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Allgemeine Vegetationsökologie

Einführung in die Methoden der


beschreibenden Vegetationsökologie

Jörg Pfadenhauer
Lehrstuhl für Vegetationsökologie

Vegetationsökologie

©Jörg Pfadenhauer
Methoden in der Vegetationsökologie

Ziel:
Darstellung und Beschreibung der räumlichen und
zeitlichen Abfolge von Pflanzen und
Pflanzengemeinschaften
Methoden:
1. Ordinationsverfahren
Prinzip: Anordnung von Pflanzen entlang von (direkten
oder indirekten) Gradienten.
2. Klassifikationsverfahren
Prinzip: Klassifikation der Vegetation nach
Pflanzengesellschaften
Methoden in der Vegetationsökologie

1. Ordinationsverfahren:
Verfahren: numerisch (indirekte Gradientenanalyse) oder
nicht numerisch (direkte Gradientenanalyse)
Merkmale: die einzelne Art und (meist) ihre Gewichtung
(Dominanzwerte, z. B. Deckungsgrad)
Ziel: Darstellung der Verteilung von Arten entlang von
Gradienten; Analyse von Übergängen

2. Klassifikationsverfahren
Verfahren: numerisch oder nicht numerisch
Merkmale: die einzelne Art und ihre Gewichtung (wie oben)
oder verschiedene Wuchsformenmerkmale
Ziel: Darstellung von (kartierbaren) Vegetationseinheiten
(Pflanzengesellschaften)
Klassifikationsverfahren
Vegetationsgliederung nach soziologischen
Artengruppen

Pflanzensoziologie (Zürich-Montpellier-Schule):
Josias Braun-Blanquet
Reinhold Tüxen
Erich Oberdorfer

Ziel: Erarbeitung kartierbarer Vegetationseinheiten


Hierarchische, nicht numerische Klassifikation
von Pflanzengesellschaften mittels soziologischer
Artengruppen
Vegetationsgliederung nach soziologischen
Artengruppen

Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Methode:

1. Floristisch ± einheitliches Gebiet (z.B.


Mitteleuropa): hier wiederholen sich bestimmte
Kombinationen von Arten unter gleichen Standorts-
und Nutzungsbedingungen (Selektion von
Artengruppen aus einem einheitlichen Artenpool)
2. Pflanzengesellschaften lassen sich meist eindeutig
voneinander abgrenzen (Diskontinuitätsprinzip;
Abstraktion)
Vegetationsgliederung nach soziologischen
Artengruppen

Vorgehen:

1. Die Vegetationsaufnahme
2. Die Tabellenarbeit
3. Die Erstellung eines hierarchischen Systems
Die Vegetationsaufnahme

Ziel: Erfassung der für einen Standort und/oder eine


Nutzungsweise charakteristischen
Artenzusammensetzung
Vorgehen:
a) Wahl der Aufnahmefläche
• Kriterium der maximalen Homogenität
• Kriterium der ausreichenden Größe
Lage der Aufnahmefläche
Zeichnung Minimumareal
Minimalgrößen von Aufnahmeflächen in verschiedenen
Pflanzengemeinschaften
Die Vegetationsaufnahme

Ziel: Erfassung der für einen Standort und/oder eine


Nutzungsweise charakteristischen
Artenzusammensetzung
Vorgehen:
a) Wahl der Aufnahmefläche
Wälder: 200-400 m2
Wiesen: ca. 100 m2
Zwergstrauchheiden: 10-20 m2
Hochmoorweite: 1-5 m2
Die Vegetationsaufnahme

Ziel: Erfassung der für einen Standort und/oder eine


Nutzungsweise charakteristischen
Artenzusammensetzung
Vorgehen:
a) Wahl der Aufnahmefläche
b) Durchführung der Vegetationsaufnahme
• Charakterisierung des Gesamtbestands (Schichtung,
Neigung/Exposition, Aspekt, Bodenmerkmale usw.)
• Liste aller Pflanzenarten, die innerhalb der
Aufnahmefläche vorkommen, getrennt nach Schichten
• Schätzung der Artmächtigkeit (Kombination aus
Abundanz und Deckung)
Die Vegetationsaufnahme

Artmächtigkeits-Skala nach Braun-Blanquet (1964):

r (von lat. rarus = selten) 1-3 Exemplare einer Art


+ („Kreuz“) < 1% Deckung
1 1-5% Deckung, oder weniger deckend, aber mit
hohen Individuenzahlen vorkommend
2 5-25% Deckung, oder weniger deckend, aber mit
hohen Individuenzahlen vorkommend
3 25-50% Deckung
4 50-75% Deckung
5 75-100% Deckung
Formular für eine
Vegetationsaufnahme
Die Tabellenarbeit

Ziel: Ermittlung von Vegetationseinheiten durch


Kombination von soziologischen Artengruppen

Vorgehen:
1. Rohtabelle
2. Stetigkeitstabelle
3. Differentialtabelle
Beispielstabelle
Synthetische Tabelle

(aus Dierschke 2002)


Die Erstellung eines hierarchischen Systems

Ziel: Hierarchische Klassifikation der


Pflanzengesellschaften eines geographischen
Raums: Syntaxonomie

Vorgehen:
Erstellung eines hierarchischen Systems von
Pflanzengesellschaften

A B
1 2 1
Aufnahme-Nr. 1 3 4 2 5
D1 Art 6 2
Art 2 1
D2 Art 1 2 1 1
Art 4 + 2 2
B Art 3 + 1 1 2 1
Art 5 1 + 1 +
Art 7 +
Erstellung eines hierarchischen Systems von
Pflanzengesellschaften

ranghöhere Gesellschaft A B
rangniedrige Gesellsch. 1 2 1
Aufnahme-Nr. 1 3 4 2 5
D1 Art 6 2
Art 2 1
D2 Art 1 2 1 1
Art 4 + 2 2
B Art 3 + 1 1 2 1
Art 5 1 + 1 +
Art 7 +
ranghöhere Gesellschaft A B
rangniedrige Gesellsch. 1 2 1
Aufnahme-Nr. 1 3 4 2 5
D1 Art 6 2 Erstellung eines
Art 2 1 hierarchischen
D2 Art 1 2 1 1 Systems von
Art 4 + 2 2 Pflanzenge-
B Art 3 + 1 1 2 1 sellschaften
Art 5 1 + 1 +
Art 7 +

A Gesellschaft von Art 1 („Verband A“)


A1 Art 6-Ausbildung („Assoziation A1“)
A2 „Reine“ Ausbildung („Assoziation A2“)
B Gesellschaft von Art 3 (ohne eigene Kennarten) („Verband B“)
B1 wie „B“ („Assoziation B1“)
D1: Kennarten von A1
D2: Kennarten von A
Schema der Hauptrangstufen in der
Syntaxonomie

K Klasse -ea Molinio-Arrhenatheretea


O Ordnung -etalia Arrhenatheretalia elatioris
V Verband -ion Arrhenatherion elatioris
A Assoziation -etum Arrhenatheretum elatioris
Zwischenrangstufen in der Syntaxonomie

UK Klasse -enea Galio-Urticenea


UO Ordnung -enalia Trisetenalia flavescentis
UV Verband -enion Galio-Fagenion

SA Subassoziation-etosum Arrhenatheretum elatioris


calthetosum palustris
Die Vegetationstabelle

Begriffe:
Stetigkeit = Präsenz (relativ, absolut)
Trenn- (Differential-)Arten
Kenn- (Charakter-)Arten: Charakterarten-Lehre
Treuegrad von Kennarten
Treuegrade von Kennarten für verschiedene Syntaxa
Syntaxonomie: Nomenklaturregeln
(Auswahl aus Code der pflanzensoziologischen
Literatur; Barkmann et al. 1986)

1. Syntaxa sind abstrakte, nach floristisch-


soziologischen Kriterien definierte
Vegetationseinheiten einer beliebigen Rangstufe.
2. Grundanforderung für die gültige Veröffentlichung
eines Namens (u.a. Originaldiagnose,
nomenklatorischer Typ)
3. Bildung des Namens aus ein oder zwei lateinischen
Pflanzennamen
4. Jedes Syntaxon hat nur einen gültigen Namen
5. Zum vollständigen Namen eines Syntaxons gehört
der (abgekürzte Name des Autors und die
Jahreszahl der gültigen Erstpublikation
Klassifikation nach physiognomischen Merkmalen

• Nach Wuchsformen (z. B. nach der


Wuchsformenklassifikation in Kap. 1 dieser
Vorlesung
• Nach einzelnen Merkmalen der Physiognomie
dominanter Pflanzen (Blattgröße und Blattform, Höhe
ausgewachsener Bäume, Verzweigngsform von
Bäumen u. a. m.)
• Nach Kombinationen aus Einzelmerkmalen.

Beispiele:
Charakteristische Wuchsformen

Ableitung der zonalen


Vegetation der Erde
nach den
charakteristischen
Wuchsformen

(nach Dansereau, Whittaker,


Holdridge aus Sitte & al.
2002, verändert)
Beispiel für eine Strukturkartierung (Auwald Untere
Isar), aus Pfadenhauer 1997.
links: Pflanzensoziologische Kartierung zum Vergleich
(a= Reine Silberweidenau, b=Erlen-Silberweidenau, c=
Eschen-Ulmenau, d=Grünland)
Unten (A): Ableitung von Struktureinheiten aus dem
Luftbild, B Strukturkarte Krautschicht, D Strukturkarte
Baumschicht.
Kategorien der Blattgröße für die strukturell-
physiognomische Klassifikation der australischen
Regenwälder
(nach Tracy 1982 aus Adam 1994)
Strukturelle Gliederung der
Vegetation am Beispiel der
Vegetation Westaustraliens
(aus Beard 1990)
Ordinationsverfahren
Nicht numerische Ordinationsverfahren (direkte
Gradientenanalyse)

Einfachstes Beispiel:
Anordnung von Vegetationsaufnahmen gleicher Flächengröße
entlang eines Umweltgradienten (Bodenfeuchte, Niederschlag
usw.) und Darstellung der Verteilung der Arten entlang dieses
Transekts
Numerische Klassifikation: Aufnahmeverfahren
(Lage und Größe von Aufnahmeflächen)
Schraffiert sind verschiedene Pflanzengemeinschaften in einem
Geländeausschnitt
Skizze
Beispiel einer direkten Gradientenanalyse: Analyse eines
Trittgradienten in einem Halbtrockenrasen bei Stuttgart
(nach Obergföll 1984 aus Pfadenhauer 1997)
Numerische Ordinationsverfahren
(indirekte Gradientenanalyse)

1. Erstellung von Vegetationsaufnahmen (möglichst


mit gleichmäßiger oder zufälliger Verteilung im
Gelände)
2. Erstellung einer Tabelle (Matrix) mit Pflanzenarten
(Zeilen) und Aufnahmen (Spalten)
3. Errechnung von Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen
Spalten und Zeilen (nach Skalierung und
Transformation des Datensatzes)
4. Ordination der Arten und/oder Aufnahmen in einem
mehrdimensionalen Raum mithilfe von speziellen
Computerprogrammen
Ähnlichkeitsindizes

Beispiel für (Un)ähnlichkeit zwischen zwei Vegetationsaufnahmen

Euclid‘sche Distanz

Euij = √ ∑ (xi – yj )
Xi = Wert der Art i in Aufnahme x
Yi = Wert der Art i in Aufnahme y

ranghöhere Gesellschaft A B
1
Beispielsrechung:
rangniedrige Gesellsch. 1 2
Aufnahme-Nr. 1 3 4 2 5 Aufnahme zu Aufnahme 3:
D1 Art 6 2
Art 2 1 Eu =
D2 Art 1 2 1 1
√ (2-0)2+(1-0)2+(2-1)2+(1-2)2+(1-1)2+(1-1)2
Art 4 + 2 2
B Art 3 + 1 1 2 1 = 2,66
Art 5 1 + 1 +
Art 7 +
Ordination

Axis 2
(Hauptkomponenten-
Art_7
Aufn_4
Analyse,
60 Ähnlichkeitsmaß
Euclidsche Distanz)
der 7 Arten und 6
Art_4
Aufnahmen der
40 Tabelle in der
vorherigen Folie.
Art_5
Aufn_3
Art_1 Kreise:
Art_3 Axis 1
0
20
40 80
Vegetationseinheiten
A1, B1, A2
Rechteck:
Distanz
Aufn_5
Art_2 Aufn_1 Lage der Trennarten
Aufn_2
0 Art_6 1, 4 (und 5?)
Numerische Ordinationsverfahren

Beispiel: 21 Grünlandaufnahmen entlang


eines Feuchte-Gradienten
Umdruck
(aus Pfadenhauer 1997)
Ordination der 21
Grünland-
aufnahmen (a, b,
c) und der ihrer
Arten (d) mithilfe
einer
Korrespondenz-
analyse (MULVA),
aus Pfadenhauer 1997).
a): Aufnahmenummern,
Vegetationseinheiten
der Tabelle sowie die
Trennlinien dazwischen
b) Auswertungsbeispiel:
mittlere F-Zeigerwerte
und Isolinien
c) mittlere
Deckungswerte von
Cirsium oleraceum
(Feuchtezeiger)
d) F-Zeigerwerte der
Arten (Kreise = F8, F9;
Punkte = F5, F4)
Ergebnis eines
zehnjährigen
Aushagerungs-
versuchs in
Feuchtwiesen:
A schwer aushagerbar
B leicht aushagerbar
C Zielzustand

(nach Kapfer 1997,


verändert, aus Pfadenhauer
1997)
Numerische Klassifikation (Clusteranalyse)

1. Erstellung von Vegetationsaufnahmen (möglichst


mit gleichmäßiger oder zufälliger Verteilung im
Gelände)
2. Erstellung einer Tabelle (Matrix) mit Pflanzenarten
(Zeilen) und Aufnahmen (Spalten)
3. Errechnung von Ähnlichkeitsbeziehungen zwischen
Spalten und Zeilen (nach Skalierung und
Transformation des Datensatzes)
4. Gruppierung der Arten und/oder Aufnahmen in ein
Dendrogramm mithilfe von speziellen
Computerprogrammen
Zwei verschiedene Gruppierungsanalysen von 21 Grünlandaufnahmen (a
und b bedeuten unterschiedliche Skalierungs- und
Transformationsverfahren): A, B, C und D sind die bei diesem Verfahren
erhaltenen Pflanzengesellschaften. Die Ziffern sind die Nummern der
Vegetationsaufnahmen in der Tabelle (Umdruck).
(„single linkage“; MULVA von Wildi & Orloci 1983, aus Pfadenhauer 1997)
Allgemeine Vegetationsökologie
Vegetationsverbreitung

Jörg Pfadenhauer
Lehrstuhl für Vegetationsökologie
Technische Universität München

Vegetationsökologie

©Jörg Pfadenhauer
Begriffe

• Definition: räumliche Anordnung von


Pflanzengemeinschaften (Vegetationseinheiten)
• Anordnung horizontal und vertikal (Höhenstufung)
• Vegetationsgeographie und Landschaftsökologie
• Begriff: Vegetationskomplex
Horizontale Vegetationsgliederung

1. Vegetationszone: Gebiet mit großklimatisch bestimmter


physiognomisch einheitlicher Vegetation
(z.B. Tundrenzone, boreale Nadelwaldzone, nemorale
Laubmischwaldzone usw.); entspricht den Zonobiomen nach
H. Walter und den Ökozonen.
2. Vegetationsregion: Gebiet mit mehreren eigenen
Klimaxtypen, Altendemiten und florengeschichtlicher
Verwandtschaft (z.B. eurosibirische Vegetationsregion)
3. Vegetationsprovinz: Gebiet mit wenigstens einem eigenen
Klimaxtyp und Altendemiten (z.B. mitteleuropäische Provinz,
atlantische Provinz); deckt sich ungefähr mit Florenregionen
Horizontale Vegetationsgliederung

4. Vegetationsbezirk: Untergliederung der Provinzen nach


pflanzengeographischen Merkmalen (z.B. alpischer
Vegetationsbezirk, pannonischer Vegetationsbezirk)
5. Vegetationsdistrikt: räumlich zusammenhängender Komplex
potentiell natürlicher Vegetationseinheiten
Vegetationsregionen, -provinzen, -bezirke und
-distrikte Europas
(nach Braun-Blanquet aus Schubert 1991)
Vegetationsdistrikte in
Bayern
(nach Seibert 1968 aus
Pfadenhauer 1997, dort
auch Legende)

