93*, 170*. 347, 354—358 den Byzantinern),
(PI. bei
Pichou, R. 4*, 58*. 365 (PL in Persien), 369 (Übersetzung
Pico della Mirandola 511. der Republik, des Timaeus und der
Pieper. A. 24*. Leges ins Arabische), 373, 397 (PL
Pieper. K. 12*. bei Avencebrol). 418 (PL bei Wilhelm
Pierius 109, 110, 52*. von Auvergne), 440 (Platon-Augustinus
Pierre d'Ailly siehe d'Aüly. bei Bonaventura), 463, 468 f. (Pl.s
Pierre Dubois 539. Einfluß auf Albertus Magnus; der
Pietro d'Abano 537, (538), 544, (546 f.), letztere nennt PL einen Stoiker), 474,
586, 188*. 476 (P. als Quelle bei Ulrich von
Piper, P. 187, 241. Straßburg), 479, 486 f., 491, 501
Pisarev, L.. 65*. (Thomas von Aquin gegen Piaton und
Pistis Sophia, das Buch 37, (49 f.), die Platoniker), 489, 518, 559, 562
33*. (PL als Quelle bei Berthold von Mos-
Pistorius, Joh. 388. burg).
Register. 251*
Platonisüius 17, 20 (Piatonismus und Portali^, E. 291, 338, 70*, 91*, 121',
Christentum), 98, 117 (Piatonismus u. 132% 161*, 178*.
Kirchenväter), 204, 207 (Piatonismus Portmann, A. 481, 167*.
und Scholastik; siehe auch Piaton), Poschmann, B. 48*, 55*.
50* f., 91*, 125*. Posidonius 204.
Plethon, Gemisthos 355. Possidius von Calama 69*.
Plinius 148, 195. Potter, J. 95.
Pütt, G. L. 4*, 129*. Pottgießer, A. 15*.
Plooij 29^. Potthast, A. 349, 102*.
Potvin, Ch. 537 f., 187*.
Plotinus 39, 125 f., 137, 148—150, 153,
Pouchet, F. A. 99*, 164*.
175, 180, 204 f., 230, 235, 252, 303,
Poujoulat 145, 69*.
369, 373. 376, 393, 397, 398, 408, 489,
Poulain, A. 129*
645.
Pourrat, P. 8*. 97*.
Plümacher, O. 205*.
Pozdiejevsky, Th. 77*.
Plummer, 0. 189, 88*.
Poznanski, S. 147* f.
Plutarch von Chaeronea 126, 1*.
Pra, J. 170*.
Pluzanski. E. 193*.
del Prado. N. 171*, 176*, 178*, 194*.
Pococke, Ed. 363, 391 (statt Prococke).
Praechter, K. 175, 18*, 54*, 81*.
Poey, P. 24*.
Poggendorff, J. C. 99*, 142*, 190*.
Praepositinus von Cremona 294, (296;,
297, 302, (303 f.), 410, 124*.
Pognon, M. 38.
Prager, L. 15*.
Pohl 38*.
Prantl, C. 129, 141, 150 f., 201,231, 241
Pohl, C. 191*.
—243, 279, 282, 292, 307, 316, 321 f.,
Pohl, J. 642, 208*.
355 f., 372, 376, 405, 410, 430, 474,
PoUg Tos lo^*
526-528, 530-534, 586, 591, 594 f.,
Pohlenz, M. 54," 96, 128, 138, 7*, 22*,
52*, 61*, 64*, 78*.
597—601, 605, 610, 612 f., 615, 620 f.,
630, 632-634, 636, 1*, 71*, 83* f.,
Pohlheim, K. 101*.
86* f., 92*, 102'* f., 105* f., 108*, 110*
Pöhlmann, R. 6*.
—116*, 118*, 121*, 125*— 128*, 134*—
Poiteau 20*.
136*, 143*. 145*, 151*. 155* f.. 163*,
Poimandres 33, 39, 40. 181* -185*, 188*, 190%
169*, 179*,
PolanJ, F. 10*.
192*, 194* -203*.
Poletto, G. 183*.
Prat, F. 17*, 55* f.
PoUak, J. 396, 140*, 142*, 147*,
Praxeas, der Monarchianer (90 f.).
150*.
Preger, Fr. 63*.
Polykarp von Smyrna 8, 25, (28), (34),
Preger, Wilh. 556, 562, &41, 129*, 134*,
73, 30*.
189*, 197*, 204* f., 207*.
