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Leib, Geist, Lebensprinzip

Die Geistige Sonne Band 2 Kapitel 111 Jakob Lorber

[111,01] Wenn man aber diesen Hauptgrund der Hölle gründlich erschauen will, so
muß man ihn zuerst dort erschauen, wo das jeweilige Licht des Auges für die Eindrücke
empfänglich ist, und von diesem Gesichtspunkte dann auch mittels geistiger Wendung auf das
Geistige entsprechendermaßen folgerecht schließen. Will man aber das, so muß man zum
voraus als unabänderlich bestimmt annehmen und einsehen, daß die Lebensverhältnisse und
die Äußerungen derselben unter einem und demselben ewig unveränderlichen Herrn stets ein
und dieselben sind. Mit anderen Worten gesagt:
[111,02] Der Mensch lebt im Geiste genau auf ein Haar genommen eben also fort, wie
er mit seinem Leibesleben, welches nur ein Mit- oder Mittelleben ist, hier auf der Erde lebt.
[111,03] Man wird hier sagen: Das klingt sonderbar. Damit scheint es nicht seine
völlige Richtigkeit zu haben, denn das geistige Leben muß doch sicher etwas anderes sein und
muß unter ganz anderen Verhältnissen gedacht werden als das naturmäßige Leben.
[111,04] Ich aber sage: Wer also spricht, der hat sicher noch keine Ahnung davon, wie
er naturmäßig lebt. Frage:
[111,05] Lebt bei Leibesleben der Leib oder der Geist? Was ist das Prinzip des
Lebens? Ist es der Leib oder der Geist? Ich meine, wer nur etwas klarer zu denken vermag,
wird die Prinzipien des Lebens nicht im Leibe, sondern allein im Geiste suchen. Denn wären
die Lebensprinzipien im Leibe, so wäre der Leib unsterblich. Der Leib aber ist sterblich, somit
kann er auch nicht die Grundfesten des Lebens in sich haben, sondern nur der Geist, der
unsterblich ist. Das Leben des Leibes ist daher nur ein durch das Leben des Geistes bedingtes.
Der ganze Leib verhält sich passiv und völlig negativ zum Geiste. Daher ist des Leibes Leben
auch nur ein erregtes Mitleben, gerade also, wie irgendein Werkzeug in der Hand eines
Handwerkers passiv wirkend mitlebt, solange es der Handwerker in seiner lebendigen Hand
dirigiert. Läßt er es aber fallen oder legt er es zur Seite, dann hat es mit dem Mitleben des
Werkzeuges und mit seiner effektiven Tätigkeit ein Ende.
[111,06] Wer wird wohl so toll und dumm sein und etwa den Satz aufstellen wollen:
Der Handwerker muß sich nach den Verhältnissen des Werkzeuges richten, – statt das ganz
Klare einzusehen, daß nur der Handwerker sich brauchbare Werkzeuge nach seinem
Bedürfnisse wie nach seinem Verhältnisse verfertigt. Wenn also der Werkmeister die
Verhältnisse des Werkzeuges nach seinem Verhältnisse bestimmt, so wird es etwa doch auch
klar sein, daß die Verhältnisse des mitlebenden Leibes von denen des lebendigen Geistes
abhängen, aber nicht umgekehrt.
[111,07] Und so lebt der Geist allzeit allein aus seinen eigenen Lebensprinzipien und
in seinen eigenen Lebensverhältnissen, an denen der Leib so wenig zu ändern vermag, wie
das tote Werkzeug an den Verhältnissen des Handwerkers.
[111,08] Wenn aber jemand einem Handwerker zusieht, wie er sein Werkzeug
gebraucht, und hat Einsicht in den Plan, was der Handwerker mit dem Werkzeug
hervorbringen will, kann der wohl vernünftigerweise behaupten und sagen: Es muß am Ende
durch den Gebrauch des Werkzeuges doch etwas ganz anderes zum Vorschein kommen und
müssen sich ganz andere Verhältnisse mit dem Produkte entwickeln, als wie sie in der klaren
Absicht des Werkmeisters laut des vorliegenden Planes liegen? Wäre das nicht eine unsinnige
Behauptung? Sicher, denn was da in Erscheinung tritt, ist doch der Effekt des lebenden
Werkmeisters, nicht aber des Werkzeuges.
[111,09] Also ist auch das Lebensverhältnis des Geistes stetig, ob im oder ohne
Gebrauch des werkzeuglichen Leibes. – Und wer demnach die Hölle hier gründlich beschauen
will, der beschaue sie hier unter demselben Verhältnis im Leibesleben wie einst im absoluten
