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Michael Fresenius
Michael Heck
Wolfgang Zink
Repetitorium
Intensivmedizin
Vorbereitung auf die Prüfung »Intensivmedizin«
123
Dr. Michael Fresenius
Marienhaus Klinikum Bendorf – Neuwied – Waldbreitbach, Neuwied
Springer Medizin
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Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne be-
sondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Marken-
schutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen.
Meiner Frau Stephanie und meinen Kindern Benedict, Antonia und Constance gewidmet
(Michael Fresenius)
Aus kaufmännischer Sicht ist die Intensivstation eine Station, die sehr hohe Kosten verursacht.
Aus Sicht des Patienten ist die Intensivstation diejenige Station, die über die Prognose hin-
sichtlich seines Überlebens entscheidet. Früher bestand die Intensivmedizin am ehesten aus
einer empirischen Therapie, die »aus dem Bauch heraus» gesteuert wurde. Mit der Jahrtau-
sendwende wurden immer mehr Konzepte propagiert, die auf großen prospektiven und ran-
domisierten Studien beruhten. Bei Patienten der Intensivstation wurde der Blutzuckerwert in
einem engen Bereich eingestellt, septische Patienten erhielten Hydrokortison und auch akti-
viertes Protein C. Die offensichtliche Evidenz für solche Therapiemaßnahmen konnte in
späteren Jahren jedoch nicht bestätigt werden, sodass manche von einem Pendeleffekt bei den
therapeutischen Optionen sprechen.
Wir erleben zurzeit die zunehmende Computerisierung und Automatisierung in der Intensiv-
medizin. Modernste Beatmungsgeräte versuchen, über Closed-loop-Mechanismen die kom-
plette Steuerung der Beatmung von der Intubation bis zur Extubation zu übernehmen. Bei der
Medikamentenverordnung und -verabreichung lässt sich über das Zwischenschalten von
Computersoftware und Barcode-Scannern die Fehlerrate drastisch reduzieren. Und auch der
Einsatz der Telemedizin in der Intensivtherapie rückt in greifbare Nähe, wobei in den USA
inzwischen bereits mehr als 8 % der Intensivbetten telemedizinisch betreut werden.
Auch die fünfte Auflage ist ein sehr gut gelungenes Werk. Ich wünsche dieser Auflage eine
weite Verbreitung.
Im dreijährigen Zeitraum zwischen der Vorauflage und dieser aktuellen, 5. Auflage wurden
im intensivmedizinischen Bereich zahlreiche neue Therapiekonzepte und Wirksubstanzen
eingeführt, die bei der kompletten Überarbeitung unseres Repetitorium Intensivmedizin be-
rücksichtigt wurden.
Dabei wurde, wie in der Vergangenheit, bei der Erstellung der Neuauflage auf »Evidence-
based medicine»-Aspekte besonderen Wert gelegt und viele, neue Therapieempfehlungen,
Tabellen und Algorithmen eingefügt.
Das erfolgreiche Konzept unserer Repetitorien – nämlich die Darstellung von ausgewähltem,
knapp formuliertem, aktuellem intensivmedizinischem Wissen – haben wir beibehalten.
Bei der Neuauflage unseres Werkes sind zahlreiche neue Leitlinien und Empfehlungen der
nationalen und internationalen Fachgesellschaften eingeflossen: die deutsche und amerikani-
sche Leitlinie zur Therapie der Sepsis aus dem Jahr 2012 sowie die amerikanische Leitlinie für
Analgesie, Sedierung und Delir-Management aus dem Jahr 2013, die deutsche S3-Leitlinie zur
Therapie der Pneumonie, die ESCMID-Empfehlungen aus dem Jahr 2013 für die Therapie
von Pilzinfektionen, aktuelle Empfehlungen zur Behandlung der Clostridium-difficile-asso-
ziierten Diarrhö, die Leitlinien zur postoperativen Überwachung herzchirurgischer Patienten
oder das Konzept des Patient-Blood-Managements, das in den letzten Jahren auch für den
Intensivmediziner zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Des Weiteren wurden beispielsweise die neue Definition des ARDS (Berlin-Definition) und
die modernen lungenprotektiven Beatmungskonzepte zur Hochfrequenzbeatmung (OSCAR-
und OCILLATE-Studie), zur kinetischen Therapie (Proseva-Studie) und zur ultraprotektiven
Beatmung (Xtravent-Studie) einschließlich neuerer Beatmungsformen wie »neuronally ad-
justed ventilatory assist» (NAVA) besprochen. Die neuste Einteilung der Paul-Ehrlich-Gesell-
schaft für multiresistente Erreger (3/4-MRGN-Einteilung) und die daraus abzuleitenden Iso-
lierungsmaßnahmen finden sich nun auch in dieser Auflage. Die gegenwärtigen Empfehlun-
gen zur Therapie des akuten Koronarsyndroms, des akuten Schlaganfalls und der subarach-
noidalen Blutung wurden in der vorliegenden Neuauflage ebenfalls in detaillierter Form
abgehandelt.
Eine Vielzahl von neuen, in die Intensivmedizin eingeführten Substanzen finden sich neu in
dieser Auflage: die Antibiotika Ceftarolin (Zinforo), Fidaxomicin (Dificlir), Rifaximicin
(Xifaxan) oder die neuen Substanzen zur plasmatischen und thrombozytären Gerinnungs-
hemmung wie z. B. Dabigatran (Pradaxa), Apixaban (Eliquis) oder Prasugrel (Efient) und
Ticagrelor (Brilique). Dosierungsempfehlungen »alter», uns schon lange bekannter Substan-
zen wie z. B. Colistin oder Tigecyclin sind aktualisiert.
Wir hoffen, damit auch in Zukunft den Erwartungen unserer anspruchsvollen Leser und
Prüfungskandidatinnen/en mit diesem Werk zu entsprechen.
VIII Vorwort zur 5. Auflage
Für die zahlreichen, konstruktiven Hinweise zur Verbesserung der vorangegangenen Auflagen
des »Repetitorium Intensivmedizin» möchten wir uns bei den Lesern sehr herzlich bedanken
und freuen uns weiterhin über ihre Anregungen und Kritiken.
Sehr herzlich gedankt sei Frau Dr. Anna Krätz und Frau Ursula Illig vom Springer-Verlag in
Heidelberg für ihre ausgezeichnete Lektoratsbetreuung und ihre beispiellose und stete Unter-
stützung bei der Realisierung unserer Buchreihe der Repetitorien.
Besonderer Dank gilt unseren Familien für ihre Rücksicht und unermessliche Geduld während
der vielen Stunden, die wir sie während der Erstellung dieses Buches vernachlässigt haben.
Inhaltsverzeichnis
2 Monitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
W. Zink
2.1 Allgemeine klinische Überwachungsmethoden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.2 Basismonitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
2.3 Postoperatives Standardmonitoring für (kardiochirurgische) Intensivpatienten . . . 18
2.4 EKG-Monitoring. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
2.5 Pulsoxymetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
2.6 Blutdruckmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.7 Blutgasanalyse (BGA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.8 In- und exspiratorisches Gasmonitoring . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.9 Zentraler Venendruck (ZVD) – zentraler Venenkatheter (ZVK) . . . . . . . . . . . . . . . 28
2.10 Messung des Herzzeitvolumens (HZV; CO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
2.11 Echokardiographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
2.12 Körpertemperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
2.13 Urinausscheidung (Blasenkatheter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
2.14 Überwachung der Leberfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
2.15 Neuromonitoring. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
2.16 Neuronenspezifische Enolase (NSE). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
6 Ernährungstherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133
M. Fresenius
6.1 Patientensituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
6.2 Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134
6.3 Parenterale Ernährung (PE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
6.4 Enterale Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
II Infektiologie
11 Antibiotika und Antimykotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219
M. Fresenius
11.1 Bakteriologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220
11.2 Antibiotika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221
XI
Inhaltsverzeichnis
13 Pneumonie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277
M. Fresenius
13.1 Bakterielle Pneumonien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278
13.2 Virale Pneumonien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290
17 Lebererkrankungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357
W. Zink
17.1 Pathophysiologie von Leberfunktionsstörungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 358
17.2 Akutes Leberversagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361
17.3 Hepatorenales Syndrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363
17.4 Leberersatzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366
18 Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371
W. Zink
18.1 Akute Pankreatitis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 372
20 Stressulkus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405
W. Zink
20.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406
20.2 Ulkusprophylaxe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407
20.3 Ulkustherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411
21 Intoxikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415
M. Fresenius
21.1 Allgemeine Therapiemaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416
21.2 Spezielle Intoxikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417
21.3 Wichtige Kontaktdaten von Informationszentralen für Vergiftungsfälle . . . . . . . . . 429
25 Lungenembolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483
W. Zink
25.1 Thromboembolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 484
25.2 Luftembolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492
25.3 Fettembolie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494
30 Herzinsuffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535
W. Zink
30.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536
30.2 Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540
34 Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 575
W. Zink
34.1 Hypovolämischer Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 576
34.2 Kardiogener Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579
34.3 Septischer Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584
34.4 Anaphylaktischer Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584
34.5 Neurogener Schock . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 587
IV Physiologie
37 Blutgerinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629
M. Fresenius
37.1 Hämostase (Gerinnung, Gerinnungshemmung und Fibrinolyse) . . . . . . . . . . . . . . 630
37.2 Hämorrhagische Diathesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 650
37.3 Akute perioperative und intensivmedizinische Blutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 661
38 Nachschlageteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 667
M. Fresenius, W. Zink
38.1 Dosierung von parenteralen Antibiotika (nach Thalhammer, »Wiener Liste«) . . . . . 668
38.2 Score-Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 669
38.3 Evidenzgrade . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674
Serviceteil
A.1 Umrechnungstabellen für Laborwerte – Normalwerte (SI-Einheiten) . . . . . . . 676
A.2 Umrechnungstabellen für sonstige Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 680
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 682
XV
Abkürzungsverzeichnis
Allgemeine intensiv-
medizinische Themen
Kapitel 1 Tracheotomie und Bronchoskopie –3
W. Zink
Kapitel 2 Monitoring – 17
W. Zink
Tracheotomie
und Bronchoskopie
W. Zink
1.1 Tracheotomie –4
1.2 Bronchoskopie – 10
Ausgewählte Literatur – 16
. Abb. 1.2 Einführen des Seldinger-Drahts und Vordilata- . Abb. 1.3 Einschritt-Dilatationstechnik nach Ciaglia (hier:
tion. (Aus Klemm u. Nowak (Hrsg.) Kompendium der BlueRhino). (Aus Klemm u. Nowak (Hrsg.) Kompendium der
Tracheotomie, Springer 2012) Tracheotomie, Springer 2012)
4 danach Einführen der Trachealkanüle mit beschichtetem und gebogenem Dilatator bis
Hilfe eines passenden Obturators über den zur aufgedruckten Markierung (. Abb. 1.3)
Seldinger-Draht 4 Einbringen der Trachealkanüle über die im Set
4 bronchoskopische Lagekontrolle der Tracheal- befindlichen Obturatoren in Seldinger-Technik
kanüle vor Konnektion an Respirator 4 Ciaglia BlueDolphin: Einbringen eines modifi-
zierten Dilatators, der am distalen Ende einen
! Verletzung des Ringknorpels mit konseku-
Ballon zur Dilatation trägt und an dessen pro-
tiver Destruktion bei zu hoher Punktion;
ximalem Ende bereits die Trachealkanüle auf-
Verletzung der Trachealhinterwand; Fraktur
geladen ist, dann Inflation mit Kochsalzlösung
von Knorpelspangen!
über eine Druckspritze mit integriertem
Manometer (11 bar für 10–20 s!) o zirkuläre
Modifikationen der Ciaglia-Technik Dilatation von Weichteilen und Trachea. Nach
(Einschrittdilatation) Evakuation der Flüssigkeit aus dem Ballon Ein-
4 hierzu gehören: Ciaglia BlueRhino, UltraPerc, bringen der Trachealkanüle in einem Schritt
Ciaglia BlueDolphin (. Abb. 1.4).
4 Einbringen des Bronchoskops und Zurück-
! Verletzung des Ringknorpels mit konseku-
ziehen des Tubus (Cuff kurz unter Stimmband-
tiver Destruktion bei zu hoher Punktion;
ebene!)
Verletzung der Trachealhinterwand; Fraktur
4 mittige Punktion des Lig. anulare zwischen 2.
von Knorpelspangen!
und 3. (1.–4.) Trachaealspange unter fiber-
optischer Kontrolle
4 Aspiration von Luft (. Abb. 1.1) Schraubtechnik nach Frova
4 Vorschieben eines Seldinger-Drahtes unter 4 Einbringen des Bronchoskops und Zurück-
fiberoptischer Kontrolle in Richtung Carina ziehen des Tubus (Cuff kurz unter Stimmband-
(. Abb. 1.2) ebene!)
4 horizontale Hautinzision links- und rechts des 4 mittige Punktion des Lig. anulare zwischen 2.
Drahts (ca. 1,5–2 cm; alternativ: Hautschnitt und 3. (1.–4.) Trachealspange unter fiber-
vor Punktion) optischer Kontrolle
4 Vordilatation der Punktionsstelle mit einem 4 Aspiration von Luft (. Abb. 1.1)
kleinen Dilatator 4 Vorschieben eines Seldinger-Drahtes unter
4 Ciaglia BlueDolphin/Ultraperc: einmalige fiberoptischer Kontrolle in Richtung Carina
Dilatation mit konisch zulaufendem, hydrophil (. Abb. 1.2)
1.1 · Tracheotomie
7 1
Translaryngeale Durchzugs-
1 tracheostomie nach Fantoni
4 Einbringen des Bronchoskops und Zurück-
ziehen des Tubus (Cuff entblocken!)
4 ggf. antiseptische Mundspülung
4 mittige Punktion des Lig. anulare zwischen
2. und 3. (1.–4.) Trachaealspange unter fiber-
optische Kontrolle
4 Aspiration von Luft
4 Vorschieben eines Seldinger-Drahtes unter
fiberoptische Kontrolle nach kranial am ent-
blockten Cuff vorbei in die Mundhöhle
(. Abb. 1.7a)
4 nach transoraler Ausleitung des Drahtes Fixie-
rung eines konisch zulaufenden Spezialtubus;
Anbringen eines Haltegriffs an das distale
Ende des Drahts
4 Extubation des Patienten und evtl. Intubation
mit dünnem Hilfstubus zur Aufrechterhaltung
der Ventilation
4 Durchzug der Trachealkanüle nach außen
(Hypopharynx o Stimmbandebene o
Trachealvorderwand o umliegendes Weich-
teilgewebe), zwei Finger dienen als Gegenlager
(. Abb. 1.7a)
4 Abschneiden der ausgeleiteten Konusspitze des
Tubus
4 weiteres Herausziehen des Tubus mit leicht
geblocktem Cuff und simultanes Einbingen
eines Obturators, bis Kanüle senkrecht zur
Längsachse der Trachea steht (. Abb. 1.7b)
4 Wendemanöver: Drehung der Kanüle um 180°,
Absenken der Tubusspitze Richtung Carina
und Vorschieben
4 Vorteile der Durchzugstechnik: Kraftwirkung
von innen nach außen (im Gegensatz zu o. g. . Abb. 1.7a,b Durchführung der translaryngealen Tracheo-
Techniken) o Anwendung bei »weicher« tomie nach Fantoni: a Einlegen des Drahtes in den Tubus
Trachea unter bronchoskopischer Sicht und orales Ausleiten des
Drahtes. Nach Extubation Einlegen eines speziellen Beat-
mungstubus zur Aufrechterhaltung der Ventilation, Durch-
Sonderform: Minitracheostoma zug der konisch zulaufenden Trachealkanüle durch die
4 Punktion des Lig. cricothyroideum zwischen Trachealwand und das umliegende Gewebe von innen nach
Schild- und Ringknorpel wie bei klassischer außen (zwei Finger dienen als Gegenlager). b Herausziehen
Koniotomie des Tubus und Abschneiden der ausgeleiteten Konusspitze,
anschließend Vorschieben des Tubus von außen nach innen
4 Einbringen einer speziellen abgewinkelten und
unter Einsatz eines speziellen Obturators. (Aus Klemm und
verschließbaren 4-mm-Kanüle in Seldinger- Nowak (Hrsg.) Kompendium der Tracheotomie, Springer
Technik (. Abb. 1.8) 2012)
4 Fixierung mittels Trachealkanülenband bzw.
Annaht
1.1 · Tracheotomie
9 1
4 Patienten mit extremer Adipositas
4 Patienten mit Zustand nach Hirnschädigung
und anzunehmender längerer Rehabilitations-
phase
4 sonstiges: kalzifizierende Trachealspangen,
Patienten mit Hirndruck, vergrößerte Schild-
drüse
jIndikationen
1.2.2 Aufbau des flexiblen 4 Atemwegssicherung, z. B. fiberoptische
Fiberendoskops Wachintubation
4 selektive Materialentfernung
4 (1–)2 Lichtleitbündel (10.000–15.000 Fasern, 4 endotracheale und endobronchiale Befund-
10–30 μm), 1 Bildleitbündel (ca. 20.000 erhebung
Fasern, 7–10 μm) 4 fiberoptische Assistenz, z. B. bei Tracheoto-
4 1 Arbeitskanal mit unterschiedlichem Durch- mien
messer (1,2–3,2 mm) 4 diagnostische und therapeutische Interven-
4 2 Abwinkelungszüge (maximale Abwinkelung tionen: bronchotracheale Sekretentfernung
von 180° bzw. 130° zur anderen Seite) und -gewinnung, gezielte Applikation von
Medikamenten, etc.
. Tab. 1.1 Häufige diagnostische Indikationen für die fiberoptische Bronchoskopie bei Intensivpatienten
Apparente Aspiration bzw. nach prä- oder intra- Beurteilung der Schleimhaut (Lavage ist obsolet!)
hospitaler Notfallintubation:
– Nachweis/Ausschluss einer Aspiration
– Sicherung von aspiriertem Material
(pH-Bestimmung und Bakteriologie)
Nicht entfaltete Lunge nach Pneumothorax Ausschluss/Nachweis einer Obstruktion oder broncho-
pleuralen Fistel
* Die endobronchiale Sekretgewinnung hat eine Sensitivität von 73–100 % und eine Spezifität von nur 27–67 %!
Blutstillung bei Hämoptoe Applikation von eiskalter NaCl-Lösung, 1 ml (Nor-)Adrenalinlösung (1:10.000), xylo-
metazolinhaltige Lösung, Vasopressin, Fibrin; endobronchiale Blockade, Lasertherapie
Positionierung von Bronchus- Schutz der intakten Lunge vor Blutaspiration, Einlungenventilation
blockern/Univent-Tuben
Bei der Bedienung eines Bronchoskops sind bis zu 4 schwere Komplikationen treten in 0,5 % der
drei simultan auszuführende Manöver notwendig Fälle auf, z. B. Barotrauma mit Pneumothorax
(. Abb. 1.9): und/oder Mediastialemphysem, Hämoptoe,
4 achsengerechte Längsbewegung (Vor- und Hypoxämie, Hyperkapnie, Anstieg des intra-
Zurückziehen des Einführungsteils) zerebralen Drucks, Aspiration, Auslösung
4 Achsendrehung des gesamten Bronchoskops eines postbronchoskopischen SIRS bei Patien-
(nur bei gleichzeitiger Längsbewegung zur ten mit Pneumonie.
Vermeidung von Torsionskräften) 4 leichte Komplikationen in 0,8 % der Fälle, z. B.
4 Abwinkelung des distalen Einführungsteils Laryngo- und Bronchospasmus, Fieber, vaso-
(»Up«- oder »Down«-Bewegung in einer vagale Synkope, Erbrechen, Epistaxis
Ebene)
. Tab. 1.3 gibt einen Überblick über Störungen und
Komplikationen, welche auf der Durchführung der
1.2.6 Monitoring während Bronchoskopie beruhen.
der Bronchoskopie
Risikofaktoren für Komplikationen
4 Pulsoxymetrie
5 Erhöhtes Risiko
4 EKG
– PEEP >10 cmH2O
4 Blutdruckmessung (evtl. invasiv)
– Auto-PEEP >15 cmH2O
4 Registrierung des endexspiratorischen CO2
– manifeste Gerinnungsstörungen, PTT
mittels Kapnometrie/-graphie
>1,5-fach verlängert bzw. Therapie mit
4 engmaschige Überwachung der Beatmungs-
Antikoagulanzien
parameter bei beatmeten Patienten (PAW, AMV,
Beatmungsdrücke, FiO2). 6
1.2 · Bronchoskopie
13 1
Kreislauf MAP n(p), HF n(p), SVR np, PCWP n, PAP n, PVR n, CI n(p), Arrhythmien n, ST-Strecken-
veränderungen n, ANP n, MVO2 n
ZNS ICP n
Dauersog lobär-segmental Mikroatelektasen, PEEP p, V Tp, (VA p), FRC p, paOp, paCO2 n, Mukosaläsion bei starkem
Sog
Spontanatmung
– ohne Tubus (F)VC p, FEV1,0 p
– mit Tubus pAW n(p), PEEP n, Atemarbeit n
Linke Lunge
. Abb. 1.10a,b Bronchialbaum mit durchnummerierten Bronchialsegmenten. a Trachea, Haupt-, Lappen- und Segment-
bronchien. Der mittlere Trachealabschnitt wurde weggelassen, um den Paries membranaceus darzustellen. b Verzweigung
des Bronchialbaums unter bronchoskopischer Sicht. (Aus Larsen u. Ziegenfuss (Hrsg.) Beatmung, Springer 2013)
16 Kapitel 1 · Tracheotomie und Bronchoskopie
Monitoring
W. Zink
2.2 Basismonitoring – 18
2.4 EKG-Monitoring – 19
2.5 Pulsoxymetrie – 20
2.6 Blutdruckmessung – 21
2.11 Echokardiographie – 51
2.12 Körpertemperatur – 56
2.15 Neuromonitoring – 58
Ausgewählte Literatur – 62
. Abb. 2.1 Postoperatives Standardmonitoring für (kardiochirurgische) Intensivpatienten (S3-Leitlinie zur intensiv-
medizinischen Versorgung herzchirurgischer Patienten. (AWMF-Register 001/016: Hämodynamisches Monitoring und Herz-
Kreislauf )
2.4 · EKG-Monitoring
19 2
. Abb. 2.2 Indikationen für ein erweitertes hämodynamisches Monitoring (Algorithmus) (S3-Leitlinie zur intensiv-
medizinischen Versorgung herzchirurgischer Patienten. (AWMF-Register 001/016: Hämodynamisches Monitoring und Herz-
Kreislauf )
. Tab. 2.1 Korrelation zwischen paO2 und pulsoxymetrischer Sauerstoffsättigung beim Gesunden
. Tab. 2.2 Faktoren, die die Messung der pulsoxymetrischen Sauerstoffsättigung beeinflussen
Keine Beeinflussung der puls- Falsch-hohe Werte o tatsächliche Falsch niedrige Werte o tatsächliche
oxymetrischen Sättigungswerte Sättigung (SpO2) ist niedriger! Sättigung (SpO2) ist höher!
Roter und purpurner Nagellack Xenon- und Fluoreszenzlicht Farbiger Nagellack (blau, grün,
Hautfarbe MetHb bei Hypoxie (bei 5 % MetHb + schwarz) und Fingerabdrucktinte
HbF 1 % COHb o deutliche Überschät- Infrarot-Wärmelampen
Erhöhte COHb-Werte bis 14,5 % zung); unter Hypoxiebedingungen Infundierte Lipidlösungen und erhöhte
weder in Hypoxie noch in wird eine O2-Sättigung von 87,6 % Chylomikronenkonzentrationen
Normoxie am Gerät angezeigt, obwohl die Methylenblau (Absorptionsmaximum
Hyperbilirubinämie (Bilirubinab- tatsächliche partielle Sättigung nur bei 660 nm)
sorptionsmaximum bei 460 nm) 80 % und die mit dem CO-Oxymeter Indocyaningrün, Indigocarmin (Effekt
(Bilirubinabsorptionsbereich von gemessene aktuelle fraktionelle hält nur wenige Minuten an!)
350–550 nm) Sättigung* (SO2) nur 72,5 % beträgt MetHb-Werte (0,4–8,4 %) in Normoxie
(geringfügige Unterschätzung)
Onychomykose führt zu einem zu
niedrig (3–5 %) gemessenen Wert
Fehlermöglichkeiten
2.6 Blutdruckmessung 4 zu schmale Manschette/Manschette zu locker
angelegt o tendenziell falsch-hohe Werte
Die Blutdruckmessung stellt das Standardmonito- 4 zu breite Manschette o tendenziell falsch-
ring zur Überwachung der Kreislauffunktion dar. niedrige Werte
4 zu schnelles Ablassen des Manschettendrucks
(>3 mmHg/s) ofalsch-niedrige Werte
4 Hypotension, periphere Vasokonstriktion,
Schock
4 Herzrhythmusstörungen
22 Kapitel 2 · Monitoring
. Abb. 2.4a,b Druckkurvenverlauf. a Normale arterielle Druckkurve. Α Geringer Effekt der Beatmung auf die Druckamplitu-
de; B hoher dikroter Umschlagpunkt; C große Fläche unter der Kurve. b Arterielle Druckkurve bei Hypovolämie. A Starker Ef-
fekt der Beatmung auf die Druckamplitude (paradox); B niedriger dikroter Umschlagpunkt; C kleine Fläche unter der Kurve
4 Kohlendioxid CO2: Entstehung in den Mito- 4 wird aus dem pulmonalarteriellen Blut
chondrien als Endprodukt des aeroben Stoff- bestimmt (distaler Schenkel des Pulmonalis-
wechsels (pro 10 verbrauchten O2-Molekülen katheters)
entstehen 8 CO2-Moleküle) 4 diskontinuierliche (Blutgasanalyse) bzw. konti-
4 Diffusion im Gewebe entlang des Konzentra- nuierliche Messung (z. B. fiberoptisch mittels
tionsgefälles von intrazellulär nach Vigilance-Monitor, Fa. Edwards) möglich
26 Kapitel 2 · Monitoring
4 Messung mittels Glaselektrode aus Spezialglas, 4 die fraktionelle Sättigung (SO2) gibt den Anteil
welche für H+-Ionen durchlässig ist, und einer des oxygenierten Hämoglobins (HbO2) am
Ag/AgCl-Referenzelektrode; dazwischen KCl- Gesamthämoglobin an
Lösung und von außen eine angelegte Span- 4 bei normaler Bindung von O2 an das Hb er-
nung, die durch die eindringenden H+-Ionen reicht sie im arteriellen Blut ca. 96–97 %
verändert wird. 4 bei vermindertem O2-Bindungsvermögen,
4 Alternativ Messung mittels CO2-Elektrode mit d. h. in Anwesenheit von Dyshämoglobinen
dünner, nur für CO2 durchlässiger Teflon- (MetHb, COHb, SulfHb) und fetalem Hb,
membran, hinter der sich eine dünne Flüssig- werden entsprechend kleinere Werte erreicht
keitsschicht mit Bikarbonat befindet, welche
mit CO2 zu H2CO3 bzw. HCO3– + H+ reagiert. HbO 2
SO 2 =
Die H+-Ionenkonzentration ist proportional Hb + HbO 2 +COHb + MetHb +SulfHb
der CO2-Konzentration. Dyshämoglobine
4 Die Messung erfolgt bei 37°C (Korrektur auf
die tatsächliche Patiententemperatur erfolgt 4 normale Konzentrationen von Dyshämo-
bei entsprechender Eingabe automatisch durch globinen
das Gerät) 5 COHb: 0,5–1,5 %; bei Rauchern: 5 % (bis
4 Jedes °C Körpertemperatur <37°C erhöht den max. 10 %)
pH um 0,015! Ein pH von 7,40 bei 37°C ergibt 5 MetHb: 0,2–1,5 %
2.8 · In- und exspiratorisches Gasmonitoring
27 2
4 Beeinflussung der fraktionellen Sättigung 4 unverzichtbares Monitoring bei Niedrigfluss-
5 bei erhöhten Bilirubinwerten Messung narkosen (»low-flow«, »minimal-flow«)
falsch-niedriger SO2-Werte omit beiden
! Die Messung der inspiratorischen O2-Konzen-
oben genannten Geräten werden erhöhte
tration gewährleistet, dass dem Patienten
COHb-Werte registriert, welche auf einem
keine hypoxische O2-Konzentration zu-
falschen COHb-Anstieg auf den Boden
geführt wird, garantiert jedoch keine aus-
eines Spektralfehlers und einem echten
reichende arterielle Oxygenierung!
COHb-Anstieg infolge einer CO-Ent-
stehung beim Abbau von Hämoglobin zu
Bilirubin beruhen! 2.8.2 Kapnometrie (etCO2, petCO2)
4 Früh- und Neugeborene besitzen in den ersten
Lebensmonaten noch große Mengen an feta- Messprinzipien
lem Hämoglobin (HbF), das andere Absorp- 4 Messung als Partialdruckeinheit petCO2
tionsspektren als das Hämoglobin des Erwach- (mmHg) oder in Konzentrationseinheiten
senen aufweist o notwendige Korrektur der etCO2 (Vol.-%)
SO2-Werte bei kooxymetrischer Bestimmung 4 kontinuierliche Messung der endexspiratori-
der fraktionellen Sauerstoffsättigung! schen CO2-Konzentration (etCO2, petCO2)
4 Messung der inspiratorischen CO2-Konzentra-
tion (itCO2)
2.8 In- und exspiratorisches 4 Messung der endexspiratorischen CO2-Kon-
Gasmonitoring zentration auf der Basis der CO2-abhängigen
Absorption von Infrarotlicht (lineare Abhän-
2.8.1 Messung der inspiratorischen gigkeit von der Anzahl der CO2-Moleküle)
O2-Konzentration (FiO2) 4 Massenspektrometrie
4 Raman-Spektrometrie
Messprinzipien 4 Messung im Hauptstrom (Sensorkopf wird auf
4 elektrochemisch: 39°C zur Vermeidung von Wasserdampf-
5 galvanische Zelle (Bleianode und Gold- bildung aufgeheizt) bzw. im Nebenstrom
kathode in basischer Elektrolytlösung) (Absaugen einer tubusnahen Gasprobe von 60
– Brennstoffzelle: O2 + 4e– + 2 H2O o 4 OH– oder 200 ml/min, Anwendung frühestens bei
– Pb + 2 OH– o PbO + H2O + 2e– Säuglingen >5 kg)
5 polarographischer Sensor (Clark-Zelle: Pla- 4 Messgenauigkeit: ±2 mmHg im Bereich von
tin- und Silber(chlorid)-Elektroden), um- 40–60 mmHg
hüllt mit einer O2-durchlässigen Membran; 4 Normwerte
die angelegte äußere Spannung erfährt 5 petCO2 = 35–45 mmHg oder etCO2 =
abhängig von der O2-Konzentration eine 4,5–6 Vol.-%
Veränderung 5 AaDCO2 = alveoloarterielle CO2-Differenz
4 paramagnetisch: in einem inhomogenen 2–5 mmHg
Magnetfeld befindet sich eine Hantel mit
Spiegel, welche beim Umströmen mit Sauer- jIndikationen
stoff ausgelenkt wird (gelegentliche Überschät- 4 die Kapnometrie/-graphie ist ein wünschens-
zung der inspiratorischen Sauerstoffkonzentra- wertes Beatmungsmonitoring auf der Intensiv-
tion bis zu 15 %) station, insbesondere bei Patienten mit Hirn-
druck und pulmonalem Hypertonus
jIndikationen 4 zur Tubuslagekontrolle nach schwieriger
4 Detektion eines ungenügenden O2-Anteils im Intubation
Inspirationsschenkel 4 bei Patienten mit (maligner) Hyperthermie
4 Innerhospitaltransport
28 Kapitel 2 · Monitoring
Zirkulatorisch Erhöhtes HZV, Sepsis, erhöhte CO2-Auf- Erniedrigtes HZV (akute Hypotension, Hypo-
nahme peripher (z. B. bei Laparoskopie) volämie) Lungenembolie, Herzstillstand
Gerätebedingt Rückatmung (z. B. verbrauchter CO2- Leckage, Diskonnektion, Ausfall des Beatmungs-
Adsorber, defektes Exspirationsventil), geräts, Fehlmessung (O2-Kompensation)
Fehlmessung (N2O-Kompensation),
Patient presst gegen Beatmungsgerät
jAllgemeine Komplikationen
4 Blutung und Hämatome . Abb. 2.8 Kontrolle der korrekten Lage des Katheters mit
4 arterielle Punktion (Hämatom, Gefäßläsionen: Hilfe des Alphacard-Systems (Fa. Braun)
Dissektion, Aneurysma, arteriovenöse Fistel)
4 Luftembolie, Führungsdrahtembolie 4 sichere Methoden
4 Verletzung umliegender Strukturen (Nerven- 5 Druckmessung über Kanüle mit Druck-
schäden) kurve! (bes. bei Shunt-Kindern)
4 Perforation der Vene, besonders V. subclavia,
! Je großlumiger der einzuführende Katheter
oder des rechten Ventrikels
(z. B. »Schockkatheter«), desto wichtiger die
4 Pneumo-, Hämato-, Infusionsthorax
sichere intravenöse Lage!
4 Chylothorax bei Punktion der V. subclavia
links mit Verletzung des Ductus thoracicus
4 katheterassoziierte Infektion Kontrolle der Katheterlage
4 Venenthrombose 4 wichtig ist die richtige Lage in der V. cava
4 Katheterfehllage superior (1–2 cm vor rechtem Vorhof)
4 Herzrhythmusstörungen 4 intrakardiale Elektrokardiographie (Alpha-
card-System) (. Abb. 2.8): EKG-Kurvenverlauf
beim Vorschieben o normale p-Welle bei
2.9.1 Praktisches Vorgehen Lage in V. cava superior o hohe p-Welle bei
Lage in Vorhof, danach wieder ≈2 cm zurück-
4 Kopftieflage bei Punktion der zentralen Venen ziehen bis normale p-Welle im EKG
4 steriles Vorgehen – wenn möglich Verwen- 4 Thoraxröntgen (Lagekontrolle, Ausschluss von
dung von Ultraschall zur Lokalisation der zu Komplikationen)
punktierenden Vene
! Bis zur Bestätigung der korrekten Lage aus-
4 Kontrolle der intravasalen (intravenösen) Lage
schließlich isotone Lösungen infundieren!
4 Einführen eines Führungsdrahtes nach der
Seldinger-Technik
2.9.2 Zugangswege
Kontrolle der intravasalen Lage
4 unsichere Methoden V. jugularis interna
5 Blutfarbe 4 Vorpunktion mit kleiner Kanüle (22 G) emp-
5 Druck/Fluss an der Punktionskanüle fehlenswert (. Abb. 2.9)
5 Farbvergleich: arteriell-venös 4 mittlerer Zugang: Punktion in Höhe des
5 Blutgaskontrolle Schildknorpels, lateral der A. carotis;
2.9 · Zentraler Venendruck (ZVD) – zentraler Venenkatheter (ZVK)
31 2
. Abb. 2.9a–c Katheterisierung der V. jugularis interna. a Verlauf der V. jugularis interna, b Punktion der Vene mit der Kanüle,
c Vorschieben des Katheters durch die Kunststoffkanüle in die obere Hohlvene
. Abb. 2.10a–d Katheterisierung der V. subclavia. a Anatomische Fixpunkte zur Punktion der V. subclavia, b Punktion
der V. subclavia mit der Kunststoffkanüle, c Vorschieben des Katheters durch die Kunststoffkanüle in die obere Hohlvene,
d Fixierung des Katheters auf der Haut
. Abb. 2.12 Beziehung zwischen Herzzeitvolumen und globaler Sauerstoffversorgung. Das Herzzeitvolumen stellt eine
wichtige Determinante einer adäquaten zellulären Sauerstoffversorgung des Organismus dar
5 Globalherzversagen mit erniedrigtem HZV 4 PAK wird nach wie vor weltweit am häufigs-
5 Perikarderguss ten zur Bestimmung des HZV eingesetzt,
5 Spannungspneumothorax dennoch zunehmende Verbreitung weniger
5 PEEP invasiver Methoden zur HVZ-Bestimmung
(. Tab. 2.4)
> Bei Beatmung mit hohen PEEP-Werten
(> 10 mmHg) muss der gemessene ZVD-Wert
um ca. ein Drittel des PEEP-Wertes nach
2.10.2 Nichtkalibrierte
unten korrigiert werden; bei PEEP-Werten
Pulskonturanalyse
<10 mmHg ist dagegen in der klinischen Pra-
xis eine Korrektur nur selten erforderlich.
4 z. B. FloTrac-Sensor und Vigileo-Monitor
4 ZVD erniedrigt, z. B. bei (Fa. Edwards Lifesciences)
5 Hypovolämie 4 Pulskonturanalysesystem ohne externe
5 Schock Kalibration
5 hohes HZV
Messprinzip
4 Berechnung des Schlagvolumens aus dem Puls-
2.10 Messung des Herzzeitvolumens druck (Differenz zwischen systolischem und
(HZV; CO) diastolischem Blutdruck) und einer mathemati-
schen Analyse der arteriellen Druckkurve (zur
2.10.1 Physiologische Grundlagen Bestimmung der mechanischen Eigenschaften
der arteriellen Gefäße):
4 Herzzeitvolumen als wichtige Determinante
HZV = HF × σ AP × χ
einer adäquaten zellulären Sauerstoffversor-
gung des Organismus 5 HF: Herzfrequenz
4 adäquates Sauerstoffangebot (. Abb. 2.12) 5 σAP: Standardabweichung des arteriellen
4 inadäquates Sauerstoffangebot und daraus Blutdrucks, gemessen mit 100 Hz über 20 s
resultierende Sauerstoffschuld o eine der 5 χ: Konstante zur Quantifizierung von
Hauptursachen für erhöhte Morbidität und arteriellem Widerstand und Compliance
Mortalität bei Intensivpatienten 4 in Konstante χ fließen Patienteninformatio-
4 relevante Gewebshypoperfusion auch bei nen (Alter, Geschlecht, Größe, Gewicht) und
adäquatem mittlerem Blutdruck möglich o arterielle Kurvencharakteristika ein (mathe-
Monitoring des HZV zur Abschätzung des matische Analyse u. a. von Schiefe und Wöl-
globalen Sauerstoffangebots bung)
2.10 · Messung des Herzzeitvolumens (HZV; CO)
35 2
. Tab. 2.4 Übersicht über aktuelle minimalinvasive Techniken zur HZV-Messung. (Adaptiert nach Hofer et al. 2012)
Pulswellenanalyse
Doppler
Anwendung Fick-Prinzip
5 dPmax, CPI
. Tab. 2.5 Normalwerte der Vigileo-Messung
5 DO2,VO2, O2ER (in Kombination mit kon-
Herzfrequenz HF 60–80/min tinuierlicher Messung der SvO2)
2 Blutdruck RR 100–140 mmHg (syst.)
4 die Umformung der obigen Gleichung ergibt: Totaler Blutvolumenindex TBV 2500–3200 ml/m2
5 Vd = mtt × CO bzw. ITBV = mtt × CO Extravaskulärer Lungenwasser- 3,0–7,0 ml/kg
– EVLW = ITTV 4 ITBV index EVLWI
– EVLW: extravaskuläres Lungenwasser
Pulmonalvaskulärer Permeabi- 1,0–3,0
– ITTV: intrathorakales Thermovolumen litätsindex PVPI
– ITBV: intrathorakales Blutvolumen
Kardialer Funktionsindex CFI 4,5–6,5 l/min
5 PTV = CO × dst
– PTV: pulmonales Thermovolumen Globale Auswurffraktion GEF 25–35 %
– dst: Abklingrate Pulskontur-Herzindex PCCI 3,0–5,0 l/min/m2
5 ITTV 4 PTV = GEDV
Schlagvolumenindex SVI 40–60 ml/m2
– GEDV: globales enddiastolisches Volu-
men Schlagvolumenvariation SVV <10–15 %
5 ITBV = 1,25 × GEDV (428,4) Pulsdruckvariation PPV <10–15 %
– ITBV wird von Gerät berechnet; ITBV ist
Systemvaskulärer Widerstands- 1700–2400
die Summe von extravaskulärem Lungen- index SVRI dyn*s*cm-5
wasser und intravasalem Blutvolumen
. Abb. 2.16 »Goal-directed therapy« nach Goepfert. GEVDI global-enddiastolischer Volumenindex (ml/m²), EVLWI extra-
vaskulärer Lungenwasserindex ( ml/kg), CI Herzindex (l/min/m²), MAP mittlerer arterieller Druck (mmHg), HR Herzfrequenz
(Schläge/min), SM Schrittmacher. (Adaptiert nach Goepfert et al. 2006)
rung nach ZVD und MAP zu einem geringeren entsprechend dem Massenerhaltungsgesetz o
Katecholaminbedarf, einer verkürzten Beatmungs- Rückschluss auf das Schlagvolumen
dauer und zu einer verkürzten Intensivliegezeit füh- 4 Kalibration des Systems zur Bestimmung
ren kann (Goepfert et al. 2006, . Abb. 2.16)! der arteriellen Compliance mit Hilfe der
transpulmonalen Lithiumverdünnungs-
LiDCO (Lithium Dilutions Cardiac methode
Output)-Messung 4 gute klinische Übereinstimmung mit pulmo-
4 Kombination aus Lithiumverdünnung und nalarterieller Thermodilution (PAK)
Analyse des arteriellen Blutdrucksignals 4 in Deutschland bislang nicht weit verbreitet
(LiDCOplus-Monitor mit arteriellem Li- 4 LiDCOrapid-System: Analyse der Pulse Power
Sensor; Fa. LiDCO Ltd., Cambridge, London, ohne Kalibration mittels Li-Dilution o bislang
UK) nicht ausreichend validiert
jNachteile
. Tab. 2.7 Normalwerte von LiDCO
4 maximal zulässige Li-Tageshöchstdosis beträgt
Herzfrequenz HF 60–80/min 3 mmol o Beschränkung der Zahl der Kalibra-
2 Blutdruck RR 100–140 mmHg (syst.)
tionen
4 Muskelrelaxanzien stören Li-Messungen o
60–90 mmHg (diast.) Kalibration vor bzw. 15–30 min nach Gabe die-
70–105 (mitt.) ser Substanzen
4 kontraindiziert bei Körpergewicht <40 kg und
Schlagvolumen SV 60–100 ml
Schwangerschaft im 1. Trimenon
Schlagvolumenindex SVI 33–47 ml/m2 4 Messungen unter Li-Dauertherapie nicht ver-
Herzzeitvolumen CO 4,0–8,0 l/min wertbar
Herzindex CI 2,5–4,0 l/min/m²
4 eingeschränkte Verwendbarkeit unter IABP
4 eingeschränkte Interpretierbarkeit bei
Systemvaskulärer Widerstand 900–1.400 dyn × s
Arrhythmie
SVR × cm–5
. Abb. 2.17a–d Druckkurven beim Einführen des Pulmonaliskatheters. a Rechter Vorhof in rechten Ventrikel; b rechter Ven-
trikel in Pulmonalarterie; c Pulmonalarterie zur Wedgeposition (Ballon geblockt); d Wedgeposition zur Pulmonalarterienposi-
tion (Ballon entblockt)
Körperoberfläche (BSA)
BSA = Gewicht [kg]0,425 × Größe [cm]0,725 × 0,007184
Schlagvolumen (SV) 80 ml
SV = CO/HF
HF Herzfrequenz (in Schlägen/min); Hb Hämoglobingehalt (in g/dl); PaO2 arterieller Sauerstoffpartialdruck (in mmHg);
PvO2 gemischtvenöser Sauerstoffpartialdruck (in mmHg); SaO2 arterielle Sauerstoffsättigung (in %); CalvO2 alveolärer
Sauerstoffgehalt (in ml/l); CVP zentralvenöser Druck (in mmHg); MAP mittlerer systemarterieller Druck (in mmHg);
mPAP mittlerer pulmonalarterieller Druck (in mmHg); PAOP pulmonalarterieller Okklusionsdruck (in mmHg); CO Herz-
zeitvolumen (in l/min)
. Abb. 2.18 Prinzip der Wedgedruckmessung. Part Druck in den Pulmonalarteriolen; Pven Druck in den Pulmonalvenolen;
Palv alveolärer Druck. (Aus Zink et al. 2001)
5 Arrhythmia absoluta (keine homogene lichen statischen Blutsäule bis zum sog.
Indikatormischung) »j-Punkt« (vorhofnaher Bereich, in dem sich
5 Katheterthrombus okkludierte und nichtokkludierte Segmente
5 inkorrekte Lage des Katheters (Thermistor vereinigen)
liegt der Pulmonalarterienwand an oder in 4 enddiastolisches Angleichen von PAOP und
West-Zone I/II) pulmonalvenösem, linksatrialen sowie links-
4 nach Tuman wird doch sehr oft bei intraopera- ventrikulären Druck o jetzt: LVEDP = PAOP
tiv liegendem PAK keine HZV-Messung (Messung eines Druckwerts über eine stati-
durchgeführt! Da die rote Kappe am Pulmona- sche, nichtkomprimierbare Blutsäule »durch
liskatheter nicht entfernt wird, spricht er vom die Lunge hindurch«; . Tab. 2.13; . Abb. 2.18)
»red cap syndrome« 4 Frank-Starling-Prinzip: linksventrikuläres
Schlagvolumen abhängig von Vorlast
Grundlagen der Wedgedruckmessung (= linksventrikuläres enddiastolische Volumen
(= pulmonalarterieller Verschlussdruck) LVEDV)
4 3 Zonen nach West (. Tab. 2.12), funktionell 4 bei konstanter linksventrikulärer Compliance:
definiert anhand des Verhältnisses von regio- LVEDV und LVEDP direkt proportional o
nalem pulmonalarteriellen, pulmonalvenösen PAOP als Schätzwert der Vorlast
und alveolären Druck zueinander
> Zone-III-Bedingungen nach West sind uner-
4 Zone III: pulmonalarterieller und -venöser
lässlich für eine korrekte Messung des PAOP!
Mitteldruck zu jedem Zeitpunkt größer als
alveolärer Druck o kontinuierlicher Blutfluss
4 »Wedge«-Position: Okklusion eines mittel- PAOP-Wellen
großen Asts der Pulmonalarterie durch aufge- 4 a-Welle: Vorhofkontraktion
blasenen Ballon 4 c-Welle: Vorwölbung der AV-Klappe (Mitral-
4 Sistieren des Blutflusses in distalem Gefäß- klappe)
segment und Ausbildung einer kontinuier- 4 v-Welle: Füllung des Vorhofs
48 Kapitel 2 · Monitoring
Zone I pA > pa > pv Alveolardruck > pulmonal-arterieller Druck > pulmonal-venöser Druck
2 Zone II pa > pA > pv Pulmonal-arterieller Druck > Alveolardruck > pulmonal-venöser Druck
Zone III pa > pv > pA Pulmonal-arterieller Druck > pulmonal-venöser Druck > Alveolardruck
p p p p
4 pathologische v-Welle bei Mitralinsuffizienz Störgrößen bei der Messung des PAOP
und Stenose, ausgeprägter Linksherzinsuffi- 4 intrapulmonale Druckschwankungen (invasive
zienz oder Myokardischämie Beatmung) o Messungen immer endexspira-
4 nur bei Katheterspitzenlage in der Zone III torisch bei niedrigstem intrathorakalen Druck
nach West entspricht der PAOP dem LAP, da o cave: (Auto-)PEEP
hier ein ununterbrochener Fluss zwischen 4 Verkleinerung der Zone III unter Beatmung o
distaler PA-Katheteröffnung und linkem Vor- eher Messung des intraalveolären Drucks
hof garantiert ist. Meist kommt er auch dort zu 4 Klappenvitien
liegen, da er in der Regel dem größten Blutfluss 4 Rhythmusstörungen (ausgeprägte Tachykardien,
folgt absolute Arrhythmie bei Vorhofflimmern etc.)
4 ein akuter Anstieg des PAOP bzw. die Verän- 4 Veränderungen der linksventrikulären Com-
derungen der PAOP-Wellen (hohe a-, c- und v- pliance (z. B. unter Katecholamintherapie)
Welle) können ein Frühzeichen von Myokar-
dischämien oder einer drohenden Ischämiege- PAOP > LVEDP
fahr sein. Diesen Veränderungen gehen selten 4 Mitralstenose (aufgrund des Gradienten über
EKG-Veränderungen voraus (ST-Senkung in der Stenose)
Ableitung V5 tritt erst verzögert auf) oder 4 ausgeprägte mitrale Regurgitation
diese sind nicht im EKG zu erkennen (Ablei- 4 PEEP-Beatmung (ab ca. 10 cmH2O), intrinsi-
tung II). scher PEEP (z. B. umgekehrtes Atemzeitver-
hältnis) bzw. erhöhter intrathorakaler Druck
! Das Fehlen von Änderungen des PAOP 4 COPD
schließt eine Myokardischämie jedoch nicht 4 deutliche Tachykardie
aus! 4 Lage außerhalb der West-Zone III
4 Patienten mit ausgeprägter respiratorischer
Störung (Konstriktion der kleinen Venen in
hypoxischen Lungenarealen)
2.10 · Messung des Herzzeitvolumens (HZV; CO)
49 2
Bioreactance
– K: Korrekturfaktor (=1,43) 4 Weiterentwicklung der Bioimpedanz
– T: Integral der maximalen Flussgeschwin- 4 im Gegensatz zur Bioimpedanz Verwendung
digkeit während der kardialen Ejektion von Veränderungen des elektrischen Frequenz-
(»stroke distance«) spektrums als Signal (anstelle von Amplituden-
4 üblicherweise mittelt der Monitor das veränderungen des elektrischen Stroms)
Schlagvolumen von 10 Herzschlägen und 4 Hypothese: Verwendung des elektrischen
multipliziert diesen Wert mit der Herzfrequenz Frequenzspektrums o Reduktion von Signal-
4 gute Korrelation zwischen Thermodilutions- artefakten und höhere »signal-to-noise ratio«
HZV und HZV-Messung mittels transösopha- 4 erste Resultate vielversprechend, jedoch wei-
gealer Doppler-Messung (. Abb. 2.19) tere Erfahrungen in verschieden klinischen
Situationen erforderlich
Limitationen 4 Limitationen: ausgeprägte Volumenshifts,
4 Messgenauigkeit abhängig von: pulmonale und thorakale Veränderungen und
5 Sondenposition Interferenz
5 Korrekturfaktor zur rechnerischen 4 mit anderen elektrischen/elektronischen Gerä-
Kompensation des Blutflusses in den ten, z. B. Elektrokauter im OP
supraaortalen Gefäßen
5 dynamischen Veränderungen des aortalen Indirekte kalorische Messung
Diameters 4 z. B. Deltatrac Metabolic Monitor
4 Validität des Verfahrens bei hämodynamisch 4 Anwendung des Fick’schen Prinzips:
instabilen Patienten ist nicht hinreichend un- VO2 = avDO2 × QL
tersucht 5 VO2 = O2-Aufnahme
5 avDO2 = arteriovenöse O2-Gehaltdifferenz
jKontraindikationen 5 QL= Lungenperfusion ≈ HZV
4 kein Einsatz bei Ösophaguserkrankungen/ 5 venöses Blut muss aus A. pulmonalis sein
wachen Patienten (invasiv)
5 DO2 = caO2 × HZV (Norm: 900–1200 ml/
Bioimpedanz min)
4 Messung von Veränderungen des intrathora- 4 HZV =
VO 2
kalen Volumens durch thorakale elektrische avDO2
Bioimpedanz
2.11 · Echokardiographie
51 2
. Abb. 2.20a,b Bioimpedanz. a Schematische Darstellung der Elektrodenposition. b Darstellung des EKG, der thorakalen
Impedanzveränderung (Z), Rate der Impedanzveränderung (dZ/dt) und der Herzgeräusche (S1 und S2). Die a-Welle tritt wäh-
rend der Vorhofkontraktion, die c-Welle während der ventrikulären Ejektion, die o-Welle während der ventrikulären Füllung
auf. B kennzeichnet den Beginn des schnellen dZ/dt-Anstiegs, X den positiven Spitzenwert von dZ/dt, der mit dem Aorten-
klappenschluss assoziiert ist. Die Differenz zwischen Punkt B und C wird gemessen (dZ/dtmin) und gemeinsam mit der ventri-
kulären Ejektionszeit (VET) zur Berechnung des Schlagvolumens verwendet. (Adaptiert nach Janssen 2000)
. Abb. 2.22 Standardisierter Untersuchungsgang mit den 20 TEE-Standardschnittebenen. (Adaptiert nach Toronto General
Hospital 2008)
5 verkalkte Aortenklappe mit distaler Schall- 5 bei distaler Dissektion (nach Abgang der
auslöschung linken Kopf-Hals-Gefäße) Intima-Flap in
5 konzentrische LV-Hypertrophie bei chroni- deszendierender Aorta mit Trennung von
2 scher Druckbelastung bei hämodynami- wahrem und falschem Lumen
scher Instabilität 4 Aortenruptur
5 meist akute Dekompensation einer chroni- 5 Diagnose einer Aortenruptur (z. B. nach
schen AS (neu aufgetretene akute Aorten- schwerem Dezelerationstrauma) grundsätz-
stenose unwahrscheinlich!) lich mittels Spiralangio-CT
5 bei Dekompensation einer chronischen AS 5 bei sehr instabilen polytraumatisierten
dilatierter LV (Vorwärtsversagen!) Patienten im Schockraum ggf. Echokardio-
5 zusätzlich evtl. dilatationsbedingte MI graphie-TEE zur primären Diagnostik (kei-
(Rückwärtsversagen!) ne Diagnosestellung mit TTE möglich!)