Beispiele:

5 Südbayerische
Eichen-Hainbuchen-
wald-Landschaft

6 Südbayerische
Buchen- und Tannen-
Buchen-wald-
Landschaft
Vegetationskomplexe

• Beschreibung von Mustern des räumlichen Nebeneinanders von


Pflanzengemeinschaften
• Verursacht von Standort, Nutzung (Substrat-, Nutzungsmosaik)
und/oder zeitlichen Prozessen (Phasenmosaik)
• Skalenunabhängig
• Unabhängig von der Methode, wie Pflanzengemeinschaften
beschrieben werden (Formation, Assoziation etc.)
• Typen: Mosaikkomplex, Gürtel- oder Zonationskomplex,
Überlagerung und Durchdringungskomplex
Phasen- und Substratkomplex

• Substratkomplex:
entstanden durch kleinräumig wechselnde
Standortsbedingungen (mit catenalem Charakter)

• Phasenkomplex:
entstanden durch räumlich benachbarte
Entwicklungsphasen auf mehr oder minder
einheitlichem Standort (mit serialem Charakter)
Phasen- und Substratkomplex in einem Buchenwald
(aus Kratochwil & Schwabe 2001)
Substrat- (Phasen-
?)komplex (Zonation):
Abfolgen von
Wasserpflanzengemein-
schaften in eutrophen
Standgewässern
(aus Pfadenhauer 1997)
Typisierung räumlicher Komplexe
nach ihrer Form

(aus Dierschke 1994)

a. Mosaikkomplex
b. Dominanzkomplex
c. Auflösung eines Mosaiks in
Feinzonierungen
d. Zonationskomplex
e. Durchdringungskomplex
f. Überlagerungskomplex
Vertikale Vegetationsgliederung

Klimatisch definierte Höhenstufen:


Planar: Tieflagen mit zonalem Großklima,
kaum reliefbedingte Unterschiede
Kollin: wie planar, aber mit deutlich
ausgeprägtem Relief
Submontan: wie kollin, aber geprägt durch Lage am
Fuß von höheren Gebirgen (kühler,
niederschlagsreicher)
Höhenstufen

Montan: mittlere Gebirgslagen, höhere Nieder-


schläge
Subalpin: Kampfzone des Waldes; Obergrenze =
thermische Waldgrenze
Alpin: klimatisch baumfrei
Subnival: Ende der geschlossenen
Vegetationsdecke
Nival: Zone des ewigen Schnees

Baumgrenze
Altitude for latitude: over short elevational distances thermal
gradients represent the climate across vast latitudinal distances
(from Körner 1999)
Schematische Gliederung europäischer Gebirge sowie
feuchttropischer Gebirge
(aus Pfadenhauer 1997)
Höhenstufen und Vegetation: Querschnitt durch die Schweizer
Alpen
Räumliche Darstellung der Vegetation

• Schichtungsprofile
• Verbreitungsprofile
• Schematische Transektdarstellungen
• Vegetationskarten
– Einzelartenkartierung
– Floristisch-strukturelle Vegetationskarten
– Synchorologische Karten
– Physiognomisch-strukturelle Vegetationskarten
– Vegetationserhebungen durch Fernerkundung
Schichtungsprofile:
Bestandesaufriss eines Galio-Carpinetum (Echinger Lohe) mit
Kronenprojektion
(aus Pfadenhauer & al. 1986)
Schichtungsprofile: links ober-
und unterirdisches
Schichtungsprofil einer
Feuchtwiese im Harz
(nach Hundt aus Ellenberg 1986)

Rechts: Schichtungsprofil
eines Moorrandwalds bei
Eggstätt/Chiemgau
(nach Kaule & Pfadenhauer aus
Ellenberg 1986)
Schematisches Verbreitungsprofil: Höhenstufen und Vegetation
entlang eines Querschnitts durch die Schweizer Alpen
(nach Mayer & Ellenberg aus Pfadenhauer 1997)
Schematische Transektdarstellung: Beispiel einer direkten
Gradientenanalyse: Analyse eines Trittgradienten in einem
Halbtrockenrasen bei Stuttgart (nach Obergföll 1984 aus Pfadenhauer 1997)
Räumliche Darstellung der Vegetation

• Schichtungsprofile
• Verbreitungsprofile
• Schematische Transektdarstellungen
• Vegetationskarten
– Einzelartenkartierung
– Floristisch-strukturelle Vegetationskarten
– Synchorologische Karten
– Physiognomisch-strukturelle Vegetationskarten
– Vegetationserhebungen durch Fernerkundung
Einzelarten-
kartierung:
Großmaßstäbliche
Karte eines Bult-
Schlenken-
Komplexes in einem
niedersächsischen
Hochmoor

(nach K. Müller, verändert


aus Pfadenhauer 1997)
Vegetationskarten
unterschiedlichen
Maßstabs in der
Umgebung des Plattensees
(verändert und vereinfacht nach
Jakucs aus Pfadenhauer 1997)

a. heutige potentielle
natürliche Vegetation
b. Ausschnitt aus a:
aktuelle Vegetation
c. Ausschnitt aus b.
Aktuelle Vegetation
Mögliche Auswertung
einer Karte der aktuellen
Vegetation:

oben: Aktuelle
Grünlandvegetation eines
Bachtals bei Moers,
Niederrhein, unten:
Ableitung einer
Feuchtestufenkarte
aufgrund von
Zeigerwerten

(nach Meisel, verändert aus


Pfadenhauer 1997)
Beispiel für ranglose, floristisch-strukturelle Vegetationskarten zur
Darstellung von Veränderungen (Echinger Lohe)
(aus Bernhardt , Diss. TU München, 2006)
Karte der natürlichen
Vegetationsgebiete
(heutigen potentielle
natürliche Vegetation)
der topographischen
Karte Hamburg-West
(Original-Maßstab 1:1
Mio.)

(aus Schröder 1999 (NNA-


Berichte)
Synchorologische Karte: Karte des potentiellen Areals der Ordnung
Corynephoretalia (Silbergrasfluren). Die unterschiedliche Färbung gibt die Zahl
der im jeweiligen Gebiet vorkommenden Assoziationen an (dunkel: viele)
(aus Dengler 2001)
Spezielle Vegetationsökologie 1
Kap. 1 Überblick

Jörg Pfadenhauer
Lehrstuhl für Vegetationsökologie
Technische Universität München

Vegetationsökologie

©Jörg Pfadenhauer
Spezielle Vegetationsökologie

Gliederung, Darstellung, Beschreibung und


(funktionale) Interpretation der Pflanzendecke der Erde
Voraussetzung:
Kartierbare Vegetationseinheiten auf verschiedenen
Skalenebenen
Vorlesung Spezielle Vegetationsökologie 1:
Vegetation Mitteleuropas
Vorlesung Spezielle Vegetationsökologie 2:
Vegetation der Erde
Spezielle Vegetationsökologie

Typen von Vegetationseinheiten:


Physiognomisch: Wuchsformen-Merkmale der
Pflanzendecke oder dominanter Arten
Floristisch: soziologische Artengruppen (geht nur
in ± floristisch einheitlichen Gebieten)
Horizontale und vertikale Vegetationsgliederung
(Zonierung, Mosaike, Grenzen)
Spezielle Vegetationsökologie 1:
Gliederung

1. Übersicht über die Vegetation der Erde (phy-


siognomische Einheiten) und Europas
2. Die Vegetation Mitteleuropas (floristisch-
soziologische Einheiten) = Spezielle Vegeta-
tionsökologie 1
Kap. 1
Übersicht über die Vegetation der Erde
und von Mitteleuropa
Vegetationszonen der Erde
(in Klammern: Nr. in der Vegetationskarte)

1. Vegetationszone der arktischen (und antarktischen) Tundra (9)


2. Vegetationszone der borealen Nadelwälder (8)
3. Vegetationszone der nemoralen (sommergrünen) Laubwälder (kühl-
gemäßigte Breiten) (6)
4. Vegetationszone der Steppen (kühl-gemäßigte Breiten) (7)
5. Vegetationszone der Halb- und Vollwüsten der kühl-gemäßigten
Breiten (7a)
6. Vegetationszone der Hartlaubwälder und –gebüsche (winterfeuchte
Subtropen) (4)
7. Vegetationszone der lauriphyllen Wälder (immerfeuchte Subtropen)
(5)
8. Vegetationszone der Halb- und Vollwüsten der Tropen und
Subtropen (3)
9. Vegetationszone der regengrünen Wälder und Savannen
(wechselfeuchte Tropen) (2 und 2a)
10. Vegetationszone der tropischen Tieflandsregenwälder (immerfeuchte
Tropen) (1)
Vegetationsgliederung Europas
Vegetationszonen und
Vegetationsregionen
Europas

(Bundesamt f. Naturschutz,
Bonn; aus Pfadenhauer 1997;
dort auch Legende)
Vegetationsgliederung Europas

Vegetationszonen (zonal) bzw. -regionen


1. Arktische Tundra
a. Europäische Tundrenregion
2. Borealer Nadelwald
a. Skandinavisch-russische Nadelwaldregion
• Skandinavische Provinz
3. Sommergrüner Laubwald
a. Europäische Region; weitere Untergliederung s.
nächste Folie
4. Hartlaubwälder und –gebüsche
a. Mediterrane Region
Vegetationsgliederung Europas

Vegetationsregionen und -provinzen


3. Europäische nemorale Laubmischwälder:
3.1 west- und nordwesteuropäische
Eichenwaldprovinz
3.2 mittel- und osteuropäische
Eichenwaldprovinz
3.3 submediterrane Eichenwaldprovinz
3.4 west- und mitteleuropäische Buchen-
und Buchen-Tannenwaldprovinz
3.5 Euxinische Orientbuchenwald-Provinz
Spezielle Vegetationsökologie 1
Vegetation Mitteleuropas
Kap. 2 Laubwälder

Jörg Pfadenhauer
Lehrstuhl für Vegetationsökologie
Technische Universität München

Vegetationsökologie

©Jörg Pfadenhauer
Bestes Nachschlagewerk für die Vegetation
Mitteleuropas

Ellenberg, H., 1998:


Vegetation Mitteleuropas mit den Alpen. 5. Auflage.
Ulmer-Verlag, Stuttgart.
Syntaxonomie

Vorwiegend nach:
• Otti Wilmanns, Ökologische Pflanzensoziologie (6.
Auflage, 1998), Quelle & Meyer, Wiesbaden
• Georg Grabherr und Mitarbeiter: Die
Pflanzengesellschaften Österreichs (drei Bände,
1993), Fischer, Jena
• Richard Pott, Die Pflanzengesellschaften
Deutschlands, Ulmer, Stuttgart (2. Aufl., 1995)
• Erich Oberdorfer (Hsg.), 1977-1992: Süddeutsche
Pflanzengesellschaften. Band I, II, III und IV. G.
Fischer-Verlag, Stuttgart-New York.
2.1 Wälder - Einführung
Vegetation Mitteleuropas:

31: westeuropäische
(überwiegend boden-
saure) Eichenmischwälder
32: osteuropäische
Eichenmischwälder
33: submediterrane
(thermophile) Eichen-
mischwälder
34: zentraleuropäische
Buchen- und Buchen-
Tannenwälder
25: Nadelwälder der
Gebirge
Mitteleuropa – ein Waldland?

Nur rund 5-10 % natürlicherweise waldfrei.


Grund:
– Zu nass
– Zu trocken
– Zu kalt
– Zu stark mechanisch belastet
– Zu stark chemisch belastet

Reale Vegetation:
Etwa 72 % der Fläche waldfrei.
Grund: menschlicher Einfluss
Wälder

• Sommergrüne Laubmischwälder
• Immergrüne Nadelwälder
• Übergänge zwischen beiden Typen
• Nicht standortsgemäße Forste (überwiegend
Nadelholzforste)
• 37 einheimische Baumarten; davon 29 Laubhölzer, 8
Nadelhölzer (Nordamerika: 75/57/18)
Wälder

Bestandesbildende Waldbäume in Mitteleuropa:


Laubbäume:
Fagus sylvatica: Buchenwälder
Quercus robur, Q. petraea: Eichen(misch)wälder
Betula pendula, B. pubescens: Birkenwälder
(Pionierwälder)
Fraxinus excelsior,
Acer pseudoplatanus: Eschen-Ahornwälder
Alnus glutinosa: Erlen-(Bruch-)wälder
Alnus incana: Grauerlen(Au-)wälder
Wälder

Bestandesbildende Waldbäume in Mitteleuropa:


Nadelbäume:
Picea abies: Fichtenwälder (Gebirge)
Pinus sylvestris: Waldföhrenwälder
(Extremstandorte)
Abies alba: Weißtannenwälder (selten)
Heutige Anteile wichtiger Baumarten an der Waldfläche
einiger Länder (%)
(aus Ellenberg 1998)

Tsche-
Nieder- Deutsch- chien Öster-
Länder Polen Schweiz
lande land Slowa- reich
kei
Waldfläche (%) 7 28 24 34 36 27

Nadelbäume 86 74 88 69 85 70

Fichte + 34 9 49 58 40

Kiefern 60 40 76 15 20 10

Laubbäume 14 26 12 31 15 30

Buche 2 18 3 16 10 25

Eichen 9 7 4 6 2 +
Wälder: Unterschied Laub-/Nadelbäume
Nadelholz Laubholz
Immergrün sommergrün
(„Allzeit-Bereit-Strategie“)
Eher frostresistent Nicht frostresistent
Transpiration Transpirations-
eingeschränkt (v.a. Föhre) einschränkung selten
Nadeln N-arm Breites Spektrum des N-
Gehalts
Eher Lichtarten Eher Schattenarten
Merkmale von Baumarten (Auswahl; s. Skript)

Art Alter Höhe m 1000- Aus-


(max.) (max.) Samen- brei-
Gewicht tung
Fagus sylv. 300 30 225 (Tiere)
Quercus rob. 800 50 3800 (Tiere)
Betula pend. 120 30 0,2 Wind
Fraxinus ex. 200 40 69 Wind
Picea ab. >300 60 8,4 Wind
Pinus sylv. 500 50 6,0 Wind
Pinus cemb. 1000 30 230 (Tiere)
Merkmale von Baumarten (Auswahl; s. Skript)

Art Verträglichkeit von Areal


Schatten in Spätfrost Sommer-
der Jugend dürre
Fagus sylv. hoch gering gering Subatl
Quercus rob. gering mittel hoch mieur-subm
Betula pend. gering hoch gering bor-mieur
Fraxinus ex. hoch gering gering subatl-subm
Picea ab. gering hoch gering bor-pralp
Pinus sylv. gering hoch hoch bor-eurkont
Pinus cemb. mittel hoch hoch borkont-pralp
Nährstoffgehalte der Blätter/Nadeln einiger Bäume als
Maß für den Nährstoffbedarf
(aus Ellenberg & al. 1986)

N P K

mg/g Trockengewicht

Buchenblätter (Fagus sylvatica) 22,7 2,0 9,4


Fichtennadeln (Picea abies,
1-jährig) 11,3 1,4 8,0
Buchenstreu (Fagus sylvatica) 13 0,9 5
Fichtenstreu (Picea abies) 11 0,6 1
Ökogramm der Baumarten Mitteleuropas:
submontan
Feuchte
trocken
Pinus Pinus

Quercus
Fraxinus
Quercus Fagus
Betula
Quercus
Fraxinus
Betula
nass Pinus Alnus glut.
sauer, neutral, alk., Basen-
basenarm basenreich sättigung
Ökogramm der Baumarten Mitteleuropas:
submontan
Feuchte
trocken
Bodensaure Schneeheide-
Föhrenwälder Föhrenwälder
Thermophile
Eichenmischwälder
Orchideen-
Bodensaure Hain-
Eichen- sim- Buchenwälder
Birkenwälder
sen- Waldmeister-
Eichen-Hainbuchenwälder
Ahorn-Eschenwälder
Moor-Föhren-
und Birkenwälder Erlenbruchwälder
nass
sauer, neutral, alk., Basen-
basenarm basenreich sättigung
pH und Verfügbarkeit
von Nährstoffen (nach
Truog aus Schröder 1969)
GERMANY GERMANY
SWEDEN °C 52.47°N / 9.70°E / 56m °C 49.50°N / 11.08°E / 319m
°C 56.73°N / 16.30°E / 15m 300 300
300 HANNOVER NUERNBERG
KALMAR 200 200
200 [138-138] +8.9°C 624mm [39-115] +8.7°C 635mm
[10-116] +7.2°C 474mm
50 100 50 100
50 100
90 90
90
40 80 40 80
40 80
70
70 70

