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BUDDHISMEN UND IHRE

BEGRIFFSBESTIMMUNG
Buddhistische Begriffsanalyse


Buddhismen und ihre Begriffsbestimmung: Buddhistische Begriffsanalyse

von pamokkha (pamokkhala@gmail.com)

Version 1.4: 22.05.2018, Erstveröffentlichung am 13.04.2017

Alle Rechte vorbehalten, ©2018 München

Schlüsselbegriffe: Buddhismus; Buddha

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ii
„Auf korrekte Begriffe halten“

iii
INHALTSVERZEICHNIS
Inhaltsverzeichnis .................................................................................................. iv
Einleitung ............................................................................................................. 1
Homo buddhicus und Homo arahanticus ................................................................... 1
Ursprünglicher Buddhismus .................................................................................... 2
Frühbuddhismus .................................................................................................... 2
Konfessionsbuddhismus ......................................................................................... 3
Frühkonfessioneller Buddhismus ........................................................................... 3
Spätkonfessioneller Buddhismus ........................................................................... 4
Aufgeklärter Buddhismus ........................................................................................ 4
Postfaktischer Buddhismus ..................................................................................... 4
Buddhologie .......................................................................................................... 5
Anthropologischer Buddhismus ................................................................................ 5
Literaturverzeichnis ............................................................................................... 6

iv
EINLEITUNG
In diesem Aufsatz definiere ich grundlegende Begriffe für eine Betrachtung des Bud-
dhismus und seiner Rezeption im Westen. Ausgewählte Begriffe werden in späteren Auf-
sätzen ausführlicher besprochen.

HOMO BUDDHICUS UND HOMO ARAHANTICUS


Wenn sich der Buddhismus als soteriologische Lehre vom Erwachen versteht, so muss
er seinen Feststellungen ein Bild des erwachten Menschen (buddha) zugrunde legen. Erst
von so einem Menschenbild her, lässt sich buddhistisches Verhalten überhaupt verstehen.
Dieses Konzept, welches ich als Homo buddhicus bezeichne, hat zwingend normativen Cha-
rakter. Der Homo buddhicus ist ein axiomatisches System von Annahmen, die in ihrer
Gesamtheit die Grundlage des Buddhismus bilden. Gomez schreibt hierzu:

„[the Buddha’s awakening] represents the human experience around


which the religion would develop its practices and ideals. This was the
experience whereby Sakyamuni became an ‘Awakened One’ (buddha). His
disciples came to believe that all aspects of Buddhist doctrine and
practice flow from this experience of awakening (bodhi)”1.

Ich verstehe die Erleuchtungserfahrung ebenfalls als Ausgangspunkt der buddhisti-


schen Religion, vertrete allerdings nicht die Auffassung, dass alle Aspekte des Buddhismus
hieraus abzuleiten sind. Ich vertrete die Ansicht, dass der Außenaspekt der Erleuchtung –
und damit der Buddhismus als institutionalisierte Erleuchtung – durch seine konkrete Um-
gebung kausal determiniert ist.

Das Konzept des „Homo buddhicus“ umfasst die Erleuchtungserfahrung selbst plus
weitere Qualitäten eines Buddhas, wie zum Beispiel die zehn Kräfte des Tathagata nach
dem Mahasihanada-sutta. Homo arahanticus bezieht sich auf die Erleuchtungserfahrung
eines Nachfolgers (savaka) und ggf. weiteren Qualitäten, wie die abhinna usw.

Der Homo buddhicus hat aber gerade keine Außenaspekte, keine Form. Der Gotama
Buddha hat seinem Homo buddhicus Form gegeben im ursprünglichen Buddhismus.

1
(Gomez 1987, 355)
1
URSPRÜNGLICHER BUDDHISMUS
Mit der Bezeichnung „ursprünglicher Buddhismus“ verweise ich auf die Form, die sich
durch Lehre (dhamma) und Disziplin (vinaya) definiert, wie der Buddha seine Erleuch-
tungserfahrung in der Gemeinschaft der Ordinierten und Laien ausgedrückt und gelebt hat.
Der ursprüngliche Buddhismus ist meinem Verständnis nach verloren und nicht mehr re-
konstruierbar.

Diese Phase ist in ihrem Kern identisch mit der Lehrzeit des Gotama Buddha.

FRÜHBUDDHISMUS
Der Ehrwürdige Analayo postuliert die Nicht-Rekonstruierbarkeit eines ursprünglichen
Buddhismus ähnlich, wenn er schreibt:

„From an academic viewpoint it is not possible to reconstruct with


certainty what the historical Buddha said. Within the limits of the
source material at our disposal, however, the comparative study of the
early discourses takes us back as close as possible to the original
delivery of a particular teaching. This thereby offers a window onto
the earliest stages of Buddhis thought”2.