4 Mitralinsuffizienz (MI) 5 Prädilektionsstelle: Übergang vom Bogen
5 systolischer Insuffizienzjet in den linken zur deszendierenden Aorta (Fixierung der
Vorhof, ausgehend von der Mitralklappe Aorta über das Lig. arteriosum)
5 akute MI des Intensivpatienten häufig bei 5 Intimalappen in Aorta descendens (mit-
ischämiebedingter Papillarmuskeldysfunk- ösophagealer Blick), der zwar frei flottieren
tion bzw. durch Klappenringdilatation kann, jedoch meist regional eng umschrie-
infolge linksventrikulärer Volumenüberla- ben ist
dung; seltener infarkt- oder traumabedingte 5 bei klinischem Verdacht auf Aortenruptur
Sehnenfaden- oder Papillarmuskelausrisse ohne Nachweis eines Intima-Flaps weiter-
mit oder ohne Prolaps der Klappensegel führende Diagnostik bei einem Abstand der
5 LV-Kontraktilität in der Frühphase der aku- Sonde bis zum Beginn der Aorta descen-
ten MI häufig normal oder sogar gesteigert, dens von mehr als 7 mm, da in diesem Fall
im weiteren Verlauf aber Anstieg des LVE- von einer schweren Aortenverletzung aus-
DP und LV-Dilatation (keine Hypertro- zugehen ist
phie!), Lungenödem und kardiogener 5 evtl. Nachweis eines begleitenden hämor-
Schock rhagischen Pleuraergusses
5 chronische MI zumeist bei degenerativen
Veränderungen des Klappenapparats mit
Sklerosierung bzw. Verkalkungen o chro- 2.11.7 Pleuraergüsse
nischen Volumenüberladung mit linksvent-
rikulärer Dilatation und Hypertrophie, pro- 4 grundsätzlich immer Begutachtung der Pleura-
grediente Abnahme der LV-Kontraktilität. räume bei echokardiographischen Untersu-
In der Spätphase Anstieg des LVEDP mit chungen
LA-Dilatation und LV-Dekompensation be- 4 schwarze »Tigerklaue« mit Spitze nach links
reits bei geringem Nachlastanstieg bzw. nach rechts
4 Aortendissektion 4 atelektatische Lunge (echoreiche Struktur) ist
5 die Ursachen der hämodynamischen Insta- häufiger Begleitbefund (cave: Verwechslung
bilität bei akuter Aortendissektion leiten mit Lebergewebe auf der rechten basalen
sich aus spezifischen Komplikationen ab Thoraxhälfte!)
(Herzbeuteltamponade, akute AI, Verlegung
der Koronarostien, Hämatothorax, Hämato-
mediastinum) 2.12 Körpertemperatur
5 bei proximaler Dissektion (Beginn ab
Aortenklappenebene) flottierende Dissek- jIndikationen
tionsmembran in der aszendierenden Aorta 4 kritsch kranke Patienten auf der Intensiv-
sowie ggf. Zeichen der akuten AI station
2.14 · Überwachung der Leberfunktion (LiMON-System, Fa. Pulsion)
57 2
4 Patienten mit erhöhtem Risiko zur Hypo- 2.13.1 Transurethraler Blasenkatheter
thermie (Säuglinge, Neugeborene, Verbren-
nungspatienten, ältere Patienten, Rücken- 4 Einmalkatheterisierung (postoperativ bei
marktrauma) Blasenentleerungsstörungen)
4 langdauernde Eingriffen 4 Dauerkatheter (DK)
4 Infektionsmonitoring
4 kontrollierte Hypothermie Kontraindikationen
4 Verdacht auf maligne Hyperthermie 4 bestehende Infektionen (Urethritis, Prostatitis,
Epididymitis)
jMessorte 4 bestehende Via falsa
4 rektal (entspricht nicht exakt der Kerntempe- 4 relativ: bestehende Enge (Striktur, Prostata-
ratur, ist abhängig von Wärmebedingungen im vergrößerung)
Darm und reagiert sehr träge. Unter kontrol-
lierter Hypothermie gleicht sie eher der peri- Komplikationen
pheren Temperatur) 4 Via falsa
4 nasopharyngeal (Messwerte etwas unter der 4 Harnröhreneinriss
Kerntemperatur) 4 Infektion
4 pulmonalarteriell über Pulmonaliskatheter, 4 Strikturbildung
entspricht der zentralen Kerntemperatur
> Beim traumatisierten Patienten oder anam-
(Cave: Zufuhr kalter Infusionslösungen)
nestischen Problemen o Einführung des DK
4 ösophageal (unteres Viertel, korreliert gut mit
durch den Urologen, ggf. Cystofix-Anlage.
der Kerntemperatur, außer bei Thorakotomie)
4 tympanisch (stimmt am besten mit der zereb-
ralen Kerntemperatur überein; Gefahr der 2.13.2 Suprapubischer Blasenkatheter
Trommelfellperforation, daher kontaktfreie
Messung) 4 präoperativ
4 Blase (über Temperatursonde eines speziellen 4 intraoperativ
Blasenkatheters)
jKomplikationen
4 Blutung
2.13 Urinausscheidung 4 Verletzung von Darmanteilen
(Blasenkatheter) 4 Infektion (lokal, Peritonitis)
jIndikationen
4 Überwachung der Nierenfunktion und 2.14 Überwachung der Leberfunktion
(indirekt) des HZV bzw. des Perfusionsdrucks
4 notwendige Bilanzierung, z. B. bei Herzinsuffi- jGrundlagen
zienz 4 Applikation einer bestimmten Menge an
4 Messung des intraabdominellen Drucks über Indocyaningrün, das an Albumin sowie α1-
spezielle transurethrale Blasenkatheter! Lipoprotein gebunden wird und nach hepati-
scher Aufnahme nicht-metabolisiert mit der
! Strenge Indikationsstellung der Katheter-
Galle bei fehlendem enterohepatischem Kreis-
anlage aufgrund der Gefahr von Harnröhren-
lauf ausgeschieden wird.
strikturen und nosokomialen Harnwegsinfek-
4 Die Aufnahme der Indikatorsubstanz Indocya-
tionen!
ningrün ist von dem Blutfluss, der zellulären
Aufnahme und Exkretion abhängig!
58 Kapitel 2 · Monitoring
Sauerstoffsättigung S pO 2 >96 %
Subdural/ Kleines Blutungs-, Infektionsrisiko, keine Fehlmessung bei hohem ICP, stör- und artefakt-
epidural Hirngewebspenetration anfällig, Rekalibrierung bei Lageänderung
Fiberoptisch Verschiedene Platzierungen möglich, hohe Sehr teuer, keine Rekalibrierung in situ möglich,
Auflösung, minimal artefaktanfällig Faserbruch möglich
60 Kapitel 2 · Monitoring
2.15.2 Messung der jugularvenösen 4 weitere Beeinflussung der Messung durch hohe
O2-Sättigung (SvjO2) Einmündung der V. facialis in die V. jugularis
o der Messkatheter sollte sehr hoch platziert
2 Grundlagen werden, am besten radiologische Kontrolle
4 unter der Annahme eines konstanten O2-Ver- (Spitze in Höhe des 2. Halswirbels)!
brauches bedeutet ein Abfall der bulbären 4 bei diffuser Schädel-Hirn-Verletzung: Bevor-
O2-Differenz einen Rückgang der zerebralen zugung des rechten Jugularbulbus aufgrund
Perfusion, jedoch teilweise nur schlechte Kor- des höheren Flow, ansonsten Platzierung des
relation zwischen CBF und SvjO2 o Kombina- Katheters auf die Verletzungsseite
tion mit jugularvenöser Laktatkonzentration 4 Identifizierung der V. jugularis mit dem höhe-
(Korrelation 0,74) ren Flow (o Kompression der zu bevorzugen-
4 anhand der Messung der jugularvenösen den Seite führt zu einem größeren Anstieg des
O2-Sättigung (SvjO2) können indirekt der ICP)
intrakranielle O2-Verbrauch (CMRO2)
und der zerebrale Blutfluss (CBF) bestimmt
werden 2.15.3 Intraparenchymatöser Gewebs-
4 nach dem Fick’schen Prinzip ist der sauerstoffpartialdruck (ptiO2)
CMRO2 = CBF × avjDO2
avjDO2 = caO2 – cvjO2 4 regional und nicht global messendes invasives
5 caO2: arterieller O2-Gehalt Verfahren, bei dem Clark-Miniaturelektroden
5 cvjO2: hirnvenöser O2-Gehalt) in das Hirngewebe eingebracht werden
5 normale avjDO2 = 5–9 ml/100 ml 4 Normalwert: 25–30 mmHg
4 Normwert der SvjO2: 55–75 % 4 Werte <10 mmHg sprechen für eine ausgepräg-
4 bei Werten <50 % und länger als 10–15 min te zerebrale Minderperfusion oder eine
spricht man von Desaturation oder Desatura- schwere Hypoxie
tionsepisode. Diese korreliert mit einem 4 gute Korrelation zur Bulbusoxymetrie
schlechteren neurologischen Outcome o 4 bis jetzt keine Infektionen oder Blutungen
frühzeitiger Einsatz dieses Monitorings bekannt
gerade nach Schädel-Hirn-Verletzung, da
die meisten Patienten in den ersten Stunden
nach Trauma zu Episoden zerebraler Ischä- 2.15.4 Nahinfrarotspektroskopie (NIRS)
mien neigen!
4 hohe SvjO2-Werte >75 % können bei starker 4 z. B. INVOS-System, Fa. Covidien, Mansfield,
Kontamination von extrazerebralen Blutzuflüs- USA
sen, bei erhöhtem zerebralem Blutfluss nach 4 Trendmonitor zur nichtinvasiven Überwa-
Trauma oder bei einer globalen Infarzierung chung der zerebralen bzw. somatischen
(massiver Verlust von aktivem Hirngewebe!) (Messung im Gewebe) Sauerstoffversorgung
auftreten 4 bilaterale frontale Erfassung der rSO2 (regiona-
le Sauerstoffsättigung)
Messtechnik 4 »Frühwarnsystem«: Möglichkeit zum früh-
4 gegenwärtiger Einsatz von 4-F-fiberoptischen zeitigen therapeutischen Eingreifen bei »Ent-
Doppellumenkathetern. Insertion nach retro- sättigung«, bevor ein zerebraler Sauerstoff-
grader Gefäßpunktion über 5-F- oder 6-F- mangel zu einer Organschädigung führt
Schleuse mit 10 cm Länge
4 Messung über 2- bzw. 3-Wellenlängen Messprinzip
4 etwa 3 % des jugularvenösen Blutes kommen 4 optische Methode, die anhand von Absorp-
aus dem extrakraniellen Kreislauf (0–6,6 %) tionsänderungen des Lichts im nahinfraroten
und verfälschen den Messwert Wellenlangenbereich (650–1000 nm) Konzen-
2.15 · Neuromonitoring
61 2
trationsänderungen von oxygeniertem und . Abb. 2.25 Vorgehen bei zerebraler Entsättigung (detek-
desoxygeniertem Hamoglobin nichtinvasiv tiert mittels Nahinfrarotspektroskopie). (Aus Schön et al.
und kontinuierlich misst (. Abb. 2.24) 2012)
4 Absorptionsmessungen im Gewebe erfolgen
analog zu dem Prinzip der Absorptionsspekt-
rophotometrie (Anwendung als In-vitro-Tech- Anwendungsgebiete
nik in vielen Bereichen der klinischen und 4 ausgedehnte operative Eingriffe mit hohen
analytischen Chemie) Volumenumsätzen o potenzielle Gefahr einer
4 In-vivo-Anwendung basierend auf der Trans- Unterversorgung des Gehirns oder anderer
parenz von Gewebe für nahinfrarotes Licht Organe (Leber, Niere), z. B. Herz-, Gefäß- und
und den spezifischen Absorptionseigenschaf- Neurochirurgie
ten des Hämoglobins. 4 Überwachung auf der Intensivstation:
4 Detektion einer regionalen »Mischsättigung« neurochirurgische Patienten, Polytrauma mit
von arterieller, kapillärer und venöser Sauer- Schädel-Hirn-Beteiligung, Sepsis, Multiorgan-
stoffsättigung (rSO2, Normwert 58–82 mmHg) versagen etc.
in einer Gewebetiefe von ca. 2–3 cm mittels 4 . Abb. 2.25 fasst das empfohlene Vorgehen bei
Klebeelektroden (Optoden) Entsättigung zusammen
4 je näher der Detektor an der Lichtquelle,
desto flacher ist der zurückgelegte Weg der Limitationen
Photonen durch das Gewebe, je entfernter, 4 Monitoring der zerebralen SO2 im frontalen
desto tiefer Kortex nur kleiner Ausschnitt der gesamten
4 zerebrale NIRS: seitengetrennte Erfassung zerebralen Blutversorgung o lokalisierter
rSO2 nach Aufbringen von 2 Optoden auf die Sauerstoffmangel z. B. im posterioren Strom-
linke und rechte Stirnseite bereich nicht auszuschließen
4 75–85 % des Bluts im frontalen Hirngewebe 4 Verfahren nicht geeignet zur Vermeidung eines
im venösen und im kapillären Gefäßbett o Schlaganfalls (Ausnahmen: Karotischirurgie, se-
zerebrale Sauerstoffsättigung = venös ge- lektive Perfusion supraaortaler Gefäße im Herz-
wichtete Sättigung, die das Verhältnis von Kreislauf-Stillstand). Allenfalls kann ein solches
zerebralem Sauerstoffangebot und -verbrauch Ereignis aufgrund plötzlicher Seitendifferenzen
abbildet vermutet und ggf. können rasch weitere thera-
4 zerebraler Messalgorithmus mit fixem Anteil peutische Maßnahmen eingeleitet werden
von 25 % arteriellem und 75 % venösem Blut 4 Schwellenwerts der zerebralen SO2, unterhalb
dessen eine Schädigung zunehmend wahr-
scheinlich wird, nach wie vor umstritten
62 Kapitel 2 · Monitoring
4 Trend: prä- und auch intraoperative absolute prädiktiver Wert für persistierendes Koma mit
zerebrale SO2-Werte <50 % prognostisch hoher Spezifität.
ungünstig 4 Werte von <33 ng/ml können jedoch infolge
2 Transkranielle Dopplersonographie
einer Sensitivität von nur 80 % eine Restitutio
ad integrum nicht absolut vorhersagen!
(TCD) 4 erhöhte Werte bei:
4 Messung der zerebralen Blutflussgeschwindig- 5 neuronalem Zelluntergang infolge Hypoxie
keit in der A. cerebri media oder der basalen 5 kleinzelligem Bronchialkarzinom und Me-
Hirnarterien dulloblastom
4 Normwer für A. cerebri media:
! Hämolytische Seren, da Erythrozyten
vmean = 38–86 cm/s (aufgrund der großen
enolasereich sind!
Streubreite kann die TCD nicht als Absolut-
wertbestimmung, sondern nur als Verlaufs-
kontrolle erfolgen). Ausgewählte Literatur
4 Als grobes Maß für den zerebralen Gefäßwi-
derstand wird der sog. Pulsatilitätsindex (PI) Alhashemi JA, Cecconi M et al. (2011) Cardiac Output
bestimmt: Monitoring: an Integrative Perspective. Crit Care 15:
214
Vsys − Vdia ASE/SCA (1996) Practice Guidelines for Perioperative
PI= Transesophageal Echocardiography. A Report by the
Vmean American Society of Anesthesiologists and the Society of
Cardiovascular Anesthesiologists Task Force on Trans-
4 Die Blutflussgeschwindigkeitsmessung esophageal Echocardiography. Anesthesiology 84: 986–
der A. cerebri media kann bei der Karotis- 1006
ASE/SCA (2010) Practice Guidelines for Perioperative Trans-
chirurgie eingesetzt werden. Ein Abfall von
esophageal Echocardiography. An Updated Report by
vmean auf 0–15 % des Ausgangswertes zeigt the American Society of Anesthesiologists and the
eine schwere Ischämie, auf 16–40 % eine Society of Cardiovascular Anesthesiologists Task Force on
mäßige Ischämie an, und bei Werten >40 % ist Transesophageal Echocardiography. Anesthesiology
nicht mit einer Minderperfusion zu rechnen. 112:1084–96
Des Weiteren kann eine zerebrale Hyperper- ASE/SCA (1999) ASE/SCA Guidelines for Performing a Com-
prehensive Intraoperative Multiplane Transesophageal
fusion nach Öffnen der Klemmen (vmean-
Echocardiography Examination: Recommendations of
Zunahme >200 %) mit der Gefahr der intra- the American Society of Echocardiography Council for
kraniellen Einblutung erkannt werden. Intraoperative Echocardiography and the Society of
4 Mit der TCD lassen sich außerdem embolisier- Cardiovascular Anesthesiologists Task Force for Certifica-
te Partikel (atheromatöse Plaques, Thromben tion in Perioperative Transesophageal Echocardiography.
Anesth Analg 89: 870–884
etc.) oder Luft nachweisen.
Backer D de, Marx G, Tan A et al. (2009) Arterial pressure
4 Das Abschätzen (nicht Messen!) des zerebralen based cardiac output monitoring: a multi-centre valida-
Perfusionsdruckes (CPP) muss bisher noch tion of the third generation software in septic patients.
sehr kritisch betrachtet werden. Intensive Care Med 35:13
Bein B, Scholz J, Tonner PH (2005) Hämodynamisches Monito-
ring: Standards und Fehlerquellen. Anästh Intensivmed
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63 2
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64 Kapitel 2 · Monitoring
Kardiovaskulär wirksame
Medikamente und mechanische
Kreislaufunterstützung
W. Zink
3.1 Katecholamine – 66
3.5 Vasodilatanzien – 80
Ausgewählte Literatur – 87
jKontraindikationen
3.1.4 Natürliche Katecholamine 4 bei vitaler Bedrohung keine
4 manifeste Hyperthyreose
Adrenalin, Epinephrin (Suprarenin) 4 Arrhythmien
4 1 Amp. à 1 ml = 1 mg 4 Engwinkelglaukom
4 1 Amp. Infusionslösung à 25 ml = 25 mg 4 Phäochromozytom
4 hypertrophe Kardiomyopathie
jWirkmechanismus 4 als Zusatz bei Lokal- bzw. Regionalanästhesien
4 dosisabhängige Stimulation von β1-, β2- und im arteriellen Endstrombereich (Finger, Zehen,
α-Rezeptoren: in niedriger Dosierung vor- Nasenspitze, Penis) o Gefahr von Gewebs-
nehmlich β-Rezeptoren, in hoher Dosierung nekrosen
fast ausschließlich α1-Rezeptoren
4 o Anstieg des (v. a. systolischen) Blutdrucks,
der Herzfrequenz und des Herzminuten-
volumens
4 über vaskuläre β2-Rezeptoren kann es zum
primären Blutdruckabfall kommen
(insbesondere bei Hypovolämie) o Gabe
eines Testbolus von 5–10 μg i.v. führt bei
3.1 · Katecholamine
69 3
Dobutamin p n p n n oder p n
Dopamin n oder p n n n n n
Adrenalin p oder n nn n n n n
Noradrenalin nn n n n nn n
Milrinon p – p n p– (–n)
Dosierung jWirkmechanismus
4 synthetisches Sympathomimetikum;
5 Applikation nur kontinuierlich i.v.
N-Ethylanalogon von Phenylephrin in 1 %iger
5 Perfusor (z. B. 100 mg auf 50 ml): 0,5–2-
Lösung
(4) μg/kg/min
4 Wirkung auf α- und β-Rezeptoren
5 Perfusor Kinder (z. B. 30 mg auf 50 ml):
4 überwiegende β1-Stimulation (aber auch β2-
0,1 ml/kg/h = 1 μg/kg/min
und α-Stimulation)
4 Tonuserhöhung der arteriellen und venösen
Gefäße, Anstieg der Herzfrequenz, des Schlag-
jNebenwirkungen volumens und des Blutdrucks
4 im oberen Dosierungsbereich oft Tachykardien 4 zur Injektion seit 2005 in Deutschland nicht
und ventrikuläre Arrhythmien mehr im Handel
74 Kapitel 3 · Kardiovaskulär wirksame Medikamente und mechanische Kreislaufunterstützung
jPharmakologie jKontraindikationen
4 HWZ: 2–3 min 4 Phäochromozytom
4 Metabolisierung: zu 80 % auf renalem Weg 4 Mitralstenose
4 schwere Schilddrüsenstörung
jIndikationen
4 Hypotonie Dosierung
3
jKontraindikationen 5 Initial 1–2 ml einer mit NaCl 0,9 % 2:10
verdünnten Lösung i.v.
4 Thyreotoxikose
4 Phäochromozytom
4 Glaukom
4 Prostatahypertrophie jNebenwirkungen
4 Einnahme vom MAO-Hemmern 4 pektanginöse Beschwerden
4 bekannte Herzrhythmusstörungen 4 Herzklopfen
4 Klappenstenosen 4 ventrikuläre Herzrhythmusstörungen
4 hypertroph-obstruktive Kardiomyopathie
jWechselwirkungen
Dosierung 4 β-Blocker (Herzfrequenz p)
5 Initial 1–2 mg i.v. (1:10 mit NaCl 0,9 % ! Während und bis zwei Wochen nach Einnah-
verdünnt) me von MAO-Hemmern soll Akrinor nicht
angewendet werden, weil es sonst zu krisen-
haften Blutdruckanstiegen kommen kann!
jNebenwirkungen
4 Tachykardie Phenylephrin (Neo-Synephrine)
4 1 Amp. à 1 ml =10 mg
Akrinor
4 1 Amp. à 2 ml = 200 mg Cafedrin und 10 mg jWirkmechanismus
Theodrenalin 4 Phenylephrinhydrochlorid in 1 %iger Lösung
4 synthetisches, direktes Sympathomimetikum
jWirkmechanismus mit vasokonstriktorischer Komponente
4 Mischung aus Theodrenalin (Theophyllin und 4 postsynaptische α1-Rezeptorstimulation,
Noradrenalin) und Cafedrin (Coffein und fehlende β-Rezeptorstimulation
Ephedrin) im Verhältnis 1:20 4 Anstieg des diastolischen und systolischen
4 Stimulation von β1- und β2-Rezeptoren mit Blutdrucks mit Reduktion der Herzfrequenz
Blutdruckanstieg durch positive Inotropie (antagonisierbar mit Atropin) und Erhöhung
ohne Anstieg des peripheren Gefäßwider- des Schlagvolumens sowie pulmonale Vaso-
stands konstriktion o SVR n und PVR n
4 keine bis nur geringe Beeinflussung der
Plazentaperfusion o Einsatz in der Geburts- jPharmakologie
hilfe bei hypotensiven Phasen unter Regional- 4 Wirkdauer: 20 min nach intravenöser und
anästhesie 50 min nach subkutaner Applikation
jIndikationen jIndikationen
4 Hypotonie 4 Hypotonie
3.1 · Katecholamine
75 3
jKontraindikationen 4 Vasokonstriktion (außer Koronararterien) o
4 Hypertonie Steigerung des systolischen Blutdrucks
4 ventrikuläre Tachykardie 4 schwach bronchodilatatorische Effekte
4 Hyperthyreose 4 zentral stimulierend (mit Gefahr der psychi-
4 Bradykardie schen Abhängigkeit bei längerer kontinuier-
4 kardiale Erkrankungen licher Einnahme)
4 schwere Arteriosklerose
jPharmakologie
Dosierung 4 Wirkdauer: 4–6 h (setzt nach oraler Gabe nach
30–60 min ein)
5 Intravenöse Injektion (1 Amp. = 10 mg auf
4 Biotransformation: hepatisch durch Hydrolyse
100 ml Aqua injectabile) als Bolus: 0,2 mg
des aromatischen Rings und anschließender
(= 2 ml der oben genannten Lösung),
Glukuronidierung und Sulfatierung und an-
maximal 0,5 mg i.v. (innerhalb von 20–30 s),
schließender renaler Ausscheidung
maximal alle 10–15 min; Wirkdauer des
4 HWZ pH-abhängig
Bolus: ca. 15 min
5 Kontinuierliche intravenöse Infusion jIndikationen
(Perfusor mit 0,1 mg/ml): 100–180 μg/min
4 Hypotonie
(= 60–108 ml/h) bei ausgeprägter Hypoten-
sion bzw. und 40–60 μg/min (= 24–36 ml/h) jKontraindikationen
bei milder Hypotension
4 Tachykardie
5 Subkutane oder intramuskuläre Injektion:
4 Arrhythmien
2–5 mg, maximal 5 mg initial
4 Koronarinsuffizienz
4 Hypertonie
4 Thyreotoxikose
jNebenwirkungen 4 Prostatahyperplasie
4 ausgeprägte Sinusbradykardien 4 Glaukom
4 hypertone Krisen
4 allergische Reaktionen (Natriumbisulfit) Dosierung
4 asthmoide Reaktionen
5 10–20 mg s.c. initial (20 mg/Tag)
4 Kopfschmerz
5 5–10 mg i.v.
4 Arrhythmien
jWechselwirkungen
4 Wirkverstärkung durch simultane Gabe von jNebenwirkungen
Oxytocinderivaten! 4 Schlafstörungen
4 Angst, Tremor
Ephedrin 4 Schwindel
4 z. B. 1 Amp. à 5 ml = 50 mg 4 Erregungszustände
4 Tachykardie
jWirkmechanismus 4 Miktionsstörungen
4 vorwiegend indirekt wirkendes Sympathomi-
metikum Orciprenalin (Alupent)
4 Freisetzung von Noradrenalin aus den 4 1 Amp. à 1 ml = 0,5 mg, 1 Amp. à
Speichervesikeln 10 ml = 5 mg
4 kompetitive Hemmung des Noradrenalin-
Reuptake
76 Kapitel 3 · Kardiovaskulär wirksame Medikamente und mechanische Kreislaufunterstützung
jNebenwirkungen
4 HZV p, SVR nn, PVR nn 3.5.1 Stickstoffmonoxid (NO)
4 SvO2 p
4 Gefahr der Gewebs- und Organischämie 4 7 Kap. 7.4.3
(Herz, Leber, Darm etc.)
3.5 · Vasodilatanzien
81 3
3.5.2 Glyceroltrinitrat 4 akute Linksherzinsuffizienz mit Lungen-
(z. B. Nitrolingual) stauung (ausgeprägte Vorlastsenkung!)
4 hypertensive Krise
4 1 Amp. à 5 ml = 5 mg 4 kontrollierte Hypotension
4 1 Amp. Infusionslösung à 25 ml = 25 mg
4 1 Amp. Infusionslösung à 50 ml = 50 mg jKontraindikationen
4 ausgeprägte Hypotonie (systolischer Blutdruck
jWirkmechanismus <90 mmHg)
4 organisches Nitrat 4 akutes Kreislaufversagen (Schock, Kreislauf-
4 systemischer NO-Donator kollaps)
4 enzymatische Bioaktivierung über mindestens 4 erhöhter intrakranieller Druck
zwei verschiedene Reaktionswege: 4 hypertrophe obstruktive Kardiomyopathie
5 mitochondriale Umwandlung durch das 4 höhergradige Aorten- und/oder Mitralstenose
Enzym Aldehyddehydrogenase (ALDH-2) 4 Überempfindlichkeit gegen Glyceroltrinitrat,
zu 1,2-Glyceroldinitrat und NOx o Aktivie- andere Nitratverbindungen oder einen der
rung der löslichen Guanylatzyklase nach sonstigen Bestandteile
Diffusion ins Zytosol
5 direkte Aktivierung im endoplasmatischen Dosierung
Retikulum über ein Cytochrom-P450-Enzym
5 Perfusor (z. B. 50 mg auf 50 ml):
NO
2-8(–10) mg/h
4 Dilatation von venösen Kapazitätsgefäßen
sowie von großen Koronararterien
4 Reduktion von Vorlast, ventrikulärer Wand-
spannung sowie des kardialen O2-Verbrauch jNebenwirkungen
durch venöses Pooling 4 ausgeprägter Blutdruckabfall (dosisabhängig)
4 Erweiterung arterieller Widerstandsgefäße erst 4 Reflextachykardie
in höheren Dosierungen 4 Zunahme des Rechts-links-Shunt
4 pulmonalarterielle Vasodilatation 4 Zunahme des zerebralen Blutvolumens
4 Bronchodilatation 4 migräneartige Kopfschmerzen (Dilatation me-
4 Tonusreduktion glatter Muskelzellen im Gast- ningealer Gefäße)
rointestinaltrakt sowie in den ableitenden 4 Verlängerung der Blutungszeit (dosisabhängig)
Harnwegen aufgrund Vasodilatation und Hemmung der
Thrombozytenaggregation
jPharmakologie
4 HWZ 2–2,5 min o gut steuerbare hämo- jWechselwirkungen
dynamische Effekte 4 starker Blutdruckabfall bei simultaner Gabe
4 Tachyphylaxie nach >24 h Dauerapplikation o von Phosphodiesterase-V-Hemmer (z. B. Silde-
Dosiserhöhung erforderlich nafil) zur Therapie einer pulmonal-arteriellen
4 Abbau in der Leber und vielen anderen Zellen Hypertonie oder erektilen Dysfunktion
(z. B. Erythrozyten) durch Abspaltung einer 4 starker Blutdruckabfall bei gleichzeitiger Ein-
oder mehrerer Nitratgruppen nahme von anderen Vasodilatatoren, Antihy-
4 renale Elimination der Metaboliten pertensiva, ACE-Hemmern, Beta-Rezeptoren-
blockern, Kalziumantagonisten, Diuretika,
jIndikationen Neuroleptika oder trizyklischen Antidepres-
4 akutes Konronarsyndrom: Therapie und siva, Alkohol und Sapropterin
Prophylaxe (z. B. instabile und vasospastische 4 ggf. verstärkte blutdrucksteigernde Wirkung
Form) bei gleichzeitiger Anwendung von Dihydro-
4 akuter Myokardinfarkt und Myokardischämie ergotamin
82 Kapitel 3 · Kardiovaskulär wirksame Medikamente und mechanische Kreislaufunterstützung
jPharmakologie
4 ausschließlich intravenöse Applikation;
100 %ige Bioverfügbarkeit
4 sehr kurze Halbwertszeit von 1–2 min,
bei höheren Dosen länger
3.6 · Mechanische Unterstützungssysteme
83 3
jIndikationen
4 kardiogener Schock infolge eines akuten 3.6.2 Perkutane kardiopulmonale By-
Myokardinfarktes, ggf. adjuvant zu primärer pass- und Unterstützungssysteme
systemischer Fibrinolyse
4 kardiogener Schock infolge eines akuten 4 CardioHelp-System (Maquet Cardiopulmo-
Myokardinfarktes bei primärer perkutaner nary AG, Hirrlingen, Deutschland; . Abb. 3.4)
Koronarintervention (PCI; Datenlage derzeit 4 Lifebridge-System (Zoll Lifebridge GmbH,
allerdings unklar) Ampfing, Deutschland; . Abb. 3.5)
4 hämodynamische Stabilisierung zum Trans- 4 Unterstützung bzw. Ersatz der Herz-Lungen-
port in ein Interventionszentrum Funktion für Stunden bis Tage
3.6 · Mechanische Unterstützungssysteme
85 3
jMethodik
4 Bestandteile
5 Zentrifugalpumpe mit Steuereinheit,
Membranoxygenator, Messsystem für Blut-
fluss und Blutdruck, Wärmeaustauscher
. Abb. 3.5 Herz-Lungen-Unterstützungssystem Lifebridge
sowie arterielle bzw. venöser Kanüle der Fa. Zoll Lifebridge GmbH, Ampfing. (Aus Schmid u.
5 venöse Drainage über eine femoral in die Philipp A (Hrsg.) Leitfaden extrakorporale Zirkulation.
V. cava inferior eingeführte Kanüle Springer 2011)
5 im Oxygenator Anreicherung des venösen
Blutes mit O2, »Abblasen« des CO2 und
Aufwärmen jIndikationen
5 pumpengetriebene Rückführung des arte- 4 intrahospital erlittener Herzstillstand bei
rialisierten Blutes in die Aorta über einen erfolgloser konventioneller Reanimation
femoral platzierten arteriellen Katheter 4 fulminante Myokarditis mit kardiogenem
5 Blutflüsse bis zu 6 l/min möglich Schock
4 Katheterplatzierung (. Abb. 3.6) 4 Überbrückung bis zur Diagnostik, bis zur
5 perkutan mittels Seldinger-Technik (Im- Koronarrevaskularisation (PCI) bzw. bis zur
plantation des Systems innerhalb weniger Implantation eines biventrikularen Unterstüt-
Minuten von erfahrenem Team!) oder aber zungssystems (»bridging to bridging«)
chirurgische Insertion (ggf. über aufgenähte 4 Transport hämodynamisch bzw. respiratorisch
Gefäßprothese) instabiler Patienten zur definitiven Versorgung
86 Kapitel 3 · Kardiovaskulär wirksame Medikamente und mechanische Kreislaufunterstützung
jKomplikationen
4 Ischämie der unteren Extremität
3 4 arterielle bzw. venöse Thrombose
4 Blutungen
4 Infektion
4.1 Blutgruppen – 90
4.2 Blutprodukte – 91
4.3 Transfusion – 97
4.1 Blutgruppen
. Tab. 4.1 Blutgruppenhäufigkeiten
Zitrat Antikoagulation (fällt ionisiertes Kalzium aus und hemmt somit Gerinnung)
Adenin Lagerungsfähigkeitsverlängerung
5 Lagerung bei 2–6°C (erschütterungsfrei) bis (incl. Gerinnungsfaktoren) und Zusatz additi-
49 Tage ver Lösung zur Haltbarkeitsverlängerung.
Indikationen
. Tab. 4.4 Blutgruppenkompatible Gabe von FFP
Nur bei Patienten mit komplexen Antikörper-
gemischen oder mit Antikörpern gegen ubiqui- Patient (Empfänger) Kompatible FFP
täre Antigene, die nicht anders versorgt werden
können. A A (AB)
B B (AB)
Bestrahltes EK
AB AB
4 Herstellung: Bestrahlung mit 30 Gy kurz vor
4 der vorgesehenen Transfusion. Zerstörung im- 0 0 (A, B, AB)
munkompetenter Lymphozyten. Nach Mög-
lichkeit sollten leukozytenarme gefilterte EK
bestrahlt werden divraten bei Karzinompatienten, der Kranken-
4 Nachteil: der lagerungsbedingte Kaliumaustritt hausmortalität, der Verlängerung der Kran-
aus den Erythrozyten wird durch Bestrahlung kenhausliegezeit! Des Weiteren existiert der
zusätzlich verstärkt Verdacht auf eine erhöhte Leukämierate nach
Fremdblutgabe o restriktive Transfusionspoli-
jAbsolute Indikationen tik und Maßnahmen zur Vermeidung von
4 intrauterine Transfusion Fremdblutgaben wie z. B. Patient Blood
4 Neugeborene (<37. SSW) Management, das Anheben der Transfusions-
4 Stammzell- oder Knochenmarktransplantation schwelle sowie das Führen von Transfusion-
4 autologe Stammzellenentnahme trigger-Checklisten! Gabe von intravenösen
4 lymphoproliferative Erkrankungen Eisen (z. B. Ferinjekt) und/oder Erythropoetin
4 Immundefizitsyndrom bei Eisenmangelanämie (zurzeit für diese Indi-
4 alle gerichteten Blutspenden aus der engen kation keine offizielle Zulassung!), präopera-
Familie tive Therapie von Anämien bei chronischen
Erkrankungen, maschinelle Autotransfusion
jRelative Indikationen (MAT), Wiederaufbereitung von Drainagen-
4 Patienten mit Malignom unter Hochdosis- blut, schonende Operationstechniken.
Chemotherapie
4 Autoimmunerkrankungen
4 Morbus Hodgkin 4.2.3 Fresh-frozen Plasma (FFP)
4 Transplantation solider Organe (Immunsup- (. Tab. 4.4)
pression)
4 Austauschtransfusion 4 Herstellung: innerhalb von 6 h (maximal 24 h)
tiefgefrorenes Plasma, welches aus einer Voll-
> Für Kinder und Patienten vor/nach Trans-
blutspende (≈270 ml) oder durch Plasmapha-
plantation sollten nur CMV-freie und
rese (≈600 ml) gewonnen worden ist
bestrahlte Konserven verwendet werden!
4 Antikoagulanzien: Citrat-Phosphat-Dextrose-
4 Die Gabe von Fremdblut führt zu einer kli- Adenin (CPDA)
nisch fassbaren Immunsuppression bei 4 physiologische Zusammensetzung prokoagula-
reduzierter »natural killer cell activity« und torischer und profibrinolytischer Faktoren
reduzierter T-Zell-Entwicklung o verminder- 4 gerinnungsaktive Qualität von Frischplas-
te Abstoßungsreaktion nach Nierentransplan- men abhängig von
tation, günstige Beeinflussung des postoperati- 5 Konzentration beim Spender (große inter-
ven Verlaufs von Autoimmunerkrankungen individuelle Schwankungen bei Spendern
wie z. B. Morbus Crohn. von 0,6–1,4 U/ ml jedes Gerinnungsfaktors,
4 Die Gabe von Fremdblut führt zur Erhöhung dabei entspricht 1 U/ ml 100 % Aktivität
der Infektionsrate, Erhöhung von Tumorrezi- eines Plasmapools)
4.2 · Blutprodukte
95 4
5 Lagerung (Temperatur) 5 spätestens bei 1- bis 1,5-fachen Verlust des
5 Herstellungsverfahren (Virusinaktivierung geschätzten Blutvolumens
durch Methylenblau, Hitze etc.)
5 Auftauen (Temperatur und Geschwindig- Dosierung
keit): Soll: 25 min bei 37°C
5 Faustregel: 1 ml/kg FFP o Erhöhung des
– die Aktivität des Gerinnungsfaktors VIII
Faktorengehalts um ≈1–2 %
im aufgetauten Plasma soll mindestens
5 Massivtransfusion: EK: FFP = 3:1 bis notfalls
70 % der individuellen Ausgangsaktivität
1:1
sein (also mindestens 0,7 U/ ml, von BGA
5 Leberausfall: 10–20 ml/kg, initial 4 Einhei-
vorgeschrieben)
ten, Tagesbedarf ≈8 Einheiten
– nach dem Auftauen verlieren sie jedoch
rasch an Aktivität: 60–70 % der Aus-
gangsaktivität nach dem Auftauen, außer
Faktor V (≈40–50 %), da sehr labil jKontraindikationen
4 Plasmaeiweißallergie
> FFP innerhalb einer ½ h nach dem Auftauen
4 Mangel einzelner Gerinnungsfaktoren
geben! Nach 4 h nur noch 40–50 % der Aus-
4 Volumenmangel ohne Gerinnungsstörungen
gangsaktivität vorhanden, nach 6 h 0 %
4 Hypervolämie, Hyperhydratation, Lungen-
4 zulässiger Restzellgehalt: ödem
5 Erythrozyten: <1000/μl
5 Leukozyten: <500/μl jNebenwirkungen
5 Thrombozyten: <20.000/μl 4 Überempfindlichkeitsreaktionen
4 Proteinkonzentration: 60 g/l 4 Herz-Kreislauf-Reaktionen infolge von Citrat-
4 Lagerung: bei –30°C: bis 1 Jahr, bei –40°C: bis reaktionen bei Leberfunktionsstörungen sowie
2 Jahre, bei –70°C: bis 3 Jahre bei Neugeborenen, besonders bei schneller
Transfusion
jIndikationen 4 Immunisierung des Empfängers gegen Plasma-
4 angeborener Faktor-V- und -XI-Mangel (es proteine
gibt keine Einzelfaktorenpräparate hierfür) 4 transfusionsinduzierte akute Lungeninsuffi-
4 Lebererkrankungen mit aktiver klinischer zienz (TRALI-Syndrom): sehr selten und tritt
Blutung fast ausschließlich durch Übertragung größe-
4 Plasmaaustausch bei Moschkowitz-Syndrom, rer Mengen Plasma, das granulozytenspezifi-
thrombotisch-thrombozytopenischer Purpura sche Antikörper enthält, auf
(wird derzeit als Therapie der Wahl angesehen) 4 mit nichtinaktiviertem Plasma können Erreger
4 Guillain-Barré-Syndrom (der mehrfache von Infektionskrankheiten (z. B. HBV, HCV,
Plasmaaustausch ist einer rein supportiven CMV, HIV, Parvovirus B19) oder andere
Therapie nachweislich überlegen) Mikroorganismen übertragen werden
4 Austauschtransfusionen (von mehr als dem 4 Virusinaktivierung des Plasmas durch
errechneten Blutvolumen des Patienten) bei 5 Hitzebehandlung
Kindern und Erwachsenen 5 Alkoholfraktionierung
4 evtl. Verdünnungskoagulopathie infolge 5 photodynamische Einzelplasmabehandlung
Massivtransfusion mit Methylenblau und Lichtexposition
4 evtl. Notfallindikation beim Hämophilie- 5 Behandlung von Poolplasma mit Solvent/
patienten Detergent-Verfahren (S/D): Tri-N-butyl-
4 evtl. Verbrauchskoagulopathie phosphat o hoher Verlust der Aktivität von
4 Gabe von FFP bei Kindern: Faktor V und VIII
5 bei Quick <40 %, PTT >150 % der Norm 5 seit 01.07.1995: Lagerung von 4 Monaten
und Fibrinogen <0,75 g/l bzw. vorgeschrieben o Quarantäneplasma
96 Kapitel 4 · Blut und Blutprodukte
A A (0)
Hämatokrit ᄝ: 41–50 % ᄛ: 46 %
MCH 27–34 pg
MCV 85–98 fl
>6–8 g/dl bzw. > 3,7-5,0 mol/l Keine Risikofaktoren, adäquate Kompensation Nein 1C+, Soll
* in Einzelfällen kann ein niedriger Hb-Wert toleriert bzw. ein höherer Hb-Wert indiziert sein!
KHK-Patient 8-10 30
Volumenverlust Therapie
ab Verlust des einfachen Blutvolumens EK-Einsatz nach Hb-Wert FFP-Gabe im Verhältnis 1:1 (EK:FFP)
A + – – +
B – + + –
4 AB + + – –
0 – – + +
4 Minimierung des interventionellen und dia- pro Jahr (Zahlen aus dem Jahr 2008). Im Jahr 2011
gnostischen Blutverlustes (keine Routinelabor, wurden 4,3 Mio. Erythrozytenkonzentrate in
Verwendung spezieller Blutabnahmesets, …) Deutschland transfundiert!
4 autologe Blutrückgewinnung (Aufbereitung
des Drainageblutes mittels Cell-Saver)
4 Prophylaxe der oberen gastrointestinalen Blu- 4.3.4 Verträglichkeitstests
tung o Gabe von Protonenpumpenblocker bei (Prophylaxe hämolytischer
Risikopatienten Transfusionsreaktionen)
4 Vermeidung und zeitnahe Behandlung von
Infektionen o Vermeidung einer Infekt- Vor jeder Transfusion müssen folgende Unter-
anämie suchungen bzw. Tests durchgeführt werden:
4 Bestimmung der Blutgruppe und des Rh-
Erhöhung und Ausschöpfung Faktors (. Tab. 4.10)
der Anämietoleranz 4 Antikörpersuchtest (indirekter Coombs-Test)
4 Optimierung der Anämiereserve o Aufrecht- beim Empfänger und Spender
erhaltung einer Normovolämie und normales 4 Kreuzprobe
Herzminutenvolumen 4 Überprüfung des Blutgruppenbefundes, der
4 Maximierung der O2-Versorgung o Gabe von Kreuzprobe und der Konserve
O2, Optimierung der Beatmung (Hyperoxie) 4 Bedside-Test vom Patienten
und der Hämodynamik, evtl. Gabe von Ka-
techolaminen, PEEP-Beatmung,… Bestimmung der Blutgruppe und
4 Reduktion des O2-Bedarfes o Einhaltung der des Rh-Faktors (Kreuzprobe)
Normothermie (Antipyretika bei Fieber), evtl. Mit der Kreuzprobe soll festgestellt werden, ob sich
milde Hypothermie, Thyreostatika bei Hyper- Antikörper beim Spender oder Empfänger befinden
thyreose, adäquate Analgosedierung evtl. mit und eine hämolytische Transfusionsreaktion auslö-
Muskelrelaxation im Einzelfall, Therapie des sen können. Die Kreuzprobe besteht aus 3 Stufen:
unbehandelten arteriellen Hypertonus,… 4 Stufe 1 = Kochsalztest (eigentliche Kreuz-
4 strenge Indikationsstellung zur Bluttransfusion probe)
o Festlegung des patientenspezifischen 5 die Erythrozyten des Spenders werden mit
Transfusionstrigger dem Serum des Empfängers (Majorteil) und
umgekehrt (Minorteil) zusammengebracht
Anmerkung: Deutschland hat im EU-Vergleich 5 Majortest
eine sehr hohe Transfusionsrate: 57,3 EK pro 1000 5 das Empfängerserum wird auf Antikörper
Einwohner vs. 36,1 in England und 34,4 in Frank- gegen Spendererythrozyten untersucht
reich, EU-Durchschnitt 40 EK pro 1000 Einwohner 5 Minortest
4.3 · Transfusion
101 4
5 Spenderserum wird auf Antikörper gegen 4 Der Bedsidetest ist unmittelbar vor der Trans-
Empfängererythrozyten untersucht fusion vom transfundierenden Arzt oder unter
5 besonders wichtig bei Neugeborenen und seiner Aufsicht durchzuführen, um die AB0-
Kleinkindern mit noch nicht ausgereiftem Blutgruppe des Empfängers zu bestätigen. Das
Immunsystem Ergebnis ist schriftlich zu dokumentieren. Eine
> Tritt beim Major- oder Minortest nach
Testung der Konserve ist nicht mehr vorge-
Inkubation von 5 min bei Raumtemperatur
schrieben!
und anschließender Zentrifugation schon
4 Eine Bestimmung des Rhesusfaktors oder
eine Agglutination auf, besteht Unverträg-
eine Blutgruppenkontrolle des EK (»Inhalts-
lichkeit, und die weiteren Tests können
kontrolle«) ist nicht vorgeschrieben.
weggelassen werden.
4 Bei Eigenblut muss der Bedsidetest vom Emp-
fänger und von der Eigenblutkonserve (»In-
4 Stufe 2 = Albumintest haltskontrolle«) durchgeführt werden, um Ver-
5 Suche nach kompletten Antikörpern oder tauschungen zu vermeiden, da hier keine
Antikörpern, die in Kochsalz keine Aggluti- Kreuzprobe erfolgt.
nation hervorrufen
5 Zugabe von 30 %-igem Rinderalbumin und
Maßnahmen vor Transfusion
Inkubation von 30–45 min bei 37°C
Vor Beginn der Transfusion hat der transfun-
5 nach Zentrifugation wird auf Agglutination
dierende Arzt persönlich zu überprüfen:
untersucht
5 den Blutgruppenbefund des Empfängers
4 Stufe 3 = Coombs-Test (direkter Coombs-Test)
und evtl. vorliegende irreguläre Antikörper,
5 Die Suche nach inkompletten Antikörpern,
5 ob die Konserve für den entsprechenden
die erst durch Zugabe von Coombs-Serum
Empfänger bestimmt ist,
(Antihumanglobulin) eine sichtbare Agglu-
5 ob die Blutgruppe der Konserve (Konser-
tination bewirken. Die im Coombs-Serum
venetikett) dem Blutgruppenbefund des
enthaltenen Antikörper bilden eine »Ver-
Empfängers entspricht,
bindungsbrücke« zwischen inkompletten
5 ob Verträglichkeit besteht (negative Kreuz-
Antikörpern.
probe) und die Kreuzprobe noch Gültigkeit
Antikörpersuchtest besitzt (in der Regel 72 h),
(indirekter Coombs-Test) 5 ob die angegebene Konservennummer mit
dem Begleitschein übereinstimmt,
Bei Empfänger und Spender
5 ob die Konserve unversehrt und das Ver-
4 Im Unterschied zur Kreuzprobe werden
fallsdatum nicht überschritten ist.
gepoolte Testerythrozyten mit einer optimalen
5 Durchführung des Bedsidetests (oder unter
Anzahl von Antigenen mit Empfänger- bzw.
seiner Aufsicht)
Spenderserum vermischt.
4 Aufdeckung der meisten irregulären bzw.
inkompletten Antikörper wie z. B. Rhesus, Kell,
Duffy, Lewis, Kidd etc. 4.3.5 Auswahl von Erythrozyten-
4 Eine weitere Identifizierung von irregulären konzentraten (. Tab. 4.11)
Antikörpern erfolgt dann gegebenenfalls mit
speziellen Testerythrozyten. > Nach Möglichkeit sollte AB0- und Rh-blut-
gruppengleich transfundiert werden.
Bedsidetest
4 Mit dem Bedsidetest sollen Vertauschungen 4 Einem Rh-neg-Empfänger darf Rh-pos-Blut
und Verwechslungen bei der Blutabnahme, bei nur im Notfall transfundiert werden, da der
der Kreuzprobe oder bei der Zuordnung der Empfänger Antikörper bildet, die oft lebens-
Blutpräparate zum Patienten entdeckt werden. lang erhalten bleiben. Wird einem solchen
102 Kapitel 4 · Blut und Blutprodukte
1:100.000*
<1:5 (TK)
1:600.000*
Allergische Transfusionsreaktion
< 1:180.000*
1:1428 (TK)
– HBV 1:360.000
Modifiziert nach Bundesärztekammer: Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten 3. Aufl., 2003
* Zahlen abgeleitet aus Meldungen an das britische Register Serious Hazards of Transfusion (SHOT), http://www.
shotuk.org
Thrombozytenhochkonzentrat 10–500
(Plasmapherese)
Leukozytendepletiertes TK 1–50
4 Koagulopathie durch Verbrauch (Mangel an
Faktor V und VIII) o Labor: PTT n, Quick p,
Fibrinogen p, AT III p, Protein C p
4 Hyperkoagulopathie (bei nur mäßiger Akti-
4.3.8 Massivtransfusion vierung der Fibrinolyse, D-Dimere) o Labor:
PTT p
Definitionen
Nicht einheitlich: Übertragung von Mikroaggregaten
4 Austausch des einfachen Sollblutvolumens 4 Mikrofilter mit 10–40 μm verwenden!
(70 ml/kg) innerhalb von 24 h
4 Austausch des 1,5-fachen Sollblutvolumens in- Citratintoxikation bzw. Hypokalzämie
nerhalb von 24 h 4 Kalzium (ionisiertes Kalzium: Normalwert
4 Austausch des halben Sollblutvolumens in 12 h 1,1–1,4 mmol/l)
und einer Infusionsrate von >1,5 ml/kg/min 4 Die Leber ist normalerweise in der Lage, das
4 benötigte Transfusion >10 EK 100-fache der normalen Serumcitratkonzent-
ration während einer einzelnen Passage zu me-
! Durch die Gabe vor allem von FFP kommt es
tabolisieren. Bei einer Citratüberschwemmung
zur Verdünnung von plasmatischen Gerin-
kommt es auch zu einer Hypokalzämie, da
nungsfaktoren (. Tab. 4.14). Exponentieller
Citrat ionisiertes Kalzium bindet.
Verlust der Gerinnungsfaktoren!
4 Hypothermie, verminderte Leberdurchblutung
und Hyperventilation erhöhen zusätzlich die
Auswirkungen Gefahr der Hypokalzämie
Körpertemperaturabfall 4 Gesamtkalziumwerte (im Labor gemessen)
4 25–30 kalte Blutkonserven (4–6°C) o Abfall können irreführend sein
der Kerntemperatur auf 26–29°C mit Gefahr 4 deutliche Effekte auf die Gerinnung hat die
des Kammerflimmerns ionisierte Hypokalzämie erst <0,5 mmol/l
4 eine Hypothermie per se löst eine Gerinnungs- 4 kardiale Phänomene können schon bei Werten
störung aus <0,75 mmol/l Ca2+ auftreten
4 daher Erwärmung auf 37°C, Blutwärmegeräte 4 Ca2+-Substitution nicht routinemäßig, sondern
nur bei erniedrigtem ionisiertem Kalziumspie-
Störungen der Blutgerinnung gel, wenn keine Ca2+-Bestimmung möglich o
4 Verlustkoagulopathie durch Blutung ≈10 ml, Ca-Glukonat 10 % pro 4 EK oder FFP
4 Dilutionskoagulopathie durch Substitution 4 Ca2+-Substitution durch Ca-Glukonat oder
mit kristalloiden oder kolloidalen Volumener- CaCl2
satzmitteln oder EK (zuerst Thrombozytenp)
4.4 · Transfusionsgesetz (TFG)
107 4
! Ca-Glukonat und CaCl2 haben verschiedene 4 Dokumentationspflicht gemäß § 14 für
Molarität, bei CaCl2 wird mehr ionisiertes folgende Produkte:
Ca2+ freigesetzt (nicht an den Lebermetabo- 4 Eigenblut
lismus gebunden)! 4 Fremdblut + Komponenten (Erythrozyten-
konzentrate etc.)
4 10 ml Ca-Glukonat 10 % (0,225 mmol/ ml) 4 Blutprodukte bzw. Plasmaderivate (α1-
4 10 ml Ca-Glukonat 20 % (0,45 mmol/ ml) Proteinaseninhibitoren, [Albumin], C1-Inhibi-
4 10 ml CaCl2 liefert mehr ionisiertes Ca2+ (0,5 tor, Fibrinkleber, Fibrinogen, Gerinnungsfak-
mmol/ ml) im Vergleich zu Ca-Glukonat 10 % toren VII, VIII, IX, XIII; Prothrombinkom-
plex-Präparate [PPSB], AT III, FFP, Immunglo-
Hyperkaliämie buline, Interferone, Plasminogen,
4 abhängig vom Alter der Konserven (Azidose Plasmaproteinlösung, Protein C, Serumcholin-
verstärkt die Hyperkaliämie) esterase, Transferinfaktor, G-CSF im Rahmen
der Stammzelltransfusion [sonst nicht
Azidose dokumentationspflichtig])
4 Stammzellen
! Überkorrektur, da Citrat in Leber zu Bikar-
4 Dokumentation auch von nicht angewand-
bonat metabolisiert wird.
ten/applizierten Blutprodukten (§ 17)
4 Überwachung der Einhaltung des TFG durch
2,3-DPG (2,3-Diphosphoglycerin) p einen zu benennenden Transfusionsverant-
4 mit Linksverschiebung der O2-Bindungskurve wortlichen bzw. Bildung einer Transfusions-
(bei bis zu 5 Tage alten Konserven unbedeutend) kommission in Krankenhäusern mit Spende-
einrichtung oder transfusionsmedizinischem
Dosierung Institut
4 Meldung des jährlichen Hämostatikaver-
5 Faustregel
brauchs bzw. Anzahl der behandelten Patien-
5 nach Transfusion des 6.–8. EK bzw. dem
ten mit angeborener Hämostasestörung (§ 21)
12.–14. EK o rasche Gabe von 3–4 FFP, an-
4 Meldung von unerwünschten Arneimittelwir-
schließend Transfusionsverhältnis EK:FFP =
kungen (UAW) gemäß § 16
3:1
4 Implemetierung einer
5 pro 4 FFP 10 ml Ca-Glukonat 10 % bzw. 5 ml
4 Qualitätssicherung (§ 15)
CaCl2
4 bei Verdacht auf transfusionsbedingte Infektio-
5 pro 10 EK 4–6 Thrombozytenkonzentrate
nen Unterrichtungspflicht der betroffenen
Spendeeinrichtung bzw. des pharmazeutischen
Unternehmens und ggf. Rückverfolgung der
4.4 Transfusionsgesetz (TFG) spendenden Personen (§ 19)
> Aufbewahrung der Dokumentation für
Blut und Blutkomponenten unterliegen in Deutsch-
15 Jahre!
land dem Arzneimittelgesetz.
