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:antifaschistische Nr.

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nachrichten g 3336 28.2.2008 24. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.antifaschistische-nachrichten.de

Leisetreten ist nicht die Sache der Hamburg-Wahl:


DVU. Noch am Wahltag meinte
der Hamburger Spitzenkandidat
Matthias Faust „die Stunde der DVU“ Diesmal keine Stimme
kommen zu sehen. „Noch nie“, so der Auf-
ruf auf der Hamburgseite der Neofaschis-
ten, „standen die Zeichen für die DVU so
für die Nazis
günstig“. Das amtliche Ergebnis von 0,8 Hamburg, verliert die überalterte Partei früheren Wahlkämpfen hatte die DVU so
Prozent überführt die Überheblichkeit der kontinuierlich Mitglieder, hat kein funktio- nahezu jeden Haushalt erreicht. Es blieben
DVU der Lüge. Mit einem Ergebnis unter nierendes Parteileben und die Nachfolge ihr zwar 600.000 Flugblätter, 20.000 Pla-
einem Prozent fällt die DVU noch unter des 75-jährigen Vorsitzenden Gerhard Frey kate, 30.000 CDs und einige Radio- und
die Hürde der staatlichen Wahlkampfer- ist vollkommen ungeklärt. Somit dürfte TV-Spots (Zahlen laut Christian Worch
stattung. Selbst der finanzielle Großeinsatz sich auch das Gewicht der DVU im sog. und DVU Homepage), davon dürfte das
in den letzten beiden Wochen vor der Wahl Deutschlandpakt zwischen NPD und DVU meiste jedoch nicht verteilt worden sein.
konnte da nichts mehr reißen. Wie zu er- weiter vermindert haben. Zwar hatte die 5. Obwohl die NPD auf Bundesebene
warten, hat die DVU im Osten und Süden Bundes-NPD den Wahlkampf der DVU in politisch die DVU unterstützte, verweiger-
Hamburgs in 7 der 17 neuen Wahlkreise Hamburg offiziell unterstützt und Bundes- te der Hamburger Landesverband der NPD
mehr als 1% der Stimmen bekommen. Vize Holger Apfel auf der Großveranstal- jegliche praktische Kooperation, ohne sich
Traurige Hochburgen sind Wahlkreis 2 tung der DVU am 17. Februar im Congress jedoch gänzlich zu distanzieren. Personelle
(Billstedt-Wilhelmsburg-Finkenwerder) Centrum Hamburg den Fortbestand des Unterstützung gab es dagegen vereinzelt
mit 1,8 % und WK 12 (Bramfeld-Farmsen- Paktes versichert. Hinter den Kulissen und von bremischen und niedersächsischen
Berne) mit 1,5 %. Hier bleibt antifaschisti- besonders aus dem Spektrum der Freien NPDlern, sowie von Nazikader Christian
sche Stadtteilarbeit dringend nötig. Kameradschaften gibt es jedoch massive Worch und einigen seiner Gefährten. Das
Auch die rechtspopulistischen Parteien Kritik an Frey und seiner Partei. Viele Neo- neonazistische „Aktionsbüro Nord-
„Rechte Mitte - Heimat Hamburg“ von Ro- nazis fordern eine Nachverhandlung des deutschland“, ein Projekt von Freien Ka-
ger Kusch und die „Deutsche Zentrums- Paktes zugunsten der NPD. Vor allem meradschaften, rief sogar dazu auf die
partei“ blieben mit 0,5% bzw. 0,1 % weit möchten viele für die Landtagswahl 2009 „etablierte Systempartei“ DVU nicht zu
abgeschlagen. „Schade“, schreibt die in Thüringen lieber eine Kandidatur der unterstützen und bezeichnete die Großver-
Kusch-Partei auf ihrer Seite, „dass es mit NPD, statt wie festgelegt, der DVU. Bis anstaltung im CCH als „reaktionäres Trei-
dem Einzug unserer Partei in die Bürger- zur Bundestagswahl 2009 wird die NPD ben der Zwangsdemokraten.“
schaft nicht geklappt hat.“ Mit 3.520 Stim- aber wohl noch an dem Pakt festhalten 6. Seit langem gab es in Hamburg mit
men dürften sich die Rechtspopulisten ne- müssen, um Konkurrenz zu verhindern. der Kampagne „Keine Stimme den Nazis“
ben dem Katzenjammer auch die Frage Gründe für den Stimmverlust wieder eine relativ breite, politisch unab-
nach der Existenzberechtigung der regio- hängige Initiative, welche antifaschistisch
nalen Splitterpartei stellen. Anders als bei Vorläufig können folgende Gründe für das in den Wahlkampf intervenierte. Mit einer
Schill, den die Springerpresse „groß schlechte Abschneiden der extremen Rech- eigenen Homepage, Kundgebungen, Infoti-
schrieb“, verkörperte der ehemalige „zwei- ten und insbesondere der DVU bei der schen, Unterschriftensammlungen und Zei-
te Bürgermeister“ mit seiner Themenbe- Bürgerschaftswahl angeführt werden: tungsanzeigen wurde dazu aufgefordert,
schränktheit rassistischer „Ausländer aus-“ 1. Neben den Themen Bildungspolitik keine Parteien der extremen Rechten zu
Plakatierung und seiner Forderung nach und Umwelt war die soziale Frage das wählen. Das Spektrum der UnterstützerIn-
Sterbehilfe zu wenig Ausstrahlung. Finden wichtigste Thema im Bürgerschaftswahl- nen reichte von Mitgliedern aus SPD und
wir erwartungsgemäß wenig schade. kampf. Hier konnten weder DVU noch GAL, über viele aktive GewerkschafterIn-
DVU am Ende? Kusch und Zentrum eine glaubhafte Ant- nen und die LINKE, bis hin zu unabhängi-
wort bieten. gen und autonomen AntifaschistInnen.
Die DVU hat, trotz massivem finanziellen 2. Mit dem schlechten Abschneiden des 7. Auch über die Kampagne hinaus gab
Aufwands, ihr zweit-schlechtestes Ergeb- rassistischen Wahlkampfes von Roland es zahlreichen, handfesten Protest gegen
nis ihrer Hamburger Geschichte eingefah- Koch in Hessen, wurde den extremen den rassistischen Wahlkampf der DVU:
ren. 2001 bekam sie 0,7% bei der Bürger- Rechten auch in Hamburg ihr wichtigstes Laut Hamburger Morgenpost wurden ca.
schaftswahl, allerdings nur weil Schill da- Agitationsfeld genommen. 2.600 Stellschilder der DVU zerstört. Die
mals mit 19,4 % fast alle rechten Stimmen 3. Der Hamburger Wahlkampf war ge- Polizei hat 128 Verdächtige aufgespürt,
auf sich konzentrieren konnte. Da es dies- prägt von der grundsätzlichen Entschei- 266 Ermittlungsverfahren wegen Sachbe-
mal kaum Konkurrenz am rechten Rand dung, ob der CDU-Senat abgewählt wer- schädigung laufen.
gab, dürfte die Enttäuschung bei Freys den könnte. Eventuell haben viele extrem Viele Hamburgerinnen und Hamburger,
Truppe umso größer sein. Selbst die fi- rechte WählerInnen diesmal lieber der die sich im Wahlkampf antifaschistisch en-
nanzschwache NPD holte bei der Bundes- CDU ihre Stimme gegeben, um eine gagierten, haben zu der Niederlage von
tagswahl 2005 in Hamburg mit 1% mehr schwarz-grüne oder eine Große Koalition DVU und anderen Parteien der extremen
als ihre Schwesterpartei im Deutschland- zu verhindern. Rechten beigetragen. Auf diesem Erfolg
pakt. Die Ära der DVU dürfte damit auch 4. Durch den Wegfall des Postmonopols lässt sich für kommende Zeiten aufbauen.
auf Bundesebene mittelfristig beendet sein. wurde der DVU ihre klassische Werbeme- erk/kun ■
Neben dem schlechten Wahlergebnis in thode per Postwurfsendung genommen. In www.keine-stimme-den-nazis.org
: meldungen, aktionen
aus Selent wirbt für seine „Eichenlaubträ-
ger“-Trilogie. CSU-MdB Raidel ist Trä-
ger des Bayerischen Verdienstordens und
„Pro NRW“ gründet Selbstverwirklichung auf Kosten der Ehrenvorsitzender des außen- und sicher-
Bezirksverband nachfolgenden Generationen“ ausgerich- heitspolitischen Arbeitskreises der CSU.
tete Frauenpolitik ankündigte. Dem „Ne- Im Jahr 2003 war er schon Interviewpart-
Gelsenkirchen. Die extrem rechte gativtrend bei der Geburtenrate der ein- ner der „Jungen Freiheit“. hma ■
„Bürgerbewegung pro NRW“ hat Mitte heimischen Bevölkerung“ wolle man z.B.
Februar einen ersten Bezirksverband für mit der Einführung einer „Geburtenprä- NPD-Schatzmeister Kemna
das Ruhrgebiet gegründet. Im Rittersaal mie“ begegnen.
von Haus Horst wurde Roger Schwedes Bei den Kommunalwahlen im Jahr verhaftet
zum Bezirksvorsitzenden gewählt. Der 2009 will der neue „Pro NRW“-Bezirks- Münster. Am Donnerstag, den 7. Febru-
ehemalige Polizeikommissar ist heute „al- verband „auf jeden Fall“ in Gelsenkir- ar durchsuchte die Polizei Wohnungen
leinverantwortlicher Sicherheitsbeauf- chen, Bottrop und Duisburg zur Wahl an- und Geschäftsräume in Berlin, Riesa,
tragter für ein mittelständisches Unter- treten. hma ■ Ladbergen, Lengerich und Osnabrück,
nehmen“, so „Pro NRW“. Als Stellvertre- darunter die NPD-Parteizentrale und den
ter stehen ihm der Bottroper Bezirksver- Hetzbriefe an Einzelhändler Sitz des Deutsche Stimme Verlags. Hin-
treter Dipl.-Ing. Jupp Scholand, ehemals tergrund der Razzien sind Ermittlungen
Mitglied der „Republikaner“, und die 22- Mönchengladbach. Erneut haben meh- des LKA und der Staatsanwaltschaft
jährige Arzthelferin Stefanie Wohlfarth rere Einzelhändler mit Migrationshinter- Münster gegen den langjährigen Bundes-
aus Gelsenkirchen zur Seite. Als Schatz- grund im Mönchengladbacher Stadtteil schatzmeister Erwin Kemna aus Ladber-
meister wird künftig der Dortmunder Rheydt anonyme Briefe mit rassistischem gen (Kreis Steinfurt). Gegen Kemna wird
Rechtsanwalt Andre Picker fungieren, der Inhalt erhalten. Zu lesen ist darin von wegen des Verdachts der Untreue ermit-
wie „Pro NRW“-Chef Beisicht in den Ausländern, die nicht zivilisiert und kulti- telt. Er soll mehrere Hunderttausend Euro
80er Jahren beim extrem rechten „Ring viert seien, „…wie gerade aus der Höhle von Konten der NPD abgezweigt haben.
Freiheitlicher Studenten“ (RFS) aktiv gekrochen“. Die Händler „sollen wieder Gegen ihn wurde Haftbefehl erlassen.
war. Schriftführer wurde der pensionierte dahin zurück gehen, wo sie herkommen“. Wie die Staatsanwaltschaft Münster auf
Lehrer Erich Christ aus Duisburg. Der Bereits im vergangenen Jahr waren ähnli- ihrer ersten Pressekonferenz mitteilte, soll
Homberger trat schon 1997 mit einer Bür- che Briefe in Umlauf gebracht worden. sich Kemna „durch relativ komplexe
gerinitiative gegen den lautsprecherver- Diesmal wandten sich Betroffene an die Transaktionen Gelder von den Konten der
stärkten Muezzin-Ruf in Duisburg in Er- Polizei, die nun wegen des Vorwurfs der NPD“ angeeignet haben. Im Zeitraum
scheinung. Volksverhetzung ermittelt. vom 1. Januar 2004 bis Juni 2007 soll er
Aus Essen wurden der Apotheker Hen- Unterdessen muss ein Vertreter des par- mittels 65 Transaktionen insgesamt min-
ryk Dykier, bereits Mitglied des Vorstands lamentarischen Flügels der örtlichen Neo- destens 627.000 Euro veruntreut haben.
von „Pro NRW“, und Bernd Weyrich in nazi-Szene wohl sein Ratsmandat abge- Das Geld soll Kemna auf Konten seiner
den Bezirksvorstand gewählt. Auch der ben. Der Mönchengladbacher NPD-Stadt- Firmen überwiesen haben.
Burschenschaftler Kevin Gareth Hauer rat Pascal Geyer wurde im vergangenen Noch stellt sich die NPD schützend
aus Gelsenkirchen gehört dem Grün- Jahr zum Ortsvorsitzenden der NPD hinter Kemna. Bisher lägen der Partei kei-
dungsvorstand an. Der Ex-„Republika- Heinsberg gewählt. Er darf sein Ratsman- ne Erkenntnisse für ein Fehlverhalten
ner“ gab Anfang vergangenen Jahres dem dat aber nicht mehr wahrnehmen, wenn er Kemnas vor, heißt es.
NPD-Organ „Deutsche Stimme“ ein In- nicht mehr in Mönchengladbach wohnt. Erwin Kemna, 1950 geboren, ist seit
terview. In der Vergangenheit glänzten die beiden 1974 NPD-Mitglied. Ende der 70er Jahre
Ebenfalls gewählt wurde der als „freier NPD-Vertreter ohnehin meist durch ihre fiel er im Kreis Steinfurt u.a. durch die
Journalist“ bezeichnete Frank Bresonik Abwesenheit. Bürgerinitiative Ausländerstop auf. 1987
aus Gladbeck. Der beklagte sich im März Als Nachrücker auf der Liste steht nun wurde er erstmalig als Beisitzer in den
vergangenen Jahres in einem Leserbrief der 1984 geborene Dennis Wüllenweber. NPD-Bundesvorstand gewählt, dem er bis
im NPD-Organ „Deutsche Stimme“ darü- peb ■ 1991 und dann wieder seit 1993 angehört.
ber, das er als „unliebsames Mitglied der Von 1990 bis 2001 bekleidete Kemna
REP-Partei in die rechtsradikale Ecke ge- CSU-MdB in der „DMZ“ das Amt des Landesschatzmeisters und
stellt“ worden sei. Dabei habe er lediglich das des stellvertretenden Landesvorsit-
mit Hauer und einem weiteren Parteikol- Berchtesgaden. Der CSU-Bundestags- zenden, seit 2001 ist er Beisitzer des Lan-
legen eine „Pro Köln“-Veranstaltung in abgeordnete Hans Raidel hat der extrem desvorstandes. Seit 1996 ist Kemna zu-
Gelsenkirchen besucht. Er sei sich „völlig rechten „Deutschen Militärzeitschrift“ dem Bundesschatzmeister der NPD. 1998
bewußt, dass Deutschland oder besser ge- (DMZ) ein Interview gegeben. In der kandidierte er auf Platz 2 der Landesliste
sagt alles, was noch davon übrig ist, nur März/April-Ausgabe der DMZ äußert der der NPD für den Bundestag. Im Jahre
durch den NPD/DVU-Deutschlandpakt 1941 in Siebenbürgen geborene Raidel zu 2005 kandidierte er ebenfalls für die NPD
zu retten“ sei und nicht „durch Möchte- den „humanitären Missionen“ der Bun- als Direktkandidat für die Landtags-
gern-Nationalisten mit System-Mäntel- deswehr u.a.: „Natürlich sind auch für die (Emsdetten) und Bundestagswahl (Appel-
chen“. In einem 2004 von Bresonik ver- europäischen Staaten Ressourcenfragen hülsen). Er ist Geschäftsführer des Deut-
fassten Leserbrief an das NPD-Organ außerordentlich wichtig. Man darf zur ei- sche Stimme Verlages. .Im Januar 2002
sieht dieser „keinen Grund, des Todesta- genen Absicherung das Feld nicht aus- erlangte er bundesweite Aufmerksamkeit,
ges von Rudolf Heß nicht zu gedenken“, schließlich anderen Nationen überlassen“. nachdem diverse Medien ihn im Zusam-
denn der einstige Hitler-Stellvertreter In der gleichen DMZ-Ausgabe werden in menhang mit dem Verbotsverfahren als V-
habe „in seinem Leben großartige Leis- einer ganzseitigen Anzeige des extrem Mann des Verfassungsschutzes nannten.
tungen erbracht“. rechten Kieler Arndt-Verlages zwei Bü- Der Vorwurf wurde später wieder fallen
Ebenfalls gegründet wurde an diesem cher des britischen Geschichtsrevisionis- gelassen.
Tag ein Arbeitskreis „Frauen pro NRW“. ten David Irving beworben. Auch Anzei- antifa ms 7.2.2008, indymedia
Als Sprecherin wurde die 26-jährige Al- gen der „Die Aula“, der „Zur Zeit“ und Mehr Antifa-Infos aus dem Münster-
tenpflegerin Stefanie Uhlenbrock ge- des Weinheimer „Germania-Verlag“ fin- und Osnabrücker Land auf
wählt, die eine nicht auf „egoistische den sich hier. Der Por le Merite-Verlag http://www.antifa-netzwerk.de ■

