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What, in your opinion, was Kant’s main mistake?

Worin bestand Ihrer Meinung nach Kants Hauptfehler?

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Henry Allison: Obviously, there are many things I wish that Kant had never said
(for example, some of his statements about women, sexual morality, and the like)
and many arguments which leave much to be desired. In addition, there are the
areas (such as mathematics) where Kant`s views have been rendered obsolete by
subsequent developments. But none of these count as "mistakes" in my view. If I
have to select one such mistake, I believe that the chief is his regrettable
decision to publish his "Ueber ein vermeintes Recht aus Menschenliebe zu luegen."
Not only does Kant here misrepresent his own views on the matter, but it has made
it all too easy for critics to attack a distorted picture of his moral theory.

Karl Ameriks: My own main regret is that he abbreviated his arguments sometimes,
and his language tended to be overconfident . His talk about achieving
completeness and certainty may have misled others into thinking it was easy to
develop a philosophical system, and it may also have misled some into thinking
that since some of the system seemed wrong the whole system had to be replaced.

Karl-Otto Apel: Der „Hauptfehler“ Kants – sit venia verbo – bestand m.E. in seiner
Rede von den „unerkennbaren“ und doch zugleich für die Begründung des „empirischen
Realismus“ (d.h. des materialen Inhalts der Erkenntnis durch die
bewußtseinsexterne „Affizierung der Sinne“) unentbehrlichen „Dinge an sich“.
Notwendig für eine kritische Philosophie war in der Tat Kants Distanzierung von
einer traditionell-metaphysischen Konzeption der Wirklichkeit-an-sich, die, wie
Kant selber andeutet, nur durch einen göttlichen Verstand (der sie zugleich
schafft) erkannt werden könnte. Aber eine solche Wirklichkeit durfte mit der
transzendentalen Begründung des „empirischen Realismus“ überhaupt nichts zu tun
haben. Der Selbstwiderspruch Kants lag hier von vornherein darin, daß er
Kategorien wie Substantialität und Kausalität, die nur auf mögliche Erfahrung
sinnvoll anwendbar sein sollten, zugleich – in „analoger“ bzw. „symbolischer“
Weise, wie er später einräumt – zur transzendent-philosophischen Erklärung der
Realität unserer Erfahrung durch die Affizierung der Sinne durch die Dinge-an-sich
anwenden mußte.

Dieser Widerspruch wurde noch dadurch vertieft, daß Kant in der 3. Antinomie der
„transzendentalen Dialektik“ die „noumenale“ Welt der Dinge an sich auch noch zur
Erklärung bzw. Begründung der „Kausalität aus Freiheit“ – im Gegensatz zum
Kausaldeterminismus der Erfahrungswelt – heranzog. Kant glaubte offenbar, nur so,
d.h. durch einen – durchaus dogmatisch-metaphysischen – Dualismus von „zwei
Welten“, deren Bürger der Mensch sein sollte, die Freiheit des Willens (und somit
auch die Ethik) angesichts des Kausaldeterminismus der Newtonschen Physik retten
zu können. (Es gelang ihm freilich auch so nicht, durch die Annahme der zwei
Welten auch die Möglichkeit eines verändernden Eingriffs der intelligiblen
„Kausalität aus Freiheit“ in den lückenlosen Kausalnexus der Erfahrungswelt zu
erklären; vielmehr erstreckte sich die Effektivität der Freiheit nur auf den
Handlungs-Willen – ein Umstand, der allein schon genügte, um die Ethik Kants auf
eine solche des guten Willens bzw. der „Gesinnung“ (Max Weber) im Unterschied zu
einer Ethik der „Verantwortung“ für Handlungsfolgen zu reduzieren.)

Die hier angedeuteten Aporien des Ansatzes der Kantischen


Transzendentalphilosophie haben freilich das Problemverständnis der Philosophie in
epochemachender Weise vertieft; sie haben selbst noch als Aporien bis heute ihre
Fruchtbarkeit in einer Vielzahl partieller Korrekturen und Lösungsversuche der
nachfolgenden Philosophie bewiesen. Die wichtigsten dieser Lösungsversuche bezogen
sich m.E. auf die transzendentale Reflexion als Dimension einer möglichen Antwort
auf die transzendentale Frage.

So hat Hegel m.E. mit Recht die transzendentale Reflexion Kants auf die
Bedingungen gültiger Erfahrungserkenntnis durch die Reflexion auf die Bedingungen
der transzendentalen Reflexion selbst ergänzt: Er stellte klar, daß auch die
kritische Transzendentalphilosophie Kants Erkenntnis sein will und sich insofern
die Wahrheit über die Wirklichkeit (und nicht nur über bloße „Erscheinungen“)
zutrauen muß. Insoweit muß Hegels Kantkritik als notwendige Ergänzung der
transzendentalen Reflexion Kants anerkannt werden. Doch Hegel ignorierte – wie
schon Fichte – den Unterschied zwischen der philosophischen Reflexionserkenntnis
und der auf Affizierung der Sinne beruhenden empirischen Erkenntnis der
Realwissenschaften und erhob den Anspruch, alle Erkenntnis der Wirklichkeit in der
„absoluten Reflexion“ – dem „Wissen des Wissens“ der Philosophie – auch inhaltlich
„aufheben“ zu können. In diesem Anspruch konnten ihm in der Folge weder die
Vertreter des naturwissenschaftlichen Positivismus noch die der „Historischen
Schule“ bzw. der auch empirisch orientierten „Geisteswissenschaften“ folgen. Und
so kam es im wissenschaftstheoretisch orientierten Neukantianismus zu einer
Rückwendung zu Kant, die versuchte, Kants kritische Philosophie ohne die
Hinterwelt der Dinge an sich zu erneuern. Das gelang dem Neukantianismus jedoch
nicht, da er die für Kant unentbehrliche Erklärung des „empirischen Realismus“
durch die Dinge an sich nicht zu ersetzen vermochte.

Genau dies gelang m.E. (und allein) Charles S. Peirce, dem freilich bis heute
wenig verstandenen Begründer des Pragmatismus. Peirce ersetzte die unerkennbaren
Dinge an sich durch das – in the long run – erkennbare Reale, das – wegen des
„Fallibilismus“ aller empirischen Erkenntnis – niemals mit Gewißheit erkannt sein
kann. Damit zugleich ersetzte er Kants „höchsten Punkt“ der „transzendentalen
Deduktion“ der Bedingungen gültiger Erfahrung – Kants „transzendentale Synthesis
der Apperzeption“ – durch die regulative Idee der letzten Synthesis der Zeichen-
Interpretation in einer unbegrenzten Forscher-Gemeinschaft. Ich habe Peirces
Kanttransformation im Sinne einer transzendentalen Semiotik bzw. Sprachpragmatik
zu rekonstruieren versucht (Vgl. K.-O. Apel: Der Denkweg von Charles Sanders
Peirce – Eine Einführung in den amerikanischen Pragmatismus, Frankfurt a.M.:
Suhrkamp 1975. (Engl. Übers.: Charles S. Peirce: From Pragmatism to Pragmaticism,
Amherst/Mass.: Univ. of Massachusetts Press, 1981.) Ferner ders.: „Von Kant zu
Peirce: die semiotische Transformation der transzendentalen Logik“, in ders.:
Transformation der Philosophie, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1973, Bd.II, 157-177.
(Engl. Übers.: „From Kant to Peirce: The Semiotical Transformation of
Transcendental Logik“, in: Kant´s Theory of Knowledge, ed. by L.W. Beck,
Dordrecht, NL: Reidel, 1974, 23-37.) Ferner ders.: “Transzendentale Semiotik und
hypothetische Metaphysik der Evolution”, in: J.-E. Pleines (Hg.): Teleologie,
Würzburg: Königshausen & Neumann, 1994, 251-282 (Engl. Übers.: „Transcendental
Semiotics and Hypothetical Metaphysics of Evolution”, in: K.L. Ketner (ed.):
Peirce and Contemporary Thought, New York: Fordham Univ. Press, 1995.) Ferner
ders.: Pragmatism as Sense-Critical Realism Based on a Regulative Idea of Truth:
In Defense of a Peircean Theory of Reality and Truth”, in: Transactions of the
Charles S. Peirce Society, XXXVII, No.4, 2001, 443-474.).

Auch Kants Moralphilosophie läßt sich meines Erachtens im Lichte einer


transzendentalpragmatischen Transformation sowohl in ihrem unverlierbaren Kern
erneuern als auch von den Aporien ihrer dualistisch-metaphysischen Begründung (im
„Reich der Zwecke“ als einer transzendenten Gemeinschaft reiner Vernunftwesen)
befreien. Kants „Reich der Zwecke“ läßt sich als metaphysische Präfiguration des
Aprioris einer idealen Kommunikationsgemeinschaft verstehen; eines Apriori, das
wir – wie eine transzendentalpragmatische Reflexion auf die Bedingungen der
Möglichkeit ernsthafter Argumentation zeigt – immer schon notwendigerweise
anerkannt haben. Solche Reflexion zeigt aber auch, daß wir – zugleich mit dem
idealen Apriori, das bei Kant die universale Gültigkeit des „kategorischen
Imperativs“ begründet – auch immer schon das Faktizitäts-Apriori der realen
geschichtlichen Situation als Bedingung der Möglichkeit der Handlungsmotivation
anerkannt haben. Daraus ergeben sich zwei wesentliche Erweiterungen (und auch
korrigierende Ergänzungen) der – nicht zu Unrecht als formalistisch und
rigoristisch charakterisierten Ethik Kants:

1. Einmal muß eine auf konkrete Handlungen bezogene Diskursethik, die auf
Konsensbildung in einer idealen und zugleich in der realen
Kommunikationsgemeinschaft angewiesen ist, immer erneut – auch durch
interkulturelle Verständigung – die Erfordernisse der geschichtlichen Situation
der Menschheit zu ermitteln versuchen. Hier ist die Ethik als geschichtsbezogene
Diskursethik auf die Ergebnisse der hermeneutischen Geistes- bzw.
Sozialwissenschaften angewiesen. (Eine transzendentale Begründung dieser
Wissenschaften fehlte bei Kant noch völlig.)