Weitere Informationen, Links und Originaltexte
finden sich u. a. an folgenden Stellen:
4.4.1 Wesentliche Punkte des 4 http://www.bundesanzeiger.de (Originaltext
Transfusionsgesetzes des Transfusionsgesetzes)
4 http://www.pei.de (Paul-Ehrlich-Institut: Trans-
4 Inkrafttreten am 07.07.1998 mit Ausnahme fusionsgesetz mit Kommentar und Diskussion)
von § 15 TFG (Qualitätssicherung) und § 22 4 http://www.rki.de (Voten des Arbeitskreis Blut)
TFG (epidemiologische Daten). Inkrafttreten 4 http://www.aerzteblatt.de (offizielle Verlautba-
von § 15 am 07.07.2001, § 22 am 07.07.2000 rungen der Bundesärztekammer)
108 Kapitel 4 · Blut und Blutprodukte
Analgesie, Sedierung
und Delir-Management
5.1 Analgesie und Sedierung 4 bei dementer Patient durch Anwendung des
Scores für Beurteilung von Schmerzen bei
M. Fresenius Demenz (BESD)
0 1 2 Punkte
Körpersprache Entspannt Angespannt, nervös hin und Starr, geballte Fäuste, angezo-
hergehen, nesteln gene Knie, sich entziehen oder
wegstoßen, schlagen
Trost Trösten nicht Ablenken oder beruhigen durch Trösten, ablenken, beruhigen
notwendig Stimme oder Berührung möglich nicht möglich
Summe
. Tab. 5.3 Richmond Agitation and Sedation Score (RASS). (Adaptiert nach Ely et al. 2003)
Ausdruck Beschreibung
−1 Schläfrig Nicht ganz aufmerksam, aber erwacht anhaltend durch Stimme (>10 s)
−3 Mäßige Sedierung Bewegungen oder Augenöffnung durch Stimme (aber keinen Augenkontakt)
−4 Tiefe Sedierung Keine Reaktion auf Stimme, aber Bewegung oder Augenöffnung durch körper-
lichen Reiz
4 Wach und kooperativ Der Algorithmus in . Abb. 5.1 gibt einen Überblick
5 Agitation über die Analgesiekonzepte.
6 Stark agitiert
Mehr als 75 % aller kontrolliert oder assistiert
beatmeten Patienten erhalten eine sedierende und/
7 Gefährlich agitiert
oder analgetische Therapie. Hierbei ist zu berück-
sichtigen, dass die Opioide von der Infusionszeit
abhängige Halbwertszeiten (= Dauer der Abnahme
. Tab. 5.5 Bispektrale Indexbestimmung mittels der Arzneimittelkonzentration im Blut auf die Hälf-
EEG-Registrierung
te der Ausgangskonzentration) aufweisen (kontext-
BIS-Index Sedierungsgrad
sensitive Halbwertszeiten). Die kontextsensitive
Halbwertszeit einzelner Substanzen wird in . Abb.
71–100 Voll wach bis leichte Sedierung 5.2 wiedergegeben!
70 Tiefe Sedierung > Bei neuropathischen Schmerz: Gabe von Gapa-
40 Tiefe Hypnose pentin (Neurontin, Pregabalin (Lyrica) bzw. Car-
0 Isoelektrische EEG-Aktivität
bamazepin (Tegretal) (1B-Empfehlung).
5.1.9 Sedierungskonzept
ment) wurde verlassen. Aktuell wird ein
bestimmtes Analgesiekonzept mit einem 4 voraussichtliche Therapiezeit <7 Tage: Bei-
Sedierungskonzept individuell kombiniert! spielsweise bei postoperativer Nachbeatmung
Gabe von:
5 Propofol ab 16. Lebensjahr und Infusions-
5.1.8 Analgesiekonzept rate <4 mg/kg KG/h sowie Dauer für maxi-
mal 7 Tage
4 voraussichtliche Therapiezeit <72 h: Gabe von 5 Midazolam oder Lormetazepam (Sedalam)
5 Piritramid (Dipidolor), Oxycodon (Oxyge- i.v. (bolusweise oder kontinuierlich)
sic Injekt) bzw. Hydromorhon (Palladon) 5 inhalative Sedierung mit volatilen Anästhe-
bei Niereninsuffizienz i.v. als Bolus tika (Isofluran oder Sevofluran) mittels
5 Remifentanil (Ultiva, kontinuierlich) für Miniaturverdampfer (AnaConDa)
maximal 3 Tage i.v. 4 voraussichtliche Therapiezeit >7 Tage: Bei-
5 Nicht-Opioid-Analgetika (Basisanalgetika spielsweise bei Patienten mit Sepsis, ARDS,
wie z. B. Metamizol, Iburofen, Diclofenac Peritonitis, ausgeprägtem Polytrauma/SHT
oder Parecoxib (Dynastat), …) Gabe von:
5 Lokalanästhetikum 2 %iges Lidocain konti- 5 Propofol (kontinuierlich) i.v.
nuierlich i.v. für 24–48 h (off-label use) 5 Dexmeditomidin (Dexdor) kontinuierlich
5 Sufentanil (kontinuierlich) i.v. i.v.
5 rückenmarksnahe (thorakale oder lumbale 5 Midazolam (kontinuierlich), kombiniert
PDA) oder periphere Regionalanästhesie- evtl. mit Ketamin-(S) kontinuierlich i.v.
verfahren 5 Lorametazepam (kontinuierlich) i.v.
114 Kapitel 5 · Analgesie, Sedierung und Delir-Management
! Die Gabe von Benzodiazepinen stellt einen Kein abruptes Absetzen der Sedativa und Opi-
Risikofaktor für die Entwicklung eines Delirs oide. Die Medikamente sollten nach Langzeitsedie-
da! rung nicht abrupt abgesetzt werden! Durchführung
einer ausschleichenden Therapie wird empfohlen!
Sedierungsziel ist meistens ein RAS-Score von 0 o Vermeidung der Entwicklung einer Entzugspro-
bis −1. blematik (. Abb. 5.3):
Eine sehr tiefe Sedierung ist nur noch wenigen 4 Kurzzeitsedierung (<7 Tage): Reduktion der
speziellen Indikationen vorbehalten, wie z. B. Sedierung um 10–15 % alle 6–8 h
4 nicht adäquate Ventilation bei Schwierigkeiten, 4 Langzeitsedierung (>7–10 Tage): Reduktion
den Patienten an die maschinelle Beatmung zu der Sedierung um 10–15 % pro Tag
adaptieren
4 Hirndrucksymptomatik mit drohender Ein-
klemmung 5.1.10 Adjuvante Substanzen
4 Senkung des Sauerstoffverbrauchs bei dro-
hender Hypoxie Das Analgesie- und Sedierungskonzept wird evtl.
durch adjuvante Substanzen ergänzt:
> Täglich sollte eine mehrfache Evaluation der Not-
4 α2-Agonisten wie Dexmetidomidin oder das
wendigkeit der sedierenden Therapie erfolgen!
unselektivere Clonidin (Paracefan) bei
Es wird empfohlen, den Sedierungsgrad mehrfach Langzeitsedierung oder in der Phase der
täglich zu erfassen und den für die notwendige Se- Entwöhnung oder bei drohendem Entzug
dierungstiefe erforderlichen, individuellen Medika- 4 Nichtopioidanalgetika wie Metamizol (bis
mentenbedarf zu eruieren und evtl. eine Dosisan- 4-mal 1 g/Tag als Kurzinfusion) und Coxibe
passung durchzuführen! (Empfehlung mindestens bei kardial nicht vorerkrankten Patienten
8-stündlich). 4 schwach wirksame Opioide als Bolusergän-
Im Hinblick auf die zu erwartende voraussicht- zung z. B. Piritramid (Dipidolor) 7,5 mg
liche Sedierungsdauer sollte eine gezielte Auswahl (= ½ Amp.) i.v. oder das stärker wirksame
der Medikamente erfolgen. Oxycodon (Oxygesic inject) 5−10 mg i.v.
Bei kontinuierlicher Gabe sollte eine getrennte 4 volatile Anästhetika (Isofluran, Sevofluran)
Verabreichung von sedierenden Medikamenten über AnaConDa-System
und Analgetika durchgeführt werden! Vermeidung 4 γ-Hydroxybuttersäure
einer fixen Medikamentenkombination, um hier-
durch die Einzelkomponenten bedarfsgerecht steu-
ern zu können.
116 Kapitel 5 · Analgesie, Sedierung und Delir-Management
Dosierung jKontraindikationen
4 bekannte Allergie, ausgeprägte Hypovolämie
5 Erwachsene: 0,2–0,5 mg Bolus i.v. und extreme Bradykardie, Fettstoffwechsel-
5 Anschließend 2–4 μg/kg KG/h kontinuierlich störung
5 1 Amp. = 10 ml = 2 mg
Dosierung
Dosierung
jNebenwirkungen
5 0,5–4,5 mg/kg/h = 2–10 ml/h = 60–300 mg/h
4 Bradykardie (Verlängerung der Refraktärzeit
5 Beispiel für Perfusorzusammensetzung: 1,5 g
des AV-Knotens) und Hypotonie
Ketamin + 20 ml NaCl 0,9 % (= 30 mg/ml)
4 GI-Motilitätsstörungen
jKontraindikationen
jNebenwirkungen 4 ausgeprägte arterielle Hypotonie und paraly-
4 Hypersalivation tischer Ileus
4 Tachykardie und Hypertonie
> Einsatz von Clonidin führt meist zu einer
4 psychomimetische NW nicht ausgeschlossen
Reduktion des Sedativa- und Analgetikabe-
! Kombination mit Midazolam oder Propofol darfs. Es empfiehlt sich auch bei Entzugs-
zur Vermeidung von psychomimetischen symptomatik.
Nebenwirkungen notwendig!
Dexmedetomidin (Dexdor)
jKontraindikationen 4 selektiver α2-Agonist mit hoher Affinität zum
4 fixierter pulmonaler Hypertonus, fraglicher α2-Rezeptor (α2/α1-Affinität = 1600:1)
KHK und intrakranielle Druckerhöhung 4 sedierende, opioidsparende und sympathikoly-
tische Wirkung, keine atemdepressive Wir-
γ-Hydroxybuttersäure (Somsanit) kung, allerdings Reduktion des Tonus der
4 hoher Na-Gehalt, selten Myoklonien, Wirkung Pharynx- und Mundbodenmuskulatur (Cave:
evtl. mit Physostigmin antagonisierbar Obstruktion der oberen Atemwege!)
4 Patienten sind jederzeit leicht erweckbar und
Dosierung interaktiv
4 Reduktion der Rate an Delirium bei Risiko-
5 Initial-Bolus: 50 mg/kg, dann 10–20 mg/
patienten
kg/h = 750–1500 mg/h o 3,5–7,5 ml/h
5 mögliche Perfusorzusammensetzung: 10 g Dosierung
γ-Hydroxybuttersäure (Somsanit) pur auf
50 ml (= 0,2 g/ml) 5 Loading dose: 1 μg/kg über 10 min
5 Anschließend 0,2–0,7 μg/kg/h, evtl. bis
1,5 μg/kg/h
120 Kapitel 5 · Analgesie, Sedierung und Delir-Management
5
. Abb. 5.4 Aufbau des AnaConDa-Systems. (Nach Sedana Medical)
jIndikationen
4 Operationen, bei denen bekanntermaßen jPraktisches Vorgehen
postoperativ starke Schmerzen auftreten 4 ausschließlich 5 ml Ampullen Lidocain 2 %
können (z. B. große bauchchirurgische Ein- verwenden, da die 50 ml-Ampullen Paraben
griffe) und Kontraindikationen für einen PDK als Konservierungsmittel enthalten o große
bestehen allergene Potenz
4 Perfusor mit 10 Ampullen 5 ml Lidocain 2 % =
jKontraindikationen 1000 mg Lidocain/50 ml = 20 mg/1 ml
4 Reizleitungsstörung, AV Block II° und III°, 4 Stoppen der Zufuhr bei intraoperativ hohem
Sick sinus usw. Volumenumsatz mit Hypotonie
4 Vormedikation: Antiarrhythmika 4 der Lidocain-Perfusor muss 30 min vor einer
4 alle Formen des Schocks Verlegung auf die Normalstation gestoppt
4 Herzinsuffizienz werden!
4 Allergie gegen Lidocain/Lokalanästhetika
122 Kapitel 5 · Analgesie, Sedierung und Delir-Management
5.1.14 Regionale Analgesieverfahren 4 entweder als »single shot« oder als Katheter-
technik
Folgende regionale Anästhesie- und Analgesiever-
fahren kommen als Bestandteil des schmerzthera-
peutischen Konzeptes in der Intensivmedizin zur 5.2 Delir und Delir-Management
Anwendung:
jDefinition
Rückenmarksnahe Leitungs- Unter Delir/Delirium versteht man eine akute re-
anästhesien/-analgesien versible Psychose mit qualitativer Bewusstseinsstö-
4 vorzugsweise die thorakale Katheterepidural- rung und Sinnestäuschung, die durch 3 Hauptkom-
5 analgesie (kontinuierlich oder als PCEA) bei ponenten gekennzeichnet ist:
Oberbauch- und Thoraxeingriffen 4 Negativsymptomatik/Akinesie oder
4 o Verbesserung der intestinalen Motilität bei Hypokinese
Anlage in Höhe Th5–10 und der pulmonalen 4 produktiv-psychotische Symptomatik
Funktion mit geringeren Raten an pulmonalen 4 Agitation
Komplikationen
4 hierdurch Einsparung von Opioiden und jEinteilung
Nichtopioidanalgetika mit besserer periopera- 4 hyperkinetisches Delir
tiver Analgesie und verkürzter intensivmedizi- 4 akinetisches Delir (klinisch nicht immer zu
nischer Behandlungsdauer erfassen!)
4 Die amerikanischen Leitlinien 2013 empfehlen 4 Mischform (mit fluktuierender Symptomatik)
eine thorakale Periduralanästhesie/-analgesie
nur bei Patienten, die sich einen abdominellen jInzidenz
Aorteneingriff unterziehen (1B-Empfehlung) 4 >60 % aller Patienten zeigen nach Langzeit-
oder eine traumatische Rippen(serien)fraktur sedierung eine Entzugssymptomatik unter-
(2B-Empfehlung) aufweisen! schiedlichen Schweregrades
4 Kontraindikation für die Anlage des rücken- 4 daneben Delir-Symptomatik unter speziellen
marknahen Katheters: Sepsis mit positiver Konstellationen (Alkohol- und Opioidentzug,
Blutkultur, jegliche Schockformen, erhöhter bei polytraumatisierten Patienten [63–83 %]
Hirndruck, spezifische neurologische Vor- etc.)
erkrankungen ohne Dokumentation, hoch-
gradige Aorten- und Mitralstenosen, manifeste jFolgen
Gerinnungsstörungen, lokale Infektion der 4 signifikant erhöhte Mortalität bei Patienten
Haut im Bereich der Einstichstelle, Lokalanäs- mit Delir nach 1 Jahr (im Vergleich zu Patien-
thetikaallergie, fehlende Einwilligung bzw. ten ohne Delir) (Milbrandt et al. 2004)
Ablehnung des Patienten 4 verlängerter Intensiv- und Krankenhausauf-
enthalt
Periphere Leitungsanästhesie/ 4 erhöhte Rate an langanhaltenden kognitiven
-analgesie Störungen nach »ICU-Delir«
4 der oberen und unteren Extremitäten 4 erhöhte Rate an Reintubationen und erhöhtes
4 ebenfalls bevorzugt als Kathetertechnik bei Risiko für eine Pneumonieentwicklung
größeren orthopädischen und unfallchirur- 4 Steigerung der Behandlungskosten
gischen Eingriffen
jRisikofaktoren
Andere Regionalanästhesie/ Auf folgende Risikofaktoren für Delir sollte geachtet
-analgesieverfahren werden:
4 z. B. Interkostalblockaden oder Intrapleural- 4 vorbestehende Demenz
analgesie 4 Koma (unabhängiger Risikofaktor)
5.2 · Delir und Delir-Management
123 5
4 Schwere der Erkrankung wie Sepsis (u. a. 4 Toxine/Drogen
Einsatz von Sedativa, mechanischer Beatmung 4 Schwermetallvergiftung (heavy metals)
und Intubation)
> Bei allen deliranten Patienten sollte als Erstes
4 arterieller Hypertonus und/oder Alkoholismus
eine akute respiratorische Insuffizienz bzw.
4 anticholinerge Medikation oder/und Gabe von
Hypoxie ausgeschlossen werden!
Benzodiazepinen
4 Polytrauma
4 extrakorporale Kreislaufverfahren jProphylaxe
4 Frühmobilisierung von Patienten zur Reduk-
jLabormarker tion der Inzidenz und Dauer von deliranten
4 erniedrigte Plasmaspiegel der Metallo- Zuständen (1B-Empfehlung)
proteinase-9 (MMP-9) und Protein C 4 Aufrechterhaltung des Tag-Nacht-Rhythmus,
4 erhöhte Plasmaspiegel des löslichen Tumor- Re-Orientierung des Patienten (z. B. durch Uhr
Nekrose-Faktor-Rezeptor 1 (sTNFR1) und Kalender in Sichtweite), Hör- und Seh-
hilfen müssen verfügbar sein, kognitive Stimu-
jScore-Systeme lation, enterale Ernährung sowie frühzeitige
4 Confusion-Assessment-Methode in ICU Entfernung von Drainagen
(CAM-ICU) mit einer Sensitivität und Spezifi- 4 eine prophylaktische, pharmakologische The-
tät >90 % (. Abb. 5.5) rapie mit z. B. niedrig dosiertem Haloperidol
4 Intensive-Care-Delirium-Screening-Checklist oder Dexmeditomidin wird nicht empfohlen
(ICDSC) mit einer Sensitivität von 99 % und (2C-Empfehlung)
einer Spezifität von ca. 64 % (. Tab. 5.6) 4 ausschleichende Reduktion von Analgetika
4 Nursing Delirium Screening Scale (NU-DESC) und Sedativa nach Langzeitanalgesie und
(. Tab. 5.7) Sedierung (initiale Reduktion der Medika-
4 Delirium Detection Score (DDS) (. Tab. 5.8) mente um 25 % und im Anschluss eine tägliche
Reduktion um 10 %).
Es sollte ein regelmäßiges gezieltes Screening auf
delirante Symptome mit einem validen und reliab- jTherapie (zeitnah)
len Delir-Score (. Abb. 5.6 und . Abb. 5.7) wie Zeitnahe symptomatische Therapie bei:
die beiden oben erstgenannten Scores durch- 4 Agitation: Gabe von Dexmedetomidin
geführt werden. Das Ergebnis des Delir-Monito- (Dexdor) bei fehlenden Benzodiazepin- oder
rings soll mindestens 8-stündlich dokumentiert Alkoholentzug (2B-Empfehlung), ansonsten
werden. kurzwirksame Benzodiazepine (z. B. Midazo-
lam) bei akutem Delir und Gabe von langwirk-
jUrsachen samen Benzodiazepinen (z. B. Lorazepam
Die Ursachen für das Auftreten von Entzugssymp- (Tavor pro injectione 2 mg oder Tavortablet-
tomen sind vielfältig und können anhand des Merk- ten 0,5/1/2,5 mg oder Tavor expidet 1/2,5 mg)
satzes: »I watch death« aufgelistet werden: oder Diazepam (Valium)
4 Infektion 4 sympathischer Hyperaktivität: Gabe von
4 Entzug (withdrawal) Clonidin (initial 300 μg i.v. anschließend Per-
4 akute metabolische Störung (Hypoglykämie, fusor), Betablockern (z. B. Beloc zok mite) und
Hepatopathie,…) Magnesium (1–2 g Magnesium i.v.), evtl.
4 Trauma Dexmedetomidin (Dexdor)
4 pathologisches ZNS (CNS pathology) 4 psychotischen Symptomen: Gabe von Halo-
4 Hypoxie peridol (Haldol 5–10 mg i.v.), Risperidon (z. B.
4 Mangelerkrankungen (deficiencies) Risperdallösung 1 mg/ml oder Risperdalfilm-
4 Endokrinopathie tablette 0,5/1/2/3/4 mg oder QUICKLET
4 akute vaskuläre Erkrankungen/Ischämie 1/2/3/4-mg-Schmelztablette; initial 2-mal
124 Kapitel 5 · Analgesie, Sedierung und Delir-Management
. Tab. 5.6 Intensive Care Delirium Screening Checklist (ICDSC). (Nach der S3-Leitlinie 2010)
1. Veränderte Bewusstseinslage
Keine Reaktion oder die Notwendigkeit einer starken Stimulation, um irgendeine Reaktion zu erhalten, 0–1
bedeutet, dass eine schwere Veränderung der Bewusstseinslage vorliegt, welche eine Bewertung
unmöglich macht. Befindet sich der Patient die meiste Zeit der Untersuchungsperiode im Koma oder im
Stupor, so wird ein Strich eingetragen (–) und für diese Untersuchungsperiode wird keine weitere
Bewertung vorgenommen
Ist der Patient schläfrig oder reagiert nur bei milder bis mittelstarker Stimulation, wird dies als eine
veränderte Bewusstseinslage mit 1 Punkt bewertet
Wache oder leicht erweckbare Patienten werden als normal betrachtet und mit keinem Punkt bewertet
5 Übererregbarkeit wird als eine nicht normale Bewusstseinslage mit 1 Punkt bewertet
2. Unaufmerksamkeit
Schwierigkeiten einem Gespräch oder Anweisungen zu folgen. Durch äußere Reize leicht ablenkbar 0–1
Schwierigkeit, sich auf verschiedene Dinge zu konzentrieren. Tritt eines dieser Symptome auf, wird es mit
1 Punkt bewertet
3. Desorientierung
Ein offensichtlicher Fehler der entweder Zeit, Ort oder Person betrifft wird mit 1 Punkt bewertet 0–1
Eindeutige klinische Manifestation von Halluzination oder Verhalten welches wahrscheinlich auf einer 0–1
Halluzination (z. B. der Versuch, einen nicht existierenden Gegenstand zu fangen) oder Wahnvorstellung
beruht. Verkennung der Wirklichkeit. Tritt eines dieser Symptome auf, bekommt der Patient 1 Punkt
Hyperaktivität, welche die Verabreichung eines zusätzlichen Sedativums oder die Verwendung von Fixier- 0–1
mitteln erfordert, um den Patienten vor sich selber oder anderen zu schützen (z. B. das Entfernen eines
Venenkatheters, das Schlagen des Personals). Hypoaktivität oder klinisch erkennbare psychomotorische
Verlangsamung. Tritt eines dieser Symptome auf, bekommt der Patient 1 Punkt
Weniger als 4 h Schlaf oder häufiges Aufwachen in der Nacht (das beinhaltet nicht Erwachen das durch 0–1
das medizinische Personal oder durch laute Umgebung verursacht wurde) Die meiste Zeit des Tages
schlafend. Tritt eines dieser Symptome auf, wird es mit 1 Punkt bewertet
8. Wechselnde Symptomatik
Fluktuation des Auftretens eines der Merkmale oder Symptome über 24 h (z. B. von einer Schicht zu einer 0–1
anderen) wird mit 1 Punkt bewertet.
Punkte Gesamt: 0 Pkt. = kein Delirium, 1–3 Pkt. = Verdacht auf subsyndromales Delirium, ≥4 Pkt. = Delirium
0,5 mg p.o.) oder Olanzapin (Zyprexa zen bei Patienten mit bekanntem Risiko für
2,5/5/7,5/…/20 mg p.o.) Torsade de points/QT-Zeitverlängerung
5 atypische antipsychotische Substanzen bzw. Einnahme vom Medikamenten, die zur
können die Dauer des Delirs reduzieren! Verlängerung der QT-Zeit führen (2C-
5 keine Gabe von antipsychotischen Substan- Empfehlung)!
5.2 · Delir und Delir-Management
125 5
. Tab. 5.7 Nursing Delirium Screening Scale (NU-DESC). (Nach der S3-Leitlinie 2010)
Symptome Symptomintensität
1. Desorientierung: Manifestierung einer Desorientierung zu Zeit oder Ort durch Worte oder 0–2
verhalten oder Nicht-Erkennen der umgebenden Personen
4. Illusionen/Halluzinationen: Sehen und oder Hören nicht vorhandener Dinge, Verzerrung 0–2
optischer Eindrücke
Summe
Delir ≥2 Punkte: ja
<2 Punkte: nein
. Tab. 5.8 Delirium Detection Score (DDS). (Nach der S3-Leitlinie 2010)
Angst 0: keine
1: leichte Angst
4: gelegentlich moderate Angst
7: Panikattacken
Schweißausbrüche 0: keine
1: meist unbemerkt, v. a. Hände
4: Schweißperlen auf der Stirn
7: starkes Schwitzen
Summe
4 bei akuter Intoxikation: Verminderung der kar- 4 hormonelle Änderungen: T3 und T4 p, Korti-
dialen Kontraktilität, periphere und zentrale sol p, Hypoglykämie durch Verminderung der
Vasodilatation (Ausnahme: Koronararterien) Glukoneogenese und Verstärkung der Insulin-
mit Reflextachykardie o Anstieg des O2-Ver- wirkung
brauchs mit ggf. Angina-pectoris-Symptomatik
4 bei chronischem Abusus: dilatative Kardio- jWirkmechanismus
myopathie (DCM) mit eingeschränkter systo- 4 Alkohol blockiert die NMDA-Rezeptoren o
lischer Pumpfunktion, arterieller Hypertonus, Gedächtnisverlust und Amnesie während
Leberschaden (Steatosis hepatis, Leberzirrhose, Alkoholintoxikation
portale Hypertension, Hypersplenismus) 4 Alkohol stimuliert den GABAA-Rezeptor
128 Kapitel 5 · Analgesie, Sedierung und Delir-Management
. Abb. 5.6a,b Zusammenführung von Sedierungs- und Delir-Monitoring. Ein 2-stufiger Ansatz zur Beurteilung des Be-
wusstseins. a Stufe 1: Erfassung der Sedierung, b Stufe 2: Delir-Einstufung. (Nach der S3-Leitlinie 2010)
jInzidenz 4 Schlaflosigkeit
4 >100 g Alkohol/Tag bzw. 36 l/Jahr reiner Alkohol 4 Hyperkinesie
4 10 % der Männer und 3–5 % der Frauen 4 motorische Unruhe
müssen in den westlichen Industrienationen 4 Nesteln
als alkoholkrank eingestuft werden 4 Fieber, Tachykardie, Hypertonie, vermehrtes
4 30–60 % der alkoholabhängigen Patienten ent- Schwitzen
wickeln ein Entzugssyndrom während der 4 Elektrolytstörungen, Störungen des SBH,
postoperativen Behandlung Anämie
4 Pankreatitis
jMortalität 4 Hepatopathien
5 4 bei ausgeprägtem Delir: ca. 5 %
kIm Vollbild
! Bei chronischer Einnahme von >80–120 g
4 Tachykardie, Hypertension
Alkohol am Tag über mehrere Jahre hinweg,
4 Gesichtsröte, starkes Schwitzen, Hyperventila-
muss bei Abstinenz mit einem Entzugsdelir
tion mit Alkalose
gerechnet werden!
4 Ataxie, Tremor, Artikulationsstörungen
(verwaschene Sprache)
jLaborparameter bei chronischem Alkohol- 4 Übelkeit, Erbrechen
abusus 4 Denkstörungen, Verwirrtheit, Halluzinationen
4 CDTn (kohlenhydratdefizientes Transferrin) (optisch), Suggestibilität
spezifischer als γ-GT und MCV
4 γ-GT n (Differenzialdiagnose: Cholestase und jPathophysiologie
andere Lebererkrankungen) Komplexe Imbalance neuronaler Transmitter:
4 MCV n (Differenzialdiagnose: megaloblastäre 4 Die Acetylcholinsynthese ist aufgrund einer
Anämie durch Vitamin-B12-Mangel und Fol- Abnahme des zerebralen oxidativen Metabolis-
säuremangel) mus vermindert o Besserung der klinischen
Symptomatik auf Physostigmin-Gabe (Anti-
jBegleiterkrankungen cholium) möglich. Des Weiteren Hemmung
4 chronische Gastritis der Acetylcholinfreisetzung durch direkte Al-
4 Leberzellschaden (Hepatomegalie, Alkohol- koholwirkung.
hepatitis, Leberzirrhose) 4 Die Aktivität von inhibierend wirkenden
4 äthyltoxische Kardiomyopathie GABA-Rezeptoren ist reduziert o Auftreten
4 chronische Pankreatitis oder evtl. akuter Schub von zerebralen Anfällen im Rahmen des Ent-
4 Hüftarthrose zugs o Gabe von Benzodiazepinen (Clonaze-
4 Elektrolytstörungen pam, Diazepam, Midazolam).
5 Magnesiummangel: Anstieg der Krampf- 4 Die Anzahl von dopaminergen Rezeptoren
schwelle im limbischen System ist erhöht o vegetative
5 Hypokaliämie mit Herzrhythmusstörungen Übererregbarkeit und Halluzinationen mög-
5 Zinkmangel lich o Besserung auf Haloperidol (Haldol).
4 Klebsiellenpneumonie, TBC 4 Ungebremste sympathische Aktivierung und
4 alkoholtoxische Myopathie und zerebelläre Noradrenalinfreisetzung o Besserung auf
Degeneration etc. Clonidin (Catapresan oder Paracefan).
jKlinik jTherapie
kVorzeichen des Alkoholentzugs 4 Ausgleich von Flüssigkeitsdefiziten und Be-
4 Desorientiertheit seitigung von Elektrolytstörungen wie z. B.
4 Halluzinationen Hypomagnesiämie (0,2 mmol/kg Magnesium)
4 Tremor o Magnesium ist auch für den Thiamin-(B1)-
Ausgewählte Literatur
131 5
Stoffwechsel notwendig (Thiamin zu Thiamin- 5.2.2 Delir bei Opioidentzug
pyrophosphat; funktioneller Thiaminmangel
bei Magnesiumdefiziten) 4 Abusus bewirkt eine kontinuierliche Stimula-
4 additive und symptomorientierte Maßnahmen tion von Opiatrezeptoren im Locus coeruleus
5 Sedierung mit Benzodiazepinen: mit Hemmung der von dort ausgehenden nor-
– Midazolam-Bolus 3–5 mg i.v. und/oder adrenergen Neurone o Stimulation dieser bei
Midazolam-Perfusor 2,5–10 mg/h Entzug
– Chlordiazepoxid-(Tranxilium-)Perfusor 4 der Zeitpunkt des Auftretens von Entzugs-
200–400 mg/24 h symptomen ist vom Opioid abhängig:
– Oxazepam 10 mg p.o. 5 bei Pethidin bereits nach 4 h
– Flunitrazepam (Rohypnol) 0,2–2,0 mg 5 bei Heroin und Morphin nach 6–8 h
Boli, anschließend 0,015–0,08 mg/kg/h 5 bei L-Polamidon erst nach 2–3 Tagen
5 Clonidin (Paracetan, Catapresan), Beginn
mit initialem Bolus von 150 μg i.v. und an- jSymptome bei Opioidentzug
schließend 120–240 μg/h bzw. 2–6 μg/ In Abhängigkeit von der Karenzdauer:
kg KG/h o Verringerung der Tage mit Ent- 4 Phase 1 (nach ca. 4 h): Opioid-Hunger
zugssymptomatik und Behandlungsdauer (»craving«), Ängstlichkeit, Gähnen, Schlaf-
5 Neuroleptika (cave: Senkung der Krampf- losigkeit, Schwitzen
schwelle): Haloperidol (nephro- und 4 Phase 2 (nach ca. 8 h): Tränenfluss, Rhinorrhö,
kardiotoxisch, Gefahr des MNS); Dosis: Piloerektion (Gänsehaut), Mydriasis (so ge-
3–5(–10) mg i.v. initial und anschließend nannte »Tellerminen«)
alle 4 h 5–10 mg Haloperidol i.v. 4 Phase 3 (nach ca. 12 h): Glieder- und Muskel-
5 evtl. β-Blocker bei malignen Herzrhyth- schmerzen, Tremor
musstörungen 4 Phase 4 (nach ca. 24 h): Tachykardie, Blut-
5 evtl. Physostigmin (Anticholium) 2 mg in druckanstieg, Übelkeit und Erbrechen, Tempe-
100 ml NaCl 0,9 % über 30 min raturanstieg, Agitiertheit
5 evtl. γ-Hydroxybuttersäure (50 mg/kg KG 4 Phase 5 (nach ca. 36 h): Magenkrämpfe,
Bolus und 10–20 mg/kg KG/h kontinuier- Diarrhö, Koma
lich) o nicht im Prädelir mit Halluzinatio-
nen, da die Substanz selbst eine halluzino- Dosierung
gene Wirkung besitzt!
5 Gabe von Clonidin (Catapresan) initial 0,3–
! Kein postoperativer direkter Entzug auf- 1,2 mg, anschließend 2–6 μg/kg KG/h
grund einer Hyperalgesie und Steigerung des 5 Gabe von Doxepin (Aponal) bis 600 mg/Tag!
Stressstoffwechsels!
jProphylaxe
4 evtl. Rohypnol 2 mg p.o. und/oder Clonidin Ausgewählte Literatur
150 μg p.o.
4 evtl. Ethanolsubstitution (15–150 mg/kg KG/h) Publikationen
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132 Kapitel 5 · Analgesie, Sedierung und Delir-Management
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133 6
Ernährungstherapie
M. Fresenius
AF = Aktivitätsfaktor IF = Traumafaktor
–41°C 1,40
4 Männer: 66,47 + (13,74 × kg KG) + (5 × Größe 4 die simultane Ermittlung des respiratorischen
in cm) – (6,75 × Alter in Jahren) Quotienten (RQ) gibt Hinweise auf die vorwie-
4 Frauen: 655,1 + (9,56 × kg KG) + (1,85 × Größe gende Nährstoffverwertung:
in cm) – (4,67 × Alter in Jahren)
VCO 2
RQ =
! Die oben stehende Formel wurde anhand VO 2
von gesunden Probanden ermittelt und ist
5 Normwert: 0,83
sicherlich auf den heutigen Intensivpatienten
5 Hungerzustand: RQ ca. 0,70
nicht ohne weiteres übertragbar!
5 reine KH-Verwertung: RQ ca. 1,0
5 Ketonkörperverbrennung: RQ <0,7
Indirekte Kalorimetrie 5 Lipogenese: RQ >1,0
Mit Hilfe der indirekten Kalorimetrie lässt sich der
! In einzelnen Fällen können bei Azidose (RQ
tatsächliche aktuelle Energiebedarf des Patienten
<0,7) oder bei Alkalose (RQ >1,0) extreme
berechnen.
RQ-Werte vorkommen.
! Voraussetzung: keine pflegerischen Maß-
nahmen ab ca. 30 min vor bzw. während der Formel von Weir (1949)
Messung, keine Änderung des Katecholamin-
Nach der Weir-Formel und deren Modifikation un-
regimes während der Messung!
ter Berücksichtigung der Temperatur, der Mobilität
und des Verletzungsmusters ergibt sich:
jNachteile
4 ab inspiratorischen Sauerstoffkonzentratio- Ruheumsatz (REE) =
nen >60 % wird der metabolische Bedarf (3,94 × VO2 +1,11 × VCO2) × 1,44 o
falsch ermittelt (Sauerstoffaufnahme wird nach aktueller Energiebedarf (AEE,
der Haldane-Transformation berechnet)! mod. nach Long) = REE × AF × IF × TF
4 relativ teures und personalaufwendiges
Messverfahren Die einzelnen Werte für den Aktivitäts-, Thermal-
und Traumafaktor können aus . Tab. 6.2 entnom-
jVorteile men werden.
4 relativ genaue Bestimmung des täglichen,
aktuellen Energiebedarfs des Patienten
140 Kapitel 6 · Ernährungstherapie
Grundumsatz 25 1600–1800
. Abb. 6.3 Änderung des Grundumsatzes bei verschiedenen Erkrankungen. (Adaptiert nach Hackl 1998)
RQ respiratorischer Quotient
o Atemarbeit p
Glukose
G 5% 278 100
G 10 % 523 200
G 20 % 1250 400
G 30 % 2100 1600
G 50 % 3800 1000
6 Zuckeraustauschstoffe
Fette
Omegaven 272 560 aus Fischöl mit hohem Anteil am ω3-FS, zur Fetternährungs-
(10 %) ergänzung (maximal 10–20 % der Gesamtfettzufuhr bzw. maximal
2 g/kg/Tag)
Structolipid 260 mosmol/ 980 Erste kommerziell erhältliche Lösung von strukturierten Lipiden,
20 % kg H2O) 22 g/l freies Glyzerin
Empfehlung Zeit bis zum klinischen Multibionta N Vitalipid Soluvit N Cernevit Freka-vit Freka-Vit
DGEM Mangel adult fettlöslich wasserlös-
lich
Vitamin B2 (Riboflavin) (mg) 3–5 1–2 Monate 7,3 3,6 4,1 3,6
Arginin Antioxidanzien
Die Aminosäure Arginin kann unter intensivmedi- 4 Antioxidanzien spielen bei entzündlichen Vor-
zinischen Bedingungen essenziell werden. gängen wie Sepsis und ARDS eine große Rolle.
Arginin wird benötigt bei der Biosynthese ande- 4 Zu den Antioxidanzien zählen u. a. Selen,
rer Aminosäuren, im Rahmen der Harnstoffsynthe- Vitamin C und E, β-Carotin und Zink.
154 Kapitel 6 · Ernährungstherapie
. Tab. 6.14 Immunonutrition kritisch kranker Patienten nach den ESPEN-Empfehlungen von 2009
Enterale Kombinati- Einsatz nicht empfoh- Einsatz bei nicht Einsatz nicht Nicht empfohlen!
onspräparate (Nukleo- len; Einsatz bei ente- chirurgischen Pati- empfohlen
tide, Arginin Antioxi- ral ernährten enten mit Sepsis,
danzien, ω3-FS*) (>2,5 l/72 h) Patienten wenn der APACHE-II-
empfohlen Score <15 ist
* FS = ω3-Fettsäuren
Internetadressen
http://www.dgem.de
http://www.ake-nutrition.at
http://www.criticalcarenutrition.com
http://www.espen.org
157 7
Invasive Beatmung
W. Zink
Statische Compliance
exsp.VT
Cstat =
p Plat − PEEP
Dynamische Compliance
VT
CDyn =
PPeak − PEEP
. Abb. 7.8 Druckkurve von BIPAP als Kombination von Spontanatmung und druckkontrollierter Beatmung
jKontraindikationen Mukolytika
4 Akutphase eines SHT 4 N-Acetylcystein o Erniedrigung der Schleim-
4 instabile Wirbelsäule viskosität durch Aufspaltung von Disulfid-
4 kardiovaskuläre Instabilität brücken durch Cystein (Dosis: 3-mal 1 Amp. à
4 maligne Herzrhythmusstörungen 200 mg)
4 offenes Abdomen 4 Carbocystein o intrazelluläre Beeinflussung
4 die kinetische Therapie sollte in der Frühphase der Schleimsynthese und Bildung von gering
einer respiratorischen Insuffizienz eingesetzt viskösem Sekret, leichte Abnahme der Sekret-
werden: Patienten mit einem progressiven produktion; Wirkung umstritten
ARDS (>1 Woche Beatmungsdauer mit inva-
sivem Beatmungsmuster) profitieren von der Sekretomotorika
kinetischen Therapie weniger als Patienten mit 4 β2-Sympathomimetika o Anregung der
kürzerem Krankheitsverlauf und geringgradi- Zilienmotilität und Broncholyse.
gerem Lungenversagen!
Sekretmindernde Medikamente
! Das Abdomen darf bei der Bauchlagerung
7 zur Vermeidung eines lagerungsbedingten
4 bei Hypersekretion ggf. Gabe von Para-
sympatholytika:
Zwerchfellhochstands nicht komprimiert
5 Belladonnablätter 3-mal ½–1 Messlöffel
werden! o Unterpolsterung der Hüfte und
5 hyoscyaminhaltige Lösung: 1-mal 1 Tbl.
des oberen Thorax oder Einsatz eines Luft-
oder 3-mal 15 Trpf.
kissenbettes bei dem der Druck in den einzel-
nen Luftpolstern eingestellt werden kann!
. Abb. 7.12 Effekte der NO-Inhalation bei ARDS. (Adaptiert nach Gerlach et al. 2003). Höhere NO-Konzentration können
ggf. zu einer Verschlechterung der Oxygenierung führen, da inhaliertes NO auch in nichtventilierte Shunt-Areale diffundiert!
(n=12 Patienten mit ARDS)
174 Kapitel 7 · Invasive Beatmung
. Abb. 7.13 Überblick über die Effekte von systemischen Vasodilatatoren, inhalativem NO und die Kombination von NO
und Almitrin bezüglich intrapulmonalem Shunt (QS/QT ) und paO2
Wirkmechanismus
7.4.4 Prostazyklin-2-Aerosol
4 Verstärkung des physiologischen Euler-Lilje- PGI2 ist ein Arachidonsäuremetabolit, der in den
strand-Reflexes vorwiegend in Arealen mit ab- 1970er Jahren entdeckt wurde und in physiologi-
geschwächter hypoxischer pulmonaler Vaso- scher Weise im Endothel (vorwiegend der Lunge)
konstriktion (HPV) o Konstriktion nur der gebildet wird.
pulmonalen Arterien (dadurch keine Gefahr 4 o Anstieg der rezeptorvermittelten, intrazel-
eines Lungenödems infolge des PAP-Anstieges lulären cAMP-Produktion (Adenylatzyklase)
zu erwarten!) mit konsekutivem Abfall des intrazellulären
4 teils Anstieg des HZV (durch simultane inha- Kalziums
lative NO-Gabe ist dieser Effekt noch zu ver- 4 endogene Prostazyklinproduktion durch
stärken!) Endothel- und glatte Muskelzellen
4 benötigte Serumkonzentration: 300 ng/ml (totale PGI2-Syntheserate: 60 pg/kg/min bzw.
Serumkonzentrationen von 5–18 ng/l bzw.
jNebenwirkungen 0,2–0,5 nmol/l)
4 MPAP + PVRI n und Oxygenierung p 4 HWZ 180 s
4 Cave: Abschwächung des Euler-Liljestrand- 4 Stabilität von PGI2-Lösung ist pH- und tempe-
Reflexes bei hohen Dosierungen raturabhängig!
7.4 · Additive Maßnahmen
177 7
. Abb. 7.14 Hämodynamik nach intravenöser und transbronchialer Applikation von PGI2. (Adaptiert nach Walmrath)
4 pH-Wert der Lösung 10–11! 4 geringer Anstieg des HZV (Effekt bei intrave-
4 messbarer Metabolit: PGF1α nöser Gabe ausgeprägter als bei Vernebelung)
4 Thrombozytenaggregationshemmung (o Ein-
jWirkmechanismus satz bei extrakorporalen Eliminationsverfah-
4 Die Vernebelung von Prostazyklinen wie Flo- ren: ≈5–15 ng/kg/min)
lan (Epoprostenol) oder Ilomedin (Iloprost) im 4 Hemmung der Leukozytenadhäsion und Akti-
Rahmen des A RDS führt zu einer Verbesse- vierung bei inflammatorischen Prozessen so-
rung der Oxygenierung durch wie Freisetzung von lysosomalen Enzymen aus
5 signifikante Reduktion des intrapulmona- den Leukozyten
len Shunts aufgrund der Dilatation von pul- 4 Verbesserung der Mikrozirkulation (o An-
monalen Gefäßen ventilierter Alveolen (im stieg des pHi); im Tiermodell führt die PGI2-
Gegensatz zur intravenösen Prostazyklin- Infusion beim Endotoxinschock zu einem
gabe mit Erhöhung des Rechts-links-Shunts Anstieg des HZV, des O2-Angebots und der
durch Beeinflussung der hypoxischen Vaso- Urinproduktion bei gleichzeitigem Abfall des
konstriktion und Verschlechterung des in- Cathepsinspiegels und der »clotting activity«.
trapulmonalen Gasaustauschs) (. Abb. 7.14) 4 Die Inhalation von vasodilatatorisch wir-
5 Im Vergleich zur inhalativen NO-Therapie kenden Substanzen ist beim akuten Rechts-
ist die Verbesserung der Oxygenierung ge- herzversagen eine Klasse-IIa-(Level-C-Emp-
ringer, die Senkung des pulmonalarteriellen fehlung!
Drucks ist hingegen stärker ausgeprägt als
bei NO.
4 Reduktion von mittleren Pulmonalarterien-
druck (MPAP) und pulmonalem Gefäßwider-
stand (PVR)
4 Vasodilatation und Abfall des systemischen
Gefäßwiderstands (SVR; Effekt bei i.v. Gabe
ausgeprägter als bei Vernebelung)
178 Kapitel 7 · Invasive Beatmung
7.4.5 Surfactant
Dosierung
Physiologische Effekte
5 Epoprostenol (Flolan)
4 Reduktion der Oberflächenspannung
– HWZ von 2–3 min
4 Vermeidung des alveolaren Kollapses während
– 5–15(–25) ng/kg/min über Spezialverneb-
bzw. am Ende der Exspiration
ler o PGI2-Partikel <5 μm o keine Tachy-
4 Ermöglichung eines gleichförmigen alveolaren
phylaxie unter der Prostazyklingabe,
Recruitments während der Inspiration
jedoch Reboundphänomene o Aus-
4 Reduktion der Atemarbeit
schleichen der Therapie!
4 antibakterielle und immunologische
– Wirkdauer meist nur während der
Aufgaben
Inhalation
5 Iloprost (Ilomedin)
Zusammensetzung des natürlichen
– HWZ von 30 min
Surfactant
– z. B. 16–20 μg Gesamtmenge
4 80 % Phospholipide, 8 % Neutralfette und 12 %
– Wirkdauer 60–90–120 min
7 Proteine, wovon 50 % spezifische Surfactant-
proteine sind.
4 Die Phospholipide bestehen wiederum zu 60 %
jVorteile der Prostazyklinvernebelung aus gesättigten Phosphatidylcholinverbin-
4 »einfache« Applikationsmethode dungen (80 % hiervon sind Dipalmitoylphos-
4 keine toxischen Metabolite (wie z. B. bei NO: phatidylcholine [DPPC]), 25 % ungesättigte
NO2 und NOX, MetHb) Phospatidylcholinverbindungen und 15 %
Phosphatidylglycerol.
jNebenwirkungen 4 Zu den Proteinen zählen die Surfactant-Apo-
4 Hypotension nach systemischer Resorption proteine (SP) A, B, C und D.
des Aerosols 4 SP-B + SP-C sind lipophile niedermolekulare
4 Hustenreiz Proteine, welche die Absorption und Ausbrei-
4 Flush, Kopfschmerzen tung der Phospholipide an der Luft-Flüssig-
4 abdominelle Schmerzen, Diarrhö keits-Grenzfläche fördern.
4 Hemmung der Thrombozytenfunktion (für ca. 4 SP-A fördert die Bildung von tubulären, mye-
30 min nach Infusionsstop) linartigen Strukturen der neu sezernierten
4 Hemmung der Leukozytenaktivität bzw. Phospholipide.
Adhärenz am Endothel (Immunsuppression?) 4 Die Funktion des SP-D scheint die lokale Im-
4 systemisch appliziertes Prostazyklin (PGI2) er- munabwehr zu sein.
reicht den Systemkreislauf, da es im Gegensatz
zu den anderen Eikosanoiden (z. B. PGE1) Surfactantstörung
nicht in der Lunge enzymatisch durch 4 durch erhöhte Inaktivierung von sezerniertem
15-Hydroxyprostaglandin-Dehydrogenase Surfactant durch intraalveoläre Ansammlung
(PGDH) und Prostaglandin Δ13-Reduktase von Serumproteinen und Entzündungsmedia-
(PGR) abgebaut wird! toren sowie Proteasen und O2-Radikalen
4 Das Eventerationssyndrom ist durch die Frei- 4 durch Störung des Metabolismus der Pneumo-
setzung von Prostazyklinen aus dem Darm be- zyten Typ II (Bildungsort des endogenen Sur-
dingt. Die PGI2-Synthese kann durch Ibupro- factant)
fen inhibiert werden o führt jedoch zu einer 4 beim ARDS kommt es zu Veränderungen des
veränderten intestinalen Perfusion, erhöhter Surfactant, welche auf quantitativer und quali-
bakterieller Translokation in die mesenterialen tativer Basis beruhen:
Lymphknoten und zu einem erhöhten Endoto- 5 Phosphatidylcholin p, Phosphatidylglycerol
xinspiegel! p, Phosphatidylinositol n, Phosphatidyle-
7.5 · In Entwicklung befindliche neuere Beatmungsmodi und -konzepte
179 7
thanolamin n, Sphingomyelin n; Surfactan- 7.5 In Entwicklung befindliche
protein A und Bp neuere Beatmungsmodi und
5 einige Autoren empfehlen deshalb die intra- -konzepte
pulmonale Applikation von Surfactant
7.5.1 Flüssigkeitsbeatmung
Surfactanteffekte (Liquidventilation)
4 fragliche Effektivität bei ARDS-Patienten
4 in der Pädiatrie hingegen ist die Surfactan- Ein aus dem pädiatrischen Bereich stammendes
tapplikation im Rahmen des IRDS bei Früh- experimentelles Verfahren zur Oxygenierungsver-
und unreifen Neugeborenen ein anerkanntes besserung ist die so genannte Flüssigkeitsbeat-
Therapiekonzept o signifikante Reduktion mung.
der Mortalität! Historie der Flüssigkeitsbeatmung
4 Bei der Vernebelung von Surfactant erreichen 1966 Clark und Gollan ließen über eine Stunde eine in
nur ca. 4–5 % der Ausgangsmenge die Alveolen! Perfluorocarbon (FX80) eingetauchte Maus spontan
atmen
Surfactantapplikation 1976 Shaffer: Totale Liquidventilation (TLV) an Lämmern
1990 Erste klinische Anwendung durch Greenspan
4 intrabronchiale Instillation über Katheter oder
bronchoskopisch
4 inhalative Applikation über spezielle Vernebler Durchführung
4 totale Flüssigkeitsbeatmung (TLV) o
jIndikationen komplettes Auffüllen der Lunge mit Perfluoro-
4 nachgewiesener Benefit: Atemnotsyndrom des carbonen und anschließende Applikation
Neugeborenen normaler Atemzugvolumina mit niedriger
Frequenz über einen speziellen Liquid-
Surfactantpräparate ventilator
4 natürliche Surfactantpräparate: 4 partielle Flüssigkeitsbeatmung (PLV) o Fül-
5 Alveofact (aus bovinen Lungen gewonnen, lung der Lunge in der Größenordnung der
enthält wie die meisten natürlichen Surfac- FRC (= 30 ml/kg) mit Perfluorooctylbromid
tantpräparate kein SP-A); Dosierung: (LiquiVent). Anschließend wird eine konven-
100 mg/kg in der Pädiatrie mit 3 Repeti- tionelle Beatmung durchgeführt o PFC-asso-
tionen ziierter Gasaustausch (PAGE)
5 Survanta (zusätzliche Anreicherung mit 4 die Effektivität der PLV ist von der instillierten
DPPC, Palmitinsäure und Triglyzeriden, Menge und deren Verteilung abhängig!
aus bovinen Lungen gewonnen, enthält 4 aber: bisher konnte noch keine klinische
SP-B + -C) Standardapplikation für Perfluorcarbon (PFC)
5 Curosurf (Neutralfette sind chromatogra- etabliert werden!
phisch entfernt worden, wird aus Schweine-
lungen gewonnen) Eigenschaften von Perfluorocarbon
4 künstliche Surfactantpräparate: (PFC)
5 Exosurf (DPPC, Hexadecanol und Lösungs- 4 farb- und geruchlose Flüssigkeit, bestehend aus
mittel Tyloxapol) einer Kette von 8C-Atomen, die mit einem
5 ALEC (besteht zu 70 % aus DPPC und 30 % Brom-Atom und sonst nur Fluor-Atomen sub-
Phosphatidylcholin) o künstliche Surfac- stituiert ist
tantpräparate enthalten keine Apolipo- 4 biologisch inert, keine Metabolisierung o Ver-
proteine (SP)! dampfung (geringer Dampfdruck)
4 hohe physikalische Löslichkeit von Sauerstoff
(53 ml O2/dl = 2,5-fache Löslichkeit des Blutes)
und CO2 (160–210 ml/dl)
180 Kapitel 7 · Invasive Beatmung
7
. Abb. 7.16 Schematische Darstellung des restriktiven Druckverlustes über den Endotrachealtubus (gestrichelte Kurve bei
verschiedenen Gasflüssen (0–2 l/s). In diesem Beispiel beträgt die Druckunterstützung 10 mbar (durchgezogene Linie). Bei
Gasflüssen <1,2 l/min liegt die Druckunterstützung höher als der Tubuswiderstand o Überkompensation (Run-away-Phäno-
men) der durch den Gasfluss verursachten zusätzlichen Atemarbeit
4 Voraussetzung: ausreichender und kontinuier- 4 Der Anwender muss Tubusart und -größe am
licher Atemantrieb und physiologisches Atem- Beatmungsgerät eingeben, und der Tubuskom-
muster. pensationsdruck wird gemäß der folgenden
4 PAV-Ventilation ist z. B. im Beatmungsgerät Formel berechnet:
Evita 4 mit neuer Softwarekonfiguration pATC = V × K1 + V
2 × K2
implementiert! 5 K1 und K2: linearer und nichtlinearer
4 Voraussetzung: exakte Kenntnis von Elastance Tubuskoeffizient
und Resistance 5V : Höhe des Gasflusses
4 klinischer Stellenwert bis heute nicht hinrei- 4 Die tubusbedingte Atemarbeit ist eine vari-
chend untersucht und daher nicht abschlie- able, flussabhängige Größe o Modifikation
ßend beurteilbar der konventionellen Druckunterstützung
während augmentierter Beatmungsform
> Die Beatmungsform PPV stellt abstrakt einen
wie z. B. ASB, sodass sie nicht mehr fix,
zusätzlichen Atemmuskel dar! Kontraindika-
sondern entsprechend dem nicht linearen
tion für diese Beatmungsform: bronchopleu-
Zusammenhang (. Abb. 7.16) zwischen
rale Fistel!