Pölzl, F. X. 16*.
Preische, H. 52*.
Pommrich, A. 40* f.
de Pressense, E. 8*.
Pomponatius, Petrus 200, 547.
Preston, G. H. 208*.
Poncelet. A. 97, 109, 57*.
Preuß 194*.
Poncius, Joh. 573, 588.
Preuß, A. 83*.
Pons, Fr. 363.
Preuß, E. 10*.
Ponschab, B. 40*.
Preuschen, E. 5, 38, 69, 80, 96, 3*, 8* f.,
Pontanus, J. 354. 32*— 35*,
14*, 21*, 41*, 47*. 55*, 59*.
Poole, R. L. 635, 89*, 126*, 128*, 197*,
Prierias, Silvester 612, 632.
203*.
Prietzel 86*.
Poper, S. 377.
Priscian 202, 216, 240, 287, 536.
Popp 70*.
Pritius, Joh. Georg 363.
van Poppel, G. 208*.
Probst, J. H. 529, 531, 534 f., 185* L,
Poppo 241.
203*.
Por^e, A. -114*, 116*.
Probst, O. 57*.
Poritzky, J. E. 145.
Probus (Pröbhä) 364.
Porphyrius 55, 59, 102, 124, 126, 138, Procopius von Gaza 167, (170). (174f.j,
149 f.,153, 173, 176 f., 180, 185 f., 190, 184, 357, 80*.
201, 223, 234 f., 237, 239, 242, 244, Proklus 175 f., 180, 182, 2031, 206,
247, 255 f., 278, 354, 360, 368, 476, 369 f., 395, 398, 406—408, 468, 484,
508, 522, 524, 527, 575, 585, 597, 548, 552 f., 556, 558 f., 562, 637, 649.
626 f., 632. Proost, R. 573.
Comraentar super Porphyrium, wahr- Prosper 480.
scheinlich erst aus dem 11. Jahrh., Prosper von Aquitanien 144, (146), (166 f.),
243 f., 257. 195, 296, 77%
252* Heister.
Realismus.
Realismus bei Eriugena schon zu finden,
R. aber ohne Unterscheidung der ver-
schiedenen realistischen Lehrformen
Kaabe, R. 53. 231, extremer und gemäßigter Rea-
Rabe, Hugo 171. lismus, universaUa ante rem und in
Rabus, L. 95*. re, der Realismus vom 9. bis zur ersten
Rabus, P. 168*. Hälfte des 11. Jahrh. die herrsehende
Rad er 57. Richtung 235, Ausgangspunkt des
Radermacher, L. 14*, 81*. Streites zwischen Realismus und No-
Radford, L. B. 52*. minalismus eine Stelle der Isagoge
Radulf, der Bretone 504, 526, 184* des Porphyrius und die Kommentare
Radulf de Colebruge 453. des Boethius 238, der Realismus als
Register. 253^
Parteistandpunkt bei Wilhelm von 138*, 145*, 151* f., 154* f., 164*, 177*,
Champeaux 253 f., 260, bei Anselm 185*, 187* f., 192*.
von Canterbury 257, 266 f.. die Ver- Renaudin, P. 113*.
bindung der aristotelischen und plato- Renaudot 138*.
nischen Anschauung bei Adelard von Renauld, E. 135*.
Bath 311, ein dem platonischen ähn- Rentschka, P. 73*.
licher Realismus bei Bernhard von Renz, O. 198, 95*, 173*.
Chartres 312 f. und bei Bernhard Rescher, O. 140*.
SUvestris 315, die formae nativae des Rettberg 123*, 196*.
Gilbert de la Porr^ 317, der Realis- Reuchlin, Joh. 388.
mus bei Alfäräbi 372, die Modi des R«uß, E. 11*, 14*, 25*.
Seins der genera: ante res, in rebus, Reusch, F. H. 167*.
post res bei Avicenna 376, die uni- Reuter, A. 71*.
versalia ante rem und in re bei Ale- Reuter, H. 72, 144, 281, 53*, 70* f., 75*,
xander von Haies 436, das dreifache 96* 127*.
universale bei Albertus Magnus 471. Reuter. Heinr. 129*.
bei Thomas von Aquin 491 f., bei R^vav. J. 80, 82, 44* f., 49*.
Duns Scotus, die scotistische haecceitas R^ville,A. 92.
