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nachrichten g 3336 28.2.2008 24. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.antifaschistische-nachrichten.de
Probleme der aktuellen Bundes- Rechtsextremismus müssen stärker an gramme sind die Ergebnisse der früheren
programme die Erfordernisse der täglichen Arbeit Programme Civitas und entimon voll-
vor Ort angepasst werden. ständig einzubeziehen, um eine kontinu-
Durch die unter Rot-Grün begonnene Die Bundesprogramme demokrati- ierliche Nutzung erworbener Qualitäts-
Bundesförderung lokaler Projekte und scher gestalten standards zu sichern.
Bündnisse sind sehr professionelle ● Fragwürdiges Konzept „Kriseninter-
Strukturen entstanden. In Folge des Re- Bei der notwendigen konzeptionellen vention“: Beratungsprozesse nur in „Kri-
gierungswechsels wurde jedoch das be- Weiterentwicklung der Programme sind senzeiten“ zu fördern, ist kontraproduk-
währte Konzept entscheidend verändert. folgende Punkte zu berücksichtigen: tiv. Wir brauchen verlässliche, dauerhaf-
Für eine abschließende Bewertung der te Beratungsangebote, die eine prozess-
hafte, ganzheitliche Intervention ermög-
Heisenhof Herrenlos – Sind lichen.
● Fragwürdiges Konzept „Modellpro-
die Nazis weg? jekte“: Eine systematisches Auswerten
Bündnis gegen Rechtsextremismus Am 26. Februar 2008 von 1900 – 2200 Uhr findet
Dörverden lädt ein:
im Kultursaal Dörverden, Berliner Straße 1 eine Infor- und kontinuierliches Fördern bereits er-
mationsveranstaltung mit dem Titel „Heisenhof Her- probter Angebote wäre sehr viel effizien-
renlos – Sind die Nazis weg?“ statt. ter als immer neue „Modelle“. Zudem
Drei Referenten werden zum Thema unterschiedliche scheitern gerade kreative kleine Träger
Aspekte beitragen. Andre Aden , freier Jounalist und an den viel zu hohen Kofinanzierungs-
Heisenhof Herrenlos? für die Recherche Nord tätig spricht in seinem Vor- Forderungen des Bundes.
Sind die Nazis weg? trag „Vom heute zum gestern“ über lokale Strukturen ● Der Bund muss seine Öffentlich-
der Neonazis,. Im Vordergrund stehen dabei die ak-
tuellen Ereignisse in der Region und wie sich die
keitsarbeit zu den Programmen verbes-
26. 2. 08 sern. Opfer und Menschen mit Bera-
19.00 - 22.00 Uhr Strukturen der Neonazis in unserem ländlichen Raum
Kultursaal Dörverden
Berliner Str. 1 entwickeln. tungsbedarf wissen oft nicht, wohin sie
„An der gesellschaftlichen Wirklichkeit real existie- sich wenden können.
render Bedrohung durch Neonazis ändert sich nichts, ● Prävention und Intervention müssen
Vortrag in Wort und Bild wenn man sie verschweigt“. Sagt Stefan Schöler- zusammenwirken, um die Demokratie zu
„Vom Heute zum Gestern“
Neonazis in Niedersachsen, lokale Strukturen mann, der für Weserkurier und NDR-Info die Bro- stärken, die Akzeptanz von Vielfalt zu
von André Aden (freier Journalist, Mitarbeiter Recherche Nord)
schüre „ Rechtsabbieger – Neonazis in Niedersach-
Vorstellung des Buches fördern sowie unsere Gesellschaft gegen
„Rechtsabbieger - Die unterschätzte Gefahr“ sen“ erstellt hat. Das gemeinsame Ziel war es, die
durch Buchautor Stefan Schölermann, Journalist NDR
Realität möglichst vielen Menschen deutlich zu ma-
Nazi-Ideologien zu wappnen.