Ferner merkt er an, dass er Ausdrücke in seinen früheren Büchern wie „der Buddha
hat gesagt” ändern würde zu „der Buddha soll gesagt haben“.3

Die gleiche Ansicht vertritt Bhikkhu Bodhi:

„The suttas, along with their counterparts, thus constitute the most
ancient records of the Buddha’s teachings available to us; they are the
closest we can come to what the historical Buddha Gotama himself actu-
ally taught… For this reason, they constitute the common heritage of
the entire Buddhist tradition”4.

Ein Frühbuddhismus ist daher rekonstruierbar durch das wissenschaftliche Studium


buddhistischer Texte mit dem Ziel, einen Korpus frühbuddhistischer Texte zu definieren.
Ich unterscheide weiter in einen Frühbuddhismus im engeren Sinne und einen im weiteren
Sinne. Der Frühbuddhismus im engeren Sinne ist begrenzt durch die Lebenszeit des

2
(Analayo 2013, 5)
3
(Analayo 2013, 5)
4
(Bodhi 2005, ix)
2
Gotama Buddha. Die Phase des Frühbuddhismus ist gekennzeichnet durch eine Homoge-
nität des buddhistischen Sangha in doktrinären Fragen und endet im weiteren Sinne mit
Asoka oder kurz danach:

„the general consensus among scholars that sect formation in Bud-


dhism, with the possible exception of the Mahasanghika schism, happened
in the post-Asokan era”5

“The Sarvastivada and Theravada lineages must have separated ap-


proximately at the time of the Asoka missionary activities” 6.

Ein so rekonstruierter Frühbuddhismus ist aber zwingend nicht identisch mit dem ur-
sprünglichen Buddhismus, obwohl ich eine hohe Übereinstimmung annehme: „that it is
very likely that the bulk of the sayings in the EBTs [early Buddhist texts] that are attributed
to the Buddha were actually spoken by him”7. Gründe können sein, dass nicht auszuschlie-
ßen ist, dass die buddhistischen Texttraditionen gewisse Ideen und Praktiken des Gotama
Buddha nicht oder falsch übermittelt haben.

KONFESSIONSBUDDHISMUS
Unter Konfession verstehe ich Untergruppen innerhalb einer Religion - hier der Bud-
dhismus -, die sich in Lehre, Organisation oder Praxis von anderen Untergruppen unter-
scheiden. In dieser Phase des Buddhismus existiert demnach Dissens in Doktrin und Dis-
ziplin zwischen den Konfessionen und es entwickelt sich entsprechende Literatur, um die
eigene Lehrmeinung zu bekräftigen.

Frühkonfessioneller Buddhismus
Mit diesem Begriff beziehe ich mich auf die traditionell 18 Schulen, die auch unter dem
Begriff Hinayana zusammengefasst sind:

„Die früher beginnenden [Schulrichtungen] faßte eine ab dem ersten


Jahrhundert vor der Zeitenwende einsetzende Entwicklung unter der Be-
zeichnung Hinayana zusammen… Hier soll das Verwenden von ‚Hinayana‘ als
Oberbegriff andeuten, daß die ersten Schulen zwangsläufig aus der Per-
spektive einer jüngeren Tradition betrachtet werden… Die buddhistische

5
(Sujato und Brahmali 2015, 37)
6
(Sujato und Brahmali 2015, 40-41)
7
(Sujato und Brahmali 2015, 4)
3
Tradition spricht konventionell von den 18 oder 20 Schulen, die sich in
Indien in den ersten Jahrhunderten nach Gautama bildeten“ 8.

Spätkonfessioneller Buddhismus

„Ein Jahrhundert vor der Zeitenwende entstand aus den alten Schulen
die Bewegung des Mahayana, die den Buddhismus grundlegend verwandelte.
Inhaltliche und soziale Faktoren spielten dabei zusammen.“ 9

Spätkonfessioneller Buddhismus bezeichnet also das Mahayana, inklusiv Vajrayana


und Zen, und seine Literatur.

AUFGEKLÄRTER BUDDHISMUS
Das Ziel des aufgeklärten Buddhismus ist der Frühbuddhismus. Aufgeklärt nenne ich
ihn, weil er versucht, mit wissenschaftlichen Methoden, wie der historisch-kritischen Me-
thode, der Editionsphilologie mit Textkritik u. ä., dieses Ziel zu erreichen. Es geht hier also
explizit nicht darum, dass der Inhalt buddhistischer Texte in Einklang mit der (Natur-)Wis-
senschaft steht – dies vielleicht in Abgrenzung zum säkularen Buddhismus -, sondern da-
rum, ob die Textquelle überhaupt buddhistisch ist im Sinne des Frühbuddhismus.