2. Andererseits muß eine auf zukünftige Handlungsfolgen bezogene


Verantwortungsethik auch dem Problem einer moralischen Strategie in nicht
dialogförmigen Verhältnissen gerecht werden. An dieser Stelle kann eine
transzendentalpragmatische Begründung der Ethik nicht auf eine formalistische
Trennung von deontologischer Prinzipienethik und moralfreier „Realpolitik“
rekurrieren (Vgl. Kants Adaption des Prinzips « fiat justitia, pereat mundus » und
andererseits das „realpolitische“ Prinzip der „Staatsräson“ von Richelieu bis
Bismarck und Kissinger). Hier bedarf es einer situations- und geschichtsbezogenen
Vermittlung zwischen kantischer Deontologie und teleologisch orientierter
Moralstrategie, deren „regulative Idee“ allerdings das kantische
Universalisierungsprinzip einer idealen Kommunikationsgemeinschaft sein muß (Vgl.
zur Transformation der kantischen Moralphilosophie K.-O. Apel: „Diskursethik als
Verantwortungsethik – eine postmetaphysische Transformation der Ethik Kants“, in:
R. Fornet-Betancourt (Hg.): Ethik und Befreiung, Aachen: Augustinus-Buchhandlung,
1990, 10-40 (auch in: G. Schönrich/ Yasuski Kato (Hg.): Kant in der Diskussion der
Moderne, Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 1996, 326-398). Ferner ders.: The Response of
Discourse Ethics, Leuven/Belgium: Peeters, 2001).

Manfred Baum: Ich weiß nicht, wonach hier gefragt wird. Kants persönlicher
Hauptfehler scheint mir die Überschätzung seiner Zeitgenossen gewesen zu sein.

Claudia Bickmann: Es wäre für die Rezeption der kantischen Philosophie gewiß
hilfreich gewesen, hätte Kant seine jeweiligen Kernanliegen noch pointierter zur
Sprache gebracht: Die Tatsache, daß wir heute wissenschaftslogische,
metaphysische, sprachanalytische, phänomenologische etc. Kantinterpretationen
vorfinden, die sich teils ergänzen, teils jedoch heftig widersprechen, wäre durch
eine an manchem Orte explizitere Beschreibung der Kernanliegen vielleicht weniger
gravierend ausgefallen.

Vielfache Mißverständnisse hat auch die unexplizite Weise ausgelöst, in der die
Ebene der Transzendentalität selbst sich rechtfertigen ließe: Welche Status haben
die transzendentalen Erkenntnisse? Welche Annahme ist jene Idee der Natur der
Vernunft als eines Organs?

Wird hier das Bild der Natur als Heuristik benutzt, um die Übereinstimmung der
Vernunftfunktionen untereinander zu postulieren?

Gernot Böhme: Kants Hauptfehler bestand in der Vernachlässigung bzw. Verdrängung


des menschlichen Leibes. Das hatte zur Folge,

dass er Empfindungen an Stelle von Messdaten als das Gegebenen wissenschaftlicher


Erkenntnis ansah,

dass er im Opus postumum verzweifelt die Unterschiede der Materie in solchen der
Sinnlichkeit zu begründen suchte,

dass er im Raumargument der Transzendentalen Ästhetik das „außer mir“ schlicht mit
dem Nebeneinander gleichsetzte und deshalb nicht zwischen dem Raum leiblicher
Anwesenheit und dem Raum als Medium von Darstellungen unterscheiden konnte,

dass die Widerlegung des Idealismus in der Luft hängen blieb, weil der Leib als
Gegenstand empirischen Selbstbewusstseins fehlte,

dass er die Ursache der Hypochondrie (nämlich die Missachtung leiblicher Regungen)
für deren Therapie hielt.

Maria Borges: The main Kant´s mistake was his account on women. In his Observation
on the feeling of the beautiful and sublime, he argues that laborious learning or
painful pondering even if a woman should succeed in it destroys the merits that
are proper to her sex, because they make of her an object of cold admiration but
at the same time they will weaken the charms with which she exercises her great
power over the other sex. I think this is a very sexist claim, although I am not
sure that it does not apply today to the masculine mind. Since in the 21st century
men continue to prefer less intelligent female partners, perhaps Kant was only
describing an empirical fact about the masculine nature.

Reinhard Brandt: Kants größter Fehler liegt in der Geschichtsphilosophie, die mit
einer Naturidee operiert, nach der es eine Einheit von Vernunft und Geschichte
gibt. Hier muß man den Zusammenhang offen lassen - vielleicht hat Schopenhauer
Recht.

Andrew Brook: By far and away his biggest mistake in the areas in which I work was
his claim that all we are aware of directly is our own representations, and the
doctrine of the unknowability of anything as it is that flowed from the former.
Douglas Burnham: In the Critique of Judgement, Kant studies the phenomenon of
‘lawfulness without law’, which exhibits properties only analogous to
universality, objectivity, necessity – and indeed exhibits these properties only
insofar as the phenomenon as problem must eventually be taken up by natural
cognition. Here, then, is a new manner in which an experience or judgement can
exhibit order and, ultimately, rationality. (The sublime is a mirror-image.)

However, in the Critique of Practical Reason, the moral law is discussed as the
mere form of law. As regards its form, he argues, law is law. For me, Kant’s
mistake is that he does not pursue this notion thoroughly, but instead relies upon
uncritically adopted features taken from the earlier treatment of natural law.
There are partial recognitions of this, and attempts to compensate, in Kant’s
accounts of moral education or casuistry for example. But it remains the case that
the specific mode of the rationality of my moral judgements is insufficiently
clarified. Recognising this sets us an urgent task as philosophers.

Marina Bykova: It is hard to charge somebody of such an intellectual greatness and


profundity as Kant with mistakes. This is especially true because even that seems
to be a mistake or at least an oddity of his theoretical construction reveals
something essential about the world and its features. Keeping this in mind I would
like to comment on Kant’s negative epistemological claim: we can know nothing
about things in themselves. It is well known that Kant’s positive epistemological
doctrine is explicitly designed to be a response to skepticism. Yet, at the same
time Kant’s view includes some very skeptical-sounding claims. Indeed, although
Kant argues against both Humean skepticism and Berkeleian idealism, his view often
appears to be a rather odd combination of both. This especially concerns Kant’s
concept of a thing in itself. The latter is a thing as it is independent of any
human conceptualization. And Kant argues that we can know nothing at all about
things in themselves. In fact, here he reproduces the skeptical claim insisting
that we can know nothing of the really real world, the world of the things in
themselves. This negative part of his doctrine, while admittedly it does not
threaten any of our practices (as, be the way, Humean skepticism also did not),
seems as skeptical as the hardest-core skeptic could wish. It is obvious that much
of Kant’s motivation for insisting on the unknowability of things in themselves
has to do with protecting God from the failure of arguments for his existence, and
with protecting freedom from the law of causality. It is also true that by
declaring the noumenal things as unknown Kant made a rational personal assessment
of the human potential and limitations of reason. Yet, Kant’s concept of the
unattainable thing in itself is indeed in contrast with the main stream of his
epistemological theory.

Monique Castillo: What is Plato’s main mistake? And what is Kant’s main mistake?
One should be very presumptuous or very naive to think it is possible to answer
such a question in a few words…

But, on the other hand, many “kantian” mistakes have been made “in the name” of
Kant. Worst of them are:

1) morality as an irresponsible intention

2) morality as alienation (confusion between the moral law and the law of a man,
of a party, of a sect…)

The main problem of the kantian moral philosophy is indeed to represent the
realization of the moral law in this very world where we live. It is possible to
think that Kant’s main mistake is not to have given more place and explanation to
the difference between “scheme” (Kritik der reinen Vernunft), “type” (Kritik der
praktischen Vernunft) and “symbol” (Kritik der Urteilskraft).

Ted Cohen: There are two, in my opinion. The first is the idea that there can be
no morality unless there are "categorical" commands. The second is that aesthetic
judgments have genuine "universality."

Claus Dierksmeier: Ich habe keine "Hauptfehler" bei Kant anzukreiden...

Klaus Duesing: Die entscheidende historische Vorlaeufigkeit, wie ich lieber statt
"Hauptfehler" sagen wuerde, besteht darin, dass Kant weitgehend an der
Begrifflichkeit und den Einteilungen der Schulphilosophie des 18. Jahrhunderts
festgehalten hat. Dadurch koennen gerade Kants innovative Theorien nur unter
Schwierigkeiten entwickelt werden.

Jeffrey Edwards: It was only several days ago that Professor Vasilyev was able to
locate my e-mail address and send me an invitation to participate in this
discussion. I have therefore not had sufficient time to reflect on the three
interview questions. But let me at least try to respond to questions (1) and (3).
(I must simply pass on the second question, though my response would run parallel
to my reply to the first.)

Peter Fisher: Kants Lehre von den Postulaten der reinen praktischen Vernunft,
nämlich von der Unsterblichkeit der Seele und vom Dasein Gottes, hält meines
Erachtens einer immanenten Kritik nicht stand. Sie ist in sich widersprüchlich und
argumentativ „erschlichen“. Außerdem ist sie für Kants Moralphilosophie völlig
unnötig.

Dennoch fällt es mir schwer, von einem „Hauptfehler“ zu sprechen, denn die
Problemstellung, dem moralisch gutwilligen Menschen Hoffnung und Trost angesichts
der wenig moralischen Welt zu spenden, möchte ich anerkennen. In meinem Buch
„Moralität und Sinn. Zur Systematik von Klugheit, Moral und symbolischer
Erfahrung“, München 2003, habe ich daher versucht zu zeigen, dass Kant selbst eine
Alternative zur vermeintlichen Vernunftreligion anbietet: nämlich den moralischen
Sinn der Urteile über das Schöne und das Erhabene, sowie der Urteile der
teleologischen Natur- und Geschichtsbetrachtung, immer unter Berücksichtigung des
Status’ solcher Urteile.

Lourdes Flamarique: The “anthropologization of philosophy”: In the Kritik der


reinen Vernunft Kant builds metaphysics on the basis of the natural inclinations
of reason and the recognition of the limits of the intellect. Accordingly, Kant
outlines an ontology with consciousness as the central point.