2 :antifaschistische nachrichten 4-2008


VS informiert über
Immobiliengeschäfte „get up“ und „Rechts-
Schwerin. Die Neonaziszene habe ein
lukratives Geschäft für sich entdeckt, so
der Verfassungsschutz des Landes, der
abbieger“ vorgestellt
einen Merkzettel erstellt hat, welcher „get up“ heißt die Zeitung, die hinein geraten, wie Nazis organisiert
über die Strategien von Rechtsextremis- der DGB-Niedersachsen-Mitte in sind, wer die Strippen zieht, wie sich Na-
ten beim Erwerb von Immobilien auf- einer Auflage von 80.000 heraus- zis in den Alltag einschleichen. Gerd Bü-
klärt. Es sei dabei dringend zu unter- gegeben hat und die vorrangig an Ju- cker vom Niedersächsischen Landesprä-
scheiden, ob es sich um fingierte oder gendliche gerichtet ist. Eine politisch ventionsrat fordert Kommunen zu offen-
echte Kaufbemühungen handele. Bei Be- bunte Redaktion von Antifa-Akteuren sivem Umgang auf und im Knast klärt
kannt werden, dass es Interesse aus der berichtet in dem Blatt über „die ,netten‘ ein Ex-Nazi über seine einstigen Kame-
rechten Szene am Erwerb einzelner Ob- Nazis von nebenan“, wie Nazis „auf so- raden auf. Es sollte eine kleine Broschü-
jekte gebe, werde in der Regel großer öf- zial“ machen, über Nazi-Gewalttaten, re werden. Dass sie 120 Seiten dick und
fentlicher Druck aufgebaut, um die be- deren Schau im Internet sowie über er- gut recherchiert ist, ist der Zuarbeit von
troffenen Kommunen dazu zu bewegen, folreiches antifaschistisches Handeln Antifa-Gruppen zu danken.
von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zu u.a. in Verden, Delmenhorst, Walsrode. WK-Verleger Dr. Ulrich Hackmack
machen. Nun versuche man seitens der Anlass für das Massenblatt mit großen schreibt im Vorwort: „...beunruhigend
Rechtsextremisten dieses Schreckenspo- Überschriften
tential zu vermarkten. Man biete sich und vielen Bil-
quasi als Preistreiber an. So wird in dem dern war die
Merkblatt des Landesverfassungsschut- Landtagswahl
zes beschrieben, dass der NPD-Kreisver- Niedersachsen
band Jena sich als Vermittler bei Immo- und das wei-
bilienverkäufen gegen eine entsprechen- terhin ver-
de Parteispende angeboten habe. Sofern mehrte Auftre-
eine tatsächliche Kaufabsicht bestehe, ten von Nazis.
seien die handelnden Akteure sehr darum Die we-
bemüht, die öffentliche Aufmerksamkeit sentlich von
auszuschalten. In der Regel treten auch der DGB-Re-
Privatpersonen als Käufer auf. Dies wür- gion Nieder-
de nicht nur die Tarnung erhöhen, son- sachsen-Mitte,
dern biete beispielsweise der NPD mehr plus etwas
Sicherheit. Im Falle eines Parteiverbots Geld aus Kul-
würde Parteivermögen, zu dem dann tur- und Ju-
auch Immobilien zählten, eingezogen. gendinitiati-
Gehören die von der NPD genutzten Ge- ven, finanzier-
bäude jedoch Privaten, könnten diese te Zeitung,
weiterhin genutzt werden. Sowohl Kom- wurde und
munen wie auch private Vermieter und wird vorrangig
Verkäufer können sich bei dem konkre- von Antifagruppen unter die Leute ge- das Schweigen vieler Bürger; beängsti-
ten Verdacht, dass ein Kauf aus der rech- bracht. „get up“ hat vor Berufs- und an- gend, wie die Akzeptanz dieser Umtriebe
ten Szene geplant sei, an den Verfas- deren Schulen, in Jugendzentren und in aller Stille wächst. Dabei kann nie-
sungsschutz des Landes wenden. Discos in Niedersachsen viel Zustim- mand, der sich mit der Geschichte be-
Das beschriebene Merkblatt kann auf mung gefunden und hatte einige Einla- fasst und das menschenverachtende
der Internetseite des Innenministeriums dungen in Schulen zur Folge. Neben Bei- Nazi-Regime studiert hat, diese Entwick-
heruntergeladen werden: www.mv-regie- spielen und Empfehlungen für antifa- lung dulden oder dazu schweigen.“ Und
rung.de/im/index.htm. schistisches Handeln, Aussteigerpro- NDR-Programmdirektor Hörfunk, Joa-
Quelle: www.endstation-rechts.de ■ grammen und Mitmach-Adressen be- chim Knuth, ergänzt: „Journalisten müs-
kennt sich Bela B. / Die Ärzte: „Scheint sen deren Biografien (die der Nazis)
Verurteilt wegen „Schüler- die Sonne auch für Nazis? – wenn’s nach durchleuchten, ihre Programme und Pa-
mir geht, tut sie’s nicht.“ rolen überprüfen. Parallelen zur NS-
zeitung Wer „get up“ haben oder verteilen Ideologie müssen ebenso schonungslos
Aue. Zu einer Geldstrafe wegen Versto- möchte, wende sich an: DGB-Hannover, offen gelegt werden wie die Nähe brau-
ßes gegen das Jugendschutzgesetz verur- DGB-Lüneburg oder VVN/BdA-Nieder- ner Führungspersonen zu rechtsextre-
teilte heute das Amtsgericht Aue den 18- sachsen. mistischen Gewalttätern.“ Beide sind
jährigen Kreisvorsitzenden der NPD-Ju- Zusammen mit der Broschüre sich in ihrem „gesellschaftspolitischen
gend „Junge Nazionaldemokraten“ (JN) „Rechtsabbieger“ haben einige Macher Auftrag“ einig, „meinungsbildend und
Aue-Schwarzenberg, Stefan Hartung, die „get up“ in diversen Lokalzeitungen demokratiefördernd zu wirken“.
wohnhaft in Bad Schlema. Die Jugend- und bei Radio-Flora vorgestellt. „Rechtsabbieger“ hat eine Auflage
kammer urteilte nicht nach dem Jugend- Zeitgleich fertig gestellt wurde das von 20.000. Die meisten Exemplare sind
strafrecht, sondern nach allgemeinem Buch „Rechtsabbieger“, herausgegeben kostenlos übers Kultusministerium an
Strafrecht und sprach eine Geldstrafe und bezahlt von Weser-Kurier (WK) und die Schulen verteilt worden. Restexem-
von 30 Tagessätzen zu je 13 Euro aus. NDR. Im Untertitel heißt es: „Die unter- plare gibt’s im Buchhandel für 4,90
Der Staatsanwalt hatte 90 Tagessätze ge- schätzte Gefahr: Neonazis in Nieder- Euro, Sammelbesteller bekommen Ra-
fordert, die Verteidigung hatte auf Frei- sachsen“. Anhand zahlreicher Beispiele batt beim Weser-Kurier. Die Broschüre
spruch plädiert. Das Urteil ist noch nicht erläutern die Autoren Christine Kröger/ kann bei WK und NDR aus dem Internet
rechtskräftig; Hartung will in die Beru- WK und Stefan Schölermann/ NDR- runtergeladen werden.
fung gehen. weiter auf Seite 4 info, wie Jugendliche in die rechte Szene charly B ■

: antifaschistische nachrichten 4-2008 3


Laut Erkenntnis des Gerichts hatte er Rechtsextreme wählt, gibt seine Stimme gen Jugendlichen stellte. Dabei ging es
die NPD-Schülerzeitung perplex verteilt, den Feinden der Demokratie.“ um Veränderungen in der Kinder- und
obwohl er von einem Polizisten auf den Lokalberichte München 4-2008 ■ Jugendarbeit, Einhalten der Öffnungszei-
damit verbundenen Gesetzesverstoß auf- ten und eine Einschränkung des Alkohol-
merksam gemacht worden war. Das Vier Überfälle in einer konsums. (…) Wenn die Stadt nach
NPD-Blatt war im September erstmals Gründen sucht, um den Club zu schlie-
erschienen und geriet sofort in das Visier Woche ßen, finden sie genügend. Trotz des vor-
der Ermittler. Im Dezember wurde es als Bremen. In der letzten Woche wurden geworfenen Alkoholproblems, war ein
jugendgefährdend indiziert und durfte vier Übergriffe auf Bremer Einrichtun- „Alternativvorschlag“ von Seiten der
damit Kindern und Jugendlichen unter gen und Privaträume bekannt. Zuerst Stadt „in die Kneipe zu gehen“. Auch die
18 Jahren weder angeboten noch über- wurde die Jugendbildungsstätte Lidice- Öffnungszeiten wurden nicht immer ein-
lassen werden. Eine zweite Ausgabe der Haus auf dem Bremer Stadtwerder ange- gehalten, aber solange die Lautstärke im
Zeitschrift wurde offenbar durch einen griffen. Es folgten Schmierereien und Rahmen war, wurde dies von Seiten der
gerichtlichen Beschluss gänzlich verbo- Steinwürfe auf eine Wohngemeinschaft Stadt toleriert. Also steckt vielleicht noch
ten. Das Verfahren war der erste Prozess in Bremen- Nord, die ehemaligen Räum- etwas anderes hinter dem Rausschmiss.
in Sachsen wegen der perplex-Verteilun- lichkeiten der Jugendbildungsstätte in Auf einem letzen Treffen mit den akti-
gen. Eine weitere Anklage in gleicher Bremen-Lesum und den Bremer Infola- ven Mitgliedern des Vereins im Rathaus,
Sache liegt gegen eine junge Frau beim den. Es wurden teilweise rechtsorientier- erklärte der Mügelner Bürgermeister
Amtsgericht Pirna vor. Das Blatt war bis- te Schmierereien, wie SS-Runen oder Herr Deuse, dass dieser Jugendclub in
lang nur in Sachsen verteilt worden, soll- „Terrormaschine C18“, gefunden. Zukunft, sowohl von Linken, als auch
te aber Mitte dieses Jahres in zehntau- Das LidiceHaus gab am Donnerstag, von Rechten genutzt werden soll. Und
sendfacher Auflage bundesweit an Schu- den 13.02.2008, folgende Pressemittei- das, obwohl es laut ihm keine Rechten in
len verteilt werden. kun ■ lung raus: In der Nacht vom 13.02.2008 Mügeln gibt. Wir, die Jugendlichen vom
haben vier unbekannte junge Männer in Club, wollen nichts mit Rechtsgesinnten
Konzertierte Aktion der der Jugendbildungsstätte LidiceHaus er- zu tun haben und lassen uns das auch
hebliche Schäden angerichtet. Um ca. nicht von Herrn Deuse vorschreiben!
Grünen gegen Rechtsextre- 22:00 Uhr wurde ein im Haus anwesen- Tatsache ist, dass dieser Jugendclub
mismus der Zivildienstleistender durch lautes 1997 von linksorientierten Jugendlichen
München. Die Grünen in München wol- Glasklirren auf die Männer, die Kapu- übernommen und damit Besucher mit
len in den letzten 14 Tage vor der Wahl zenpullis trugen, aufmerksam. Mit Stei- fremdenfeindlichem Gedankengut ver-
noch einmal alle Kräfte mobilisieren, um nen bewarfen sie die Glasscheiben im grault wurden. Seitdem kam es mehr-
die Wahl der beiden rechtsextremen Lis- Eingangsbereich der Bildungsstätte. An- mals zu rassistischen und ausländer-
ten „Pro München“ und „Bürgerinitiative schließend zertrümmerten sie die Front- feindlichen Handlungen in Mügeln. So
Ausländerstopp“ in den Stadtrat zu ver- und eine Seitenscheibe des hauseigenen wurde der Jugendverein „Free Time Inn
hindern. Dabei wollen sie auf drei Ebenen Autotransporters. Die anschließende e. V.“ bereits im April 1998 von Rechts-
gegen die Rechtsextremisten agieren: Fahndung durch die Polizei verlief im gesinnten überfallen. Doch nach Aussa-
a. Ab sofort wird stadtweit ein Plakat weitläufigen Parzellengebiet am Kuhhir- gen von Herrn Deuse, direkt nach der
geklebt, aus dem deutlich wird, dass sich ten ergebnislos. Es kann nicht ausge- Hetzjagd auf die Inder zum Stadtfest
Rechtsextremisten zu verbergen suchen schlossen werden, dass die Zerstörungen 2007, „existieren keine organisierten
und z.B. unter so unschuldig klingenden eine Reaktion auf die Angebote des Hau- rechten Strukturen“ (OAZ vom
Namen wie „Pro München“ auftreten. ses gewesen sind. Die Jugendbildungs- 22.08.2007, S.15) in Mügeln. Allerdings
b. Die Websites des Stadtverbandes, der stätte LidiceHaus bietet Jugendlichen, gibt es in Mügeln viele andere Jugend-
Stadtratsfraktion und eine Reihe von Lehrern und Sozialarbeitern Wochenkur- treffpunkte die oftmals rechtsorientiert
Homepages von KandidatInnen bieten se, Fachveranstaltungen sowie Bera- sind bzw. Personen mit menschenverach-
ausführliche und fundierte Informationen tungsangebote u.a. zu Themen, wie tendem Weltbild dort ein- und ausgehen
über die Verbindung der rechtsextremen „Rechtsextremismus“ und „Gewalt“ an. dürfen und toleriert werden, z. B. der
Tarnlisten zur NPD und anderen rechtsex- Egal ob politische Motive oder einfacher Förderverein Schloss Ruhethal e. V.,
tremistischen Parteien und Gruppierun- Vandalismus hinter dem Angriff auf das welcher sich nach dem Stadtfest mit ei-
gen. Haus stecken, ist die Tat dennoch zu ver- ner scheinbaren Veranstaltung gegen
c. Am Montag, den 25. Februar 2008 urteilen. Sie gilt einer rundum moderni- Rechts rühmt. (…) Es wird hier eine
findet im Unionsbräu um 19.30 Uhr eine sierten Jugendeinrichtung, die, nach dem massive, von links ausgehende Gefahr
hochkarätig besetzte Veranstaltung statt. Umzug aus Bremen-Nord erst in Novem- einfach herbei fantasiert und das wahre
Thema: „Rechtsextreme in Kommunen – ber 2007 wieder auf den Kuhhirten eröff- Problem, der latente Rassismus, welcher
was ist zu tun?“ net wurde. Der Zuspruch den das Ange- in der Bevölkerung fest verankert ist,
Siegfried Benker, Fraktionsvorsitzen- bot des Hauses bei den Gästen erhalten vollkommen verkannt. Offenbar wurde
der: „Die rechtspopulistische Kampagne hat, kann man inzwischen auch an die nur auf einen Anlass gewaretet, den als
der CSU kann dazu führen, dass im Belegungszahlen ablesen, denn die sind linksorientiert geltenden Jugendclub
Münchner Stadtrat zukünftig rechtsextre- erheblich gestiegen. Mügeln schließen zu lassen und damit
me, rassistische und ausländerfeindliche www.lidicehaus.de ■ den dort ansässigen Verein „Free Time
Gruppierungen vertreten sind. Ich erfahre Inn e.V.“ zu vertreiben.
gerade am eigenen Beispiel, wie der Linke Jugend in Mügeln auf Mügeln braucht einen alternativen Ju-
NPD-Ableger „Bürgerinitiative Auslän- gendclub als Gegengewicht, einen Treff-
derstopp“ (BIA) die politische Kultur in Straße gesetzt punkt, wo Fremdenhass und Intoleranz
dieser Stadt zerstören will: In der Wahl- Mügeln. Ende Januar wurde der Ju- keinen Platz haben. Da in unserer Region
kampfzeitung der BIA werde ich mit Pho- gendclub „Free Time Inn e. V.“ durch die noch organisierte rechtsextreme Struktu-
to und dem gezielten Versuch, mich als Stadtverwaltung geschlossen. In einer ren vorhanden sind, gilt es rechtzeitig ak-
Teil krimineller Machenschaften zu diffa- Presseerklärung nehmen Mitglieder des tiv zu werden, um diese Gefahr zu mini-
mieren, als besonderes Feindbild darge- Vereins dazu Stellung: „Grund für die mieren.
stellt. Das wird mich auch in Zukunft Schließung war ein Ultimatum, das die aus PM: Mitglieder des Jugendvereins
nicht daran hindern, klar zu sagen: Wer Stadt im Oktober 2007 den dort ansässi- „Free Time Inn e. V.“, vom 17.2.2008 ■