30 60 30 60 30 60

50 50 50

20 40 20 40 20 40

30 30 30

10 20 10 20 10 20

10 10 10

0 0 0 0 0 0
mm mm mm

-10 -10 -10

-20 -20 -20

GERMANY ITALY
°C 48.13°N / 11.70°E / 529m 300 °C 45.38°N / 10.87°E / 67m 300
MUENCHEN-RIEM VERONA/VILLAFRANCA
[212-145] +7.7°C 929mm 200 [33-30] +12.6°C 806mm 200
50 100 50 100
90 90
40 80 40 80 Klimadiagramme
30
70
60 30
70
60
Mitteleuropas von
20
50
40 20
50
40
Nord (Klamar) nach
30 30 Süd (Verona)
10 20 10 20
10 10
0 0 0 0
mm mm

-10 -10

-20 -20
GERMANY CZECHOSLOVAKIA HUNGARY
°C 49.22°N / 7.12°E / 322m 300 °C 50.10°N / 14.28°E / 380m 300 °C 47.43°N / 19.18°E / 138m 300
SAARBRUECKEN/ENSHEIM PRAHA/RUZYNE BUDAPEST/LORINC
[40-40] +9.2°C 861mm 200 [223-189] +7.6°C 478mm 200 [41-41] +10.4°C 516mm 200
50 100 50 100 50 100
90 90 90
40 80 40 80 40 80
70 70 70
30 60 30 60 30 60
50 50 50
20 40 20 40 20 40
30 30 30
10 20 10 20 10 20
10 10 10
0 0 0 0 0 0
mm mm mm

-10 -10 -10

-20 -20 -20

GERMANY
°C 49.08°N / 13.28°E / 1307m 300
GROSSER
[10-10] +3.5°C 1400mm 200
50 100
90
40 80 Klimadiagramme Mitteleuropas
30
70
60
von West (Saarbrücken) nach
20
50
40
Ost (Budapest)
30
10 20
10 Links: Mittelgebirge
0 0
mm

-10

-20
Längsschnitt durch die Alpen
und Anordnung der
Baumarten
(nach verschiedenen Autoren aus
Pfadenhauer 1997)
Querschnitt durch den westlichen Teil
Mitteleuropas von den Vogesen bis zum
Bayerischen Wald
(aus Pfadenhauer 1997)
Querschnitt durch die Schweizer Alpen
(nach verschiedenen Autoren aus Pfadenhauer 1997)
Ungefährer Anteil
der Waldkiefer
und anderer
Baumarten am
Aufbau
natürlicher
Wäldern auf
verschiedenen
Böden im
altpleistozänen
Flachland von
Holland bis
Ostpolen

(aus Ellenberg 1998)


Kap. 2.2 Laubmischwälder

Grundsätzlich:
• Gliederung nach Bodeneigenschaften: basenarm,
basenreich; feucht, trocken
• Gliederung nach phytogeographischen Merkmalen (=
allgemein-klimatischen Eigenschaften):
geographische Rassen
Gliederungsmerkmale:
Soziologische Artengruppen (Waldbodenpflanzen)
Gliederung der Laubmischwälder

Kl. Querco-Fagetea: sommergrüne Laubmischwälder


Europas
O. Fagetalia
V. Fagion: europäische Buchenwälder
UV. Cephalanthero-Fagenion:
Orchideen-Buchenwälder (Kalk-
Buchenwälder)
UV. Galio-Fagenion: Waldmeister-
Buchenwälder
UV. Luzulo-Fagenion: Hainsimsen-
Buchenwälder
UV. Daphno-Fagenion: präalpide
artenreiche Tannen-Buchenwälder
Floristische Gliederung des Verbandes Fagion in Süddeutschland

GFn DF
Ökologische Artengruppen* LF CF
GFm HF ApF AcF
Avenella flexuosa-Gruppe
Anemone nemorosa-Gr.
Galium odoratum-Gruppe
Lamiastrum montanum-Gr.
Hordelymus europaeus-Gr.
Lonicera alpigena-Gr.
Adenostyles alliariae-Gr.
Cephalanthera-Gruppe

LF = Luzulo-Fagenion, GFn = Galio-Fagenion, DF = Daphno-Fagenion, CF =


Cephalanthero-Fagenion, GFm = Galio-Fagetum, HF = Hordelymo-Fagetum,
ApF = Aposerido-Fagetum, AcF = Aceri-Fagetum
* Bezeichnungen nach Ellenberg 1998, s. auch Skript Pfadenhauer 1997
Transpiration von
Schatten- (obere
Hälfte) und
Sonnenpflanzen
(untere Hälfte)

(nach verschiedenen
Autoren aus Ellenberg
1998)
Floristisches und
ökologisches Gefälle in
der Reihe der
Buchenwald-
gesellschaften,
schematisch

(aus Ellenberg 1998)


Gliederung der Laubmischwälder

Kl. Querco-Fagetea: sommergrüne Laubmischwälder


Europas
O. Fagetalia
V. Fagion: europäische Buchenwälder
V. Carpinion: Eichen-Hainbuchenwälder
Ass. Galio sylvatici-Carpinetum:
subkontinentale Eichen-
Hainbuchenwälder (extrazonal)
Ass. Stellario-Carpinetum:
ozeanische feuchte Eichen-
Hainbuchenwälder (azonal)
Jährlicher Nährstoffkreislauf (K, Ca, Mg, N, P) in einem Carpinion-
Bestand in Belgien
(nach Duvigneaud & Denayer.De Smet aus Wilmanns 1998)
Gliederung der Laubmischwälder

Kl. Querco-Fagetea: sommergrüne Laubmischwälder


Europas
O. Fagetalia
V. Fagion: europäische Buchenwälder
V. Carpinion: Eichen-Hainbuchenwälder
V. Tilio-Acerion: Linden-Ahornwälder
V. Alno-Ulmion: sommergrüne Auewälder
Gliederung der Laubmischwälder

Kl. Querco-Fagetea: sommergrüne Laubmischwälder


Europas
O. Fagetalia
O. Quercetalia roboris: bodensaure Eichen- und
Buchenmischwälder (!!!!)
V. Luzulo-Fagion: bodensaure
Hainsimsen-Buchenwälder
V. Quercion robori-petraeae:
bodensaure Eichenmischwälder
Gliederung der Laubmischwälder

Kl. Querco-Fagetea: sommergrüne Laubmischwälder


Europas
O. Fagetalia sylvaticae
O. Quercetalia roboris: bodensaure Eichen- und
Buchenmischwälder
O. Quercetalia pubescentis: thermophile
(submediterrane) Eichenmischwälder
V. Quercion pubescentis:
Flaumeichenwälder
V. Potentillo albae-Quercion
petraeae: Fingerkraut-Eichenwälder
Zentraleuropas
Spezielle Vegetationsökologie 1
Vegetation Mitteleuropas
Kap. 3 Nadelwälder

Jörg Pfadenhauer
Lehrstuhl für Vegetationsökologie
Technische Universität München
Vegetationsökologie

©Jörg Pfadenhauer
Vegetation
Mitteleuropas
Gliederung der Nadelwälder

Grundsätzlich:
• Gliederung nach Bodeneigenschaften: basenarm,
basenreich; feucht, trocken
• Gliederung nach phytogeographischen Merkmalen (=
allgemein-klimatischen Eigenschaften):
geographische Rassen
• Ursachen für Auftreten von Nadelbäumen (anstelle
von Laubbäumen): Kurze Vegetationszeit, kombiniert
mit Kontinentalität, basenarme (nadelholzfördernde)
Gesteine, extreme Böden
Gliederungsmerkmale:
Soziologische Artengruppen (Waldbodenpflanzen)
Gliederung der Nadelwälder nach dominanten
Baumarten

1. Fichtenwälder (Bezug zur borealen


Nadelwaldzone): überwiegend in Gebirgslagen
2. Waldföhrenwälder (s. Ökogramm): auf extremen
Standorten, auch als Pionierwälder
3. Lärchen-Zirbenwälder (subalpin, Zentralalpen)
4. Weißtannenwälder (mit dominanter Tanne selten,
eher ozeanisch)
Gliederung der Nadelwälder

Kl. Vaccinio-Piceetea: überwiegend bodensaure,


boreal-alpische Nadelwälder
O. Vaccinio-Piceetalia: bodensaure NW
V. Piceeion excelsae: zwergstrauchreiche
bodensaure Nadelwälder Mitteleuropas
Bsp: Bazzanio-Piceetum, Luzulo-
Piceetum, Soldanello-Piceetum
Gliederung der Nadelwälder

Kl. Vaccinio-Piceetea: überwiegend bodensaure,


boreal-alpische Nadelwälder
O. Vaccinio-Piceetalia: bodensaure NW
V. Piceeion excelsae: zwergstrauchreiche
bodensaure Nadelwälder Mitteleuropas
Larici-Pinetum cembrae, Rhododendro-
Pinetum montanae
Gliederung der Nadelwälder

Kl. Vaccinio-Piceetea: überwiegend bodensaure,


boreal-alpische Nadelwälder
O. Vaccinio-Piceetalia: bodensaure NW
V. Piceeion excelsae: zwergstrauchreiche
bodensaure Nadelwälder Mitteleuropas
V. Dicrano-Pinion: subkontinentale,
bodensaure Waldföhrenwälder
Gliederung der Nadelwälder

Kl. Vaccinio-Piceetea: überwiegend bodensaure,


boreal-alpische Nadelwälder
O. Vaccinio-Piceetalia: bodensaure NW
O. Athyrio-Piceetalia: artenreiche Fichten-
und Fichten-Tannenwälder
Gliederung der Nadelwälder

Kl. Vaccinio-Piceetea: überwiegend bodensaure,


boreal-alpische Nadelwälder
O. Vaccinio-Piceetalia: bodensaure NW
O. Athyrio-Piceetalia: artenreiche Fichten-
und Fichten-Tannenwälder
Kl. Erico-Pinetea: Schneeheide-Föhrenwälder (auf
Karbonatböden)
O. Erico-Pinetalia
V. Erico-Pinion sylvestris: Schneeheide-
Föhrenwälder
V. Erico-Pinion mugo: Bergföhren-
Krummholz auf Karbonatböden
Gliederung der Nadelwälder

Kl. Vaccinio-Piceetea: überwiegend bodensaure,


boreal-alpische Nadelwälder
O. Vaccinio-Piceetalia: bodensaure NW
O. Athyrio-Piceetalia: artenreiche Fichten-
und Fichten-Tannenwälder
Kl. Erico-Pinetea: präalpide Schneeheide-Föhrenwälder
(auf Karbonatböden)
O. Erico-Pinetalia
Kl. Pulsatillo-Pinetea: Steppen-Föhrenwälder
Spezielle Vegetationsökologie 1

4.4 Auen
Jörg Pfadenhauer
Lehrstuhl für Vegetationsökologie
Technische Universität München

Vegetationsökologie

©Jörg Pfadenhauer
Längszonierung eines Fließgewässers

1. Krenal (Quellen und Quellbäche)


2. Rhithral (Gebirgsbach; Gefälle 20 - >0,3 ‰; Forellenbach)
a. Epirhithral (obere Forellenregion)
b. Metarhithral (untere Forellenregion)
c. Hyporhithral (Gebirgsfluss-Mittellauf, Unterlauf von
Gebirgsbach; ), Äschenregion, bis zu 100 m Breite)
3. Potamal (Fließgewässer < 0,3 ‰, vorwiegend Sedimentation,
(Mäanderbildung; Unterlauf)
a. Epipotamal (kleiner und großer Niederungsbach;
Barbenregion)
b. Metapotamal (kleiner und großer Niederungsfluss, bis
über 100 m Breite, Bleiregion)
4. Hypopotamal (Mündungsgebiet; Ästuar, mariner Einfluss)
Natürliche Auen: Merkmale

1. Überflutungsregime
• Regelmäßige Überflutung mit
Flusswasser
• Erosion und Sedimentation
• Stark schwankender
Grundwasserspiegel
2. Gewässerchemismus
• Huminstoffreich
• Silikatisch (klar, sauer)
• Karbonatisch (klar, basisch)
• Trüb (schwebstoffreich, verunreinigt)
Natürliche Auen
Querschnitt durch den Mittellauf eines Alpenflusses
• Flussbett mit Kies- und Sandinseln
(Schwemmlingspflanzen; Therophytenfluren)
• Flussbettrand (Flussröhricht, nitrophytische
Staudenfluren)
• Weichholzaue
– Weidengebüsch
– Silberweidenau
– Grauerlen- oder Pappelau
• Hartholzaue
– Eschenaue
– Eichen-Ulmenaue
• Brennen (Sanddorngebüsch,
• Randmulden (Erlenbruchwald, Seggenriede)
Mittellauf eines Alpenflusses

mNW = mittleres Niedrigwasser, mW = Mittelwasser, mHW = mittleres


Hochwasser, hHW = höchstes Hochwasser. AF = Annuelle
Pflanzengemeinschaften und Flutrasen, Bu = Rotbuche, Ei = Stileiche, Es =
Esche, F = Flußröhrichte, Fö = Waldföhre, GE = Grauerle, Hb = Hainbuche,
P = Pestwurz, Pa = Schwarzpappel, R = Röhrichte und Großseggenriede, S
= alpine Schwemmlinge, SE = Schwarzerle, SW = Silberweide, Ta =
Tamariske, Ul = Ulme.
Typische Blattform von Weiden in Flussauen (Strömungswiderstand!); aus
Ellenberg 1998
Verbreitung von Alnus
incana in Europa (oben)
und mittlere
Jahrestemperaturen in
Europa (nach Alt und
Schwabe aus Ellenberg
1998)
Abweichungen

1. Unterlauf mitteleuropäischer Flüsse


• Gehölzfreie Aue breiter (ausgedehnte
Therophytenfluren, Flutrasen, Brackwasserröhrichte im
Mündungsgebiet
• Weichholzau mit Populus nigra bzw. P. alba
• Hartholzaue häufig mit verlandenden Altwässern
Aue des Unterlaufs eines mitteleuropäischen
Flusses

mNW = mittleres Niedrigwasser, mW = Mittelwasser, mHW = mittleres


Hochwasser, hHW = höchstes Hochwasser. AF = Annuelle
Pflanzengemeinschaften und Flutrasen, Bu = Rotbuche, Ei = Stileiche, Es = Esche,
F = Flußröhrichte, Fö 0 Waldföhre, GE = Grauerle, Hb = Hainbuche, P = Pestwurz,
Pa = Schwarzpappel, R = Röhrichte und Großseggenriede, S = alpine
Schwemmlinge, SE = Schwarzerle, SW = Silberweide, Ta = Tamariske, Ul = Ulme.
Abweichungen

2. Oberlauf von Alpenflüssen


• Gehölzfreie Aue mit Kiesinseln: Alpenschwemmlinge
• Weichholzauen auf Flussschotter (Weiden-
Tamariskengebüsch)
• Hartholzaue durch Schneeheide-Föhrenwälder ersetzt
(persistentes Pionierstadium)
Oberlauf eines Alpenflusses

mNW = mittleres Niedrigwasser, mW = Mittelwasser, mHW = mittleres Hochwasser,


hHW = höchstes Hochwasser. AF = Annuelle Pflanzengemeinschaften und Flutrasen,
Bu = Rotbuche, Ei = Stileiche, Es = Esche, F = Flußröhrichte, Fö 0 Waldföhre, GE =
Grauerle, Hb = Hainbuche, P = Pestwurz, Pa = Schwarzpappel, R = Röhrichte und
Großseggenriede, S = alpine Schwemmlinge, SE = Schwarzerle, SW = Silberweide, Ta
= Tamariske, Ul = Ulme.
Abweichungen