To put it in Aristotelian terms, I think that Kant's biggest mistake is his


hylemorphic approach to human knowledge. For this amounts to think knowledge in
terms of "poiesis" instead of "praxis" (in the Aristotelian sense). This is a huge
mistake, whose only justification is Kant's own interest in explaining the method
of physical science against the background of an empirist tradition.

Sebastian Gardner: In order to identify a mistake in Kant, as opposed to a


weakness or limitation of his system, one would need to have formed a very
definite and certain view of what his philosophy in its entirety amounts to, and
even in that circumstance, the notion of a mistake, which carries with it the
implication of something that could have been avoided, is something that one might
reasonably feel uncomfortable employing; for example, one would not wish to find
oneself saying that Kant's main mistake was not to have been a post-Kantian
idealist. It has been suggested by Susan Neiman that 'Kant's greatest error was to
mistake the demand for reason with the demand for system' (Evil in Modern Thought,
p. 326), and while this suggestion is interesting and thought-provoking, to my
mind the value of such a claim lies in its accurate registration of a historical
and philosophical distance which provides grounds for self-reflection.

Volker Gerhardt: Auf die zweite Frage kann ich nur unter Vorbehalt antworten: Kant
hat mit der Unterscheidung zwischen „Dingen an sich“ und „Erscheinungen“ zwar eine
im Prinzip richtige Abgrenzung vorgenommen. Die Benennung dessen, was wir erfahren
können als „Erscheinungen“ und dessjenigen, das wir uns bestenfalls denken, stets
aber voraussetzen müssen, als „Dinge an sich“, hat schwere Missverständnisse nach
sich gezogen. Hier zeigt sich, wie sehr eine problematische Wortwahl zu
Missverständnissen in der Sache führen kann.

Hans-Martin Gerlach: Wo wollte man bei einem solchen genialen Kopf und Charakter
beckmesserisch "Haupt- und Nebenfehler" unterscheiden wollen. Kant war ein Mensch
(wenn auch ein genialischer) und hatte also auch seine Unvollkommenheiten, machte
Fehler wie andere Menschen. Mehr sollte man dazu nicht sagen.

Piero Giordanetti: In meiner ersten Antwort habe ich versucht, meine


Aufmerksamkeit auf einen unter den zahlreichen Kantischen Theoriestücken zu
richten, aus welchen ein universeller und dauerhafter Impuls noch heutzutage
hervorgehen kann. Es handelt sich um das Projekt einer wissenschaftlichen
Weisheitslehre, in welcher dem apriorischen, allgemeingültigen und notwendigen
Achtungsgefühl eine determinierende Funktion für die Fundierung objektiver
moralischer Normen zugewiesen wird. In dieser Hinsicht habe ich das Ziel verfolgt,
Kant nach seinen eigenen Intentionen zu begreifen. Eine Beurteilung seines Denkens
und seiner Fehler würde jedoch ein zumindest in seinen Grundelementen entwickeltes
Konzept einer Moralphilosophie und die Formulierung einer Theorie voraussetzen.
Dies ist nun die unentbehrliche Bedingung, um eine Auseinandersetzung mit Kant
führen zu können.

Robert Greenberg: The first edition Transcendental Deduction of the categories


(the A-Deduction) fails to deliver on its promise to connect the categories and
necessary, or transcendental, self-consciousness. Since it explains the necessity
of self-consciousness as a condition of possible experience, it in effect
postpones the completion of the argument to the chapter on the Principles, whose
job is to connect possible experience and the categories. The categories and
necessary self-consciousness are then brought together by way of possible
experience. The dependence of the A-Deduction on the Principles chapter means that
the A-Deduction by itself fails to connect the categories and necessary self-
consciousness, a failure Kant in the Preface to the second edition of the Critique
euphemistically called a mere "obscurity" in the presentation of his argument.

The second edition of the Deduction (the B-Deduction) corrects for the failure by
first connecting necessary self-consciousness and the logical functions of
judgment and then bringing-up the Metaphysical Deduction with its already
established connection between the logical functions of judgment and the
categories in order finally to connect the categories and necessary self-
consciousness. Since these steps can't be taken if sensibility stands in the way,
sensibility has to be excluded up to this point in the story. And this precisely
is what the A-Deduction fails to do. Since possible experience includes
sensibility and since the A-Deduction explains the necessity of self-consciousness
as a condition of possible experience, the A-Deduction is unable to exclude
sensibility from the connection between the categories and necessary self-
consciousness. That is the deeper reason why the A-Deduction had to fail and B-
Deduction could succeed, at least in that respect.

Thomas Grundmann: Ich möchte nicht so sehr direkt von Kants Fehlern sprechen als
von Fehlentwicklungen in der Philosophie, die auf bestimmte Interpretationen von
Kant zurückgeführt werden können. Es ist ganz deutlich, dass durch die kantische
Philosophie die Erkenntnistheorie eine eindeutige Vorrangstellung bekam, die sie
vielfach bis heute behalten hat. Das hat die alte Metaphysik (oder Ontologie) zu
Unrecht ins Hintertreffen gebracht, obwohl bei genauerem Hinsehen Kant selbst
viele unhinterfragte ontologische Annahmen in seine Theorie eingeschmuggelt hat.
Es scheint mir höchste Zeit, diese einseitige Verzerrung zu beenden.
Erkenntnistheorie, Ontologie und Semantik sollten als gleichberechtigte, einander
ergänzende Disziplinen betrachtet werden.

Außerdem hat Kants Autonomiegedanke zu idealistischen, konstruktivistischen, ja z.


T. zu relativistischen Deutungen der Realität eingeladen. Ich halte diese
Positionen für unglücklich und falsch, weil sie die Existenz der erkennbaren Welt
auf inakzeptable Weise vom Erkenntnissubjekt abhängig machen. Ich glaube jedoch
nicht, dass man Kant so interpretieren muss und halte die relativistischen
Deutungen für eindeutig falsch. Ich halte vielmehr seinen Autonomiegedanken mit
einem starken Realismus bezüglich der Existenz der Erkenntnisobjekte für
vereinbar. Dass die Dinge sich nach unserem Geist richten müssen bedeutet nicht
automatisch, dass sie auch durch ihn gemacht sind.

Schließlich hat Kants Philosophie und ihre Wiederauferstehung im Neukantianismus


psychologistischen und naturalistischen Strömungen in der Philosophie nachhaltig
den Boden entzogen, und zwar durch die strikte Unterscheidung zwischen Tatsachen-
und Rechtsfragen sowie zwischen der empirischen und der transzendentalen Ebene der
Betrachtung. Inzwischen sehen wir besser, wie fruchtbar die Beiträge der
Kognitionswissenschaften und der empirischen Wissenschaften auch zur Erklärung des
Phänomens der Subjektivität sein können, wenn sie in die Philosophie einbezogen
werden.

Paul Guyer: In my view, Kant's chief mistake was to assume that we can have
complete certainty about the most fundamental principles of nature, and to base
his distinction between appearance and reality on this assumption, which
distinction then allowed him to treat freedom of the will as something that
automatically exists in the unknowable realm of noumenal reality rather than
something that must be painstakingly realized within the limits of nature. One of
Kant's chief worries was that if the freedom of the will could not be demonstrated
then people could use determinism as an excuse for the immoral actions they are
all too naturally disposed to perform; but transposing freedom of the will from
the sensible world of appearances to the supersensible realm of reality could have
precisely the same effect. Kant did realize that people must learn to discipline
their inclinations in the natural world, but he should have recognized that our
freedom and rationality can be achieved only in the natural world and within the
limits of nature, and that our chief task is precisely to learn how to do this.

Robert Hahn: In theoretical knowledge, we owe Kant a great debt in helping us to


see the futility of the traditional projects of metaphysics, the search for the
thing-in-itself. When we come to appreciate that we impose conditions in our
knowing, we come to see that we can never know the object free of those
conditions, and thus never in-itself. But, Kant’s great mistake was not taking his
approach far enough to undermine also the possibility of subjective certainty.
Kant should have rejected also, but did not, the possibility of
metaphysical/epistemological certainty in the structuring subject. A central
mistake, then, was his romance with “certainty” and his unwillingness to abandon
it. Had he come to reject Transcendental Idealism along with the Transcendental
Realism that he did reject, he would have found himself with the right problem,
the articulation of Internal Realism. The task that lies before us is to determine
how to make sense of epistemological and/or metaphysical “standards” when we
recognize that neither in the object nor the subject can absolute certainty be
secured. Thus, while it seems to me that our search must be for standards that
nevertheless cannot be the absolute ones that were Kant’s goal, we owe Kant many
thanks for opening the doorway to these matters by closing the door on
Transcendental Realism.

Dietmar Heidemann: Von einem "Hauptfehler" der Kantischen Philosophie würde ich
nicht sprechen, sondern von grundlegenden Problemen der Kantischen Philosophie.
Diese betreffen in der theoretischen Philosophie die Frage, wie sich die
Grundlagen der kritischen Erkenntnistheorie, allen voran die Unterscheidung von
Sinnlichkeit und Verstand bzw. Anschauung und Begriff in ihren jeweiligen
Strukturen schlüssig begründen lassen. In diesem Bereich handelt es sich letztlich
um das Problem einer von Kant leider nicht im Detail ausgeführten
Grundlegentheorie der erkennenden Subjektivität. In der praktischen Philosophie
scheint mir problematisch, daß Kants Argumente für die universale Gültigkeit des
Sittengesetzes letztlich auf bewußtseinstheoretische Evidenzen zurückführen, deren
Begründungsstatus weitgehend ungeklärt bleibt, auch wenn Kant das Sittengesetzt
nicht lediglich als Setzung einführt.