4 :antifaschistische nachrichten 4-2008


NS-Kriegsverbrecher
ausgeliefert Tausende gegen den
Rom/Vancouver. Knapp 63 Jahre nach
dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist der
NS-Kriegsverbrecher Michael Seifert
Naziaufmarsch
Dresden. Wäre der Samstag versuchten Richtung Innenstadt und Na-
nach Italien ausgeliefert worden. Der heu- (16.2.) nach den Vorstellungen der ziaufmarsch durchzubrechen. Sie konn-
te 83-Jährige war 1951 in Kanada unter- Stadt Dresden verlaufen, hätte es ten erfolgreich eine lautstarke Spontan-
getaucht. Der Oberste Gerichtshof in Ka- eine weiträumige und zeitliche Trennung demo über Dresdens belebteste Ein-
nada hatte Mitte Januar die Auslieferung zwischen dem Naziaufmarsch und den kaufsmeile - die Prager Straße - durch-
des gebürtigen Ukrainers beschlossen. verschiedenen Gegenaktivitäten gege- setzen. Nach Verhandlungen wurde auf
Seifert war im Jahr 2000 vom Militär- ben. Der Plan sah vor, dass der Naziauf- dem Külz-Ring eine Kundgebung ange-
gericht in Verona wegen Kriegsverbre- marsch vormittags durch die Altstadt ge- meldet und somit die Naziroute besetzt.
chen im Zweiten Weltkrieg zu einer le- schleust wird – ungestört von antifa- Das Antifa-Demoverbot der Ordnungs-
benslangen Freiheitsstrafe. Das Gericht schistischen Protesten. Dazu wurde der behörde in der Innenstadt wurde ab die-
befand den gebürtigen Ukrainer für schul- geplante Antifa-Demo-Treffpunkt von sem Zeitpunkt erfolgreich und ohne Ge-
dig, für 18 Fälle von Mord und Folter zwi- 10 Uhr Altmarktgalerie auf 15 Uhr und richtsentscheid aufgehoben. Zeitgleich
schen Juni 1944 und April 1945 verant- die andere Elbseite verlegt. Diese Anord- zur Kundgebung versuchten 250 Men-
wortlich zu sein. Im Oktober 2002 wurde nung wurde durch das Verwaltungsge- schen die Carolabrücke an der Synagoge
das Urteil rechtskräftig. Seifert beging die richt Dresden bestätigt. Außerdem wurde zu blockieren. Am Goldenen Reiter ver-
Taten dem Urteil zufolge in einem Kon- eine Kundgebung bürgerlicher Initiati- sammelte sich etwa 2000 bis 3000 Bür-
zentrationslager in Bozen, als Norditalien ven vor der Synagoge verboten und le- gerIinnen zur Geh-denken“ Demonstrati-
von deutschen Truppen besetzt war. Wäh- on, um dann
rend dieser Zeit wurden insgesamt etwa Richtung Ca-
11.000 Juden, politische Gefangene und rolabrücke
Deserteure in dem Lager gefangen gehal- loszulaufen.
ten. Am Zwin-
Seifert war 2002 in Kanada festgenom- gerteich,
men worden. Seither lief ein Ausliefe- dem Auf
rungsantrag der italienischen Behörden. taktort des
Seifert wurde von Rom aus ins Militärge- JLO-Auf-
fängnis Santa Maria Capua Vetere in der marschs, hat-
süditalienischen Region Kampanien ge- ten sich zwi-
bracht. Möglicherweise kann er die Haft schen 4500
wegen seines fortgeschrittenen Alters aber und 5000
– wie etwa der Ex-SS-Hauptsturmführer Nazis einge-
Erich Priebke – im Hausarrest verbüßen. funden. Die-
Nach Presseberichten - u.b. ■ se formierten
sich ab 14.30
Koalition gegen Rassismus – Uhr in einen
hunderte
Kitzingen macht mit diglich ein offener Gottesdienst der jüdi- Meter langen Zug und begannen mit ih-
Kitzingen. Am 10. Dezember 2004 (In- schen Gemeinde gestattet. Soweit der ren Eröffnungsreden. Gegen 15 Uhr setz-
ternationaler Tag der Menschenrechte – d. Plan – es kam jedoch alles ganz anders... te sich die Nazidemo in Bewegung, wo-
Red.) wurde in Nürnberg die „Europäi- Bereits um 10 Uhr versammelten sich bei zu diesem Zeitpunkt nach wie vor un-
sche Städte-Koalition gegen Rassismus“ gut 1000 AntifaschistInnen auf einer Ver- klar war, welche Route eingeschlagen
gegründet und ein „Zehn Punkte-Aktions- di-Kundgebung am Wiener Platz direkt werden sollte. Da die Innenstadtroute
plan“ mit konkreten Handlungsbeispielen vor dem Hauptbahnhof. Die Polizei, of- durch etwa 1000 Antifas blockiert war
verabschiedet. Als erste Stadt in Unter- fenbar nicht über die Abmeldung der An- und die „Gehdenken“-Demo bereits die
franken beschloss Kitzingen in einer Rats- tifa-Demo informiert, bereitete sich in- Carolabrücke und die Synagoge erreicht
sitzung im Januar 2008, diesem Bündnis tensiv auf den Beginn der Demo am hatte, wurden die Nazis über die Augus-
gegen Rassismus beizutreten. Rund 70 Neustädter Bahnhof vor. Mehrere Hun- tusbrücke geführt.
Kommunen sind mittlerweile Mitglied in dertschaften parkten auf der Neustädter Der Aufmarsch auf der Innenstadtrou-
der Städtekoalition. In Kitzingen leben Elbseite und warteten vergebens auf De- te, vorbei an der Synagoge, konnte somit
etwa 2000 Ausländer, rund 1700 davon moteilnehmerInnen. Unterdessen blo- verhindert werden. Die Nazis erhielten
besitzen die doppelte Staatsbürgerschaft. ckierte die Kundgebung am Hauptbahn- eine weitgehend menschenleere Route
Dies entspricht einem Anteil von 17 Pro- hof die Hauptanreiseroute der Nazis und über die Marienbrücke zurück zum Start-
zent an der Gesamtbevölkerung. Die zwang die Polizei, die mit dem Zug an- punkt. Die Abschlusskundgebung auf
Menschen in der Stadt kommen aus 80 reisenden Nazis auf Umwegen und nur in dem Postplatz fand in einer Polizeiwa-
unterschiedlichen Staaten. Begleitung zu ihrem Startpunkt zu brin- genburg statt.
Die „Städte-Koalition gegen Rassis- gen. Trotz massiver Polizeipräsenz ist es
mus“ ist eine Initiative der UNESCO, die Die KundgebungsteilnehmerIinnen durch offensives antifaschistisches Enga-
2004 gestartet wurde. Das Ziel ist, ein in- wurden bei strahlendem Sonnenschein gement gelungen, die Pläne der Stadt
ternationales Netzwerk von Städten ein- mit lauter Musik unterhalten. Außerdem Dresden über den Haufen zu werfen. Der
zurichten, die sich gemeinsam für einen gab es Beiträge zur Kritik am 13.Febru- erneute Aufmarsch mehrerer tausend Na-
wirkungsvollen Kampf gegen Rassismus, ar-Gedenken, News zum Naziaufmarsch zis an der Synagoge, der auch dieses Jahr
Diskriminierung und Fremdenfeindlich- und natürlich Infos zu den neuesten Ent- durch die Stadt mit massiven Auflagen
keit einsetzen. wicklungen in den aktuellen Tarifver- für Gegenveranstaltungen unterstützt
Zur Unterstützung der Kommunen, die handlungen. Gegen 13 Uhr kam dann wurde, konnte verhindert werden.
der „Europäischen Städte-Koalition gegen Bewegung in die Kundgebung, Antifas http://venceremos.antifa.net ■
weiter auf Seite 6
: antifaschistische nachrichten 4-2008 5
Rassismus“ beitreten und den „Zehn
Punkte-Aktionsplan“ unterzeichnen, ist
Ostfriese und Rechtsextremist
ein Lenkungsausschuss gebildet worden.
Er setzt sich aus Vertretern der Städte Bar- Thorsten de Vries hat nun in Ros-
celona, London, Lyon, Nürnberg, Paris
und Stockholm, des Netzwerkes italieni- tock Ärger mit seiner Gesinnung
scher Städte für Frieden und Menschen- von Thomas Klaus
rechte, der Organisation United Cities and
Local Governments und der UNESCO Emden/Hamburg. Der aus Em- len, wenn ich die Möglichkeit dazu hät-
zusammen. Der Lenkungsausschuss trifft den stammende Thorsten de te“. Die Mails wurden mit „Heil und
sich regelmäßig, um die Zusammenarbeit Vries, einst einer der bekanntes- Sieg 88 Euer Friese“ abgeschlossen, wo-
unter den Mitgliedsstädten und den Erfah- ten Neonazis Ostfrieslands, betätigt sich bei „88“ in der rechtsextremistischen
rungsaustausch mit anderen regionalen in Rostock nicht ohne Gegenwind als Szene für „Heil Hitler“ steht. Ihre Straf-
Koalitionen und Netzwerken gegen Ras- Geschäftsmann. Dort betreibt er seit Juni anzeige zog Anja Zysk zurück, recher-
sismus zu koordinieren. 2007 den Bekleidungsladen „East Coast chierte der Hamburger Journalist und
Das Menschenrechtsbüro der Stadt Corner“ (ECC). Der wurde im Januar Rechtsextremismus-Experte Andreas
Nürnberg fungiert als Geschäftsstelle der 2008 von politischen Gegnern überfal- Speit. Aber sie habe eine Verfügung ge-
Koalition, die vor allem die Aufgabe hat, len, de Vries dabei verletzt. Doch der gen de Vries erwirkt, wonach sich dieser
als Ansprechpartner für die Mitgliedsstäd- Rechtsextremist will seiner Gesinnung ihr nicht auf weniger als 50 Meter nähern
te und interessierte Kommunen zu dienen. treu bleiben. dürfe.
Dort sollen die Kommunikation und der Ende 2006 erregte er wegen seiner Seit Ende der siebziger und bis in die
Informationsaustausch zwischen den Mit- Hauptrolle beim Sturz der hamburgi- neunziger Jahre hinein hatte Thorsten de
gliedsstädten gefördert werden. nah ■ schen NPD-Landesvorsitzenden Anja Vries in seiner ostfriesischen Heimat für
Zysk Aufsehen. Wie wichtig er dabei Aufsehen gesorgt. Wegen verschiedener
AWO wehrt sich gegen war, geht auch aus Unterlagen hervor, Straftaten im Zusammenhang mit seinem
die die DGB-Jugend (Jugendorganisati- rechtsextremistischen Engagement und
Unterwandern zivilgesell- on des Deutschen Gewerkschaftsbundes) seiner Nähe zu militanten Neonazis
schaftlicher Strukturen jetzt in der Hansestadt veröffentlicht hat. musste sich der zeitweilige Bundesvor-
durch Rechtsradikale Die 34-jährige Lehrerin wurde durch den sitzende des später verbotenen „Deut-
berüchtigten Rechtsextremisten Jürgen schen Kameradschaftsbundes“ vor Ge-
Magdeburg. „Jeder Mensch in einer de- Rieger ersetzt und trat mittlerweile aus richt verantworten. So wurde er 1993
mokratischen Gesellschaft hat das gleiche der ultrarechten Partei aus. wegen Nötigung, Bedrohung und Wider-
Recht auf freie Entfaltung. Dieses Gleich- Frau Zysk berichtet, dass das damalige standes gegen die Staatsgewalt rechts-
heitsprinzip ist in Deutschland über Art. 3 hamburgische NPD-Landesvorstands- kräftig zu einer Gefängnisstrafe verur-
im Grundgesetz fest verankert. Rechte mitglied Thorsten de Vries und andere teilt. Nach der Haftentlassung 1994 be-
Ideologien erkennen dieses grundlegende Rechtsextremisten mit „massiven Dro- hauptete de Vries seinen Ausstieg aus der
Prinzip nicht an und wollen es gewaltsam hungen und einer beispiellosen Mob- rechten Szene. Schon damals glaubte
außer Kraft setzen. Dies darf die demo- bingkampagne“ versucht hätten, sie an ihm der „Arbeitskreis Keinen Fußbreit
kratische Mehrheit im Land nicht zulas- „öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten“ den Faschisten“ in Oldenburg nicht und
sen!“ Dieses Zitat entstammt dem „Mag- zu hindern. Der Zysk-Gefolgsmann und warnte in Flugblättern vor dem angeblich
deburger Appell, Demokratie heißt Hinse- stellvertretende NPD-Landesvorsitzende falschen Spiel des Emders. Und der Ar-
hen und Gesicht zeigen“, den die Arbei- Martin Dembrowsky sei sogar unter An- beitskreis sollte recht behalten.
terwohlfahrt (AWO) vor etwas über einem drohung von Gewalt zum Verlassen der Angeblich wurde Thorsten de Vries
halben Jahr auf ihrer Bundeskonferenz Partei aufgefordert worden – und dafür inzwischen aus der NPD ausgeschlossen.
verabschiedet hat. Es ging dabei nicht um sei de Vries mitverantwortlich gewesen. Doch an seinem guten Verhältnis zu die-
eine allgemeine Stellungnahme der AWO Anja Zysk erstattete im Januar 2007 ser Partei scheint das nicht viel geändert
gegen Rechts. Vielmehr machte eine be- Strafanzeige gegen Thorsten de Vries zu haben.
sondere Entwicklung Sorge: „Die ‚klassi- wegen Bedrohung, Beleidigung und Ver- Zumindest die NPD-Fraktion im
schen‘ Aufgaben der öffentlichen und wendung nationalsozialistischer Gruß- Landtag von Mecklenburg-Vorpommern
freien Wohlfahrtspflege werden in immer formeln. In E-Mails (sie liegen unserer solidarisierte sich durch einen Besuch
stärkerem Maße systematisch von Grup- Redaktion vor) hatte Thorsten de Vries vor Ort mit dem ECC in Rostock. Und
pen und Menschen mit rechtem Gedan- die Vorsitzende als „mosaische Levanti- der NPD-Landtagsabgeordnete Birger
kengut besetzt. Durch das Unterwandern ner-Hexe“ und „anscheinend psychisch Lüssow richtete im Herbst 2007 sein
von zivilgesellschaftlichen Strukturen Kranke“ tituliert. „Wie ein tollwütiges Wahlkreisbüro bewusst im ECC-Gebäu-
droht rechtes Gedankengut in besonderem Tier“ beiße sie nur noch nach jedem. Er de ein – aus Solidarität mit Thorsten de
Maße gesellschaftsfähig zu werden.“ „würde die Alte sofort an die Wand stel- Vries, wie er versicherte. ■
Diese Unterwanderung – erläutert Peter
Michel, bei der AWO für die Umsetzung
des Magdeburger Appells zuständig –
wird auf unterschiedliche Weise versucht.
Zum einen ist eine Strategie zu beobach- aber in einer Kindertagesstätte lassen aufgerufen, die zivilgesellschaftlichen
ten, dass da, wo Regeldienste nicht oder rechte Eltern sich in den Elternbeirat wäh- Strukturen durch engagierte Integrations-
nicht in ausreichendem Maße angeboten len. Dies wird dann genutzt, um intoleran- arbeit zu stärken. Dazu zählt auch, dass
werden, rechtsradikale Gruppen versu- tes oder rassistisches Gedankengut zu ver- die AWO sich an lokalen Bündnissen ge-
chen, dies auszugleichen. Dies ist in ho- breiten. gen Rechtsextremismus beteiligt. Da, wo
hem Maße in Ostdeutschland der Fall. Deshalb werden die Verbandsgliede- es solche Bündnisse nicht gibt – so Mi-
Zum anderen versuchen Rechte in beste- rungen der AWO derzeit dafür sensibili- chel –, wird die AWO mitwirken, sie auf-
henden Verbänden Fuß zu fassen. Da be- siert, solche Versuche zu erkennen und zubauen.
wirbt sich zum Beispiel ein Rechter auf entsprechend reagieren zu können. Paral- Quelle: Publikation „Forum Migration
eine Stelle als Zivildienstleistender oder lel dazu sind die Gliederungen der AWO Februar 2008“ ■