POSTFAKTISCHER BUDDHISMUS
Hiermit bezeichne ich die Tatsache das bestimmte Aussagen zwar richtig sind inner-
halb einer buddhistischen Konfession, aber nicht richtig im Sinne eines aufgeklärten Früh-
buddhismus. Beispiele hierfür sind die theravadische Zuschreibung des Abhidhamma als
Buddhawort im engeren Sinn oder die Aussage der Gotama Buddha hätte buddhistisches
Tantra gelehrt.

Das Zuschreiben von Ideen zu Gotama Buddha ist nicht mit Sicherheit möglich, son-
dern bestenfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit. Das Aberkennen von Ideen ist jedoch mit-
tels Studium der Ideengeschichte, punktuell mit Sicherheit vorzunehmen.

Das falsche Zuschreiben von Ideen zu Gotama Buddha lehne ich nicht grundsätzlich
ab. Wichtig ist das Bewusstsein, dass eine entsprechende Aussage nur innerhalb einer
Konfession gültig ist, aber nicht für den Frühbuddhismus als Grundlage aller buddhistischen

8
(Zotz 1996, 58)
9
(Zotz 1996, 81)
4
Schulen.10 Ein falscher Kontext macht eine Aussage dementsprechend zum postfaktischen
Buddhismus.

Hiervon abzugrenzen sind Aussagen wie „Buddhismus lehrt die Einheit mit Gott“, die
weder auf konfessioneller noch auch frühbuddhistischer Ebene richtig sind. Solche Aussa-
getypen sind schlicht falsch und daher gar nicht mit Buddhismus zu bezeichnen.

Ein Aspekt, der ebenfalls nicht adressiert wird, ist, wie ist das eigene Verhältnis zu
buddhistischen Aussagen und Themen.

BUDDHOLOGIE
Mit dem Begriff ‚Buddhologe‘ bezeichne ich einen Akademiker, der sich wissenschaft-
lich mit dem Buddhismus auseinandersetzt. Diese Auseinandersetzung kann mittels ver-
schiedener Wissenschaftsdisziplinen, wie Anthropologie, Archäologie, Philologie usw., er-
folgen. Die Buddhologie ist daher eine Wissenschaft, die sich multiperspektivisch mit der
Geschichte und Gegenwart des Buddhismus befasst. Als Wissenschaft ist sie nicht an eine
Innenperspektive gebunden.

ANTHROPOLOGISCHER BUDDHISMUS
Hiermit bezeichne ich den Buddhismus der Menschen (ánthrōpos). Auf diese Weise ist
der anthropologische Buddhismus im Kern individualistisch. Es geht um die Praxis und das
Lehrverständnis eines Einzelnen im Kontext des Buddhismus.

Jedoch kann eine Zusammenfassung einzelner Menschen zu einem Aggregat vorge-


nommen werden. Mit einer Zunahme der Aggregatsgröße nimmt die Homogenität der
Gruppe ab. Als ein Beispiel soll ein Schüler von Ajahn Brahmvamso dienen. Dieser Schüler
hat seine eigene Praxis und Lehrverständnis, welches sich von Ajahn Brahm selber unter-
scheidet. Auf dieser ersten Ebene sieht er sich als zugehörig zur Schülergruppe rund um
Ajahn Brahm. Die nachfolgenden Gruppenzugehörigkeiten könnten sein: Gemeinschaft von
Ajahn Chah, thailändische Waldtradition, thailändischer Buddhismus.

Diese sozialen Gruppen sind gelebter Ausdruck des Buddhismus. Gleichzeitig sind sie
mehr oder weniger authentische Repräsentationen des Theravada, hier als Buchreligion
und Maßstab für Orthodoxie und Orthopraxie.

Verwandte Begriffe sind realexistierender Buddhismus, Kulturbuddhismus.

10
„Given that this early stage would have been the common starting point of the different Buddhist schools and
traditions”, zit. nach: (Analayo 2013, 5)
5
LITERATURVERZEICHNIS
Analayo. Perspectives on Satipatthana. Cambridge: Windhorse Publications, 2013.

Bodhi. In the Buddha's Words: an Anthology of Discourses from the Pali Canon. Boston:
Wisdom Publications, 2005.

Gomez, Luis O. "Buddhism in India." In The Encyclopedia of Religion: vol. 2, by Mircea


Eliade, 351-385. New York: Macmillan Publishing, 1987.

Sujato, and Brahmali. The Authenticity of the Early Buddhist Texts. Chroniker Press,
2015.

Zotz, Volker. Geschichte der buddhistischen Philosophie. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt
Taschenbuch Verlag, 1996.

6
Añño esa āvuso gatakassa maggo nāma
Der Pfad, Freund, ist anders für den, der ihn gegangen ist.

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