3. Auen von Silikatbächen


• Gehölzfreie Aue: Hochstauden, Pestwurz
• Weichholzaue: Sternmieren-Schwarzerlenaue
• Hartholzaue fehlt
mNW = mittleres
Niedrigwasser, mW =
Ober- und Mittellauf von Bächen in Mittelwasser, mHW =
Silikatmittelgebirgen mittleres Hochwasser,
hHW = höchstes
Hochwasser. AF =
Annuelle
Pflanzengemeinschaf-
ten und Flutrasen, Bu =
Rotbuche, Ei = Stileiche,
Es = Esche, F =
Flußröhrichte, Fö =
Waldföhre, GE =
Grauerle, Hb =
Hainbuche, P =
Pestwurz, Pa =
Schwarzpappel, R =
Röhrichte und
Großseggenriede, S =
alpine Schwemmlinge,
SE = Schwarzerle, SW =
Silberweide, Ta =
Tamariske, Ul = Ulme.
Funktion von Auen in der Kulturlandschaft

1. Auen als Retentionsräume für erodiertes


Bodenmaterial aus landwirtschaftlich genutzten
Flächen (anthropogene Auensedimente)
2. Auen als Wanderwege für Neophyten
3. Auen als Herkunftsort von Arten des
Wirtschaftsgrünland, der Äcker, der
Siedlungsräume
4. Auen als Lebensräume für anthropogene
Pflanzengemeinschaften (z.B. Kalkmagerrasen)
Auswirkung der Flussregulierungen

• Völliger Verlust von Pflanzengemeinschaften, die auf


regelmäßige Überflutungen und offene Stellen angewiesen sind
• Völliger Verlust des Pioniercharakters der Weichholzaue
• Entwicklung der Hartholzaue zu Eichen-Hainbuchenwäldern
• Austrocknung der Aue und Rückgang feuchtigkeitsbedürftiger
Biozönosen
• Umwandlung der Auen in landwirtschaftliche Nutzflächen und
Siedlungsgebiete
Veränderungen der Auen des Oberrhein durch flussbauliche
Maßnahmen
Veränderung der
Auenvegetation und
der Flächennutzung
am Lech südlich
von Augsburg in
den letzten 60
Jahren (nach
Müller-Schmidt
1991, aus Ellenberg
1998)
Spezielle Vegetationsökologie 1

4.5 Heiden
Jörg Pfadenhauer
Lehrstuhl für Vegetationsökologie
Technische Universität München

Vegetationsökologie

©Jörg Pfadenhauer
Heiden

Definition: a) Flächen mit Nutzungsrechten einer


Dorfgemeinschaft (= Allmende;
mittelalterlicher Rechtsbegriff; südd.
Haide, Hoad, Hart); heute oft
aufgeforstet
b) Vegetationsökologisch: von Gräsern
oder Zwergsträuchern beherrschte,
durch z.T. degradierende Nutzung
(Mahd + Beweidung ohne Düngung,
Streunutzung) entstandene
Pflanzendecke (sekundär) und die
zugehörige primäre Vegetation.
Heiden

Vorkommen:
1. Arme Sandgebiete und Silikatlandschaften
Nordwesteuropas (Geest):
Zwergstrauchheiden
2. Sandgebiete im östlichen Mitteleuropa:
bodensaure Sandmagerrasen
3. Karbonatlandschaften:
basiphytische Kalkmagerrasen und Wiesensteppen
4. Montane und subalpine Silikatlandschaften:
bodensaure Borstgrasheiden
Heiden: Antagonismus zwischen azidophytischen
Zwergsträuchern und basiphytischen Gräsern

Zwergsträucher Gräser
• Nährstoffaufnahme- • Nährstoffgebrauchs-
Effizienz (Mykorhiza, N2- Effizienz; Ca-Aufnahme
Fixierung) gebremst
• Immergrün (ozeanischer • Oberirdisch absterbend
Charakter) unter ungünstigen
• Nicht Bedingungen (kalte
austrocknungsresistent Winter, trockene Sommer)
• Extensives, flaches • Intensives, dichtes
Wurzelwerk Wurzelwerk
Heiden: Antagonismus zwischen azidophytischen
Zwergsträuchern und basiphytischen Gräsern

Zwergsträucher Gräser
Beispiele: Beispiele:
Calluna vulgaris Eher submediterran:
Erica tetralix Bromus erectus
Melica ciliata
Erica cinerea (im Westen)
Koeleria pyramidata
Genista anglica
Carex caryophyllea
Ulex europaeus Eher kontinental:
Brachypodium pinnatum
Stipa capillata
Carex humilis
Heiden

Kl. Sedo-Scleranthetea: Pioniervegetation auf Kalk- und


Silikatgestein (meist primär)
Kl. Festuco-Brometea: Kalkmagerrasen auf trockenen
Standorten (Trocken-, Halbtrockenrasen; sekundär)
Kl. Elyno-Seslerietea albicantis: basiphytische,
subalpin/alpin verbreitete Grasheiden
Kl. Nardo-Callunetea: bodensaure Magerrasen und
Zwergstrauchheiden
Heiden

Kl. Sedo-Scleranthetea: Pioniervegetation auf Kalk- und


Silikatgestein (meist primär)
O. Corynephoretalia canescentis: ozeanische
bis subozeanische Sandrasen
O. Festuco-Sedetalia: subkontinentale Sandrasen
O. Sedo-Scleranthetalia: Felsgrus- und
Felsbandvegetation
Heiden

Kl. Sedo-Scleranthetea: Pioniervegetation auf Kalk- und


Silikatgestein (meist primär)
Kl. Festuco-Brometea: Kalkmagerrasen auf trockenen
Standorten (Trocken-, Halbtrockenrasen; sekundär)
O. Festucetalia valesiacae: subkontinentale
Wiesensteppen
hierzu: Adonido-Brachypodietum (Adonisröschen-
Fiederzwenkenrasen)
O. Brometalia erecti: submediterrane
Kalkmagerrasen
V. Bromion erecti: Halbtrockenrasen
V. Xerobromion: Trockenrasen
Heiden

Kl. Sedo-Scleranthetea: Pioniervegetation auf Kalk- und


Silikatgestein (meist primär)
Kl. Festuco-Brometea: Kalkmagerrasen auf trockenen
Standorten (Trocken-, Halbtrockenrasen; sekundär)
O. Festucetalia valesiacae: subkontinentale
Wiesensteppen
hierzu: Adonido-Brachypodietum (Adonisröschen-
Fiederzwenkenrasen)
O. Brometalia erecti: submediterrane
Kalkmagerrasen
V. Bromion erecti: Halbtrockenrasen
V. Xerobromion: Trockenrasen
Massenverhältnis
oberirdisch zu
unterirdisch in einem
Halbtrockenrasen
(Mesobrometum) und im
Wirtschaftsgrünland
(Arrhenatheretum)
von April bis Oktober

(nach Pilat aus Ellenberg 1998)


Verbreitung einiger Arten der
Wiesensteppen: Adonis
vernalis, Brachypodium
pinnatum (inkl. B. rupestre)
und Festuca valesiaca
(aus Meusel & al. 1965 ff)
Heiden

Kl. Sedo-Scleranthetea: Pioniervegetation auf Kalk- und


Silikatgestein (meist primär)
Kl. Festuco-Brometea: Kalkmagerrasen auf trockenen
Standorten (Trocken-, Halbtrockenrasen; sekundär)
O. Festucetalia valesiacae: subkontinentale
Wiesensteppen
hierzu: Adonido-Brachypodietum (Adonisröschen-
Fiederzwenkenrasen)
O. Brometalia erecti: submediterrane
Kalkmagerrasen
V. Bromion erecti: Halbtrockenrasen
V. Xerobromion: Trockenrasen
V. Bromion erecti: Halbtrockenrasen

Floristische Differenzierung nach


– Entstehung (Mahd, Beweidung)
– Alpennähe (dealpine Arten)
– Kontinentalitätsgefälle
Antagonismus zwischen Bromus und Brachypodium
Beispiele:
Mesobrometum (Trespenwiese)
Gentiano vernae-Brometum (Frühlingsenzian-
Trespenwiese)
Carlino-Caricetum sempervirentis (Horstseggen-
Trespenwiese)
Gentiano-Koelerietum (Enzian-Schillergrasrasen)
Viscario-Avenetum pratense (Pechnelken-
Wiesenhaferrasen)
Wuchshöhe krautiger
Pflanzen in Bezug zu
den Stickstoff-
Zeigerwerten

(nach Ellenberg jr. aus


Ellenberg 1998)
Prozentualer Anteil
gefährdeter und
nicht gefährdeter
Pflanzenarten auf
N-armen und N-
reichen Standorten
Mitteleuropas

(nach Ellenberg Jr. Aus


Ellenberg 1998)
Heiden

Kl. Sedo-Scleranthetea: Pioniervegetation auf Kalk- und


Silikatgestein (meist primär)
Kl. Festuco-Brometea: Kalkmagerrasen auf trockenen
Standorten (Trocken-, Halbtrockenrasen; sekundär)
O. Festucetalia valesiacae: subkontinentale
Wiesensteppen
hierzu: Adonido-Brachypodietum (Adonisröschen-
Fiederzwenkenrasen)
O. Brometalia erecti: submediterrane
Kalkmagerrasen
V. Bromion erecti: Halbtrockenrasen
V. Xerobromion: Trockenrasen
V. Xerobromion: Trockenrasen

Kennzeichnend:
• Übergänge zu Pionierrasen (Mosaike)
• Niedrig wachsende (submediterrane)
Spaliersträucher:
Fumana procumbens
Globularia punctata
Teucrium montanum
• Niedrige Hemikryptophyten (wie Carex humilis, Aster
linosyris)
• Pluviogeophyten wie Allium montanum
• Sukkulente wie Sedum-Arten
a = Brachypodium pinnatum (Fiederzwenke), b = Carex humilis (Erdsegge) c
= Sesleria varia (Blaugras), d = Festuca pallens (Bleichschwingel), e =
Bromus erectus (Aufrechte Trespe), f = Chamaespartium sagittale
(Flügelginster), g = Nardus stricta (Borstgras), h = Scleranthus perennis
(Spörgel), i = Veronica dillenii (Heideehrenpreis), k = Lychnis viscaria
(Pechnelke),
Xerophyten

dürreempfindlich dürreresistent

dürremeidend Austrockung ver- Austrockung


zögernd ertragend
arido-passiv
Pluviotherophyten arido-aktiv arido-tolerant
Geophyten Verbesserte Poikilohydre Arten
Wasseraufnahme und
Stadien in
Leistungsfähige
Trockenstarre
Wasseraufnahme
Transpirations-
einschränkung
Wasserspeicherung
Austrocknungsdauer abgeschnittener Blätter bei Pflanzen eines
Halbtrockenrasens bei Göttingen
(nach Bornkamm 1958)

a Stunden bis zum Verlust der Hälfte des Wassergehalts der frischen Blätter
b Stunden bis zum Errreichen des subletalen Defizits (d.h. einer Schädigung
von etwa 10 & der Blattfläche
Kräuter, Leguminosen a b Gräser a b

Scabiosa columbaria 11,3 29,5 Avenochloa pratenis 7,9 20,8


Anthyllis vulneraria 15,3 20,1 Festuca valesiaca 5,2 16,0
Knautia arvensis 8,1 18,9 Bromus erectus 4,9 8,5
Hieracium pilosella 4,9 13,6 Brachypodium pinnatum 1,6 2,4
Pimpinella saxifraga 5,9 11,4
Lotus corniculatus 4,6 7,8
Tagesverlauf des Xylem-
Druckwasserpotentials (Ψ in
bar) und des Wassergehalts
der Blätter (%
Trockengewicht) von
Bromus erectus im
Xerobrometum
(durchgezogene Linie) und
im Mesobrometum
(gestrichelte Linie) an
Strahlungstagen
(nach Leuschner aus Ellenberg 1998)

Badberg/Kaiserstuhl: XB am Süd-,
MB am Nordhang;
Bollenberg/Elsaß: XB und MB am
Südosthang
Heiden

Kl. Sedo-Scleranthetea: Pioniervegetation auf Kalk- und


Silikatgestein (meist primär)
Kl. Festuco-Brometea: Kalkmagerrasen auf trockenen
Standorten (Trocken-, Halbtrockenrasen; sekundär
Kl. Elyno-Seslerietea albicantis: basiphytische,
subalpin/alpin verbreitete Grasheiden
O. Seslerietalia albicantis
V. Caricion ferruginei: subalpine
Rostseggenrasen
V. Calamagrostion variae: montane
präalpide Grasheiden
Heiden

Kl. Sedo-Scleranthetea: Pioniervegetation auf Kalk- und


Silikatgestein (meist primär)
Kl. Festuco-Brometea: Kalkmagerrasen auf trockenen
Standorten (Trocken-, Halbtrockenrasen; sekundär
Kl. Elyno-Seslerietea albicantis: basiphytische,
subalpin/alpin verbreitete Grasheiden
Kl. Nardo-Callunetea: bodensaure Magerrasen und
Zwergstrauchheiden
O. Nardetalia: Borstgrasheiden
O. Calluno-Ulicetalia: ozeanische
Zwergstrauchheiden
Borstgrasheiden

Kennzeichnend:
• Entstehung aus bodensauren Buchen-, Eichen-,
Nadelwäldern durch Rinderbeweidung
• Floristische Ähnlichkeiten mit Zwergstrauchheiden
• Borstgras (Nardus stricta) dominierend, nur in jungen
Zustand gefressen
• In Mitteleuropa relativ artenarm
Zwergstrauchheiden
Kennzeichnend:
• Von Zwergsträuchern dominiert (Calluna vulgaris)
• Kryptogamen-reich
• Entstehung aus bodensauren Buchen-Eichenwäldern
durch Beweidung (genügsame Schafrassen) und
Streunutzung
• Gutes Beispiel für Bodendegradation (Entstehung von
Eisen-Humus-Podsolen aus basenarmen
Braunerden)
• Stabilisierung durch Beweidung und Streunutzung
(„Plaggenhieb“): Verjüngung von Calluna vulgaris
l = Corynephorus canescens (Silbergras), m = Agrostis stricta
(Sandstraußgras), n = Calluna vulgaris (Heidekraut), o = Avenella flexuosa
(Drahtschmiele), p = Betula pendula (Sandbirke), q = Quercus robur
(Stieleiche).
Entwicklung einer Zwergstrauchheide ohne
Management
(nach Gimmingham & al. aus Pfadenhauer 1997)
Induktion von Nitratreduktase bei Heidepflanzen (µmol
Nitrit/h g Frischsubstanz
(nach Stewart & al. 1974 aus Kinzel 1982)

Aktivität von
Nitratreduktase
vor nach
Zusatz von Nitrat
Calluna vulgaris 0,1-0,6 1,1
Avenella flexuosa 0,2-0,7 3,2
Erica tetralix <0,1 <0,1
Vaccinium myrtillus <0,1 <0,1
Molinia coerulea 0,1-0,6 1,6
Festuca ovina 0,8-1,1 4,3
Koeleria cristata 0,7-1,0 6,8
Asperula cynanchica 1,2-1,6 2,6
Helianthemum nummularium 0,9-1,3 7,2
Induktion von Nitratreduktase bei Heidepflanzen (µmol
Nitrit/h g Frischsubstanz
(nach Stewart & al. 1974 aus Kinzel 1982)

Aktivität von
Nitratreduktase
vor nach
Zusatz von Nitrat
Zum Vergleich.
Chenopodium album 5,3 6,0
Urtica doica 12,9 14,6
Heiden

Kl. Sedo-Scleranthetea: Pioniervegetation auf Kalk- und


Silikatgestein (meist primär)
Kl. Festuco-Brometea: Kalkmagerrasen auf trockenen
Standorten (Trocken-, Halbtrockenrasen; sekundär)
Kl. Elyno-Seslerietea albicantis: basiphytische,
subalpin/alpin verbreitete Grasheiden
Kl. Nardo-Callunetea: bodensaure Magerrasen und
Zwergstrauchheiden
Nährstoffökologische Kenndaten von
Heiden (verschiedene Autoren)

a b c d

Halbtrockenrasen 5-30 10-30 0-3 Ca


Nitrat

Sandginsterheiden 10-15 5-30 5-15 Al


Ammon.