6 : antifaschistische nachrichten 4-2008


Gegen Rechtsextremismus wirk-
sam vorzugehen, ist seit vielen
Jahren erklärtes Ziel verschiede-
Bundesprogramme ge-
ner Bundesprogramme. Ihr lokaler An-
satz ist zu begrüßen, denn Demokratie
wird zuerst im nahen Umfeld, in den
gen Rechtsextremismus
Kommunen, erlebt und erlernt. Was aber, Eine Bestandsaufnahme
wenn Alltagsrassismus und Intoleranz
dort bis in die gesellschaftliche Mitte als neu konzipierten Programme ist es zu ● Programmentwicklung und -umset-
normal gelten? Wie weiter, wenn das früh. Vielerorts sind diese gerade erst zung müssen demokratischer gestaltet
Misstrauen gegenüber „fremd“ Ausse- richtig angelaufen. Erste negative Folgen werden. Erfahrene Fachleute und zivil-
henden durch politische Debatten über der Umgestaltung sind jedoch schon gesellschaftliche Träger brauchen echte
„Ausländerkriminalität“ scheinbar legiti- heute zu beobachten: Beteiligungsrechte.
miert wird? Wer klärt auf, wenn der Bür- 1. Viele kleine, unabhängige Träger ● Voraussetzung für eine gute Zusam-
germeister öffentliche Nazi-Rituale als verloren durch die geforderte sehr hohe menarbeit zwischen Zivilgesellschaft
„Dumme-Jungen-Streiche“ verharmlost? Kofinanzierung jede Chance auf Bundes- und Verwaltung ist strukturelle Gleichbe-
Leider fehlt in vielen Regionen ein offe- geld und schließen ihre Pforten. rechtigung. Der Bund als Programmini-
nes gesellschaftliches Klima der Vielfalt, 2. Projektinhalte treten in den Hinter- tiator trägt besondere Verantwortung da-
Anteilnahme und Toleranz gänzlich. Es grund, weil die Personalressourcen für, das vorhandene Übergewicht staatli-
gilt also, die Zivilgesellschaft zu stärken. durch eine ausufernde Antragsbürokratie cher Definitionsmacht angemessen ein-
Wie gut gelingt das mit den aktuellen gebunden sind. zuschränken.
Programmen? Dies war Thema eines 3. Langfristige Prozesse und präventi- ● Der Bund muss Qualitätsrichtlinien
Grünen-Fachgesprächs am 7. Februar ve Ansätze werden aus fördertechni- für Beteiligungsprozesse formulieren,
2008 im Deutschen Bundestag. Neun schen Gründen durch kurzfristige Kri- die eine Mitwirkung der Zivilgesell-
praxiserprobte ReferentInnen und rund seninterventionen abgelöst. schaft auch bei autoritärer oder ignoran-
120 Fachleute aus Politik, Verwaltung, Will sich der Bund nicht auf „Alibi- ter Verwaltungspraxis vor Ort sichern.
Wissenschaft, zivilgesellschaftlichen Ini- Programmen“ gegen Rechts ausruhen, ● Behörden müssen Vorbilder sein in
tiativen sowie interessierte Bürgerinnen muss er solche Probleme angehen. Die Bezug auf Demokratie und Partizipation,
und Bürger diskutierten miteinander und Vorschläge erfahrener Praktikerinnen um Programme gegen Rechtsextremis-
brachten ihre Kritik, Erfahrungen und und Praktiker dürfen dabei nicht außen mus glaubwürdig verwalten zu können.
Anregungen ein. vor bleiben. Die Programme gegen ● Bei der Evaluierung der neuen Pro-

Probleme der aktuellen Bundes- Rechtsextremismus müssen stärker an gramme sind die Ergebnisse der früheren
programme die Erfordernisse der täglichen Arbeit Programme Civitas und entimon voll-
vor Ort angepasst werden. ständig einzubeziehen, um eine kontinu-
Durch die unter Rot-Grün begonnene Die Bundesprogramme demokrati- ierliche Nutzung erworbener Qualitäts-
Bundesförderung lokaler Projekte und scher gestalten standards zu sichern.
Bündnisse sind sehr professionelle ● Fragwürdiges Konzept „Kriseninter-
Strukturen entstanden. In Folge des Re- Bei der notwendigen konzeptionellen vention“: Beratungsprozesse nur in „Kri-
gierungswechsels wurde jedoch das be- Weiterentwicklung der Programme sind senzeiten“ zu fördern, ist kontraproduk-
währte Konzept entscheidend verändert. folgende Punkte zu berücksichtigen: tiv. Wir brauchen verlässliche, dauerhaf-
Für eine abschließende Bewertung der te Beratungsangebote, die eine prozess-
hafte, ganzheitliche Intervention ermög-
Heisenhof Herrenlos – Sind lichen.
● Fragwürdiges Konzept „Modellpro-
die Nazis weg? jekte“: Eine systematisches Auswerten
Bündnis gegen Rechtsextremismus Am 26. Februar 2008 von 1900 – 2200 Uhr findet
Dörverden lädt ein:
im Kultursaal Dörverden, Berliner Straße 1 eine Infor- und kontinuierliches Fördern bereits er-
mationsveranstaltung mit dem Titel „Heisenhof Her- probter Angebote wäre sehr viel effizien-
renlos – Sind die Nazis weg?“ statt. ter als immer neue „Modelle“. Zudem
Drei Referenten werden zum Thema unterschiedliche scheitern gerade kreative kleine Träger
Aspekte beitragen. Andre Aden , freier Jounalist und an den viel zu hohen Kofinanzierungs-
Heisenhof Herrenlos? für die Recherche Nord tätig spricht in seinem Vor- Forderungen des Bundes.
Sind die Nazis weg? trag „Vom heute zum gestern“ über lokale Strukturen ● Der Bund muss seine Öffentlich-
der Neonazis,. Im Vordergrund stehen dabei die ak-
tuellen Ereignisse in der Region und wie sich die
keitsarbeit zu den Programmen verbes-
26. 2. 08 sern. Opfer und Menschen mit Bera-
19.00 - 22.00 Uhr Strukturen der Neonazis in unserem ländlichen Raum
Kultursaal Dörverden
Berliner Str. 1 entwickeln. tungsbedarf wissen oft nicht, wohin sie
„An der gesellschaftlichen Wirklichkeit real existie- sich wenden können.
render Bedrohung durch Neonazis ändert sich nichts, ● Prävention und Intervention müssen
Vortrag in Wort und Bild wenn man sie verschweigt“. Sagt Stefan Schöler- zusammenwirken, um die Demokratie zu
„Vom Heute zum Gestern“
Neonazis in Niedersachsen, lokale Strukturen mann, der für Weserkurier und NDR-Info die Bro- stärken, die Akzeptanz von Vielfalt zu
von André Aden (freier Journalist, Mitarbeiter Recherche Nord)
schüre „ Rechtsabbieger – Neonazis in Niedersach-
Vorstellung des Buches fördern sowie unsere Gesellschaft gegen
„Rechtsabbieger - Die unterschätzte Gefahr“ sen“ erstellt hat. Das gemeinsame Ziel war es, die
durch Buchautor Stefan Schölermann, Journalist NDR
Realität möglichst vielen Menschen deutlich zu ma-
Nazi-Ideologien zu wappnen.
Vorstellung des
chen. Grundlegendes zu Neonazis und ihren Struktu- ● Bewährte Angebote brauchen insti-
Zeitungsprojektes „get up“
durch H-D Charly Braun / DGB Antifa-AG Nds.
ren und die Ereignisse der letzten Jahre stehen hier im tutionelle Förderung. Existenzsicherung
Mittelpunkt. ist die Voraussetzung fachlicher Konti-
„Scheint die Sonne auch für Nazis?“ fragt Bela B., nuität gegen Rechtsextremismus.
von den Ärzten in der neuen Jugendzeitschrift „get up“ des DGB, die H-D Charly Braun von der Antifa- Monika Lazar, MdB, Timo Reinfrank
AG Nds. Des DGB vorgestellt. Es geht um die „netten“ Neonazis von nebenan, wie sich Verden und Dör- (Amadeu Antonio Stiftung) ■
verden wehren, Schüler in Walsrode gegen Nazis mobil machen und Tips und Kontaktadressen für Inte-
http://www.gruene-bundestag.de/cms/
ressierte. Außerdem berichtet Braun über die zahlreichen Aktivitäten des DGB zur Bündnisbildung gegen
Rechtsextremismus. Dörverdener Bündnis gegen Rechtsextremismus ■ rechtsextremismus/do9/219547.bundespro-
gramme_gegen_rechtsextremismus.html

: antifaschistische nachrichten 4-2008 7


München. 10.2.2008. Das Akti-
onsbündnis gegen die NATO-Si-
cherheitskonferenz zieht eine posi-
Aktionsbündnis zieht
tive Bilanz der Aktionen gegen die Mili-
tärtagung und wertet die Proteste als Er-
positive Bilanz
folg für die KonferenzgegnerInnen. keine Gewalt ausgeht, wenn die Polizei habe, so Mularzyk, „die unnachgiebige
Ca. 7.000 Menschen schlossen sich am uns demonstrieren lässt und nicht – wie in Kritik an der Finanzierung dieser Privat-
Samstagabend der größten Anti-Kriegs- den Vorjahren – die Demo ständig stört veranstaltung durch Steuergelder die Bun-
kundgebung der letzten Jahre in München und provoziert.“, sagte Hagen Pfaff vom desregierung in einen Erklärungsnotstand
an. Die Zahl der TeilnehmerInnen lag da- Aktionsbündnis. gezwungen. Ähnliches gilt für den grund-
mit noch deutlich über den Erwartungen Heftig kritisiert wurde von den Veran-
der VeranstalterInnen. Als politischen Er- stalterInnen jedoch, dass die Demonstrati-
folg werten die OrganisatorInnen der Pro- on erneut von einem permanenten Wan-
teste die Tatsache, dass sie gegen die aus- derkessel der Polizei begleitet wurde, der
drückliche Empfehlung der Polizei eine selbst die Sicht auf die Fronttransparente
Demonstrationsroute durchsetzen konn- versperrte. Auch die Auftaktkundgebung
ten, die vom Auftakt auf dem Marienplatz auf dem Marienplatz wurde von der Poli-
auf direktem Weg zur Abschlusskundge- zei in Richtung Fußgängerzone komplett
bung vor der Residenz führte. abgesperrt und so erheblich behindert.
„Wir waren kompromissbereit“, sagte Am Samstag kam es während der Aktio-
Claus Schreer vom Aktionsbündnis, „aber nen zu ca. 20 Festnahmen. Nach der Auf-
unser erklärtes Ziel war immer: wir wol- lösung der Versammlung um 20 Uhr bil-
len zur Residenz und uns dort dem Staats- dete die Polizei drei Kessel in der Fußgän-
empfang für die Kriegstreiber in den Weg gerzone, nahm ca. 25 weitere Demons-
stellen. Das ist uns gelungen und wir ha- trantInnen fest und sprach mehrere hun- gesetzwidrigen Einsatz der Bundeswehr
ben uns das Demonstrationsrecht zurück- dert Platzverweise aus. im Tagungshotel.“
erkämpft.“ Die Demonstrationen und Auch Manfred Mularzyk, ebenfalls Die Zukunft der Militärtagung ist nach
Kundgebungen am Freitag und Samstag vom Aktionsbündnis, wertete die Gegen- dem Rückzug von Veranstalter Teltschik
liefen ohne größere Zwischenfälle ab. Auf aktionen als Erfolg. So sei es dieses Jahr offen. Für den Fall, dass die Konferenz
der Großdemo am Samstag zeigte sich die erstmals gelungen, die Tagungsteilnehmer weiterhin in München verbleiben sollte,
Polizei deutlich zurückhaltender als in „hautnah und direkt mit dem Protest zu hat das Bündnis bereits jetzt eine Fortset-
den letzten Jahren, obwohl sie im Vorfeld konfrontieren. Und die seit 2005 stattfin- zung der Gegenaktionen im Jahr 2009
erneut vor der Anreise von 500 gewaltbe- dende Verleihung der sogenannten Telt- angekündigt.
reiten Autonomen gewarnt hatte. „Trotz schik-Friedensplakette musste auf öffent- Pressemitteilung des Aktionsbündnis-
der absurden Gefahrenprognosen der Be- lichen Druck hin von der Residenz ins Ta- ses gegen die NATO-Sicherheitskonfe-
hörden haben wir gezeigt, dass von uns gungshotel verlegt werden.“ Außerdem renz, 10. Februar 2008 ■

Prominente Gäste hatte die Lan-


desdelegiertenkonferenz der Verei-
VVN/BdA: Gemeinsam gegen Neo-
nigung der Verfolgten des Nazire-
gimes/Bund der Antifaschisten (VVN
faschismus, Abbau demokratischer
/BdA) NRW, die am 16.2. im Düsseldorfer
ver.di-Haus stattfand. Zur nachmittägli- Rechte und Kriegspolitik
chen Podiumsdiskussion über die „Zu- wahlen 2009. Sevim Dagdelen schließlich Verstärkung der „inneren Sicherheit“ im-
kunftsperspektiven antifaschistischer Ar- forderte von der VVN, Migrant (inn)en ak- mer weiter um sich greifenden Abbau de-
beit“ waren neben Wolfgang Dreßen, Pro- tiv in die antifaschistische Arbeit einzube- mokratischer Rechte und Freiheiten (u.a.
fessor an der FH Düsseldorf, die Land- ziehen. durch den Einsatz der Bundeswehr im In-
tagsabgeordnete Monika Düker (B90/Grü- Vor und nach der Podiumsdiskussion neren und die zunehmende Militarisierung
ne), die Bundestagsabgeordnete Sevim hatten die Delegierten und Gäste ein um- der Gesellschaft) sowie die Friedenspolitik
Dagdelen (Linke) und der Landesvorsit- fangreiches Programm abzuarbeiten: zu Schwerpunkten ihrer Arbeit in den
zende des DGB Guntram Schneider der Nachdem der alte (und neue) Landesspre- nächsten Jahren zu machen. In Überein-
Einladung gefolgt. Bei allen sonstigen in- cher Ulli Sander (Dortmund) die Bilanz stimmung mit dem Vorschlag von Monika
haltlichen Differenzen waren die Genann- der Arbeit der letzten drei Jahre gezogen Düker aus der Podiumsdiskussion wurde
ten einig darüber, dass der gemeinsame hatte, schloss sich eine Diskussion an, die beschlossen, in Vorbereitung der Kommu-
Kampf gegen Rassismus und Neofaschis- nicht zuletzt darum kreiste, wie mehr jun- nalwahlen ein Treffen all derjenigen zu
mus weiterhin auf der Tagesordnung steht. ge Menschen in die Arbeit des Verbandes veranstalten, die sich bei der Wahl mit
Dabei wurden unterschiedliche Akzente einbezogen werden können. Dabei ist die Kandidaturen der rechten und fremden-
gesetzt: Bilanz gar nicht mal so schlecht: Trotz ei- feindlichen „pro NRW“-Bewegung ausei-
Guntram Schneider stellte, mit durch- ner größeren Anzahl von Todesfällen ge- nander zu setzen haben.
aus selbstkritischer Akzentsetzung („Ge- lang es der VVN/ BdA, die Mitgliederzahl Zu Landessprechern wählte die Konfe-
werkschaften sind nicht automatisch ge- annähernd konstant zu halten. Dennoch renz neben Ulli Sander, Ulrike Düwel und
gen rechte Weltbilder der Mitglieder ge- wollen die Kreisverbände Anstrengungen Jochen Vogler (beide Wuppertal). Der bis-
feit“) die Aufgaben der Gewerkschaften in unternehmen, ihre Reihen vor allem mit herige Landessprecher Josef Angenfort,
den Vordergrund seiner Ausführungen. jüngeren Antifaschist(inn)en zu verstär- ein Vertreter der Generation des antifa-
Monika Düker betonte die Notwendigkeit ken. schistischen Widerstandes, der aus ge-
gemeinsamen antifaschistischen Handelns Nach einer ausführlichen Antragsdebat- sundheitlichen Gründen nicht mehr kandi-
und forderte eine Vernetzung der Aktivitä- te war sich die Konferenz darüber einig, dierte, wurde einstimmig zum Ehrenvor-
ten gegen die rassistische Gruppierung neben der Auseinandersetzung mit Neofa- sitzenden des Verbandes gewählt.
„pro NRW“ im Vorfeld der Kommunal- schismus und Rassismus, den im Zuge der tri ■