Vorstellung des
chen. Grundlegendes zu Neonazis und ihren Struktu- ● Bewährte Angebote brauchen insti-
Zeitungsprojektes „get up“
durch H-D Charly Braun / DGB Antifa-AG Nds.
ren und die Ereignisse der letzten Jahre stehen hier im tutionelle Förderung. Existenzsicherung
Mittelpunkt. ist die Voraussetzung fachlicher Konti-
„Scheint die Sonne auch für Nazis?“ fragt Bela B., nuität gegen Rechtsextremismus.
von den Ärzten in der neuen Jugendzeitschrift „get up“ des DGB, die H-D Charly Braun von der Antifa- Monika Lazar, MdB, Timo Reinfrank
AG Nds. Des DGB vorgestellt. Es geht um die „netten“ Neonazis von nebenan, wie sich Verden und Dör- (Amadeu Antonio Stiftung) ■
verden wehren, Schüler in Walsrode gegen Nazis mobil machen und Tips und Kontaktadressen für Inte-
http://www.gruene-bundestag.de/cms/
ressierte. Außerdem berichtet Braun über die zahlreichen Aktivitäten des DGB zur Bündnisbildung gegen
Rechtsextremismus. Dörverdener Bündnis gegen Rechtsextremismus ■ rechtsextremismus/do9/219547.bundespro-
gramme_gegen_rechtsextremismus.html
„Die EU muß Welt- regimes werden in den Län- führe dazu, dass – ganz
macht werden“ (G. dern des Südens zunehmend im Sinne neoliberaler
Verheugen) als Imperialismus des Nor- Ideologie – das Kapital
dens erfahren, gegen den Wi- völlig frei schalten und
Es kommt selten vor, dass derstand mobilisiert wird.“ walten könne. Der
sich Autoren aus dem deut- (180) „Druck auf die Arbeits-
schen Wissenschaftsbetrieb Die Verletzungen des Völ- einkommen steigt und
kritisch mit der EU auseinan- kerrechts, beispielsweise bei deren Anteil am Volks-
dersetzen. Umso bemerkens- der Bombardierung Jugosla- einkommen sinkt (...).
werter ist die Schrift Konkur- wiens, seien „der friedlichen Entgegen neoliberalen
renz für das Empire. Die Zu- Entwicklung des Kontinents Versprechen führt dies
kunft der Europäischen Uni- nicht förderlich()“ gewesen aber nicht zu einem An-
on in der globalisierten Welt (22); sie werden aber nicht stieg der Beschäfti-
von Elmar Altvater und Birgit als konsequenter und sogar gung.“ (81) In diesem
Mahnkopf. Wer allerdings notwendiger Teil der EU- Prozess sei die EU „kei-
eine Auseinandersetzung mit Weltmachtpolitik gesehen, neswegs eine Getriebe-
dem Empire-Begriff von Mi- sondern als (gefährliche) Ab- ne der neoliberalen Globali- de. Daraus folgt die implizite
chael Hardt und Antonio Ne- weichung vom eigentlich sierung, sondern ein überaus Aufforderung an Linke, um
gri, die der Buchtitel andeu- möglichen richtigen Weg. mächtiger Liberalisierungs- die politische Ausrichtung
tet, erwartet, wird enttäuscht. Die Politik der USA wird als treiber“ (168). Woraus folgt, der EU zu ringen. Welches
Schade, denn eine Kritik an noch schärfer, ausgeprägter, dass niemand der stummen EU-Modell sich durchsetze,
deren ortlosem Empire bei brutaler dargestellt; die Auto- Macht der Marktmechanis- „ist Gegenstand immer wie-
gleichzeitiger Reflexion ihrer ren haben sich noch nicht men oder den Zwängen der der neuer Kompromissbil-
nützlicheren Denkanstöße gänzlich von dem Gedanken internationalen Konkurrenz dung zwischen unterschiedli-
bleibt aus. Empire wird hier einer europäischen Vasallen- auf Gedeih und Verderb aus- chen politischen und sozialen
erklärtermaßen synonym für schaft gegenüber den USA, geliefert ist, wie es im offi- Interessen – und gerade darin
die USA gebraucht. der die Argumentationen der ziellen Sprachlaut gern sug- bestehen ,Charme‘ und Chan-
Bezüglich der europäi- ‘80er Friedensbewegung geriert wird. ce des europäischen Projekts
schen Kolonialvergangenheit prägte, freigemacht. Altvater und Mahnkopf nicht zuletzt für linke Kräfte
und des Faschismus fragen Zu kurz kommt die Bedeu- sind Anhänger eines keyne- in Europa“ (117). Hier zeigt
die Autoren: „Wird sich diese tung der Erweiterung der EU sianisches Sozialstaatsmo- sich eine gewisse Ambivalenz