Tubuswiderstand und Gasfluss appliziert
wird.
ATCATC (automatische Tubus- 4 Hierdurch ist eine optimale Reduktion der
kompensation) Atemarbeit möglich (neuere Beatmungsgeräte
4 Bei Inspiration wird der Widerstand des Tubus besitzen bereits die Zusatzfunktion »ATC«) o
unter der Berücksichtigung eines nichtlinearen Methode entspricht also einer »elektronischen
Zusammenhangs von Druck und Fluss durch Extubation« (. Abb. 7.17).
eine entsprechende Druckerhöhung kompen- 4 Das Atemmuster entspricht unter ATC weitge-
siert. hend dem Atemmuster unter Spontanatmung
4 Während der Exspiration wird der Druck ent- ohne Tubus (gleiche Atemfrequenz, gleiches
sprechend reduziert (ggf. subatmosphärisch). Atemzugvolumen).
7.5 · In Entwicklung befindliche neuere Beatmungsmodi und -konzepte
183 7
4 Unter ASB mit 5 oder 10 mmHg Druckunter-
stützung ist hingegen nach Untersuchungen an
Probanden die VT signifikant erhöht!
4 Nachteil: ggf. Atemwegskollaps bei gefähr-
deten Patienten und unvollständige Kompen-
sation während der Exspiration.
. Abb. 7.18 NAVA-Funktionsprinzip. Mit Hilfe einer mit Elektroden versehenen ösophagealen Sonde wird die elektrische
Aktivierung des Zwerchfells (EAdi) erfasst und nach Multiplikation mit einem Verstärkungsfaktor (NAVA-Pegel) zur Steuerung
des Beatmungsgerätes verwendet (aus: Moerer O, Barwing J, Quintel M (2008) Neuronally Adjusted Ventilatory Assits (NAVA).
Anaesthesist 57: 998–1005
184 Kapitel 7 · Invasive Beatmung
( )
kanüle intermittierend bzw. kontinuierlich
C + pimax + pa O 2 p O spontan atmen lassen
CROP (ml/Atemzug) = A 2
4 bei folgenden Erkrankungen rechnet man mit
f
einer erschwerten Entwöhnung
5 C: effektive Compliance 5 COPD (hohe resistente Widerstände)
5 f: Atemfrequenz 5 Lungenfibrose (hohe elastische Widerstände)
5 pimax: maximaler inspiratorischer Atemwegs- 5 hoher Rückenmarkquerschnitt und andere
druck neurologische Störungen
4 maximaler inspiratorischer Sog (Neben- 5 Störungen der Atemmuskulatur (»critical
wirkungen –90 cmH2O für Frauen und illness polyneuropathy and myopathy«)
–120 cmH2O für Männer): mindestens –20 bis
! Inzidenz der definitiv nicht entwöhnbaren
–30 cmH2O o 60 % der Patienten konnten
Patienten nach Langzeitbeatmung beträgt
bei besseren Werten erfolgreich entwöhnt
ca. 4,2 %!
werden o guter Indikator für die Auswahl
derjenigen Patienten, die entwöhnt werden 4 Die Frage, ob über einen T-Stück-Versuch oder
können und weniger ein Indikator für erfolg- mittels Spontanatmungsversuch unter 7 mbar
reiches Weaning! Druckunterstützung extubiert werden sollte,
4 Atemmuster unter einer ATC-Ventilation gibt kann gegenwärtig nicht beantwortet werden o
Hinweise auf das Atemmuster nach Extubation Reintubationsrate ist bei beiden Verfahren
(o »physikalische oder elektronische Extuba- gleich!
tion«)
> Das Wichtigste am erfolgreichen Weaning ist
nicht die Methode oder der Inhalt, sondern
das rechtzeitige Erkennen des Zeitpunkts,
7.7.5 Weaning-Methoden (diskonti-
ab dem der Patient ohne Unterstützung
nuierliche oder kontinuierliche)
suffizient spontan atmen kann.
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193 8
Aerophagie + 0 0
Hyperbare Oxygenierung
(HBO)
W. Zink
9.6 Nebenwirkungen
Kardiopulmonale Reanimation
(CPR)
W. Zink
. Abb. 10.2 Basic Life Support (BLS) für Erwachsene und AED. (Aus European Resuscitation Council Guidelines for Resusci-
tation 2010)
4 Pupillenerweiterung und Verlust der Licht- neurologische Outcome nach primär erfolgreicher
reaktion nach 30–60 s (unsicheres Zeichen!) Reanimation zu beeinflussen.
4 Veränderung des Hautkolorits (unsicheres
> Die biphasische Defibrillation terminiert
Zeichen!)
durch den 1. Schock häufiger eine VT/VF und
ist der monophasischen Defibrillation über-
legen (. Abb. 10.4)!
10.2 Aktuelle Reanimationsleitlinien
(Oktober 2010) . Tab. 10.1 zeigt eine übersichtliche Darstellung der
Einzelmaßnahmen des Basic Life Support (BLS)
10.2.1 Reanimationsempfehlungen beim Erwachsenen.
für Erwachsene . Tab. 10.2 zeigt eine übersichtliche Darstellung
der Einzelmaßnahmen des Advanced Life Support
Die Algorithmen Basic Life Support (BLS) und Ad- (ALS) beim Erwachsenen.
vanced Life Support (ALS) für Erwachsene sind in . Tab. 10.3 zeigt die Ergebnisse der TROICA-
. Abb. 10.2 und . Abb. 10.3 dargestellt. Studie.
BLS umfasst alle Basismaßnahmen, welche so- Maßnahmen, die in der Postreanimationsphase
wohl durch den Laien, als auch durch den profes- durchgeführt werden können, sind in . Tab. 10.4
sionellen Helfer durchgeführt werden können – zusammengefasst.
einschließlich der Nutzung eines Automatisierten
Externen Defibrillators (AED).
ALS umfasst erweiterte Maßnahmen, welche 10.2.2 Reanimationsfolgen
vom professionellen Helfer je nach Ausbildungs-
stand durchgeführt werden können, um die BLS- Nach einer erfolgreichen Reanimation sollte im
Maßnahmen zu ergänzen und zu optimieren. Verlauf nach Komplikationen/Verletzungen ge-
Eine wichtige Stellung nimmt das Management sucht werden:
der Peri- bzw. Postarrestphase ein. Hier ist es mög- 4 Hämato-/Pneumothorax
lich, einen Herzstillstand durch frühzeitiges Erken- 4 Perikardtamponade
nen von Risikopatienten zu vermeiden bzw. das 4 Leber- und Milzverletzungen
206 Kapitel 10 · Kardiopulmonale Reanimation (CPR)
10
. Abb. 10.3 Advanced Life Support (ALS) für Erwachsene. (European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2010)
. Tab. 10.1 Basic Life Support (BLS) des Erwachsenen und AED
Maßnahme Anmerkungen
Reanimations- Die Entscheidung zum Start von Reanimationsmaßnahmen fällt sofort nach Feststellung von
beginn Bewusstlosigkeit, nicht normaler Atmung, fehlenden Zeichen für eine Spontanzirkulation und
nach dem Absetzen des Notrufs ( o »call first!«)
Herz-Druck- Der Druckpunkt der Herzdruckmassage befindet sich in der Mitte des Brustkorbs, d. h. auf der
Massage (HDM) unteren Hälfte des Brustbeins
Beim intubierten Patienten weiterhin HDM (asynchron von der Beatmung) mit einer Frequenz von
100–120/min
Zur Wahrung der Qualität der Kompressionen sollen Feedbacksysteme verwendet werden
10.2 · Aktuelle Reanimationsleitlinien (Oktober 2010)
207 10
Maßnahme Anmerkungen
Herz-Druck- Die Helfer sollen sich alle zwei Minuten für die Thoraxkompression ablösen, um einen durch-
Massage (HDM) gehend effektiven Flow zu gewährleisten
(Fortsetzung)
Geringste Pausen (Sekunden!!!) der Thoraxkompression verschlechtern die Prognose deutlich!
Daher sollten jegliche Unterbrechungen (»no-flow-time«) der Thoraxkompressionen vermieden
werden. Maximal 10 s für das Tubusvorschieben!
Harte Unterlage verwenden! Jedoch keine Zeit beim Unterlegen eines Rückenbretts verlieren.
Scheint keinen gesicherten Vorteil zu haben!
Ab der 20. Schwangerschaftswoche Becken rechts anheben und Uterus nach links verlagern!
Beatmung Sofortiger Start der HDM, und erst nach 30 Kompressionen der erste Beatmungszyklus; keine
initiale Beatmung bei Erwachsenen. Ausnahme: asphyktischer Stillstand, z. B. nach Ertrinken
Für nicht intubierte Erwachsene im Kreislaufstillstand beträgt das Verhältnis von Kompressionen
zu Beatmungen 30:2 (ca. 2 min)
Das Tidalvolumen sollte 500–600 ml bzw. 6–7 ml/kg KG betragen (sichtbares Thoraxheben)
Beatmung unter der Reanimation mit 100 % Sauerstoff. Nach Wiedererlangung eines Kreislaufes
sollte die Sauerstoffkonzentration zur Vermeidung einer Radikalenbildung erniedrigt werden.
Eine arterielle Sauerstoffsättigung von 94–98 % ist ausreichend!
Automatisierter AED sollten an solchen Orten positioniert werden, an denen alle 2 Jahre mit einer Reanimation zu
externer rechnen ist!
Defibrillator
Innerklinisch sollte in 3 min nach Arrestbeginn (!) ein Schock abgegeben sein. Ansonsten ist die
(AED)
Platzierung von AED empfohlen
Während des Ladevorgangs soll die Thoraxkompression für kurze Zeit bis zum Schock aufgenom-
men werden; auch Sekunden der Thoraxkompression unmittelbar vor Schock erhöhen bereits den
Defibrillationserfolg!
Durch entsprechende Technologie ist es bei einigen Geräten bereits möglich, während der
Analysephase die Thoraxkompression weiter durchzuführen. Die Artefakte werden mithilfe der
Software herausgefiltert o maximale Verkürzung der »no-flow time«!
AED wurden als »der größte individuelle Fortschritt in der Behandlung des Kreislaufstillstands
infolge Kammerflimmerns seit der Einführung der Herz-Lungen-Wiederbelebung« beschrieben!
Maßnahme Anmerkungen
Beatmung Die Intubation wird zur Sicherung der Atemwege und zum Aspirationsschutz durch in diesem
Verfahren trainierte und sehr erfahrene Personen empfohlen. Voraussetzungen sind:
Supraglottische Atemwegshilfen sind gute Alternativen zur endotrachealen Intubation, zumal sie
auch mit wenig Erfahrung erfolgreich einzubringen sind
Defibrillation Als Defibrillation wird die simultane Depolarisation einer kritischen Myokardmasse durch eine
ausreichende Strommenge zur Wiederherstellung einer geordneten elektrischen Erregung mit
effektiver Kontraktion bezeichnet
Die Defibrillation sollte so früh wie möglich erfolgen. Jede Minute Defibrillationsverzögerung
verschlechtert die Wahrscheinlichkeit zu überleben um 10–12 %, unter begonnener CPR um
3–4 %!
Beim beobachteten und auch beim unbeobachteten Kreislaufstillstand soll so schnell wie möglich
defibrilliert werden. Die 2005 abgegebene Empfehlung einer zweiminütigen CPR vor dem ersten
Schock bei unbeobachtetem Kreislaufstillstand wurde mangels Evidenz revidiert
Während des Ladevorgangs soll die Thoraxkompression für kurze Zeit bis zum Schock aufgenom-
men werden; auch Sekunden der Thoraxkompression erhöhen bereits den Defibrillationserfolg!
Durch entsprechende Technologie ist es bei einigen Geräten bereits möglich, während der
Analysephase die Thoraxkompression weiter durchzuführen. Die Artefakte werden mithilfe der
Software herausgefiltert o maximale Verkürzung der »no-flow-time«!
10.2 · Aktuelle Reanimationsleitlinien (Oktober 2010)
209 10
Maßnahme Anmerkungen
Die biphasische Defibrillation terminiert durch den 1. Schock häufiger eine pVT/VF und ist der
monophasischen Defibrillation überlegen (. Abb. 10.4)
Nach erfolgter Defibrillation sofort CPR ohne Pulskontrolle für 2 min; dann erst Pulskontrolle und
EKG-Analyse
Die kurz hintereinander erfolgende 3-malige Abgabe des Elektroschocks ist verlassen worden! Die
3-Schock-Strategie hat nur noch bei CPR im Herzkatheterlabor und bei unmittelbar postopera-
tiven kardiochirurgischen Patienten eine Bedeutung
Bei Respiratorbeatmung ohne Diskonnektion in Exspiration defibrillieren
Defibrillationsgel sollte nicht mehr verwendet werden. Gelpads oder Defibrillationspads sind zu
bevorzugen
ACD-CPR Die aktive Kompression-Dekompressions-CPR allein ist der Standard-CPR nicht überlegen!
Mechanische Trotz verbesserter Hämodynamik im Vergleich zur manuellen Thoraxkompression keine deutliche
Hilfsgeräte zur Evidenz für verbesserte Überlebensrate
mechanischen
Möglicherweise Nutzen bei protrahierter CPR oder in besonderer Umgebung (CT, Herzkatheter-
Kompression bei
labor, Transport)
der kardiopulmo-
nalen Reanima-
tion (»loading-
distributing-
band« – AutoPuls,
LUCAS)
Medikamenten- Venenzugang peripher: 1. Wahl ist die Ellenbeugevene oder V. jugularis externa, schnelle Bolus-
applikation injektion, danach 20 ml NaCl 0,9 % und Anheben der Extremität für 10–20 s
Intraossäre Applikation soll erwogen werden, wenn innerhalb der ersten 2 min nach CPR-Beginn
kein i.v. Zugang etabliert werden kann: geeignet für Medikamente, Volumengabe und Erheben
von Laborwerten (Verwendung von Spezialnadeln)
Die endotracheale Applikation wird nicht mehr empfohlen. Die erzielten Wirkspiegel scheinen
völlig unkalkulierbar
Das Legen eines zentralvenösen Zugangs (ZVK) unter CPR wird nicht empfohlen!
Adrenalin Indika- Asystolie und pulslose elektrische Aktivität (PEA): 1 mg Adrenalin i.v./i.o., sobald ein
(Epinephrin) tionen intravenöser Zugang gelegt ist. Wiederholung alle 3–5 min, bis eine spontane Zirkula-
tion erreicht ist
Nach der 3. erfolglosen Defibrillation Gabe von 1 mg Adrenalin i.v./i.o. Solange VF/pVT
fortbesteht, Wiederholung alle 3–5 min, bis eine spontane Zirkulation erreicht ist
Bedrohliche Bradykardien und arterielle Hypotonien
Anmerkung: Bisher liegt kein Nachweis der Outcome-Verbesserung beim Menschen vor; aller-
dings Verbesserung der myokardialen und zerebralen Perfusion durch α-adrenerge Wirkung. Die
β-adrenerge Wirkung (Inotropie, Chrontropie) kann zu einer Verbesserung des koronaren und
zerebralen Blutflusses führen, jedoch auch zu gesteigertem O2-Verbrauch des Myokards, Arrhyth-
mogenität und Zunahme des arteriovenösen Shunts
Die High-dose-Adrenalingabe wird nicht mehr empfohlen!
210 Kapitel 10 · Kardiopulmonale Reanimation (CPR)
Maßnahme Anmerkungen
Amiodaron Nach der 3. erfolglosen Defibrillation Gabe von Amiodaron (300 mg i.v.); evtl. Repetition mit
(Cordarex) 150 mg i.v. bei wieder auftretendem oder schockrefraktärem VF/pVT, danach eine Infusion von
900 mg über 24 h
Lidocain 2 % Lidocain 2 % wird nicht mehr empfohlen! Ist nur noch einzusetzen, wenn Amiodaron nicht
verfügbar
Atropin Keine Empfehlung mehr zur routinemäßigen Gabe bei Asystolie und PEA
Nur bei konkretem Anhalt für eine vagale Ursache des Arrests kann Atropin 3 mg weiter erwogen
werden
Natrium- Generell nicht empfohlen (nur bei Hyperkaliämie oder Intoxikation mit trizyklischen Antidepres-
bikarbonat siva oder vorbestehender metabolischer Azidose, evtl. nach längerer Reanimation mit pH-Wert
<7,25 bzw. »base excess« (BE) ≥10 mmol)
Initiale Dosierung: 50 mmol der 8,4 %igen Lösung, weitere Gabe nur nach BGA
10 Magnesium
(Diasporal)
Routinemäßige Gabe wird nicht empfohlen, außer bei Torsade de pointes als vermutete Ursache
Initiale Dosierung: 8 mmol (4 ml 50 %iges Magnesiumsulfat bzw. 2 g), Wiederholung ggf. nach
10–15 min!
Vasopressin Wird derzeit generell nicht empfohlen! Gegenüber Adrenalin keine Outcome-Verbesserung für
(Pitressin) alle Patienten
Thrombolytika Bei Kreislaufstillstand aufgrund einer Lungenembolie und nach Myokardinfarkt mit Versagen der
Standard-CPR als Einzelfallentscheidung, wenn thrombotische Ätiologie des Stillstands ange-
nommen wird*
Medikamente: Alteplase (Actilysin) 0,6 mg/kg KG i.v., maximal 50 mg oder Reteplase (Rapilysin)
10 IE i.v. oder Tenecteplase (Metalyse) 0,5 mg/kg KG, maximal 50 mg
* Die Ergebnisse der größten Lysestudie während Reanimation (TROICA-Studie; n=827) zeigten keine Vorteile der
prähospitalen Lyse bei simultaner höherer Rate an symptomatischen intrazerebralen Blutungen (1,0 % vs. 0 %) und
allgemein leicht erhöhten Blutungskomplikationen. . Tab. 10.3 zeigt die Ergebnisse der Troica-Studie.
10.3 · Therapeutische Hypothermie
211 10
Maßnahme Anmerkungen
Milde Eine milde Hypothermie (32–34°C) sollte für 12–24 h bei Patienten mit ROSC (»return of spotanous
Hypothermie circulation«) und Bewusstlosigkeit nach Herzstillstand durchgeführt werden! Empfohlen ist dies
für alle defibrillierbaren und nichtdefibrillierbaren Rhythmen eines Kreislaufstillstandes ungeach-
tet der Tatsache, dass Evidenz nur für Hypothermie bei Kammerflimmern vorliegt
Fieber und Muskelzittern sofort und effektiv behandelno evtl. neuromuskuläre Blockade,
ggf. Antipyretika
Maßnahmen: 4°C kalte Infusionslösung (30 ml/kgKG) in 30 min! Kühlkatheter oder externe
Kühlung mit Eispack, Kühldecke oder Kühlzelt
Maßnahme Anmerkungen
Allgemeines Das Neugeborene muss vor Wärmeverlust geschützt werden. Frühgeborene sollen abgetrocknet
in Plastikfolie eingewickelt werden (Kopf und Körper außer dem Gesicht). So abgedeckt sollte das
Neugeborene unter einen Heizstrahler gelegt werden
Das Absaugen von Mekonium über Nase und Mund vor der Entwicklung des kindlichen Brust-
korbs (intrapartales Absaugen) ist nicht sinnvoll und wird nicht empfohlen
Einzelhelfer: zuerst 1 min CPR durchführen, bevor nach Hilfe gerufen wird!
Atemfrequenz: 30/min. Damit die Lunge optimal gebläht wird, müssen die ersten Beatmungen
2–3 s dauern
Beim reifen Neugeborenen soll zunächst mit Raumluft beatmet werden. Erst bei fortbestehender
schlechter Oxygenierung höhere Sauerstoffgabe erwägen
. Abb. 10.6 Advanced Life Support (ALS) für Kinder. (Aus European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2010)
Maßnahme Anmerkungen
Reanimations- Sofortiger Beginn der BLS für ca. 1 min und erst sekundär den Notruf absetzen (o »call fast!«)
beginn
Herz-Druck- Ein einzelner Laienhelfer oder professioneller Helfer, der einen kindlichen Kreislaufstillstand
Massage beobachtet oder hinzukommt, sollte ein Verhältnis von Kompressionen zu Beatmung von 30:2
anwenden
2 oder mehr professionelle Helfer verwenden bei einem Kind das Verhältnis von Kompressionen
zu Beatmung von 15:2
Beim Säugling (<1 Jahr): 2-Finger-Technik für einen einzelnen Helfer oder die 2-Daumen-Technik
mit Umfassen des Thorax bei 2 oder mehr Helfern. Bei Kindern, die >1 Jahr sind, wird nach Bedarf
die 1- oder 2-Hände-Technik verwendet
214 Kapitel 10 · Kardiopulmonale Reanimation (CPR)
Maßnahme Anmerkungen
Das ideale Beatmungsvolumen soll zu einer mäßigen Hebung des Brustkorbs führen
Inspirationsdauer: 1–1,5 s
Maßnahme Anmerkungen
Defibrillation Energie: 4 J/kg KG (mono- oder biphasisch) für den 1. und alle weiteren Schocks
Beatmung Ein Endotrachealtubus mit Cuff (Microcuff ) kann in bestimmten Situationen sinnvoll sein
(Cuffdruckmesser obligat!)
Nach dem 3. Schock: Adrenalin 10 μg/kg KG i.v./i.o. evtl. alle 3–5 min wiederholen
Bei Asystolie oder PEA: schnellst mögliche Applikation von Adreanlin i.v./i.o.
Amiodaron Nach dem 3. Schock: Amiodaron 5 mg/kg KG i.v./i.o.; evtl. nach der 5. erfolglosen Defibrillation
wiederholen
. Abb. 10.7 Protektive Effekte der Hypothermie bezüglicher neuronaler Strukturen. (Adaptiert nach Busto et al. 1989)
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217 II
Infektiologie
Kapitel 11 Antibiotika und Antimykotika – 219
M. Fresenius
. Abb. 11.1 Mortalitätsraten in Abhängigkeit von adäquater/inadäquater initialer Antibiotikatherapie. (Adaptiert nach
Rello 1997, Ibrahim 2000; Kollef 1999; Luna 1997)
11.2.2 Risiken und Nebenwirkungen Die gängigen Antibiotika werden anhand des Wirk-
einer Antibiotikatherapie prinzips in 2 Gruppen eingeteilt: in die bakterizid
(»collateral damage«) und in die bakteriostatisch wirksamen Antibiotika
(. Tab. 11.2).
4 Veränderung der mikrobiellen Flora (mit der Die Kombination von verschiedenen Antibio-
Gefahr einer Clostridium-difficile-induzierten tika ist aus folgenden Gründen von Vorteil:
Diarrhö) 4 erweitertes Wirkspektrum
4 Selektion von Bakterien und Pilzen 4 verzögerte Resistenzentwicklung
11 (z. B. Stenotrophomonas maltophilia durch 4 Wirkverstärkung (Potenzierung)
Carbapeneme, Candida spp. durch Reduktion 4 geringere Toxizität bei niedriger Einzeldosie-
der physioiologischen Flora, Clostridium rung der jeweiligen Substanz
difficile durch verschiedene Antibiotika)
> Die Kombination von bakteriziden und bak-
4 Selektion von multiresistenten Keimen (vanco-
teriostatischen Antibiotika sollte vermieden
mycinresistente Enterokokken, ESBL-Keime,
werden! Ausnahme:
MRSA etc.)
5 Piperacillin/Tazobactam (Tazobac) + Clin-
4 Organtoxizität (z. B. Oto- und Nephrotoxizität
damycin (Sobelin) bei gesicherter Aspira-
der Aminoglykoside, Nephrotoxizität der
tion oder
Glykopeptide, Hepatitis durch Clavulansäure)
5 bakteriostatisches Makrolidantibiotikum
4 allergische/anaphylaktische Reaktionen
im Rahmen der Differenzialdiagnose
4 Induktion von neurologischen Störungen (z. B.
Pneumonie/atypische Pneumonie
zerebrale Krampfanfälle unter Imipenem, Ver-
wirrtheit und Agitation unter Ciprofloxacin Antibiotika im intensivmedizinischen Bereich
aufgrund GABA-erger Hemmung) werden eingeteilt in:
4 Beeinflussung der Hämostaseologie (z. B. 4 Basisantibiotika gegen die üblichen Errreger/
Benzylpenicilline, Carbenicillin, Cefomandol Infektionen
durch Vitamin-K-Antagonismus) 4 β-Laktamantibiotika (Penicilline, Cephalo-
sporine, Carbapeneme, Monobactame) evtl.
Weitere typische Nebenwirkungen der Antibiotika plus β-Laktamase-Inhibitoren in freier
sind in . Tab. 11.1 aufgeführt. (Sulbactam, Clavulansäure, Tazobactam) oder
fester Antibiotikakombination (Unacid,
Augmentan, Tazobac)
11.2 · Antibiotika
223 11
. Tab. 11.10 Gruppe der Tuberkulostatika, der Oxazolidinone und Lipopeptide, der Makrozykline, Rifamycine, Poly-
peptide, Phosphonsäurederivate
Ketolide Glycylcycline
Penicilline
Flucloxacillin 1 95 75
Ampicillin 1 20 Ca. 30
70–80 p.o.
60 i.v.
Piperacillin 1,0 20 68
Mezlocillin 0,9 30 55
Cephalosporine*
Cefomandol 1 70 80
Cefuroxim 1,5 30 95
Ceftazidim 2 10 100
β-Laktamaseinhibitoren
Tazobactam 1 23 80
Glykopeptidantibiotika
Vancomycin 6 50 95
Teicoplanin >24 90 95
Imipenem 1 25 70
Meropenem 1 15 70
Doripenem 1 20 70
Makrolide
Erythromycin 1,5 70 10
Azalide
Lincosamide
Clindamycin 2,5 90 10
Antibiotikums in der Gallenblase (38-fach struktur von 13 Aminosäuren und lipophiler Sei-
im Vergleich zur Serumkonzentration), tenkette besteht.
Lunge (9-fach), Kolon (2-fach)
> Daptomycin zeichnet sich durch eine gute
5 Biotransformation: Ausscheidung über die
Gewebegängigkeit (68–72 % der Serum-
Galle und Fäzes (60 %), renale Elimination
konzentration) und hohe Penetration in Bio-
zu 33 %, nur 22 % der Gesamtdosis werden
filme aus! Es hat eine hohe und schnell ein-
unverändert im Urin eliminiert (für die
setzende Bakterizidie!
Therapie des Harnweginfektes daher nicht
zugelassen!). Keine Interaktion mit dem 4 Wirkspektrum: nur grampositive Bakterien
Cytochrom-P450-Enzym einschließlich Enterococcus faecalis und
faecium, VRE und MRSA
jIndikationen 4 Wirklücke: gramnegative und atypische
Komplizierte intraabdominelle Infektionen (CIAI) Erreger
und schwere Haut- und Weichteilinfektionen 4 Wirkmechanismus: irreversible, kalziumab-
(CSSTI), keine Zulassung für die Pneumonie-Mo- hängige Bindung an die Bakterien-Zellmem-
notherapie in Deutschland! Allerdings scheint die bran o Ausbildung von transmembranösen
Kombination mit hochdosuiertem Carbapenem Kanälen o schnelle Depolarisation der
plus Tigecyclin 2×100 mg bei erworbener Pneumo- Zellmembran o Efflux von Kalium und Zu-
nie mit einem multiresistenten Erreger von Vorteil sammenbruch des Membranpotenzials o
zu sein! Hemmung der bakteriellen Protein-, DNA-
und RNA-Synthese o Zelltod ohne signifi-
jNebenwirkungen kante Bakterienlyse
Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö. 4 Pharmakokinetik:
5 Biotransformation: vorwiegend unverän-
Dosierung derte renale Elimination (bis 80 %), nur 5 %
11 über Fäzes; keine Interaktion mit dem P450-
5 Initial 100 mg als Kurzinfusion, anschlie-
Cytochromsystem, allerdings Anstieg der
ßend 2-mal 50 mg/Tag i.v. als Kurzinfusion
Daptomycinplasmaspiegel durch simultane
über 30–60 min in jeweils 250 ml 0,9 % NaCl
Gabe von Medikamenten, die die renale Fil-
über 1 h bei leichten Infektionen, sonst bei
tration vermindern, z. B. NSAR und Coxibe
schweren Infektionen besser 2×75 mg bzw.
5 Proteinbindung: 92 %
2×100 mg i.v.
5 HWZ: 8–9 h
5 Keine Reduktion bei Niereninsuffizienz oder
Hämodialysepatienten jIndikationen
5 Dosisreduktion nur bei schwerer Leberfunk-
Schwere Haut- und Weichteilinfektionen, rechtssei-
tionsstörung (2-mal 25 mg Tigecyclin)
tige infektiöse Endokarditis mit Staphylococcus au-
reus, Staphylococcus-aureus-Bakteriämie.
> Keine Monotherapie empfohlen! Bakterio- ! Nicht für die Behandlung von Pneumonien
statischer Effekt! Tigecyclin ist nicht dialysier- zugelassen! (ineffektiv, evtl. aufgrund zu
bar und weist keine Interaktion mit dem niedriger Lungenspiegel bzw. aufgrund einer
Cytochrom-P450-System auf. Interaktion des Antibiotikums mit Lungen-
surfactant).
jNebenwirkungen
Gastrointestinale Nebenwirkungen in bis zu 7 % der 11.2.5 Entwicklung neuer Antibiotika
Fälle (Diarrhö, Erbrechen), Muskelschmerzen, Mus- bzw. feste Kombinationen
kelschwäche, Myositis und Rhabdomyolyse (dosis-
unabhängig!) insbesondere bei Niereninsuffizienz In den letzten 10 Jahren sind die Grundlagenfor-
(Kontrolle der CK-MM und Therapieabbruch bei schungen und Neuentwicklungen von Antibiotika
CK-Anstieg auf das >5-Fache der Norm, Vorsicht von der Pharmaindustrie dramatisch heruntergefah-
bei simultaner Einnahme von CSE-Hemmern), ren worden. Nur für 4 Präparate kann mit einer Zu-
Kopfschmerzen, Pilzinfektionen (Soor), Erhöhung lassung in naher Zukunft gerechnet werden (2013):
der Leberenzyme. 4 fixe Kombination des β-Laktamase-Inhibitors
Avibactam mit Ceftazidim und Ceftarolin
jKontraindikationen 4 die beiden Vancine Dalbacin und Oritavancin
Schwangerschaft, Patienten mit Myopathie (relativ), (Phase-III-Studien)
Patienten mit Statin-Einnahme. 4 das Tetrazyklin Omedacyclin
4 das Oxazolidinon Tedizolid Phase-III-Studien;
> Aufgrund des Wirkmechanismus ist keine
Zulassung für cSSTI)
Kreuzresistenz zu erwarten!
Dosierung reduziert nur bei deutlicher Einschränkung der Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance <30 ml/min)
Dosierung Bemerkungen
Biosynthetische Penicilline
11 Penicillin G 3-mal 10–20 Mega i.v. (bei offener 1 Mio. IE = 0,6 g hohe Na+-Belastung!
(Penicillin 5/10) Fraktur) (1 Mio. IE = 1,86 mmol Na+)
Kinder: 3-mal 50.000 IE/kg/Tag Gut wirksam gegen: Streptokokken, Pneumokokken,
Niedrige Dosis: 3- bis 4-mal 0,5– Meningokokken und Borrelien
1,0 Mio. IE i.v. Wirklücke bei: Enterokokken, Enterobakterien, Bacte-
roides fragilis, Pseudomonas aeruginosa
Zusatzdosis bei Hämodialyse (HD): 1–2 Mio. IE
Propicillin p.o.: 3-mal 1,0 Mio. IE Resorption ist unabhängig von der Nahrungsaufnahme!
(Baycillin Mega)
Staphylokokken-Penicilline (penicillinasefest)
Oxacillin 4-mal 0,5–1 g i.v. oder p.o. (1 h vor Nicht bei Infektion durch methicillinresistente Staphylo-
dem Essen), maximal 8 g/Tag kokken (MRSA), dann Linezolid, Vancomycin, Teicoplanin,
Kinder (>1 Woche): 100 mg/kg/Tag Clindamycin, Fosfomycin oder Fusidinsäure nach Anti-
in 4 Dosen biogramm bevorzugen
Nebenwirkungen: GOT, GPT, AP, γ-GT n
Breitspektrum-Penicilline
Ampicillin 3- bis 4-mal (0,5-) 2,0 g i.v. Wirkt nicht bei: Staph. aureus, Klebsiellen
(Binotal, Kinder: 150–200 (400) mg/kg/Tag in Typischer Selektionskeim: Klebsiellen
Amblosin) 4 ED oral: nur 40 % Resorptionsquo- Mittel der 1. Wahl bei Enterokokken!
te o Schädigung der Darmflora
11.2 · Antibiotika
237 11
Dosierung Bemerkungen
Amoxicillin 3- bis 4-mal 750 mg p.o. 3-mal 1(–2) Mittel der 1. Wahl bei Enterokokken-, Listerien- und
g i.v. 4-mal 500 mg p.o. bei Ulkus Salmonelleninfektionen. Amoxicillin + Clavulansäure s. u.
und Heliobacter-pylorii-Nachweis; 2-bis 3-mal bessere enterale Resorption als Ampicillin,
80 % orale Resorption weniger gastrointestinale Störungen
Pseudomonasaktive Penicilline
Amoxicillin + 3-mal 625–1250 mg p.o. Wirkspektrum wie Ampicillin, erweitert auf Anaerobier
Clavulansäure 1 Tbl.= 0,5 g Amoxicillin + 0,125 g und β-Laktamasebildner (Staphylokokken); wirkt nicht
(Augmentan) Clavulansäure 3- bis 4-mal 1,2–2,2 g auf Citrobacter spp., Enterobacter, Pseudomonas spp.,
i.v. Serratia spp., Providentia spp., Morganella morganii
Parenterale Cephalosporine
Cephazolin 3-mal 1–2 g i.v. Kinder: 25–100 mg/ Gutes grampositives Wirkspektrum
(1. Generation) kg/Tag in 3–4 Dosen
(Gramaxin)
Cefoxitin (4. Gene- 3-mal 1–2 g i.v. Wirkt auch auf Anaerobier, inklusive Bacteroides fragilis
ration) (Mefoxitin) Cave: Induktor von β-Laktamasen
Dosierung Bemerkungen
Ceftriaxon Am 1. Tag 2-mal 2 g, dann 1-mal 2 g Gallengängig (35–40 %), Kombination meist mit Metroni-
(3a.Generation) i.v. dazol; längste HWZ der Cephalosporine: 6–9 h gegen-
(Rocephin) Kinder: 50–100 mg/kg/Tag in 1 Dosis über 1–2 h bei den anderen Cephalosporinen
Cefepim 2-mal 1,0 – 2,0 g i.v. Wirkspektrum ähnlich wie Cefotiam, jedoch bessere
(4. Generation) Aktivität auf Pseudomonas aeruginosa, Enterobakterien,
(Maxipime) methicillinsensible Staphylokokken und Streptokokken
Ceftarolin 2-mal 0,6 g i.v. als KI > 60 min Wirkspektrum auf grampositive (einschl. MRSA und
(5. Generation) penicillinresistente Pneumokokken) sowie einige gram-
(Zinforo) negative Bakterien (E.coli, Klebsiella pneumonia und
oxytoca, Morganella morganii, …
Wirklücke: Pseudomonas aeruginosa, Proteus spp.,
Mykoplasmen, ESBl-Keime
Unter Cefotaxim- oder Ceftriaxontherapie besteht die Möglichkeit der Selektion von Enterobacter cloacae! Des Weite-
11 ren Selektion von vancomycinresistenten Enterokokken (Cave: bei primärer Gabe von Cephalosporin und sekundär
Vancomycin z. B. im Rahmen einer pseudomembranösen Kolitistherapie)
Cefaclor (500 mg) 3-mal 0,5–1,0 g p.o. Eingeschränkte Aktivität gegenüber Haemophilus
(Panoral, influenzae
Cefallone) Kinder: 30–50(–100) mg/kg/Tag
Cefuroximaxetil 2-mal 250–500 mg p.o. Einnahme nach dem Essen (höhere Bioverfügbarkeit!),
(250 mg) (Elobact, gute Aktivität gegen Haemophilus influenzae und gram-
Zinnat) negative Keime
Kinder: 20–30 mg/kg/Tag
Dosierung Bemerkungen
Cefixim (200 mg) 1- bis 2-mal 200–400 mg p.o. Wirklücke: Enterokokken, Staphylokokken, Bacteroides
(Cephoral, Suprax) fragilis, Pseudomonas aeruginosa
Bessere Aktivität gegenüber gramnegativen Keimen
Kinder: 8–12 mg/kg/Tag
Imipenem + 3-mal 0,5 g bis 3-mal 1 g i.v. Cave: Selektion von Stenotropomomas maltophilia!
Cilastatin (Zienam) Kinder: 4-mal 15 mg/kg/Tag Lücke bei: Enterokokken, Legionellen, Pseudomonas
Max. 4 g bzw. 2 g bei Kindern maltophilia und cepacia sowie methicillinresistenten
Staphylokokken o Kombination mit Gykopeptidanti-
biotikum Vancomycin oder Linezolid
Cave: Krampfanfälle! (1–3 %)
Antibiotikum der engeren Wahl bei nekrotisierender
Pankreatitis
Cilastatin hemmt die Dihydropeptidase, wodurch die
Bildung eines nephrotoxischen Imipenemabbaupro-
dukts verhindert wird
Meropenem 3-mal 0,5 g bis 3-mal 1 g i.v. (Kein Cilastatin notwendig), geringeres Krampfpotenzial
(Meronem) 2- bis 3-mal 2,0 g bei Meningitis Ab dem 3. Lebensmonat zugelassen
SG/Kinder: 3-mal 10–20 mg/kg KG
Ertapenem 1-mal 1,0 g i.v. Zugelassen für schwere ambulant erworbene Pneumo-
(Invanz) nien, frühe nosokomiale Infektionen, intraabdominelle
Infektionen (nekrotisierende Pankreatitis, sekundäre
Cholangitis, sekundäre Peritonitis), Infektionen in der
Gynäkologie, schwere Infektionen der Haut- und des
Weichteilgewebes (nur in den USA), diabetischen Fuß
Wirklücke: Pseudomonas spp. (Cave bei Kolonperforati-
onen!), MRSA, atypische Erreger, Legionellen und Entero-
kokken
Doripenem 3-mal 500 mg als KI über Keine Dosisanpassung bis zu einer Kreatinin-Clearance
(Doribax) 1–4 Stunden von 50 ml/min! Anschl. 250 mg alle 8 h bis zu einer Krea-
tinin-Clearance von 30 ml/min, ab dann 250 mg alle 12 h
Kontraindikation: Patienten <18 Jahre
β-Laktamaseinhibitoren
Sulbactam 3- bis 4-mal 1,0 g i.v. vor der eigent- Nur in Kombination sinnvoll, da selbst keine antibak-
(Combactam) lichen Antibiotikagabe terielle Wirkung
. Abb. 11.4 Wirkspektrum der oralen Cephalosporingruppen. (Adaptiert nach Scholz et al. 1999)
Dosierung Bemerkungen
Sulfonamide
Trimethoprim + Sulfame- 2-mal 2 Tbl. p.o. oder Harnwegsinfekt, Bronchitis, Enteritis, Typhus,
thoxazol = Cotrimoxazol 2-mal 80 mg TMP/400 mg SMZ i.v. Pneumocystis carinii, Toxoplasmose
(Bactrim, Eusaprim)
Makrolide
Roxithromycin (Rulid) 2-mal 150 mg p.o. Höhere Serumspiegel als die anderen Makrolide
(75 % Bioverfügbarkeit)
Clarithromycin (Klacid) 2-mal 250 (–500) mg p.o. oder Gute Gewebegängigkeit, bessere Anreicherung in
2-mal 500 mg i.v. Lungengewebe und Alveolarmakrophagen als
Erythromycin (55 % Bioverfügbarkeit) Einsatz bei
Helicobacter-pylorii-Gastropathie, wirksam auch
gegen Haemophilus influenzae
Erythromycin (Erythrocin) 3- (bis 4-)mal 0,5 g p.o., i.v. als Ersatzantibiotikum bei Penicillin-Allergie. Mittel der
Kurzinfusion in 250 ml Kochsalz Wahl bei Legionellen, Chlamydien, Mykoplasmen
über 45 min vorwiegend hepatische Eliminination
HWZ: 1,5 h; nicht dialysierbar
Azithromycin (Zithromax) 1-mal 250–500 mg p.o. Bessere Wirkung auf Haemophilus influenzae als
Erythromycin
Lincosamide
Clindamycin (Sobelin) 3-mal 600 mg i.v. als Kurzinfusi- Wirkt gut gegen Anaerobier, Staphylokokken und
11 on über mindestens 15 min,
oder 3-mal 100–300 mg p.o.
Streptokokken, Corynebakterien, gute Penetration in
Knochen und Abszessgebiete (Anreicherung in
Kinder: 20 mg/kg/Tag in Leukozyten), Verstoffwechselung über die Leber!
3 Dosen nicht wirksam gegen: Enterokokken, Enterobacteri-
cae; E. coli, Klebsiellen, Haemophilus influenzae,
Neisserien, Ureoplasma ureolyticum
Cave: in 5–10 % gastrointestinale Nebenwirkungen
und selten Selektion von Clostridium difficile (blutige
Durchfälle), selten hepatotoxisch
Tetracycline
Doxycyclin Initial 200 mg, dann 1-mal 100– Bevorzugt bei Rickettsien-, Chlamydien- und
200 mg i.v. p.o.: 1-mal 200 mg Mykoplasmeninfektionen
Kinder: initial 4 mg/kg i.v./p.o., Wirklücke: Pseudomonas aeruginosa, Proteus,
dann 2 mg/kg in 1 Dosis Serratia, Providentia
Dosierung Bemerkungen
Monobactame
Aztreonam 2- bis 3-mal 1–2 g i.v. Wirkt nur auf gramnegative Keime! Alternative zu den
(Azactam) Aminoglykosiden, keine Anaerobierwirkung
Aminoglykoside
Gentamicin 1-mal 340–400 mg/Tag i.v. Talspiegel: <0,5 mg/l, bei Niereninsuffizienz deutliche
(Refobacin) (3–5 mg/kg/Tag), dann nach Spiegel Dosisreduktion
Tobramycin 1-mal 340–400 mg/Tag i.v. (3–5 mg/ Talspiegel: <0,5 mg/l, bei Niereninsuffizienz deutliche
(Gernebcin) kg/Tag), dann nach Spiegel (intratra- Dosisreduktion gelegentlich auch intratracheale Anwen-
cheal 3-mal 50 mg) dung oder Vernebelung (4-mal 80 mg) o Wirkung nicht
einheitlich beurteilt! Gute Wirkung auf Pseudomonas
aeruginosa
Paromomycin 2,0 g p.o. verteilt auf 4 Dosen Therapie der hepatischen Enzephalopathie und bei
(Humatin) NH3 n
Glykopeptide
Vancomycin 2-mal 2 g bzw. 4-mal 0,5 g i.v. (40 mg/ Talspiegel: 5–10 mg/l; Spitzenspiegel: 30–40 mg/l (bei
(Vancomycin) kg/Tag) über 60 min Kinder: 20–40 0,5 g 1 h, bei 1 g 2 h nach Gabe) bei zu schneller Infusion
mg/kg/Tag in 2 Dosen (bei pseu- Red-neck-Syndrom (Histaminfreisetzung), nicht dialysier-
domembranöser Kolitis orale Gabe bar, bei Anurie 1,0 g alle 1–2 Wochen; unter Hämofiltra-
von 4-mal 250 mg für 7–10 Tage) tion (HF) ist eine häufigere Gabe notwendig!
Teicoplanin Initial 800 mg, dann 1-mal (200-) Talspiegel: 5–15 mg/l Gabe mindestens 3 Tage über
(Targocid) 400 mg/Tag i.v. (ca. 6 mg/kg) CVVHD: Entfieberung hinaus; wirkt nicht auf gramnegative Bak-
1.Tag: 800 mg; 2+3 T.: 400 mg, dann terien! bessere Wirkung auf Enterokokken im Vergleich
400 mg jeden 2.–3. Tag. Kinder: SD: zu Vancomycin
2-mal 10 mg/kg/Tag ED: 1-mal 10 mg/
kg/Tag
Fosfomycin (eigenständigen Gruppe der Phosphonsäurederivate ohne Ähnlichkeit zu anderen Antibiotika)
Fosfomycin 2- bis 3-mal 3–5–8 g i.v. Breites auch nosokomiales Wirkspektrum S. aureus, S.
(Infectofos) bzw 2- bis 3-mal 50–80 mg/kg KG bei epidermidis, Enterokokken, E. coli, Klebsiella pneumoniae,
Kindern Serratia, multiresistente Pseudomonaden aeruginosa
einschl. MRSA, VRE, ESBL-Bildner; Wirklücke: Acinetobacter
baumannii, Burkholderia cepacia, Morganella morganii,
Klebsiella terrigena, Providentia stuartii, Chlamydien und
Mykoplasmen, Legionellen, Bordella pertussis
Kontraindikation: Niereninsuffizienz (CrCl < 20 ml/min):
wird zu 90–95 % über die Niere ausgeschieden
Hypernatriämie (1 g Fosfomycin Ⳏ 14,5 mmol Na+)
Dosierung Bemerkungen
Enoxacin 1-mal 1 Tbl. (= 200 mg) bis 2-mal Infektionen der Niere, der Harnwege sowie der Prostata;
(Gyramid) 2 Tbl. bei schweren Harnwegs- Gonorrhö; Infektionen der Atemwege einschließlich des
infektionen nur p.o. Hals-, Nasen- und Ohrenbereichs, Infektionen der Haut-
und Hautanhangsgebilde
Cave: gleichzeitiger Gabe von Ranitidin führt zur Resorp-
tionsbeeinträchtigung von Enoxacin
Levofloxacin 1- bis 2-mal 500 mg p.o./i.v. Höhere Aktivität im grampositiven Bereich (Pneumokok-
(Tavanic) (links- Bei unkompliziertem HWI: 1-mal kenpneumonie) und gegen atypische Erreger (Myko-
drehendes 250 mg plasmen, Chlamydien), inkl. penicillinresistenter Pneu-
Enantiomer des Bei Kreatinin-Clearance <50 ml/min: mokokken und Klebsiellen
Razemats Dosisreduktion!
Ofloxacin)
Moxifloxacin 1-mal 400 mg p.o. oder i.v. als Kurzin- Einsatz bei Atemwegsinfektionen, wirkt auf grampositive
(Avalox) fusion über >30 min und -negative Keime, auf atypische Erreger sowie auf
Anaerobier o kein Metabolismus über das P450-System
besonders gut geeignet zur Therapie von ambulant
erworbenen Pneumonien oder Knochen- und Weichteil-
infektionen sowie bei nekrotisierender Pankreatitis,
keine Wirkung gegen Pseudomonas spp.! hohe Gewebe-
gängigkeit (auch bei Pankreatitis)
11 Keine Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz oder CVVH!
Nitroimidazole
Metronidazol 3-mal 0,5 g i.v. Wirkt gut auf: obligate Anaerobier, Amöben und Flagel-
(Clont, Flagyl) Kinder: 3-mal 10 mg/kg/Tag laten
Behandlungsdauer: <10 Tage Wirkmechanismus: Ausbildung von DNA-Strangbrüchen
und Entspiralisierung der Doppelhelix
Oxazolidinone
Linezolid 2-mal 600 mg i.v. (Infusionslsg. mit Spektrum: Staphylokokken (inkl. MRSA, MRSE, GISA) und
(Zyvoxid) 2 mg/ml) Streptokokken (inkl. penicillinresistente Pneumokokken),
2-mal 1 Filmtbl (= 600 mg) oder Enterokokken (inkl. VRE) und grampositive Erreger, keine
Granulat (= 100 mg/5 ml) p.o. Dosisanpassung bei Leber- oder Niereninsuffizienz Ne-
benwirkungen Kopfschmerz, Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen
Ansamycine
. Abb. 11.5 Wirkspektrum der wichtigsten Antibiotika (unter Berücksichtigung des PEG-Resistenzmusters); Pneumokokken (Strept. pneumoniae, Meningokokken [Neisseria
meningitidis], Gonokokken [Neisseria gonorrhoae]). (Adaptiert nach Prof. F.-J. Schmitz [Bayer-Broschüre] und Prof. Thalhammer/Prof. Grabein [Infektiologie. Kompendium der
antimikrobiellen Therapie], Prof. H. Geiss [Wyeth-Wirkspektrum], Fachinformationen sowie Stellungnahmen der pharmazeutischen Industrie zu ihren Produkt sowie anhand der
Antibiogramme der Intensivstation des EVK Düsseldorf )
11.2 · Antibiotika
247
Antibiotikum Erreger
Klinische Zulassung der Antimykotika . Tab. 11.20 zeigt die Gruppeneinteilung der Anti-
1959 Zulassung von konventionellem Amphotericin B mykotika.
1990 Zulassung von Fluconazol (Diflucan)
2001 Zulassung von Caspofungin (CANCIDAS) in Deutsch-
land 11.3.2 Wirkprinzipien
2002 Zulassung von Voriconazol (VFend) in Deutschland
2002 Zulassung von Micafungin in Japan
2003 Zulassung von Itraconazol (Sempera) in Deutschland
Hauptangriffsorte für eine antimykotische Wirkung
zur intravenösen Applikation sind die:
2005 Zulassung von Posaconazol (Noxafil) in Deutschland 4 Zellmembran (Azole, Polyene)
2008 Zulassung des Echinocandins Anidulafungin (Ecalta) 4 Zellwand (Echinocandine) und
2008 Zulassung des Echinocandins Micafungin (Mycami- 4 Nukleinsäuresynthese (Flucytosin)
ne) in Deutschland
11.3 · Antimykotika
249 11
Anmerkung: Die Zellmembran der Pilzzelle hat 4 Das 5-Flucytosin (Ancotil) hemmt mit der
eine ähnliche Struktur wie die anderer Eukaryonten Nukleinsäuresynthese, einen für die Protein-
(Phospholipiddoppelschicht mit Proteinen sowie synthese notwendigen Schritt. Von vielen Pilz-
Sterinen und enthält ferner Enzyme, die Bestandtei- zellen wird Flucytosin über 5-Fluorouracil in
le der Zellwand aufbauen. Das wichtigste Sterin bei weitere Bestandteile umgewandelt, die sowohl
Pilzen ist das Ergosterol, während in der mensch- die Funktion als auch die Synthese von DNS
lichen Zellmembran Cholesterin vorhanden ist) und RNS hemmen o Störungen in der Pro-
(. Abb. 11.6). teinsynthese o Tod der Zelle
Die meisten antimykotischen Substanzen be- 5 für die menschlichen Zellen relativ wenig
einflussen die Synthese bzw. die Funktion der Zell- toxisch, da diese Flucytosin nicht in 5-FU
membran (Polyene, Azole) oder die Synthese der umwandeln
Zellwand der Pilze: 5 viele Pilzzellen weisen eine natürliche
4 Die Echinocandine beeinflussen die Synthese Resistenz gegen Flucytosin auf
der Pilzzellwand. 5 schnelle Resistenzentwicklung (daher nur
4 Die Polyene wie z. B. Amphotericin B binden in in Kombination einsetzbar)
der Zellwand direkt an Ergosterin. Die Poly-
ensterinkomplexe ordnen sich dadurch neu an Die Echinocandine (Caspofungin, Anidulafungin
und bilden in der Zellwand kleine Poren, und Micafungin) sind Glukansynthesehemmer und
durch die es zu einem Elektrolytverlust der richten sich gegen die Zellwand, die ihre Form und
Zelle und letztlich zum Zelltod kommt. Stabilität durch Schichten langer Polysaccharidfibril-
4 Die Azole (Ketoconazol, Fluconazol, Itraco- len erreicht. Dieses Gerüst aus Fibrillen ist mit ver-
nazol, Posaconazol) verhindern die Synthese schiedenen Arten von Strukturpolysacchariden und
des Ergosterins, indem sie an ein pilzspezifi- einer kleinen Zahl von Proteinen und Lipiden besetzt.
sches Cytochrom-P450-Enzym, die Lano- Das Caspofungin beispielsweise bindet als Glu-
sterin-14-α-Demethylase, blockieren o Ver- kan-Synthese-Inhibitor an die Zellmembran, blo-
hinderung der Demethylierung des Lanoste- ckiert dort nicht-kompetitiv die Glukansynthase
rins zum Ergosterin o Steigerung der Zellper- und verhindert somit den Aufbau der Glukane. Die-
meabilität, Hemmung des Zellwachstums und se Hemmung ist hochspezifisch. Sie zerstört die
-vermehrung. Zellwandintegrität, führt zur osmotischen Instabili-
Anmerkung: Azole interagieren z. T. mit dem tät der Zelle und bereits nach kurzer Einwirkzeit
menschlichen Cytochrom-P450-Enzymsystem! zum Absterben der Pilzzellen.
250 Kapitel 11 · Antibiotika und Antimykotika
* Die hepatische Eliminationskapazität von Voriconazol ist wegen eines Polymorphismus des Cytochroms-P450-Isoen-
zyms 2C19 und im Zusammenhang mit möglichen Medikamenteninteraktionen sehr variabel. Daher wird aktuell ein
therapeutisches Drug-Monitoring (TDM) diskutiert. In diesem Zusammenhang konnte eine Korrelation zwischen
einem Mindesttalspiegel von 1 mg/l Voriconazol und einem therapeutischen Erfolg von 70 % abgeleitet werden, wäh-
rend höhere Spiegel den Erfolg marginal steigern (. Tab. 11.23)
** Posaconazol unterliegt nicht dem Phase-1-Metabolismus, d. h. es wird nicht durch Cytochrom-P450-Isoen-
zyme (CYP) metabolisiert. Allerdings wirkt es trotzdem als Inhibitor des CYP3A4! Andere Isoenzyme (z. B. CYP 1A2, 2D6,
2C8/9 oder CYP 2E1) werden nicht beeinflusst!
Simultane Gabe von Terfenadin (Terfenadin Stada u. a.) oder Pimozid (Orap) und einigen anderen Medikamenten, die
Torsades de pointes verursachen können, sind kontraindiziert!