a Erträge (dt/ha a)
b N-Mineralisation (kg/ha a, Oberboden 0-20 cm)
c P2O5-Gehalt (mg/100 g Trockenboden)
d Überschuss-Ion
Nährstoffökologie: Strategien

Grasheiden auf Zwergstrauchheiden auf


Karbonatböden sauren Böden
Pflanzen mit variablem • Al-Resistenz
Nährstoffbedürfnis
• NPK-Aufnahmeeffizienz
Pflanzen mit geringem
Nährstoffbedürfnis • Gräser: geringe
• Grasartige Calcicole: Empfindlichkeit gegen
Bremsung der Ca- Nitrat
Aufnahme • Zwergsträucher: hohe
• NPK- Empfindlichkeit gegen
Aufnahmeeffizienz Nitrat
• NPK-
Gebrauchseffizienz
Nährstoffökologie: Heidemanagement

Grasheiden Zwergstrauchheiden
Geringe Geringe
Nährstoffverfügbarkeit: Nährstoffverfügbarkeit:
Niedrigwüchsigkeit phäno- Förderung ericoider
typisch plastischer, graminoi- Zwergsträucher
der Matrixarten
Nitratzufuhr:
Nährstoffzufuhr (P):
Förderung von Gräsern
Erhöhung der Sprosszahl
von Matrixarten Management-Strategie:
Verdrängung konkurrenz- Regelmäßige radikale
schwacher Lückenbüßer Nährstoffbeseitigung mit hohem
Management-Strategie: N-Austrag (Feuer, Oberboden-
Schwächung der Matrixarten abtrag)
Spezielle Vegetationsökologie 1

6 Gewässer
Jörg Pfadenhauer
Lehrstuhl für Vegetationsökologie
Technische Universität München

Vegetationsökologie

©Jörg Pfadenhauer
Lebensbedingungen von Süßwasserpflanzen

Makrophyten: Ranunculaceae
Potamogetonaceae
Juncaceae
Farnpflanzen (Azolla, Isoetes, Pilularia
Moose (Fontinalis sp.)
Großalgen: Characeae (Chara, Nitella)
Lebensbedingungen von Süßwasserpflanzen

Wuchsformen:
1. Pleustophyten (frei schwimmend)
a) Submerse, Blüten z.T. über Wasser: Utricularia, Lemna
trisulca
b) Emerse: Stratiotes, Lemna div. sp., Hydrocharis
2. Hydrophyten (am Boden haftend)
a) Submerse: unter Wasser blühend (Ceratophyllum), über
Wasser blühend (Ranunculus)
b) Emerse: Nuphae, Nymphaea
c) Amphiphyten: Hippuris, Sagittaria
3. Litorale Helophyten
a) Auch unter Wasser grün: Schoenoplectus
b) Nur über Wasser grün: Phragmites
Lebensbedingungen von Süßwasserpflanzen

Eigenschaften des Wasser im Vergleich zur Luft:


1. Geringere Löslichkeit von Gasen
(abnehmend mit steigender Temperatur: O2 bei 5 Grad: 8,9 cm3/L,
bei 20 Grad: 6,4 cm3/L)
Konsequenzen: Engpässe bei der Sauerstoff-Versorgung im
Sommer
Engpässe bei der C-Versorgung in
karbonatfreien (weichen) Gewässern im
Sommer
2. Stark variierende Nährstoffgehalte
Konsequenzen: Engpässe bei der N-und P-Versorgung in
oligotrophen Gewässern
Toxizitätsgrenzen bei Überbelastung
2. Spezielle Eigenschaften des Wassers:
Lichtabschwächung, Oberflächenspannung (Schwimmpflanzen),
Isothermie
Chemismus des Wassers

• Kohlenstoff
CO2 gut löslich; starke zeitliche Schwankung (Aufnahme durch
Pflanzen, Temperaturregime); Konfiguration (freies CO2, HCO3)
abhängig von pH und Calciumkarbonat
• Sauerstoff
Löslichkeit gering, Abnahme mit steigender Temperatur,
Unterschied Stand- und Fließgewässer, Gefahr des
Ungleichgewichts in phytomassereichen Gewässern: am Tag
Übersättigung, nachts Defizit. Biologische oder/und chemische
O2-Zehrung kann zur Verödung führen.
• Stickstoff
Nitrat vorherrschende N-Form (N-fixierende Mikrorganismen,
Einschwemmung). Starke jahreszeitliche Schwankung.
Ammonium als Abbauprodukt org. Materials und in sauren
Gewässern.
Chemismus der Gewässer

• Phosphat
In unbelasteten Gewässern produktionsbegrenzend: biogene
Ausfällung als Tricalciumphosphat in karbonatreichen
Gewässern, P-Festlegung in Form von Eisenphosphat-
Komplexen in sauren Gewässern.
• Schwefel
Als Sulphat zweithäufigste Anion (natürliche Schwankung
zwischen 5 und 150 mg/l). Im anaeroben Milieu Reduktion zu
Sulfiden (z. B. H2S)
• Kalium
Zwischen 6,5 (Fließgewässer) und über 200 mg/l
(Standgewässer)
Lebensbedingungen von Süßwasserpflanzen

Anpassungen:
• Oberflächenvergrößerung des Pflanzenkörpers
• Konzentration der Chlorplasten in der Epidermis
• Spezialisierung auf HCO3-Verwertung:
– Fontinalis-Typ (CO2)
– Elodea-Typ (auch HCO3)
• Aufnahme von Nährstoffen über den Spross
• Stützgewebe entbehrlich (aber: zentrale Anordnung
der Leitbündel: Zugfestigkeit)
• Gewässertrübung verhindert Pflanzenwuchs
• Sonderform: submerse Helophyten (z.B. Phalaris
arundinacea f. submersa)
Stoffliche Gliederung von Gewässern

1. Nach der Trophie:


Oligotroph/mesotroph/eutroph/polytroph/hypertroph/
dystroph
Eutraphente Pflanzen: Ceratophyllum, Callitriche, Ranunculus
fluitans, Potamogeton lucens
Oligotraphente Pflanzen: Chara, Potamogeton coloratus,
Utricularia
Definition der Trophie in Gewässern

Trophie Primär- Chemisch-physikalische Kennzeichnung


prod.
mg pH NH4-N PO4-P Cl Leit-
C/cm3 fähigkeit
Tag mg/L µS/cm

dystroph <500 <5 <0,4 <0,01 <10 <100

sauer-oligotroph <300 4,5-7,0 <0,4 <0,01 <10 <100

kalk-oligotroph <300 >7,5 <0,4 0 <10 <100

mesotroph <1 000 5-8 <1,0 <0,5 30 <200

eutroph >1 000 6-8 <2,0 <1,0 50 400

polytroph >7 >2,0 >>1 >100 >>400


Grenzwerte für die Beurteilung der Nährstoffsituation von
Fließgewässern anhand der elektrischen Leitfähigkeit
(nach Remy aus Pott & Remy 2000)

Einzugsgebiet
frei von Karbonatge- mit Karbonatgesteinen
steinen (Weichwasser) (Hartwasser)
Gesamthärte < 1 mmol/l Gesamthärte > 2 mmol/l
oligotroph < 150 µS/cm < 400 µS/cm
mesotroph 150-250 400-600
eutroph 250-400 600-800
poly- bis > 400 > 800
hypertroph
bedingt halin > 1000 > 1000
Stoffliche Gliederung von Gewässern

1. Nach der Trophie:


Oligotroph/mesotroph/eutroph/polytroph/hypertroph/
dystroph
Eutraphente Pflanzen: Ceratophyllum, Callitriche, Ranunculus
fluitans, Potamogeton lucens
Oligotraphente Pflanzen: Chara, Potamogeton coloratus,
Utricularia
2. Nach der Wasserhärte
1 dH0 = 7,14 mg Ca/L. Unterscheidung in harte und weiche
Gewässer.
Hartwasserpflanzen: Potamogeton coloratus, Ceratophyllum,
Chara
Weichwasserpflanzen: Isoetes, Nuphar pumila, Nitella
Stoffliche Gliederung von Gewässern

3. Nach dem Anteil an Huminsäuren


Braunwasserseen in Sauerhumusgebieten, Regenwassermooren.
Unterscheidung in oligohumos, mesohumos, polyhumos (=
dystroph)
Arten sind Spezialisten (z.B. Sphagnum cuspidatum)
4. Nach der Wasserbewegung
Stand- und Fließgewässer
Permanente Standgewässer

Vegetationsökologi-
sche Gliederung
nach
• Trophie
• Wasserhärte
• Wassertiefe
und dominanten
bzw. repräsentativen
Arten (ökologische
Artengruppen)
Permanente Standgewässer

Abfolge meist in Zonen (Wassertiefe):


1. Submerse Zone: durch untergetaucht lebende Pflanzen
gekennzeichnet
2. Schwimmblattzone: durch Pleustophyten und
Hydrophyten mit Schwimmblättern gekennzeichnet
3. Röhrichtzone: durch Röhrichtarten und/oder Großseggen
gekennzeichnet (fehlt in dystrophen Gewässern)

Kompensationszone
3 2 1

Eulitoral Epipelagial
Litoral
Sublitoral
Pelagial
Benthal
Profundal
Pathypelagial
Abfolgen von
Makrophyten und ihren
Gemeinschaften in
oligotrophen und
dystrophen
Standgewässern

(nach verschiedenen Autoren


aus Pfadenhauer 1997)
Abfolgen von
Makrophyten und ihren
Gemeinschaften in
eutrophen
Standgewässern

(nach verschiedenen Autoren


aus Pfadenhauer 1997)
Periodische Standgewässer

Kennzeichen:
• Flache, meso- bis eutrophe Gewässer
• Typus: traditionell bewirtschaftete Fischweiher
(Sömmerung; ggf. Anbau von Roggen oder
Kartoffeln, wenig Düngung und Zufütterung)
Vegetation (Kl. Isoeto-Nanojuncetea: Zwergbinsen-
Gesellschaften):
• Amphiphytische Therophyten
• Langlebige Diasporenbank
• Ausbreitung durch Wasservögel
• Viele heute seltene Arten
Fließgewässer
Vegetationsökologi-
sche Gliederung
nach
• Trophie
• Wasserhärte
• Wassertiefe
und dominanten bzw.
repräsentativen Arten
(ökologische
Artengruppen)
Fließgewässer

Kennzeichen:
• Nicht immer für Makrophyten geeignet (Beschattung,
Strömung, Sediment, Trübung)
• Besondere Anpassungen erforderlich
(Strömungswiderstand, Verankerung, Zugfestigkeit)
Unterscheidung in kalk-, sauer-oligotrophe und
eutrophe Gewässer
Eigener Charakter: Quellfluren (Kl. Montio-
Cardaminetea)
• Hartwasserquellen
• Weichwasserquellen
Charakterisierung von
Standgewässern der
Osterseen-Gruppe nach dem
Gesamt-P-Gehalt und der
Artenzusammensetzung der
Makrophyten

(aus Melzer 1976)


Spezielle Vegetationsökologie 1

7 Moore
Jörg Pfadenhauer
Lehrstuhl für Vegetationsökologie
Technische Universität München

Vegetationsökologie

©Jörg Pfadenhauer
Definition

• Geologische Definition:
Torflagerstätte aus mindestens 30 cm Torf (in
entwässertem Zustand)
• Ökologische Definition:
Ständig oder während der überwiegenden Zeit
eines Jahres von oberflächennah anstehendem
Moorwasser geprägt, mit einer an Wasserüber-
schuss angepassten Flora und Fauna
Merkmale ökologisch intakter Moore

1. Lebensraumfunktion
• Anwesenheit langfristig überlebensfähiger Populationen
von Arten, die physiologisch mittel- oder unmittelbar an
ständigen oder periodischen Wasserüberschuss
angepasst sind
2. Regelungsfunktion
• Speicherung von Feststoffen und Immobilisierung von
Nährstoffen (Stoffspeicherfunktion)
• Retention von Überschusswasser und langsame Abgabe
(Wasserrückhaltefunktion)
• Dämpfung regionaler Temperaturschwankungen sowie
Vermeidung des Austrags klimarelevanter Spurengase
(Klimaregelungsfunktion)
Moore: Basisbegriffe und -prozesse

• Torfakkumulation im anaeroben, wassergesättigten


Milieu
Keine Zerkleinerung des Bestandesabfalls (keine
Bodentiere), niedermolekulare Abbauprodukte gering,
Vegetation ist torfbildend
• Gespeist vom Grundwasser (mineralstoffreich;
Grundwasser- oder Niedermoore; minerotroph) oder
vom Regenwasser (mineralstoffarm,
Regenwassermoore, ombrotroph)
• Entstehung geo- bzw. soligen oder ombrogen
• Pflanzen minero- oder ombrotraphent
Sphagnum, Braunmoose,
Wollgräser, Seggen
Akrotelm (40-80 cm):
• periodisch wassergesättigt
• intensiv durchwurzelt
• porös
• Torfbildung

Katotelm:
• immer wassergesättigt
• kaum lebende Wurzeln
• Torfakkumulation
Oszillationsbezogene Eigenschaften der Akrotelmtypen
(nach Succow & Joosten 2001)

Akrotelmtyp fixiert verbunden Oszillations-


vermögen
anaptisch nein nein frei oszillierend
(Schwingrasen)
periodisch teilweise nein
anaptisch
hemi- teilweise ja oder eingeschränkt
synaptisch teilweise oszillierend
paraptisch nein ja

synaptisch ja ja nicht oszillierend


Torfakkumulationsraten
(nach verschiedenen Autoren aus Succow & Joosten 2001, verändert und gekürzt)

Moortyp Alter der Torfakkumulation Land


Basistorfe (Jahre) (g m-2 a-1)
Regenmoor 500 165 Finnland
Regenmoor 1000 57-86 Finnland
Regenmoor 1300-9200 27-70 Kanada
Regenmoor 10000-11000 10-40 Finnland

Niedermoor 100-200 83-89 Finnland


Niedermoor 2400 6-17 UK
Durchschnittliche Werte (über 1000 Profile, Turunen &Tolonen 1996)
Niedermoore 34 Finnland
Regenmoore 50 Finnland
Akkumulation von Torf sowie P und N in Mooren
Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg
(aus Succow & Joosten 2001)

Gehalt im Akkumulation
Torf
-1 -1
(Gewichts kg ha a Meckl.-Vorp. Brandenburg
-%) (t a-1) 1) (t a-1) 2)
Akkumulation (aktuell)
Torf (Trockenmasse) 340 1224 510
Phosphor 0,02-0,12 0,07-0,41 0,2-1,5 0,1-0,6
Stickstoff 1,3-3,5 4,42-11,90 16-43 6,6-17,9
Akkumulation (potentiell)
Torf (Trockenmasse) 340 99 586 73 100
Phosphor 0,02-0,12 0,07-0,41 20-120 15-88
Stickstoff 1,3-3,5 4,42-11,90 1 300-3 500 950-2 560
1) 3600 ha nicht entwässert, 289300 ha entwässert;
2) 1500 ha nicht entwässert, 213500 ha entwässert
Abschätzung der Klimarelevanz ungestörter (torfbildender)
Niedermoore
(Klimawirkung in kg CO2-C-Äquivalenten pro Jahr, nach div.
Autoren aus Kratz & Pfadenhauer 2001)

klimarelevantes Gas kg CO2-C-


Äquivalente pro
Jahr und ha
CO2-C -140 bis -480
CH4-C 456 bis 1139

N2O-N -15 bis 58

summarische -39 bis 1111


Klimawirkung
Stoffflüsse in natürlichen und entwässerten
Niedermooren

Natürlich, nass kultiviert, entwässert


N2 N2
CO2 N2O CH4 CO2 N2O CH4 N PK N PK
PK PK PK PK

P NO3
Senke: C, N, P Quelle: C, N, P
Klassifikation der Moore

1. Entwicklungsgeschichtlich-hydrologische
Moortypen
2. Stoffliche Gliederung der Moorböden
3. Ökologisch definierte Moorstandorte innerhalb der
Moortypen
4. Vegetationsgliederung der Moore nach der
Artenzusammensetzung
Entwicklungsgeschichtlich-hydrologische
Moortypen:

• Grundwassermoore (Niedermoore):
geogene Moore mit überwiegender Bindung an
mineralstoffreiches Grund- oder Zuflusswasser;
Oberfläche eben oder der Geländeform folgend.
Beispiele:
Versumpfungsmoor
Verlandungsmoor
Überflutungsmoor
Durchströmungsmoor
Quellmoor
Hangmoor
Kesselmoor
Versumpfungsmoor
(Peenetalmoore bei Anklam)
Verlandungsniedermoor: oben
links: eutrophes Gewässer
(Weiher bei Holzhaus, Opf.),
unten links mesotroph-saures
Gewässer
mit Schwingrasen (Kleiner
Arbersee)
Kesselmoor
(Biosphärenreservat
Schorfheide-Chorin)
Auen-Überflutungsmoor
(Ammer bei Unterammergau,
oben links)
während des
Pfingsthochwassers 1999
(Aufn. Wagner)

Unten links: Loisachmoore bei


Oberau
Quellmoore: Quellmoor mit Eriophorum scheuchzeri (Ötztaler Alpen, links
oben), geogenes Hangmoor mit Davallsegeneried (bei Altenau, Ammer, links
unten), ombrosoligenes Hangmoor (Ammergauer Alpen)
Minerotrophes Durchströmungsmoor mit
Schwarzerlenbestand (Mecklenburg-
Vorpommern) und ombrosoligenes D.
(Murnauer Moos) mit Pinus rotundata
Entwicklungsgeschichtlich-hydrologische
Moortypen:

• Regenwassermoore:
ombrogene Moore mit überwiegender Bindung an
mineralstoffarmes Regenwasser; Oberfläche mehr
oder weniger aufgewölbt oder der Geländeform
folgend.
Beispiele:
Hochmoore
Deckenmoore
Gebirgsregenmoore
Entwicklungsgeschichtlich-hydrologische
Moortypen:

• Mischtypen (ombro-/minerogen)
Kennzeichnend v. a. für die boreale Zone.
Beispiele:
Palsenmoore
Aapamoore

Gezeitenmoore
Stoffliche Gliederung von Moorstandorten

1. Bodenart:
Torf, Kalk (biogen; Wiesen-, Almkalk), Anmmoor
2. Torfqualität
a) durchschlickt/nicht durchschlickt;
b) sauer/neutral/basisch
c) Zersetzungsgrad nach v. Post (H1-H10): 1 =
unzersetzt, 10 = völlig zersetzt
d) N-Gehalt (oligo- bis hypertroph):
oligotroph: N/C < 2,5 %
mesotroph: N/C 2,5 – 5 %
eutroph: N/C 5 – 10 %
polytroph: N/C > 10 %
Stoffliche Gliederung von Moorstandorten

2. Torfqualität
e. Botanische Zusammensetzung:
• Hochmoortorf: aus Arten, die vorwiegend in
Regenwassermooren (Hochmooren) vorkommen:
Sphagnum, Eriophorum vaginatum, Calluna
vulgaris („Reisertorf“)
• Zwischenmoortorf: aus Arten der
Zwischenmoorstandorte
(z. B. Scheuchzeria palustris, Carex lasiocarpa)
• Niedermoortorf: aus Pflanzen minerotropher
Moore, sehr vielgestaltig (Schilftorf, Seggentorf,
Braunmoostorf usw.)
f. Elektrolytgehalt des Moorwassers
Vor allem Calcium als Indikator
Jahre BP
Hochmoor Niedermoor
0
Sphangnum- Thelypteris-
Eriophorum_ Sphagnum
Torf
1600
Kleinseggen-
2000 Moorentwick-
ried
2500 Birkenbruch lung in der
Thelypteris Umgebung von
Schilfröhricht Bremen während
Schilfröhricht
5000 des Postglazials
Cladium m. Thelypteris (nach Schwaar 1989)
Heide
Erlenbruch
Erlenbruch
7800
Großseggen-
ried
11500
pH-Werte und Ca-Gehalte im Porenwasser
verschiedener Moorstandorte

Moorstandorte Ort pH Ca (mg/l)


Armmoor Südschweden 3,7-3,9 0,5-0,9
Rhön 3,7-4,1 0,6-1,2
Schwarzwald 3,0-3,3 0,3-0,6
Alpenvorland 3,7-4,0 0,4-2,4
Oligotrophes Südschweden 4,2-4,5 0,7-3,2
Zwischenmoor Schwarzwald 3,2-5,0 0,5-2,4
Alpenvorland 3,2-4,5 0,8-2,9
Mesotrophes Südschweden 6,0-6,6 3,2-7,6
Zwischenmoor Alpenvorland 5,0-6,4 5,1-25,4
Reichmoor Alpenvorland 4,4-7,2 3,5-29,2

Nach verschiedenen Autoren aus Pfadenhauer 1997


Moorstandorte

Charakterisiert durch Trophie (Stickstoffgehalt im Torf),


pH des Moorwassers und Elektrolytgehalt (Calcium).
Reichmoor: Eutroph
Kalk-oligotroph
Sauer-oligotroph
Zwischenmoor: Mesotroph
Oligotroph
Armmoor
C B2
oligotroph
A3 A2
B1
mesotroph

eutroph Moorstandorte A1

pH 3 4 5 6 7

ombrotroph minerotroph dazwischen

A1 = eutrophes, A2 = kalk-oligo-, A3 = sauer-oligotrophes Reichmoor


B1 = mesotrophes, B2 = oligotrophes Zwischenmoor, C = Armmoor
Peatland Areas in some European Countries
(km2)

European Russia 102,000


Finland 89,000
Sweden 66,000
Belarus 23,970
United Kingdom 17,549
Germany 14,205
Ireland 13,470
Poland 12,050
Estonia 10,091
Ukraine 10,080
Iceland ~ 10,000
Moorflächen in Deutschland
(überwiegend kultiviert)

Moore Moore Grund- Regen-


gesamt % wasser- wasser-
km2 Landes- moore moore
fläche km2 km2
Mecklenvburg-Vorpommern 2 742 11,7 2 642 100
Niedersachsen 4 345 9,1 1 850 2 495
Schleswig-Holstein 1 500 9,1 1 250 250
Brandenburg 2 223 7,3 2 200 23
Sachsen-Anhalt 582 2,8 582 0
Bayern 1 650 2,3 1 200 450
Baden-Württemberg 600 1,7 400 200
Nordrhein-Westfalen 400 1,2 320 40
Sachsen 95 0,5 70 25
Rheinland-Pfalz + Saarland 30 0,1 22 8
Hessen 30 0,1 22 8
Thüringen 8 <0,1 8 0
Deutschland 14 205 10 566 3 639
Verlustbilanz mitteleuropäischer Moore
(aus Succow & Joosten 2001)

Land Frühere wachsende Heutige wachsende Verlust


Moorfläche Moorfläche % Moor-
fläche
x1000 % x1000 % frühere
km2 Landes- km2 Moor-
fläche fläche
Belgien 1 3,3 0,01 1 >99
Dänemark 10 23,0 0,10 1 >99
Deutschland 14 4,2 0,14 1 >99
Niederlande 15 36,0 0,15 1 >99
Österreich 3 3,6 0,30 10 90
Polen 13 4,2 1,95 15 85
Schweiz 2 4,9 0,20 10 90
Tschechien 0,3 0,4 0,015 5 95
Niedermoore
(Grundwassermoore)
Vegetation von Grundwasserrmooren Süddeutschlands in
Abhängigkeit von Standort und Nutzung
Moor- Sehr nass, Nass, Nass Mäß. nass Feucht
standorte nicht baumfähig anthropo- anthrop. anthrop.
baumfähig gen baumfrei baumfrei
baumfrei schwach entwässert
entwässert gedüngt
eutrophes Röhrichte Erlen- Sekundäre Seggenreiche
primäreGroß- bruchwälder Groß- Pfeifengras- Seggenreiche
Reichmoor
seggenriede seggenriede wiesen Kohldistel-
wiesen,
kalk-oligo- Schneid- Erlen- Sek. Kalk- Kalk-Pfeifen- in Sackungs-
binsen, prim. bruchwälder, kleinseggen- graswiesen mulden
/mesotroph.
Kalkklein- Moorkiefern- riede Bachdistel- Flutrasen.
Reichmoor primär
seggenriede wälder sekundär wiesen Bei tiefer
Großseggen- Kiefern- und Sekundäre Bodensaure Entwässerung
sauer-oli- artenarmes
go-/mesotr. riede, primäre Birkenmoor- Braunseggen- Pfeifengras-
Grünland,
Braunseggen- wälder riede wiesen u.a.
Reichmoor riede Quecken;
Äcker
Zwischen- Fadenseggen- Kiefern- und Sek. Pfeifengras-
riede Birkenmoor- bodensaure Zwergstrauch-
moor
wälder Kleinseggen- heiden
riede
Vegetation von Grundwassermooren

1. Röhrichte und Großseggenriede (überwiegend


eutrophe Reichmoore)
Kl. Phragmitetea
O. Phragmitetalia
V. Phragmition (Röhrichte)
V. Magnocaricion (Großseggenriede)
u.a.
Vegetation von Grundwassermooren

2. Kleinseggenriede
Kl. Scheuchzerio-Caricetea fuscae
O. Tofieldietalia (Kalk-Kleinseggenriede auf kalk-
oligotrophem Reichmoor)
Beispiele:
Primulo-Schoenetum (Mehlprimel-Kopfbinsenried)
Caricetum davallianae (Davallseggenried)
O. Caricetalia fuscae (bodensaure Kleinseggenriede
auf sauer-oligotrophem Reichmoor)
Vegetation von Grundwassermooren

3. Fadenseggenriede und Schlenkenvegetation auf


meso- bis oligotrophem Zwischenmoor
(„Zwischenmoor-Vegetation“)
Kl. Scheuchzerio-Caricetea fuscae
O. Scheuchzerietalia
V. Rhynchosporion (Schlenken)
V. Caricion lasiocarpae
(Fadenseggenriede)
Vegetation von Grundwassermooren
(1Gliederung nach A. & I. Wagner)

4. Moorwälder
Kl. Alnetea glutinosae (Erlenbruchwälder und
Grauweidengebüsche auf basischen Moorböden)
Kl. Vaccinio uliginosi-Pinetalia sylvestris1
(Birken- und Kiefernmoorwälder auf sauren
Moorböden)
O. Vaccinio uliginosi-Pinetalia sylvestris
V. Betulion pubescentis (Beerstrauch- und
Torfmoosmoorwälder)
O. Carici lasiocarpae-Pinetalia sylvestris
(Moorwälder ombrominerotropher
Standorte)
V. Carici lasiocarpae-Pinion sylvestris
(Fadenseggen-Moorwälder)
Bodendegradation von Niedermooren bei
Entwässerung
cm A
B
0 C Tv Vererdung
T
D

Tm Vermulmung
50
Ta Aggregierung

Ts Schrumpfung
100
T Torf, unvererdet

A = wachsendes Moor, unentwässert


B = mäßig entwässertes Moor
C = stark entwässertes Moor
D = stark degradiertes Moor (Vermulmung, Torfschwund)
Abschätzung der klimatischen Relevanz von Niedermoor-
Vernässungsmaßnahmen
(nach div. Autoren aus Kratz & Pfadenhauer 2001

natürliches teils vernässt Entwässert


Niedermoor (GW-Stand ca. (GW-Stand
30 cm) unter 50cm)
Klimarelevantes Klimatische Wirkung (kg CO2-C-Äquivalente)
Gas
CO2-C -140 bis -480 3 849 bis 4787 4 120 bis 6 700

CH4-C 456 bis 1 139 -3 bis 44 -3 bis 8

N2O-N -15 bis 58 7 bis 832 22 bis 372

summarische -39 bis 1 111 3 853 bis 5 663 4 139 bis 7 080
Klimawirkung
Regenwassermoore
Entstehung eines Hochmoors

Tundrenzeit

Mudde

Tundrenzeit

Niedermoortorf

Boreal
Entstehung eines Hochmoors

Atlantikum

Subboreal

Hochmoortorf

Subatlantikum
Sphagnum acutifolium:
Blattquerschnitt und Aufsicht
(Sitte & al. 2002)
Typen von Regenwassermooren (Beispiele)

Hochmoorinseln in Niedermoorlandschaft (Alpenvorland)

Partiell „wurzelechtes“ Hochmoor in NW-Deutschland

Deckenmoor (teilweise anthropogen) auf den Britischen Inseln


Typen von Regenwassermooren (Beispiele)

Q Q

Hang-Regenwassermoor (ombrosoligen)

Kammmoor
Vergleich zwischen Milch und Hochmoortorf
(Eggelsmann 1986)

Milch Hochmoortorf

Spez. Gewicht 1,02 – 1,04 1,05 (frisch)


(g cm-3)

Wassergehalt 87,5 95-97


(% Trockengewicht)

Trockensubstanz 12,5 3-5


(% Trockengewicht)

Mineralstoffgehalt 7 1,0 – 1,02


(% Trockengewicht)
Schema eines Hochmoors
Hochmoorweite
Randgehänge Randgehänge
Randlagg
Randlagg

Sphagnum-/Eriophorum-Torf

Zwischenmoortorf
Schilf-/Seggentorf

min. Untergrund
Vegetation von Regenwassermooren

Kl. Oxycocco-Sphagnetea (zwergstrauchreiche


Regenwassermoor-Gesellschaften auf Armmoor-Standort)
O. Sphagnetalia magellanici: bunte Torfmoosrasen
(vorwiegend auf Bulten)

Kl. Scheuchzerio-Caricetea fuscae


O. Scheuchzerietalia (Zwischenmoor-Vegetation und
Schlenken)
V. Rhynchosporion (grüne Torfmoosrasen)
Kl. Vaccinio-Piceetea
O. Vaccinietalia
Moorkiefernwälder mit Pinus sylvestris und P.
rotundata (Latsche, Spirke) auf dem Randgehänge
von Hochmooren
Ombrotraphente Phanerogamen

Andromeda polifolia
Eriophorum vaginatum
Drosera rotundifolia
Vaccinium oxycoccus

Vaccinium uliginosum
Calluna vulgaris
Melampyrum pratense ssp. paludosum
Hochmoore: anthropogene Vegetation

Entwässerung, Torfabbau (Handtorfstich, industrieller


Abbau), Kultivierung für land- und forstwirtschaftliche
Zwecke
Auf entwässerten und gesackten Torfrücken:
Zwergstrauchheiden (Calluna, Vaccinium)
Sekundäre Waldföhren- oder Birkenwälder
Pfeifengrasbestände
In alten Abbauflächen:
Sekundäre Moorbildung
Renaturierung: Vernässungsmaßnahmen
Water discharge from cultivated (C) and uncultivated
raised bogs (U)

Discharge (l)

Time (days)
rain
Model after Schmeidl & al. 1976
Spezielle Vegetationsökologie 1

8 Grünland
Jörg Pfadenhauer
Lehrstuhl für Vegetationsökologie
Technische Universität München

Vegetationsökologie

©Jörg Pfadenhauer
Grünland: Definitionen

• Nutzungsbegriff: Gewinnung von Viehfutter durch


Mahd („Futterwiesen“) oder Beweidung
(„Viehweiden“; ohne Kalkmagerrasen) oder von
Stalleinstreu durch Mahd („Streuwiesen“).
Bei den Agrarwissenschaften eigenes
Forschungsgebiet (Lehrstuhl für Grünlandlehre und
Futterbau)
• Vegetationsbegriff: Pflanzengesellschaften der
Klasse Molinio-Arrhenatheretea
• Lebensraumbegriff: Intensivgrünland (Fettwiesen,
Fettweiden), Extensivgrünland
Intensität der Nutzung: Definitionen

Intensität: Stärke und Frequenz des Eingriffs (Mahd,


Beweidung).
„Extensivgrünland“: i.d.R. nicht gedüngt, Mahd- und
Beweidungsfrequenz niedrig
– Beweidung: Hutungen, Gebirgsweiden
– Mahd: 1- (0,5-)mal pro Jahr
– Ertrag niedrig (<40 dt/ha a)
„Intensivgrünland“: gedüngt, Mahd- und Beweidungs-
frequenz mittel bis hoch
– Beweidung: Stand- und Umtriebsweiden
– Mahd: 2- bis 5mal pro Jahr
– Ertrag mittel bis hoch (40 bis über 100 dt/ha a)
Wirkung der Nutzungseinflüsse auf die
Artenzusammensetzung