579 f., der und scoti-
thomistische R^ville,Jean 7*, 12*, 19*, 24*, 28*, 30*.
stische Realismus im Kampfe mit den Reynault, Fr. 574
Nominales oder Terministafe in der Reynolds, H. R. 50*.
Spätscholastik 606 ff., 109*— 111*, 115*; de Reynon, Th. 126*.
siehe auch Nominalismus. R^zejac, E. 73*.
Reck 44* 47*. Rheinwald, F. H. 278, 294.
Redepenn'ing. E. R. 96, 104, 16*, 51*, Rhenanus 79.
55* f. Rhodon, ein Schüler Tatians 43.
Redepenning, W. 172*. Ribera, J. 185*.
Redner, Leo 74*. Richard, A. 194*.
Redslob, G. M. 11*. Richard, J. 104*.
Reeb, Jak. 68*. Richard, Jean 158*.
Reginald von Piperno 484. Richard, P. A. 89.
Reginaldus 321. Richard, T. 88*, 91*.
Regnier 76*. Richard de Bury 608.
de Rögnon, Th. 122*, 132*, 163*, 176*. Richard Fischacre 272.
Rehm, H. 95*. 114*. Richard de Ghlymi Eshedi (?) 635.
Rehrmann, A. 78*. Richard von Leicester 304.
Reichard, P. A. 54. Richard von Middletown (de Mediavilla)
Reichardt, Gualt. 171. 211, 272, 432 f., (435), 454, (457 f.),
Reichardt, W. 56*. 459, 511, 516, 558, 582, 93*, 161*.
Reiche, A 63*. Richard Rufus 453.
Reichert, B. M. 489, 507, 639. 153*. Richard von St. Victor 272, 327 f., (330),
V. Reichlin-Meldegg, K. A. 35*. 337, (344—347), 437, 446, 535, 630,
Reifenrath 207*. 132*.
Reifferscheid, A. 79, 111. Richardson 10*.
Reinach, S. 23*. Richer 242.
Reinelt, P. 6*. Richter, A. 84*, 104* f.
Rubczvnski, W. 552. 556, 563, 92*, 152*, Saltet, L. 174, 75*, 80*. 98*. 119% 123*,
189=^". 190*. 125*.
de Rubels, ß. M. 479, 481, 166*. Salvaayre, G. 130*.
Rüben, P. 99, 54*. Sakinger, Ivo 528, 533.
Rubin, S. 150*. Samuel Ibn Tibbon 364, 390, 400.
Rubi6 y Lluch, A. 186*. Sancrusius 620.
Ruch, C. 202*. Sanday, W. 12*, 41*.
Rücker, A. 79*. van de Sande ßakhuyzen, W. H. 39.
Rudberg, Gummar 155*. Sander 188*.
Rudelbach 206*. Sandys, J. E. 3*, 101*.
Rudolf de Novimagio 162*., Sanseverino, C. 1*.
Hudolph von Naraur 134*. Santini, G. 131*.
Rufin 31, 39, 97, 102, 109 f., 119, 128, Sansone, V. 174*.
147, 150, 205, 325. Santayana, G. 184*.
Rügamer, W. 81*. Sanutus, Petr. Aurelius 609.
Rüge, A. 5*. Sanvert^ A. 70*, 72*.
Ruland, F. J. H. 481. Sapientia (Buch) 15 f.
Rule,M. 116*. Sardemann, F. 92*, 107*.
Rulman Merewin 206*. Sargisean 72.
Rummler, L. 36*. Samanus, Kardinal 613.
Runze, G. 117*. Sasse, Fr. 53.
Rupert von Deutz 264. Sasson, J. H. H. 179*.
Rupp, J. 62*. Sathas, K. N. 353, 355.
Rupprecht, E. 16*. Satolli, Fr. 480.
Rüssel, F. W. 53^ 58*. Satumilus (41 f.), 44.
Russos, D. 175, 357, 80* f., 135*. Sauer, A. 121, 119*.
Rüster 547. Sauer, J. 5*.
Rußwurm 79. Sauter, C. 375, 525, 51*, 92*, 137*, 140*,
Rüther 18*. 144*, 184*.
Rutherford, J. 16*. Savi, P. 31*.
Ruysbroeck, Johann 348, 638—640, Savile (Savilius), Heinrich 122, 574.
(642), 1657), 658, 207* f. 195*.
Ryssel, V. 97, 57*, 137*. Sawedji 362.
Sbaralea, H. 102*, 153*, 196*.
Scandone, F. 167*.
Scaranno, N. 183*.