Ebenso sollte die Therapie mit Statinen wie Simvastatin (Zocor), Lovastatin (Mevinacor) und Atorvastatin (Sortis) wäh-
rend der Behandlung mit Posaconazol unterbrochen werden; die Dosierungen von Ciclosporin (Sandimmun, etc.) und
Tacrolimus (Prograf etc.) müssen reduziert werden.
*** UGT = Uridin-diphosphat-Glucosyltransferase
Talspiegel von ≥1 μg/ ml gehen mit einem therapeutischen Erfolg von ca. 70 % einher! (Pascual et al. 2008)
! Keine Empfehlung eines TDM für Fluconazol sporium spp. und Aspergillus spp. (inkl.
und allen Echinocandinen! zerebrale Form mit verbesserten Ansprech-
barkeitsraten im Vergleich zu Amphoteri-
Azolderivate cin B)
4 Wirklücke: Mucor, Zygomyzeten
Fluconazol (Diflucan)
11 4 Wirkspektrum: Candida albicans und einige jIndikationen
Non-albicans-Stämme sowie Histoplasma Aspergillose, Candidiasis.
capsulatum
4 Wirklücke: Candida glabrata, C. krusei, Dosierung
C. guillermondi, C. dubliensis, Aspergillen,
5 Initial 2-mal 6 mg/kg KG i.v. anschließend
Zygomyzeten, …
2-mal 4 mg/kg KG i.v. oder
Dosierung 5 initial 2-mal 400 mg p.o., anschließend
2-mal 200 mg/Tag p.o. mit 1 h Abstand zum
5 Initial 2-mal 6 mg/kg KG i.v. Essen
5 Anschließend 2-mal 4 mg/kg KG i.v.
jWechselwirkungen
jNebenwirkungen 4 Rifabutin + Phenytoin o Erhöhung der Vori-
Gastrointestinale Störungen. conazoldosis (z. B. 5 mg/kg i.v., 400 mg oral/2-
mal täglich)
Voriconazol (VFend) 4 simultane Tacrolimusgabe o 1/3 der initialen
4 Wirkspektrum: Tacrolimusdosis und Bestimmung der Serum-
5 Fungistatisch gegenüber Candida spp. und konzentration
fungizid gegenüber Schimmelpilzen 4 simultane Cyclosporingabe o 1/2 der initialen
5 erfasst auch fluconazolresistente Candida Cyclosporindosis und Bestimmung der Se-
spp. bzw. Non-albicans-Stämme, Crypto- rumkonzentration
coccus neoformans, Fusarium spp., Scedo-
11.3 · Antimykotika
253 11
! Unter Itraconazol sind Fälle von Herzversa-
Nicht simultan mit Voriconazol anzuwenden gen beschrieben worden! An Rattenherzen
5 Terfenadin, Astemizol (Antiallergika) (Cleary et al. 2012) kommt es unter Itracona-
5 Rifampicin zol aufgrund einer angenommenen mito-
5 Carbamazepin chondrialen Dysfunktion zur deutlichen
5 Phenobarbital Abnahme der kardialen Kontraktilität!
5 Sirolismus Auch bei Posaconazol sind Fälle von Herz-
5 Efavirenz, Ritonavir insuffizienzen beschrieben worden!
5 Johanniskraut
5 Chinidin jKontraindikationen
5 Ergotalkaloide Kreatinin-Clearance <30 ml/min für i.v. Lösung
(Cyclodextrinakkumulation), dekompensierte
Herzinsuffizienz.
jNebenwirkungen
4 Transaminasenanstieg (10–25 %) Posaconazol (Noxafil)
4 passagere Sehstörungen (bis 25 %) 4 Wirkmechanismus: Hemmung der Lanosterol-
4 Exanthem (1–6 %) 14α-Demethylase und damit den Umbau von
4 Fieber, Durchfall, Magenschmerzen, Hypo- Lanosterol in Ergosterol. Die Ergosterolvorstu-
glykämie und Pneumonitis, Erbrechen und fen werden in die Pilzmembran eingebaut und
4 Halluzinationen die Permeabilität für Zellbestandteile erhöht sich
. Tab. 11.23 Pharmakokinetik der Antimykotika aus der Gruppe der Echinocandine
Polyenantimykotika
Amphotericin B in Dosis: 3–5 mg/kg KG) Gabe bei: Aspergillose, Blastomykose, Kryptokokkose, Histo-
liposomaler Formu- plasmose und systemischer Candidiasis
lierung (AmBisome) (Nachweis im Blut und evtl. Urin)
Nebenwirkungen: Fieber (80 %), Nephrotoxizität (jedoch
keine Dosisreduktion bei Niereninsuffizienz notwendig! o
Abbau im Gewebe, Ausscheidung über Niere), Leuko-,
Thrombozytopenie, Transaminasen n, gastrointestinale
Störungen (50 %) nicht dialysierbar, keine Kombination mit
Azolderivaten!
Polyenderivate
Nystatin 3- bis 4-mal 1 Pipette p.o. Wirkt nur lokal, keine Resorption
(Candio-Hermal)
Flucytosin (Ancotil) 4-mal 37,5 mg/kg als Kurz- Mit Amphotericin B kombinieren (Kombination bei Krypto-
infusion i.v. kokkose von Vorteil)
100–200 mg/kg p.o. Nebenwirkungen: Leuko-, Thrombopenie, Transaminasen
Renale Elimination: >90 % o Zusatzdosis nach Dialyse
Nephrotoxizitat bei Serumkonzentration >100 mg/l
Triazolderivate
Fluconazol 1- bis 2-mal 200–400 mg i.v. Wirkt nicht bei C. glabrata und C. tropicalis
(Diflucan) Bei CVVH: 4-mal 200 mg i.v. Hohe Liquorgängigkeit!
Schleimhaut: 1-mal 50–100 mg/ Bei Niereninsuffizienz:
Tag p.o. – GFR 21–40 ml: alle 48 h 1-mal
GFR 10–20 ml alle 72 h (renale Elimination >80 %)
Bioverfügbarkeit: >90 %, hohe Liquorgängigkeit, niedrige
Eiweißbindung, überwiegend unveränderte renale Elimination
Nebenwirkungen: gastrointestinale Störungen
o zunehmende Resistenzentwicklung
Itraconazol 1- bis 2-mal 200 (–400) mg p.o. Wirkt auch gegen Aspergillen
(Sempera) 3-mal 200 mg an Tag 1–4 i.v. Bioverfügbarkeit: nur 55 %
Anschließend 2-mal 200 mg i.v. Kontraindikation: Kreatinin-Clearance <30 ml/min
Kinder 1–12 Jahre: 5–12 mg/kg Wirklücke: C. krusei, Fusarium spp., Zygomyzeten, Crypto-
coccus neoformans
258 Kapitel 11 · Antibiotika und Antimykotika
Posaconazol 2-mal 400 mg p.o. mit einer Zugelassen für invasive Mykosen beim Erwachsenen
(Noxafil) Mahlzeit oder (>18. Lebensjahr) mit Candida spp, resistente invasive Asper-
4-mal 200 mg p.o. nüchtern gillen, resistente Fusaria spp., Chromoblastosen, resistente
z. B. bei Mukositis Kokzidioidomykose sowie Zygomyzeten
Hepatische Metabolisierung, allerdings nicht durch Cyto-
chrom-P450-Isoenzyme, trotzdem Inhibitor der CYP3A4!
In naher Zukunft soll eine intravenöse Applikationsform auf
den Markt kommen!
Echinocandine
Anidulafungin 1. Tag: 200 mg/Tag über 3 h Nur für invasive Candidosen zugelassen (erfasst auch Stäm-
(Ecalta) und anschließend 100 mg/Tag me mit Resistenz gegenüber Fluconazol)
über 1,5 h i.v. Keine hepatische Metabolisierung und keine Cyto-
Bei Candidaösophagitis: chrom-P450-Interaktion bzw. Arzneimittelinteraktion
150 mg/Tag i.v. Keine Dosisanpassung bei Leber- und Niereninsuffizienz
Zur Candidaprohylaxe bei notwendig!
11 Knochenmarkstransplan-
tierten: 50 mg/Tag i.v.
Micafungin Invasive Candidose: 100 mg/ Soll nur angewendet werden, wenn andere Antimykotika
(Mycamine) Tag nicht effektiv sind oder eingesetzt werden können! Nicht
Candidaösophagitis: 150 mg/ zugelassen bei Patienten mit Candidaendokarditis, Candida-
Tag i.v. osteomyelitis und Candidameningitis oder bei Patienten mit
Candidaprohylaxe bei Kno- anderen Pilzinfektionen!
chenmarkstransplantierten: Kein Cytochrom-P450-Metabolismus, keine Dosisanpassung
50 mg/Tag i.v. bei schwerer Niereninsuffizienz oder moderater Leberinsuf-
Jeweils über 1 h fizienz!
zugelassener Medikamenten-Cocktail entsteht! Die duktion der 28-Tage-Letalität auf der Inten-
einzelnen intensivmedizinischen Fachgruppen sivstation bzw. trendmäßig auch noch nach
widmen sich aktuell diesem Problem! einem Jahr. Die Behandlung erfolgte dabei mit
Ciprofloxacin 2-mal 400 mg i.v. und topisch
jIndikationen appliziertem Polymyxin B und Gentamicin
Intubierte Intensivpatienten mit einer erwarteten 4 polytraumatisierte Patienten (jedoch dann
Beatmungsdauer >48 h (A-Empfehlung). Weitere frühzeitiger Einsatz)
Indikation könnte sein: 4 thorakale Ösophaguschirurgie mit intra-
4 chirurgische Patienten mit einen APACHE-II- operativer erster Gabe
Score von >20 Punkten, Alter >60 Jahre 4 internistischer Patienten mit nachgewiesener
Anmerkung: nach einer Untersuchung von nekrotisierender Pankreatitis o signifikante
Krüger (2002) bzw. De Jonge (2003) führt die Reduktion der Letalität in einer randomisier-
SDD-Prophylaxe zu einer signifikanten Re- ten, prospektiven Studie von Luiten et al. (1995)
11.4 · Selektive Darm- bzw. oropharyngeale Dekontamination
259 11
Candida
– albicans + + + + + + + +
– tropicalis (+) + + + + + + +
– krusei O O + (+) + + + +
– dubliensis O + + + + ? ? +
– lusitaniae + + + + O ? ? +
– guillermondi O + + + + O O O
Crytococcus + O + ? + O O O
neoformans
Aspergillus
– fumigatus (+) + + + + ? ? +
– flavus O + + + O ? ? +
– niger O O + + + ? ? +
– granulosus O + + + ? ? +
– terreus O + + + O ? ? +
– nidulans O + + ? ? +
Weitere Schimmelpilzarten
Fusarium O O + + O O O O
Scedosporium O + + + + O O O
Mucor O (+) O + + O O O
Zygomyzeten O O O + + O O O
+: meist sensibel
(+): nur nach Testung, meist nur intermediär sensibel
O: meist resistent
260 Kapitel 11 · Antibiotika und Antimykotika
Oral (alle 6 h) 2 % Paste aus Polymyxin E, Tobramycin und Ampho- 2 % Paste aus Polymyxin E, Tobramycin
tericin B im Mund verteilt und Amphotericin B im Mund verteilt
Infektiöse Endokarditis
und Endokarditisprophylaxe
W. Zink
Klassifikationskriterium Erläuterungen
Rechtsseitige Endokarditis
Fremdmaterialassoziierte Endokarditis
Ambulant erworbene IE: Klinische Symptome einer IE weniger als 48 h nach stationärer
Aufnahme bei einem Patienten, der nicht die oben angeführten Kriterien erfüllt
IE assoziiert mit i.v. Drogenabusus: IE bei einem aktiven i.v. Drogenkonsumenten ohne
alternative Quelle einer Infektion
Rezidiv einer infektiösen Relaps: Wiederholte Episoden einer IE, verursacht durch den gleichen Erreger
Endokarditis <6 Monate nach der initialen Episode
Wiederholte Episode einer IE verursacht durch den gleichen Erreger >6 Monate nach
der initialen Episode
. Abb. 12.1 Mikrobiologische Diagnose bei Patienten mit kulturpositiver und kulturnegativer Endokarditis. (Aus ESC Pocket
Guidelines 2010) * Bei stabilen Patienten mit nicht identifiziertem Erreger sollte ein Absetzen der Therapie erwogen werden,
um eine erneute Blutkulturdiagnostik zu ermöglichen
Nativklappen
β-Laktamallergie
β-Laktamallergie
Operationsindikationen Operationszeitpunkt
Akute Herzinsuffizienz
Aorten- oder Mitralklappenendokarditis mit schwerer Insuffizienz oder Klap- Notfall (innerhalb 24 h)
penobstruktion mit refraktärem Lungenödem oder kardiogenem Schock
Aorten- oder Mitralklappenendokarditis mit Fistel in Ventrikel bzw. Perikard mit Notfall (innerhalb 24 h)
refraktärem Lungenödem oder kardiogenem Schock
Aorten- oder Mitralklappenendokarditis mit schwerer Insuffizienz oder Dringend (innerhalb weniger Tage)
Klappenobstruktion mit persistierendem Herzversagen oder beginnenden
Dekompensation
Aorten- oder Mitralklappen-IE mit schwerer Insuffizienz ohne Zeichen der Elektiv (nach ≥1–2 Wochen
Herzinsuffizienz Antibiotikatherapie)
Unkontrollierte Infektion
Operationsindikationen Operationszeitpunkt
Akute Herzinsuffizienz
Fistel in Ventrikel oder Perikard mit refraktärem Lungenödem oder kardio- Notfall
genen Schock
Unkontrollierte Infektion
Standardprophylaxe
Amoxicillina 2 g p.o. oder i.v. als Einzeldosis 50 mg/kg p.o. oder i.v. als Einzeldosis 30–60 min vor Eingriff
oder 30–60 min vor Eingriff
Ampicillina,b
β-Laktamallergie
Clindamycinc,d 600 mg p.o. oder i.v. als Einzel- 20 mg/kg p.o. oder i.v. als Einzeldosis 30–60 min vor Eingriff
dosis 30–60 min vor Eingriff
Pneumonie
M. Fresenius
13.1.3 Pneumoniekriterien
Morphologie Pneumonietyp
13 kosten signifikant reduziert werden (Christ- 4 Nachweis von potenziell pathogenen Erregern
Crain 2004)! Außerdem ist ein Abfall der im Tracheobronchialsekret (Keimzahl >106/
Inflammationsparameter PCT an Tag 4 ein ml), mittels Gramfärbung und mikroskopi-
unabhängiger Prädiktor für das Überleben sche Leukozytenzählung o Ausschluss von
(Hillas 2010)! Kontaminationen aus der Mundhöhle
4 Thoraxröntgen in zwei Ebenen in Standard- (>25 Plattenepithelzellen/Gesichtsfeld bei
technik mit evtl. typischen Veränderungen 100-facher Vergrößerung) sowie Nachweis
(. Tab. 13.2); bei immobilen Patienten Rönt- von Sekret aus dem unteren Respirationstrakt
genuntersuchung im Liegen. Sensitivität der (>25 neutrophile Granulozyten/Gesichtsfeld
Thoraxröntgenuntersuchung in prämortalen und Nachweis mehrerer Makrophagen) spre-
und postmortalen Studien: lediglich 50–70 %, chen für eine Pneumonie und gegen Sputum-
Spezifität: 30–50 % verunreinigung.
4 evtl. bei therapierefraktären Infiltraten, 4 Kultur des abgesaugten Trachealsekrets nach
schwieriger Differenzialdiagnostik und bei vorangegangenem mikroskopischem Scree-
Intensivpatienten Thorax-CT (hohe Aussage, ning (Gramfärbung)
Darstellung von Infiltraten, Pleuraergüssen 5 positives Ergebnis bei >105–106 Kolonien/
und Atelektasen) ml unverdünnten Sekrets
4 Blutkultur bei Verdacht auf hämatogene 5 hohe Sensitivität (90–95 %), jedoch geringe
Streuung oder Quelle Spezifität (ca. 30 %)
13.1 · Bakterielle Pneumonien
281 13
. Tab. 13.3 Sensitivität und Spezifität der verschiedenen Asservierungsmethoden des mikrobiologischen Materials
5 Nachweis von Elastinfasern bei nekrotisie- Dieses Vorgehen verminderte im Vergleich zur
render Pneumonie mittels 40 %iger Kalium- konventionellen Diagnostik die Beatmungs-
hydroxidlösung dauer, die Anzahl der Fälle von C.-difficile-
4 bronchoalveoläre Lavage (BAL) Kolitis sowie den Antibiotikaverbrauch.
5 positives Ergebnis bei >104 Kolonien/ ml Sensitivität und Spezifität der einzelnen mikro-
5 ein großes Lungenareal von ca. 1 % wird biologischen Untersuchungsmethoden sind in
mikrobiologisch »gescreent« o erhöhte Rate . Tab. 13.3 aufgelistet.
an falsch-positiven Befunden (ca. 80 %), bei 4 offene Lungenbiopsie bei schweren Verläufen
einer Sensitivität von teilweise nur 70 %! (insbesondere bei Verdacht auf Pilzpneumonie)
5 eher zurückhaltend bei schwerer respirato- 4 selten:
rischer Störung (Gefahr der Hypoxie wäh- 5 serologische Untersuchung auf Viren und
rend und insbesondere nach der Bronchos- Pilze (Galaktomannan, β-D-Glukan) insbe-
kopie mit der BAL) sondere bei Patienten mit Prädisposition
4 geschützte Bürste (PSB) wie einer strukturellen Lungenerkrankung,
5 positives Ergebnis bei >10³ Kolonien/ml einer rheumatologischen Grunderkrankung
Verdünnungslösung oder einer Leberzirrhose und/oder hinwei-
5 erhöhte Inzidenz falsch-negativer Befunde sende Infiltrate im CT-Thorax, die mit einer
unter antibiotischer Therapie! Sensitivität invasiven Aspergillose assoziiert sein
allgemein bei nur 70 % bei guter Spezifität könnten
von 80–90 % 5 Nachweis von Elastinfasern
5 hohe Materialkosten! 5 Bestimmung von Interleukin-6 und Procal-
4 Punktion und Kultur von Pleuraergüssen/ citonin in der BAL-Flüssigkeit
-empyem 5 Nachweis eines löslichen TREMI-Rezeptors
Anmerkung: Durch Anwendung von sog. E- (»triggering receptor expressed on myeloid
Tests (Bouza 2007) konnten aus den ausgestri- cells«), der zur Immunglobulin-Super-
chenen Kulturplatten erste Ergebnisse bezüg- familie gehört und von Phagozyten nach
lich Antibiotikaresistenzen ohne vorausgegan- bakterieller Stimulation exprimiert wird;
gener Speziesdifferenzierung bereits nach 24 h Sensitivität: 98 % und Spezifität 90 % (Gibot
dem behandelnden Arzt übermittelt werden. et al. 2004)
282 Kapitel 13 · Pneumonie
Nierenerkrankungen +10
13.1.5 Pneumonieprophylaxe
Vigilanzstörung +20
Parameter Punkte
0 1 2
Temperatur (°C) ≥36,0 bis ≤38,3 ≥38,4° bis ≤38,9° <36,0 oder ≥39,0
Leukozyten (/mm³) ≥4000 bis ≤11.000 <4000 oder >11.000 50 % stabkernige Granulozyten
Kultur des Trachealsekrets Geringe Keimzahl Moderate bis hohe Derselbe Keim in Kultur und
Keimzahl Gramfärbung
samkeit gegen Pseudomonaden oder 4 Bei Patienten mit Risikofaktoren für das Vor-
moderne Chinolone i.v. handensein von multiresistenten Erregern
5 bei Verdacht auf gramnegative Keime: (MRE) finden sich zusätzlich:
Kombination mit einem Aminoglykosid 5 methicillinresistente Staphylococcus aureus
5 ggf. Reserveoption: Carbapeneme (MRSA)
5 ESBL-bildende Enterobacteriaceae
> Als Maxime der effektiven Antibiotikathera-
5 Pseudomonas aeruginosa
pie gilt: »Mit Antibiotika sparen, nicht an
5 Acinetobacter baumannii
Antibiotika sparen«; d. h. kalkulierte Anti-
5 Stenotrophomonas maltophilia
biotikatherapie einleiten und als Sequenzial-
4 Bei Patienten mit Vorerkrankungen:
therapie fortführen sowie von i.v. auf p.o.
5 Bei komatösen Patienten und Patienten mit
Therapie umstellen, wenn der Patient auf die
Diabetes mellitus oder Alkoholabusus sowie
Therapie anspricht und eine orale Resorption
nach Steroidtherapie vor Antibiotikagabe
zuverlässig ist.
treten gehäuft Staphylokokken auf (Nach-
weis von Elastin im Trachealsekret!).
Erregerspektrum bei nosokomiale 5 bei Patienten mit langjähriger Lungenvor-
Pneumonien erkrankung (Bronchiektasie, Mukoviszi-
Das Erregerspektrum bei nosokomialen Pneumo- dose) und tracheotomierten Patienten
nien ist maßgeblich von Risikofaktoren abhängig, findet man gehäuft Pseudomonaden.
die das Auftreten von multiresistenten (Infektions-) 5 bei Patienten mit äthyltoxischer Leber-
Erregern (MRE) bedingen! zirrhose vorwiegend Klebsiella spp.
5 bei abwehrgeschwächten Patienten sowie
Patienten mit chronischem Nierenversagen
Risikofaktoren von MRE
oder längerer Kortikoidtherapie auch
5 antimikrobielle (Vor-)Therapie o Selektion
Legionellen.
von polyresistenten Erregern
5 bei Patienten mit Immunschwäche bzw.
5 Hospitalisierung >4 Tage (late-onset)
Immunsuppression
5 invasive Beatmung >4–6 Tage
– grundsätzlich jeder Erreger möglich
5 vorausgegangener Aufenthalt auf einer
– bei AIDS meist auch Pneumocystis-
Intensivstation
13 5 Malnutrition
jirovecii- oder Pilzinfektion
4 Keine Bedeutung im Hinblick auf nosokomiale
5 strukturelle Lungenvorerkrankung
Pneumonie-Erreger haben folgende Erreger:
5 Leberzirrhose
5 vergrünende Streptokokken
5 bekannte Kolonisation durch MRE
5 Neisseria spp.
5 Aufnahme aus Langzeitpflegebereichen,
5 Corynebacterium spp.
von Patienten mit chronischer Tracheo-
5 Enterococcus faecalis und E. faecium
stoma-Anlage und/oder offenen Haut-
5 koagulasenegative Staphylokokken und
wunden
Candida spp.
4 Anmerkung: ESBL-bildende Enterobakterien
4 Bei Patienten ohne Risikofaktoren für das spielen trotz rascher Zunahme bei abdominel-
Vorhandensein von multiresistenten Erregern len, urogenitalen und primär bakteriämischen
(MRE) finden sich: Infektionen als Pneumonie-Erreger in Deutsch-
5 Enterobacteriaceae wie z. B. Escherichia coli land bislang eine untergeordnete Rolle!
5 Klebsiella spp.
5 Enterobacter spp. Therapie der nosokomialen Pneumonie
5 Haemophilus influenzae jTherapiedauer
5 Staphylococcus aureus (MSSA) Therapiedauer soll im Regelfall 8 Tage betragen. In
5 Streptococcus pneumoniae einer Untersuchung von Chastre et al. (2007) ist
13.1 · Bakterielle Pneumonien
287 13
eine 15- bis 16-tägige Behandlung nicht besser als 4 oder Carbapenem:
eine 8-tägige antibiotische Therapie. Ausnahmen 5 Ertapenem (Invanz) 1×1 g i.v.
hiervon – wobei mindestens 2 Wochen Therapie- 4 oder Pneumokokken-wirksame Fluorchinolon:
dauer diskutiert werden – sind: 5 Levofloxacin (Tavanic) 2×500 mg i.v.
4 Legionellosen, bei denen eine prolongierte 5 Moxafloxacin (Avalox) 1×400 mg i.v.
Therapie empfohlen wird, ohne dass hierzu
vergleichende Studien vorliegen kPneumonie des Erwachsenen mit
4 bakteriämische S.-aureus-Infektionen evtl. Risikofaktoren für vorhandene MRE
bei komplizierter S. aureus-Bakteriämie (plus Bei Patienten mit erhöhtem Risiko für MRE gehören
Pneumonie) 4-wöchige Therapiedauer Piperacillin/Tazobactam oder pseudomonaswirksa-
4 invasive pulmonale Aspergillosen, bei denen me Carbapeneme bzw. Cephalosporine, initial in
eine Therapiedauer von 6–12 Wochen empfoh- Kombination mit einem Aminoglykosid oder einem
len wird (immundefizientes Patientenkollektiv pseudomonaswirksamen Fluorchinolon zu den
empfohlenen Therapieoptionen. Ceftazidim (For-
Eine Re-Evaluation der antimikrobiellen Therapie tum) soll nur in Kombination eingesetzt werden. Die
soll 48–72 h nach Beginn der Antibiotikatherapie Substanzauswahl soll vor dem Hintergrund des lo-
erfolgen. Hierzu gehört die Beurteilung des klini- kalen Erregerspektrums und Resistenzprofils getrof-
schen Verlaufs, der Ergebnisse der initialen mikro- fen werden (starke Empfehlung, Evidenz B). Die
biologischen Diagnostik, der Röntgenverlaufsun- initiale Kombinationstherapie im Detail:
tersuchung und von Biomarkern (starke Empfeh- 4 Pseudomonas-wirksames Antibiotikum:
lung, Evidenz B) 5 Piperacillin/Tazobactam (Tazobac) 3×4,5 g
i.v. bzw.
jAntibiotikatherapie 5 Cefexim (Maxipime) 3×2 g i.v. bzw.
Die Auswahl des richtigen Antibiotikums ist nach 5 Ceftazidim (Fortum) 3×2 g i.v.
Ibrahim (2000) bezüglich der Mortalitätsraten von oder
größter Wichtigkeit: 19,9 % vs. 11,9 % Mortalitäts- Impienem/Cilastatin (Zienam) 3×1 g i.v.
rate bei richtiger Antibiotikawahl. Ein nachträgli- bzw.
cher Wechsel ist nach Kollef et al. (2006) meist un- 5 Meropenem (Meronem) 3×1 g i.v. bzw.
wirksam! 5 Doripenem (Doribax) 3×(0,5–)1 g i.v.
4 in Kombination mit einem Pseudomonas-
kPneumonie des Erwachsenen ohne wirksamen Fluorchinolon:
Risikofaktoren für vorhandene MRE 5 Ciprofloxacin (Ciprobay) 3×400 mg i.v. bzw.
Bei Patienten ohne erhöhtes Risiko für MRE gehö- 5 Levofloxacin (Tavanic) 2×500 mg i.v.
ren Cephalosporine der Gruppe 3a, Aminopenicil- 4 oder einem Aminoglykosid:
line/Betalaktamaseinhibitor, das Carbapenem Erta- 5 Gentamicin (Refobacin) 1× 6 mg/kg KG i.v.
penem oder Pneumokokken-wirksame Fluorchino- (Talspiegel <1 μg/ml)
lone zu den empfohlenen Therapieoptionen. Die 5 Tobramycin (Gernebcin) 1×6 mg/kg KG i.v.
Substanzauswahl soll vor dem Hintergrund des lo- (Talspiegel <1 μg/ml) oder evtl. Tobramy-
kalen Erregerspektrums und Resistenzprofils ge- cin-Vernebelung in einer Dosis von
troffen werden (starke Empfehlung, Evidenz C). Die 2×200 mg/d in 10 ml 0,9 % NaCl
Antibiotika im Detail: 5 Amikacin (Amikacin Fresenius) 1×15–
4 Aminopenicilline/β-Laktamaseinhibitor: 20 mg/kg KG i.v. (Talspiegel <4 μg/ml)
5 Ampicillin/Sulbactam (Unacid) 3×3 g i.v. bzw.
5 Amoxicillin/Clavulansäure (Augmentan) Anmerkung: Eine initiale Kombinationstherapie
3×2,2 g i.v. soll ausschließlich bei Patienten mit erhöhtem Risi-
4 oder Cephalosporin 3a: ko für das Vorliegen multiresistenter gramnegativer
5 Ceftriaxon (Rocephin) 1×2 g i.v. bzw. Erreger sowie bei septischem Schock eingesetzt wer-
5 Cefotaxim (Claforan) 3×2 g i.v. den. Nach drei Tagen soll die Erfordernis der Kom-
288 Kapitel 13 · Pneumonie
binationstherapie überprüft und bei Nachweis eines 4 Carbapenem (Doripenem, Imipenem und
empfindlichen Erregers bzw. Stabilisierung des Pa- Meropenem) evtl. in Kombination mit Cipro-
tienten auf eine Monotherapie deeskaliert werden. floxacin bzw. Levofloxacin oder einem Amino-
Die Substanzauswahl soll vor dem Hintergrund des glykosid (Tobramycin, Gentamicin, Amikacin)
lokalen Erregerspektrums und Resistenzprofils ge- o Dosierung s. oben! Eine Überlegenheit ge-
troffen werden (starke Empfehlung, Evidenz B). genüber der Monotherapie ist aber nicht sicher
belegt. Bei Resistenz gegenüber allen Standard-
> Vor Therapiebeginn Gewinnung eines
substanzen ist eine Therapie mit Colistin indi-
Tracheobronchialsekretes (TBS) zum Erreger-
ziert; eine Kombinationstherapie ist hierbei an-
nachweis und der Möglichkeit einer späteren
zustreben, möglichst in Rücksprache mit ei-
zielgerichteten Antibiotika-Umstellung nach
nem Infektiologen/Mikrobiologen.
Kultur- und Resistenzbestimmung!
MRSA-Pneumonie
Antibiotikatherapie bei bekanntem 4 Monotherapie mit Linezolid (Zyvoxid 2×
Erreger (Therapieempfehlungen) 600 mg/Tag i.v./p.o.), Vancomycin (2×15 mg/
Pneumokokkenpneumonie kgKG bzw. 2×1 g/Tag i.v.; Talspiegel sollte auf je-
4 Kombinationstherapie mit β-Lactam-AB und den Fall 15–20 μg/ml) oder Teicoplanin (Targo-
einem Makrolid-Antibiotikum z. B. Amoxicil- cid, 1×800 mg initial, anschließend 400 mg/Tag).
lin und Clarithromycin 4 bei schwerer Erkrankung stellt eine Kombina-
tion von Vancomycin mit Rifampicin eine wei-
Anmerkung: Die Kombination mit einem Makrolid tere Option dar!
hat nach Welte bestimmte Vorteile:
! Keine Daptomycin-Therapie! (Inaktivierung
4 Makrolide hemmen die IL-8-Produktion o
der Substanz durch Surfactant!)
hierdurch geringere Makrophageneinwande-
rung ins Lungengewebe.
4 Makrolide hemmen die TNF-α-Produktion. Stenotrophomonas-maltophilia-Pneumonie
4 Makrolide haben einen immummodulie- 4 meist Kombinationstherapie, möglichst nach
renden Effekt o geringere Resistenzentwick- Austestung!
lung z. B. der Pseudomonaden-Stämme. 4 bei In-vitro-Empfindlichkeit ist Cotrimoxazol
13 4 Makrolide hemmen die proinflammatorische (Bactrim 90–120 mg/kg KG/Tag i.v.) indiziert!
Reaktion. 4 alternativ:
5 Ceftazidim (Fortum, 3×2 g/Tag i.v.) plus ggf.
Pneumonie mit A- oder B-Streptokokken Aminoglykosid (Tobramycin, 1×3–7 mg/kg
4 Kombinationstherapie mit Penicillin G und i.v.)
Clindamycin 5 Moxifloxacin (Avalox) 1×400 mg/Tag i.v. als
Monotherapie
Staphylococcus-aureus-Pneumonie 5 Levofloxacin (Tavanic) 2×500 mg/Tag i.v.
4 bei sensiblen Staph. aureus: Oxacillin oder 1.
> Zur Vermeidung von Resistenzen alle Anti-
Generations-Cephalosporin z. B. Cephazolin
biotika bei Infektion mit Stenotrophomonas
4 bei methicillinresistenten Staph. aureus: Van-
in Höchstdosis geben (nach den Tarragona-
comycin oder Linezolid, evtl. Kombination mit
Prinzip: »hit hard«)!
Rifamoicin
Pseudomonas-Pneumonie Acinetobacter-baumannii-Pneumonie
4 Ceftazidim (Fortum, 3×2 g/Tag i.v.) oder 4 Therapie nach Austestung!
Cefepim (Maxipime, 3×2 g i.v.), 4 Carbapeneme (Imipenem oder Meropenem
4 Piperacillin/Tazobactam (Tazobac, 3×4,5 g/Tag 3×1 g/Tag i.v., Ertapenem 1×1,0 g i.v.) am häu-
i.v.) oder ein figsten wirksam!
13.1 · Bakterielle Pneumonien
289 13
4 evtl. Ceftazidim (3×2 g/Tag i.v.) eskalationstherapie oder Interventionstherapie,
4 bei Panresistenz Gabe von Colistin i.v. in d. h. Einsatz einer Kombination von Antibiotika mit
Kombination mit einen sensiblen Antibioti- möglichst breitem Wirkspektrum und Umsetzen
kum (möglichst in Rücksprache mit einem der Therapie nach Erhalt des Antibiogramms auf
erfahrenen Infektiologen/Mikrobiologen) kostengünstigere, zielgerichtete Präparate.
Anmerkung: Tigecyclin ist zur Therapie der
Pneumonie nicht zugelassen! Pneumonien bei Immundefizit
Als Erkrankungen mit immunsupprimierter Kom-
Legionellen-Pneumonie ponente zählen: Zustand nach Organ- oder Kno-
4 nach Welte et al. Kombinationstherapie aus chenmarktransplantation; Chemotherapie solider
β-Lactamantibiotikum plus Makrolid z. B. oder hämatologischer Neoplasien mit oder ohne
Piperacillin/Tacobactam 3×4,5 g i.v. plus Clari- Neutropenie; HIV-Infektion im Stadium AIDS; Im-
thromycin (Klacid, 2×500 mg/Tag i.v.) oder munsuppressive oder immunmodulierende Thera-
Roxithromycin (Rulid, 2×150 mg p.o.) pie bei Autoimmunopathien; Glukokortikoidthera-
4 Therapiedauer: pie über einen Zeitraum von mindestens vier Wo-
5 bei immunkompetenten Patienten 14 Tage chen mit einer Erhaltungsdosis ≥10 mg/d.
5 bei immunsupprimierten Patienten
21 Tage! Pneumocystis-jirovecii (früher carinii)-
Pneumonie
Pneumonie mit atypischen Erregern 4 Trimethoprim (TMP)/Sulfamethoxazol (SMX)
4 Klinik: langsamer Beginn, geringe klinische (Bactrim) 4-mal TMP/SMX 160/800 mg i.v.
Symptomatik (geringes Fieber, wenig Husten oder p.o.
und Sputumproduktion, auskultatorischer 4 oder alternativ das Antimykotikum 70/50 mg
Negativbefund, geringe Leukozytose Caspofungin i.v.
4 Erreger: Chlamydien, Mykoplasmen, Legio- 4 bei schwerem Verlauf evtl. ergänzend Predni-
nellen; Rickettsien solon (1–5. Tag 2×40 mg/Tag; 5.–11. Tag
4 Therapieempfehlung: 1×40 mg/Tag; anschließend bis 21 Tage
5 Roxithromycin (Rulid, 1×300 mg/Tag oder 1×20 mg/Tag)
2×150 mg i.v.)
5 Azithromycin (Zithromax 1×500 mg i.v./ Pilzpneumonie
p.o.) oder Bei Sprosspilznachweis im Trachealsekret besteht
5 Moxifloxacin (Avalox) 1×400 mg/Tag i.v. meist nur Kolonisation und keine Infektion (Kli-
nik?) o daher erst einmal Intensivierung der Pilz-
Lungentuberkulose diagnostik (7 Kap. 15).
4er-Kombination mit:
! Pilztherapie nur bei immunsupprimierten Pa-
4 Isoniazid 5 mg/kg i.v. als tägliche Einmal-
tienten oder Intensivpatienten nach längerer
infusion
Antibiotikatherapie und multilokulärem
4 Rifampicin 10 mg/kg i.v. als tägliche Einmal-
Nachweis von Pilzen! Aspergillenpneumonie
infusion
insgesamt sehr selten (meist Verunreinigun-
4 Streptomycin (15 mg/kg als tägliche Einmal-
gen, z. B. während Umbaumaßnahmen)!
infusion) oder Ethambutol (20–25 mg/kg/Tag
i.v./p.o.initial)
4 Pyrazinamid 1×35 mg/kg/Tag oral Therapieversager
> Eine fehlende Verbesserung von paO2/FiO2
> Wenn möglich gezielte Antibiotikatherapie
an Tag 3 ist ein unabhängiger Prädiktor für
nach Antibiogramm.
ein Therapieversagen!
Antibiotikatherapie bei unbekanntem Erreger und
hohem Infektionsrisiko nach dem Prinzip der De-
290 Kapitel 13 · Pneumonie
jUrsachen jRisikogruppen
Ursachen für ein Therapieversagen bei korrekter 4 kleine Kinder
Diagnose können sein: 4 ältere Patienten
4 Infektion mit primär resistentem bakteriellen 4 Patienten mit COPD, Herzfehlern oder nach
oder nichtbakteriellen Erreger Organtransplantation
4 Resistenzentwicklung unter Therapie
4 Unterdosierung der antimikrobiellen Therapie jEinteilung
4 Superinfektion mit »neuem« Erreger 4 exanthematöse Viren
4 Einschmelzende/organüberschreitende Infek- 5 Masern
tion (z. B. Lungenabszess, Pleuraempyem) 5 Varizellen
4 ARDS-induzierende Viren
Ursachen für ein Therapieversagen bei Fehldiagno- 5 Adenoviren
se »HAP« können sein: 5 Hantaviren
4 interstitielle Lungenerkrankung (z. B. kryp- 5 Koronaviren (SARS-Viren; PCR-Nachweis
togen organisierende Pneumonie (COP) aus dem Bronchialsekret, 1–10 Tage positiv)
4 medikamenteninduzierte Pneumonitis
4 kongestive Herzinsuffizienz jKlinik
4 Lungenembolie/Lungeninfarkt 4 Respiratorische Hypoxie
4 Alveoläre Hämorrhagie 4 Infiltrate im Thoraxröntgenbild
4 Aspirationssyndrom 4 keine Besserung unter antibiotischer
4 Atelektase Therapie
jMaßnahmen jDiagnostik
4 erneute mikrobiologische Diagnostik aus re- 4 Labor: Antigennachweis in der BAL, Stuhl,
spiratorischen Materialien. Eine Therapiepause Blut oder Virusisolation nach Anzüchtung,
(»diagnostisches Fenster«) ist nicht indiziert. RT-Labor, Differenzialblutbild, CK
Die Diagnostik soll vor Gabe neuer Antibiotika Anmerkung: Hohe CK-Werte (>500 UI/l,
erfolgen. insbesondere bei Aufnahme) im Rahmen
4 zur Klärung der dem Therapieversagen zu- von H1N1-Influenza-Infektion korrelieren
13 grunde liegenden Ursache kann eine erweiterte mit vermehrten pulmonalen und renalen
Bildgebung mit Thorax-CT, Echokardiogra- Komplikationen, sowie mit einer Verlänge-
phie oder Thoraxsonographie indiziert sein. rung des Intensiv- und Krankenhausaufent-
haltes!
4 Veränderungen im Thoraxröntgenbild
13.2 Virale Pneumonien
jTherapie
Die Inzidenz viraler Pneumonien ist bei immun- 4 hochdosiertes Methyprednisolon 1 mg/kg KG
kompetenten und immuninkompetenten Patienten alle 8 h für 3 Tage, dann 50 mg Prednisolon o
gleich hoch; allerdings liegen bei 30 % der immun- die Therapie mit Kortikosteroiden bei H1N1-
inkompetenten Patienten schwere Verläufe vor, ins- Influenza führt zu vermehrten Aspergillus-
besondere mit CMV und Herpes-simplex-Viren. fungi-Infektionen!
Rund 70 % aller viral bedingten HAP, VAP und 4 Oseltamivir (Tamiflu) 2×75 mg p.o. für 5 Tage
HCAP werden durch Influenza A und B, Pararin- (Neuraminidaseinhibitor)
fluenza, Adenoviren und dem »respiratory syncyti- 4 Zanamivir (Relenza) 2×10 mg per inhalatio-
al virus« (RSV) verursacht. nem über spezielles orales Inhalationsstück für
10 % der in den USA diagnostizierten Pneumo- 5 Tage (Neuraminidaseinhibitor)
nien sind virusbedingt, allein 30.000 Todesfälle/ 4 Rabavirin (Virazole) 3×400 mg i.v. für 3 Tage,
Jahr durch Influenzainfektionen. dann 2×600 mg p.o.
Ausgewählte Literatur
291 13
4 Amantadin (Infectoflu) nur bei Influenza A: randomized study. Am J Respir Crit Care Med 171:242–
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299 15
Spezielle Infektionen
M. Fresenius
. Tab. 15.1.
. Tab. 15.1 Empfohlene Maßnahmen zur Vermeidung von Infektionen bei Intensivpatienten
infection«, HAI), verantwortlich für 84 % aller HAI, 15.4 Infektion mit methicillinresisten-
sind nachfolgend aufgeführt (nach Hidron 2008): tem Staphylococcus aureus
1. koagulasenegative Staphylokokken (15 %) (MRSA)
2. Staphylococcus aureus (15 %)
3. Enterococcus species (12 %) 4 Methicillinresistente Staphylococcus aureus
4. Candida species (11 %) (MRSA) sind grampositive Haufenkokken, die
5. Escherichia coli (10 %) koagulasepositiv sind und eine goldgelbe
6. Pseudomonas aeruginosa (8 %) Pigmentierung in der Kultur zeigen. Sie besit-
7. Klebsiella pneumoniae (6 %) zen die Fähigkeit, an Haut und Flächen zu
8. Enterobacter species (5 %) haften und wochenlang zu überleben.
9. Acinetobacter baumannii (3 %) 4 Methicillin ist ein 1956 in England einge-
10. Klebsiella oxytoca (2 %) führtes Antibiotikum, das wegen Knochen-
mark- und Nephrotoxizität nicht mehr im
Von den oben genannten Keimen erweisen sich die Handel ist und später von Oxacillin in Europa
untenstehenden 6 Keime als klinische Problemkei- abgelöst wurde.
me (»ESKAPE«). Dies sind wiederum für ca. 2/3 al- 4 MRSA wurde erstmals 1961 von Jevons
ler im Krankenhaus erworbenen Infektionen ver- beschrieben.
15 antwortlich (. Tab. 15.2). 4 Staphylococcus aureus ist normaler Bestandteil
Viele der oben genannten Keime weisen auf- der menschlichen Mikroflora (Nachweis bei
grund der Bildung veränderter penicillinbindenden 30 % gesunder Erwachsener, vorwiegend in
Proteinen bzw. durch Sekretion von antibiotikaspal- Nasenhöhlen und Rachen).
tenden Enzymen (Penicillinasen, Metalloproteina-
sen, Carbapenemasen, …) Multiresistenzen bzw. jInzidenz
selten auch Panresistenzen auf! 4 In Deutschland wird die Häufigkeit von MRSA
Auf Empfehlung des Robert-Koch-Institutes derzeit mit 22,6 % (PEG-Studie 2007) angege-
werden die resistenten, gramnegativen Erreger ben; deutliches Nord-Süd-Gefälle bei den
seit dem Jahr 2012 in 3MRGN- und 4MRGN+- MRSA-Infektionen in Europa. In Südeuropa
Gruppen eingeteilt (gegenüber 3 oder 4 verschiede- und einigen westeuropäischen Ländern wird
ne Antibiotika multiresistente, gramnegative Kei- über Häufigkeiten von über 30 %, gelegentlich
me; . Tab. 15.3). sogar zwischen 40 und 50 % berichtet
(Spanien). In Skandinavien und mittlerweile
15.4 · Infektion mit methicillinresistentem Staphylococcus aureus (MRSA)
303 15
. Tab. 15.3 Einteilung der resistenten gramnegativen Erreger in 3MRGN- und 4MRGN+-Gruppen
Carbapeneme Imipenem S R R S R
und/oder
Meropenem
Fluorchinolone Ciprofloxacin R R R R R
auch wieder in den Niederlanden liegt die 4 Veränderung der Zielstruktur des Antibioti-
Häufigkeit unter 5 %. kums (penicillinbindendes Protein = PBP2A)
4 Weltweit zunehmende Resistenz von Staphylo- 4 häufig ist MRSA auch gegen weitere Antibioti-
coccus aureus auch gegen Vancomycin (VRSA)! ka wie Chinolone, Aminoglykoside resistent o
So waren z. B. in Japan zwischen 9 und 20 % Bezeichnung »multiresistenter Staphylococcus
der isolierten MRSA auch gegen Vancomycin aureus«
resistent!
4 Aufgrund einer MRSA-Infektion kommt es zu jNachweis
einem Anstieg der Behandlungskosten um ca. 4 Screening-Platte mit 6 mg/l Oxacillin (Ergebnis
6–10 % gegenüber einer MSSA-Infektion. nach 24–48 h)
Außerdem steigt die Letalität um das ca. 4 Nachweis des penicillinbindenden Proteins
2,5-fache an! Die seltene MRSA-Pneumonie (Antigennachweis von PBP2A; Ergebnis nach
hat eine Mortalität von >50 %. 24 h)
4 Bei hoher MRSA-Inzidenz führt das 4 Nachweis des Resistenzgens (mecA) mittels
MRSA-Screening nach Wernitz (2005) zu PCR (Ergebnis nach 24 plus 2 h)
einer Reduktion der Behandlungskosten.
Dabei entscheidet die Höhe der MRSA-Inzi- jRisikofaktoren nach RKI 2004
denz, ob es ökonomisch sinnvoll ist, alle kFür eine MRSA-Besiedelung
Patienten oder nur 20 % der stationären 4 Patienten mit bekannter MRSA-Anamnese
Patienten oder nur bestimmte Risikopatienten 4 Verlegung aus Einrichtungen mit bekannter
(ca. 10 % aller Patienten) auf MRSA zu unter- hoher MRSA-Prävalenz (Alten-/Pflegeheime,
suchen. Es gibt zuverlässige Schnelltest, mit …)
deren Hilfe nach 1,5–4 h ein Screeningergeb- 4 Patienten die Kontakt zu MRSA-Trägern hat-
nis vorliegt (z. B. GeneExpert MRSA Scree- ten (z. B. Unterbringung im selben Zimmer)
ning) 4 Patienten, die mindestens 3 der nachfolgenden
Risikofaktoren aufweisen:
jUrsachen der Resistenz 5 chronische Pflegebedürftigkeit im Pflege-
4 Bildung von β-Laktamasen, die den heim oder auf neurologische/neurochirur-
β-Laktamring spalten oder gische Einrichtungen
304 Kapitel 15 · Spezielle Infektionen
Verbrennungen, Infektionen Ja Ja Ja Ja
des unteren Respirationstraktes
. Abb. 15.1 Häufigkeit verschiedener Erreger bei Septikämien in Prozent. (Adaptiert nach Wisplinghoff et al. 2004)
Hefepilze Schimmelpilze
. Abb. 15.2 Einteilung der Candida-Infektionen. * mit oder ohne Fungämie und metastatischen Absiedelungen; meist he-
patolienale Candidosen mit Leberdruckschmerz und Anstieg der alkalischen Phosphatase. ** auf ein einzelnes Organ be-
schränkt (Peritonitis, Endokarditis, Meningoenzephalitis)
. Tab. 15.7 Risikofaktoren für invasive Pilzinfektionen mit Candida spp. oder Aspergillus spp. (Adaptiert nach Groll
2011)
. Abb. 15.4 Letalitätsrate in Abhängigkeit von der Candida-Spezies. (Adaptiert nach Horn et al. 2004)
. Abb. 15.5 Diagnostischer Algorithmus für Pilzinfektionen. (Adaptiert nach Maertens et al. 2005). BAL brochoalveoläre
Lavage, CT Computertomographie SOD selektive oropharyngeale Dekontamination, OP Operation
Verfahren Methode
Konventionelle mikro- Direkte Mikroskopie mittels Methylenblaufärbung, Lactophenolblau, Calcofluor und klas-
biologische Methoden sische Gramfärbung
15 Anzüchtung (in Verbindung mit Resistenztestung)
In-situ-Hybridisierung
. Tab. 15.9 Tests für den Nachweis von Mannan. (Adaptiert nach Rüchel u. Debusmann 2008)
. Tab. 15.10 Test für den quantitativen Nachweis von 1,3-D-Glukan. (Adaptiert nach Ostrosky-Zeichner et al. 2005)
Testergebnis: <60 pg/ml negativ, 60–79 pg/ml intermediär und >0 pg/ml positiv
ein positiver prädiktiver Wert von 13,8 % und ein Die Wahl des Antimykotikums richtet sich nach
negativer prädiktiver Wert von 97,7 %! 4 der nachgewiesenen Erregerspezies,
. Abb. 15.5 zeigt den deutschen diagnostischen 4 dem Schweregrad der Erkrankung,
Algorithmus für Pilzinfektionen. 4 dem Ausmaß der Organdysfunktion, einschl.
der Hämodynamik,
jTherapie 4 der antimykotischen Vortherapie in den letzten
! Bei Verdacht auf eine (invasive) Pilzinfektion 3 Monaten (z. B. Azol-Prophylaxe),
sollte unverzüglich (<12 h) eine antimykoti- 4 dem lokalen Resistenzmuster auf der Station.
sche Therapie eingeleitet werden, da hiervon
die Überlebenswahrscheinlichkeit des Bei der Therapie von Pilzinfektionen werden 4 For-
Patienten abhängig ist: Je später die Therapie men unterschieden:
eingeleitet wird, desto höher ist die Letalität 4 prophylaktische Therapie = Therapie zur Ver-
(. Abb. 15.6) meidung einer Pilzinfektion
314 Kapitel 15 · Spezielle Infektionen
. Abb. 15.6 Abhängigkeit der Pilzmortalität vom Zeitpunkt des Therapiebeginns nach Diagnosestellung. (Adaptiert nach
Garey et al. 2006)
4 empirische Therapie = Therapie einer ange- nach der letzten positiven Blutkultur
nommenen Pilzinfektion bei unbekanntem therapiert werden
Pilzerreger 5 bekannte Spezies wie z. B. Non-albicans-
4 gezielte Therapie = Therapie einer nachgewie- Stamm von C. glabrata, krusei o Gabe von
senen Pilzinfektion bei bekanntem Erreger einem Echinocandin wie z. B.
4 Salvage-Therapie = Therapie einer nachge- – Caspofungin (CANCIDAS): 1. Tag
wiesenen, aber therapierefraktären Pilz- 70 mg/Tag; 2. Tag 50 mg/Tag (bei KG
infektion <80 kg, sonst 70 mg/Tag oder
– Anidulafungin (Ecalta) 1. Tag 200 mg/
kAllgemeine Maßnahmen Tag, ab 2. Tag 100 mg/Tag, wenn nicht
4 Wechsel aller peripheren und/oder zentralve- enteral aufgebaut und/oder Organdys-
nösen Gefäßkatheter sowie Urinkatheter. Bei funktion vorliegt!
nachgewiesener Candidämie auch Wechsel al- 4 bei klinisch instabilen Patienten oder Patient
ler intravasaler/implantierter Advices wie z. B. mit unbekannter Candida-Spezies:
Herzschrittmacher! 5 primär immer ein Echinocandin (Caspo-
4 symptomatische Therapie (Infusions- fungin, Anidulafungin) verabreichen! Evtl.
15 und aktuelle Sepsistherapie, evtl. Fieber- nach Erregerachweis Sequenzialtherapie mit
senkung, …) einem Azolpräparat
4 Therapiealternative bei Versagen der Thera-
kMedikamentöse Therapie pie: liposomales Amphotericin B
. Abb. 15.7 zeigt einen möglichen Algorithmus für (AmBisome): 3–5 mg/kg KG/Tag i.v.
die Therapie der Candida-Infektionen wieder.
4 klinisch stabiler Patient ohne Neutropenie, Anmerkung: Im Jahr 2012 wurde der Einsatz von
ohne Fluconazolvorbehandlung und Fluconazol für nicht neutropenische Erwachsene
5 bekannte Spezies wie z. B. C. albicans, C. bei sensiblen Erreger nach den Empfehlungen der
parapsilosis oder C. lusitaniae o Gabe von European Society of Clinical Microbiology and in-
Fluconazol (Diflucan) (1. Tag 12 mg/kg KG/ fectious Disease (ESCMID) weiter eingeschränkt!
Tag i.v.; 2. Tag (6–)12 mg/kg KG/Tag i.v. . Tab. 15.12 gibt einen Überblick über die Antimy-
Therapiedauer: nicht neutropenische kotikadosierungen und Empfehlungsgrade bei
Patienten sollten mindestens für 14 Tage Candidämie und invasiver Candidiasis.
15.7 · Pilzinfektionen
315 15
. Abb. 15.7 Möglicher Algorithmus zur Therapie von Candida-Infektionen. (Adaptiert nach Guery et al. 2009)
6
316 Kapitel 15 · Spezielle Infektionen
. Tab. 15.12 Antimykotikadosierungen und Empfehlungsgrade bei Candidämie und der invasiven Candidiasis.