• Mahd: Rhythmus und Zeitpunkt selektioniert Arten


• Mahd: i.d.R. geringere Schädigung der Arten als Beweidung
• Beweidung: Tritt führt zur Bodenverdichtung (Selektion von
Arten mit Aerenchym, Nasskeimern)
• Beweidung: Verbiss fördert beweidungsresistente Pflanzen
(Rosettenpflanzen, Giftpflanzen, stachelige Pflanzen) bei
selektiver Unterbeweidung
• Düngung: intensive N-Düngung beschleunigt
Vegetationsentwicklung, fördert Umbelliferen (Heracleum
sphondylium)
• Düngung: schwache Düngung fördert Leguminosen und
Magerkeitszeiger (Holcus lanatus, Festuca rubra)
Auswirkung der Bewirtschaftungsform im Grünland auf Struktur und
Artenzusammensetzung
(aus Ellenberg 1998)
Futterwert von Grünlandpflanzen

• Bestimmung nach Gehalt an Rohfett, Roheiweiß,


Rohfaser
• Unterscheidung in wertvolle, wenig wertvolle und
giftige/nicht schmackhafte Pflanzen; Beispiele:
– Wertvolle Futtergräser, hochwüchsig: Arrhenatherum elatius
– Wertvolle Futtergräser, niedrigwüchsig: Lolium perenne
– Wertvolle Futterleguminosen: Lathyrus pratensis
– Mittel wertvoll: Achillea millefolium
– Wenig wertvoll: als Massenbildner Agropyrum repens
– Wenig wertvoll als Störungszeiger: Urtica dioica
– Giftpflanzen: Colchicum autumnale
Nutzungstypen: Definitionen

1. Mahd
a) Einschnittwiesen-Futterwiesen
nicht oder selten/unregelmäßig gedüngt
Verzögerte Entwicklung
Später Schnitt (Ende Juli/Anfang August)
Oft hohe Artenzahlen
Zu Festuco-Brometea!!
b) Streuwiesen
nicht oder selten/unregelmäßig gedüngt
ausschließlich in Feuchtgebieten (Auen, Moore)
Sehr langsame Entwicklung
Schnitt im Herbst (Streuqualität)
Oft hohe Artenzahlen; Glazialrelikte
Nutzungstypen: Definitionen

1. Mahd
c) Zweischnitt-Futterwiesen
Traditionelle Nutzungsform (Glatthaferwiesen)
regelmäßig, aber nicht übermäßig gedüngt
Erster Schnitt Anfang-Mitte Juni
(Blüte der Hauptbestandsbildner)
Zweiter Schnitt Mitte August bis Anfang September
Lange Ruhepause begünstigt hochwüchsige Gräser
Interessante zeitliche Einnischung der Pflanzen (Bsp.
Anthriscus sylvestris, Colchicum autumnale, Cirsium
oleraceum)
d) Drei- und Mehrschnitt-Futterwiesen
Heute häufige Nutzungsform
Oft und intensiv gedüngt: rasche Entwicklung, früher
erster Schnitt
Förderung regenerationsfreudiger (vegetativ!) Arten (Poa
pratensis, Lolium perenne)
Nutzungstypen: Definitionen

2. Beweidung
a) Umtriebs-, Standweide („intensiv“)
Rinder
Mäßig bis gut gedüngt
Tritt: Bodenverdichtung, Schädigung der oberirdischen
Pflanzenteile: regenerationsfreudige Arten
Verbiss: Unterschied zwischen Weidetieren; selektive
Unter- oder Überbeweidung
b) Waldweide, Almweide, Hutung
Rinder, Schafe, (Ziegen, Schweine)
Grünland-Vegetation
• Artenzahl: etwa 250 häufigere Arten
• Herkunft der Arten:
Fast alle einheimisch: Auen, Feuchtwälder, natürliche
Lichtungen (Tiere) mit Waldrändern. Ausnahmen: Plantago
major,, P. lanceolata (Archäophyten), Veronica filiformis, Lolium
multiflorum (Neophyten)
• Sippenneubildung: häufig durch verbesserte
Standortbedingungen (Allopolyploidie durch Bastardisierung;
z.B. Achillea, Galium, Anthoxanthum, Dactylis usw.)
• Verbreitung:
Ozeanisch (Alpenvorland, Nordwesteuropa, Mittelgebirge);
sonst: grundwasserfeuchte Niederungen (Moore, Auen)
• Kennzeichnender Pflanzenfunktionstyp:
Mesophytische (transpirationsaktive), ± störungsresistente
Hemikryptophyten
Grünlandvegetation: Übersicht

Kl. Molinio-Arrhenatheretea
O. Arrhenatheretalia
V. Arrhenatherion (Glatthaferwiesen, Mähwiesen des Tieflands)
V. Polygono-Trisetion (Goldhaferwiesen, Mähwiesen des Berglands)
V. Cynosurion (Weidelgras-Weißkleeweiden, Fettweiden)
V. Poion alpinae (Milchkrautweiden; extensive Bergweiden)
O. Molinietalia
V. Calthion (Sumpfdotterblumenwiesen; gedüngte Feuchtwiesen)
V. Molinion (Pfeifengraswiesen, Streuwiesen)
V. Filipendulion (Feuchtwiesenbrachen, Staudenfluren)
Lebensformenspektren (%) verschiedener Grünlandgesellschaften:
1=Feuchtwiesenbrache, 2=Pfeifengraswiese, 3=gedüngte Feuchtwiese,
4=Goldhaferwiese, 5=Glatthaferwiese, 6=Flutrasen, 7=Fettweide,
8=Scherrasen
(aus Dierschke und Briemle 2002)
Trockenmasseerträge der wichtigsten Grünlandtypen (dt/ha)
(aus Dierschke & Briemle 2002)
Grünland-Vegetation: Vegetationsgliederung

Kl. Molinio-Arrhenantheretea (Grünland)


O. Arrhenatheretalia (Fettwiesen und
Fettweiden)
V. Arrhenatherion (Glatthaferwiesen des
Tieflands)
Bsp.: Alchemillo-Arrhenatheretum, Dauco-
Arrhenatheretum (trockener)
Struktur einer
Glatthaferwiese

(nach Hundt aus Ellenberg 1998)


Zusammenhang zwischen Futterwert und Ertag in
Feuchtwiesen (Modell)

Rohfaser (% TS) Verdaulichkeit (der org. Substanz %)


40 85
Optimaler
35 Mahdzeitpunkt 80

75
30
70
25
65
20 60

15 55
vor im Beginn Ende überständig
Ährenschieben der Blüte
Grünland-Vegetation: Vegetationsgliederung

Kl. Molinio-Arrhenantheretea (Grünland)


O. Arrhenatheretalia (Fettwiesen und
Fettweiden)
V. Arrhenatherion
V. Polygono-Trisetion (Goldhaferwiesen der
Gebirge)
Bsp.: Geranio-Trisetetum
Struktur einer
Goldhaferwiese

(nach Hundt aus Ellenberg 1998)


Grünland-Vegetation: Vegetationsgliederung

Kl. Molinio-Arrhenantheretea (Grünland)


O. Arrhenatheretalia (Fettwiesen und
Fettweiden)
V. Arrhenatherion
V. Polygono-Trisetion
V. Cynosurion cristati (Fettweiden des
Tieflands)
z.B.: Lolio-Cynosuretum (Weidelgras-
Weißkleeweide)
Grünland-Vegetation: Vegetationsgliederung

Kl. Molinio-Arrhenantheretea (Grünland)


O. Arrhenatheretalia (Fettwiesen und
Fettweiden)
V. Arrhenatherion
V. Polygono-Trisetion
V. Cynosurion cristati
V. Poion alpinae (subalpine Milchkrautweiden
der Gebirge)
Grünland-Vegetation: Vegetationsgliederung

Kl. Molinio-Arrhenantheretea (Grünland)


O. Arrhenatheretalia
O. Molinietalia (Feuchtwiesen)
V. Calthion (gedüngte Feuchtwiesen: ein- bis
zwei-schürige Futterwiesen)
Bsp.: Angelico-Cirsietum, Bromo-
Senecionetum aquatici, Cirsietum
rivularis
Struktur einer nassen
Kohldistelwiese

(nach Hundt aus Ellenberg 1998)


Grünland-Vegetation: Vegetationsgliederung

Kl. Molinio-Arrhenantheretea (Grünland)


O. Arrhenatheretalia
O. Molinietalia (Feuchtwiesen)
V. Calthion
V. Molinion (Pfeifengraswiesen: Steuwiesen,
heute auch beweidet)
Bsp.: Gentiano-Molinietum, Cirsio toberosi-
Molinietum
Grünland-Vegetation: Vegetationsgliederung

Kl. Molinio-Arrhenantheretea (Grünland)


O. Arrhenatheretalia
O. Molinietalia (Feuchtwiesen)
V. Calthion
V. Molinion (Pfeifengraswiesen: Steuwiesen,
heute auch beweidet)
Bsp.: Gentiano-Molinietum, Cirsio toberosi-
Molinietum
V. Filipendulion (Feuchtwiesenbrachen)
Bestandesentwicklung einer Feuchtwiese und ihrer Brache (nach Müller & al.
1992 aus Dierschke & Briemle 2002)
Spezielle Vegetationsökologie 1

4.9 Ackerland
Jörg Pfadenhauer
Lehrstuhl für Vegetationsökologie
Technische Universität München

Vegetationsökologie

©Jörg Pfadenhauer
Ackerland: Lebensräume

1. Mit Kulturpflanzen regelmäßig


bebaute Flächen
2. Feldraine und Wegränder
3. Hecken, Feldgehölze und Säume
4. Brachen
Ackerland: Lebensräume

1. Mit Kulturpflanzen regelmäßig


bebaute Flächen
2. Feldraine und Wegränder
3. Hecken, Feldgehölze und Säume
4. Brachen
Vegetation von Kulturpflanzenbeständen

• Begriffe: Ackerwildpflanzen, Unkräuter, Begleitflora


• Vegetation durch Bewirtschaftung geprägt:
– Art der angebauten Kulturpflanzen und Fruchtfolge
– Produktionstechnik
– Landwirtschaftliche Betriebssysteme
• Herkunft der Ackerwildpflanzen: einheimisch oder
eingeschleppt?
• Eigenschaften von Ackerwildpflanzen
• Vegetationsgliederung
Feldfrüchte

1. Halmfrüchte (Getreide): Winterung oder


Sommerung
• Winterweizen (Triticum aestivum)
• Gerste (Hordeum vulgare)
• Roggen (Secale cereale)
• Hafer (Avenea sativa)
2. Blattfrüchte: Sommerung
• Mais (Zea mays)
• Kartoffeln (Solanum tuberosum)
• Zucker- und Futterrüben (Beta vulgaris)
Feldfrüchte

3. Sonstige Feldfrüchte:
• Öl- und Faserpflanzen (z.B. Raps Brassica napus, Lein
Linum usitatissimum)
• Körnerleguminosen (z.B. Ackerbohne Vicia faber)
• Sonderkulturen: Hopfen, Spargel
• Dauerkulturen: Wein, Obst
4. Zwischenfrüchte
• z.B. Gelbsenf, Leguminosen
Fruchtfolgen
• Definition:
regelmäßiger, geordneter Wechsel im Anbau verschiedener
Kulturpflanzen in zeitlicher Aufeinanderfolge auf einem
Ackerschlag
• Ziel:
– Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit
– Bekämpfung von Wildpflanzen, Schädlingen, Krankheiten
(„Pflanzenschutz“)
• Beispiel:
– Einfache Fruchtfolge („konventionell“):
Winterweizen/Silomais/Wintergerste mit Senf als
Zwischenfrucht
– Komplexe Fruchtfolge (org. Landbau):
Kleegras/Kartoffeln/Winterweizen/Körnerleguminosen/
Winterweizen/Buntschlag//Winterroggen
Produktionstechnik

• Bodenbearbeitung:
lockern (pflügen, grubbern), eggen;
Minimalbodenbearbeitung
• Düngung
Mineraldüngung, organische Düngung (Gülle, Mist:
wirtschaftseigener Dünger)
Gründüngung (als Zwischenfrüchte und/oder
Fruchtfolgeglied)
• Pflanzenschutzmittel
Herbizide (bes. Dikotyle; ± selektiv)
• Ernte, Konservierung, Saatgutreinigung
Betriebssysteme
• Historisch: Dreifelderwirtschaft (reine
Getreidefruchtfolge)
• Historisch: Verbesserte Dreifelderwirtschaft (ab ca.
1850): Hackfrüchte und Leguminosen
• Konventionell-intensiver Landbau (maximale
Produktion unter Einsatz von Fremdenergie)
• Konventionell-extensiver Landbau (in
Grenzertragslandschaften)
• Konventionell-integrierter Landbau
(Schadschwellenkonzept)
• Organischer („ökologischer“) Landbau
(geschlossener Stoff- und Energiekreislauf, keine
PSM, weite Fruchtfolgen)
Herkunft von Ackerwildpflanzen

• Einheimische: Flussauen, Meeresküsten;


Beispiele:
Agropyron repens, Galium aparine, Stellaria media
• Archäophyten: vorderer Orient
Beispiele:
Anagallis arvensis, Consolida regalis, Thlaspi
arvense, Sinapis arvenis
• Neophyten: Mediterrangebiet, Ostasien, Nordamerika
Beispiele:
Echinochloa crus galli, Setaria viridis
Eigenschaften von Ackerwildpflanzen

1. Anpassung an Wachstum und Ausbreitung der


Kulturpflanzen
• Getreideähnliche Fortpflanzung (große Samen,
Sofortkeimer, Aussaat mit Getreide)
Beispiele: Agrostemma githago, Bromus secalinus,
Caucalis platycarpus
• Getreideähnliche Wuchsformen:
Hochwüchsige Gräser: Avena fatua, Apera spica venti,
Agropyrum repens
Krautige Lianen: Galium aparine, Vicia sp.,
Convolvulus arvensis
Eigenschaften von Ackerwildpflanzen

2. Selektion durch häufige Pflegeeingriffe


• Selektionsvorteil für Therophyten mit langlebiger
Samenbank und hoher Samenproduktion
Beispiele: Stellaria media, Chenopodium album,
Juncus bufonius
• Selektionsvorteil für regenerationsfreudige Wurzel- und
Rhizomgeophyten
Beispiele: Agropyrum repens, Cirsium arvense
Eigenschaften von Ackerwildpflanzen

3. Selektion durch Bewirtschaftungsrhythmus


• Selektion von Arten mit niedrigen Keimtemperaturen im
Wintergetreide („Kältekeimer“)
Beispiele: Centaurea cyanus, Legousia speculum
veneris, Adonis aestivalis, Bupleurum rotundifolium
• Selektion von Arten mit hohen Keimtemperaturen im
Sommergetreide und in Blattfruchtäckern
(„Wärmekeimer“)
Beispiele: Galinsoga ciliata, Amaranthus retroflexus,
Atriplex patula
Keimraten von Centaurea cyanus bei verschiedenen
Temperaturen und Wechseltemperatur
(nach Otte n.p. aus Pfadenhauer 1997)
Keimraten von Bupleurum rotundifolium bei
verschiedenen Temperaturen und Wechseltemperatur
(nach Otte n.p. aus Pfadenhauer 1997)
Keimraten von Amaranthus retroflexus bei
verschiedenen Temperaturen und Wechseltemperatur
(nach Otte n.p. aus Pfadenhauer 1997)
Keimraten
verschiedener
Herkünfte von
Echinochloa crus
galli bei
verschiedenen
Temperaturen und
Wechseltemperatur
(punktiert: aus Lauer
1952, schraffiert nach
Otte n.p. , beides aus
Pfadenhauer 1997)
Eigenschaften von Ackerwildpflanzen

4. Selektion durch hohe Mineraldüngergaben und


Herbizide
• Begünstigung nitrophytischer Arten (Chenopodiaceen,
Stellaria media; Blattfrüchte!)
• Begünstigung von Arten mit hoher genotypischer
Plastizität: Herbizidresistenz (Stellaria media)
• Begünstigung von Arten mit hoher phänotypischer
Plastizität
Beispiele: Amaranthus retroflexus, Echinochloa crus
galli, Chenopodium-Arten
Eigenschaften von Ackerwildpflanzen