bedrückende Geschichte ei- auf die ost- und südosteuro- dells, das sie dem praktizier- in der Agumentation: Die
nes europäischen Imperialis- päischen Staaten, durch die ten Neoliberalismus als gang- präsentierten Fakten schreien
mus fortsetzen oder wieder- „ein Raum für geoökonomi- bare Alternative gegenüber- gleichsam nach einer radika-
holen?“ (16) Hierin kommt sche Expansion des Kapitals stellen. Eine „europäische() len Kritik an der EU, vor der
eine Auffassung zum Tragen, geöffnet, reguliert und nun Staatlichkeit“ brauche „wohl- die beiden Professoren dann
derzufolge die EU zwar auf auch gegen Konkurrenz von fahrtsstaatliche Regelungen“ doch zurückschrecken. Ein
dem Weg hin zu imperialisti- außen geschützt wird“ (33). (113). „Das Projekt (EU, F) Standpunkt, den die Autoren
schem Gebaren, dort aber Doch was bedeutet die Aus- ist in eine ernsthafte Legiti- mit dem Bekenntnis, „über-
noch nicht angekommen sei. dehnung der EU für die Bei- mationskrise geraten, weil es zeugte Europäer“ (14) zu
Dabei sagen EU-Politiker tretenden? Verschieben sich sich vornehmlich auf die Be- sein, unterstreichen. Zu fra-
durchaus deutlich, was sie die Gewichte innerhalb der seitigung von Markthemm- gen ist, inwieweit dieses
wollen, wie der oben zitierte EU? Innereuropäische Kon- nissen konzentriert.“ (115) „Projekt Europa“ überhaupt
Vizepräsident der EU-Kom- kurrenzen bleiben weitge- Die stete Ausweitung der dafür vorgesehen ist, den
mission (23). Gleichzeitig hend außen vor. Wie wirken weltweiten Produktion, und breiten Massen der Bevölke-
wird das militärische Vorge- sich Interessendivergenzen dies ist die zweite Zentralthe- rungen zu nützen oder ob es
hen der EU keineswegs aus- aus und welche Rolle spielt se des Buches, stößt an die nicht von vornherein zur
geblendet: „Die EU stellt sich das taktische Bündnis der Grenzen der natürlichen Res- Stärkung der europäischen
also als neuer Weltpolizist (in „Neulinge“ mit den USA sourcen und der Belastbarkeit Kapitalinteressen auf den
der Camouflage des ,Missio- beim Irak-Krieg? Zu kurz des Ökosystems Erde. Insbe- Weltmärkten, aber durchaus
nars‘) zur Herstellung von kommt auch – gerade wo es sondere die fossilen Energie- auch gegen die eigenen
Ordnung in zerrütteten Staa- eigentlich um die Rolle der träger stünden kurz vor dem Lohnabhängigen aufgebaut
ten, zur Sicherung des globa- EU in der Welt gehen sollte – Höhepunkt ihrer möglichen wurde. Wenn letzteres zuträ-
len Freihandels und der Ener- die Militarisierung, die nur Förderung – und dies bei fe, wäre eben eine viel radi-
gieversorgung, zur Durchset- knapp im Kapitel zu den Ver- nach wie vor steigendem Be- kalere Negation gefordert als
zung der Menschenrechte teilungsauseinandersetzungen darf. eine Kritik, die letztlich auf
oder gegen ,humanitäre Kata- um die Ölreserven dargestellt Altvater und Mahnkopf der Phänomenebene stehen
strophen‘ auf.“ (102) Der Ton wird. zeichnen ein kritisches Bild bleibt. F■
in den Außenbeziehungen, Als einen zentralen Kritik- der EU, wie sie sich heutzu-
vornehmlich gegenüber den punkt an der EU heben die tage präsentiert. Der Leser er- Elmar Altvater/Birgit
Staaten der „3. Welt“, ver- Autoren die Aufhebung so- fährt vieles, und es wird Mahnkopf: Konkurrenz für
schärfe sich, und „anstelle zialer Standards und Absiche- gründlich argumentiert. Zu das Empire. Die Zukunft
des Liedes vom friedlichen rungen innerhalb der EU- diskutieren wäre der Autoren der Europäischen Union in
und zivilisierenden Handel Mitgliedsländer hervor. Die Einschätzung der EU als an der globalisierten Welt,
rücken immer häufiger unver- Abschaffung gesetzlicher Re- und für sich richtungsoffenes Vlg. Westfälisches Dampf-
hohlene Drohungen“ (152). gulierungen des Marktes (die Projekt, welches zur Zeit von boot, Münster 2007, 304
„Die Folgen des Freihandels- sog. „negative Integration“) Neoliberalen dominiert wer- S., 24,90 Euro