Scarparius, H. 504.
S. Scartazzini, G. A. 183*.
Schaarschmidt. C. 191, 125*, 127*. 203*.
Saadja ben Joseph al-Fajjürai 386, (389), Schädel, B. 186*.
(395 f.), 399, 146*— 148*. Schaepmann, H. J. 168*.
Sabaeus, F. 79, 111. Schäfer, D. 78*.
Sabatier, A. 16*, 25*. Schäfer. J. 12*. 60* f.
Sabellianismus 91, 117, 159, 259. Schaff, M. 176"^.
Sabellius, der Monarchianer 91 f. Schaff, Phil. 4, 29, 35, 145, 2*, 25*. 70*.
Sachs, Michael 389. Schahrastäjil siehe Mohammed al Scha-
Sachse, E. 19*.
Sack, J. 147*. Schalkhaiwer, G. 63*, 81*.
Sackur 263, 113*. Schanz, M. 9*, 44* f., 48* f., 58* f., 69*,
de Sacy 138*. 75* f.
(Vorzug d. Thom. vor Albertus Ma- 592 f., 595, 604, 612, 623, 631—633,
gnus), 474, (477—503): Allgemeine 637, 643 f., 646 f., 655, 657, 166*—
Charakteristik von Thom. u. seiner 178*, 187*, 191*.
Lehre 477—479, Ausgaben 479-482, Thomas Bradwardine 572, (574 f.),
Leben u. Schriften von Thom. 482 — (586 f.).
DRITTER TEIL:
Da Philosophie
zahlreiche eingehende Forschungen die der Auffassung von dem Entwicklungsgang
vom Ende des Mittelalters des 18. Jahrhunderts und bis zum Ausgang
von der geschichtlichen Stellung der einzelnen Denker vielfach geändert haben, so hielt
Prof. Dr. FrischeisensKöhler eine tiefgreifende Umgestaltung dieses Bandes für
geboten. Nahezu der gesamte Text ist neugeschrieben und die zahlreiche Literatur
mit größtmöglicher Vollständigkeit berücksichtigt. So bietet sich der dritte Teil diesmal
als ein gänzlich neues Buch dar.
iiiiiiiHiiiiiiiiiiiiiiiiiuiiiMiiiiiiiiniiiHiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiMiiiniiiiiiiniiiiMiiiitiiiiiMiMiiiiiiiiiiiniiiiiiiinniriiHiiiiiiiiHiiiriiniiiiiiiiuiiiiiiiiiiiiiniiiiiiiiiiiniiMiiiiiiiiiii^
VIERTER TEIL:
Das neunzehnte Jahrhundert.
OESTERREICH, von Dr.
Sachverzeichnis versehene Auflage. Bearbeitet phil. K.
Nlme«; uTd
Die neue Auflage bietet für jeden einen vortrefflichen Wegweiser zur Orientierung
über den Stand der Dinge und kann zum Einarbeiten in Speziais
gegenwärtigen
Probleme als bezeichnet werden. Das Werk ist nicht
unentbehrliches Hilfsmittel
nur für den Fachmann
besonders wertvoll, sondern vor allen Dingen auch für diejenigen,
die, von anderen wissenschaftlichen Disziplinen ausgehend, philosophischen
Ideenkreisen zugeführt werden. Norddeutsche Allgemeine Zeitung.
Gesamtübersicht
über die rastlose Neuarbeit und des eingehaltenen Stand*
punktes auf den verschiedenen Gebieten darzubieten und deren
Fortentwicklung zu verfolgen. Die Jahrbücher der Philo*
Sophie, die diesen modernen Forderungen nach einer all*
tunfassenden Welt» und Lebensanschauung entsprechen, sind
in allenKreisen der Gebildeten mit lebhafter Zustimmung
aufgenommen w^orden. Sie bilden nicht etwa das Organ einer
bestimmten philosophischen Schule, sondern lassen vielmehr
— was in der Wahl der Mitarbeiter deutlich hervortritt —
Vertreter aller bedeutenden Richtungen
zu Worte kommen. Bei aller kritischen Würdigung, die in
Einklang mit den Forderungen einer möglichen Objektivität
steht, reihen sie das auf allen Gebieten überreiche Material,
das ein einzelner nicht mehr überschauen oder gar eindringend
beurteilen kann, nicht nur äußerlich nach ihrem zufälligen zeit^
liehen Erscheinen aneinander, sondern betrachten tiefgründig
jiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiniiiiiiiiiiiiniiiiriiii MiiiiiiNiiiiiiiiiniiuiniiiiiiMiiiiiiMiiniiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiii
wie dieser erste Band. beschaffen ist, versprechen die Jahrbücher der Philosophie
Sointeressanteund teilweise instruktive Abhandlungen über die gegenwärtigen
»Tendenzen« der spezialwissenschaftlichen Forschung auf dem Gebiet der deutschen
Philosophie zu werden. Philosophischer Anzeiger.