geistigen. Denn die Hölle ist auf der Welt von Zug zu Zug genauso gegenwärtig, wie sie im
absoluten geistigen Zustande sich beurkundet. Nichts mehr und nichts weniger gibt es weder
hier noch dort. Und in diesem Bilde werden wir sie auch am klarsten und effektvollsten
beschauen.
[111,10] Um aber das eigentliche Bild der Hölle für jedermann auf dieser Welt noch
klarer und anschaulicher zu machen, wollen wir voraus noch den sehr kleinen Unterschied
zwischen dem naturmäßigen und dem geistig absoluten Lebensverhältnis der Menschheit
dartun, und das soweit möglich auf eine handgreifliche Weise.
[111,11] Stellet euch einen Schreiner vor. Dieser hat einen Kasten zu verfertigen. Zu
dessen Verfertigung bedarf er mehrerer euch bekannter Werkzeuge. Er arbeitet fleißig und
wird in etlichen Tagen mit seinem Kasten fertig. Dazu war besonders sein Trieb, der ihn zum
Fleiße anspornte, der Grund. Warum war er denn fleißig und gehorchte seinem innern Triebe?
Weil er des Nutzens wegen den Kasten sobald als nur möglich fertigmachen wollte. Frage
aber weiter: Woher rührt denn dieser Trieb, was ist sein Grund? Dieser Trieb rührt her von der
schöpferischen Fähigkeit des Geistes. Wie denn? Der Geist hat in sich die Eigenschaft, das,
was er in seiner Idee geschaffen hat, auch sogleich objektiv zu realisieren.
[111,12] Im absolut geistigen Zustande kann er das, denn was er denkt, ist auch da.
Aber in Verbindung mit seinem ihn hemmenden Leibe kann er das mit der äußeren Materie
nicht. Daher muß er seinen Leib als das Werkzeug zur sukzessiven Tätigkeit antreiben, um
auf diese Weise dann seine Idee nach und nach zu realisieren. Diese Einrichtung ist vom
Herrn darum also getroffen, damit der Geist sich in diesem Leben bei jeder möglichen
Gelegenheit vor allem in der allernotwendigsten Eigenschaft alles Lebens übe. Diese
Eigenschaft, als die Mutter der Demut, heißt die göttliche Geduld. Denn das muß ein jeder nur
ein wenig reif Denkende einsehen, daß die Geduld für das ewige Leben umso notwendiger ist,
als dieses Leben kein Ende hat. Schon für das naturmäßige Leben ist sie ja der Grund aller
guten und großen Wirkungen, und dieses Leben ist nur ein vergängliches.
[111,13] Könnte unser Schreiner seinen Kasten sogleich erschaffen, wie er ihn in
seiner Idee sich vorgestellt hat, so wäre ihm das sicher lieber. Wo bliebe aber da die über alles
wichtige Übung in der Geduld und wo die wechselseitige äußere naturmäßige Sicherheit,
wenn in dieser materiellen Welt dem noch an seinen Leib gebundenen Geiste seine
ursprüngliche schöpferische Eigenschaft unbeschränkt zu Gebote stünde?
[111,14] Nach der Ablegung dieses Leibes bekommt zwar ein jeder Geist diese
Eigenschaft wieder, allein nur der Gute reell wirksam, der Böse phantastisch und chimärisch;
denn wie sein Grund, so seine Wirkung.
[111,15] Nun sehet, in diesem vorgeführten Beispiel ist der Unterschied zwischen dem
naturmäßigen und dem absolut geistigen Leben handgreiflich dargetan, welcher also darin
besteht, daß der Geist im naturmäßigen Leben seine Ideen nur langsam und nie vollkommen
zu realisieren imstande ist, weil ihn darin seine grobe Materialität, mit der er umkleidet ist,
hindert, während er im absoluten Zustande seine Idee plötzlich realisiert haben will. Der Wille
ist immer derselbe, ebenso die Idee, nur die Ausführung ist im naturmäßigen Leben
beschränkt. Und so ist diese Beschränkung der einzige Unterschied zwischen den beiden
Leben. Sonst ist kein Unterschied vorhanden. Daß dieser Unterschied in der Materie haftet,
braucht kaum erwähnt zu werden. – Da wir nun solches handgreiflich und sonnenklar kennen,
so wollen wir sogleich so ganz eigentliche Bilder der Fundamentalhölle anführen.

Quelle: http://www.scribd.com/doc/13415605/Die-Geistige-Sonne-2-jakob-lorber

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