(Nach ESCMID-Empfehlung)
Polyene
. Tab. 15.13 Therapie der Aspergillose bei hämatologisch-onkologischen Patienten nach der Leitlinie der AGIHO
Bei Therapieversagen: Umsetzen auf alternatives Präparat z. B. Caspofungin oder Kombinationstherapie z. B. Voricona-
zol plus Caspofungin oder plus Amphotericin; evtl. Posaconazol
Zweitlinien-/Salvagetherapie
jDiagnostik jTherapie
4 Galaktomannan-Nachweis aus dem Serum Die Therapie bei hämatologisch-onkologischen
(. Tab. 15.9; Aspergillus Platelia ELISA mit Patienten ist in . Tab. 15.13 aufgeführt.
einer Sensitivität und Spezifitat >90 %) oder
der BAL. Der Test wird erst sehr spät im ! Frühzeitiger Therapiebeginn bei dringendem
Krankheitsverlauf positiv! Für den Galakto- Verdacht auf invasive Mykose, da die Mortali-
mannantest sind allerdings falsch-positive tät bei verspäteter Behandlung signifikant
Ergebnisse bei zum Zeitpunkt der Probenent- ansteigt!
nahme bestehender Antibiotikatherapie, ins-
besondere mit Piperacillin/Tazobactam, be- 15.7.5 Spezielle Pilzinfektionen
schrieben, Dieses Problem tritt auch unter
Therapie mit anderen β-Laktamantibiotika wie Kryptokokkus-Infektion (Cryptococcus
z. B. Amoxicillin/Clavulansäuresowie unter neoformans, laurentii oder albidus)
enteraler Ernährungstherapie auf. 4 vorwiegend bei immunsupprimierten oder
4 (1,3)-β-D-Glukannachweis aus dem Serum HIV-infizierten Patienten
(. Tab. 15.10) 4 Therapie der primären pulmonalen Krypto-
4 PCR von Pilz-DNA aus Blut oder BAL-Spül- kokkose: Fluconazol (400 mg/Tag Diflucan)
lösung (Sensitivität 100 % und Spezifität ca. für 6–12 Monate
70 %) 4 Therapie bei disseminierter Kryptokokkose
4 positive Blutkulturen (bei Organmykosen mit zerebralen Absiedlungen: liposomales Am-
meist negativ!) photericin B (3–4 mg/kg KG AmBisome) in
4 Nachweis im CT mittels High-resolution- Kombination mit Flucytosin (100 mg/kg KG
Technik Ancotil) für 14 Tage gefolgt von Fluconazol
4 invasive, bronchoskopische oder transthora- (400 mg/Tag Diflucan) für 6–12 Monate
kale Lungenbiopsie
318 Kapitel 15 · Spezielle Infektionen
<3 Monate Streptococcus agalacticae Ampicillin (100 mg/kg KG alle 8 h i.v.) plus Cephalo-
Streptococcus pneumoniae sporin 3a (Ceftriaxon, 50–100 mg/kg KG alle 12 h i.v.)
Echerichia coli
Listeria monocytogenes
3 Monate bis 18 Jahre Neisseria meningitides Cephalosporin 3a (Ceftriaxon 50–100 mg/kg KG alle
Streptococcus pneumonia 12 h i.v. bzw. Cefotaxim 50 mg/kg KG alle 6 h i.v.)
Haemophilus influenzae
18 Jahre bis 50 Jahre Streptococcus pneumoniae Cephalosporin 3a (Ceftriaxon 2 g alle 12 h i.v. bzw.
Neisseria meningitidis Cefotaxim 2 g alle 6 h i. v.)
Zygomyzeten-Infektion Pneumocystis-jirovecii-Infektion
4 ubiquitär vorkommende Fadenpilze: Rhizopus, 4 Therapie: TMP/SMX 20/100 mg/kg KG i.v. in
Mucor, Rhizomucor, spp., Fusarium spp. Sce- 3–4 Einzeldosen; alternativ Primaquin
dosporium spp. Alternaria spp., Absidia spp. 1×30 mg p.o. plus Clindamycin 600 mg i.v.,
4 Eintrittspforten: Nasennebenhöhlen und Lun- Pentamadin 1×4 mg/kg i.v. (max. 300 mg) über
genschleimhaut, selten erfolgt die Infektion 5 Tage, dann 2 mg/kg KG über 21 Tage oder
über die Haut (Zustand nach Verbrennung) 1×600 mg als Aerosol, Atovaquon 3×750 mg
4 Therapie: liposomales Amphotericin B p.o.
15 (≥5 mg/kg KG AmBisome), evtl. mit Posacona- 4 Das Wirkspektrum der verschiedenen Antimy-
zol (2×400 mg bzw. 4×200 mg Noxafil) kotika kann aus der . Tab. 11.24 im 7 Kap. 11
entnommen werden.
Fusarien-Infektion
4 Schimmelpilze, die auf Pflanzen vorkommen.
Als Eintrittspforte kommt in Betracht: die 15.8 Meningitis und Enzephalitis
Nasenebenhöhlen, die Lunge, die Haut- und
Schleimhaut 15.8.1 Bakterielle und mykotische
4 Therapie: Voriconazol (2×6 mg/kg KG bzw. Meningitis
2×4 mg/kg KG, Vfend) oder Posaconazol
(2×400 mg bzw. 4×200 mg, Noxafil) jInzidenz
4 Cave: liposomales Amphotericin B (3–4 mg/ 4 5 Fälle/100.000 Einwohner in Deutschland
kg KG AmBisome) nur schwach wirksam! (2000), davon 20 % durch Meningokokken
15.8 · Meningitis und Enzephalitis
319 15
Zellzahlen >1000 evtl. bis 20-mal Bis 500/mm Meist bis zu 500/mm³
10³/mm³
a Nach Resistenztestung
Maßnahmen Empfehlungsgrad
Liposomales Amphotericin B 3 mg/kg KG/Tag für 4 Wochen plus Fluconazol 6 mg/kg KG/Tag BIII
für 4 Wochen
Liposomales Amphotericin B 3 mg/kg KG/Tag für 10 Wochen plus Flucytosin 150 mg/kg KG/ BIII
Tag für 10 Wochen, anschließend Fluconazol 3 mg/kg KG/Tag für 5 Wochen
Caspofungin 70/50 mg/Tag für 4 Wochen, gefolgt von 400 mg/Tag für 2 Wochen DIII
Konventionelles Amphotericin B 0,5–1,0 mg/kg KG/Tag für >2 Wochen mit/ohne Flucytosin DII
30–120 mg/kg KG/Tag für <2 Wochen
Haemophilus influenzae 7
Alternativen
Rifampicin-Tbl. à 75,150, 300, 450 und 600 mg verfügbar, Saft/Sirup nicht mehr erhältlich
Rifampicin verfärbt Urin, Nasensekret und Tränen orange/rot!
* Nach Empfehlungen von Fr. Prof. Schweitzer-Kranz (Evangelisches Krankenhaus Düsseldorf )
* Nach Resistenztestung
. Tab. 15.23 Beurteilung der Peritonitis nach dem Mannheimer Peritonitis-Index (MPI)
Ja Nein
Geschlecht weiblich 5
Organversagen 7
Malignom 4
Ausbreitung diffus 6
. Tab. 15.25 Therapie der Peritonitis. (Adaptiert nach Heinzmann et al. 2004)
Magen/ Streptokokken (Flora des Insgesamt selten Cefuroxim 3×1,5 g Cefotiam (Spizef )
Duodenum oberen Respirationstrakts) Prevotella spp. aus 3×2 gAmpicillin/Sulbactam (Unacid) 3×3 g
Gramnegative Bakterien dem Oropharynx
(E. coli, Enterokokken,
candida spp.)
Peritonitis Staphylococcus epidermitis Gabe von Vancomycin 1,5 g + 1000 I.E. Hepa-
bei chro- (koagulasenegativ), Staphy- rin im ersten Dialysebeutel; evtl. 500 mg
nisch, ambu- lococcus aureus, Enterokok- Levofloxacin p.o. oder i.v. 12-stündlich
lanter Perito- ken, Corynebakterien gram- Später 1,0 g Vancomycin i.p. alle 5–7 Tage
nealdialyse negative Stäbchen, Pseudo- und Levofloxacin 2×250 mg p.o.
(CAPD) monas aer.
Cave: bei Mischkeimbesie-
delung immer an Hohlor-
ganperforation denken!
. Tab. 15.26 Kalkulierte Antibiotikatherapie bei Osteomyelitis. (Adaptiert nach Lode 2004)
Penicillinresistenter Flucloxacillin (3×1 g/Tag) oder Cephalosporine der Gruppe II (z. B. Cefuroxim) oder
Staphylococcus aureus Cephazolin (3×2 g/Tag) Clindamycin (4×600 mg/Tag) oder
Vancomycin (2×1 g/Tag) oder
Ciprofloxacin (2×750 mg/Tag p.o.) oder
Levofloxacin (2×500 mg/Tag) plus Rifampicin
(1×600 mg/Tag)
Verschiedene Strepto- Benzylpenicillin 12–20 Mio. E/Tag Clindamycin (4×600 mg/Tag) oder
kokken (Gruppe A und Erythromycin (4×500 mg/Tag) oder
B, Pneumokokken) Vancomycin (2×1 g/Tag)
Gramnegative Entero- Fluorochinolone (Ciprofloxacin Cephalosporine der Gruppe III, z. B. Ceftriaxon (1×2 g/
bakterien 2×400 mg i.v. bis 2×750 mg/Tag Tag) oder
p.o.) Cefepim (2×2 g/Tag)
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335 III
Spezielle
Krankheitsbilder
Kapitel 16 Nierenerkrankungen und Nierenersatzverfahren – 337
W. Zink
Nierenerkrankungen
und Nierenersatzverfahren
W. Zink
16 GFR Urinausscheidung
End stage renal disease Terminale Niereninsuffizienz (>3 Monate Verlust der Nierenfunktion)
16.1 · Akutes Nierenversagen
339 16
höhte Werte im Rahmen der Ciclosporin- > Bei Niereninsuffizienz werden Medikamente,
nephrotoxizität) die renal eliminiert werden, primär als »loa-
5 π-Glutathion-S-Transferase o Hinweis für ding dosis« wie gehabt dosiert und anschlie-
distalen Tubulusschaden und selektiv er- ßend entweder nach Wirkspiegel (»drug mo-
höhte Werte im Rahmen der Nierentrans- nitoring«, z. B. bei Glykopeptidantibiotika
plantatabstoßung und Aminoglykosiden) oder dosisreduziert
5 in den tubulären Lysosomen befindliche nach Vorgabe (z. B. sog. »Wiener Liste«,
N-Acetyl-β-D-Glukosaminidasen 7 Kap. 40) appliziert.
kHarnkultur kSchleifendiuretika
4 Nachweis einer Infektion bei einer Keimzahl 4 Furosemid, Etacrynsäure
>106/ml 4 Anstieg der Urinproduktion, Abfall der Urin-
osmolarität, Abnahme des O2-Verbrauchs des
kVirusserologie Nierenmarkbereiches und Verminderung der
4 Nachweis von CMV oder Hantaviren tubulären Obstruktion
4 Furosemid (z. B. Lasix)
jKonservative Therapie 5 Wirkbeginn: 2–5 min
kDurchführung eines »Renal-rescue«- 5 Wirkmaximum: 60–90 min
Programms 5 Wirkdauer: 4–6 h (»...lasts six hours« =
4 Identifikation und Beseitigung der zugrunde- Lasix)
liegenden Ursache (z. B. Korrektur prä- bzw. 5 HWZ: 60 min
postrenaler Ursachen) 5 50 % des Furosemids werden unverändert
4 Bilanzierung von Ein- und Ausfuhr über die Niere ausgeschieden; 10 % unver-
4 Normovolämie durch Volumengabe (balan- ändert über Fäzes und ca. 40 % werden glu-
cierte Vollelektrolytlösungen!) und evtl. simul- kuronidiert
tane, niedrig dosierte Nitroglycerinapplikation 5 maximale Dosis: 1,5 g/24 h
(bis 2 mg/h) o Auffüllen des venösen Pools
! Primäre Nephro- und Ototoxizität, Verstär-
4 Zielkriterien sind nicht nur das strikte Einhal-
kung der Nebenwirkung anderer nierenschä-
ten des Normbereiches hämodynamischer
digender Substanzen! Vermeide unkontrol-
Größen, sondern auch klinische Aspekte: aus-
lierten und hochdosierten Einsatz von
reichend Urinproduktion (>2 ml/kg/h) und
(Schleifen-)Diuretika o erhöhte Mortalität!
-farbe (konzentriert, hämolytisch etc.), gute
periphere Durchblutung, Herzfrequenz, Ver-
lauf der arteriellen Druckkurve (Vermeiden kOsmodiuretika
des »cardiac cyclings«) 4 Reduktion der tubulären Zellschwellung nach
4 Anstreben eines suffizienten Perfusions- renaler Ischämie
16 drucks (MAP >65 mmHg) o Verbesserung 4 Vermeidung von Tubulusokklusionen durch
der renalen Perfusion Anstieg des tubulären Flusses
4 Optimierung der Herzleistung 4 Anstieg der PGE2-Konzentration
4 Vermeidung/Absetzen von nephrotoxischen 4 vermehrte ANP-Ausschüttung
Substanzen
4 Vermeidung einer hyperkalorischen Ernäh- kMannitol (Osmofundin 15–20 %)
rung in der Akutphase des ANV (Erhöhung 4 Zuckeralkohol, der kaum metabolisiert wird
des O2-Bedarfs der Niere) o 7 Kap. 6 4 HWZ: 120 min; bei urämischen Patienten
11,5 h
! Nicht anwenden bei anurischem Nieren-
versagen!
16.2 · Nierenersatzverfahren
343 16
kKalziumantagonisten jIndikationen
4 Diltiazem-Typ 4 diuretikaresistente Hyperhydratation mit
4 Vasodilatation der afferenten Arteriolen durch kardialer Dekompensation und Lungenödem
Inhibierung des Kalziumeinstroms mit respiratorischen Störungen
4 Anstieg des renalen Blutflusses und GFR 4 konservativ nicht beherrschbare Hyper-
4 positiver Effekt bezüglich der Vermeidung des kaliämie mit Herzrhythmusstörungen
ANV nach Nierentransplantation (Antagoni- 4 urämisches Syndrom (urämische Perikarditis,
sierung der durch Ciclosporin induzierten ar- Übelkeit, Erbrechen, gastrointestinale Blu-
teriolären Vasokonstriktion mit Hypertonie) tungen, Vigilanzminderung)
und evtl. Nephrotoxin-induziertem ANV 4 Intoxikation mit dialysierbaren Stoffen
(Kontrastmittel und Aminoglykoside) 4 Entfernung von Medikamenten, z. B. periope-
rative Elimination von Hirudin (Refludan) mit
kNatriumbikarbonat 8,4 % geeigneter Filterkartusche
4 protektiver Effekt der Harnalkalisierung bei 4 schwere metabolische Azidose (insbesondere
ANV bedingt durch Hämolyse/Myolyse, Para- bei vergrößerter Anionenlücke)
proteinämie und aminoglykosidinduziertem 4 akute Oligo-Anurie mit Anstieg der harnpflich-
Nierenversagen tigen Substanzen (Kreatinin 600–800 μmol/l
[= 7–9 mg/dl, Umrechnungsfaktor: 88,4])
kTheophyllin 4 Harnstoff 30–35 mmol/l (= 200 mg/dl, Um-
4 unspezifische Phosphodiesterasehemmung rechnungsfaktor: 0,17) unter adäquater Be-
4 soll in einer Dosierung von 0,5–1 mg/kg/h handlung mit Schleifendiuretika, differen-
über eine adenosinantagonistische Wirkung zierter Volumen- und Katecholamintherapie
verhindern, dass Adenosin bei ischämischem 4 »Dialyseschwelle« wird nicht einheitlich
Nierenschaden die Angiotensin-II-Wirkung bewertet (fehlende Studien auf dem Boden von
verstärkt und damit die präglomeruläre Vaso- »evidence-based medicine«)
konstriktion erhöht
kErweiterte Indikationen
4 SIRS bzw. septischer Schock, Pankreatitis o
16.2 Nierenersatzverfahren Elimination von Toxinen (z. B. Streptokokken-
enterotoxin), proinflammatorischen Zytoki-
Historie der Nierenersatzverfahren (»renal replacement nen, »myocard-depressant factor«
therapy«, RRT) 4 Steigerung der immunologischen Abwehr
1977 Erster Einsatz einer arterio-venösen Hämofiltration infolge der Entfernung eines granulozyten-
(CAVHF) durch Kramer in Göttingen
inhibierenden Proteins (GIP)
1981 Einführung der CVVHF durch Bischoff
1985 Einführung der CAVHD durch Geronemus
4 Anmerkung: Eine Beeinflussung der Letalität
1987 Einführung der CVVHD durch Uldall durch den Einsatz von Nierenersatzverfahren
bei Intensivpatienten mit MOV konnte bis
jZiele heute nicht nachgewiesen werden!
4 Elimination von überschüssigem Gesamtkör-
perwasser und harnpflichtigen Substanzen Die Indikation für ein intermittierendes oder kon-
(Urämietoxine wie z. B. Kreatinin, Harnstoff) tinuierliches Nierenersatzverfahren ist aus . Tab.
4 Korrektur von Störungen im Elektrolyt- und 16.4 zu entnehmen.
Säure-Basen-Haushalt (Kalium, Natrium,
Kalzium, Phosphat, pH-Wert, Bikarbonat) jKontraindikationen
4 evtl. Elimination von Mediatoren bei 4 absolut: anderweitig therapierbares prärenales
septischen Patienten oder postrenales ANV
4 evtl. Elimination von toxischen Substanzen 4 relativ: Von-Willebrandt-Jürgens-Syndrom
(7 Kap. 21) und andere Gerinnungsstörungen, frische in-
344 Kapitel 16 · Nierenerkrankungen und Nierenersatzverfahren
4 Katheterkomplikationen:
. Tab. 16.4 Überblick über die Indikationen der bei-
den Nierenersatzverfahren
5 Thrombosen (bis zu 17 % bei A.- und
V.-femoralis-Anlage)
Indikation iRRT cRRT 5 Embolie (2 %)
5 Fistelbildung
Isoliertes ANV + – 5 Kathetersepsis (2–20 %)
ANV im MOV – + 5 Peritonitis bei Peritonealdialyse
Kreislaufinstabilität – + 4 Dialyseflüssigkeitskomplikationen: Verunrei-
nigungen mit Moraxella, Pseudomonas spp.,
Flüssigkeitsentzug – +
Corynebakterien und Mikrokokken
ANV in Rehabilitation + –
Kontinuierliche veno-venöse SLEDD (»slow extented daily dialysis«) mit Intermittierende Hämodialyse
Hämofiltration (CVVHF) niedrigem Heparinbedarf, hoher Harnstoff- (IHD)
Kontinuierliche veno-venöse Clearance, guter Kreislaufstabilität; Anwen-
Hämidiafiltration (CVVHDF) dung des Genius-Systems (Fa. Fresenius) mit
Kontinuierliche arterio-venöse reiner Bikarbonatdialyse und ultrareinem
Hämofiltration (CAVH) Dialysat
Reine Ultrafiltration (SCUF)
5 CCPD (chronisch zyklische Peritoneal- 5 gelöste Substanzen werden durch einen Fil-
dialyse) o nachts übernimmt ein spezi- trationsprozess mit Hilfe eines Druckge-
elles Gerät (Cycler) nach vorgegebenen fälles gemeinsam mit einem Lösungsmittel
Angaben den Wechsel der Spüllösung, als Carrier durch die Membran geschleust
tagsüber dann normaler Beutelwechsel wie o Entfernung von Kalzium, Magnesium
bei CAPD und Bikarbonat, das ersetzt werden sollte
5 IPD (intermittierende Peritonealdialyse in 4 Hämodiafiltration (HDF):
einem Dialysezentrum) 5 Kombination aus Diffusion und Konvektion
über eine hochpermeable Membran
16.2.7 Dialysedosis
Argatroban (Argatra)
4 Einfluss von verabreichter Dialysedosis auf
Mortalität von Intensivpatienten mit ANV Dosierung
nach wie vor kontrovers diskutiert und derzeit
5 0,5–2 μg/kg KG/min bei kontinuierlichem
nicht abschließend beurteilbar
Nierenersatzverfahren
4 Ronco et al. 2000: positiver Dosiseffekt der
5 Bei intermittierender Hämodialyse: Bolus
CVVH auf Mortalität (15 Tage) bei Anwen-
von 10 mg (0,1 mg/kg KG)
dung von 35 ml/kg KG/h Substituat
5 Anschließend: 1–2 mg/h
4 Saudan et al. 2006: CVVH (1–2,5 l/h Substi-
5 Nach 2–3 h: erste Kontrolle von aPTT (Ziel:
tuat) vs. (1–2,5 l/h Substituat + 1–1,5 l/h Dialy-
1- bis 3-fache Verlängerung oder ACT 100–
sat) o 28-Tage-Mortalität unter niedrigerer
200 s oder ECT 80–120 s oder direkte Spie-
Dosis signifikant höher (61 % vs. 41 %)
gelmessung)
4 Schiffl et al. 2008: positiver Effekt einer erhöhten
5 Bei Leberinsuffizienz: Dosisreduktion!
Dialysedosis auf Mortalität unter tägliche IHD)
4 Palevsky et al. 2008: IHD vs. CVVHD o The-
rapiedosis ohne Einfluss auf die 60-Tage-Mor-
talität und die renale Rekompensation Trinatriumcitrat
4 Vesconi et al. 2009: kein Dosiseffekt auf das 4 im Rahmen der regionalen/lokalen Antikoagu-
Patientenüberleben, allerdings kürzere Beat- lation mit 4 % Natriumcitrat (Na3C6H5O7,
mungsdauer und Intensivaufenthalt im Hoch- 136 mmol/l), einem Chelatbildner mit Kalzium
dosisregime 4 bei 0,25 mmol/l ionisierter Kalziumkonzentra-
4 nach aktueller Studienlage kein Mortalitätsvor- tion ist keine Gerinnungsneigung mehr vor-
16 teil bei: handen!
5 HD, SLEDD: 6/Woche versus 3/Woche 4 Komplex wird zu 90 % bei Highflux-Membra-
5 CVVHDF: 20 ml/kg/h versus 35 ml/kg/h nen (Siebkoeffizient: 0,9) eliminiert
4 kontinuierliche Infusion von 3–8 % des Filter-
blutflusses (ca. 200 ml ±20 ml/h), nach ACT
16.2.8 Gerinnungshemmung während 4 200–250 s bzw. Kalziumserumkonzentration
extrakorporalen Eliminations- im Postfilterbereich (0,6–0,7 mmol/l Gesamt-
verfahren kalzium bzw. iCa2+ von 0,25–0,35 mmol/l)
. Abb. 16.1 Filterlaufzeiten (h) unter Heparin- und Citrat- Ionisiertes Kalzium Änderung der Citratdosis
antikoagulanzien. (Adaptiert nach Morgera et al. 2004) (mmol/l) nach dem (Citrat/Blut)
Filter
4 metabolische Alkalose aufgrund der Bikarbo- >0,45 Erhöhung um 0,3 mmol/l und
natproduktion bei der Citratverstoffwechse- Arzt informieren
lung (aus 1 Citratmolekül entstehen 3 Bikar- 0,41–0,45 Erhöhung um 0,2 mm/l
bonatmoleküle o Verwendung von puffer-
0,35–0,40 Erhöhung um 0,1 mm/l
reduzierten Dialysatlösungen)
4 Azidose 0,25–0,34 Keine Änderung
KM-Toxizität Athero-(Cholesterin-)Embolie
Definition Keine RF Patient mit RF, die nicht der Gruppe Diabetes mellitus mit Kreatinin
3 zugehören >2,0 mg/dl oder Kreatinin
>3,0 mg/dl
Maßnahmen Dehydratation vermeiden, Hydratation, Reduktion des KM- Wie Gruppe 2, niedrig osmolares
Vermeidung zusätzlicher Volumens, Vermeidung zusätzlicher KM*, Erwägung einer prophy-
nephrotoxischer Faktoren nephrotoxischer Faktoren laktischen Hämodialyse nach KM
. Tab. 16.12 Übersicht über Empfehlungen zur Prophylaxe des KM-induzierten ANV
Nicht empfohlen:
– Kalziumantagonisten
– Theophyllin als Adenosinantagonist (Nebenwirkungen Tachykardie, Arrhythmie!)
– Diuretika (Nebenwirkungen Dehydratation und Nephrotoxizität)
– Atrial-natriuretisches Peptid (ANP)
– Endothelin-A-Rezeptorantagonisten
Derzeit nicht beurteilbar:
– Fenoldopam (Dopamin-Rezeptor-Agonist)
– In Klammern ist das Evidenzniveau angegeben!
Lebererkrankungen
W. Zink
17.4 Leberersatzverfahren
jEinteilung
4 biologische Systeme
4 künstliche Systeme:
5 SPAD (Single-Pass-Albumin-Dialyse)
5 MARS-System (Molecular-absorbent-recir- . Abb. 17.1 Ausschnitt aus der semipermeablen MARS-
Membran. Nur wasserlösliche und albumingebundene To-
culating-System, Fa. Gambro) xine können die Membran passieren
5 Prometheus-System (Fa. Fresenius)
Pankreatitis
W. Zink
> 80 % aller akuten Pankreatitiden sind biliärer Innerhalb von 48 h nach Kranken-
hausaufnahme
oder alkoholtoxischer Genese, 80 % aller
chronischen Pankreatitiden sind alkohol- Hkt-Abnahme >10 % 1
toxisch bedingt. Anstieg des Serumharnstoffs 1
>11 mg/dl (>1,8 mmol/l)
A Normal 0
B Fokale und diffuse Vergrößerung des Pankreas, inhomogenes Parenchym, kleine intrapankrea- 1
tische Flüssigkeitsansammlung
0–4 Punkte je nach Kriterium A–E plus 2, 4 oder 6 Punkte für das Nekroseausmaß
Gesamtpunkte Letalität
0–13 13 %
4–16 16 %
7–10 20 %
jKlinik
4 plötzlich einsetzende, starke, innerhalb von
60 min zunehmende, gürtelförmige Schmerzen
im Oberbauch mit Ausstrahlung in den
Rücken (50 % der Fälle) o meist postprandial!
4 Übelkeit und Erbrechen
. Abb. 18.1 CT-Bild einer schweren akuten nekrotisie-
4 evtl. Fieber, erhöhte Entzündungsparameter
renden Pankreatitis mit Nekrosebildung, besonders im Kopf- (CRP, Leukozytose, Procalcitonin, IL-6)
bereich. Ausgedehnte exsudative Komponente mit sog. 4 Hypovolämie mit gelegentlicher Schocksymp-
»Nekrosestraße« in Richtung auf den unteren Milzpol. tomatik o starkes retroperitoneales Ödem
(Aus Sulkowski et al. 1998) 4 starker Meteorismus
4 spärliche oder fehlende Darmgeräusche bis
paralytischer Ileus (»Totenstille«)
4 respiratorische Insuffizienz infolge meist links-
seitigen Pleuraergusses, Atelektasen oder
schmerzbedingter Hypoventilation, selten
ARDS-Entwicklung
4 Zeichen der Pankreasinsuffizienz (Blutzucker-
entgleisungen)
4 bei 90 %iger Organinsuffizienz: Zeichen der
Maldigestion (Flatulenz, Meteorismus, übel-
riechende, fettreiche Stühle)
4 bei nekrotisierender Pankreatitis:
5 Cullen-Zeichen: bläuliche Verfärbung um
den Nabel
. Abb. 18.2 Akute nekrotisierende Pankreatitis mit Luftein-
schlüssen in der Pankreasloge als Zeichen der bakteriellen 5 Grey-Turner-Zeichen: bläuliche oder grün-
Nekrosenbesiedlung. (Aus Sulkowski et al. 1998) braune Verfärbung der Flanken als Zeichen
von intrapankreatischen und retroperito-
nealen Einblutungen
jPrädiktive Faktoren für einen komplizierten
Verlauf jKomplikationen
4 3 oder mehr Hinweise auf Organkomplikatio- 4 partielle bzw. multifokale Nekrosen, selten
nen im Ranson-Score, bestimmt bei Aufnahme totale Pankreasnekrose
und nach 48 h 4 Infektion von nekrotischen Arealen (bei 40–
4 extrapankreatische Komplikation (z. B. respira- 70 % aller nekrotisierenden Pankreatitiden
torische oder Niereninsuffizienz) kommt es zur bakteriellen Besiedelung von
4 Nachweis von Pankreasnekrosen im kontrast- pankreatischem und peripankreatischem sowie
mittelverstärkten CT retroperitonealem Gewebe innerhalb von 3
4 bis auf 130 mg/dl erhöhter CRP-Wert in den Wochen) o Gefahr der Abszessbildung ab
ersten 48 h nach Schmerzbeginn ohne Anhalt der 4. Woche nach Beginn der Pankreatitis
für einen anderen Infektionsherd (. Abb. 18.3)!
376 Kapitel 18 · Pankreatitis
jDiagnostik
kSerumenzyme
4 Lipase im Serum n über das 3-fache der Norm
(>350–1000 U/l)
4 Amylase im Serum (>350 U/l) und Urin n über
das 3-fache der Norm
> Die simultane Bestimmung dieser Enzyme
besitzt eine Sensitivität und Spezifität von
90–95 %. Beide Enzyme können jedoch bei
Niereninsuffizienz (renale Elimination) um
das 3-fache erhöht sein! Die Höhe der Pank-
reasenzyme korreliert nicht mit dem Schwe-
regrad der Pankreatitis!
kAdäquate Schmerztherapie
. Tab. 18.4 Anreicherung von Antibiotika im
4 PCA mit intravenösen Opioiden o Einfluss auf Pankreasgewebe
die Sphincter-Oddi-Funktion nach aktuellem
Wissensstand nur gering! Antibiotikum Verhältnis von Gewebs-
4 Periduralanästhesie (kontinuierliche Infusion zu Serumspiegel
von 0,2 % Ropivacain (ca. 3–6 ml/h) über Moxifloxacin 1,82
thorakalen Periduralkatheter o Abwägung
Imipenem 0,98
gegenüber dem Risiko der sekundären Infek-
tion des Periduralkatheters Ciprofloxacin 0,86
4 ggf. zusätzlich NSAID: Metamizol (4 g/24 h), Cefotaxim 0,78
Paracetamol (4 g/24 h), Naproxen (2×500 mg) Piperacillin 0,72
4 kontinuierliche 1 %ige Procaingabe ohne Vor-
Mezlocillin 0,71
teil in kontrollierten Studien der vergangenen
Jahre gegenüber Plazebo o daher nicht mehr Tobramycin 0,22
kAntibiotische Therapie
> In neueren Studien wurde überzeugend
4 nur bei sekundärer Infektion von Pankreas-
gezeigt, dass eine generelle Antibiotika-
nekrosen (bereits bei Verdacht!)
prophylaxe keine Vorteile bietet und nur zur
4 keine prophylaktische Antibiotikagabe
Selektion resistenter Erreger beiträgt.
4 erwartetes Keimspektrum bei infizierten Pank-
reasnekrosen: Enterobakterien, Enterokokken, 4 bei nachgewiesener Pankreasinfektion: kalku-
Staphylokokken, Anaerobier und Sprosspilze lierte antibiotische Therapie anhand des Anti-
4 Substanzen: biogramms nach CT-gesteuerter Feinnadel-
5 Carbapeneme: Meropenem/Imipenem punktion
3×1,0 g/d: Reduktion der Inzidenz an 4 häufigstes Keimspektrum: gramnegative
Pankreasinfektionen, jedoch ohne signifi- Darmbakterien (Escherichia coli, Klebsiellen-,
kante Beeinflussung der Mortalität bei Pseudomonas- und Proteus-Spezies, Entero-
gleichzeitiger deutlicher Reduktion von kokken), Anaerobier und Staphylokokken
septischen Komplikationen (aureus) sowie Candida
5 oder: Chinolone ± Metronidazol: z. B. Cip-
rofloxacin 2–3×400 mg/d + Metronidazol kWeitere Therapiekonzepte
3×500 mg/d 4 ggf. endoskopisch-retrograde Cholangio-
5 oder: Cefotaxim 3×2,0 g + Metronidazol graphie mit Papillotomie (ERC) bei Verdacht
3×500 mg/d auf obstruktive, biliäre Ursache und gleich-
5 oder: Piperazillin-Tazobactam 3-4×4,5 g/d zeitiger schwerer Pankreatitis o Entlastung
5 oder: Tigecyclin 1×100 mg Loading-Dosis, eines erhöhten intraduktalen Drucks bei
dann 2×50 mg/d Obstruktion durch Papillotomie, ggf. Draina-
geneinlage (cave: Verschlimmerung der
! Bei den Antibiotika wird insbesondere
Pankreatitis durch hohe Drücke beim An-
Moxifloxacin im Pankreasgewebe angerei-
spritzen des Pankreasganges)
chert (. Tab. 18.4).
18 4 interventionelle Drainage der Nekrosen
4 ggf. selektive Darmdekontamination (SDD) 4 Drainageneinlage bei Pseudozysten mit
o konnte in einigen Studien die Letalität redu- Schmerzsymptomatik, gastraler Obstruktion
zieren oder Durchmesser >5–6 cm
4 ggf. zusätzlich antimykotische Therapie 4 ggf. CVVHF oder CVVHD ab dem 10. Tag zur
Mobilisierung der Flüssigkeit im retroperito-
nealen Raum
18.1 · Akute Pankreatitis
379 18
. Abb. 18.4 Algorithmus zur Therapie der akuten Pankreatitis. (Aus Mayerle et al. 2012)
380 Kapitel 18 · Pankreatitis
4 die früher propagierte Gabe von Octreotid 4 Lipidstatus (Ausschluss primärer Hyper-
(100 μg alle 8 h für 14 Tage subkutan) scheint lipidämie)
nicht bzw. allenfalls von geringem Vorteil zu 4 Parathormon im Serum (Ausschluss eines
sein oHemmung der Pankreassekretion und primären Hyperparathyreoidismus)
Vasokonstriktion des Splanchnikusgebietes
4 die früher empfohlene Gabe von Atropin, Cal- . Abb. 18.4 zeigt einen Algorithmus zur Therapie
citonin, Glukagon und Fluorouracil beeinflusst der akuten Pankreatitis.
nach neueren Erkenntnissen den Krankheits-
verlauf in keiner Weise!
Ausgewählte Literatur
kChirurgische Intervention
4 im Gegensatz zur früheren aggressiven chi- Adler G, Woehrle H (2005) Diagnostik und Therapie der aku-
ten Pankreatitis. Internist 46:131–144
rurgischen Therapie heute eher Bevorzugung
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383 19
Gastrointestinale Probleme
W. Zink
Stimulation (Tonus/Motilität)
Hemmung (Tonus/Motilität)
Glukagon
jAussagekraft/Fehlermöglichkeiten eines
erhöhten Laktatspiegels
4 kein Beweis für eine Darmischämie (s. oben)
4 keine Berurteilungsmöglichkeit der regionalen
Durchblutung, kann aus anderen ischämischen
Regionen stammen (z. B. A.-femoralis-Ver-
schluss)
4 kann primär trotz Ischämie gering sein
4 kann erst sekundär bei Reperfusion in die
Blutbahn eingeschwemmt werden
4 erhöhte Werte unter extrakorporalen Nieren-
ersatzverfahren (z. B. CVVH) mit Ringer- . Abb. 19.2 Prinzip der pHi-Messung
Laktatpufferung
4 erhöhte Werte bei eingeschränkter hepatischer magensonde mit CO2-durchlässigem Ballon an
Verstoffwechselung der Spitze
4 Messung des intramukosalen pH-Wertes im
> Laktatverlaufskontrollen sind ein wichtiger
Magen oder Sigma (pHi) heutzutage obsolet o
Baustein in der Summe der Darmischämie-
Messung des gastralen pgCO2 (gastrale Tono-
diagnostik (. Abb. 19.1)!
metrie)
4 Verfahren wenigen Sonderindikationen vorbe-
Gastrale Tonometrie und pHi-Messung halten
(. Abb. 19.2)
4 Einführung der Tonometrie durch Fiddian- jGrundlage
Green im Jahre 1982 als Instrumentarium des 4 CO2-Akkumulation bei verminderter Gewebs-
gastrointestinalen Monitoring zur Erkennung perfusion (verminderte Auswaschung des pro-
von Perfusionsstörungen bzw. intestinalen duzierten CO2 sowie erhöhte CO2-Produktion
Hypoxämien unter Einsatz einer Spezial- unter anaeroben Konditionen infolge vermehr-
390 Kapitel 19 · Gastrointestinale Probleme
ten Anfalls von sauren Valenzen; D-Glukose Beurteilung einer Schleimhautischämie des
o 2 ATP + 2 Laktat– + 2 H+) Magen-Darm-Kanals bei Intensivpatienten
4 niedriger pHi korreliert gut mit der Letalität
jMethode und Durchführung bei großen operativen Eingriffen, Sepsis und
4 korrekte gastrale Positionierung einer speziel- Multiorganversagen
len Magensonde mit zusätzlichem Lumen für 5 erhöhte Mortalität bei Patienten mit pHi
gasdurchlässigen Ballon (Tonometer) <7,32
4 2,5 ml 0,9 %ige NaCl-Lösung wird eingespritzt 5 In einigen Studien konnte gezeigt werden,
4 CO2 diffundiert von der Magenmukosa in den dass ein niedriger pHi besser mit Multi-
mit 0,9 %iger NaCl-Lösung gefüllten Ballon organversagen und Letalität einer Sepsis
4 Äquilibrationszeit mindestens 30 min korreliert als gängige Parameter wie Laktat,
(30–90 min) zentralvenöse O2-Sättigung, APACHE-II-
4 luftfreie Entnahme der instillierten Flüssigkeit Score oder O2-Angebot bzw. -verbrauch.
4 der erste 1 ml wird verworfen, aus dem Rest 5 Ausgangswert sowie Verlauf des pHi-Wertes
dann der gastrale pgCO2 bestimmt (bei Aufnahme und nach 24-stündiger The-
4 Bestimmung des pHi: rapie) sind gute prognostische Parameter
5 simultane Messung des pCO2 aus der tono- bezüglich des Outcome (Sensitivität von
metrischen Flüssigkeit (NaCl-Lösung) und 88 %) und spiegelt die Gewebsoxygenierung
der arteriellen Bikarbonatkonzentration sehr gut wieder
5 Berechnung des pHi-Wertes anhand der 5 Höhere Überlebensraten bei Patienten mit
modifizierten Henderson-Hasselbalch-Glei- normalem Ausgangswert, der über 12–24 h
chung: konstant blieb, oder bei Patienten mit
erniedrigtem Ausgangswert, der jedoch in
art.HCO3− den folgenden Stunden unter Therapie
pHi = 6,1+log
pCO 2Tonom. signifikant anstieg
. Abb. 19.3 Mortalität in Abhängigkeit vom gastralen pHi. (Adaptiert nach Doglio et al. 1991)
. Tab. 19.3 Maßnahmen zur Vermeidung der postoperativen Darmatonie und damit von postoperativen Komplika-
tionen
Basismaßnahmen Bemerkungen
Thorakale PDA (für 48 h mit Lokalisation Blockade des Sympathikus und Dilatation der Splanchnikusgefäße
kranial von Th9) sowie Vermeidung von schmerzinduzierten Stressreaktionen
Kurzfristige Anlage einer Magensonde Ableitung von Sekret, Verhinderung einer Überdehnung und pul-
monaler Aspiration
Eine enterale Ernährung sollte nach Operationen im GI-Trakt möglichst früh erfolgen und ist auch dann sinnvoll, wenn
der Reflux über die Magensonde noch relativ hoch ist, da immer ein gewisser Überlauf vom Magen in das Duodenum
stattfindet. Die Ernährung über eine Duodenalsonde oder eine PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie) ist dann
sicherlich die elegantere Methode.
Medikamente:
– Tegaserod (Zelmac) – Serotoninrezeptoragonist
– Alvimopan, Methylnaltrexone oder Naloxon – spezifischer μ-Rezeptorantagonist
Therapie von motilitätsbeeinflussenden – Hypothyreose (Thyroxin, Trijodthyronin wirken stimulierend auf die
Erkrankungen Darmmotilität)
– Diabetes mellitus (autonome Polyneuropathie)
– Herzinsuffizienz/Myokardinfarkt
– Hirn- und Rückenmarkläsionen
19
19.3 · Prophylaxe und Therapie der Darmischämie
395 19
. Tab. 19.4 Einsatz von peristaltikfördernden Medikamenten bei nicht vorhandener Peristaltik
Metoclopramid Zentral und peripher: Blockierung 1- bis 3-mal 1 Amp. à 10 mg Extrapyramidale Stö-
(Paspertin) von Dopaminrezeptoren; in hö- rungen, besonders in
heren Dosen: serotoninagonistisch höheren Dosen und bei
(o antiemetisch) Freisetzung von Kindern
Acetylcholin am Plexus myente-
ricus o Kardiatonusn (Reflux p),
Antrummotilität n, Fundusrela-
xation p
Erythromycin Agonistische Wirkung am Motilin- 2-mal 0,5 g bis 4-mal 0,25 g Bakteriostatisches Antibio-
(Erythrocin) rezeptor am Magen und Dünndarm i.v./p.o. tikum; Indikationen: Gas-
und führt so zu Kontraktionen am troparese; in Entwicklung:
Antrum und einer verbesserten Erythromycin-Analoga
Koordination antroduodenaler ohne antibiotische Wir-
Motilität kung
Cisaprid Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat im Juni 2000 aufgrund lebens-
(Propulsin) bedrohlicher Herzrhythmusstörungen das Ruhen der Zulassung angeordnet!
396 Kapitel 19 · Gastrointestinale Probleme
Therapeutische PDA Carbostesin 0,125 % oder Naropin 0,2 % Initial Bolus von 10 ml, dann Perfusor mit 4–10 ml/h
Sennafrüchte (X- 1–2 Tassen Tee; mindestens 75 ml Sennablätter enthalten Glykoside, aus denen
Prep), Abführtee viel nachtrinken (insgesamt 2–3 l) Anthrachinone gespalten werden, die die Resorp-
tion von Wasser und Natrium hemmen und so die
Darmperistaltik stimulieren, Darmentleerung
erfolgt nach 5–8 h
Bisacodyl (Dulcolax) Supp. (führt kurzfristig zu einer Entlee- Supp.: Wirkstoff quillt im Rektum und führt so zur
rung in 15–30 min) Erregung der Dehnungsrezeptoren
CO2-Laxans 1–2 Supp. Setzt CO2 frei und führt so zur Erregung der Deh-
(Lecicarbon) nungsrezeptoren, sehr schonend!
19
19.3 · Prophylaxe und Therapie der Darmischämie
397 19
Gabe von Quell- und Gleitmitteln, Wirkeintritt nach 10 h Quellen mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr o
Leinsamen, Hemizellulose (Nutrivital) 3-mal 1–2 Kps. verstärkte Peristaltik Ileusgefahr durch Verkleiste-
rung, wenn zu wenig Flüssigkeit
Sphinkterdehnung, endoskopische
Darmdekompression
Antiblähmittel Simethicon 3- bis 6-mal 5–30 ml Bringt die bei Blähungen entstehenden Schaum-
(Sab simplex) Kleinkinder:4- bis bläschen zum Zerfallen, sodass die Darmgase resor-
6-mal 15 Trp. biert werden oder natürlich abgehen können
Dosierung 4 Perenterol
5 50 mg Kps. oder forte 250 bzw. Pulver
5 Loperamid 5 1 Kps. enthält Saccharomyces boulardii
– 1 Kps. = 2 mg, 1 ml Lsg. = 0,2 mg, 50 mg/250 mg
1 Tbl. = 2 mg 5 Indikationen:
– 2- bis 4-mal 1 Kps. oder 2-mal 20 ml – symptomatische Behandlung akuter
5 Akute Diarrhö Diarrhöen
– Erwachsene: Anfangsdosis: 2 Kps., da- – Vorbeugung und symptomatische
nach 1 Kps. nach jedem ungeformten Behandlung von Reisediarrhöen
Stuhl. Tageshöchstdosis: 12 mg – Diarrhöen unter Sondenernährung.
– Kinder ab 8 Jahren: 1 Kps., danach 1 Kps. 5 Dosierung: 3-mal 2–4 Kps. (50 mg) oder 1-
nach jedem ungeformten Stuhl. Tages- bis 2-mal 1 Kps. (250 mg)
höchstdosis: 8 mg
– Kinder von 2–8 Jahren: 0,2 ml Lsg./kg
nach jedem ungeformten Stuhl. Tages- Ausgewählte Literatur
höchstdosis: maximal 4-mal
Angstwurm MW, Gaertner R (2006) Practicalities of selenium
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Wilhelm W (2013) Praxis der Intensivmedizin, 2. Auflage.
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405 20
Stressulkus
W. Zink
. Tab. 20.1 Auswirkungen von Stress und verschiedenen Medikamenten zur Ulkusprophylaxe
Gallensäuren n l p l p l l
Prostaglandinproduktion p l n l n l n
Mukus p n n p nt l n
Bikarbonatproduktion p n n l n l n
Zellerneuerung p l n l n l l
Mukosaperfusion p p n l–p n l n
Dosierung jIndikationen
4 therapierefraktäre Ulzera
5 Intravenös: 1-mal 20 mg i.v.
4 obere GI-Blutung
5 Oral: 1- bis 4-mal 20 mg p.o.
Roxatidin (Roxit)
jPharmakologie
4 Gabe als Prodrug Roxatidinacetat
4 nahezu vollständige renale Elimination
410 Kapitel 20 · Stressulkus
Dosierung jNebenwirkungen
4 gelegentlich Tachykardie
5 Intravenös: initial 1–2 Amp à 40 mg, dann 4 anticholinerge Nebenwirkungen (Mund-
½–1 Amp. tgl. trockenheit, Akkommodationsstörungen)
5 Oral: 2-mal 1 Tbl. à 20/40 mg am 1. Tag,
! Bei Tachyarrhythmie oder Niereninsuffizienz
dann 1-mal 1 Tbl.
Dosisreduktion (z. B. 3-mal ½ Amp.)!
jWirkmechanismus jNebenwirkungen
4 wirkt auf Muskarin-1-Rezeptoren: Reduzie- 4 breiige Stühle und erhöhte Stuhlfrequenz bei
rung der Gesamtproduktion des Magensaftes, hoher Dosierung
jedoch nicht der Magensaftazidität
4 tierexperimentell nachgewiesene Erhöhung jWechselwirkungen
der Mukosadurchblutung, der Bikarbonat-, 4 Resorption von gleichzeitig verabreichtem Ei-
Prostaglandin- und Mukussekretion sen, Tetracyclinen, Natriumfluorid, Cheno-
4 besonders geeignet bei SHT und neurochirur- deoxycholsäure, Digoxin, Benzodiazepinen,
gischen Patienten! Dicumarol, Indometacin und Cimetidin kann
beeinflusst werden o Einnahme dieser Arz-
Dosierung neimittel im Abstand von >1 h!
Aluminiumhydroxid, Magnesiumhydroxid
(Maalox 70) jKontraindikationen
4 10 ml (1 Btl.) 9 g Aluminiumhydroxid-Gel 4 Überempfindlichkeit gegen Prostaglandine
4 600 mg Magnesiumhydroxid) 4 entzündliche Darmerkrankungen
4 Schwangerschaft
Dosierung
jNebenwirkungen
5 Erwachsene 4-mal 10 ml:
4 Durchfall, Übelkeit, Bauchschmerzen
– Initial 20 ml per Magensonde; weitere
4 Schwindel, Benommenheit und Kopfschmerzen
Dosierung vom Erreichen des pH-Grenz-
4 Veränderungen des Menstruationszyklus oder
wertes (nicht <pH 3,5), der möglichst
Zwischenblutungen
stündlich im Magenaspirat mittels
pH-Papier gemessen werden sollte, ab- Ulkusprophylaxe und Pneumonierisiko
hängig
4 unter medikamentöser Ulkusprophylaxe ggf.
– In der Regel 10–20 ml in 2- bis 4-stündli-
bakterielle Überwucherung des Magens mit
chen Intervallen
nachfolgender Mikroaspiration von infizier-
tem Magensekret und potentiellem Risiko für
sekundäre Pneumonie
jKontraindikationen 4 nach derzeitiger Studienlage führen Protonen-
4 Hypophosphatämie pumpeninhibitoren und H2-Rezeptorantago-
4 bei Niereninsuffizienz Kumulationsgefahr von nisten nicht zu einer höheren Rate nosokomi-
Magnesium. aler Pneumonien im Vergleich zu Sucralfat!
jNebenwirkungen
4 beatmete Patienten in der Intensivmedizin: 20.3 Ulkustherapie
u.U. Pneumonie
4 Obstipation 20.3.1 Ulkusblutung
4 Hypermagnesiämie besonders bei Nieren-
insuffizienz und hoher Dosierung 4 Kreislaufstabilisierung und ggf. Transfusion
4 Aluminiumeinlagerungen, v. a. in Nerven- und 4 Endoskopie (diagnostisch und therapeutisch
Knochengewebe o z. B. Sklerosierung: Unterspritzung mit
4 Phosphatverarmung Aethoxysklerol) und medikamentöse Säure-
sekretionshemmung
Prostaglandine 4 Operation, ggf. im symptomfreien Intervall
Misoprostol (Cytotec) (geringere Mortalität)
4 1 Tbl. 200 μg
412 Kapitel 20 · Stressulkus
Intoxikationen
M. Fresenius
jEinteilung jKontraindikationen
21 4 exogene Intoxikationen: zu 80 % orale Intoxi- 4 ätzende Substanzen (zum Beispiel anorga-
kation, meist mit Medikamenten und Ethanol nische Säuren), Tensiden oder flüssigen Koh-
bei den akuten Vergiftungen und Suiziden. lenwasserstoffen, nicht intubierter Patient
Ursachen für tödlich verlaufende Vergiftungen
> Die Applikation von Kohle wird in den letzten
sind Rauchgas und Drogen
Jahren gegenüber der Magenspülung zuneh-
4 endogene Intoxikationen
mend im klinischen Alltag bevorzugt.
jInzidenz
Etwa 10 % aller Krankenhauseinweisungen bzw. ca. Magenspülung
20 % aller Aufnahmen auf die Intensivstation sind jIndikationen
durch unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Nur bei Aufnahme lebensbedrohlicher Substanz-
Intoxikationen bedingt. Im Jahr 2011 wurden ca. mengen und innerhalb von 60 min nach Ingestion,
205.000 Behandlungen aufgrund akuter Vergiftun- z. B. bei Benzodiazepinen, Paracetamol, Theophyl-
gen durchgeführt! lin, β-Blockern, Amphetaminen etc. durch einen
erfahrenen Untersucher
Stecknadelkopfgroße Opioide
21.1.3 Analyse der Intoxikation Pupillen Opiate
Hypoventilation
Anhand der vorliegenden Art des Komas kann im Erhaltene Reflexe (!) Benzodiazepine
klinischen Alltag die zur Intoxikation führende Geringe Beeinflussung
Stoffgruppe eingegrenzt werden (. Tab. 21.1, . Tab. der vitalen Funktionen
21.2, . Tab. 21.3, . Tab. 21.4). Der Schweregrad der
Intoxikation kann klinisch in verschiedene Grade
eingeteilt werden (. Tab. 21.5). 4 über die Nasenschleimhaut: Schnupfen (bei
chronischer Anwendung Nasenseptumdefekte)
4 intravenös, als wasserlösliches Kokainhydro-
21.2 Spezielle Intoxikationen chlorid
4 oral: meist perorale, akzidentelle Intoxikation
In . Tab. 21.6 sind die Intoxikation und ihre spe- eines Drogenkuriers nach Läsion des intesti-
ziellen Antidota zusammengestellt. nalen Transport-/Kondompäckchens
jKlinik
21.2.1 Kokain Typische Trias mit
4 weiten, ggf. »lichtstarren« Pupillen
jAufnahme 4 neurologischen Störungen (Angstzustände,
4 inhalativ als hitzestabiles »Crack« (schwarzes Agitiertheit, paranoide Psychosen, Epilepsien,
Sputum, Thoraxschmerzen aufgrund von fokale neurologische Symptome, Bewusstlosig-
Tracheairritationen) keit sowie Aggressivität)
418 Kapitel 21 · Intoxikationen
Phosphorsäureester (z. B. Atropin (1 Amp. à Initial 2–5 mg i.v. (bis zu 100 mg!) Antagonismus am
605), Carbamate, Cholin- 10 ml = 100 mg) Anschließend nach Klinik Rezeptor
ergika
Zyanid-, Schwefelwasser- 4-DMAP (Dimethylamino- 2–3 mg/kg i.v. Nicht bei simultaner
stoff und Nitril phenol) Anschließend Natriumthiosulfat CO-Intoxikation
(50–100 mg/kg)
Eisenverbindungen Desferoxamin (Desferal) 15 mg/kg/h über 4–6 h (maximal Serum-Fe2+ > totale
80 mg/kg/24 h) Eisenbindungs-
kapazität
Schwermetalle wie Blei, DMPS (Dimercaptopro- 1 Tag: 250 mg i.v. 3- bis 4-stünd- Insgesamt wenige
Quecksilber, Zink, Chrom, pansulfonat) lich NW
Kupfer, Gold, Arsen, 2. Tag: 4- bis 6-stündlich
Kobalt, Nickel 3. Tag: 6- bis 8-stündlich etc.
420 Kapitel 21 · Intoxikationen
jKlinik jAufnahme
4 psychische Stimulation (gesteigerter Antrieb, 4 intravenös
erhöhte Kommunikationsbereitschaft, erhöhtes
Selbstvertrauen) jKlinik
Trias mit
jSomatische Nebenwirkungen 4 eingeschränktem Bewusstsein bis Bewusst-
4 Tachykardie, Trismus, Bruxismus (unmotivier- losigkeit
te Kaubewegungen), milde Hyperthermie 4 stecknadelkopfgroßen Pupillen
(meist nach repetitiven Einnahmen infolge 4 Hypoventilation bis Apnoe
erhöhter Umgebungstemperatur und mangeln- 4 weiterhin Bradykardie und Hypotension,
der Flüssigkeitszufuhr während sog. Rave- Rhabdomyolyse und Nervenschädigung
Partys), ggf. begleitet von Epilepsie, DIC und infolge anhaltender Hypoxie sowie durch
Nierenversagen Lagerungsschäden
4 Synkopen infolge kardialer Überbelastung
jTherapie
4 mechanische Beatmung bei Zeichen der
MDMA-Ecstasy
Hypoxämie
5 Wirkung nach 100 mg MDMA klingt nach
4 ggf. Antagonisierung einer Teilwirkung des
1–2 h wieder ab, Nebenwirkungen können
Opiats durch Naloxon (cave: HWZ von
noch 5 h anhalten
Naloxon ca. 70 min)
5 Nachweis bis zu 48 h im Urin
Heroin
5 Metabolisierung des Heroins (Diacylmor-
21.2.4 γ-Hydroxybuttersäure (GHB),
phin mit HWZ 3–20 min) zu 6-Mono-Acetyl-
γ-Butyrolacton (gebräuchliches
morphin und Morphin (HWZ: 3–6 h)
Lösungsmittel) oder 1,4-Butandiol
5 Nachweis der Metaboliten bis zu 40 h nach
Einnahme im Urin
4 γ-Butyrolacton gebräuchliches Lösungsmittel
4 als Liquid Ecstasy oder »k.o.-Tropfen« in den
letzten Jahren bekannt geworden
4 stimmungshebend, geschmacksneutral, Gefahr 21.2.6 Benzodiazepin
des plötzlichen Bewusstseinsverlustes mit
Amnesie jAufnahme
4 Einsatz als intravenöses Sedativum im 4 meist oral
Intensivbereich und zur symptomatischen
Behandlung
4 der Narkolepsie mit Kataplexie
422 Kapitel 21 · Intoxikationen
4 Hämaturie, Proteinurie
21 4 Somnolenz bis Koma
jTherapie
4 Gabe von Aktivkohle (1 g/kg) in den ersten 4 h
nach Ingestion
4 Gabe von N-Acetylcystein als Glutathionersatz
bei hoher Paracetamolintoxikation und gleich-
zeitig präexistentem Leberschaden infolge ei-
nes chronischen Alkoholabusus sowie unter
Medikation mit Substanzen, die den Zyto-
chromstoffwechsel induzieren (Barbiturate,
Phenytoin, Rifampicin)
Dosierung
jSymptome jWirkung
Hustenreiz, Dyspnoe, Bronchospastik, Lungen- 4 Aufnahme von zytotoxischen Amatoxinen
ödem, retrosternaler Druck, Augenbrennen, Kon- (Amantidin), welche die Transkription bzw.
junktivitis, Tränenfluss. die Bildung von mRNA in der Zelle vollständig
blockieren (Hemmung der Eiweißsynthese,
jTherapie z. B. Albumin und Gerinnungsfaktoren etc.)