8 :antifaschistische nachrichten 4-2008


Im Vorfeld der französischen Kom- Vor den französischen Rathauswahlen:
munalwahlen, die am 9. und 16.
März dieses Jahres auf dem ge-
samten Staatsgebiet stattfinden, zeichnet
Relativ schwache Präsenz der
sich eine eher schwache Präsenz der ex-
tremen Rechten ab. Damit setzt sich die
organisatorische Krise der rechtextre-
extremen Rechten in Sicht
men Partei(en) FN (und sein Spaltprodukt Aber auch in manchen Städten, die für tional insgesamt 25 % so viele Listen im
MNR), die insbesondere mit der Proble- die rechtsextreme(n) Partei(en) von hoher Rennen wie bei den Rathauswahlen vom
matik der ungelösten Nachfolge von symbolischer Bedeutung sind, glänzt der Juni 1995, auf dem Höhepunkt seiner ge-
Front National-Chef Jean-Marie Le Pen so- FN derzeit mit Abwesenheit. Beispielsweise sellschaftlichen Verankerung – und 63 %
wie mit der ebenso offenen Frage der Po- im südfranzösischen Orange, der dritten je- so viele wie bei den Kommunalwahlen im
sitionierung gegenüber einem seit dem ner (insgesamt vier) südfranzösischen Städ- Jahr 2001. Damals hatte der Front Natio-
Vorjahr hegemonial erscheinenden kon- te, die einige Jahr lang unter rechtsextremer nal, infolge der Spaltung von 1998/99 (Le
servativen Block zusammenhängt, wei- Verwaltung standen. Dessen Bürgermeister Pen kontra Mégret, FN/MNR) bereits stär-
terhin fort. Jacques Bompard – ein langjähriger FN- kere Einbrüche bei seinem Versuch zum
Aktivist – ist zwar heute nicht zum Demo- Aufbau einer Aktivistenbasis verzeichnet.
Ursächlich für das relativ schwache Er- kraten „bekehrt“, wohl aber im Herbst 2005 Und ferner hatte sein Spaltprodukt, der
scheinungsbild der rechtsextremen Par- von seiner früheren Partei zum konservati- MNR, ihm starke Konkurrenz bereitet.
tei(en) ist ebenso das finanzielle Desaster, ven Rechtskatholiken Philippe de Villiers Dies ist in diesem Jahr nicht mehr der Fall,
das für den Front National aus seinem und seiner „Bewegung für Frankreich“ da der MNR inzwischen quasi klinisch tot
schwachen Abschneiden bei den Parla- (MPF) übergelaufen. Anhaltende Gerüchte ist. In ganz Frankreich präsentiert der
mentswahlen vom Juni 2007 resultiert: Die sprechen zur Zeit übrigens von einem mög- MNR von Bruno Mégret noch insgesamt 7
staatliche Parteienfinanzierung nach fran- lichen Regierungseintritt Philippe de Vil- Listen, gegenüber 191 vor sieben Jahren.
zösischem Gesetz richtet sich an den Parla- liers’ nach dem Ende der Kommunalwah- Hinzu kommt das Veto, das Jean-Marie
mentswahlergebnissen der jeweiligen poli- len, wenn das Kabinett unter Präsident Ni- Le Pen mancherorts selbst gegen FN-eige-
tischen Formationen aus. Da der FN bei colas Sarkozy und seinem Premierminister ne Listen eingelegt hat, sofern diese von
den letztjährigen Parlamentswahlen nur François Fillon voraussichtlich umgebildet innerparteilichen „Dissidenten“ bzw. Geg-
4,3 % der Stimmen im nationalen Durch- wird. Der FN vermochte es in diesem Jahr nern aufgestellt worden wären. So erhiel-
schnitt erhielt (gegenüber 11,1 % bei den nicht, dem „Verräter“ Bompard einen Kan- ten mehrere FN-Listen, etwa in Conflans-
Parlamentswahlen im Juni 2002, und 17 % didaten entgegen zu setzen. Auch in Dreux, Saint-Honorine (im Bezirk von Versailles),
für die Präsidentschaftskandidatur Jean- wo bei den Kommunalwahlen von 1983 der im nordfranzösischen Tourcoing und in
Marie Le Pens anderthalb Monate zuvor), wahlpolitische Erfolg des Front National Wattrelos in der Nähe der belgischen Gren-
sank die staatliche Zuwendung auf ein überhaupt anfing, ist die rechtsextreme Par- ze, nicht die Unterstützung der nationalen
Drittel des früheren Niveaus. tei in diesem Jahr gar nicht vertreten. Nach- Parteiführung. Anderorts werden promi-
Infolge dessen konnte der FN, im We- dem die beiden früheren lokalen Führungs- nente FN-Größen, wie der frühere Abge-
sentlichen, Listen von Kommunalwahlkan- figuren Jean-Pierre Stirbois (ehemaliger Ge- ordnete der Nationalversammlung Michel
didaten in diesem Jahr nicht finanziell un- neralsekretär des FN, 1988 tödlich verun- de Rostolan im südlichen Pariser Umland
terstützen. Dabei hat der beabsichtigte Ver- glückt) und seine Gattin Marie-France Stir- oder Pierre Jaboulet-Vercherre in der Bour-
kauf des Parteisitzes im Pariser Nobelvorort bois (verstorben 2006) nicht mehr länger da gogne (Burgund) – das frühere Bindeglied
Saint-Cloud (wir berichteten) der Parteikas- sind, hat der örtliche FN jegliche Substanz der Partei zu den Weinhändlern der Region
se zumindest einige Hoffnung auf Erleich- verloren. Allein die stiefelfaschistischen – durch die Zentrale beschuldigt, hinhal-
terung verschafft. So konnte der FN doch ‚Identitaires‘ haben zusammen mit Mitglie- tenden „passiven Widerstand“ gegen die
noch dafür sorgen, dass in einigen symbo- dern des 1999 vom FN abgespaltenen MNR Aufstellung von Listen betrieben zu haben.
lisch wichtigen Städten wie Toulon und Vit- eine Liste in Dreux aufgestellt bzw. unter- Und schließlich sind einige Parteikader
rolles – zwei Städte, die ab 1995 bzw. 1997 stützt, die sich in ihrer Propagandaplattform von ihren Posten als Bezirkssekretär zu-
für einige Jahre rechtsextrem regiert waren, freilich positiv auf die Eheleute Stirbois be- rückgetreten, wie etwa Régis de la Croix-
aber heute eine bürgerliche bzw. sozialde- zieht. Diese Liste hört auf den Namen Vaubois (im mittelfranzösischen Bezirk
mokratische Rathausführung haben – die Dreux Identité française („Dreux - französi- Nièvre), der auf dem letzten Kongress im
Aufstellung von Listen mit monetärer Un- sche Identität“). November 2007 auch das ‚Zentralkomitee‘
terstützung aus der Zentrale möglich wur- Noch am Samstag, 23. Februar hatte die der Partei verließ. Auch dies be- oder ver-
de. Dafür hatte Le Pen schlussendlich noch sozialdemokratische Tageszeitung ‚Libéra- hinderte das Aufstellen von Listen. Die
persönlich gesorgt. Ansonsten (ohne den tion‘ unter Berufung auf den Wahlkampf- Parteiführung bezahlt damit ihr Vorgehen
angekündigten Verkauf des Sitzes) wäre leiter der Partei für die Kommunalwahlen – gegen „Dissidenten“, die insbesondere mit
dies für die Partei, die seit dem letzten Jahr Martial Bild – angekündigt, der FN werde Le Pens Förderung für den Aufstieg seiner
einen Schuldenberg von 8 bis 9 Mil. Euro ähnlich stark Präsenz zeigen wie bei den Tochter Marine im Parteiapparat nicht ein-
aufgehäuft hat, in absehbarer Zeit nicht Rathauswahlen im März 2001. Dazu ge- verstanden sind.
möglich gewesen. hörten insgesamt 120 Listen in den Städten Marine Le Pen ist so ziemlich die einzi-
mit 10.000 bis 30.000 Einwohnern, und ge Hoffnung der Partei bei diesen Kommu-
KORREKTUR zu AN 02/2008: „Europäische
Rechtsextreme nehmen neuen Anlauf zu Koopera-
rund 100 Listen in kleineren Städten und nalwahlen: In Hénin-Beaumont (im frühe-
tion“ (Seite 8): Gemeinden. Hingegen habe der FN von ren Bergbaurevier nahe der belgischen
Aufgrund eines Tippfehlers enthält der o.g. Artikel in der vornherein darauf verzichtet, in be- Grenze) ist sie Zweite auf der Rathausliste
mittleren Spalte eine falsche Jahreszahl-Angabe. Dort stimmten (auch größeren) Städten mit von Steeve Briois. Im Juni 2007 hatte Ma-
steht, die österreichische FPÖ habe „ab Februar 2002“ eher schwacher Verankerung der Partei rine Le Pen hier knapp 42 Prozent der
eine mehrjährige Regierungsbeteiligung begonnen.
Dies ist unkorrekt. Richtig muss es heißen: „Ab Februar
anzutreten, etwa in Orléans oder Ren- Stimmen als Wahlkreiskandidatin erzielt.
2000“. Die damals noch durch Jörg Haider geführte nes. Ihre Hoffnung liegt nun darin, das Rathaus
Partei hatte bei den Nationalratswahlen in Österreich Diese Angabe wird jedoch bereits der rund 30.000 Einwohner zählenden
vom 3. Oktober 1999 stattliche 27 Prozent der Stim- durch die Sonntagsausgabe der Pariser Stadt zu erobern, wird freilich bisher durch
men erhalten. Daraufhin konnte sie im Februar 2000 in Abendzeitung ‚Le Monde‘ wieder de- die Umfragen noch dementiert.
die Bundesregierung in Wien eintreten. BhS, Paris
mentiert. Ihr zufolge hat der Front Na- Bernhard Schmid, Paris ■

: antifaschistische nachrichten 4-2008 9


: ausländer- und asylpolitik
NACHTRAG zu „Drei
rechtsradikale Polizisten
vom Dienst suspendiert“ Kosovo-Unabhängigkeit schen, die aus dem Kosovo stammen und
(AN 03-2008, S. 10) Die Unabhängigkeitserklärung des Ko- sich in europäischen Staaten ohne lega-
Anfang Februar 2008 war die Affäre um sovo darf nicht zum Startschuss für die len Status aufhalten, lebt etwa die Hälfte
rechtsradikale Polizisten im nordfranzösi- erzwungene Rückkehr von Flüchtlingen in Deutschland.
schen Amiens aufgebrochen. Zu o.g. Arti-
kel seien noch folgende Einzelheiten nach- aus Deutschland und anderen EU-Staa- gez. Bernd Mesovic, Referent
getragen: Es hat sich inzwischen bestätigt, ten werden, fordert Pro Asyl. Quelle: Presseerklärung Pro Asyl,
dass einer der drei Polizisten, die aufgrund Etwa 38.000 Personen in Deutschland 20.02.2008 ■
antisemitischer Äußerungen sowie „White sind Roma, Ashkali oder sogenannte
Power“-Sprüchen in einem Pub mit soforti- Ägypter aus dem Kosovo. Die zwangs-
ger Wirkung vom Dienst suspendiert wor-
Mehr Asylanträge im Januar
weise Rückkehr zahlreicher Minderhei-
den sind, sich aktiv beim Front National tenangehöriger könnte lokale Spannun- 2008 – deutlicher Anstieg
(FN) betätigt hat. Laut Angaben des irakischer Asylbewerber
gen verstärken und Übergriffe oder Po-
Rechtsextremismusspezialisten Jean-Yves
Camus (vgl. http://www.rue89.com/jean- grome provozieren. Ob der neue Staat Berlin. Im Januar 2008 wurden beim
yves-camus/policiers-dextreme-droite-a- stabil und zum Schutz der Minderheiten Bundesamt für Migration und Flüchtlin-
amiens-il-y-a-des-precedents) handelt es willens und in der Lage ist, ist zur Zeit ge 2.397 Asylerstanträge gestellt. Die
sich bei ihm um den 39jährigen Brigaden- unkalkulierbar. Zahl der Asylbewerber stieg im Ver-
chef Christophe Lengelé, den ranghöchs- In den letzten Jahren haben kontinu- gleich zum Vormonat um 1.132 Personen
ten unter den drei Polizisten, gegen die ierlich Minderheitenangehörige das (89,5 Prozent) und gegenüber dem Vor-
auch strafrechtliche Ermittlungen laufen. Er Land verlassen, weil sie sich unsicher jahresmonat Januar 2007 um 734 Perso-
wurde vor einigen Jahren aus dem Pariser
Raum in den nordfranzösischen Bezirk von fühlten und keinerlei Existenzmöglich- nen (44,1 Prozent).
Amiens versetzt. Laut Camus waren seine keiten für sich sahen. Roma, Ashkali und Der Anstieg ist im Wesentlichen durch
rechtsextremen Auffassungen aber bereits die Angehörigen anderer kleiner Minder- eine Zunahme der Asylbewerber aus dem
während seiner Dienstzeit in Paris bekannt. heiten waren in den vergangenen Jahren Irak zu erklären. So hat sich die Zahl der
Bei den Parlamentswahlen im Jahr 2002 vom regulären Arbeitsmarkt praktisch Asylerstanträge irakischer Staatsangehö-
trat er (als stellvertretender Kandidat, also ausgeschlossen. Die Arbeitslosenquote riger gegenüber dem Vormonat von 407
als Zweiter in einem Tandem, nach dem in ihren Siedlungsgebieten tendiert ge- auf 959 erhöht und damit mehr als ver-
französischen Wahlsystem) im sechsten gen 100 Prozent. Das ist trotz der allge- doppelt. Auch die Zahl der irakischen
Wahlkreis dieses Bezirks für den FN an.
Gleichzeitig kandidierte seine Schwester mein hohen Arbeitslosigkeit im Kosovo Asylfolgeanträge stieg gegenüber dem
für die rechtsextreme Partei im Bezirk Rhô- (ca. 50 Prozent) ein extremer Wert, an Vormonat von 147 auf 255 an. Die iraki-
ne, d.h. im Raum Lyon. Und seine Ehefrau dem sich auch seit der Verbesserung der schen Asylantragsteller gehören über-
ist nach wie vor Abgeordnete des FN im Sicherheitssituation nach den Pogromen wiegend religiösen Minderheiten (vor al-
Regionalparlament der Picardie (deren des Jahres 2004 nichts geändert hat. Wer lem Yeziden und Christen) an.Insgesamt
Hauptstadt Amiens ist). Auch wenn der Minderheitenangehörige abschieben haben im Januar 2008 2.397 Personen
Vorsitzende der FN-Fraktion im Regional- will, der expediert sie vorsätzlich ins (Vormonat 1.265 Personen) Asyl bean-
parlament, Michel Guiniot, sich nach der
jüngsten Affäre im Prinzip distanzierte – er
Elend. tragt.
erklärte, er sei „dafür bekannt, dass ich Im Oktober 2007 haben sich UNMIK Hauptherkunftsländer im Januar 2008
systematisch Skinheads aus der Partei säu- und die provisorische Regierung des Ko- waren: Irak, Serbien, Türkei, Vietnam,
bere“, während die drei Polizisten Symbo- sovo auf ein Strategiepapier zur Integra- Russische Förderation, Libanon, Iran,
le und Sprüche der Skinheadbewegung tion von repatriierten Personen geeinigt. Syrien, Afghanistan und Nigeria.
benutzt hatten – so sind (oder waren??) Dieses Papier wird von Vielen als Bereit- Im Januar 2008 wurden neben den
die familiären und politischen Bindungen schaftserklärung des Kosovo verstanden, 2.397 Erstanträgen 659 Folgeanträge
des angeklagten Beamten in die Partei hi- die noch im Ausland lebenden Flüchtlin- beim Bundesamt für Migration und
nein offenkundig intensiv. Derselbe Chris-
tophe Lengelé soll, derselben Quelle zu- ge inklusive der Minderheitenangehöri- Flüchtlinge gestellt.
folge, ebenfalls Mitglied der rechtsextre- gen nach der Unabhängigkeit schnell Im Januar 2008 hat das Bundesamt
men Polizistengewerkschaft FPIP sein. aufzunehmen. Weder freiwillige Rück- über die Anträge von 2.146 Personen
Camus erinnert ferner daran, dass Mitglie- kehrer noch Abgeschobene werden mit (Vormonat: 1.990) entschieden.
der derselben Polizeigewerkschaft im Jahr wirksamer Unterstützung rechnen kön- Als Asylberechtigte anerkannt wurden
1988 an einer Serie rassistischer Anschlä- nen. Mittel für die Reintegration von 18 Personen (0,8 Prozent). Flüchtlings-
ge an der Côte d’Azur, die einen Toten so- Roma und Ashkali in die Kommunen schutz nach § 3 des Asylverfahrensge-
wie mehrere Verletzten forderten, teilge- setzes i.V.m. § 60 Abs. 1 des Aufent-
standen in den letzten Jahren nicht zur
nommen hätten. Die später, 1991, verur-
teilten und aus der Polizei hinausgeworfe- Verfügung. haltsgesetzes erhielten 611 Personen
nen Beamten gehörten damals der aktivis- PRO ASYL fordert die Innenminister (28,5 Prozent). Abgelehnt wurden die
tischen Neonazipartei PFNE (ungefähr des Bundes und der Länder auf, die Un- Anträge von 836 Personen (38,9 Pro-
vergleichbar mit der früheren deutschen abhängigkeit des Kosovo nicht zu inten- zent). Anderweitig erledigt (z.B. durch
FAP) an. Unter ihnen befand sich glatt der sivierten Abschiebungsbemühungen zu Verfahrenseinstellungen wegen Rück-
damalige Generalsekretär der Polizeige- nutzen. Keines der Probleme, das bislang nahme des Asylantrages) wurden die An-
werkschaft FPIP, Serge Lecanu. Später hat eine Rückkehr der Minderheiten in das träge von 641 Personen (29,9 Prozent).
die FPIP allerdings gar zu anrüchige Ele-
mente aus ihren Reihen entfernt. Bis zur jet-
Kosovo unmöglich machte, wird in eini- Bei 40 Personen (1,9 Prozent) hat das
zigen Affäre... gen Monaten gelöst sein. Bundesamt im Januar 2008 Abschie-
Nachdem die Affäre zu Anfang des Mo- Zu befürchten ist allerdings, dass die bungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 2,
nats aufgeflogen war, hatte etwa die poli- Innenminister die Haltung der kosovari- 3, 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes fest-
tisch moderate Polizeigewerkschaft FO schen Regierung mit verstärkten Ab- gestellt.
sich – ebenso wie die polizeiliche Hierar- schiebungen testen werden und dabei die Die Zahl der Personen, über deren
chie – beeilt, anzumerken, die drei Beam- Tatsache nutzen, dass UNMIK seine Anträge noch nicht entschieden wurde,
ten hätten bislang „gute Noten“ bei ihrer Kompetenzen im Repatriierungsbereich betrug Ende Januar 2008 12.031, darun-
Bewertung erhalten und seien nicht auffäl-
lig gewesen. BhS, Paris in den nächsten Monaten abgibt. Von den ter 8.661 aufgrund von Erstanträgen und
schätzungsweise etwa 100.000 Men- 3.370 durch Folgeanträge (Vormonat:

10 :antifaschistische nachrichten 4-2008


Das konservative französische Regierungs- Frankreich/Ausländerpolitik:
lager drückt mächtig auf die Tube, um den
Druck auf illegalisierte Einwanderer zu er- Erfolg im Kampf um „Legalisierung“
höhen. Mitte Februar 08 gab der Minister
„für Einwanderung und nationale Identi-
illegalisierter Lohnabhängiger
tät“, Brice Hortefeux, nun seine definitiven
Abschiebezahlen für das Jahr 2007 be- fällig freilich wurde kein einziger Verant- chen Arbeitsvertrag und ein Recht auf glei-
kannt: 24.000 „Entfernungsmaßnahmen“ wortlicher für die „menschenunwürdigen chen Lohn wie andere abhängig Beschäf-
wurden tatsächlich durchgeführt. Im Früh- Wohnbedingungen“ ermittelt, und das ent- tigte. Die CGT, als stärkste Gewerkschaft
sommer vergangenen Jahres hatte der sprechende Verfahren inzwischen über- in Frankreich, unterstützte den Arbeits-
frisch gewählte Präsident Nicolas Sarkozy haupt fallengelassen. Hingegen wurden an kampf aktiv. Aufgrund des Skandals, den
dem Inhaber des neu geschaffenen Postens die 120 Einwanderer, überwiegend aus den das öffentliche Ruchbarwerden der Ar-
eines „Immigrations und Identitäts“-Mi- westafrikanischen Ländern Senegal und beitsbedingungen - unter Ausnutzung der
nisters zur Aufgabe gesetzt, jährlich Mali, wegen mutmaßlich „illegalen“ Auf- „Illegalität“ des Aufenthalts der Betreffen-
125.000 Aufgriffe mutmaßlich „illegal“ enthalts festgenommen. 80 von ihnen wur- den in Frankreich - im Luxusrestaurants
sich im Lande aufhaltender Ausländer de in ein ‚Centre de rétention administrati- auslöste, forderte der Arbeitgeber seiner-
durchzuführen und 25.000 „real durchge- ve’ (sinngemäß „Anstalt für administrative seits aktiv von den Ausländerbehörden die
führte“ Abschiebungen bis zum Jahresende Verwahrung“, ungefähre französische Ent- „Legalisierung“ seiner Köche ein. Haupt-
vorweisen zu können. sprechung zum deutschen Abschiebege- sache, dass die Dinge sich möglichst
Diese Sollziffer wurde also nicht ganz fängnis) gesteckt. Die Verwaltungsgerichte schnell wieder beruhigten… Resultat: Die
erreicht. Macht nichts, verkündete Pre- bestätigte für ungefähr die Hälfte von ih- Präfektur (Ausländerbehörde) „legalisier-
mierminister François Fillon daraufhin in nen die Verhängung der „administrativen te“ acht der neun streikenden Köche. Einer
einem Interview mit dem ‚Figaro‘ vom Verwahrung“ – zwecks Vorbereitung ihrer von ihnen, ein Staatsbürger der Côte
16./17. Februar frei von der Leber weg: Abschiebung –, hob die Maßnahme dage- d’Ivoire/Elfenbeinküste, blieb hingegen
Mit 24.000 durchgeführten Abschiebungen gen für die andere Hälfte auf. In den zweit- von der Maßnahme ausgeschlossen. Ihm
liegen wir für 2007 knapp unter der Marke, genannten Fällen waren die Richter/innen hielt die Ausländerbehörde vor, dass er sei-
also schlagen wir die eintausend fehlenden der Auffassung, die Bedingungen der „In- ne Arbeit am 4. Juli 2007 aufgenommen
„Zwangsentfernungen“ einfach im laufen- gewahrsam-Nehmung“ seien juristisch un- habe, während das Regierungsdekret, das
den Jahr mit drauf. Also sind für 2008 ins- korrekt gewesen. die „ausnahmsweise Legalisierung“ von
gesamt 26.000 „tatsächlich durchgeführte Das Wohnheim weist auch heute noch Arbeitskräften in „Mangelberufen“ und „-
Abschiebungen“ einzuplanen. (Vgl. die Spuren der Verwüstungen auf, die der sektoren“ erlaubt, drei Tage zuvor in Kraft
http://www.lemonde.fr/web/depe- massive Polizeieinsatz angerichtet hat, mit getreten sei. Daher sei er zu spät eingestellt
ches/0,14-0,39-34328499@7-37,0.html) dem Eintreten und Aufbrechen von Türen worden. Der Betreffende verlor dadurch
Auch viele Polizisten beklagen sich in- und ähnlichen Methoden. (Vgl. http://pa- gleichzeitig auch seine Arbeit, da seine „il-
zwischen über den unmenschlich werden- ris.indymedia.org/article.php3?id_arti- legale“ Situation nun auch offiziell bekannt
den Druck, der auf ihnen selbst laste, um cle=95268) Zwei Mal – am Abend des 13. ist und der Arbeitgeber ihn - unter Andro-
solche Vorgaben überhaupt noch erfüllen Februar sowie am Nachmittag des Sonntag, hung von Strafen - nicht weiterbeschäfti-
zu können. Immer verrücktere Dinge lässt 17. Februar – fanden Protestkundgebungen gen darf.
sich die polizeiliche Hierarchie daher ein- der Einwohner sowie mit ihnen solidari- Solidaritätsinitiativen sprachen von ei-
fallen, um an ihre Sollzahlen heranrücken scher Personen vor dem Wohnheim statt. ner wichtigen „Bresche“, da Tausende, po-
zu können. Noch vor dem Morgengrauen Unterdessen konnten Solidaritätskräfte, tenziell Zehntausende Lohnabhängige sich
des Dienstag, 12. Februar wurde so ein unter ihnen in diesem Falle die Gewerk- in einer vergleichbaren Situation befänden
Einwandererwohnheim im 13. Pariser Be- schaften und insbesondere die CGT, am wie die Köche des Restaurants ‚La Grande
zirk, in der rue Terre-du-Curé (im Süden Dienstag voriger Woche einen wichtigen Armée‘. Nunmehr müsse hinreichend
der französischen Hauptstadt), durch ein Erfolg im Kampf der „illegalisierten“ Druck entfaltet werden, um eine kollektive
Großaufgebot von 400 Polizisten umstellt. Lohnabhängigen verbuchen. Seit einer „Legalisierungs“welle loszutreten. Hinge-
Um 5 Uhr früh fingen die Beamten an, das Woche waren neun, überwiegend afrikani- gen kochte der Apparat der CGT den Er-
Wohnheim durchzukämmen. Rechtlicher sche und „illegal“ als Einwanderer in folg alsbald herunter und mochte von einer
Vorwand? Ein staatsanwaltliches Ermitt- Frankreich lebende, Köche des Luxusres- solchen gezielten Kampagne eher nichts
lungsverfahren gegen Personen, die für taurants ‚La Grande Armée‘ im 16. Pariser wissen: Nunmehr sei es vorrangig, dass
„menschenunwürdige Unterbringungsbe- Bezirk – einem großbürgerlicher Nobel- die „illegalisierten“ Beschäftigten sich ge-
dingungen“ und eine Überbelegung des viertel – im Streik gewesen. Sie forderten werkschaftlich organisierten.
Wohnheims verantwortlich seien. Rein zu- gültige Aufenthaltspapiere, einen schriftli- Bernhard Schmid, Paris ■

Mysteriöser Tod eines kur-


10.926 anhängige Verfahren, davon die Erteilung einer dauerhaften Aufent-
7.716 Erst- und 3.210 Folgeanträge). haltserlaubnis zu prüfen, berichteten bel- dischen Politikers – Sorge
Quelle: bmi@newsletter.bund.de ■ gische Medien am Mittwochmorgen. um verschleppten kurdi-
Die 162 Einwanderer hatten Anfang schen Musiker
Hungerstreik von Januar ein leer stehendes öffentliches
Gebäude in Brüssel besetzt und die Nah- Syrien. Nach dem mysteriösen Tod eines
Flüchtlingen in Belgien rungsaufnahme verweigert, um eine Auf- ehemaligen kurdischen Parlamentariers
nach 50 Tagen beendet enthaltserlaubnis zu erwirken. Es handelt in Syrien hat die Gesellschaft für bedroh-
Brüssel. Nach 50 Tagen Hungerstreik sich um rund 50 Nordafrikaner, je 30 te Völker (GfbV) die syrische Regierung
haben 162 illegal in Belgien lebende Kurden und Ecuadorianer, etwa zehn am Mittwoch aufgefordert, das Schicksal
Flüchtlinge eine vorläufige Aufenthalts- Flüchtlinge aus Mauretanien und kleine- des 61-Jährigen aufzuklären. Der zuvor
genehmigung für drei Monate erstritten. re Gruppen aus weiteren Ländern. wochenlang inhaftierte und schwer
Die Ausländerbehörde habe am Diens- Quelle: stefan.kessler@jesuiten- krank entlassene Osman Sulayman war
tagabend zugesagt, während dieser Zeit fluechtlingsdienst.de - 20.02.08 ■ am Dienstag gestorben. Kurdische Men-

: antifaschistische nachrichten 4-2008 11


schenrechtler in Aleppo vermuten, dass dem verlangen internationale Menschen- die Gemeinschaftsküche nicht mehr be-
schwere Folterungen in Haft die Todes- rechtsorganisationen, unter ihnen auch nutzen. Wir bekommen von der Heimlei-
ursache sind. die GfbV, ihre Wiedereinbürgerung. Den tung weder Seife noch Toilettenpapier,
Im November 2007 war Osman Sulay- syrischen Kurden werden die sprachli- obwohl sie verpflichtet wären, uns selbi-
man in Ain al-Arab (kurdisch: Kobani) in chen und kulturellen Minderheitenrechte ges auszuhändigen.
der Provinz Aleppo während einer fried- bis heute vorenthalten. Rund 150 Kurden 4. Unsere Schlafräume befinden sich in
lichen Kundgebung von Kurden gegen werden als politische Gefangene in syri- einem sehr schlechten Zustand. Es sind
den drohenden Einmarsch türkischer schen Haftanstalten festgehalten. Dort alte heruntergekommene Hütten, gebaut
Truppen in Irakisch-Kurdistan festge- sind Misshandlungen und Folter an der aus Karton und Faserplatten. In den Hüt-
nommen worden. Am 18. Januar 2008 Tagesordnung. ten riecht es muffig, weil die Wände ange-
wurde er unter falschem Namen in das Quelle: PRESSEERKLÄRUNG GfbV- schimmelt sind. Wir haben Angst, dass
al-Kendy Krankenhaus in Aleppo einge- Göttingen 20.02.2008 ■ sich das auch auf unsere Gesundheit aus-
liefert. Am 6. Februar wurden seine An- wirkt.
gehörigen aufgefordert, Sulayman aus Bewohner der Gemein- 5. In Katzhütte gibt es für uns keine Mög-
dem Gefängnis al-Muslemiye abzuho- lichkeit einen Deutschkurs zu besuchen
len. Sie brachten den bereits todkranken schaftsunterkunft Katzhütte bzw. anderweitig die deutsche Sprache zu
Familienvater wieder in ein Kranken- fordern Umzug erlernen. Deshalb sprechen die meisten
haus, wo er am 19. Februar starb. Er hin- Jena. In Jena wehren sich Flüchtlinge ge- von uns kein Wort deutsch. So brauchen
terlässt eine Frau und zwei Kinder. gen ihre Lebensbedingungen und rufen wir immer irgendjemanden, der uns die
Durch den Tod von Osman Sulayman dazu auf, sie in diesem Kampf zu unter- Briefe von der Ausländerbehörde oder
wächst die große Sorge der GfbV um den stützen: dem Doktor übersetzt.
herzkranken kurdischen Sänger Eli Tico. „Wir, die Bewohner der Gemein- 6. Seit Januar 2008 bekommen wir unsere
Er wurde am 17. Januar 2008 vom syri- schaftsunterkunft Katzhütte, bitten um Sozialhilfe nur noch in Form von Gut-
schen Geheimdienst in Aleppo festge- Solidarität und Unterstützung! Wir wollen scheinen ausgehändigt. Wir bekommen
nommen, nachdem er mit kurdischen in normalen Häusern wohnen und nicht in gar kein Bargeld mehr und die monatliche
Journalisten aus der Türkei gesprochen Baracken! Summe wird nicht auf einmal ausgezahlt.
hatte. Das Haus des Musikers wurde Wir, die Asylbewerber, die in dem Mit den Gutscheinen können wir nur in
durchsucht. Trotz verzweifelter Bemü- Flüchtlingsheim von Katzhütte leben, einem bestimmten Supermarkt Lebens-
hungen seiner Familie und zahlreicher möchten ihnen mitteilen, dass wir unter mittel einkaufen. Dieser Supermarkt ge-
Fans hat die syrische Regierung weder den äußerst miserablen Zuständen in un- hört der Tegut Kette an und ist einer der
bekannt gegeben, warum der 71-Jährige serem Flüchtlingsheim sehr leiden und teuersten Supermärkte von Deutschland,
verhaftet wurde, noch wo er festgehalten deshalb entschieden haben, auf verschie- so dass unsere Sozialhilfe meist nur für
wird. Es wird vermutet, dass er nach Da- dene Art und Weise zu protestieren, um eine Woche reicht.
maskus verschleppt worden ist. das Camp zu schließen aus den folgenden 7. Um uns aus Katzhütte weg zu bewegen,
Die GfbV hat sich an Außenminister Gründen: müssen wir einen Urlaubsschein bei der
Frank-Walter Steinmeier gewandt mit 1. Wir, das sind um die 35-40 Einzelper- Ausländerbehörde in Saalfeld beantragen.
dem Appell, sich für die umgehende sonen (jung und alt) und mehrere Famili- Das Zugticket, um nach Saalfeld zu fah-
Freilassung des kurdischen Künstlers en aus aller Welt, die völlig isoliert, ohne ren, müssen wir selber bezahlen. Da wir
einzusetzen. Eli Tico ist einer der be- jeglichen Kontakt zur deutschen Gesell- aber für die Gutscheine ausschließlich Le-
kanntesten kurdischen Sänger und einer schaft in einer Gemeinschaftsunterkunft bensmittel bekommen, haben wir kein
der erfolgreichsten Interpreten der klas- in Katzhütte leben. Geld für ein Zugticket.
sischen kurdischen Musik in der kurdi- Katzhütte ist ein kleines Dorf im Thürin- Das ist vor allem für die Familien mit
schen Bergregion Afrin im Nordwesten ger Wald, 1 Stunde 30 Minuten mit dem Kindern ein Problem, die mit den Kindern
Syriens. Zug entfernt von Saalfeld. öfter zu einem Arzt nach Saalfeld fahren
Die etwa zwei Millionen syrischen 2. Wir und unsere Kinder werden hier wie müssen.
Kurden, die in drei Regionen an der sy- Kriminelle behandelt, obwohl wir keine 8. Um uns zu duschen, müssen wir ca.
risch-türkischen Grenze die Mehrheit der sind. Wir leben wie in einem Gefängnis 300 Meter durch die Kälte laufen, so dass
Bevölkerung stellen, werden bis heute weggesperrt, nur weil wir Asylbewerber viele Kinder und alte Menschen kontinu-
auf diskriminiert oder unterdrückt. 1962 sind. ierlich krank sind. (Katzhütte befindet
wurde 200.000 von ihnen im Zuge der 3. Von 17.00 bis 8.00 stellt die Heimlei- sich in den Bergen, der Winter ist lang, die
massiven Arabisierungspolitik die syri- tung uns das warme Wasser für die Du- Temperaturen sind oft unter null Grad mit
sche Staatsbürgerschaft genommen. Seit- sche ab und nach 16.00 Uhr dürfen wir Schnee)
9.Wir leiden außerdem unter der Art und
WIR KÖNNEN SIE STOPPEN Weise, wie wir von der Heimleiterin be-
Kein Nazi-Aufmarsch in Lübeck! handelt werden. Sie schreit uns oft an und
Am 29. März wollen Mitglieder der NPD und andere Nazis wieder durch Lübeck marschieren. Als Anlass bestraft uns kollektiv, indem sie das Was-
soll der 66.Jahrestag der Bombardierung Lübecks durch die britische Luftwaffe herhalten. Das ist heuchle- ser in der Küche abstellt, den Kühl-
risch und zynisch! Es war das nationalsozialistische Deutschland, welches den 2. Weltkrieg verursachte und schrank oder den Elektroheizer konfis-
so Europa und die ganze Welt in Brand setzte. Die Geschichte mahnt uns, den Nazis heute rechtzeitig und ziert oder die Gemeinschaftsküche ab-
konsequent entgegenzutreten. Denn sie sitzen schon wieder in den Parlamenten und die Zahl ihrer Straf- und schließt.
Gewalttaten steigt stetig an. Wir wollen ein Ende von diesem Leben
Auch in diesem Jahr wollen wir wieder ein deutliches Zeichen setzen - für Demokratie und Toleranz, gegen
voller Schikanen und psychischer Folter!
Fremdenfeindlichkeit, Faschismus, Krieg und Geschichtsverdrehung. Gemeinsam mit tausenden von Men-
schen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher politischer, sozialer und kultureller Herkunft werden wir uns
Wir wollen in normalen Häusern leben
zu einer Kundgebung versammeln und so unseren Protest ausdrücken. und nicht in Baracken! Wir wollen dieses
Im Anschluss an die Kundgebung wollen wir gemeinsam versuchen, uns den Nazis in den Weg zu stellen. Im miserable Heim schließen! Wir rufen
Jahr 2006 ist uns dies in einer bunten Vielfalt der Bevölkerung gelungen. Wir konnten den Marsch der Na- Euch auf, uns zu unterstützen in unserem
zis stoppen und sie so aus der Innenstadt heraushalten. 2007 konnte ihre Kundgebung auf dem Kohlmarkt Kampf um unsere Würde! Wir bitten
verhindert werden. Kommt zahlreich zur antifaschistischen Kundgebung Euch um Eure Solidarität!
am 29. März 2008, 10 Uhr, Treffpunkt: Hauptbahnhof Die Bewohner der G.U. Katzhütte
Wer den Aufruf unterstützen will und weitere Informationen unter: www.wirkoennensiestoppen.de
The VOICE Refugee Forum Jena ■