Agnes Heller: Kant has not been philosophically mistaken in anything.. Once Hegel
wisely remarked that there is no “error” in philosophy, hence no significant
philosopher has ever been mistaken philosophically. Of course, they can make
mistakes in getting facts wrong and making errors in spelling words, yet the first
is philosophically of as little significant as the second. The real question is
whether an original philosophy can ever be falsified. Sure, philosophers always
“falsified” their predecessors. Thus Aristotle “falsified” Plato or Hegel
“falsified” Kant. Yet what did it matter, what does it matter?? One can turn for
inspiration to Plato today as much as one can turn to Kant. Thus, to use Popper’s
theory of falsification, philosophy is no a hard science, and in modern sense no
science at all. All philosophies can be verified. So can be the philosophy of
Kant, and this happened thousand times. A philosophy loses impact on minds not
because it has been “falsified”, but because thinkers turn away from this
philosophy. This happened many times when newcomers to the already embedded
tradition turned away from the philosophy of their predecessors, as for example
Descartes and the leading philosophers of his times turned their back to the
Schoolmen. Nowadays, however, the great Scolastics are again in vogue, one turns
again towards them for inspiration.. As long as the cycles of turning
towards/turning away repeat themselves, a philosophy is still alive. In fact,
modern thinkers never turned entirely away from Kant, in spite the great efforts
put into the falsification of his theories, insights and their several moral and
political implications. They could reject him, could even ridicule him, but could
never dismiss him as irrelevant. Even his political suggestions, which for a long
time have been neglected, hidden by the shadow of his architectonic system, as his
republicanism or his ideas about perpetual peace and cosmopolitanism are again put
on the agenda.

Dieter Henrich: Er hat die Vollständigkeit in der Durchfuehrung gegenüber der


Ursprungsuntersuchung zu sehr in den Vordergrund gestellt. Das musste er aber
wohl, weil er deutlich sah, bei der Ursprungsuntersuchung noch nicht auf sicheren
Grund zu kommen. In der Vollständigkeit der Anwendung musste er deshalb die beste
Möglichkeit sehen, von der Richtigkeit der kritischen Lehre zu ueberzeugen.

Thomas Hill: Kant did not adequately acknowledge and make use of the fact that
moral philosophy and moral judgment need to rely on empirical facts at certain
crucial points. Kant rightly argued that some basic questions in moral theory,
notably questions of conceptual analysis and certain questions about rationality,
call for philosophical reflection and cannot be settled by empirical
investigation. He acknowledges in The Metaphysics of Morals, and implicitly
elsewhere, that general facts about the human condition need to be assumed in
order to develop reasonable principles regarding government, punishment,
international issues, and personal morality. However, at various points he
exaggerates what can be accomplished independently of empirical information. This
may encourage readers, dangerously, to disregard empirical facts even when they
are relevant and important. Possible areas in which such exaggeration may be at
work include the following. (a) Kant’s view that we may ignore evidence of
offenders’ childhood and background for purposes of punishment, instead presuming
them to fully responsible for their acts as chosen of their own free will. This
results, I think, in a too limited view of conditions that mitigate culpability.
(b) Kant urges us to believe, independently of empirical evidence (and even
apparently against the weight of such evidence), that we can overcome desires and
impulses contrary to duty, that perpetual peace is possible, that there is
historical progress towards the good (despite dreadful wars and violence), and
that it is reasonable to hope for personal immortality. (c) Many of Kant’s very
specific moral beliefs seem to be adopted without adequate consideration of
morally relevant differences in the empirical circumstance in which a moral
decision must be made. His view that telling lies is wrong even to save a friend
from murder is an example.

Norbert Hinske: Seine Fortschrittstheorie, d.h. sein Glaube an so etwas wie einen
irreversiblen Fortschritt der Menschheit als ganzer zum Besseren. Vgl. Norbert
Hinske, Das stillschweigende Gespräch. Prinzipien der Anthropologie und
Geschichtsphilosophie bei Mendelssohn und Kant. In: Michael Albrecht u.a., Hrsg.),
Moses Mendelssohn und die Kreise seiner Wirksamkeit, Tübingen 1994, S.135-156.

Otfried Höffe: Nur ein naiver Besserwisser traut sich zu, Kant einen „Hauptfehler“
anzukreiden. Ein so überragender Denker wie Kant verdient vielmehr, immer wieder
neu gründlich und kreativ gelesen zu werden. Dabei fallen weit mehr bleibende
Einsichten ins Gewicht als Fehler. Zudem: Was heißt in der Philosophie schon
„Fehler“ ?

Vittorio Hösle: Kants subjektiv-idealistische Umdeutung des Apriori und seine


Lehre der Noumena sind inakzeptabel. Auch ist eine umfassende Ethik ohne materiale
Werte nicht durchführbar.

Ellsworth Hood: I would say that his main mistake was to argue, in his Rechtslehre
and elsewhere, that the ruler has rights but no duties to citizens and that the
ruler must be obeyed even if ruling unjustly and in ways which clearly violate the
rights of persons and that he exacerbated the mistake in accepting the death
penalty as a necessary element of the ruler's power. Kant argues that nothing
empirical can alter what is a priori true. The absolute power of the ruler allows
current empirical need for force and coercion to limit or annul the intrinsic
right of persons which are a priori. That the citizen, even if violated, may not
resort to force or violence to defend his/her rights is consistent with Kant's
basic view of the person and his/her rights. What is not coherent or consistent is
to argue that the ruler may do so to enforce his will, whether just or unjust. The
citizen would have to agree to be treated unjustly if he/she were to agree to
accept injustice done to him/her and would have to behave unjustly to carry out an
unjust order made by a ruler. It would be just person's duty to refuse injustice
done to him/herself and to refuse an order to do injustice to another. Kant argues
this would produce chaos and all justice would be lost. Perhaps, but not
necessarily so. Certainly not necessarily so according to his view of human nature
as rational freedom. The death penalty contradicts Kant's own insistence that
nothing empirical can extinguish personality and the rights entailed in
personality. Even the most horrendous of murders is still empirical. Moreover,
Kant argues that only laws which one could consistently legislate for onself,
which entails universalization, can be legitimate. No one could consistently will
that he/she be killed for some empirical deed. To do so would entail participation
in the will to destroy oneself. That would be to will suicide which Kant himself
argues contradicts the categorical imperative.

Robert Howell: As I have suggested in #1, I think that many of Kant’s specific
views are open to question—for example, his arguments for transcendental idealism,
his deduction of the categories from claims about the I think (but not his account
of the I think itself), and his reasoning in the Second Analogy. However, given
the depth and immense originality of these views and their remarkable influence on
subsequent philosophy, it would be exceptionally wrongheaded to claim that he was
mistaken to develop them. Had he turned on some of his positive views the same
critical powers that he displays in the Paralogisms and elsewhere, he might have
come closer to the truth in regard to those particular views. (For instance, he
might have been led to alter or refine his form of idealism.) However, such self-
criticism would probably have cost him the opportunity to develop his other,
equally important views. Moreover, we are still, two hundred years later, working
within, or reacting against, the basic framework that he bequeathed to us. We
don’t have a clear view outside that framework that lets us evaluate the framework
itself objectively. So, except with many qualifications, I don’t find it
clarifying to talk in terms of Kant’s «main mistake.»

Wolfgang Kersting: Die Fehler – oder besser: Grenzen – der Kantischen Philosophie
haben allesamt mit dem vertrauten Umstand zu tun, daß jede Philosophie unter dem
Einfluß ihrer Zeit steht, von Voraussetzungen kontrolliert wird, die ihr
alternativenlos erscheinen, es aber nicht sind. Zu diesen Voraussetzungen etwa
zählen Grundzüge der neuzeitlichen Bewußtseinstheorie, von denen sich Kant
ebensowenig freimachen konnte wie von der gesamten szientistischen Programmatik.
Das Bewußtsein als Container irreduzibler Mentalatome, die durch eine
verstandesbegriffsgeleitete Wahrnehmung erst in beschreibungsfähige Gegenstände
verwandelt werden – diese Vorstellung ist schwerlich aufrechtzuerhalten. Auch ist
die enge Anbindung der Analyse der Erfahrungserkenntnis an Physik und Mathematik –
und das heißt: an eine zeitbedingt begrenztes Physik- und Mathematikverständnis –
aufzugeben. Nicht minder der durch den Szientismus bewirkte Wirklichkeitsmonismus,
der zwischen Natur und Gesellschaft, Ding, Körper und Leib keinerlei Unterschied
sieht und Handlung nur im Horizont der Moral erläutern kann. Und auch die kühne
Allgemeingültigkeitsvorstellung, die sich der Übertragung des Naturgesetzmodells
auf das moralische Pflichtprinzip verdankt, ist aufzugeben.

Patricia Kitcher: One major mistake was assuming that scientific problems were
amenable to philosophical solution. Despite his careful distinction between method
in mathematics and in philosophy, he still offered transcendental idealism as as
solution to problems such as the infinite divisibility of lines. Assuming that the
problems raised by Newtonian mechanics could never be resolved by science, he
again tried to offer philosophical solutions to questions about the nature of
space and time.

Heiner Klemme: Der Hauptfehler von Kants Philosophie, wenn man denn von einem
solchen sprechen möchte oder kann, liegt meines Erachtens darin, dass er mit einem
Seitenblick auf die Newtonische Physik die Lehre vom Determinismus natürlicher
Ereignisse überschätzt hat. Wie wir aus zahlreichen Dokumenten wissen, hat Kant
seit seiner Rousseau-Lektüre 1762 allein der Moral und dem moralischen Handeln
Bedeutung zugemessen. Strikte moralische Verpflichtungen setzten Freiheit voraus,
und der ‚kritische’ Kant ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Freiheit nur möglich
ist, wenn wir zwischen einem ‚Reich der Freiheit’ (der noumenalen Welt) und einem
‚Reich der Natur’ (der phänomenalen Welt) unterscheiden, gerade weil die
Ereignisse im Reich der Natur, dem wir als Sinnenwesen angehören, naturkausal
determiniert sind. Meiner Einschätzung nach folgt dies jedoch nicht. Zweifellos
darf eine plausible Konzeption moralischer Freiheit und Verpflichtungen
naturwissenschaftlichen Erkenntnissen nicht widersprechen. Aber widerspricht
unsere moralische Verpflichtung, Menschen als autonome Subjekte ihres Lebens zu
achten, diesen Erkenntnissen? Ich sehe nicht, wie diese Frage positiv beantwortet
werden könnte.