D asProgramm kann man nur begrüßen, und man kann ihm auch nur zu»
stimmen. Die Geisteswissenschaften^
WirLaien
können dieses
ist es ein
Werk mit Freude als wesentlich fördernd begrüßen. Für den
wichtiges Hilfsmittel, sich in der vielverzweigten Literatur der
Gegenwart zurechtzufinden. Hamburger Fremdenblatt.
Kommentar für das Verständnis besonders schwieriger Autoren wird, tritt mehrfach
vorteilhaft hervor. Bedenkt man, daß in der Hauptsache Kräfte ersten Ranges am
Werke sind, ein überreiches Material verarbeiteten und dabei eigene Wege suchen mußten,
so kann man der gelungener} Ausführung des ersten Bandes und der guten Aus*
stattung bei billigem Preis sich von Herzen freuen. Leipziger Zeitung.
Die „Jahrbücher der Philosophie" sind in den zweiten Jahrgang eingetreten und
beweisen von neuem solch kräftiges Eigenleben, daß ihnen noch ungezählt
viele Jahrgänge geweissagt werden dürfen. Die Bedeutung dieser Jahrbücher, die
uns in der Tat ein unentbehrliches Unternehmen scheinen, wird sich erhalten, wenn
sie fortfahren, kein Organ einer bestimmten philosophischen Schule zu sein. Denn dadurch
erheben auf einen Standpunkt, der weitesten Kreise dringend erforderlich dünkt.
sie sich
Der zweite Band ist der praktischen Philosophie gewidmet. Er ermöglicht wieder
einen vortrefflichen Überblick über das mannigfach verzettelte und scheinbar aus«
einander fallende Streben der Philosophen. Hamburger Nachrichten.
Noch strenger als im ersten Jahrgang ist das glückliche Prinzip durchgeführt, daß
objektive Darstellung mit kritischer Würdigung verbunden wird. So
haben die Aufsätze der verschiedenen Verfasser einen einheitlichen Charakter. Trotz«
dem ist der schulmäßige Schematismus vermieden worden, weil man bei der Wahl
der Mitarbeiter mit größter Freimütigkeit zu Werk ging: alle bedeutenderen
Richtungen kommen zu Wort. Kölnische Zeitung.
kann keinem Zweifel daß das Jahrbuch eine klaffende Lücke auf den
unterliegen,
Es Büchermarkt ausfüllt. denen es nicht mehr vergönnt ist, an der Quelle der
Wir,
Wissenschaft zu schlürfen, werden gern und mit Genugtuung nach einem solchen
Werke greifen, wenn es sich darum handelt, den schwierigen Pfaden neuerer
Forschung zu folgen. Und die Studenten kann man beneiden, denen durch dieses
Unternehmen manche wochenlange Literaturarbeit erspart bleiben wird, die bisher
oft zeitraubend in die kostbare Zeit wichtiger Examen eingegriffen hat.
Mathematisch « Naturwissenschaftliche Blätter.
Wer ist,
da weiß, wie schwer es heute bei der
das
fast unübersehbaren Fülle
Wesentliche, Entscheidende im Auge zu behalten, um dem konstanten
des Stoffes
Fluß der Entwickelung folgen zu können, wird sich freuen, hier einem Führer sich
anvertrauen zu dürfen, der ihn mit kundiger Hand durch das philosophische
Labyrinth zum klaren Wege und Ziele hindurchführt. Reichsbote.
Ich kann nur noch einmal daraufhinweisen, welche große Bedeutung einem
derartigen
Unternehmen gerade bei dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaften und dem neu«
erwachten philosophischen Interesse zukommt, und das Werk jedem empfehlen,
der eine Orientierung über die philosophischen Bestrebungen der Gegenwart
sucht. Münchener Neueste Nachrichten.
ISSUED TO
UEEi:RWEG, FRIEDRICH B
Ö2
Die patristische und scho- ,U19
lastische Philosophie 1923 •
vol. 2