Entfernen aus dem Gefahrenbereich, Sauerstoff,
Inhalation von β2-Sympathominemtika. jKlinik
Nach einer durchschnittlichen Latenzzeit von 12½ h
Reizgaze vom Latenztyp Auftreten von
Hierzu gehören: Nitrose Gase, Phosgen, Cadmium- 4 »cholera-like period« mit Übelkeit, Erbrechen,
oxid profusen, wässrigen, choleraartigen Durchfäl-
428 Kapitel 21 · Intoxikationen
CO O2 100 %
Vorderer Septuminfarkt: supraapikal LAD: mittlerer Teil/R. septalis der LAD I, aVL, V1–4
oder anteroseptal
Hinterer Lateralinfarkt: posterolateral RCX-Ast: R. marginalis (PLA) II, III, aVF, B5–7
Hinterwandinfarkt: inferior oder RCA oder RCX o falls die RCX den RIVP II, III, aVF, ggf. V1–3
diaphragmal abgibt
Strikt posteriorer Infarkt: basal RCX: distaler Teil III, aVF, V7–8
Bezeichnungen der Koronararterien LAD = R. interventricularis anterior (»left anterior descending«); RCX = R. circum-
flexus; RCA = rechte Koronararterie (»right coronary artery«); RIVP = R. interventricularis posterior
CK-MB (%-Anteil) <25 U/l (<6% der Gesamt-CK) 4–8 1–2 2–4
Die Cut-off-Werte der Troponine (T, I, hs [hochsensitiv]) sind test- und damit laborabhängig!
22
. Abb. 22.1 Diagnostischer Ablauf bei ACS. (Adaptiert nach ESC Pocket Guidelines 2012)
4 EKG (12-Kanal innerhalb der ersten 10 Minu- 5 ggf. Detektion von Infarktkomplikationen
ten und im Verlauf; . Tab. 22.1) (VSD, Perikarderguss etc.)
5 Beurteilung von Herzfrequenz, Rhythmus
und evtl. Infarktlokalisation jDifferenzialdiagosen
4 Labordiagnostik 4 akuter Thoraxschmerz (nicht auf ACS beru-
5 Troponin T und I mit hoher Sensitivität und hend):
Spezifität zur Diagnostik bzw. zum Aus- 5 kardial: hypertensive Krise/Entgleisung,
schluss eines Herzmuskelschadens Perimyokarditis, Tachykardien, Aorten-
(. Tab. 22.2) vitien, Aortendissektion, akute Linksherz-
5 hsTroponin: negativer prädiktiver Wert insuffizienz, Kardiomyopathie, Mitralklap-
95 % bei Blutabnahme zum Aufnahmezeit- penprolaps, Koronaranomalien, Vaskulitis,
punkt; nahe 100 % bei Kontrolle nach 3 h Tako-Tsubo-Kardiomyopathie
5 falls Troponintest negativ und weiterhin 5 pulmonal: Lungenembolie, Pneumothorax,
bestehendem Verdacht bzw. Klinik o Test- Pleuritis, Pneumonie
wiederholung in 6–12 h 5 gastrointestinal: Ösophagitis, Ösophagus-
5 BNP/NTproBNP, D-Dimere, kleines Blut- ruptur, akute Pankreatitis, Ulcera, Gallen-/
bild, Retentionswerte, Schilddrüsenhor- Nierenkolik, Mesenterialvenenthrombose
mone, Gerinnung 5 vertebragen: Interkostalneuralgie, HWS/
5 zukünftig evtl. h-FABP (»heart-type fatty BWS-Syndrom, zervikale Diskopathie,
acid binding protein«) in Kombination mit Rippenfraktur/Prellungen, Herpes Zoster,
Troponin zur Frühdiagnostik des Myokard- Myopathien, thorakales Schmerzsyndrom/
infarkts (. Abb. 22.2) Chondropathie im Bereich der oberen ster-
4 Echokardiographie nokostalen Übergänge
5 Beurteilung der linksventrikulären 5 endokrinologisch: Thyreotoxikose
Ejektionsfraktion (LVEF) 5 psychosomatisch: funktionelles Syndrom
5 Detektion neu aufgetretener regionaler (Da-Costa-Syndrom)
Wandbewegungsstörung (häufig falsch-posi- 4 ST-Strecken-Elevation (nicht auf ACS beru-
tive Befunde, da oftmals keine Referenzauf- hend):
nahmen vor Infarkt!); wenn nicht vorhanden 5 Perikarditis (ST-Hebung aus dem »S«
o zu >90 % keine akute kardiale Ischämie! heraus), ggf. Perimyokarditis
22.1 · Grundlagen
435 22
. Abb. 22.2 Risikostratifizierung mit Hilfe des hochsensitiven Troponintests. Tn = Troponin, hsTn = hochsensitives Troponin,
ULN = oberer Normalwert; Δ* Veränderung abhängig von Testmethode. Der GRACE Risk Score erlaubt die genaueste Risiko-
stratifizierung sowohl bei Aufnahme als auch bei Entlassung. (Adaptiert nach ESC Pocket Guidelines 2012)
22
. Abb. 22.3 Angriffspunkte der antithrombotischen Therapie. AT = Antithrombin; NMH = niedermolekulares Heparin.
(Adaptiert nach ESC Pocket Guidelines 2012)
! PCI nach erfolgreicher Lyse frühestens 3 h im Vergleich zur Streptokinaselyse bei Patien-
nach Beginn (»facilitated PCI«); bei nicht ten, die jünger als 75 Jahre sind, ein geringes
erfolgreicher Lyse umgehend Notfall-PCI Blutungsrisiko sowie einen Vorderwandinfarkt
22 (»rescue PCI«)! haben und sehr früh zur Lysetherapie kommen!
4 Nachteil: sehr teuer
Substanzen zur Lysetherapie 4 Nebenwirkungen: intrakranielle Hämorrhagie
Fibrinolytika sind Substanzen, die eine Plasminä- (0,7 %), Blutungen
mie induzieren o Plasminogen p, Antiplasmin p,
Fibrin(ogen)-Spaltprodukte (FSP) n o Verlänge- Reteplase (r-PA, Rapilysin)
rung der Thrombinzeit, Spaltung von Fibrin und 4 gentechnisch von Escherichia coli produzierte
anderen Gerinnungsfaktoren (Faktor V und VIII). r-PA mit 2 Aminoteilsequenzen der ursprüng-
lichen t-PA o Clot-Selektivität und ca. 5-fach
Streptokinase (Streptase) höherer Lysepotenz als Alteplase
4 von β-hämolysierenden Streptokokken der 4 direkte Plasminogenaktivierung
Gruppe A sezerniertes Protein 4 10 IE als i.v. Doppelbolus im Abstand von 30 min
4 Bildung eines stabilen Komplexes mit Plasmi- 4 HWZ von ca. 11–14 min
nogen o indirekte Aktivierung von Plasmino-
gen zu Plasmin (1 Mol Aktivator aktiviert 9 Tenecteplase (TNK-tPA, Metalyse)
Mol Plasminogen zu Plasmin) 4 direkte Plasminogenaktivierung
4 1,5 Mio. IE über 30–60 min i.v. 4 1000 U/10 kg KG bzw. 5 mg/10 kg KG als i.v.
4 HWZ 15–25 min Bolus über 5–15 s
4 fibrinolytischer Effekt bis zu 6 h nachweisbar 4 HWZ 17–20 min
4 renale Elimination
> Fibrinolytika stets mit Thrombozytenaggre-
4 Beginn einer i.v. Heparinisierung ca. 2–6 h
gationshemmern (ASS plus Clopidogrel) und
nach Lyse, wenn sich die Thrombinzeit bei
Thrombininhibitoren kombinieren!
abfallendem FSP normalisiert
4 Nebenwirkungen: anaphylaktische Reaktion
(0,1 % der Fälle) nach vorausgegangenem Dosierung
Streptokokkeninfekt, Fieber, Flush bzw. Exan-
them, Blutungen, intrakranielle Hämorrhagie 5 ASS: 500 mg i.v. oder alternativ 150–325 mg
(0,2–0,5 %) p.o.
5 Clopidogrel: 300 mg p.o.
Alteplase (rt-PA, Actilyse) 5 Zusätzlich bei Therapie mit Alteplase,
4 natürlich vorkommende Substanz, die vom Reteplase oder Tenecteplase:
Endothel synthetisiert wird – Enoxaparin: 30 mg i.v., dann erste Dosis
4 direkte Plasminogenaktivierung; enzymatische s.c. (kein Bolus und Dosisreduktion bei
Aktivität wird durch Fibrin erhöht o relative >75 Jahren; ggf. UFH) oder
Clot-Selektivität bzw. fibrinselektives Throm- – unfraktioniertes Heparin: initial 60 IE/kg
bolytikum KG, dann kontinuierlich o Ziel-PTT 50–70 s
4 initial 15 mg rt-PA über 2 min, dann 50 mg 5 Zusätzlich bei Therapie mit Streptokinase:
(0,75 mg/kg KG) über 30 min, dann 35 mg – Fondaparinux: initial 2,5 mg i.v., dann
(0,5 mg/kg KG) über 60 min 1-mal 2,5 mg/d s.c. oder
4 HWZ 4–7 min – Enoxaparin: 30 mg i.v., dann erste Dosis
4 hepatische Elimination s.c. (kein Bolus und Dosisreduktion bei
4 schneller Wirkbeginn (z. B. von Vorteil bei >75 Jahren; ggf. UFH) oder
lebensbedrohlichem Vorderwandinfarkt und – unfraktioniertes Heparin: initial 60 IE/kg
früher Lyse <2 h nach Symptomatikbeginn) o KG, dann kontinuierlich o Ziel-PTT 50–70 s
signifikantere Reduktion der Infarktmortalität
Ausgewählte Literatur
441 22
22.2.7 Operative Myokard- Ausgewählte Literatur
revaskularisation
Publikationen
4 Auswahl des Verfahrens zur Myokardrevasku- Achenbach S, Szardien S, Zeymer U et al. (2012) Kommentar
larisation (PCI vs. ACB-Operation) hängt von zu den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kar-
mehreren Faktoren wie dem klinischen Zu- diologie (ESC) zur Diagnostik und Therapie des akuten
stand des Patienten, dem Vorliegen von Risiko- Koronarsyndroms ohne persistierende ST-Streckenhe-
bung. Kardiologe 6:283–301
faktoren, Komorbiditäten und dem Ausmaß
Arntz HR, Schuster HP (1999) Die Notfalltherapie bei akutem
und Schweregrad koronarer Läsionen in der Myokardinfarkt. Intensivmedizin und Notfallmedizin
Koronarangiographie ab o ggf. individuelle 36:640–641
Entscheidung zwischen PCI und ACB-Opera- Cicco A, Schmidt-Schweda S, Gabelmann M, Holubarsch C
tion entsprechend lokal festgelegter Protokolle (2003) Kardiologische Intensivmedizin. Wissenschaftl.
Verlagsgesellschaft, Stuttgart
durch das »Herz-Team«.
DIVI (2005) Zur Diagnostik und Therapie der Schockformen.
4 bei sehr komplexer Koronaranatomie oder zu- Empfehlung der Interdisziplinären Arbeitsgruppe Schock
sätzlicher Mehrgefäßerkrankung o Bypass- der DIVI – Teil III. Kardialer Schock. Anästh Intensivmed
Operation als Methode der Wahl 46:161–176
4 Stenting und Bypass-Operation gleichwertig ESC Guidelines (2011) for the Management of Acute Coronary
hinsichtlich Letalität und Infarktrate, jedoch Syndromes in Patients Presenting Without Persistent
ST-segment Evaluation. Eur Heart J 32:2999–3054
erhöhte Re-Interventionsraten nach Stenting ESC Pocket Guidelines (2010) Akutes Koronarsyndrom mit
4 isolierte Hauptstammstenose o I-A-Empfeh- persistierender ST-Streckenhebung (STEMI). Deutsche
lung für ACB-Operation; II-A-B-Empfehlung Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislauffor-
für PCI schung e.V.
4 Haupstammstenose plus zusätzliche Zwei- ESC Pocket Guidelines (2012) Akutes Koronarsyndrom ohne
ST-Hebung (NSTE-ACS). Deutsche Gesellschaft für Kardio-
oder Dreigefäßerkrankung o I-A-Empfehlung
logie – Herz- und Kreislaufforschung e.V.
für ACB-Operation; III-B-Nicht-Empfehlung Hamm CW, Möllmann H, Bassand JP et al. (2009) Acute coro-
für PCI nary syndromes. In: Camm AJ, Lüscher TJ et al. (eds) The
ESC Textbook of Cardiovascular Medicine; 2. Auflage.
Oxford University Press
Michels G, Kochanek M (2011) Repetitorium Internistische
22.2.8 Postinterventionelle Therapie
Intensivmedizin. 2. Auflage, Springer, Berlin Heidelberg
und Sekundärprophylaxe New York
Neumann FJ (2002) Medikamentöse Therapie der instabilen
4 nach ACS intensive Behandlung von Risiko- Angina pectoris. Internist 43:112–120
faktoren und Veränderungen des Lebensstils Nordt TK, Bode C (2001) Thrombolysetherapie des akuten
4 ASS o lebenslange Einnahme Herzinfarktes. Internist 42:659–664
Rupprecht HJ, Meyer J (2002) Modernes Reperfusionsma-
4 P2Y12-Inhibitor o Einnahme für 12 Monate, nagement bei akutem Myokardinfarkt. Internist 43 (Suppl
sofern kein erhöhtes Blutungsrisiko besteht 1):S90–S95
4 Betablocker o bei reduzierter LVEF Strauer BE, Motz W (1994) Akuter Myokardinfarkt. Pathophy-
4 ACE-Hemmer/ARB o bei reduzierter LVEF, siologie, Diagnostik, Therapie. Anaesthesist 43:469–483
ggf. auch bei erhaltener LVEF Thygesen K, Mair J, Katus H et al. (2010) Recommendations for
the use of cardiac troponin measurement in acute car-
4 Aldosteron-Antagonist o bei reduzierter
diac care. Eur Heart J 31:2197–2204
LVEF (≤35 %) und entweder Diabetes mellitus Van de Werf F, Bax J, Betriu A et al. (2008) Management of
oder klinischen Zeichen der Herzinsuffizienz acute myocardial infarction in patients presenting with
ohne signifikante Niereninsuffizienz persistent ST-segment elevation: the Task Force on the
4 Statin o Ziel: LDL-Cholesterin <70 mg/dl Management of ST-Segment Elevation Acute Myocardial
Infarction of the European Society of Cardiology. Eur
4 Lebensstil o Beratung hinsichtlich Risikofak-
Heart J 29:2909–2945
toren, Anbindung an ein kardiales Rehabilita- Walter S, Carlsson J, Tebbe U (1999) Troponin und Myoglobin.
tionsprogramm/Programm zur Sekundärprä- Stellenwert in der Diagnostik akuter koronarer Syndro-
vention me. Notfall Rettungsmed 2:263–266
442 Kapitel 22 · Akutes Koronarsyndrom (ACS)
Internetadressen
http://leitlinien.dgk.org/
http://www.escardio.org/guidelines
http://www.crusadebleedingscore.org/
http://www.outcomes-umassmed.org/grace/
443 23
jDefinition
Die neue ARDS-Definition (Berlin-Definition) aus
dem Jahr 2013 nach Ranieri et al. unterscheidet u. a.
3 Schweregrade anhand des Ausmaßes der Hypox-
ämie bei einem PEEP ≥5 cmH2O:
4 schweres ARDS: PaO2/FiO2 ≤100 mmHg bei
PEEP ≥5 cmH2O
4 moderates ARDS: PaO2/FiO2 = 101–
200 mmHg bei PEEP ≥5 cmH2O
4 mildes ARDS: PaO2/FiO2 = 201–300 mmHg
bei PEEP ≥5 cmH2O . Abb. 23.1 Röntgenthoraxaufnahme eines Patienten mit
ARDS
23.1 · Grundlagen
445 23
5 Polytraumata > Die Letalität des ARDS ist von Faktoren wie
– Pankreatitis Patientenalter, Grunderkrankung, Anzahl der
– verschiedene Schockformen Organdysfunktionen, sowie von einer beglei-
– ausgedehnte Verbrennungen tenden Sepsis abhängig; jüngere trauma-
– Verbrauchskoagulopathie induzierte ARDS-Patienten haben z. B. eine
– Operationen mit langer extrakorporale bessere Prognose als ältere Sepsispatienten
Zirkulation mit ARDS!
– Fruchtwasser- oder Fettembolie
– Intoxikationen (organische Phosphate, jDifferenzialdiagnose
Kokain, Heroin) 4 kardiales Lungenödem
– Medikamente (Paraquat, Cordarex, 4 primär bakterielle oder virale Pneumonien
Bleomycin) 4 hypersensitive oder eosinophile Pneumonien
4 direkte Lungenschädigungen: 4 idiopathische fibrosierende Alveolitiden
5 diffuse pulmonale Infektionen (Bakterien, 4 medikamenteninduzierte Lungenverände-
Viren, Pilze, Protozoen) o »parapneumo- rungen (Amiodaron-Lunge)
nisches« ARDS 4 akute Lungenembolie (LE)
5 Lungenkontusion (ca. 22 %) und seltener:
5 Säure-, Salz- und Süßwasseraspiration jPathophysiologie
5 Beinahe-Ertrinken kMediatorenaktivierung
5 toxisches Inhalationstrauma (NO2, Ozon, Im Rahmen des ARDS kommt es zu einer unkon-
Rauchgase) trollierten Aktivierung verschiedener Kaskaden-
5 Höhenödem und hypoxisches Lungenödem systeme:
4 Mediatoren: IL-1, TNF, IL-6, IL-8
jVerlauf 4 Aktivierung der Phospholipase A2 mit konse-
Die Erkrankung beginnt relativ rasch; die meisten kutiver Freisetzung von Arachidonsäure, die
Fälle entwickeln sich innerhalb von 24 h nach der durch die Cyclo- und Lipooxygenase vermehrt
initialen Schädigung. Das klinische Bild besteht aus Thromboxan A2, LTB4 und PAF entstehen
Tachypnoe, angestrengtem Atmen, Zyanose und lässt o starke Aktivierung von neutrophilen
zunehmender Hypoxämie und Beatmungspflich- Granulozyten mit konsekutiver Freisetzung
tigkeit. von O2-Radikalen und Proteasen sowie Sub-
stanzen mit vasokonstringierendem Effekt
jInzidenz (TxA2)
4 ARDS-Inzidenz in den USA nach Rubenfeld et 4 Kallikreinsystem
al. 2005: 58,7 Fälle pro 100.000 Einwohner und 4 Komplementsystem: C3b,C5b
Jahr 4 neutrophile Granulozyten o konsekutive
4 in Deutschland (Berlin): 1,5–3,0 Fälle pro Elastasefreisetzung
100.000 Einwohner 4 Erhöhte Zytokinkonzentrationen (IL-1, IL-6,
TNF-α, γ-INF) und Kollagenasenaktivität
jLetalität (Mitursache für die Permeabilitätserhöhung
4 sehr unterschiedliche Zahlenangaben bezüg- der pulmonalen Gefäße) konnten in der BAL-
lich der Letalität (22–80 %) Flüssigkeit nachgewiesen werden.
4 durchschnittliche Letalität nach Rubenfeld
2005: 41,1 % kPathophysiologische Charakteristika
4 bei schwerem Verlauf, höherem Lebensalter 4 anfänglicher Epithelschaden mit Erhöhung
und Patienten mit Begleiterkrankungen liegt der pulmonalen Kapillarpermeabilität o
die Letalität über 80 % schweres, proteinhaltiges alveoläres Ödem mit
entzündlichen Infiltraten (hauptsächlich
neutrophile Granulozyten)
446 Kapitel 23 · ARDS (»acute respiratory distress syndrome«)
ECMO
Kann keine adäquate Oxygenierung mit der kon-
ventionellen, invasiver Beatmung erreicht werden
und liegt eine ausgeprägte Lungenfunktions-/Oxy-
genierungsstörung vor, muss die Oxygenierung
durch ein extrakorporales Membranoxygenie-
23 rungsverfahren (ECMO) sichergestellt werden! Die
aktuelle Überlebensrate beträgt unter ECMO 63 %
vs. 47 % ohne ECMO, die Überlebensrate bei H1N1-
induzierter Pneumonie mit ARDS lag in den letzten
Jahren in den großen Zentren sogar bei 71 %!
Die Oxygenierung des Patienten ist abhängig
vom vorhandenen Blutfluss. An der High-flow-ILA
erfolgt ab 2,5 l/min Blutfluss eine gute Oxygenie-
rung. Die CO2-Elimination ist unabhängig vom
vorhandenen Blutfluss. Der eingestellte Gasfluss
durch den Filter ist hierbei die entscheidende Grö-
ße. Nebenwirkungen der ECMO sind Gefäßverlet-
zungen bei Kanülenanlage, venöse Thrombosen im
kanülierten Gefäß, stärkere Blutungen und Throm-
bozytenabfall.
PEEP-Beatmung
4 Die eingeschränkte Oxygenierung kann zu-
sätzlich durch PEEP verbessert werden o
Erhöhung der FRC
4 die Höhe des einzustellenden PEEP-Niveaus
richtet sich nach dem Best-PEEP von Suter
23 (. Abb. 23.5): PEEP-Niveau, bei dem die besten
kardiopulmonalen Funktionen vorhanden sind:
5 maximaler O2-Transport (HZV × caO2)
5 kleinstmögliche Totraumfraktion
5 größtmögliche totale statische Compliance
4 oder nach den Best-PEEP-Kriterien nach Gal-
lagher:
5 PEEP, der den Shunt-Anteil auf 15 % redu-
ziert oder einen Anstieg des paO2/FIO2-
Quotienten auf >300 mmHg bewirkt o
PEEP sollte jedoch zur Vermeidung eines
Barotraumas <15 mmHg betragen
4 oder nach den Best-PEEP-Kriterien nach
Murray:
5 PEEP, der zur maximalen Rekrutierung der
Alveolarbezirke führt und somit den kleins-
ten paCO2-petCO2 Gradienten erzeugt o
bei PEEP induzierter Hyperinflation steigt
. Abb. 23.5 Best-PEEP nach Suter (QS/QT = pulmonaler
der oben genannte Gradient als Ausdruck Shunt)
einer zunehmenden Totraumventilation
wieder an.
trien B4 o (LTB4) und Reduktion der Throm-
boxan-B2-Synthese (TxB2) aufgrund einer
23.2.3 Additive und experimentelle Hemmung der Thromboxansynthetase o pro-
Maßnahmen koagulatorische Aktivität p und Vasokonstrik-
tion p o Verbesserung der pulmonalen Perfu-
Viele additive Maßnahmen wurden in den letzten sion, Reduktion der Mikrothrombenbildung
20 Jahren bei ARDS getestet: und Suppression der Zytokinproduktion
4 Inhalation von NO oder Prostazyklinen
! Die Ergebnisse des ARDS-Network (2000)
(7 Kap. 7) o schnelle Therapie einer lebens-
zeigten keinen Vorteil in der pharmakologi-
bedrohlichen Hypoxämie o keine Reduktion
schen Therapie des manifesten ARDS mit
der Mortalität!
Ketoconazol (n=234; Letalität 34–35 %).
4 intrapulmonale Surfactantapplikation
4 partielle Flüssigkeitsbeatmung (»liquid 4 Gabe von Glukokortkoidtherapie während
ventilation«) mit Perfluorocarbonen oder die der Spätphase des ARDS zur Vermeidung von
Inhalation von Perfluorocarbon. Spätkomplikationen wie z. B. dem fibroprolife-
4 intratracheale Gasinsufflation (TGI) o Ver- rativen Umbau der Lunge
besserung der CO2-Elimination, z. B. auch 4 Inhalation von β-Sympathomimetika o Akti-
während der PHC (7 Kap. 7) vierung der alveolären Pneumozyten mit ge-
4 Gabe Ketoconazol (Nizoral 200–400 mg p.o.) steigerter Surfactantbildung
o Wirkung auf die Alveolarmakrophagen o 4 die Blockade des Komplementsystems mittels
Beeinflussung der 5-Lipooxygenase o Leuko- C1-Esterase-Inhibitor führte in einigen Kasuis-
Ausgewählte Literatur
451 23
tiken zur Reduktion der sepsisassoziierten Brodie D (2011) Extracorporal membrane oxygenation for
ARDS-Mortalität ARDS in adults. N. Engl J Med 365: 1905–1914
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1367
(Mucosolvan) in einer Dosierung von 3–6 g/ Bryan AC (2001) The oscillations of HFO. Am J Respir Crit Care
Tag, kontinuierlich oder in 3–6 Boli, zur Steige- Med 163:816–817
rung der endogenen Surfactantproduktion Courtney SE et al. (2002) High-frequency oscillatory ventila-
4 Applikation von Antioxidanzien (N-Acetyl- tion versus conventional mechanical ventilation for
very-low-birth-weight infants. N Engl J Med 347:643–6
cystein als Glutathionersatz oder Selen (100–
52
300 μg/Tag) Dellinger RP et al. (1998) Effects of inhaled nitric oxide in
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2002) mit Lisofyllin musste nach 235 Patienten Derdak S (2003) High-frequency oscillatory ventilation for
acute respiratory distress syndrome in adult patients. Crit
wegen erhöhter Letalität abgebrochen werden.
Care Med 31:S317–S323
! Alle getesteten Substanzen/Konzepte zeig- Derdak S et al. and the Multicenter Oscillatory Ventilation for
Acute Respiratory Distress Syndrome Trial (MOAT) Study
ten keinen Erfolg bei der Therapie des ARDS!
Investigators (2002) High-frequency oscillatory ventila-
tion for acute respiratory distress syndrome in adults. Am
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European consensus conference on ARDS. Am Rev Respir tion and prone position in experimental acute lung
Crit Care Med 149:818–824 injury. Anesthesiology 91:796–803
452 Kapitel 23 · ARDS (»acute respiratory distress syndrome«)
24.1.2 Prävalenz Die Mortalität der Sepsis ist variabel und hängt von
der Ursache und dem Ausmaß der Entzündung ab
4 Die Prävalenz der Sepsis beträgt nach Daten (Levy et al. 2012). Dies findet im DRG-System Be-
der SepNet-Vereinigung ca. 12,4 % bei allen rücksichtigung. . Tab. 24.1 zeigt die Mortalitätsra-
Intensivpatienten (16 % an Unikliniken und ten in Abhängigkeit vom Entzündungsausmaß.
8 % in kleineren Häusern). Anmerkung: Die Mortalität bei Kindern liegt
4 Die Prävalenz der schweren Sepsis und des bei 2–10 % (Krankenhaus-Mortalität bei schwerer
septischen Schocks gemeinsam betrug auf Sepsis bei vorher gesunden Kindern bei 2 % und 8 %
deutschen Intensivstationen 11 %. bei chronisch kranken Kindern)
4 Etwa 6 % der Patienten mit SIRS erleiden einen
septischen Schock mit sehr hoher Letalität
(>80 %). 24.1.5 Fulminante Verlaufsformen
4 Nach einer Erhebung des Kompetenzzentrums
Sepsis muss in Deutschland pro Jahr mit 4 Meningokokkensepsis, ggf. mit bilateralen
154.000 Fällen gerechnet werden. Ca. Nebennierenblutungen (Waterhouse-Fride-
60.000 Tode/Jahr in Deutschland durch Sepsis. richsen-Syndrom) und Verbrauchskoagulo-
Damit steht die Sepsis an 3. Stelle der häu- pathie (DIC)
figsten Todesursachen. Die direkten Behand- 4 Sepsis nach Splenektomie »overwhelming
lungskosten belaufen sich auf ca. 1,8 Mio. Euro. postsplenectomy infection syndrome« = OPSI-
Syndrom) aufgrund Störung der Phagozytose
des RES (Störung der lienalen Synthese eines
24.1.3 Sepsisursachen Tetrapeptids namens Tuftsin)
4 toxisches Schocksyndrom (»toxic shock syn-
4 intraabdominelle Infektionen z. B. nach Ma- drome«, TSS):
genperforation, perforierte Sigmadivertikulitis, 5 toxisches Schocksyndromtoxin 1 (TSST-1)
Cholezystitis, postoperativ, … durch Invasion von Staphylococcus aureus
4 Pneumonie (nosokomial, ventilatorassoziiert) aus dem vaginalen Bereich bei menstruie-
4 katheter- oder »device«-assoziierte Infektion renden Frauen (Tampon) oder Wundinfek-
4 Urosepsis tion o Bildung von Enterotoxin F; zurzeit
456 Kapitel 24 · SIRS, Sepsis und Multiorganversagen
die einzige Indikation für die Gabe von Im- 24.1.7 Pathophysiologie
munglobulinen bei Sepsis o Immunsup-
pression auf die Makrophagen und Down- Sepsis ist die Auswirkung einer komplexen Interak-
regulation der gesteigerten SIRS-Reaktion; tion zwischen den die Infektion hervorrufenden
kein direkter Effekt des Immunglobulins auf Mikroorganismen auf der einen Seite und dem Im-
den verursachenden Erreger! munsystem, der resultierenden Entzündungsreak-
5 Streptokokken-assoziiertes toxisches tion sowie der Gerinnung des Patienten auf der
Schocksyndrom durch Enterotoxine von anderen Seite.
24 Bakterien der Gruppe-A-Streptokokken Es kommt zu Beginn der Sepsis zu einer Akti-
(GAS) bei nekrotisierender Fasziitis oder vierung körpereigener plasmatischer (Mediatoren,
Myositis (in 60 % der Fälle) Gerinnung) und zellulärer (Endothel, Makropha-
gen, Granulozyten, Thrombozyten) Systeme mit
überschießender Reaktion. Initiiert wird die Reak-
24.1.6 Klinik tion durch Bindung von grampositiven (Proteogly-
kane) und gramnegativen (Lipopolysaccharide)
4 arterielle Hypotonie bei intravasaler Hypo- Bakterienbestandteilen an sog. Toll-like-Rezepto-
volämie mit ausgeprägten generalisierten Öde- ren (TLR-2 und -4). Daraus resultiert die Bildung
men und eingeschränkter Urinproduktion o von proinflammatorischen Zytokinen wie Tumor-
positive Flüssigkeitsbilanz (>20 ml/kg KG) nekrosefaktor (TNF-α) und Interleukin-1β sowie
4 Tachykardie mit und ohne Fieber, evtl. Hypo- von antiinflammatorischen Zytokinen wie z. B. In-
thermie terleukin-4 und -10.
4 periphere Durchblutungsstörungen mit ver- Die Syntheserate des Mediators TNF-α ist von
langsamter kapillarer Füllung und marmo- der genetischen Disposition des Patienten (TNF-
riertem Hautstatus Polymorphismus) abhängig o diese Tatsache
4 Zeichen der Organdysfunktionen: könnte eine Erklärung für die unterschiedliche Aus-
5 veränderter mentaler Status prägung der Sepsis sein.
5 Oligurie bis Anurie und Azotämie Die proinflammatorischen Zytokine aktivieren
5 Hyperglykämie >140 mg/dl bei fehlendem die neutrophilen Granulozyten und das Endothel
Diabetes mellitus o Up-Regulation der Adhäsionsmoleküle (leuko-
5 Hyperbilirubinämie (Gesamtbilirubinämie zytäre Integrine CD 11/CD 18 und endotheliale Ad-
>4 mg/dl) häsionsmoleküle wie z. B. E-, P-Selektine sowie
5 Ileus mit fehlenden Darmgeräuschen ICAM-1 und -2 auf der Endothelzelle und L-Selek-
4 Laborveränderungen: tine auf Granulozyten sowie VCAM-1 auf Lympho-
5 Leukozytose/Leukopenie mit reaktiver zyten) o verstärkte Interaktion von Endothel und
Linksverschiebung aktivierten Leukozyten mit Leukozytenadhäsion,
5 CRP- und Procalcitonin-Erhöhung (mehr Leukozytenrolling, Leukozytensticking und an-
als 2 Standardabweichungen vom Normal- schließender Penetration der Leukozyten ins Gewe-
wert!) be entlang der ansteigenden Interleukinkonzentra-
5 Hyperlaktatämie und Hypophosphatämie tion bzw. abfallenden pO2-Gewebskonzentrationen
5 Thrombozytensturz o letztlich resultiert hieraus eine systemische Vas-
5 Antithrombinabfall, sekundärer Quick- kulitis/Endothelitis.
Abfall Die Störung der endothelialen Integrität und
Funktion führt zu einer vaskulären Permeabilitäts-
> Die frühzeitige Diagnosestellung »Sepsis« und änderung mit kapillarem »Leak« o proteinrei-
der sofortige Therapiebeginn sind bezüglich ches interstitielles Ödem und intravasale Hypo-
der Mortalitätsrate als günstig anzusehen! volämie.
Die überschießende NO-Produktion (Aktivie-
rung der induzierbaren NO-Synthetase (iNOS)
24.1 · SIRS und Sepsis
457 24
. Abb. 24.1 Pathogenese der Sepsis: Beeinflussung des zellulären und humoralen Immunsystems
durch IL-1 und -6, Endotoxin und TNF-α) führt zur Neben Veränderungen des Immunsystems
systemischen Vasodilatation mit Abfall des Perfu- kommt es zu einer Imbalance von prokoagulatori-
sionsdrucks und Gewebshypoperfusion. schen und antikoagulatorischen Faktoren. Durch
. Abb. 24.1 und . Abb. 24.2 zeigen die Pathoge- Lipopolysaccharidstimulation bilden die Endothel-
nese der Sepsis im Hinblick auf die Beeinflussung zellen vermehrt »tissue factor«, wodurch die Ge-
des zellulären und humoralen Immunsystems rinnung aktiviert wird o Störung der Mikrozirku-
(. Abb. 24.1) und auf die Gerinnung (. Abb. 24.2). lation durch Bildung von Mikrothromben mit Ge-
458 Kapitel 24 · SIRS, Sepsis und Multiorganversagen
24.1.9 Funktionsstörungen
24.1.8 Gegenspieler des SIRS
4 hyperdynamer Kreislauf (»cardiac index« CI
Nach einer initialen proinflammatorischen Phase >4,0 l/min/m²) mit Tachykardie bei normalem
kommt es zu in einer Gegenreaktion mit einer kom- oder niedrigem Blutdruck (HZV steigt jedoch
pensatorischen antiinflammatorischen Antwort dem SVR entsprechend nicht adäquat an)
(CARS). Diese Antwort kann überschießend sein 4 reduzierter peripherer Systemwiderstand
und zur Immunsuppression bzw. Anergie führen. (SVR <800 dyn × s × cm–5) o periphere
Der Immunstatus kann anhand folgender Fak- Mikrozirkulationsstörungen: Vasodilatation
toren bestimmt werden: bei Fehlregulation und Dichteabnahme der
4 Interleukin-6-Spiegel α-Adrenorezeptoren bei simultan erhöhter
4 Ausmaß der HLA-DR-Expression (Immun- NO-Freisetzung
stimulation durch GM-CSF-Gabe zur Steige- 4 Störungen der Kontraktilität (septische Kar-
rung der Immunantwort oder Gabe von APC diomyopathie) mit links- und rechtsventriku-
im Rahmen der Hyperfibrinolyse) lären Dyskinesien und erhöhten enddiastoli-
4 ex vivo TNF-Anstieg nach LPS-Gabe schen und endsystolischen Volumina, LVEF p,
LWSI p infolge »myocardial depressant fac-
CARS (»compensatory antiinflammatory tor« (MDF, Molekulargewicht 10–30 × 106 o
response syndrome«) Elimination durch Hämofiltration)
4 von Bone eingeführter Begriff, gekennzeichnet 4 Der PCWP liegt trotz eingeschränkter Pump-
durch antiinflammatorische Mediatoren wie funktion bei septischen Patienten meist
z. B. Interleukin-4, IL-10, IL-13, IL-Rezepto- <8 mmHg.
rantagonisten oder durch Mediatoren, die so- 4 Der »myocardial depressant factor« scheint
wohl proinflammatorisch als auch antiin- mit dem TNF-α identisch zu sein, da die Gabe
flammatorisch wirken, wie z. B. IL-6 und IL-8 eines Anti-TNF-Antikörpers die Myokard-
4 klinische Manifestation als Anergie und er- kontraktilität fast vollständig wiederherstellt.
höhte Empfindlichkeit gegenüber Infektionen. 4 Eine weitere myokarddepressive Wirkung wird
Die Immunparalyse ist laborchemisch gekenn- durch Toxine (z. B. Endotoxin), Downregula-
zeichnet durch: tion der β-Rezeptoren sowie einen fraglichen
5 monozytäre HLA-DR-Expression <30 % metabolischen Defekt der Myozyten ange-
5 reduzierte endotoxininduzierte TNF-α- und nommen.
IL-6-Sekretion (ex vivo) 4 Störung der Gewebsoxygenierung bzw. der O2-
Extraktion o gemischtvenöse Sättigung n ver-
MARS (»mixed antagonistic response mehrte Diffusionsstrecke durch interstitielle
syndrome«) Flüssigkeitsvermehrung, zellulärem Defekt der
Der wechselnde Ablauf von SIRS und CARS wird Aufnahme und der mitochondrialen Verwer-
als MARS bezeichnet (. Abb. 24.3). tung des Sauerstoffs infolge Entkoppelung der
24.1 · SIRS und Sepsis
459 24
oxidativen Phosporylierung (»zytopathische 4 ggf. Messung der Leberperfusion mit LiMON-
Hypoxie«), Ausfall der Perfusionssteuerung System zur frühzeitigen Erfassung einer hepa-
nach metabolischen Erfordernissen o lineare tischen Dysfunktion
Abhängigkeit der O2-Aufnahme vom O2-An- 4 infektiologisches Monitoring: Abstriche, Blut-
gebot bei septischen Patienten mit deutlich kulturen (3-mal 2 Blutkulturpaare)
reduziertem O2-Angebot 4 laborchemisches Monitoring:
4 Störung der Gefäßpermeabilität o intrava- 5 Blutbild (Leukopenie oder Leukozytose
sale Hypovolämie und generalisierte Ödem- und Linksverschiebung im Differenzial-
bildung blutbild, toxische Granulationen der Neu-
4 Steigerung der Darmpermeabilität mit bakte- trophilen)
rieller Translokation 5 frühzeitiger Abfall der Thrombozyten (DD:
4 Nierenfunktionsstörung: prärenales ANV, HIT II) und des Antithrombins
bedingt durch Hypovolämie oder tubuläre 5 CRP- (HWZ: 24 h) und Procalcitonin-An-
Nekrosen, Verminderung des renalen Blut- stieg (PCT) (Grad-2C-Empfehlung): HWZ
flusses bzw. der glomerulären Filtration von 24 h, Sensitivität: 89–96 % und Spezifi-
4 Störungen der Hämostase: Störung der plas- tät: 78–94 % (nach Brunkhorst 2004), unab-
matischen Gerinnung und Thrombozytope- hängig von therapeutischen Interventionen
nie, evtl. DIC (Thrombozyten p, Fibrinogen p) wie z. B. Hydrokortisontherapie (im Gegen-
mit reaktiver Fibrinolyse (AT III p, TZ n, D- satz zu Zytokinen). Durch die regelmäßige
Dimere n) PTC-Bestimmung kann die eingeleitete
4 Neurologische Störungen: Antibiotikatherapie frühzeitiger beendet
5 Septische Enzephalopathie mit Wahrneh- werden (ca. 3,5 Tage früher; Nobre et al.
mungs- und Konzentrationsstörungen, In- 2008) o Reduktion der Antibiotikakosten
zidenz: ca. 23 % der septischen Patienten, und Vermeidung von Resistenzen. Die Be-
Ursache u. a. wahrscheinlich erhöhte Spiegel wertung der PCT-Konzentrationen kann
an Cholinsäure mit exzitatorischer Wirkung aus . Tab. 24.2 entnommen werden. Cave:
auf N-Methyl-D-Aspartat (NMDA)-Rezep- PCT-Konzentrationen können auch ohne
toren (von aktivierten Makrophagen im Infektion erhöht sein:
Rahmen des Tryptophanmetabolismus syn- – bei schwerem kardiogenem Schock
thetisiert). Daneben spielen eine gestörte – bei schweren Störungen der Organdurch-
Blut-Hirn-Schranke, Aminosäurenimbalan- blutung
zen, arterielle Hypotonie mit reduziertem – bei Bronchialkarzinom oder C-Zell-
CPP sowie direkte Effekte der inflammato- Karzinom der Schilddrüse
rischen Mediatoren eine Rolle – nach schwerem Trauma oder großer
4 »critical illness polyneuropathy« (axonale Operation
Degeneration) im Spätstadium der Sepsis – nach schweren Verbrennungen
5 Bestimmung des Serumlaktats: Eine pro-
gnostisch relevante Hyperlaktatämie kann
24.1.10 Monitoring bedingt sein durch eine(n):
– erniedrigte hepatische Laktat-Clearance
4 arterielle Druckmessung über PiCCO- oder – metabolischen zellulären Defekt (»cyto-
separates Arteriensystem pathic hypoxia«) und
4 erweitertes Kreislaufmonitoring (HZV, SVR, – allgemeine Gewebshypoxie durch Mikro-
intrathorakales Blutvolumen [ITBV] und ex- zirkulationsstörungen
travaskuläres Lungenwasser [EVLW]) mit 5 Serum-Phosphat oHypophosphatämie
PiCCO-System der Fa. Pulsion oder EV1.000- 5 Blutzucker oHyperglykämie
System von Fa. Edwards 5 Bestimmung von IL-6 und Lipopolysaccha-
4 evtl. intramukosale pHi-Messung rid-bindendem Protein (LBP) mittels
460 Kapitel 24 · SIRS, Sepsis und Multiorganversagen
Der klinische breite Einsatz der oben genannten Parameter nimmt von oben nach unten ab!
6S-Trial-, CHEST-Studie) den klinischen All- umstritten (z. T. höhere Mortalitätsraten in der
tagsbedingungen nicht entsprechen und zum Studiengruppe).
Teil die Höchstmengen nicht berücksichtig
wurden. Kortikosteroide
4 restriktive Flüssigkeitstherapie bei septischen 4 Nur bei aufbleibender hämodynamischer
ARDS-Patienten und fehlender Gewebshypo- Stabilisierung trotz Volumenapplikation und
perfusion (1C-Empfehlung) Vasopressorentherapie sollte Hydrokortison
(100 mg Bolus (?), anschließend kontinuierlich
24 Vasopressoren und Inotropika 200 mg/d) eingesetzt werden (2C-Empfeh-
4 Bei instabilen Kreislaufverhältnissen trotz lung)! Keine aktuelle Empfehlung bzgl. der
Volumentherapie und bei Vorliegen eines re- Therapiedauer (bis hämodynamische Stabili-
duzierten systemvaskulären Widerstands ist sierung, max. 7 Tage?)
das Katecholamin Noradrenalin das Mittel der 4 Mögliche Effekte von Hydrokortison:
Wahl (1B-Empfehlung). Evtl. zur Aufrechter- 5 Hemmung der induzierbaren NO-Syntheta-
haltung eines adäquaten Blutdrucks zusätzliche se sowie der Cyclooxygenase-2 o Sensibili-
Applikation von Adrenalin. sierung der Gefäßmuskelzelle gegenüber
4 Ziel der Katecholamintherapie ist ein adäqua- Katecholaminen.
ter Perfusionsdrucks o MAP ≥65 mmHg (1C- 5 Bildung von Lipocortinen, die die Phospho-
Empfehlung). lipase-A2-Aktivität hemmen. Phospholipa-
4 Gabe von Dobutamin (<20 μg/kg KG/min) bei se A2 führt zur Synthese von vasoaktiven
myokardialer Dysfunktion mit erhöhten Fül- Eikosanoiden (TXB2, 6-Keto-PGF-1α o
lungsdrücken und Low-output-Syndrom bzw. Vasodilatation, Thrombozytenaggregation)
Zeichen der Minderfusion trotz ausrei- sowie verminderte Expression von in-
chendem intravasalem Volumen und adäqua- flammatorischen Prozessen, z. B. TNF-α,
tem mittlerem Blutdruck (1C-Empfehlung) IL-6 und -8
4 Die Gabe von Dopamin zur hämodyna- 4 Auf einen ACTH-Test vor geplanter Hydrokor-
mischen Therapie oder Nierenprotektion wird tisongabe kann verzichtet werden (2B-Emp-
nicht mehr empfohlen (2C/1AB-Empfehlung). fehlung)
4 Die Gabe von Levosimendan bei Sepsis wird
aktuell nicht empfohlen (Gefahr des weiteren . Tab. 24.4 gibt einen vergleichenden Überblick zwei-
Blutdruckabfalls). er wichtiger Studien bezüglich der Hydrokortisonga-
4 Der routinemäßige Einsatz bzw. die Monothe- be bei Sepsis (CORTICUS- und »Annane«-Studie)
rapie von Vasopressin (0,03 IE/min) wird nicht
empfohlen, da es nach Vasopressingabe zwar zu Blutprodukte, Immunglobuline, Selen,
einem Anstieg des Blutdruckes kommt, das Protein C
HZV allerdings abnimmt und sich die intesti- 4 Erst bei Hb-Werten <7,0 g/dl (bei fehlender
nale und myokardiale Perfusion verschlechtert Myokardischämie, akuter Blutung, schwerer
bzw. Ischämien auftreten können! Die Gabe Hypoxämie, KHK etc.) und erhöhter Sauer-
von Vasopressin zeigte in einer klinischen Stu- stoffausschöpfung (SvO2 <70 %, Rivers-Krite-
die von Russell aus den Jahr 2008 (VASST-Trial) rien) sollten Bluttransfusionen durchgeführt
nur Vorteile bei Patienten mit nur leicht einge- werden (1B-Empfehlung). Keine Bluttrans-
schränkten Kreislaufverhältnissen (Noradrena- fusion bei Hb-Wert von 7–9 g/dl und fehlender
lintherapie <15 mg/h). Als Ultima-ratio-Thera- Gewebshypoperfusion sowie bei KHK ohne
pie im Rahmen des therapierefraktären sep- akute Blutung. Erythropoetin zur Behandlung
tischen Schock zeigt sie keine Vorteile! der Anämie bei septischen Patienten sollte
4 Die Anhebung des O2-Angebots, z. B. mittels nicht angewendet werden. Bei der Gabe von
hochdosierten Katecholaminen, ist nach Stu- Erytrozytenkonzentraten wurde füher die
dien von Hayes (1993) und Gattinoni (2003) Transfusion von »frischen« Erythrozytenkon-
24.1 · SIRS und Sepsis
465 24
28-Tage-Letalität 31,5 % 53 %
Plazebogruppe 34,3 % 63 %
zentraten (<15 Tage) empfohlen o die Gabe eine höhere 28-Tage-Mortalität (26,4 vs.
von älteren Blutkonserven führte in einer 24,2 %). Zuvor hatte bereits die ADRESS-Stu-
Studie von Marik zu keinem Anstieg des O2- die (Abraham 2005), die zur Überprüfung der
Verbrauchs, jedoch zu einem Abfall des Effektivität von aktiviertem Protein C in der
Magenwand-pH-Werts. frühen Sepsis bei chirurgischen Patienten mit
4 Zur Korrektur von Gerinnungsanomalien bei singulärem Organversagen und daraus resul-
fehlender Blutung oder vor geplanten Opera- tierendem geringem Letalitätsrisiko durchge-
tionen sollte kein FFP gegeben werden (2D- führt worden war, eine Erhöhung der 28-Tage-
Empfehlung). Mortalität (20,7 % vs. 14,1 %; p=0,03) gezeigt.
4 Gabe von Thrombozytenkonzentraten nur 4 Die Gabe von Immunglobulinen z. B. IGM-
(2D-Empfehlung): angereicherte Immunglobuline (Pentaglobin)
5 bei Thrombozyten <10.000/μl (ohne bei Sepsis wird aktuell nicht mehr empfohlen
Blutung, prophylaktisch) (2B-Empfehlung). Ausnahme: Toxic-shock-
5 bei Thrombozyten <20.000/μl bei signifi- Syndrom!
kanten Blutungsrisiko 4 Auch die hochdosierte Gabe des antioxidativ
5 bei Thrombozyten <50.000/μl und kli- wirkenden Natriumselenits (Selen) wird in
nischer Blutung, Operation und invasiven den amerikanischen Leitlinien 2012 nicht
Maßnahmen mehr empfohlen (2C-Empfehlung)!
4 Die Antithrombinsubstitution bei schwerer Anmerkung: Selen ist Bestandteil von 35 Se-
Sepsis und septischen Schock (1B-Empfeh- lenoproteinen, die zu einem Großteil an anti-
lung) sowie die Gabe von aktivierten Protein oxidativen Prozessen (Radikalenfänger) betei-
C (rhAPC) werden nicht empfohlen bzw. ist ligt sind, z. B. Gluthathionreduktase und Thio-
nicht mehr möglich! redoxinreduktase. In Europa wird das lösliche
Anmerkung: Im Oktober 2011 hat der Herstel- Natriumselenit bevorzugt. Im asiatischen
ler aktiviertes Protein C (Xigris) vom Markt Raum gibt man Ebselen, eine fettlösliche, Selen
genommen! Die Ergebnisse der PROWESS- enthaltene organische Verbindung, die die Li-
Schock-Studie zeigten in der Xigris-Gruppe pidperoxidation durch eine Gluthathionper-
466 Kapitel 24 · SIRS, Sepsis und Multiorganversagen
oxidase ähnlichen Effekt verhindert. Die erste Spontanatemversuchen bei Erfüllung der Extu-
größere Studie von Gärtner et al. (SIC-Studie bationskriterien (ansprechbar, hämodyna-
mit 238 Patienten, die 14 Tage lang 1000 μg mische Stabilität, geringe Invasivität der Beat-
Selen/d erhielten) erbrachte eine signifikante mung [FiO2 p, PEEP p, ASB bzw. PV p, …])
Reduktion der 28-Tage-Mortalität von 10,3 % 4 Verzicht auf β2-Agonisten beim septisch in-
(7 Kap. 6). Zwei weitere multizentrische Stu- duzierten ARDS mit Ausnahme von Patienten
dien aus dem Jahr 2007 zeigten unterschied- mit Bronchospasmus o die getesteten Wirk-
liche Ergebnisse: stoffe waren das aerolisierte Albuterol oder das
24 5 Studie von Angstwurm (2007) mit Reduk- intravenöses Salbutamol. Die »BALTI-2-Stu-
tion der Mortalität durch 14-tägige Selen- die« zeigte jedoch geringere beatmungsfreie
gabe (1000 μg/Tag; initial ebenfalls 1000 μg Tage und/oder eine Zunahme der Mortalität
über 30 min) von 56,7 %auf 42,4 % (p=0,109) unter β2-Agonisten.
5 Studie von Forceville (2007) ohne Beein-
flussung der Mortalität durch Selengabe Sedierung, Analgesie und neuro-
(4000 μg Natriumselenit am 1. Tag, an- muskuläre Blockade
schließend 1000 μg/Tag für 10 Tage). 4 adäquate Sedierung und Analgesie anhand des
(Anmerkung: n=60; Ausschluss von RAAS. Vermeidung hoher Dosen von Sedativ
Trauma- und Verbrennungspatienten in (1B-Empfehlung)
dieser Studie) 4 Verzicht auf neuromuskuläre Blockaden bei
Patienten ohne ARDS (1C-Empfehlung), evtl.
Mechanische Beatmung bei sepsis- kurzfristige NMB (<48 h) bei septischen
induziertem ARDS ARDS-Patienten mit einem Horowitz-Quoti-
4 Die frühzeitige lungenprotektive Beatmung ent <150 mmHg (2C-Empfehlung)
mit reduziertem Tidalvolumen (VT): 6 ml/
kg KG vs. 12 ml/kg KG (1A-Empfehlung) und Blutzuckerkontrolle
reduziertem inspiratorischen Plateaudruck 4 Sobald 2 aufeinanderfolgende Blutzuckerwer-
(≤30 cmH2O; 1B-Empfehlung) und »hohen« te ≥180 mg/dl sind, sollte ein Blutglukose-Ma-
PEEP zur Vermeidung eines endexspiratori- nagement mit Insulin erfolgen; dabei sollte der
schen Kollaps (2C-Empfehlung). Der empfoh- BZ nicht unter 110 mg/dl abfallen (1A-Emfeh-
lene PEEP richtet sich nach der benötigten lung)!