Christine Korsgaard: I don't know that I think there is a "main" mistake. I think
one important mistake Kant made was not thinking enough about non-human animals.
I'm not referring now to his moral doctrine that our duties to the other animals
are really duties to ourselves, although that may be related. What I have in mind
is that both his philosophy of action and his philosophy of mind make it hard to
see where non-human animals fit in. I believe that non-human animals are agents
and that they have minds. But they are not autonomous and they don't conceptualize
the world in the same way that we do. They exist in some middle ground between
human beings whose beliefs and choices are ultimately regulated by reason and
plants or machines that don't think or act at all. Kant's theories make it very
hard to describe that middle ground. That middle ground has to exist, because non-
human animals do exist.

Alexey Kruglov: Was ich für ein Irrtum Kants halte, das mir übrigens sehr stört,
besteht in seiner Vorstellung, nach der in der Philosophie eine solche Reform
durchsetzbar sei, die eine engültige Grundlage für alle Zeiten schüfe, und die
später nur noch kleine Ergänzungen brauchen würde.

Nikolaus Lobkowicz: Dass er, aus Unkenntnis vorneuzeitlicher, d.h. antiker und
mittelalterlicher Traditionen, nicht Alternativen zu seiner „kopernikanischen
Revolution“ in Betracht gezogen hat. Die wichtigste Alternative wäre gewesen,
anzunehmen, dass wir die Wirklichkeit im großen ganzen so erkennen können, wie sie
ist, und sich zu fragen, was dies voraussetzt. Insofern ist Kants Antwort auf die
Frage, wie synthetische Urteile a priori möglich seien, einseitig und überholt.
Einerseits versteht sich heute nicht mehr von selbst, dass es solche Urteile
überhaupt gibt (Newtons Mechanik ist nur ein Denkmodell und selbst geometrische
Prinzipien können aus der Logik abgeleitet werden). Andererseits kannten auch
ältere Traditionen Einsichten dieser Art, das Mittelalter etwa propositiones per
se notae, und erklärten deren Möglichkeit sei es aus dem Wesen der Vernunft (vgl.
das Ende der Ersten Analytik des Aristoteles), sei es durch Abstraktionstheorien.
Kants „kopernikanische Revolution“ hatte eine schicksalhafte Folge: den
weiterwirkenden Verdacht, dass wir die Wirklichkeit (das „Ding an sich“) nur so
erkennen, wie wir sind, nicht wie sie ist. Niemand fragt mehr danach, ob und
inwiefern dieser Verdacht wirklich begründet ist, aber er wirkt weiter.

Beatrice Longuenesse: I think Kant's main mistake lies in the way he thinks about
the relation between his theoretical and his practical philosophy. He thinks he
can salvage the notion of freedom indispensible to his moral philosophy only by
reintroducting as objects of faith the metaphysical truths he had denied as
objects of knowledge. I think this is a confusing and unnecessary move, which
sends him straight back into the pre-critical, metaphysical age he had wanted to
break away from.

Robert Louden: Kant’s over-confidence that his own particular system of philosophy
represented the completion and final resting point of all philosophical endeavor
was, in my view, his main mistake. In his “Declaration Concerning Fichte’s
Wissenschaftslehre” (August 7, 1799), he proclaims that “no change of opinions, no
touching up or reconstruction into some other form, is in store for it; the system
of the Critique rests on a fully secured foundation, established forever; it will
prove to be indispensable too for the noblest ends of mankind in all future ages”
(Ak. 13: 371). No human achievement in philosophy is ever completely immune to
challenge or revision.

Robert Makkreel: The mistakes made by Kant are related to the way he formulated
the principles of his theory of determinant judgment. He operated in terms of
sharp dualisms that have engendered many misinterpretations and produced
innumerable caricatures of his thought. An insufficient sensitivity to the
historical conditions of experience also led Kant to idealize and thus absolutize
the transcendental conditions of experience.

Colin McGinn: His main mistake was to suppose that the perceived world is somehow
a function of our mental make-up.

Arthur Melnick: Kant’s greatest mistake may well be the same as his greatest
contribution. Physical science has outstripped every Kantian restriction on a
world that conforms to a priori conditions of thinking. This means we must re-
think whether a theory of a reality that concerns us can exist apart from science
or is rather something that has to emerge within it. The latter opens us a
universal naturalism that calls into question not just Kant but philosophy itself.

Susan Neiman: (1) Kant's major mistake was to overrate the role of intention in
moral action. To be sure, his writings insist that we are responsible for those
consequences of our actions we can be reasonably expected to foresee, and he is
masterful in emphasizing our lack of knowledge of anyone's intentions, including
our own. But the claim that the only unconditioned good is the good will led to an
emphasis on authenticity and inwardness with a tendency to overlook the degree to
which immoral and even evil actions can be undertaken with a variety of intentions
ranging from the mediocre bad (as Arendt's brilliant Eichmann in Jerusalem
describes) to the positively good (as the history of Stalinism shows us). (2)
Perhaps Kant's greatest error is more properly described as an incapacity: he was
a miserable writer. His writing is not merely, as he put it, dull, dry, and long-
winded, nor simply lacking in elegance. His metaphors are often dreadful, and his
examples usually illustrate the opposite of what they were intended to do. He has
no sense of proportion, devoting repetitive passages to points that could be made
simply, and breezing through crucial questions in far too short order. Kant
himself regretted the fact that he didn't possess the grace and clarity of
Mendelssohn and Hume, but he couldn't have regretted it as much as we should. For
his inability to write, coupled with his unrivalled ability to think, left
posterity with the unstated but ingrained impression that thinking deeply and
writing well are somehow incompatible - an impression that would have been
anathema to any Aufklärer, including Kant himself.

Thomas Nenon: I agree with the basic claim of late 19th Century thinkers like
Dilthey (among others) who thought that Kant had done a good job of identifying
fundamental categories of nature in a very specific and narrow sense, but that we
also need to expand the project to include other kind of phenomena such as use-
objects or social institutions that are not physical objects in the narrower sense
that Kant's approach is designed to accomodate.

Angelica Nuzzo: A limit of Kant’s thought is, in my view, his lack of insight into
the historical nature of human thinking, knowing, and philosophizing. His
transcendental perspective on human knowledge has lead him to miss the fundamental
historical component of our thought-categories, which, I believe, is not
necessarily opposed to their a priori nature.

Vesa Oittinen: To my mind, it is rather trivial to try to seek ”mistakes” in great


philosophers — this presupposes that we think we know which the right answer is.
But philosophy is primarily about problems, not about ”right” answers. The
question should thus be reformulated in the following manner: how well did Kant
succeed in finding solutions to certain philosophical problems?

If posited in such a manner, I think one of the most problematic sides of the
Kantian heritage is its transcendentalism. It is, undoubtely, so that Man never
will acquire a complete knowledge of the world and of himself (already the idea of
the ”inexhaustibility of matter” states this implicitly), but the principle of
transcendentality in Kant goes even further, demanding us to rely, in the last
instance, upon faith instead of knowledge. This, I would say, is not wrong, but it
is higly problematic.

Onora O’Neill: I would include:

that he left his readers hovering between a 'two worlds' and a 'two standpoints'
view of the relation of freedom and nature

that he paid too little attention in his practical philosophy to the material
needs of human agents (yes, the soviet philosophers had a good point here!)

that he failed to sort out the implications for his ethics of his view that humans
are not self transparent, but opaque

that his prose is sometimes unclear and difficult-- but the first to have certain
ideas has a tough task

I do NOT think it is his fault that twentieth century philosophers misread his
arguments on autonomy prettybadly and tried to enlist him on behalf of forms of
radical and less radical individualism

Stephen Palmquist: Kant's chief mistake was to assume, without clear reasoning or
sound justification, that the analytic a posteriori is not a valid classification
of knowledge. In but a single sentence, he passes it off as obviously self-
contradictory; yet this much-neglected "hidden fourth" aspect of Kant's
epistemological framework can be viewed as the key to solving numerous problems
Kant himself had trouble accounting for. In the first Critique Kant denies that
speculative metaphysics gives us access to synthetic a priori knowledge, yet he
does not tell us how we should classify the "regulative ideas" he puts in its
place. In the second Critique Kant names freedom as the one "fact" of practical
reason, yet tells us nothing about how we can conceive of this fact,
epistemologically. And in the third Critique Kant repeatedly assumes the noumenal
world can somehow break into the phenomenal, yet has no foothold for this
assumption within the framework of terms he has sanctioned--aside from his highly
problematic claims about how the synthetic a priori allegedly operates from this
standpoint. A clear account and affirmation of the analytic a posteriori would
have solved all these (and many other) problems.

Adrian Piper: As to Kant’s main mistake, I do not subscribe to the view that his
commitment to Newtonian science and Euclidean geometry as ultimate indices of
objectivity did him in; the analysis can be adjusted to accommodate these
historically reasonable theoretical assumptions. Rather, I would suggest that his
main mistake was a version of what we would call the “garbage in-garbage out”
problem. Kant believed it was possible to infer substantive moral obligations, at
least in some particular cases, from the mere form of thought itself. Many more
contemporary moral philosophers have placed themselves in Kant’s exalted company
by making this same mistake: thinking, for example, that we can infer such
obligations from the concept of a rational decision-maker, or from a community of
such decision-makers, or from the concept of action, or from the formal procedure
of rational deliberation. All make the same mistake against which Kant himself
warned in the first Critique: of supposing an empirical concept to be derivable
from a transcendental one. The relationship is more complex than that; and in the
moral case, must be rerouted through the more circuitous path of rational self-
regulation.

Nikolay Plotnikov: Einen fundamentalen Fehler in der Kantischen Rekonstruktion der


transzendentalen Sphäre sehe ich darin, daß er das von ihm favorisierte rechtliche
Modell der Interpretation (Gesetz versus Einzelfall) in der theoretischen und
praktischen Philosophie überdehnt. Durch eine solche Rechtsförmigkeit der
Kantischen Explikationsart wird eine Deutung der Erkenntnis (Verstand versus
Sinnlichkeit) sowie des Handelns (Sittengesetz versus Neigungen) festgelegt, die
ganze Bereiche der theoretischen sowie der praktischen Rationalität ausklammert
oder verkehrt interpretiert. Im theoretischen Bereich ist unmöglich, gemäß dem
Kantischen Modell die historische Erkenntnis wie überhaupt die
geisteswissenschaftliche Erkenntnis zu legitimieren. In bezug auf die Sphäre des
praktischen Lebens hat Kant selbst große Schwierigkeiten gehabt, Phänomene der
Handlungsmotivation aufgrund seines rechtsförmigen Modells angemessen zu
interpretieren.
Konstantin Pollok: Kants Hauptfehler bestand darin, daß er nicht explizit gesagt
hat, daß sämtliche Notizen, die wir heute unter dem Titel ‚Opus postumum’
zusammenfassen, den Status von Gedankenexperimenten nie überschritten haben

Birgit Recki: Darin, daß er die aus der Tradition gleichsam scholastisch
aufgenommene Trennung von mundus sensibilis und mundus intelligibilis nicht
deutlich genug in seine eigene Differenzierung zweier methodischer Aspekte bzw.
Perspektiven auf die eine Welt transformiert hat, so daß seine Interpreten heute
bei der Zurückweisung naheliegender realontologischer Mißverständnisse sich nur
auf wenige und wenig ausführliche Belege für diese Transformation stützen können.