12 :antifaschistische nachrichten 4-2008


Kindersoldaten Aktion Rote Hand will eine
brauchen Asyl
Berlin. Am „Red Hand Day“, dem 12.
Million rote Hände sammeln
Februar, protestieren Menschenrechts- UN: Deutschland verletzt Rechte ehemaliger Kinder-
und Flüchtlingsorganisationen gegen den
Missbrauch von Kindern als Soldaten. soldaten
Dazu erklärt die innenpolitische Spre- Berlin, 12. Februar 2008. Der ten in Deutschland nicht länger mit Fü-
cherin der Fraktion DIE LINKE., Ulla UN-Ausschuss für die Rechte des ßen zu treten“, fordert Willinger.
Jelpke: Kindes in Genf übt deutliche Kri- 250.000 Kindersoldaten weltweit
Seit sechs Jahren ist es durch die UN- tik am Umgang Deutschlands mit ehe-
Kinderrechtskonvention verboten, Kin- maligen Kindersoldaten. Darauf weisen In zwölf Ländern weltweit werden rund
der zum bewaffneten Kriegsdienst zu die Organisationen terre des hommes, 250.000 Kindersoldaten eingesetzt, da-
missbrauchen. Die Realität sieht aber an- Aktion Weißes Friedensband sowie die runter in Kolumbien, Kongo und Sri
ders aus: Über 250.000 Kindersoldaten Kindernothilfe aus dem Deutschen Lanka. Dort hat sich die Situation nach
müssen nach Angaben von Menschen- Bündnis Kindersoldaten in Berlin hin. Beendigung des Waffenstillstandes im
rechtsorganisationen in Armeen und Re- So kommt es vor allem in Asylverfah- Januar erneut zugespitzt und es ist mit ei-
bellengruppen die- ren immer ner verstärkten Rekrutierungspraxis aller
nen. Sie werden wieder zu beteiligten Kriegsparteien zu rechnen.
zum Morden ge- massiven „In diesem Bürgerkrieg werden Kinder
zwungen und wer- Kinder- seit Jahren als Soldaten missbraucht, und
den häufig genug rechtsverlet- zwar sowohl von den Rebellen als auch
selbst Opfer von zungen. von der singhalesischen Regierung
Soldaten. Weltweit selbst“, so Barbara Dünnweller, Kinder-
Die Bundesre- werden etwa rechtsexpertin der Kindernothilfe und
gierung sollte end- 250.000 Kin- Sprecherin im Bündnis Kindersoldaten.
lich ihren Hand- der als Sol- Massive Kinderrechts-Verletzungen
lungsbedarf einse- daten einge- in Sri Lanka
hen. setzt. Beson-
Die deutsche ders drama- Nach einem Bericht des UN-Sicherheits-
Asylpraxis muss tisch ist die rates liegt das Durchschnittsalter dieser
angepasst werden, Situation im Kinder in Sri Lanka bei 15 Jahren. „Die
um diesen unge- neu eskalie- Bundesregierung und ihre EU-Partner
heuerlichen Men- renden Bür- sollen sich in Gesprächen mit der singha-
schenrechtsverlet- gerkrieg in lesischen Regierung dafür einsetzen,
zungen entgegen- Sri Lanka. dass Kindersoldaten sofort freigelassen
zuwirken. Kinder- Die Aktion werden und die Verantwortlichen für die-
soldaten, denen die Rote Hand se Kinderrechtsverletzungen zur Re-
Flucht nach will im kom- chenschaft gezogen werden“, so Dünn-
Deutschland ge- menden Jahr weller.
lingt, wird das Asyl eine Ziel: eine Million rote Hände
bisher in den meis- Million rote
ten Fällen verwei- Hände gegen Heute, am 12. Februar, startet die Aktion
gert: Ihr Missbrauch zum Kriegsdienst den Einsatz von Kindersoldaten sam- Rote Hand, die bis zum 12. Februar 2009
sei nicht asylrelevant, so die Begrün- meln. weltweit eine Million rote Hände mit
dung. Das ist zynisch. Vor wenigen Tagen veröffentlichte der Unterschriften gegen den Einsatz von
Einen Abschiebeschutz erhalten sie UN-Ausschuss für die Rechte des Kin- Kindersoldaten sammeln und an die Ver-
meist nur auf Grundlage einer Duldung. des seine „Schlussbemerkungen“ zur einten Nationen übergeben möchte. Die
Doch mit dieser unsicheren Aufenthalts- deutschen Umsetzung des „Kindersolda- von Deutschland ausgehende Initiative
basis wird es den Kindern schwer ge- ten-Zusatzprotokolls“. „Diese Empfeh- unterstützen hierzulande terre des hom-
macht, ihre gravierenden Traumatisie- lungen sind eine Ohrfeige für die Bun- mes, Aktion Weißes Friedensband, die
rungen zu bewältigen. Was diese Kinder desregierung. Die Experten der Vereinten Kindernothilfe, Netzwerk Afrika
brauchen, sind ein kindgerechtes Asyl- Nationen kommen zu dem Schluss, dass Deutschland, Plan International
verfahren und umfassende Therapiean- die Rechte von Kindern im Asylverfah- Deutschland, World Vision Deutschland
gebote. ren in Deutschland massiv verletzt wer- sowie amnesty international. Der „Red
In diesem Zusammenhang ist es völlig den - selbst wenn sie als ehemalige Kin- Hand Day“ am 12. Februar erinnert an
unverständlich, dass die Bundesregie- dersoldaten Schlimmstes erlebt haben“, die Unterzeichnung des „Zusatzproto-
rung sich bis heute weigert, das Zusatz- sagt Ralf Willinger vom Kinderhilfswerk kolls Kindersoldaten“ zur UN-Kinder-
protokoll zur UN-Kinderrechtskonventi- terre des hommes, Sprecher des Deut- rechtskonvention am 12. Februar 2002.
on zu unterzeichnen. Dieses verbietet schen Bündnisses Kindersoldaten, einem Das katholische Hilfswerk Missio, ein
Rekrutierungen von unter 18-Jährigen. Bündnis aus 11 Nichtregierungsorgani- Mitglied des Deutschen Bündnisses Kin-
Die Bundeswehr selbst behält sich vor, sationen. Es sei skandalös, dass auch un- dersoldaten, wird am Nachmittag 30.000
bereits 17-Jährige zu rekrutieren. Wer begleitete Kinder und Jugendliche in Unterschriften gegen den Einsatz von
mit solch einem schlechten Beispiel vo- Deutschland immer wieder wochen- und Kindersoldaten an das Kanzleramt über-
rangeht, ist kein glaubwürdiger Akteur in monatelang in Abschiebehaft genommen geben. Sascha Decker,
der Menschenrechtspolitik. würden. „Wir appellieren an Kanzlerin Pressesprecher Kindernothilfe,
Ulla Jelpke, MdB Angela Merkel, diese beschämende Pra- Wolf-Christian Ramm, Pressesprecher
Innenpolitische Sprecherin xis zu beenden und die Rechte schwer terre des hommes,
Fraktion DIE LINKE ■ traumatisierter ehemaliger Kindersolda- Quelle: flucht mailing list ■

: antifaschistische nachrichten 4-2008 13


: neuerscheinungen, ankündigungen

„Die EU muß Welt- regimes werden in den Län- führe dazu, dass – ganz
macht werden“ (G. dern des Südens zunehmend im Sinne neoliberaler
Verheugen) als Imperialismus des Nor- Ideologie – das Kapital
dens erfahren, gegen den Wi- völlig frei schalten und
Es kommt selten vor, dass derstand mobilisiert wird.“ walten könne. Der
sich Autoren aus dem deut- (180) „Druck auf die Arbeits-
schen Wissenschaftsbetrieb Die Verletzungen des Völ- einkommen steigt und
kritisch mit der EU auseinan- kerrechts, beispielsweise bei deren Anteil am Volks-
dersetzen. Umso bemerkens- der Bombardierung Jugosla- einkommen sinkt (...).
werter ist die Schrift Konkur- wiens, seien „der friedlichen Entgegen neoliberalen
renz für das Empire. Die Zu- Entwicklung des Kontinents Versprechen führt dies
kunft der Europäischen Uni- nicht förderlich()“ gewesen aber nicht zu einem An-
on in der globalisierten Welt (22); sie werden aber nicht stieg der Beschäfti-
von Elmar Altvater und Birgit als konsequenter und sogar gung.“ (81) In diesem
Mahnkopf. Wer allerdings notwendiger Teil der EU- Prozess sei die EU „kei-
eine Auseinandersetzung mit Weltmachtpolitik gesehen, neswegs eine Getriebe-
dem Empire-Begriff von Mi- sondern als (gefährliche) Ab- ne der neoliberalen Globali- de. Daraus folgt die implizite
chael Hardt und Antonio Ne- weichung vom eigentlich sierung, sondern ein überaus Aufforderung an Linke, um
gri, die der Buchtitel andeu- möglichen richtigen Weg. mächtiger Liberalisierungs- die politische Ausrichtung
tet, erwartet, wird enttäuscht. Die Politik der USA wird als treiber“ (168). Woraus folgt, der EU zu ringen. Welches
Schade, denn eine Kritik an noch schärfer, ausgeprägter, dass niemand der stummen EU-Modell sich durchsetze,
deren ortlosem Empire bei brutaler dargestellt; die Auto- Macht der Marktmechanis- „ist Gegenstand immer wie-
gleichzeitiger Reflexion ihrer ren haben sich noch nicht men oder den Zwängen der der neuer Kompromissbil-
nützlicheren Denkanstöße gänzlich von dem Gedanken internationalen Konkurrenz dung zwischen unterschiedli-
bleibt aus. Empire wird hier einer europäischen Vasallen- auf Gedeih und Verderb aus- chen politischen und sozialen
erklärtermaßen synonym für schaft gegenüber den USA, geliefert ist, wie es im offi- Interessen – und gerade darin
die USA gebraucht. der die Argumentationen der ziellen Sprachlaut gern sug- bestehen ,Charme‘ und Chan-
Bezüglich der europäi- ‘80er Friedensbewegung geriert wird. ce des europäischen Projekts
schen Kolonialvergangenheit prägte, freigemacht. Altvater und Mahnkopf nicht zuletzt für linke Kräfte
und des Faschismus fragen Zu kurz kommt die Bedeu- sind Anhänger eines keyne- in Europa“ (117). Hier zeigt
die Autoren: „Wird sich diese tung der Erweiterung der EU sianisches Sozialstaatsmo- sich eine gewisse Ambivalenz
bedrückende Geschichte ei- auf die ost- und südosteuro- dells, das sie dem praktizier- in der Agumentation: Die
nes europäischen Imperialis- päischen Staaten, durch die ten Neoliberalismus als gang- präsentierten Fakten schreien
mus fortsetzen oder wieder- „ein Raum für geoökonomi- bare Alternative gegenüber- gleichsam nach einer radika-
holen?“ (16) Hierin kommt sche Expansion des Kapitals stellen. Eine „europäische() len Kritik an der EU, vor der
eine Auffassung zum Tragen, geöffnet, reguliert und nun Staatlichkeit“ brauche „wohl- die beiden Professoren dann
derzufolge die EU zwar auf auch gegen Konkurrenz von fahrtsstaatliche Regelungen“ doch zurückschrecken. Ein
dem Weg hin zu imperialisti- außen geschützt wird“ (33). (113). „Das Projekt (EU, F) Standpunkt, den die Autoren
schem Gebaren, dort aber Doch was bedeutet die Aus- ist in eine ernsthafte Legiti- mit dem Bekenntnis, „über-
noch nicht angekommen sei. dehnung der EU für die Bei- mationskrise geraten, weil es zeugte Europäer“ (14) zu
Dabei sagen EU-Politiker tretenden? Verschieben sich sich vornehmlich auf die Be- sein, unterstreichen. Zu fra-
durchaus deutlich, was sie die Gewichte innerhalb der seitigung von Markthemm- gen ist, inwieweit dieses
wollen, wie der oben zitierte EU? Innereuropäische Kon- nissen konzentriert.“ (115) „Projekt Europa“ überhaupt
Vizepräsident der EU-Kom- kurrenzen bleiben weitge- Die stete Ausweitung der dafür vorgesehen ist, den
mission (23). Gleichzeitig hend außen vor. Wie wirken weltweiten Produktion, und breiten Massen der Bevölke-
wird das militärische Vorge- sich Interessendivergenzen dies ist die zweite Zentralthe- rungen zu nützen oder ob es
hen der EU keineswegs aus- aus und welche Rolle spielt se des Buches, stößt an die nicht von vornherein zur
geblendet: „Die EU stellt sich das taktische Bündnis der Grenzen der natürlichen Res- Stärkung der europäischen
also als neuer Weltpolizist (in „Neulinge“ mit den USA sourcen und der Belastbarkeit Kapitalinteressen auf den
der Camouflage des ,Missio- beim Irak-Krieg? Zu kurz des Ökosystems Erde. Insbe- Weltmärkten, aber durchaus
nars‘) zur Herstellung von kommt auch – gerade wo es sondere die fossilen Energie- auch gegen die eigenen
Ordnung in zerrütteten Staa- eigentlich um die Rolle der träger stünden kurz vor dem Lohnabhängigen aufgebaut
ten, zur Sicherung des globa- EU in der Welt gehen sollte – Höhepunkt ihrer möglichen wurde. Wenn letzteres zuträ-
len Freihandels und der Ener- die Militarisierung, die nur Förderung – und dies bei fe, wäre eben eine viel radi-
gieversorgung, zur Durchset- knapp im Kapitel zu den Ver- nach wie vor steigendem Be- kalere Negation gefordert als
zung der Menschenrechte teilungsauseinandersetzungen darf. eine Kritik, die letztlich auf
oder gegen ,humanitäre Kata- um die Ölreserven dargestellt Altvater und Mahnkopf der Phänomenebene stehen
strophen‘ auf.“ (102) Der Ton wird. zeichnen ein kritisches Bild bleibt. F■
in den Außenbeziehungen, Als einen zentralen Kritik- der EU, wie sie sich heutzu-
vornehmlich gegenüber den punkt an der EU heben die tage präsentiert. Der Leser er- Elmar Altvater/Birgit
Staaten der „3. Welt“, ver- Autoren die Aufhebung so- fährt vieles, und es wird Mahnkopf: Konkurrenz für
schärfe sich, und „anstelle zialer Standards und Absiche- gründlich argumentiert. Zu das Empire. Die Zukunft
des Liedes vom friedlichen rungen innerhalb der EU- diskutieren wäre der Autoren der Europäischen Union in
und zivilisierenden Handel Mitgliedsländer hervor. Die Einschätzung der EU als an der globalisierten Welt,
rücken immer häufiger unver- Abschaffung gesetzlicher Re- und für sich richtungsoffenes Vlg. Westfälisches Dampf-
hohlene Drohungen“ (152). gulierungen des Marktes (die Projekt, welches zur Zeit von boot, Münster 2007, 304
„Die Folgen des Freihandels- sog. „negative Integration“) Neoliberalen dominiert wer- S., 24,90 Euro