Ökologische Artengruppen
z.B. Caucalis platycarpos-Gruppe auf kalkreichen,
trockenen Böden
z.B. Echinochloa crus galli-Gruppe auf nährstoffreichen,
leicht erwärmbaren, sauren bis neutralen Lehm- und
Sandböden
z.B. Matricaria recutita-Gruppe auf kalkfreien, basenreichen,
lehmigen, fischen bis staufeuchten Böden
Problemunkräuter
z.B. Monocotyle (Apera spica venti)
z.B. Lianen (Galium aparine)
z.B. Konkurrenten (Agropyrum repens)
Veränderung der Ackerflora

• Alte Dreifelderwirtschaft mit Brache:


Förderung ausdauernder Hk und G; wenig Therophyten
• Verbesserte Dreifelderwirtschaft (Blattfrüchte):
Förderung der Therophyten
Rückgang von Arten mit Ausbreitung über Saatgut
• Moderner Ackerbau:
Zunahme nitrophytischer Therophyten
Abnahme von Spezialisten (Nivellierung)
Indirekte Förderung von Wildgräsern
Vereinheitlichung
Pflanzengesellschaften der Äcker

Kl. Stellarietea medii


O. Sperguletalia: Spörgeläcker (auf basenarmen,
± sauren Lehm- und Sandböden)
V. Aperion spicae venti: Windhalmäcker
Wintergetreide, weit verbreitet, häufig (z.B.
Kamillengesellschaft, Tertiärhügelland,
Sandmohngesellschaft; Sandböden)
V. Digitario-Setarion: Hirsenäcker
Blattfüchte, intensiv gedüngte Sandböden
V. Polygono-Chenopodion: Knöterich-
Gänsefußäcker
Blattfrüchte, intensiv gedüngte, saure
Lehmböden
Pflanzengesellschaften der Äcker

Kl. Stellarietea medii


O. Papaveretalia: Mohnäcker (auf basen- bis
kalkreichen Böden)
V. Fumario-Euphorbion: Erdrauch-
Wolfsmilchäcker
Blattfrüchte und Sommergetreide,
zahlreiche, thermisch und edaphisch
differenzierte Assoziationen; hierzu auch
Gesellschaften der Weinberge
V. Caucalidion: Haftdoldenäcker
vorwiegend Wintergetreide, sommerwarme
Gebiete, bes. artenreich, heute selten
Spezielle Vegetationsökologie 1

10 Siedlungsvegetation
Jörg Pfadenhauer
Lehrstuhl für Vegetationsökologie
Technische Universität München

Vegetationsökologie

©Jörg Pfadenhauer
Begriffe und Definitionen 1

• Siedlungen:
Ländliche Siedlungen („Dorf“): Erscheinungsbild durch
heutige oder frühere Vorherrschaft des primären
Erwerbssektors (Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Fischerei,
Sammeltätigkeit)
Städtisch-industrielle Siedlungen („Stadt“): Vorherrschen
des sekundären Erwerbssektors (Handel, Gewerbe)
Begriffe und Definitionen 2

• Siedlungsflora:
Flora siedlungsspezifischer Standorte: „Stadtflora“,
„Dorfflora“
Nicht: Flora von Standorten, die für das Siedlungsumland
typisch ist (Umlandflora) und in das Siedlungsgebiet
eindringt

Spontane Flora: alle nicht angepflanzten Arten (Wildpflanzen


und verwilderte Nutz- und Zierpflanzen
Angepflanzte bzw. angesäte Flora (nicht verwildernde Nutz-
und Zierpflanzen)
Begriffe und Definitionen 3

• Stadtflora:
– Urbanophile Arten: Schwerpunkt ihrer Verbreitung im
Bereich typisch städtischer Nutzungstypen (Stadtflora i.e.S.)
– Urbanoneutrale Arten: Schwerpunkt im gesamten
Einflussbereich des Menschen mit eher intensiver Nutzung
(Städte, Dörfer, Äcker)

Nicht: Urbanophobe Arten: Schwerpunkt des Vorkommens


außerhalb von Siedlungen, meiden städtische Nutzungen,
kommen aber auf Resten von siedlungsuntypischen
Standorten in Siedlungen vor
Mäßig urbanophob:
Alchemilla glabra in Zürich

(nach Landolt 1997 aus Wittig 2002)


Urbanoneutral:
Calystegia sepium in
Münster

(nach Wittig & al. 1985


aus Wittig 2002)
mäßig urbanophil:
Ailanthus altissimus
in Leipzig (nach
Gutte & al. 1987 aus
Wittig 2002)
grau: bebautes
Gebiet)
Extrem
urbanophil:
Clematis vitalba in
Oldenburg

(nach Hermann 1994


aus Wittig 2002)

grau: bebautes
Gebiet
Begriffe und Definitionen 4

• Siedlungsvegetation: Gesamtheit der auf


siedlungstypischen Standorten vorkommenden
Vegetationstypen
– Spontane Vegetation: ohne Nachhilfe des Menschen
spontan auftretende Vegetation in Siedlungen
– Subspontane Vegetation: vom Menschen ursprünglich
angesät oder gepflanzt, aber inzwischen stabilisiert (mit oder
ohne Pflege; z.B.Scherrasen, Waldinseln in alten
Parkanlagen)
– Angepflanzte bzw. angesäte Vegetation (Stadtbäume,
Blumenkübel-, Balkonbepflanzungen, Nutz- und
Zierpflanzenbeete u.a.)
Begriffe und Definitionen 5

• Ruderalvegetation
– Zur Spontanvegetation gehörig
– von lat. rudus = Schutt: Krautige Vegetation anthropogen
stark veränderter Standorte ohne land- oder
forstwirtschaftliche Nutzung
– Ruderalpflanzen: an hochfrequente, unregelmäßig
auftretende anthropogene Störungen angepasste, in und in
unmittelbarer Umgebung von Siedlungen vorkommende
Arten (in Städten urbanophil und urbanoneutral)
Artenzahlen der Flora auf dem politischen Gebiet von
polnischen Städten und in den Stadtbiotopen der
jeweiligen Stadt (nach verschiedenen Autoren aus
Wittig 2002)

Gesamtartenzahl Artenzahl der


Stadtflora
Posen 1299 516

Lowicz/ 613 386


Skerniewice
Bedeutung der Siedlungsvegetation

• Arten und Vegetation als Indikatoren für die


Veränderung der Umweltqualität (z.B. Flechten)
• Vegetation erhöht Umweltqualität (Wärmedämmung,
Ausfiltern von Aerosolen, Verringerung des
Oberflächenabflusses usw.)
• Vegetation erhöht Erlebniswert (Strukturreichtum)
• Dorf- und Stadtflora hat kulturhistorische Bedeutung
(alte Heil-,Gewürz-, Drogenpflanzen)
• Dorf- und Stadtflora als Objekt des Naturschutzes (oft
höhere Artendichte in Städten als im Umland, viele
Seltenheiten, Artneubildungsprozesse)
Hemerobiegrad
und Zahl nicht-
heimischer Arten
in Berlin

(aus Kowarik 2003)


Eigenschaften von Ruderalpflanzen

1. Hohe genetische Plastizität


Artneubildungen (Beispiel: Oenothera)
2. Erzeugung und Bevorratung großer Mengen an
Samen
mehrere Generationen bei Therophyten, persistente Samenbank
3. Effiziente Fernausbreitung
– Epizoochor (Klettanhang: Arctium minus, Geum urbanum
– Epizoo- und anthropochor: Samen mit Schleimabsonderung:
Chenopodium bonus henricus)
– Anemochor: Artemisia vulgaris
4. Verträglichkeit hoher Salzkonzentrationen im
Boden
z.B. Chenopodiaceae, Brassicaceae
Herkunft von Ruderalpflanzen

1. Apophyten:
Indigene (einheimische) Arten, die von natürlichen
auf anthropogene Standorte übergewechselt sind.
– Lücken in Auwäldern: Aegopodium podagraria, Urtica
dioica
– Pioniervegetation an Flussufern: Chenopodium-Arten
– Flutrasen: Potentilla anserina, Agropyron repens
– Meeresküsten: Sonchus arvensis, Atriplex prostrata
– Waldlichtungen: Cirsium arvense, Verbascum-Arten
– Schutt- und Geröllhalden: Tussilago farfara,
Chaenorhinum minus
– Hochstaudenfluren der Gebirge: Chenopodium bonus
henricus
– Felsen: Sedum-Arten, Moose
Herkunft von Ruderalpflanzen

2. Archäophyten:
vor 1492 (Entdeckung Amerikas) aufgetretene,
nicht heimische Arten
– Nahrungspflanzen: Pastinaca sativa
– Gewürzpflanzen (?): Artemisia vulgaris
– Heilpflanzen: Artemisia absinthium
– Drogenpflanzen: Conium maculatum, Hyoscyamus
niger
– Sonstige Nutzpflanzen: Dipsacus sylvestris, Anthemis
tinctoria
– Eingeschleppte Pflanzen: Hordeum murinum, Bromus
tectorum
Herkunft von Ruderalpflanzen

3. Neophyten
– Hoher Anteil vor allem in Städten (über 30%)
– Zunahme seit rund 200 Jahren zu Ungunsten von
Indigenen und Archäophyten
– Enge Beziehung zwischen Hemerobiestufen und Anteil
von Neophyten in Städten
– Einwanderungstore: Güterbahnhöfe, Häfen,
Großmärkte, Mülldeponien, Gärten, Grünanlagen,
Parks, Vogelfutterhäuschen
– Einwanderungswege: Straßen, Bahnlinien, Flüsse und
Kanäle
Neophyten aus Ziergärten und Parks: Beispiele

Bahn- und Industriegelände:


Buddleya davidii (China)
Paulownia tomentosa (China)
Robinia peseudacacia (Nordamerika)
Wenig gestörte Ruderalstandorte
Heracleum mantegazzianum (Kaukasus)
Solidago gigantea (Nordamerika)
Parkanlagen, Friedhöfe
Mahonia aquifolium (Nordamerika)
Überall in Großstädten
Ailanthus altissima (China)
Herkunft von Ruderalpflanzen

4. Anökophyten
In prähistorischer Zeit auftretende Arten, für die
kein natürlicher Standort bekannt ist;
Artneubildungen
– „alte“ Anökophyten (Neolithikum, Bronzezeit): Capsella
bursa pastoris, Poa annua, Stellaria media
– „neue“ Anökophyten: Oenothera sp., Solidago
anthropogenica prov. (aus S. canadensis)
Merkmale der Dorfvegetation

• Dorftypische Nutzungstypen:
Scheune/Schuppen, Wohnparzelle, Bauplatz,
Straße/Weg, Dorfplatz, Dorfweiher, Gänseanger,
Hühnerhof, Garten usw.
• Dorftypische Standortsmerkmale:
Bodenverdichtung, Nährstoffanreicherung, Staunässe
• Dorftypische Vegetation:
Viele Archäophyten und Indigene, alte Nutzpflanzen
(v.a.Heil-, Gemüsepflanzen), Ackerwildpflanzen
Beziehungen zwischen
dem Vorkommen von
Pflanzenarten und der
Tierhaltung in
bayerischen Dörfern

(nach Otte 1994 aus


Pfadenhauer 1997)
Merkmale der Stadtvegetation

• Stadttypische Nutzungen:
Industrie- und Gewerbegebiete, industrielle
Brachflächen, Straßen und Plätze, Bahnhöfe,
Friedhöfe, Parkanlagen
• Stadttypische Standortsmerkmale:
– Klima: Winter milder, frostärmer, Luftfeuchte niedriger
(8-10%), Immissionsbelastung (Ozon) höher als im
Umland:
– Böden: nährstoffreich und nährstoffarm, eher trocken,
partiell versiegelt, verdichtet, salzbelastet (Streusalz,
Nitrat), erhöhte pH-Werte
• Stadttypische Vegetation:
viele Neophyten, thermophile und
trockenheitsadaptierte Ruderalvegetation
Vegetation (links) und Nutzung (rechts) eines wilden Kinderspielplatzes
auf einem Abrissgrundstück in Osnabrück
(Zustand 1983; nach Hard & Pirner 1988 aus Pfadenhauer 1997)
Vegetation von Siedlungen: Übersicht

1. Trittpflanzengesellschaften
2. Nitrophytische Annuellenfluren
3. Nitrophytische ausdauernde Staudenfluren und
ruderale Magerrasen
4. Trockenrasenfragmente
5. Mesophytische Rasen und Wiesen
6. Gebüsche und Vorwälder
Vegetation von Siedlungen

1. Trittpflanzengesellschaften:
Kl. Plantaginetea majoris
Kennzeichnende Arten: Plantago major, Poa
annua, Polygonum aviculare, Potentilla anserina,
Juncus tenuifolius (Neophyt)
Vegetation von Siedlungen: Übersicht

2. Nitrophytische Annuellenfluren
Kl. Stellarietea mediae
O. Sisymbrietalia: Kurzlebige Ruderalfluren der
Städte und Dörfer:
Beispiele:
Hordeetum murinae (Mäusegerstenflur): Städte
Urtico-Malvetum neglectae (Gänsemalvenflur):
Dörfer
Chenopodietum stricti (Gänsefußflur): Dörfer
und Städte
Vegetation von Siedlungen: Übersicht

3. Nitrophytische, ausdauernde Staudenfluren und


ruderale Magerrasen
Kl. Artemisietea
O. Glechometalia: nitrophytische,
feuctigkeitsbedürftige Staudengesellschaften
Beispiel:
Urtico-Aegopodietum (Brennessel-Giersch-
Saum): Dörfer
Rumicetum alpini (alpische Lägerfluren):
Almsiedlungen
Vegetation von Siedlungen: Übersicht

3. Nitrophytische, ausdauernde Staudenfluren und


ruderale Magerrasen
Kl. Artemisietea
O. Glechometalia
O. Artemisietalia: Beifußgesellschaften
Beispiele:
Arctio-Artemisietum (Kletten-
Beifußgesellschaft): Dörfer; in Städten verarmt
Lamio albi-Ballotetum nigrae (Schwarznessel-
Flur): Dörfer, in Städten verdrängt
Vegetation von Siedlungen: Übersicht

3. Nitrophytische, ausdauernde Staudenfluren und


ruderale Magerrasen
Kl. Artemisietea
O. Glechometalia
O. Artemisietalia
O. Onopordetalia: schwach thermophile,
mäßig nitrophytische Rainfarn- und
Steinkleefluren; Schwerpunkt in Städten
Beispiele:
Artemisio-Tanacetum vulgaris (Rainfarnflur)
Echio-Verbascetum (Steinkleegesellschaft)
Onopordetum acanthii (Eselsdistelfuren)
Vegetation von Siedlungen: Übersicht

4. Trockenrasenfragmente
O. Sedo-Scleranthetea: verschiedene Gesellschaften
mit Sedum-Arten, Allium-Arten, Festuca ovina agg.
Überwiegend in Städten
Vegetation von Siedlungen: Übersicht

5. Mesophytische Rasen und Wiesen


O. Molinio-Arrhenatheretea: zum Verband
Cynosurion gehörende Scherrasen (subspontan):
bevorzugt in wintermildem Klima; stadttypisch (Crepido
capillaris-Festucetum rubrae)
Vegetation von Siedlungen: Übersicht

6. Gebüsche und Vorwälder


Keine pflanzensoziologische Klassifikation
möglich (ranglose Gesellschaften). Beispiele:
Sambucus nigra-Gesellschaft
Epilobio-Salicetum capreae (Salweidengebüsche)
Buddleya davidii-Gesellschaft
Ailanthus altissimus-Gesellschaft
Robinia pseudacacia-Gesellschaft (mit Chelidonium majus)
Robinia pseudacacia: ein erfolgreicher Neophyt
(Kowarik 1996)

• Persistente Samenbank
• Persistente Knospenbank (an den unterirdischen
Ausläufern)
• Vegetative Ausbreitung auch in dichte
Ruderalpflanzenbestände hinein durch
Unterwanderung mit unterirdischen Ausläufern
• N2-Fixierer (überlebensfähig auch auf nährstoffarmen
Standorten)

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