Paul Redding: Although from a contemporary point of view there is much that may be
considered wrong and misleading in Kant's philosophy, I find it difficult to think
of any aspect of his major works that one would describe as a "mistake". From the
time that the Critique of Pure Reason first appeared Kant has had many critics,
but to my mind the most illuminating of these have been those, such as the early
post-Kantian idealists, who were able to point to shortcomings in Kant's work only
because of what they had learned from his revolutionary philosophy. In the eyes of
figures like Fichte and Hegel, Kant still seemed to be indebted too much to the
subjectivistic perspective of post-Cartesian philosophy, and this is how Kant
appears to many now. But like the early post-Kantians, we are only able to see the
shortcomings of this from a perspective that Kant had himself created.

Valerio Rohden: Vielleicht liegt der Hauptfehler Kants weniger bei ihm selbst als
bei seinen späteren Interpreten, so z. B. in dem dreifachen Missverständnis,

dass Kant den Unterschied zwischen dem spekulativ-konstitutiven, theoretisch-


regulativen und praktisch-konsitutiven Sinn von Ideen nicht näher bearbeitet habe.
Tatsächlich hat Kant Platon in seinem zentralen Begriff korrigiert und ihn in
diesem Sinne “besser verstanden”. Die Ideen übernehmen bei Kant im wesentlichen
kritische bzw. “archetypische” Funktionen.

dass seine reine praktische Vernunft eine reine Moralität für endliche Wesen
verlange, die aber als solche nie sicher sein könnten, aus reinen Intentionen
gehandelt zu haben. Tatsächlich verlangt die Idee eher eine Anstrengung in
Richtung auf eigene moralische Vervollkommnung, wobei diese jedoch mehr in der
Form des ständigen Kampfes um die Erreichung des Guten als im Resultat dieses
Kampfes selbst zu suchen ist.

dass Kant die Frage der Einheit der Vernunft im Sinne einer Konvergenz von Sein
und Sollen auf Grund der Freiheit nicht näher bearbeitet habe. In der Tat hat Kant
in jeder seiner drei Kritiken diese Einheit anders gedacht, so dass es uns
aufgegeben ist, diese “vor-analytische” Einheit jedesmal neu und dynamisch
weiterzudenken.

Es ist leicht zu sehen, dass die Philosophie Kants keine abgeschlossene, fertige
Philosophie ist, sondern dass sie uns die Aufgabe stellt und uns zugleich
motiviert, in eigener Arbeit und zusammen mit ihm zu einer Lösung der grossen
Probleme, die in ihr überzeugend artikuliert sind, beizutragen.
Richard Rorty: He took seriously the idea that philosophy could be made into a
science, and thereby helped bring into existence an academic discipline that has
never been able to live up to the task assigned it.

Tobias Rosefeldt: Königsberg nicht verlassen zu haben... nein, im Ernst: Ich


glaube nicht, daß es einen Hauptfehler bei Kant gibt, wenn auch sehr viele Fehler.
Einer war sicherlich, die sehr unpräzise Rede über "Vorstellungen" von den
Empiristen übernommen zu haben.

Hermann Schmitz: In der ungenügenden Analyse der Bedingtheit dessen, was ihm
selbstverständlich war. Kant versucht eine Konstitution der Gegenstandswelt aus
Empfindungen, Anschauungsformen und Kategorien und setzt dafür ein bereits
konstituiertes Subjekt mit fertigem Vermögen, ferner lauter einzelne, nur
ungeordnete Empfindungen (Sinnesdaten) und ein Ding an sich auf der Objektseite
voraus. Dass Einzelheit und Subjektivität selbst erst konstituiert oder wenigstens
analysiert werden müssten, ist ihm nicht eingefallen. Seine Vorstellungen von Raum
und Zeit sind grob verkürzt durch psychologische und naturwissenschaftliche
Vorgaben und verkennen beim Raum die leibliche Einbindung des Menschen, bei der
Zeit die (gleichfalls leiblich fundierte) Modalzeit mit Vergangenheit, Gegenwart
und Zukunft. Ein allzu naives Vertrauen setzt Kant in die allgemeine und
notwendige Geltung synthetischer Urteile a priori in Mathematik und
Naturwissenschaft. In der Ethik vermengt er seinen Formalismus mit platonischer
Seelenmetaphysik (oberes und unteres Begehrungsvermögen).

Dieter Schoenecker: Auch hier ist die Liste lang. In der Erkenntnistheorie besteht
der Hauptfehler m.E. darin, Raum und Zeit für Anschauungsformen und nichts weiter
zu halten; mit dieser These steht (und fällt, meines Erachtens), die ganze
kritische Philosophie. In der Ethik ist es der Fehler, den kategorischen Imperativ
und damit die Idee der formalen Universalisierung für einen brauchbares Mittel der
moralischen Prinzipienfindung zu halten.

Gerhard Schwarz: Kants Hauptfehler als philosophischer Autor bestand darin, an


vielen Stellen eine Form der Darstellung seiner Gedanken gewählt zu haben, die den
Leser nicht selten über die systematischen Fundamente seines Philosophierens eher
täuscht als aufklärt.

Peter Singer: Kant’s main mistake was to think that only beings who are rational
are ends in themselves. Thus he consigned all nonhuman animals to the status of
mere “things” and said they have no intrinsic worth. But obviously nonhuman
animals can feel pain, and suffer, and the fact that they are not rational beings
is no reason to dismiss the intrinsic significance of their suffering.

Kant seemed not to notice – and most commentators on Kant also fail to point this
out – that many human beings are not rational beings. Infants are not rational
beings, although they will eventually become rational beings. Some humans born
with congenital defects, or who suffer severe brain damage soon after birth, will
never become rational beings. Thus in accordance with Kant’s philosophical
principles, they have no intrinsic worth, are not ends in themselves, and are mere
things. We should, it would seem, be able to treat them as we now treat nonhuman
animals. Of course, no one wants to draw such a conclusion. But the fact that it
is implied by Kant’s principles shows that there is something wrong with his
ethics.

Werner Stark: Hier möchte ich - mit einem kleinen Augenzwinkern - ausweichend
antworten; denn bei einer Person von der historischen Größe, wie sie Immanuel Kant
zuzubilligen ist, sehe ich mich persönlich nicht in der Lage Monita zu
formulieren; außer dem einen: vielleicht wäre es besser gewesen, wenn Kant
geheiratet hätte und so eine genauere, erfahrungsgestützte Meinung von der Rolle
und Funktion der weiblichen Seite der menschlichen Natur gewonnen hätte.

Jürgen Stolzenberg: Ich glaube nicht, dass wir heute einen Konsens darüber haben,
worin Kants „Hauptfehler“ bestand und ob es überhaupt einen solchen gibt. Auf
keinen Fall kann man wie die Nachkantianer mit Sinn sagen, Kant habe die Resultate
gegeben, aber die Prämissen fehlten noch. Das ist eine völlige Fehleinschätzung
sowohl der Philosophie Kants als auch der Anschlussnahme der Nachkantianer an sie.
So sollte man zunächst einmal das ‚Hauptverdienst’ Kants deutlich machen. Und das
besteht in der höchst originellen Verbindung von durchgreifender, methodisch
geleiteter Kritik von unberechtigten Geltungsansprüchen auf der einen Seite, einer
darauf aufbauenden Grundlegung philosophischer Theorien der Erkenntnis, des
Handeln, des Rechts, der Natur und der Kunst auf der anderen Seite. Man kann
allerdings zahlreiche Sachprobleme und problematische Argumentationen in Kants
Werk identifizieren. Das sind vor allem die metaphysikkritischen Argumente selbst,
sodann die Argumente, die Kant in seiner Postulatenlehre aufbietet. Sie werden in
der Kant-Forschung nach wie vor als höchst problematisch angesehen. Aber auch
einige für die Erkenntnistheorie entscheidenden Argumentationen, wie die
Argumentation in der Transzendentalen Deduktion der reinen Verstandesbegriffe, des
Schematismus, der Analogien der Erfahrung, der Widerlegung des Idealismus und die
daraus abgeleiteten Folgerungen gelten als problematisch. Umstritten ist in der
gegenwärtigen Ethik-Diskussion auch der Stellenwert von Kants Tugendlehre für die
Begründung einer Ethik. Das sind nur einige wenige Problemfelder, mit Bezug auf
die es nicht sinnvoll ist, von ‚Fehlern’, oder gar von einem ‚Hauptfehler’ zu
sprechen. Bei der Beantwortung dieser Frage müsste auch geklärt werden, inwieweit
die Frage als Frage nach einer immanenten Stimmigkeit der Argumente Kants gemeint
ist oder ‚Fehler’ gemeint sind, die sich unter anderen, mit der Philosophie Kants
nicht oder nur schwer zu vereinbarenden Grundannahmen und daraus mit Bezug auf die
Philososphie Kants gezogenen Folgerungen ergeben. Ein wichtiger Punkt, der bei
vermeintlichen ‚Fehlern’ zu berücksichtigen ist, ist ein klares Verständnis, worin
das jeweilige Problem besteht, für das Kant eine Lösung anbietet. Hat man sich
darüber verständigt, lassen sich viele Einwände auf Missverständnisse
zurückführen, die mit Bezug auf das Beweisziel Kants bestehen, so der immer wieder
aufgebrachte Formalismusvorwurf gegen die Ethik Kants, oder der damit verbundene
Vorwurf, Kant habe nicht den ‚ganzen Menschen’, und das heißt, den Anteil der
Emotionen und Affekte in seiner Theorie des Subjekts genügend beachtet.