14 antifaschistische nachrichten 4-2008


Le monde est à nous Stuttgarter Friedenspreis
19. April 2008 2007 an Agustín Aguayo:
Das „Le monde est à nous!“ im Berliner DVD erhältlich
Südosten – eine Institution? Ein musika- Der 35-jährige US-Soldat Agustín
lischer Hochgenuss? Ein Statement! Aguayo erhielt am 21. Dezember 2007
Seit nunmehr acht Jahren feiern junge den Stuttgarter Friedenspreis im Rahmen
Menschen inmitten von Nazi-Kiezen einer großen Friedensgala, die von den
ausgelassene Partys und trotzen dem AnStiftern alljährlich im Theaterhaus or-
rechten Mainstream. Das Konzert „Le ganisiert wird. Ab sofort ist bei der Deut-
monde est à nous!“ wird alljährlich von schen Friedensgesellschaft – Vereinigte
antifaschistischen Gruppen organisiert, KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK),
um ein Zeichen zu setzen und die Men- Partner der AnStifter und Mitträger der
schen im Bezirk zu ermutigen, das Maul Initiative Deserteur-Denkmal für Stutt-
aufzumachen. gart, eine DVD mit umfangreichen Mate-
Nach Jahren in Schöneweide ist das rialien dieses außergewöhnlichen
„Le monde est à nous!“ nach Köpenick Abends erhältlich. Inhalt:
ins ABC_rocks umgezogen – ebenso ein ● Der Audio-Mitschnitt der 2-stündigen
Brennpunkt rechter Aktivitäten: Hier ist Live-Übertragung vom Deutschland-
die NPD-Zentrale. Im Bellevue-Park funk;
werden alternative Jugendliche regelmä- ● „Niemand darf gegen sein Gewissen“,
Die neue Hinterland-Aus- ßig angepöbelt und verprügelt. „Deswe- ein Filmportrait (6 Minuten) von Jochen
gabe Nr. 7 ist am Start! gen machen wir unsere Konzerte da wo Faber über Agustin Aguayo;
sie nötig sind.“, sagt Tina Böhm vom An- ● Fotos der Gala;
Schwerpunkt: RASSISMUS tifaschistisches Bündnis Südost. Und ● die Laudatio von Andreas Zumach als
◗ Wie sterben Flüchtlinge in Griechen- weil es sich tatsächlich um Konzerte mit Booklet.
land? Anspruch handelt, geben wir jungen we- Aguayo verweigerte sich des erneuten
◗ Wie lustig ist das „Zigeunerleben“ niger bekannten Bands eine Chance. Einsatzes im Irak und floh am 2. Septem-
wirklich? Weil so ein Taschengeld ganz schön ber 2006 aus der Armee. Er hatte in den
◗ Warum versoffen 1.600 Karnickel dem knapp sein kann, sind die Eintrittspreise letzten drei Jahren vergeblich darum ge-
Ploetz sein Segelboot? nicht übertrieben. Wer früher kommt, kämpft, als Kriegsdienstverweigerer an-
◗ Warum ist Rassismus derart resistent? kann sogar sparen. Ansonsten gibt’s ‘ne erkannt und aus der Armee entlassen zu
◗ Was gibt es am Nationalstaat zu kriti- Tombola mit tollen Preisen, die natürlich werden. Mit seiner Flucht aus dem US-
sieren? nicht verraten werden. Und ein Cocktail Militär ist Agustín Aguayo der erste öf-
◗ Was ist eigentlich bei den Prekären so kann auch den frischesten April-Abend fentlich bekannte Fall eines in Deutsch-
los? zu einem früh-sommerlichen Erlebnis land stationierten US-Soldaten, der seine
www.hinterland-magazin.de machen. Ein Besuch beim ältesten Anti- Verlegung in den Irak verweigerte. Er
fa-Konzert der Stadt kann nur dringend stellte sich am 26. September in Fort Ir-
P.S. Für jedes neue Abo packen wir eine Rage- angeraten werden. Das „Le monde est à win, Kalifornien, der Armee. Auf Verlan-
Against-Abschiebung Compilation, oder die Hör- nous!“ ist eben doch eine Institution. gen seiner Einheit in Schweinfurt wurde
bildpräsentation „LH-588“, mit drauf.
http://www.rageagainstabschiebung.de/sam-
er am 3. Oktober nach Deutschland zu-
pler/sampler.html Doors Open 18 Uhr (Eintritt: bis 19 rückgebracht. Am 6. März 2007 wurde er
http://www.fluechtlingsrat-bayern.de/beitrag/arti- Uhr 2 Euro/ danach 4 Euro) im wegen „Desertion“ und „Verpassen der
cles/lh-588—-hoerbildpraesentation.html ABC_rocks in Berlin (Treptow-Köpe- Verlegung der Einheit“ zu einer Haftstra-
nick) Hirschgartenstraße 14 Nähe S- fe von acht Monaten verurteilt. Am 18.
Hinterland magazin, bayerischer flu- Bahnhof Hirschgarten (S7) und Tram- April 2007 wurde er aus der Haft entlas-
echtlingsrat, augsburgerstraße 23 Station Brandenburgplatz (Tram 60 sen. Am 10. Mai 2007 kehrte er in die
80337 muenchen, fon: 089-762234 und 61) USA zurück.
fax: 089-762236 Infos unter www.abso-berlin.tk Die DVD wird gegen Spende in Höhe
von mindestens 10 Euro abgegeben.
Um Verwaltungsaufwand zu sparen,
bittet die DFG-VK um Vorkasse: a)
Der Herausgabekreis und die Redaktion sind zu erreichen über:
GNN-Verlag, Venloer Str. 440, 50825 Köln Tel. 0221 / 21 16 58, Fax 0221 / 21 53 73. Umschlag an: DFG-VK, Haußmannstr.
email: antifanachrichten@netcologne.de, Internet: http://www.antifaschistische-nachrichten.de 6, 70188 Stuttgart. b) Überweisung:
Erscheint bei GNN, Verlagsges. m.b.H., Venloer Str. 440, 50825 Köln. V.i.S.d.P.: U. Bach pax an, Kontonummer 361349705,
Redaktion: Für Schleswig-Holstein, Hamburg: W. Siede, erreichbar über GNN-Verlag, Neuer Kamp 25, BLZ 60010070, „Spende DVD“
20359 Hamburg, Tel. 040 / 43 18 88 20. Für NRW, Hessen, Rheinland Pfalz, Saarland: U. Bach, (Adresse nicht vergessen).
GNN-Verlag Köln. Baden-Württemberg und Bayern über GNN-Süd, Stubaier Str. 2, 70327 Stuttgart, Tel.
0711 / 62 47 01. Für „Aus der faschistischen Presse“: J. Detjen c/o GNN Köln.
Erscheinungsweise: 14-täglich. Bezugspreis: Einzelheft 1,30 Euro.
Bestellungen sind zu richten an: GNN-Verlag, Venloer Str. 440, 50825 Köln. Sonderbestellungen sind Spendenkampagne
möglich, Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt.
Die antifaschistischen Nachrichten beruhen vor allen Dingen auf Mitteilungen von Initiativen. Soweit ein- Noch ist das Spendenziel von
zelne Artikel ausdrücklich in ihrer Herkunft gekennzeichnet sind, geben sie nicht unbedingt die Meinung 2000 Euro nicht erreicht!
der Redaktion wieder, die nicht alle bei ihr eingehenden Meldungen überprüfen kann. Bis jetzt wurden
Herausgabekreis der Antifaschistischen Nachrichten: Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AGR); Annelie Bun-
tenbach (Bündnis 90/Die Grünen); Rolf Burgard (VVN-BdA); Jörg Detjen (Verein für politische Bildung, linke Kritik und Kom-
1624 Euro gespendet.
munikation); Martin Dietzsch; Regina Girod (VVN - Bund der Antifaschisten); Dr. Christel Hartinger (Friedenszentrum e.V., Vielen Dank!
Leipzig); Hartmut-Meyer-Archiv bei der VVN - Bund der Antifaschisten NRW; Ulla Jelpke (MdB); Marion Bentin, Edith Berg- Spendenkonto: GNN-Verlag,
mann, Hannes Nuijen (Mitglieder des Vorstandes der Arbeitsgemeinschaft gegen Reaktion, Faschismus und Krieg–
Förderverein Antifaschistische Nachrichten); Kreisvereinigung Aachen VVN-BdA; AG Antifaschismus/ Antirassismus in
Postbank Köln, BLZ 370 100 50,
der PDS NRW; Angelo Lucifero (Landesleiter hbv in ver.di Thüringen); Kai Metzner (minuskel screen partner); Bernhard Kto.Nr. 10419507
Strasdeit; Volkmar Wölk.

: antifaschistische nachrichten 4-2008 15


: aus der faschistischen Presse
Integration“ und kommt zu dem Schluss,
dass die Wahlverluste der CDU in Hes-
Neue Serie – wie Auslän- Niederschmetterndes Wahl- sen und die Gewinne der SPD „auf einen
Umstand zurückzuführen sein, der in al-
derfeindlichkeit populär ergebnis für die Rechte len Kommentaren zur Hessenwahl un-
machen? Junge Freiheit Nr. 6/08 vom ausgesprochen blieb … Die Verluste der
Junge Freiheit Nr. 5/08 vom 1. Februar 2008 CDU mögen zum Teil mit der Wahlabsti-
25. Januar 2008 Das Wahlergebnis in Hessen und Nieder- nenz ihrer Stammwähler zu erklären
Unter dem Titel „Identität und Integrati- sachsen brachte nicht nur den Einzug der sein, die Kochs Wahlkampfstrategie als
on“ beginnt das Blatt eine neue Aufsatz- LINKEN in zwei weitere westdeutsche pure Bauernfängerei durchschauten.“
reihe, die sich mit der Frage „Sind wir Landesparlamente, die Ergebnisse von Die SPD habe ihre Stimmengewinne vor
bei uns noch zu Hause?“ befassen soll. Republikanern und NDP in Hessen und allem von Migranten mit deutscher
Als erster Autor befasst sich Götz Kubit- Niedersachsen machen keine Hoffnung. Staatsangehörigkeit, und daran sei Koch
schek mit der These, der Kampf gegen Herausgeber Dieter Stein kommentiert: schuld, der zugelassen habe, dass mehr
den „multikulturellen Traum“ sei das „Lafontaine, der durchaus auch als bo- als 50% der Eingebürgerten eine doppel-
Kernstück jeder konservativen Politik narpartistischer Chauvi den Nationalpo- te Staatsbürgerschaft haben. Das können
der letzten 20 Jahre, die jedoch damit im- pulisten geben kann, planiert das Terrain, nach dem bisherigen Rechtsstand in der
mer in der Defensive gelandet sei. auf dem die sozialpopulistische NPD Bundesrepublik im wesentlichen nur
„Dieses Verschweigen und Kaschieren glaubte, den Acker bestellen zu können. EU-Bürger oder aus Polen, Russland,
haben nicht wenige rechte Gruppierun- 1,5% in Niedersachsen und rund 0,9% in Ungarn und Rumänien Zugewanderte
gen als Grund für ihr Nischendasein an- Hessen – hinter den rechtskonservativen sein, die automatisch die deutsche
geführt … Der berühmte Tag X sollte der Republikanern – sind ein Debakel für die Staatsbürgerschaft erhalten, keinesfalls
Tag sein, auf den es sich vorzubereiten Rechtsausleger … Beim Blick in andere Migranten aus der Türkei. Die SPD hat
galt, sollte der Tag sein, an dem die Mas- europäische Staaten sieht man: Überall 210.000 Stimmen hinzugewonnen, da-
senmedien nicht mehr an der Gewalt ge- regen sich moderne, marktwirtschaftlich von, behauptet Hepp, seien 45.000 Stim-
gen Deutsche würden vorbei schreiben orientierte, national- oder rechtspopulis- men die der Migranten mit deutscher
können. Dieser Tag ist nun gekommen. tische Formationen, die sich sehen lassen Staatsbürgerschaft. Woher die anderen
Seit einigen Wochen füllen die brutalen können und etablierte Parteiensysteme Stimmen der SPD kommen, interessiert
Überfälle ausländischer Gewalttäter auf das Fürchten lehren. Nicht die Orientie- ihn nicht und er führt auch keinerlei Be-
hilflose Rentner und Schüler die Spalten rung am autochthonen Transferleistungs- leg dafür an, dass alle wahlberechtigten
der Zeitungen. Verblüfft stellen wir fest, empfänger prägt hier die Programmatik, Migranten SPD gewählt haben. Er be-
dass Dämme brechen … In der Wucht sondern am die Volkswirtschaft tragen- zeichnet sie als „Deutschländer“, eine
dieser Entladung liegt eine große Gefahr: den Mittelstand. Insofern ist es zu begrü- ekelhafte Herabwürdigung, wenn man
Wenn rechte Gruppierungen kein Mühl- ßen, dass es jetzt in Wien seitens der sich erinnert, dass eine gleichnamige
rad in die Strömung halten können, ver- FPÖ zu Einigungsbemühungen europäi- Würstchen-Marke existiert.
lieren sie ein Thema und gewinnen scher Rechtsparteien kam – ohne die
nichts dabei. Wohlgemerkt: Es geht nicht NPD. Die Deutschen müssen erst noch Rechenkunststück II
um publizistischen oder politischen Pro- ihre Hausaufgaben machen.“ Die einhei-
fit. Es geht darum, unsere deutsche Zu- mischen Arbeitslosen haben bei den Junge Freiheit Nr. 9/09 vom 22.2.2008
kunft zu sichern und Herr im Eigenen zu Landtagswahlen in großem Maße DIE Der Auftritt des türkischen Ministerprä-
bleiben, das heißt also: zu bestimmen, LINKE gewählt, der bundesrepublikani- sidenten Erdogan in Köln verführt Blatt-
nach welchen Gesetzen und Bildern und sche Mittelstand orientiert sich an der Autor Michael Paulwitz zu folgendem
Grundsätzen in unserem Land gelebt FDP und den Grünen – bislang hat keine kühnen Rechenkunststück: „Recep
wird und nach welchen nicht.“ rechte Partei dort Fuß fassen können. Tayyip Erdogan will einen Teil der
Der Aufsatz erschien vor den Wahlen Macht, in Deutschland und in Europa. Er
in Niedersachsen und Hessen, für das Rechenkunststück I will die Türkei zur europäischen Groß-
Blatt war offen, ob die Hetzkampagne macht erheben, die durch ihr schieres de-
des hessischen Ministerpräsidenten Junge Freiheit Nr. 8/08 vom 15.2.2008 mographisches Übergewicht die EU do-
Koch zieht oder nicht. Das Wahlergebnis in Hessen betrachtet miniert.“ Die Türkische Republik hat
Robert Hepp in der Serie „Identität und 70,6 Millionen Einwohner, die Bundes-
republik 82,4 Millionen Einwohner. Das
demographische Übergewicht liegt auf
BESTELLUNG: Hiermit bestelle ich … Stück pro Ausgabe (Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt) jeden Fall nicht in der Türkei. Aber Paul-
O Halbjahres-Abo, 13 Hefte 22 Euro witz geht es um anderes: „Deutschland
O Förder-Abo, 13 Hefte 27 Euro Erscheinungsweise: steht an einer Wegmarke. Gelingt es, in
14-täglich
O Jahres-Abo, 26 Hefte 44 Euro der Integrationspolitik von Sozialpäda-
O Förder-Abo, 26 Hefte 54 Euro gogik auf Staatsräson umzuschalten, die
O Schüler-Abo, 26 Hefte 28 Euro Assimilation der Einwanderer durchzu-
O Ich möchte Mitglied im Förderverein Antifaschistische Nachrichten werden. Der Verein unterstützt finanziell setzen und denen, die dazu nicht bereit
und politisch die Herausgabe der Antifaschistischen Nachrichten (Mindestjahresbeitrag 30,- Euro).
sind, die Tür zu weisen? Gelingt es, den
Einzugsermächtigung: Hiermit ermächtige ich den GNN-Verlag widerruflich, den Rechnungsbetrag zu Lasten
meines Kontos abzubuchen. (ansonsten gegen Rechnung)
EU-Beitritt der Türkei abzuwenden? Die
Antworten müssen jetzt gegeben werden,
Name: Adresse: selbst wenn dafür ein Ausnahmezustand
durchgestanden werden muss.“
Konto-Nr. / BLZ Genaue Bezeichnung des kontoführenden Kreditinstituts Wie dieser „Ausnahmezustand“ ausse-
hen soll, lässt Paulwitz im Dunkeln. Mit
Unterschrift dem bundesdeutschen Rechtsstaat und
GNN-Verlag, Venloer Str. 440, 50825 Köln, Tel. 0221 – 21 16 58, Fax 21 53 73, email: gnn-koeln@netcologne.de dem Grundgesetz der BRD hat das je-
Bankverbindung: Postbank Köln, BLZ 370 100 50, Kontonummer 10419507
denfalls nichts zu tun.
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16 :antifaschistische nachrichten 4-2008

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