Peter Strawson: His chief mistake was the failure to recognise that the correct
doctrine of empirical realism is inconsistent with his mistaken belief in the
reality and unknowability of things in themselves, i.e. with transcendental
idealism.
Barry Stroud: Although it cannot be called simply a 'mistake', I think what led
Kant disastrously astray was his idea that there is such a thing as Reason with
its own fixed structure and in which all human beings participate. He thought he
was studying and revealing the structure of just such an abstract thing or
faculty, and it had a profound effect on how he understood his results. I do not
think that assumption is essential to the enterprise of exploring the necessary
conditions of the possibility of any human thought and experience or to
appreciating the special relation in which human beings would stand to any of the
truths shown to have that special status. The deep significance of the fact that
we stand in that relation to certain necessary and pervasive features of human
life is what is most distinctive of Kant's philosophy.

Robert Theis: La notion d’erreur (mistake) à propos d’une philosophie, quelle


qu’elle soit, paraît piégée. Une pensée philosophique, là où elle a pris une forme
plus ou moins systématique, est régie par sa logique propre et par une cohérence
interne qui dépend d’une part de conditions formelles, mais aussi d’un certain
nombre de conditions matérielles qui garantissent cette cohérence. Que celles-ci
soient fonction d’un contexte idéologique dont l’auteur n’est pas nécessairement
conscient me semble évident. En tout état de cause, je plaide pour le « préjudice
de la complaisance » comme principe herméneutique fondamental. Kant lui-même a
d’ailleurs été assez clair à ce propos dans la Préface de l’Unique argument
possible pour une démonstration de l’existence de Dieu (1762/3).

Il n’est pas douteux que la pensée kantienne n’échappe pas à cette contingence des
conditions historiques de son élaboration. Notamment en ce qui concerne la théorie
de l’a priori et plus généralement de la raison, il est évident que son
articulation selon le fil conducteur d’un modèle logique très fermé constitue une
limitation qu’on n’a d’ailleurs cessé, depuis Hegel, de relever. Par ailleurs,
pour donner un second exemple, en ce qui concerne sa théorie de la religion, il
est clair aussi que la concentration sur la seule substance morale ne permet pas
de saisir toutes les dimensions symboliques du religieux.

Au lieu donc de parler d’erreurs, ils conviendrait plutôt de parler d’«


unilatéralités » dans la philosophie kantienne.

Jens Timmermann: Bracketing certain infelicities of his transcendental idealism,


Kant's greatest mistake was defending the death penalty. There seem to be good
Kantian reasons never to give up on an individual altogether, but rather always to
hope that he or she might become a better person.

Burkhard Tuschling: Einen "Hauptfehler" Kants gibt es nach meiner Auffassung


nicht. Kant hat sich vielmehr - methodischer Skeptiker und kritischer Philosoph,
der er von seinen Anfängen als Metaphysiker der Leibniz-Wolffschen Schule gewesen
und zeit seines Lebens geblieben ist - durchweg kritisch auch und gerade zu sich
selbst verhalten. Durch viele "Umkippungen" (Kant an Lambert, 31.12.1765, in: X
5531) hindurch hat er das, was er einmal für richtig gehalten hat, immer wieder
neu durchdacht und, wo es ihm nötig und richtig schien, durch neue (auch radikal
neue) Lösungen ersetzt: so z.B. die Raum-Zeit-Theorie, die er bis 1768
Leibniz/Wolff folgend vertrat, um dann vorübergehend in der kleinen Schrift Von
dem ersten Grunde des Unterschiedes der Gegenden im Raume mit Newton gegen Leibniz
den absoluten Raum zu behaupten; um schließlich - nach neuerlicher radikaler
"Umkippung" - von 1770 an, d.h. seit De mundi sensibilis atque intelligibils forma
et principiis, seine dann klassisch gewordene "subjektivistische" Theorie des
Raumes und der Zeit als Formen der Anschauung und als reine Anschauungen zu
vertreten. Eben diese permanente Fähigkeit und Bereitschaft zur Selbstkritik und
Selbstkorrektur gilt auch für Grundpositionen und Struktur des Projekts der Kritik
der reinen Vernunft und des transzendentalen Idealismus insgesamt: Während die
Kritik der reinen Vernunft lehrt, dass nur Formen des reinen Anschauens und reinen
Denkens a priori und transzendental, d.h. konstitutiv für die Gegenstände
möglicher Erfahrung sind, die Materie dagegen das Eigentlich-Empirische ist, das
"uns ... nur a posteriori gegeben" ist, arbeitet Kant seit 1796 im sog. opus
postumum - kulminierend im 1799 geschriebenen Entwurf >Übergang 1-14< - an dem
Problem, dass es auch materielle Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung geben
müsse, Materie also z.B. ein »realer und a priori durch die Vernunft gegebener
Weltstoff und für ein Princip der Möglichkeit der Erfahrung des Systems der
bewegenden Kräfte geltend anzusehen« (XXI 2164-7) sei. Danach ist Materie a priori
durch die Vernunft gegeben (2164f.) — Princip der Möglichkeit der Erfahrung
(2165f.) — Subject der bewegenden Kräfte (21519) [...] der Selbstthätigkeit
(21622f.) i.e. der Bildung von Körpern (21620—23) — Weltganzes aus einem Stoff
(XXI 2172) — jener allgemein möglichen Erfahrung a priori zum Grunde liegend — a
priori [...] gegebener ursprünglich bewegender Weltstoff (21712—15) — durch keine
Erfahrung erweisliche[r] (mithin [!] im Erkenntnis a priori gegebene[r])
allverbreitete[r] und alldurchdringende[r] Weltstoff (XXI.5595—9, als Titel
präsentiert) — Urstoff der Körperwelt [...] sich innerlich selbst bewegende[r]
Urstoff (5617—10) — aus Begriffen a priori mithin als nothwendig hervorgehender
aber zum Behuf der Möglichkeit Einer allbefassenden Erfahrung überhaupt
categorisch gegebener Stoff (6312—15).

All das widerspricht dem Grundkonzept der Kritik der reinen Vernunft, dass Materie
nur empirisch und nur durch die Sinnlichkeit gegeben werden könne, so krass, dass
der mainstream der Kantforschung es vorzieht, die im opus postumum dokumentierte
radikale Selbstkritik, die in Selbstaufhebung des transzendentalen Idealismus
übergeht (vgl. Burkhard Tuschling, Übergang: Von der Revision zur Revolutionierung
und Selbst-Aufhebung des Systems des transzendentalen Idealismus in Kants opus
postumum, in: Architektonik und System in der Philosophie Kants, hrsg. v. Hans
Friedrich Fulda und Jürgen Stolzenberg, Hamburg 2001, S. 128-170), entweder
stillschweigend zu ignorieren oder aber als Produkt der Senilität zu
disqualifizieren, ohne sich mit Kant auseinanderzusetzen.

Doch die Apologeten der Orthodoxie übersehen, dass der vorstehend zitierte und
konstatierte Widerspruch dem kritischen Projekt von Anfang an, d.h. schon der
Kritik der reinen Vernunft, inhärent ist. Dies gilt, wie Jeff Edwards gezeigt hat,
insbesondere für die Dritte Analogie der Erfahrung (Jeffrey Edwards, Substance,
Force and the Possibility of Knowledge, University of California Press,
Berkeley/Los Angeles/London 2000); wie der Unterzeichnete am a.a.O. gezeigt hat
und Bryan Hall in seiner vor dem Abschluss stehenden Dissertation Kant, Realism,
and Anti-Realism zeigen wird, gilt es auch für das im Abschnitt über das
transzendentale Ideal referierte Ergebnis der "Verhandlungen der transzendentalen
Analytik" (A 581/B 609), wo - die Bestimmung von Materie als dem eigentlich-
Empirischen zunächst bestätigend, dann ihr widersprechend - gesagt wird:

"Die Möglichkeit der Gegenstände der Sinne ist ein Verhältnis derselben zu unserem
Denken, worin etwas (nämlich die empirische Form) a priori gedacht werden kann,
dasjenige aber, was die Materie ausmacht, die Realität in der Erscheinung (was der
Empfindung entspricht) gegeben sein muss ... Nun kann ein Gegenstand der Sinne nur
durchgängig bestimmt werden, wenn er mit allen Prädikaten der Erscheinung
verglichen und durch dieselben bejahend oder verneinend vorgestellt wird. ... so
muß die Materie zur Möglichkeit aller Gegenstände der Sinne als in einem
Inbegriffe gegeben vorausgesetzt werden ... folglich ist nichts für uns ein
Gegenstand, wenn es nicht den Inbegriff aller empirischen Realität als Bedingung
seiner Möglichkeit voraussetzt." (A581f./B 609f.)

Wird schon hier in aller Deutlichkeit gesagt, dass Materie als der Inbegriff aller
empirischen Realität Bedingung der Möglichkeit aller Gegenstände der Erfahrung ist
und als solche gegeben sein muss, ihnen als materielle Bedingung der Möglichkeit
der Erfahrung vorhergeht, also a priori vorausgesetzt werden muss, so kommt dies
noch radikaler in folgenden Formulierungen der Ersten Analogie der Erfahrung zum
Ausdruck, die - wenn ich recht sehe - bislang von der Kantforschung überhaupt noch
nicht gewürdigt, geschweige denn ausgewertet worden sind:

"Ohne dieses Beharrliche ist also kein Zeitverhältnis. Nun kann die Zeit an sich
selbst nicht wahrgenommen werden; mithin ist dieses Beharrliche an den
Erscheinungen das Substratum aller Zeitbestimmung, folglich auch die Bedingung der
Möglichkeit aller synthetischen Einheit der Wahrnehmungen, d.i. der Erfahrung ..."
(A 183/B 226, Hervorhebungen nicht im Original).

Für "dieses Beharrliche an den Erscheinungen" als Bedingung der Möglichkeit der
Erfahrung gilt also eben dasselbe, was für den Äther oder Wärmestoff des Entwurfs
Übergang 12 gilt, dessen "Deduction ... ein Princip a priori, nämlich das der
nothwendigen Einheit in dem Gesamtbegriffe der Möglichkeit Einer Erfahrung zum
Grunde liegen" hat (XXI 58619-22): dieses "Substratum aller Zeitbestimmung" der
Ersten Analogie der Erfahrung der Kritik der reinen Vernunft ist "die Materie,
welche schon in ihrem Begriffe das Princip der Einheit möglicher Erfahrung enthält
..., [sie] ist zugleich die Basis aller Gegenstände möglicher Erfahrung und macht
die Einheit der Erfahrung möglich und nothwendig."( XXI 5895-8).

Kant erhebt also schon 1781 - und nicht erst 1799 - "die Materie (Substanz)" (A
185/B 228) zur "Bedingung der Möglichkeit aller synthetischen Einheit der
Wahrnehmungen, d.i. der Erfahrung ..." (A183/B 226, Hervorhebungen nicht im
Original), die als "die Materie zur Möglichkeit aller Gegenstände der Sinne als in
einem Inbegriffe gegeben vorausgesetzt werden", also als a priori gegeben
angenommen werden muss (vgl. dazu erneut die oben zitierte Passage aus A581f./B
609f.- Manfred Baum hat mich freundlicherweise noch an die folgende Passage aus
der "Widerlegung des Idealismus" erinnert, die das im Anschluss an A183/B 226 und
A581f./B 609f. Gesagte bekräftigt: "Nicht allein, dass wir alle Zeitbestimmung nur
durch den Wechsel in äußeren Verhältnissen ... vornehmen können, so haben wir so
gar nichts Beharrliches, was wir dem Begriffe einer Substanz als Anschauung
unterlegen könnten, als bloß die Materie und selbst diese Beharrlichkeit wird
nicht aus äußerer Erfahrung geschöpft, sondern a priori als notwendige Bedingung
aller Zeitbestimmung ... vorausgesetzt." (B 278)).

Anders als seine orthodoxen Interpreten hat Kant selbst diesen fundamentalen
Konflikt in seinem Begriff von Substanz und Materie gesehen, sich damit
selbstkritisch auseinandergesetzt und um die Auflösung des Widerspruchs bemüht.
Dies - und nicht ein dogmatischer "Hauptfehler" - zeichnet Kant als revolutionären
und bis an sein Lebensende kritischen und produktiven Philosophen aus.

Auch der praktischen Philosophie Kants ist ein grundlegender Widerspruch inhärent,
der allerdings nicht Kants Defizit, sondern Strukturgesetz der bürgerlichen
Gesellschaft ist: die praktische Vernunft gebietet kategorisch zu verwirklichen:

· Freiheit und Gleichheit für alle Menschen;

· d.i. das Recht der Menschen unter öffentlichen Zwangsgesetzen, durch die Jedem
das Seine bestimmt, gesichert und so Gerechtigkeit zuteil wird (Über den
Gemeinspruch..., VIII 28926-28).; damit schließlich den ewigen Frieden, das
"höchste[n] politische[n] Gut" (Rechtslehre "Beschluß", VI 3557-30).
Dem steht nun aber das folgende Prinzip antagonistisch-ausschließend entgegen:
"Diese durchgängige Gleichheit der Menschen in einem Staat, als Untertanen
desselben, besteht aber ganz wohl mit der größten Ungleichheit der Menge und den
Graden ihres Besitztums nach ..."(Über den Gemeinspruch..., VIII 29134-36ff.). Der
"Antagonism" der ungeselligen Geselligkeit, den Kant kennt, dient der Natur als
"Mittel ..., die Entwicklung aller ihrer Anlagen zu Stande zu bringen" (Idee zu
einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, Vierter Satz, VIII
2026ff.), also die Menschengattung zu kultivieren und dazu zu bringen, die
allgemein das Recht verwaltende bürgerlichen Gesellschaft (ebd., Fünfter Satz,
VIII 226-8) zu schaffen. Dass dieser Antagonismus auch die bürgerliche
Gesellschaft durchgängig bestimmt, hat Kant klar gesehen und erklärt; dass er aber
für eine ständig wachsende Zahl von Menschen ein bestimmtes Mein und die Sicherung
der Subsistenz ausschließt; daß also "eine vollkommen gerechte ... Verfassung"
unter der Bedingung dieses Antagonismus und eine Gesellschaft, "die die größte
Freiheit, mithin einen durchgängigen Antagonsim ihrer Glieder und doch die
genauste Bestimmung und Sicherung der Grenzen dieser Freiheit" miteinander
verbindet (vgl. ebd. VIII 228-21), nicht möglich ist, hat Kant nicht gesehen,
konnte er wohl auch noch nicht sehen. Das ist philosophisch erst durch Adam Smith,
Hegel, Marx und andere zum Problem gemacht worden.

Dieser Antagonismus ist und bleibt das Strukturgesetz der bürgerlichen


Gesellschaft. Denn die Rechtsform der Freiheit und Gleichheit dient der
Reproduktion ständig wachsender materieller Ungleichheit und Unfreiheit. Dass
damit auch dem Gebot der praktischen Vernunft "Es soll kein Krieg sein, weder der,
welcher zwischen Mir und Dir im Naturzustande, noch zwischen uns als Staaten, die,
obzwar innerlich im gesetzlichen, doch äußerlich (in Verhältnis gegen einander) im
gesetzlosen Zustande sind" (Rechtslehre "Beschluß", VI 35421-24) ständig zuwider
gehandelt wird, zeigt die Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft bis heute.

Miklos Veto: Dans notre monde judéo-chrétien, la dignité humaine est fondée sur la
condition de chaque homme en tant que créé à l’image de Dieu. Kant prescrit de
respecter l’humanité dans toute personne, c’est-à-dire de la considérer comme une
instance présentifiante de la loi morale. Cet enseignement fonde et résume d’une
manière incomparable les raisons qui nous obligent à reconnaître l’universel dans
ce singulier qui est le prochain. Toutefois dans la mesure où Kant ne fait aucune
tentative de montrer que le singulier, ce singulier est une incarnation unique,
incomparable et irremplaçable de l’Universel, son enseignement semble insuffisant.
Personne n’a formulé avec autant de pertinence et vigueur la valeur de l’Homme,
mais cet humanisme philosophique s’arrête devant la reconnaissance de l’unicité de
chaque être libre.

Renate Wahsner: Kants größter Fehler gründet darin, daß er nicht hinreichend
zwischen der Mechanik (der Newtonschen Mechanik), die er als Modell für die
neuzeitliche Wissenschaft nahm, und dem mechanistischen Weltbild unterschieden
hat. Daher ist sein Kausalitätsbegriff nicht frei von der mechanistischen
Vorstellung einer linearen Ursache-Wirkungs-Kette - ein Umstand, der seiner seits
die Dualisierung in die Welt der Notwendigkeit und die Welt der Freiheit
maßgeblich bedingt hat.

Andrew Ward: I should like to say, first, what I think is NOT a 'great mistake'
committed by Kant. His embracing transcendental idealism is not, as so many anglo-
american philosophers now think, a serious error. On the contrary.
His greatest error, rather, was in supposing that he could defend the possibility
of freedom of the will in the face of the thoroughgoing determinism that exists in
the spatio/temporal world. Since his defense of free will is (in my view)
unsatisfactory, his attempt to replace an empiricist theory of morality with a
rationalist one is a failure. What is more, his practical arguments for the
existence of God and the immortality of the soul must collapse (since they depend
of our possessing free will).

Eric Watkins: In retrospect, there is much in Kant's writings that one could take
issue with--many contemporary philosophers, whether consciously aware of it or
not, are, I take it, doing precisely that. However, to make a mistake is, at least
in one important sense, to do something that one should have known is incorrect or
improper, and given the difficulty and ambitions of Kant's project(s), it seems
unfair to attribute too much blame for the inevitable missed opportunities.

Kenneth Westphal: Kant’s main mistake, I believe, can be stated simply, though its
demonstration requires careful elaboration: Kant erred in thinking that his most
important principles, regarding both cognition and practice, and their
justification require Transcendental Idealism. In my new book I argue that: Kant’s
arguments for Transcendental Idealism are invalid; they are shown to be invalid by
some of Kant’s own key transcendental proofs in the Critique of Pure Reason;
Transcendental Idealism cannot provide the justification, e.g., of causal
judgments or of practical freedom that Kant claimed it alone could provide; and
that Transcendental Idealism is not necessary for justifying either Kant’s key
cognitive and practical principles, nor is it necessary for defending the
possibility of free moral action. Dispensing with Transcendental Idealism enables
us to understand and appreciate Kant’s genuine philosophical achievements.

Marcus Willaschek: Viele Aspekte der Philosophie Kants können meines Erachtens
heute nicht mehr überzeugen, etwa die These der Idealität von Raum und Zeit oder
sein überzogener Rigorismus in der Ethik. Doch selbst für diese Thesen hat Kant
bedenkenswerte Argumente, die selbst dann, wenn sie uns nicht überzeugen, eine
ernsthafte Auseinandersetzung lohnen. Einen "Hauptfehler" Kants sehe ich daher
nicht.

Howard Williams: Kant’s main mistake was not to be born a hundred or so years
later so that he could take advantage of the developments in social studies, in
particular political economy and social anthropology that would have enhanced his
attempts to implement his practical philosophy.

In terms of things he might have been able to influence: he might have paid a
little more attention to his style of writing in the second and third Critiques
and given women a little more credit for intellectual ability and political wisdom
than he does. His account of religion also leaves a lot of unresolved
difficulties. He dispenses with any kind of empirical notion of a divine being,
but what kind of being are we to imagine plays a role in practical philosophy?
Michael Wolff: Fehler, die Kant haette vermeiden koennen, sind allesamt gleich
interessant oder gleich uninteressant. Irrtuemer, die er (z. B. als Kind seiner
Zeit) nicht hat vermeiden koennen, sollte man nicht als Fehler registrieren.

Allen Wood: Kant's greatest mistake was to think that the appreciation of moral
value is associated with believing in the supernatural, and that our freedom is a
capacity we have as members of a supernatural (intelligible, noumenal) world.
Human beings are products of nature, and have value as free natural beings.

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