FiO2 (. Tab. 24.5). 4 Am Anfang sollten alle 1–2 h BZ-Kontrollen
4 Durch die mechanische Ventilation können die erfolgen; sobald die BZ-Werte »stabil« sind,
Atemarbeit und der O2-Verbrauch bei sep- können die Intervalle auf 4 h verlängert werden
tischen Patienten um bis zu 25 % reduziert (1C-Empfehlung).
werden. Eine längerfristige Hyperoxie unter 4 Die Blutglukose sollte im Labor aus arteriellem
Beatmung sollte jedoch aufgrund der Gefahr Patientenblut oder Plasma bestimmt werden!
der Radikalenbildung mit Aktivierung der
alveolaren Makrophagen vermieden werden. Anmerkung: die anfänglich positiven Ergebnisse
4 Bei schwerer, therapierefraktärer Hypoxämie einer intensivierten Insulintherapie mit Zielgluko-
im Rahmen des ARDS Durchführung von Rec- sewerten von 80–110 mg/dl (van Berghe 2001)
ruitment-Manövern (2C-Empfehlung) und konnten in nachfolge Studien bezüglich der Reduk-
Bauchlagerung bei Patienten mit einem Horo- tion der 30-/90-Tage-Mortalität nicht bestätigt wer-
witz-Quotient <100 mmHg (2B-Empfehlung) den! So zeigte die NICE-Sugar-Studie (Finfer 2009)
durch ein erfahrenes Behandlungsteam in der Verum-Gruppe eine erhöhte Mortalität
4 30°- bis 45°-Oberkörperhochlagerung (27,5 % vs. 24,9 %) und höhere Raten an Hypoglyk-
(1B-Empfehlung) ämien (6,8 % vs. 0,5 %). Die Blutzuckerspiegel soll-
4 Anwendung eines Weaning- und Sedierungs- ten ca. 150 mg/dl betragen!
protokoll (1A-Empfehlung) mit täglichen
24.1 · SIRS und Sepsis
467 24
. Tab. 24.6 Überblick der Therapiemaßnahmen bei Sepsis schwerer Sepsis und septischen Schock sowie deren Emp-
fehlungsgrade gemäß den internationalen Empfehlungen der Sepsis Surviving Campaign. (Adaptiert nach Dellinger
et al. 2013)
Initiale »Resuscitation«
Normalisierung eines erhöhten Blutlaktatspiegels so 2C die Laktat-Clearance ist ein guter Prädiktor für
schnell wie möglich! die Letalität der Sepsis (Nguyen 2011)
Routine-Screening auf septische Patienten in der 1C Ziel ist der frühe Therapiebeginn mit Reduk-
Aufnahmestation sowie allen stationären Stationen tion der Letalität!
Diagnostik
Abnahme von Blutkulturen vor Antibiotikagabe 1C Keine Verzögerung des antibakteriellen Thera-
2×2 Blutkulturflaschen (perkutan und via liegende piebeginns (<45 min)
Gefäßzugänge, insbesondere zentralvenösen Kathe-
ter)
Antimikrobielle Therapie
Empirische Antibiotikatherapie für maximal 3–5 Tage, 2B Ziel: gezielte Antibiotikatherapie ab dem
dann Deeskalation 3 Tag!
24.1 · SIRS und Sepsis
469 24
Tägliche Reevaluierung der laufenden Antibiotika- 1B Antibiotika absetzen bei fehlender Infektion!
therapie mit dem Ziel der Deeskalation
Bei Verdacht auf virale Ursache der Sepsis Gabe von 2C z. B. Oseltamivir (Tamiflu) oder Zanamivir
Virostatika (Relenza)
Infektionsprävention
Chlorhexidin(gluconat) 2B
Flüssigkeitstherapie
Vasopressoren
Vasopressin (0,03 IE/min) zusätzlich zu Noradrenalin 0 Empfehlungsgrad nicht beurteilt! Keine Vaso-
als Salvage-Therapie beim septischen Schock pressin-Monotherapie!
VASST-Trial* zeigte keine Vorteile! Hohe Dosen
von Vasopressin führen zur kardialen und
24 Splanchnicus-Ischämie!
Vermeidung von Dopamin zur hämodynamischen 2C Evtl. nur in speziellen Patientenkollektiven (?)
Therapie
Inotropika-Therapie
Kortikosteroide
Gabe von Hydrokortison nur bei aufbleibender hämo- 2C Intravenöse, kontinuierliche Applikation von
dynamischer Stabilisierung durch Volumenapplikation 200 mg/Tag
und Vasopressoren Dauer: ? (bis hämodynamische Stabilisie-
rung?)
Blutprodukte
Verzicht auf die Gabe von FFP zur Korrektur von Ge- 2D
rinnungsanomalien bei fehlender Blutung oder vor
geplanten Operationen
Immunglobuline
Selen-Applikation
Protein-C-Applikation
Verzicht auf die Gabe von aktivierten Protein C 0 Präparat ist nicht mehr verfügbar!
(rhAPC)
Anwendung von PEEP zur Vermeidung eines endex- 1B Vermeidung eines »Atelektotraumas«
spiratorischen Kollaps
Anwendung eines »hohen PEEP« bei Patienten mit 2C 7 Empfehlung von PEEP-Einstellungen
sepsisinduzierten, moderaten bis schwerem ARDS
Verzicht auf β2-Agonisten beim septisch induzierten 1B Getestete Wirkstoffe: aerolisiertes Albuterol
ARDS oder intravenöses Salbutamol (BALTI-2-Stu-
Ausnahme: Bronchospasmus die) o geringere beatmungsfreie Tage oder
Zunahme der Mortalität unter β2-Agonisten in
den Studien
472 Kapitel 24 · SIRS, Sepsis und Multiorganversagen
Blutzuckerkontrolle
BZ-Messung mit POC-Geräten aus kapillärem Blut nur Besser BZ-Messung im Labor aus arteriellem
eingeschränkt verwertbar! Blut oder Plasma
Nierenersatzverfahren
Bikarbonat-Applikation
Thromboseprophylaxe
Mechanische Thromboseprophylaxe mittels pneuma- 2C In Kombination mit NMH oder UFH bei schwe-
tische Kompression z. B. Venaflow rer Sepsis bzw. als Monotherapie bei KI von
Heparinen
Stressulkusprophylaxe
Stressulkusprophylaxe mit H2-Blockern oder Proto- 1B Patienten ohne Blutungsrisiko sollten keine
nenpumpenblockern bei Patienten mit schwerer Prophylaxe erhalten (2B)!
Sepsis oder septischen Schock und Blutungsrisiko
24.2 · Fieber
473 24
Ernährung
Bevorzugung einer frühzeitigen oralen bzw. enteralen 2C anstatt komplettes Fasten oder intravenöse
Ernährung, wenn möglich Glukosezufuhr innerhalb der ersten 48 h
Vermeidung von kalorischer Hyperalimentation in der 2B Ziel: ca. 500 kcal/Tag, anschließend adaptier-
ersten Woche ter enteraler Aufbau wenn möglich
Kombination von enteraler Ernährung mit supple- 2C Am besten Messung des Ernergiebedarfs ab
mentierender parenteraler Ernährung, wenn nötig dem 3. Intensivtag (indirekte Kaloriemetrie);
Vermeidung einer totalen parenteralen Ernäh-
rungstherapie
Behandlungsziele formulieren!
SIRS ++ + Proinflammatory
CARS + ++ Antiinflammatory
Punkte 0 1 2
Nicht nachweisbar Mittelschwer Schwer
Lungenversagen Keine Beatmung Beatmung mit PEEP = 10 cmH2O Beatmung mit PEEP >10 cmH2O
und FIO2 = 0,4 und/oder FIO2 >0,4
Leberversagen SGOT <25 U/l SGOT >25 U/l oder SGOT >50 U/l
Bilirubin <2 mg/dl Bilirubin >2 mg/dl, <6 mg/dl Bilirubin >6 mg/dl
Punkte 0–2 je nach Schwere der Organeinschränkung von 7 Organen (maximal 14 Punkte)
Parameter Punkte
0 1 2 3 4
* Puls-Druck-Produkt = HF × (ZVD/MAP); HF Herzfrequenz, ZVD zentralvenöser Druck, MAP mittlerer arterieller Druck
24.3 · Multiorganversagen (MOV)
477 24
hender Niereninsuffizienz o Ausschluss prä-
. Tab. 24.10 Mortalitätsrate anhand der Score-
Punkte
renaler (Dehydratation, Blutung) und postre-
naler (obstruktiver) Ursachen
MOD-Score Mortalität (%) 4 Zugrunde liegende Ursache scheint eine intra-
renale Umverteilung des Blutflusses zuunguns-
0 0 ten der äußeren Rindenanteile zu sein: letztlich
1–4 1 RBF p und GFR p. Beteiligte Mediatoren:
5–8 3
TNF-α, Endothelin-1, Thromboxan A2, Leuko-
triene, NO.
9–12 25
Organdysfunktion Schweregrad
1 2 3 4
Niereninsuffizienz
Serumkreatinin (mg/dl) 1,2–1,9 2,0–3,4 3,5–4,9 >5
Urinproduktion (ml/Tag) <500 <200
478 Kapitel 24 · SIRS, Sepsis und Multiorganversagen
L Loss of muscle mass Kachektische Myopathie, Rhabdomyolyse (Daptomycin, Statine, …), sepsis-
24 assoziierter Muskelschwund
! Von der CIP müssen Myopathien nach Korti- 4 Vermeidung von BZ-Entgleisungen und Glu-
son- und längeren Muskelrelaxanziengaben kokortikoidgaben
(Steroidderivate) unterschieden werden! 4 Frühzeitige Mobilisierung und Vermeidung
vom Immobilisationen, intensive Physiothera-
jKlinik pie
4 Muskelatrophien (bei der CIM auch proximale 4 evtl. elektrische Muskelstimulation
Muskelgruppen betroffen) 4 Therapie anderer Erkrankungen o Differen-
4 bei der CIP distal betonte, schlaffe Paresen und zialdiagnose/Ausschluss von MUSCLES
Paraplegien aller 4 Extremitäten bei erhaltener (. Tab. 24.12)
Sensibilität o fehlende Muskeleigenreflexe 5 reine Myopathien, z. B. unter hoch dosierter
(MER) oder Hyporeflexie; selten Beteiligung Steroidtherapie (proximale Paresen, Atro-
der Hirnnerven (Fazialisparese oder inkom- phie der Muskelfasern vom Typ II)
plette Ophthalmoplegie) o dann schlechte 5 Polymyositiden (selten respiratorische In-
Prognose, meist Residuen suffizienz, Entzündungsparameter n, CK n)
4 Paresen der Thoraxmuskulatur und des Dia- 5 Myasthenia gravis (typisches Dekrement im
phragmas o respiratorische Insuffizienz und EMG-Muster und positiver Tensilon-Test)
prolongierte Weaningphase oder Lambert-Eaton-Syndrom (typisches
4 Denervierungszeichen von motorischen und Inkrement im Stimulations-EMG)
sensiblen Nervenfasern im distalen Bereich 5 Polyradikulitis Guillian-Barré (tritt vor der
(Fibrillationen und scharfe positive Wellen im respiratorischen Insuffizienz auf, NLG o
Nadel-Elektromyogramm) aufgrund axonaler Nachweis von F-Wellen, typischer Liquor-
Degenerationen bei der CIP o Nervenleitge- befund, Nachweis von IgG-AK gegen GM1-
schwindigkeit ist intakt, die Amplituden der Gangliosid)
evozierten Muskelpotenziale und sensorischen 5 spinale Ursachen (Hämatom, Abszess)
Nervenaktionspoteniale sind häufig erniedrigt; 5 zerebrale Ursachen (Intoxikation, zentrales
ggf. Normalbefund zu Beginn der CIP anticholinerges Syndrom = ZAS, Insulte,
Enzephalitiden etc.)
> Der beste Diagnosezeitpunkt für CIP ist 3 Wo-
5 Störung des Elektrolyt- und Spurenelement-
chen nach Beginn der Beatmungspflichtig-
haushalts (Hypophosphatämie, Hyper- und
keit bzw. nach Beginn der Intensivbehand-
Hypomagnesiämie, Hypokalzämie)
lung.
5 akute intermittierende Porphyrie (Kombi-
nation mit kolikartigen abdominellen
jTherapie Schmerzen)
4 symptomatisch: invasive Beatmung, (Früh-)
Tracheotomie, ggf. Vitamingabe der B-Reihe
Ausgewählte Literatur
481 24
Ausgewählte Literatur Bodmann KF, Grabein B, und die Expertenkommission der
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483 25
Lungenembolie
W. Zink
25
Anmerkung:
4 Einteilung orientiert sich am voraussichtlichen
Risiko, dass der Patient während der Akut-
25.1 · Thromboembolie
487 25
5 abnorme Wandbewegung des rechten
Ventrikels
5 rechtsventrikuläre Dilatation
5 paradoxe Septumbeweglichkeit
5 Trikuspidalklappeninsuffizienz
5 erhöhter pulmonalarterieller Druck
5 Stauung der V. cava inferior
5 dilatierte Pulmonalarterie
5 evtl. direkter Nachweis von Thromben im
rechten Herzen oder bei transösophagealer
echokardiographie Darstellung von Throm-
ben in den Pulmonalarterien
25
. Abb. 25.3 Diagnostischer Algorithmus für Hochrisikopatienten. (Aus Walther et al. 2009). MDSCT Multidetector-Spiral-
Computertomographie mit Darstellung der Pulmonalarterien, RV rechtsventrikuläre, CT Computertomographie. *1 Bei hoch-
gradig instabilen Patienten ist die Entscheidung zur Therapie allein durch echokardiographische indirekte Zeichen einer LE
(LV-Dilatation, RV-Hypokinesie, RV-Druckbelastung, paradoxe Septumbeweglichkeit, flottierende Thromben) möglich
. Abb. 25.4 Diagnostischer Algorithmus für Nicht-Hochrisiko-Patienten. (Aus Walther et al. 2009)
25.1 · Thromboembolie
489 25
. Tab. 25.2 Validierte Scores zur Ermittlung der klinischen Wahrscheinlichkeit einer LE
Prädisponierende Faktoren
Symptome
Einseitiger Beinschmerz +3
Hämoptyse Hämoptyse +1
Klinische Zeichen
Schmerz bei Palpation entlang einer tiefen +4 Klinische Zeichen einer TVT +3
Beinvene, einseitiges Ödem
Klinische Einschätzung
Klinische Wahrscheinlichkeit
LE unwahrscheinlich ≤4
LE wahrscheinlich >4
nes testspezifischen Grenzwertes liegt. Moderne einer D-Dimer-Erhöhung führen (z. B. Alter, DIC,
ELISA-Testkits haben eine Sensitivität von >95 % Infektionen, Sepsis, Karzinom, postoperativ in den
und eine Spezifität von ca. 40 %. Cut-off-Wert liegt ersten 4 Wochen, nach Trauma, Herzversagen, Nie-
bei 500 μg/l. Unter gerinnungshemmender Thera- renversagen, akutem Koronarsyndrom (nur leicht
pie ist eine D-Dimer-Bestimmung nach >24 h nicht erhöht), Vorhofflimmern (nicht Vorhofflattern),
mehr sinnvoll (meist schon wieder normale D-Di- Aortenaneurysma/-dissektion (deutlich erhöht),
mer-Spiegel)! Apoplex sowie bei Schwangerschaft und Sichelzell-
Bei positiven Testergebnis sollte zum Ausschluss krise)
einer Lungenembolie eine weiterführende, (bild- Die MDS-CT-Untersuchung hat die Ventila-
gebende) Diagnostik durchgeführt werden, da tionsperfusionsszintigraphie (Sensitivität nur ca.
eine Vielzahl von Erkrankungen und Faktoren zu 10 %) und die Pulmonalisangiographie als Gold-
490 Kapitel 25 · Lungenembolie
Alteplase (rtPA) 10 mg i.v. Bolus über 1–2 min, gefolgt von 90 mg über 0,6 mg/kg KG in 2 min i.v. (75 kg:
(Actilyse) 2 h (bei Gewicht <65 kg maximal 1,5 mg/kg) i.v. 45 mg Actilyse i.v.)
Pulmonale Hypertonie
(PAH) und akute Rechtsherz-
dekompensation
W. Zink
jDefinition
4 Rechtsherzdysfunktion: Zunahme der end-
diastolischen Füllung und Abnahme der Aus-
wurffraktion bei unverändertem Schlagvolu-
men (SV = EF × EDV)
4 Rechtsherzinsuffizienz: Zunahme der end-
diastolischen Füllung und Abnahme der . Abb. 26.2 Rechtsventrikuläre Ischämie aufgrund akuter
Auswurffraktion; zusätzlich Abfall des Schlag- Nachlasterhöhung
volumens.
4 Die akute Kompensationsfähigkeit des nicht-
adaptierten rechten Ventrikels des Menschen des rechten Ventrikels und Pumpversagen
endet bei einem pulmonalarteriellen Mittel- (. Abb. 26.2).
druck von 35–40 mmHg! 4 Eine intrapulmonale Widerstanderhöhung mit
Anstieg der rechtskardialen Nachlast kann
jZeitpunkt des Auftretens durch verschiedene Mechanismen ausgelöst
4 Auftreten einer Rechtsherzdekompensation sein (. Abb. 26.3).
zumeist postoperativen oder auf Intensivsta-
tion durch akute Rechtsherzbelastung (z. B.
Lungenembolie) bzw. Myokardischämie/ jDiagnostik
-infarkt. kKörperliche Untersuchung
4 Akutes Rechtsherzversagen kann nach Infarkt- 4 Belastungsdyspnoe
geschehen durch gute septale Kontraktion 4 Tachykardie
(teil-)kompensiert oder aber bei dessen Fehlen 4 rasche Ermüdbarkeit
ausgelöst werden (. Abb. 26.1). 4 Ejektionsklick, systolisches Strömungsgeräusch
4 Initiierung eines Circulus vitiosus bei akuter und enge Spaltung des 2. Herztons
Nachlasterhöhung mit konsekutiver Ischämie 4 evtl. Hepatomegalie und Stauungshepatitis
502 Kapitel 26 · Pulmonale Hypertonie (PAH) und akute Rechtsherzdekompensation
Milrinon Ggf. Bolus 50 μg/kg über 10 min, dann »Inodilatator«: Vasodilatation und Inotropie-
0,375–0,75 μg/kg/min steigerung
26
Enoximone Ggf. 0,5 mg/kg über 10 min, dann 5–20 »Inodilatator«: Vasodilatation und Inotropie-
μg/kg/min steigerung
NO 5–80 ppm
Treprostinil 15–30 μg
Neurointensivmedizinische
Krankheitsbilder
M. Fresenius
180 mmHg systolisch und 100–105 mmHg der Gesamtdosis als Bolus, die restlichen 90 %
diastolisch, sonst 160–180 systolisch und im Anschluss als Infusion über 60 min o si-
90–100 mmHg diastolisch. Keine schnelle gnifikant verbessertes klinisches Ergebnis nach
Blutdrucksenkung bei hypertensiver Ent- einem ischämischen Schlaganfall!
gleisung, Blutdruck in den ersten Tagen 5 je früher die Lysetherapie nach den ersten
nach Schlaganfall im hypertensiven Bereich Symptomen begonnen wird, desto geringer
halten! – die Krankenhaussterblichkeit (4 % relative
5 geeignete Medikamente Risikosenkung/15 min früherer Therapie),
– parenteral: Clonidin (0,15 mg s.c. oder – die Inzidenz symptomatischer, intrakra-
i.v.) oder Urapidil (5–25 mg i.v.) sowie zur nieller Blutungen (4 % relative Risikosen-
Langzeittherapie Urapidil, Dihydralazin kung/pro 15 min) und desto höher die
und Metoprolol Wahrscheinlichkeit, dass die Patienten
– oral: Ramipril (5 mg p.o.) oder Kalzium- ohne schwere Behinderungen überleben
antagonisten wie Nitrendipin (5 mg p.o.) und nach Hause entlassen werden (3 %
5 zu vermeiden: Nifedipin, Nimodipin und/ höhere Wahrscheinlichkeit/pro 15 min).
27 oder alle Maßnahmen, die zu einem drasti- 5 Kontraindikation für Lyse: Thrombozyten
schen Blutdruckabfall führen! <100.000/μl, BZ <50 oder >400 mg/dl, vor
4 Blutdruckkontrolle beim hämorrhagischen kurzem gastrointestinale Blutung, chirur-
Hirninfarkt: gischer Eingriff, Schlaganfall oder Hirntrau-
5 rasche Senkung auf Zielwerte: <140– ma, nicht gut einstellbarer Hypertonus (RR
160 mmHg systolisch (gemäß INTERACT- >185/110 mmHg) sowie Patienten mit sehr
2-Studie) schweren Infarkten (NIH Stroke Scale Score
5 EKG-Registrierung >25) und mit ausgedehnten Infarktfrühzei-
5 Monitoring der Körpertemperatur o anti- chen o Gefahr der sekundären Einblutung
pyretische Behandlung (Paracetamol oder 5 Nebenwirkungen: intrazerebrale Blutungen
Metamizol) bei Temperaturrhöhungen (Stammganglienblutung und Lobärblutung)
>37,5°C mit einer Letalität von 50 %
5 Monitoring des Blutzucker und der Elektro- 5 Für Krankenhäuser ohne die Möglichkeit
lyte o bei BZ >200 mg/dl Gabe von Insu- einer endovaskulären Therapie empfiehlt
lin i.v. sich ein sog. Bridging-Konzept. Nach
5 CCT innerhalb von 25 min nach Eintreffen Beginn einer i.v. Lysetherapie (evtl. in re-
zum Ausschluss einer intrazerebralen Blu- duzierter Dosis, z. B. 0,6 mg/kg KG rtPA)
tung, evtl. MRT mit Gradienten-Echo-Se- erfolgt eine sofortige Verlegung in ein
quenz bei rascher Verfügbarkeit und bei Zentrum zur Intervention (Pfefferkorn
Prozessen der hinteren Zirkulation. Bei kli- et al. 2010).
nischem Verdacht auf einen proximalen in- 4 mechanische Rekanalisierung durch Thromb-
trakraniellen Gefäßverschluss (NIHSS ≥10) ektomie bzw. endovaskuläre Rekanalisations-
evtl. CT- oder eine MR-Angiographie o verfahren, insbesondere bei proximalen intra-
dann mechanische Thrombektomie kraniellen Gefäßverschlüssen (proximale A.
cerebri media und Carotis-T) durch verschie-
kSpezifische Behandlung dene Systeme (Merci- und die neueren Trevo-
Beseitigung des Gefäßverschlusses beim ischämi- und Solitaire-Systeme) o Rate der frühen Re-
schen Schlaganfall (innerhalb von 60 min nach Ein- kanalisation n
treffen, »Door-to-Needle«-Zeit): Anmerkung: 3 Studien im Jahr 1013 konnten
4 systemische, intravenöse Lyse mit Alteplase keine Überlegenheit der Thrombektomie
(rtPA) seit 10/2011 im Zeitintervall bis 4,5 h gegenüber der systemischen Lyse aufzeigen
(ECASS-3-Studie) in einer Dosierung von (MR-RESCUE-, IMS-III- und SYNTHESIS-
0,9 mg/kg KG, maximal 90 mg insgesamt, 10 % Studie)!
27.3 · Neuromuskuläre Erkrankungen
513 27
4 offene Hämatomausräumung beim hämor- keit (von 80 auf 30 %) zeigen (DESTINY-,
rhagischen Hirninfarkt DECIMAL- und HAMLET-Studie).
5 Anhand der STICH-Studie konnte gezeigt 5 evtl. Osmotherapie bei Patienten mit Hirn-
werden, dass von einer Ausräumung des druck- und Herniationszeichen o 4×125–
Hämatoms nur solche Patienten profitieren, 250 ml Glycerol 10 % über 30–60 min oder
die eine oberflächlich gelegenen Hirnblu- 25–50 g Mannitol alle 3–6 h
tung aufweisen! Ansonsten wird ein kon- 5 evtl. externe Ventrikeldrainage und eine
servatives Vorgehen empfohlen. subokzipitale Dekompressionsbehand-
5 In den nächsten Jahren könnte die minimal- lung bei raumfordernden zerebellären
invasive Hämatomabsaugung bei Patienten Infarkten mit drohender Hirnstammkom-
>30 Jahre mit einer GCS ≥9 und einem in- pression
trazerebralen Blutvolumen von 25–40 ml an 5 allgemeine Maßnahmen bei Hirndruck:
Bedeutung gewinnen. Oberkörperhochlagerung (30°), ausrei-
chende Schmerzbehandlung, Normalisie-
kBehandlung nach akuten Schlaganfall/ rung der Körpertemperatur
Sekundärprophylaxe 4 kardiale Arrhythmien (VHF, VES, …) o Elek-
Komplikationen und zu ergreifende, prophylakti- trolytausgleich, Gabe von Antiarrhythmika
sche Maßnahmen sind: 4 Herzinsuffizienz
4 Dysphagie, Aspiration und Aspirationspneu- 4 Hyperglykämien Gabe von Insulin nach BZ
monie o Ernährung über transnasale Magen- 4 keine Empfehlung für eine moderate Hypo-
sonde (PEG hat keinen Vorteil! Evtl. PEG-An- thermie (32–33°C) bei raumfordernden supra-
lage bei Ernährungsdauer von >1 Monat), ge- tentoriellen Infarkten!
zielte und frühzeitige AB-Gabe bei Pneumo- 4 kein positiver Effekt von Kortikosteroiden in
nie. Die bakterielle Pneumonie ist eine der der Behandlung bei Patienten mit akutem
häufigsten Komplikationen bei Schlaganfall- ischämischem Schlaganfall!
patienten!
4 tiefe Venenthrombose und Lungenembolie
(bis zu 25 % der Patienten o Flüssigkeitsga- 27.3 Neuromuskuläre Erkrankungen
ben, Frühmobilisation und medikamentöse
Thromboseprophylaxe mit NMH s.c. jKlinik und Diagnostik
4 epileptischer Krampfanfall in 2–6,5 % der Fälle Klinik und Diagnostik neuromuskulärer Erkran-
o Gabe von Antiepileptika zur Vermeidung kungen sind in . Tab. 27.2 dargestellt.
wiederholter Anfälle für 3–6 Monaten (Lamot-
rigin und Levetiracetam als Medikamente der
ersten Wahl), keine prophylaktische Gabe von
Antiepileptika! (s. Kapitel 30)
4 Harnwegsinfekt(e) bei ca. 10 % der Patienten
o Antibiotikagabe für 3 Tage
4 Hirndruck bei raumfordernden Mediainfark-
ten (ca. 10 % aller supratentoriellen Infarkte)
o Durchführung folgender Maßnahmen:
5 frühzeitige Hemikraniektomie innerhalb
von 48 h nach Symptombeginn bei sich ent-
wickelnden malignen Mediainfarkten und
Patienten <60 Jahren durchgeführt werden
o Überlebenswahrscheinlichkeit n und
funktionelles Outcome n. 3 Studien bis
2013 konnten eine Reduktion der Sterblich-
514 Kapitel 27 · Neurointensivmedizinische Krankheitsbilder
. Tab. 27.2 Klinik und Diagnostik ausgewählter neuromuskulärer Erkrankungen. (Adaptiert nach Münster 2006)
Friedreich-Ataxie (Degenera- Ataxie, Atrophie sowie Schwäche und Spastik der Muskulatur,
tion der langen auf- und Dysarthrie, Nystagmus, hypertrophe Kardiomyopathie, Dia-
absteigenden Rückenmarks- betes mellitus und Herzrhythmusstörungen, Hohlfuß und
bahnen) Skoliose
Junktional Myasthenia gravis (Antikör- Im Laufe des Tages zunehmende Muskelschwäche, Doppel-
per gegen ACh-Rezeptoren, bilder, Ptosis
Ausschluss Thymone)
Positiver Tensilon-Test
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516 Kapitel 27 · Neurointensivmedizinische Krankheitsbilder
Schweres SHT GCS 3–8 Punkte Bewusstlosigkeit und Bewusstseinseintrübung >24 h oder
(3–8 %) >6 h mit Hirnstammläsion
GCS: Glasgow Coma Scale von Teasdale und Jennett (1974), 7 Serviceteil
Grad III Substanzschäden des Gehirns, Bewusstlosigkeit meist Tage bis Wochen, neurologische
(schwere Contusio cerebri) Ausfälle länger als 3 Wochen und bilden sich nur langsam, teilweise oder nicht zurück
kErweiterte Diagnostik
. Tab. 28.3 ICP-Einteilung
4 Röntgen des Schädels in 2 Ebenen
4 initiale, kranielle Computertomographie ICP [mmHg] Einteilung
(CCT); evtl. Verlaufs-CCT innerhalb von 8 h
bei bewusstlosen Patienten und/oder Verlet- 15–19 Leicht erhöhter Hirndruck
zungszeichen in der initialen CCT-Untersu- 20–29 Deutlich erhöhter Hirndruck
chung
30–39 Hochgradig erhöhter Hirndruck
4 Überprüfung einer primären Operations-
indikation: intrazerebrale Hämatome >30 ml,
Mittellinienverlagerung >5 mm, extrazerebrale
Hämatome >10 mm Schichtdicke 28.2 Neuromonitoring
4 Indikationsstellung zur Anlage einer Hirn-
drucksonde s. unten 28.2.1 ICP-Messung (. Tab. 28.3)
4 Kernspintomographie (MRT) o höhere Sen-
sitivität für umschriebene Gewebsläsionen und 4 normaler ICP: 5–15 mmHg, ca. 10 mmHg
wird bei Patienten mit neurologischen Stö- 4 kurzfristig kann der ICP bei Husten, Pressen
rungen ohne pathologischen CT-Befund emp- usw. auf Spitzenwerte von 50–80 mmHg an-
fohlen! steigen
4 biochemische Marker: Protein S-100 (Werte 4 die normale ICP-Kurve zeigt langsame respira-
>2,5 μg/l korrelieren mit einem schlechten torische und schnelle kardiale Schwankungen
Outcome (Tod, schwere Behinderung)
> Bei SHT sollte ein ICP <20 mmHg angestrebt
werden (Grad-E-Empfehlung).
520 Kapitel 28 · Intensivtherapie bei Schädel-Hirn-Trauma (SHT)
28
. Abb. 28.2 Klinischer Algorithmus der Arbeitsgemeinschaft Wissenschaftlicher Medizinischer Fachgesellschaften (AWMF)
zur Hirndrucktherapie
Ausgewählte Literatur
525 28
Zerebraler Perfusionsdruck
Beatmung
Kontrollierte Beatmung nach Intubation und Sedierung von Patienten mit einem A
schweren SHT
Kreislaufstabilisierung
Vermeidung von Hypotension (systolischer Blutdruck <90 mmHg) und Hypoxie (PaO2 A
<60 mmHg bzw. SaO2 <90 %)
ICP-Kontrolle
Hochdosisbarbiturattherapie C
Dekompressive Entlastungskraniotomie C
Kortikosteroide
Keine Anwendung von Kortikosteroiden und Magnesiumsalzen (weder für die Therapie A
noch für die Prophylaxe)
Antiepileptika
Internetadressen
http://ww.uni-leipzig.de/~kai/akneuro/start.htm
http://www.biawa.org/tbi.html
http://www.esmerel.org/specific/tbi.htm
http://www.trauma.org/neuro/
http://www2.braintrauma.org/
http://www.btf.org (Brain Trauma Foundation)
http://homepages.ed.ac.uk/gdm/ebic/
527 29
Therapie zerebraler
Krampfanfälle
M. Fresenius
Häufige einge- Carbamazepin* Tegretal 600 mg/d 1600 mg/d 200-mg-Tbl. m + MT, FE
setzte Medika- Timonil 2–3 ED
29.2 · Status epilepticus (SE)
Lamotrigin** Lamictal 200 mg/d 600 mg/d (2/5)/25/50/100/200-mg-Tbl. l (–) MT, FE, IGE
Lamo TAD Initial 1-mal
Später 2-mal
Levetiracetam*** Keppra 1.000 mg/d 3.000 mg/d 250/500/750/1000-mg-Filmtbl. s – MT, FE, IGE
100-mg/ml-Lösung (Add-on)
2 ED
Oxcarbazepin + Apydan extent 900 mg/d 2.400 mg/d 150/300/600-mg-Tbl. m (+) MT, FE
Timox 2 ED
Trileptal
Phenobarbital*** Luminal 100 mg/d 300 mg/d 100-mg-Tbl. l + MT, FE, IGE
200-mg-Amp.
2 ED
Topiramat TOPAMAX 100 mg/d 400 mg/d 25/50/100/200-mg-Tbl. m-l (–) MT, FE. IGE
Topiragamma 2 ED
29
29
532
Häufige einge- Valproinsäure*** Ergenyl 750 mg/d 2.000 mg/d 400-mg-Amp. m + MT, FE, IGE
setzte Medika- Convulex 150/300/500-mg-Tbl.
mente zur Lang- Orfiril 2–4 ED
zeittherapie
Zonisamid1 Zonegran 200 mg/d 500 mg/d 25/50/100-mg-Hartkaps. l – Add-on-FE
(Fortsetzung)
2 ED
Felbamat TALOXA 1200 mg/d 3600 mg/d 400/600-mg-Tbl. l + MT, nur LGS
Primidon Mylepsinum 750 mg/d 1500 mg/d 250-mg-Tbl. l + MT, FE, IGE
2–3 ED
MT: Monotherapie, Add-on: Zusatztherapie (Stand 01.01.08), FE: fokale Epilepsie, IGE: idiopathisch generalisierte Epilepsie, LGS: Lennox-Gastaut-Syndrom, ED: Einzeldosis
Titration: l: = langsame Titrationsgeschwindigkeit, m: mittlere Titrationsgeschwindigkeit, s: sehr rasche Titration möglich
** Kombination mit VPA (Enzymhemmer): besondere Vorsicht; Kombination mit Enzyminduktoren: Dosisverdoppelung möglich
*** Intravenöse Applikationsform möglich (Fosphenytoin ist in Deutschland und in der Schweiz zugelassen, aber – noch? – nicht im Handel)
+ Kann Anfälle bei IGE provozieren
# Anfallsprophylaxe während der Geburt: 10 mg Clobazam in 10- bis 12-stündigen Abständen
1 Zonisamid ist zur Zusatztherapie von Epilepsien mit fokalen und sekundär generalisierten Anfällen zugelassen
2 Rufinamid ist zur Therapie von Anfällen bei Lennox-Gastaut-Syndrom zugelassen
Ausgewählte Literatur
http://www.dgn.org/132.0.html
533
Herzinsuffizienz
W. Zink
jPathophysiologie
5 Klinische Parameter
4 primäre Einschränkung der kardialen Pump-
– Hohe Herzfrequenz
leistung
– Niedriger Blutdruck
4 konsekutive neurohumorale Anpassungs-
– NYHA-Stadium III-IV
vorgänge
– Aortenstenose
4 Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldoste-
– Untergewicht
ron-Systems, des sympathischen Nervensy-
– Schlafbezogene Atemstörungen
stems, verschiedener Zytokine, vasoaktiver
5 Elektrophysiologie
Substanzen o periphere Vasokonstriktion,
– Breiter QRS-Komplex
erhöhte myokardiale Inotropie und Chrono-
– LV-Hypertrophie
tropie sowie Zunahme des extrazellulären
– Komplexe ventrikuläre Arrhythmien
Flüssigkeitsvolumens mit erhöhter enddiasto-
– Niedrige Herzfrequenzvariabilität
lischer Vordehnung des Herzens (Frank-Star-
5 Belastbarkeit
ling-Mechanismus)
– Kurze 6-min-Gehstrecke
4 ansteigende Kapillardrücke mit der Konsequenz
– Verminderter Blutdruckanstieg unter
pulmonaler Stauung und peripherer Ödeme
Belastung
4 zunehmende Herzbelastung (»afterload«)
– Niedrige maximale O2-Aufnahme
durch erhöhten peripheren Widerstand
– Hohe VE/VCO2-Ratio
4 Arrhythmieneigung
5 Labor
4 Verschlechterung der koronaren Ischämie
– Hohes BNP und NT-proBNP
durch Katecholamineffekte auf Kontraktilität
– Hohes Noradrenalin
und Herzfrequenz
– Hyponatriämie
4 Förderung des Zelltodes von Myozyten durch
– Kreatinin, Harnsäure und Bilirubin erhöht
Angiotensin II und Katecholamine sowie pa-
– Anämie
thologischen Umbau (»remodeling«) des Myo-
5 Hämodynamik
kards
– Niedrige LVEF
4 Kompensationsmechanismen in der Initial-
– Erhöhtes LV-Volumen
phase . Abb. 30.1
– Hoher LV-Füllungsdruck
– Niedriges Herzzeitvolumen
jFormen
– Restriktiver Mitralfluss
4 im Hinblick auf die Lokalisation
– Eingeschränkte RV-Funktion
5 Linksherzinsuffizienz
5 Rechtsherzinsuffizienz
5 Globalinsuffizienz
4 im Hinblick auf den Blutfluss
5 Vorwärtsversagen
5 Rückwärtsversagen
538 Kapitel 30 · Herzinsuffizienz
NYHA AHA/ACC
I Keine Einschränkung der normalen kör- A Risikopatienten, keine funktionellen oder struk-
perlichen Arbeit turellen Schäden objektivierbar
o kein erhöhtes Anästhesierisiko
. Tab. 30.3 Klinisches Bild der Herzinsuffizienz. (Adaptiert nach Pötzl 2003)
4 Begrenzung des Alkoholkonsums (etwa ! Nach einer aktuellen Umfrage erhalten nur
1–2 Glas Wein/d), Alkoholabstinenz bei Ver- 17 % aller Patienten mit Herzinsuffizienz eine
dacht auf alkoholinduzierte Kardiomyopathie adäquate medikamentöse Therapie!
4 Nikotinkarenz
4 Pneumokokken- und jährliche Grippeimpfung > Die Anwendung der Angiotensin-Converting-
4 bei Schlafapnoe Nikotin- und Alkoholkarenz, Enzyme (ACE-Hemmer) führt zu einer Reduk-
bei zusätzlich deutlicher Adipositas Gewichts- tion der Mortalität in allen NYHA-Klassen!
reduktion
4 CPAP-Therapie bei obstruktiver Schlafapnoe
4 Beachtung depressiver Symptome, ggf. ent- 30.2.1 Einzelne Substanzgruppen
sprechende Therapieeinleitung
4 Bewegungstraining bei allen Patienten mit ACE-Hemmer (. Tab. 30.4)
stabiler chronischer Herzinsuffizienz 4 bei LVEF ≤40 % unabhängig von der Sympto-
4 regelmäßige moderate tägliche Aktivität bei matik
allen Patienten mit Herzinsuffizienz 4 verbessern die Symptomatik, Pumpfunktion
4 PDE5-Inhibitoren nie in Kombination mit und Prognose
Nitraten 4 Therapieeinleitung mit ACE-Hemmern:
4 keine Reisen in große Höhe (>2000 m), heißes 5 Nierenfunktion und Elektrolyte kontrollie-
oder feuchtes Klima ren (Kreatinin <2,5 mg/dl, K+ <5 mmol/l)
4 kurze Flüge günstiger als längere Reisen mit 5 Dosissteigerung nach 2–4 Wochen erwägen
anderen Transportmitteln; bei schwerer Herz- 5 keine Dosissteigerung bei Verschlechterung
insuffizienz können lange Flüge zu Dehydrata- der Nierenfunktion (Kreatininanstieg um
tion, peripheren Ödemen oder tiefen Venen- 50 % oder ≥3 mg/dl) bzw. Hyperkaliämie
thrombosen führen (5,0–5,5 mmol/l)
4 Nebenwirkungen:
jMedikamentöse Therapie 5 Hypotonie
Die medikamentöse Stufentherapie bei Herzinsuffi- 5 ansteigende Nierenretentionswerte und
zienz erfolgt unter der Berücksichtigung der Hyperkaliämie
NYHA-Klassifikation sowie der linksventrikulären 5 Reizhusten
Ejektionsfraktion (gemäß den Leitlinien der Euro-
pean Society of Cardiology 2012).
542 Kapitel 30 · Herzinsuffizienz
. Tab. 30.5 Angiotensin-Rezeptorblocker (ARB) bei . Tab. 30.6 β-Blocker bei Herzinsuffizienz
Herzinsuffizienz
β-Blocker Initialdosis Zieldosis (mg/d)
ARB Initialdosis Zieldosis (mg/d) (mg/d)
(mg/d)
Metoprolol 1-mal 12,5–25 1-mal 200
Valsartan 2-mal 40 2-mal 160
Bisoprolol 1-mal 1,25 1-mal 10
Candesartan 1-mal 4,0 1-mal 32
Nebivolol 1-mal 1,25 1-mal 10
Losartan 1-mal 12 1-mal 50
Carvedilol 2-mal 3,125 2-mal 25–50
4 Tedisamil: dosisabhängige Blockierung span- > Derzeit keine Evidenz, dass eine Thrombozy-
nungsabhängiger Kaliumkanäle (Kaliumkanal- tenaggregationshemmung/Antikoagulation
blocker) und damit Senkung der Herzfrequenz Sterblichkeit oder Inzidenz kardiovaskulärer
über eine Verlängerung der Aktionspotenzial- Ereignisse bei chronischer Herzinsuffizienz
dauer o MVO2-Reduktion via Senkung der und Sinusrhythmus vermindert!
Herzrate und Verlängerung der koronarwirk-
samen Diastolendauer Warnhinweise
4 Tolvapatan: ein Vasopressin-2-Antagonist zur Bei Herzinsuffizienz sind folgende Substanzen
oralen Therapie (4-mal 30 mg p.o./Tag) o zu vermeiden:
starke diuretische Wirkung, Natriumnormali- 5 Antiarrhythmika der Klasse I und III mit
sierung bei Hyponatriämie, allerdings derzeit Ausnahme von Amiodaron
keine Beeinflussung der Mortalität 5 nichtsteroidale Antiphlogistika
4 Nesiritide: humanes B-Typ-natriuretisches 5 Kalziumantagonisten (bekannte negativ-
Peptid o Vasodilatation im arteriellen und inotrope Wirkung kann zu einer Verstär-
venösen Gefäßsystem ohne inotropen Effekt, kung der Herzinsuffizienz und zu einer Zu-
Aldosteron p und Endothelin p, Diurese und nahme der Mortalität von Patienten mit
Natriurese n, Wirkbeginn: 15 min, HWZ: eingeschränkter systolischer Ventrikelfunk-
18 min; Dosis: 2 μg/kg KG Bolus, anschließend tion führen); Ausnahme: tachyarrhythmi-
0,01 μg/kg KG/min sches Vorhofflimmern
4 Ularitide: natürliches natriuretisches Peptid 5 Thiazolidinedione
5 Metformin
5 Cilostazol
30 30.2.2 Antikoagulation
5 Diuretikagabe (z. B. Furosemid, Torase- Basis o nach aktueller Datenlage keine ge-
mid) v. a. bei Volumenüberladung nerelle Empfehlung zum Einsatz dieser Sys-
– intermittierende Bolusgabe und kontinu- teme möglich (wenn Einsatz, dann mög-
ierlichen Infusion gleichermaßen effektiv lichst früh vor Ausbildung eines MOV!)
– hohe Initialdosis o schnelle Symptom-
> Bei der Behandlung der akuten Herzinsuffi-
besserung ohne negative Langzeiteffekte
zienz Diagnostik und Therapie parallel durch-
– Kombination von Schleifendiuretika mit
führen!
Nitraten bzw. Inotropika (7 Kap. 3) be-
sonders effektiv
5 zurückhaltender Einsatz von Βetablockern 30.2.4 Interventionelle Therapie
(evtl. bei Myokardischämie)
– Betablocker bei akuter Dekompensation Koronarrevaskularisation
einer chronischen Herzinsuffizienz erst 4 Bypassoperation empfohlen bei Patienten mit
nach Stabilisierung (nach ca. 4 Tagen) Angina pectoris und signifikanter Haupt-
5 Digitalisglykoside indiziert bei tachykar- stammstenose (Lebenserwartung von >1 Jahr,
diebedingter akuter Herzinsuffizienz, wenn guter funktioneller Status) o Reduktion der
anderweitig keine Frequenzkontrolle mög- Mortalität
lich ist 4 Bypassoperation empfohlen bei Patienten
5 Inotropika erst dann, wenn nach Vor- und mit Angina pectoris und Zwei- oder Drei-
Nachlastoptimierung (Volumen-/Diuretika- gefäßerkrankung inkl. proximaler LAD-
gabe bzw. Vasodilatatoren) noch periphere Stenose (Lebenserwartung >1 Jahr, guter
Hypoperfusion und/oder Lungenstauung funktionellen Status) o Reduktion der
30 bestehen (cave: Steigerung des myokardia- Hospitalisierungsrate sowie der kardiovasku-
len Sauerstoffverbrauchs!) lären Mortalität
– positiver Einfluss von Inotropika auf Mor- 4 alternativ: perkutane Koronarintervention bei
bidität und Mortalität bei akuter Herzin- Patienten, die für ein chirurgisches Vorgehen
suffizienz bislang nicht nachgewiesen nicht geeignet sind
– ESC-Leitlinie 2012: vorrangiger Einsatz 4 Bypassoperation und PCI nicht empfohlen bei
von Dobutamin bzw. Levosimendan; kein Patienten ohne Angina pectoris UND ohne
routinemäßiger Einsatz von Milrinon vitales Myokard
und Enoximon (7 Kap. 3) 4 Beachte: individuelle Indikationsstellung für
5 Einsatz von Vasopressoren nur in Ausnah- Bypassoperation oder Koronarintervention
mefällen (z. B. kardiogener Schock), wenn durch kardiologisch-kardiochirurgisches Ärz-
anderweitig keine hämodynamische Stabili- teteam (»Heart Team«)!
sierung möglich
– Noradrenalin als Mittel der Wahl Herzklappenoperation
4 nichtmedikamentöse Therapie 4 bei hochgradiger Aortenklappeninsuffizienz
5 frühzeitige Ultrafiltration o effektiver als 4 ggf. bei asymptomatischer hochgradiger
Diuretika bei Ödembekämpfung Aorteninsuffizienz und LVEF ≤50 %
5 intraaortale Ballonpumpe o Einsatz nach 4 bei hochgradiger (symptomatischer) Aorten-
gegenwärtiger Datenlage kontrovers disku- klappenstenose (mittlerer Gradient >40 mmHg)
tiert, da großen aktuellen Untersuchungen 4 bei asymptomatischer hochgradiger Aorten-
zu Folge ohne positive Auswirkungen auf stenose und LVEF <50 %
Outcome bei hoher Nebenwirkungsrate 4 ggf. Indikation zur TAVI (»transcatheter aortic
(Schlaganfälle, Blutungen) valve implantation«)
5 perkutan implantierbare ventrikuläre Unter- 4 in Einzelfällen bei symptomatischer, schwerer
stützungssysteme (7 Kap. 3), z. B. axiale funktioneller oder struktureller Mitralinsuffi-
Schraubenpumpen bzw. Systeme auf ECMO- zienz und deutlich reduzierter LVEF
30.2 · Therapie
547 30
4 bei hochgradiger Mitralinsuffizienz und LVEF fizienz (NYHA II-III) und EF ≤35 % trotz opti-
>30 % im Rahmen einer Bypassoperation maler Pharmakotherapie ≥3 Monate o Sen-
(möglichst Mitralklappenrekonstruktion) kung des Risikos für plötzlichen Herztod (bei
4 ggf. Indikation zur interventionellen Implanta- Lebenserwartung >1 Jahr)
tion eines Mitral-Clips 4 Sekundärprävention: Patienten nach hämody-
namisch relevanter ventrikulärer Rhythmuss-
Kardiale Resynchronisationstherapie törung o Senkung des Risikos für plötzlichen
4 Resynchronisierung des asynchronen Kontrak- Herztod
tionsablaufs der Ventrikel mittels mikroprozes-
sorgesteuerter Schrittmacher und spezieller Kardiale Unterstützungssysteme
Führungskathetersysteme, über die eine trans- 4 intraaortale Ballongegenpulsation (7 Kap. 3) o
venöse Sondierung des Koronarsinus und Einsatz nach gegenwärtiger Studienlage höchst
Positionierung der linksventrikulären Stimula- umstritten!
tionselektrode in einer lateralen oder postero- 4 linksventrikuläres (LVAD) oder biventrikuläres
lateralen Koronarvene und ein koordinierter (BIVAD) Unterstützungssystem bei ausgewähl-
Stimulationsprozess möglich sind ten Patienten mit terminaler Herzinsuffizienz
4 kardiale Resynchronisationstherapie indiziert trotz optimaler Pharmako- und Aggregatthera-
zur Verbesserung der Symptome, zur Sen- pie (7 Kap. 3) o Symptomverbesserung, Re-
kung der Hospitalisierungsrate und zur Verbes- duktion des Hospitalisierungsrisikos sowie der
serung der Überlebensrate bei Patienten mit Mortalität auf der Transplantations-Warteliste
Sinusrhythmus mit verbreitertem QRS-Kom- 4 Kurzzeitsysteme mit dem Ziel der (partiellen)
plex und persistierenden Symptomen (in der Myokarderholung (»bridge to recovery«),
Regel NYHA-Klasse II-IV) und einer redu- Langzeitsysteme als überbrückende Maß-
zierten EF trotz optimaler Pharmakotherapie nahme bis zur Transplantation (»bridge to
4 in aktuellen Studien z. T. signifikante Verbesse- transplant«)
rung der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit 4 in Frage kommende Patienten:
4 bei systolischer Herzinsuffizienz (NYHA II–IV, 5 persistierende schwere Symptomen >2 Mo-
LVEF ≤35 %) und Indikation für eine perma- nate trotz optimaler Medikamenten- und
nente Stimulation Aggregattherapie, und mehr als einem der
4 bei LVEF ≤35 %, breitem QRS-Komplex folgenden Kriterien:
(≥120 ms) und Sinusrhythmus und NYHA III– 5 LVEF <25 % und Peak-VO2 <12 ml/kg/min
IV unter optimaler Therapie o Reduktion von 5 ≥ 3 Hospitalisierungen innerhalb von 12
Morbidität und Mortalität Monaten ohne klare beseitigbare Ursache
4 Der Nutzen ist am deutlichsten bei Patienten 5 Abhängigkeit von einer i.v. Therapie mit
mit Linksschenkelblock-Morphologie und Inotropika
nimmt mit zunehmender QRS-Breite zu 5 progrediente Niereninsuffizienz und/oder
4 Unsicherer Nutzen bei bei Patienten mit eingeschränkte Leberfunktion aufgrund des
Rechtsschenkelblock-Morphologie bzw. Vor- reduzierten Perfusionsdrucks
hofflimmern 5 abnehmende rechtsventrikuläre Funktion
4 Kontraindikationen: Chen ZM, Pan HC, Chen YP et al. (2005) Early intravenous then
5 nicht sanierte Infektion oral metoprolol in 45,852 patients with acute myocardial
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5 signifikante Lebererkrankung Cotter G, Weissgarten J, Metzkor E et al. (1997) Increased
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or both. N Engl J Med 349:1893–1906
551 31
Hirntoddiagnostik und
Therapie des Organspenders
W. Zink
Morallet und Gaulon beschrieben erstmals beatme- 5 Ausfall des okulozephalen Reflexes
te Patienten, die nach persistierendem tiefem Koma (»Puppenkopfphänomen«)
einen Verlust aller neurologischen Funktionen und 5 des Kornealreflexes
der Spontanatmung hatten. Sie bezeichneten diesen 5 fehlende Reaktion von starken Schmerzrei-
Zustand als »coma depassé« um hervorzuheben, zen im Gesichtsbereich (Nervus trigeminus)
dass die zugrunde liegende neurologische Schädi- → bei tief komatösen (aber nicht hirntoten)
gung über den Zustand des Komas hinausgeht. Patienten führen solche Schmerzreize zu
erkennbaren Muskelzuckungen und unspe-
jDefinition Hirntod zifischen Reaktionen
4 Der Hirntod wird definiert als »Zustand der 5 Ausbleiben des Würge- und Hustenreflexes,
irreversibel erloschenen Gesamtfunktion des z. B. unter endotrachealem Absaugen
Großhirns, des Kleinhirns und des Hirn- 5 pathologischer »Apnoetest«
stammes«. Dabei wird die Herz- und Kreislauf- 4 Apnoetest: primär Beatmung mit reinem
funktion durch kontrollierte Beatmung und Sauerstoff, anschließend Reduktion der
entsprechende Kreislauftherapie noch künst- maschinellen Beatmung (Senkung von Atem-
lich aufrechterhalten. frequenz und/oder Tidalvolumen) und Induk-
4 Voraussetzung zur Feststellung des Hirntodes: tion einer Hyperkapnie infolge Hypoventila-
Nachweis einer schweren primären (Trauma, tion. Nachweis eines Anstiegs des arteriellen
Blutung) oder sekundären Hirnschädigung Kohlendioxidpartialdruckes auf mehr als
(Sauerstoffmangel des Gehirns als Folge von 60 mmHg durch arterielle BGA; Dokumenta-
Intoxikation, Reanimation nach Herzinfarkt). tion eines fehlenden Atemantriebs (sowohl
4 Durchführendes Team: zwei unabhängige klinisch anhand fehlender Thoraxbewegungen
Ärzte, die nicht dem Transplantationsteam an- als auch beatmungstechnisch anhand feh-
gehören dürfen und die gemäß den »Richtli- lender Triggerung von Atembemühungen am
nien zum Inhalt der Weiterbildung« über eine Respirator)
31 mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehand- 4 Wiederholung der klinischen Untersuchung
lung von Patienten mit schweren Hirnschädi- zum Nachweis der Irreversibilität der Hirn-
gungen verfügen müssen bzw. aus den Be- schädigung nach 12 h bei primärer Hirnschä-
reichen Neurochirurgie, Anästhesie oder Neu- digung und nach mindestens 3 Tagen nach
rologie kommen. sekundärer Hirnschädigung
4 Alternativ kann die 2. Untersuchung durch
apparative Zusatzuntersuchung ersetzt werden:
31.1 Hirntoddiagnostik 5 Feststellung nicht vorhandener hirnelektri-
bei Erwachsenen scher Aktivität mittels »Nulllinien-EEG«
5 Verlust von evoziertem Potenzal, z. B. erlo-
4 Nachweis erloschener Hirnfunktionen (Koma, schene akustisch evozierte Potenziale (AEP)
Areflexie, fehlender Atemantrieb). 5 Hirnperfusionsszintigraphie oder transkra-
4 Ausschluss folgender Faktoren: nielle Dopplersonographie zum Nachweis
5 Schockzustand des zerebralen Zirkulationsstillstandes
5 Unterkühlung
! Eine zerebrale Angiographie wird nicht mehr
5 Intoxikation
empfohlen! Für Kinder unter 2 Jahren gelten
5 Medikamentenüberhang oder Muskelrela-
besondere Algorithmen für die Hirntoddia-
xation
gnostik!
5 Stoffwechselentgleisungen
4 spezieller Nachweis von neurologischen Defi-
ziten:
5 fehlende Reaktion der Pupillen auf Licht-
einfall
31.2 · Therapie des Organspenders
553 31
31.2 Therapie des Organspenders
jOrganerhaltende Maßnahmen
4 bei Kreislaufinstabilität, Hypotension oder Hy-
povolämie:
5 großzügige Infusion kristalloider Lösungen,
z. B. 2500–4000 ml Vollelektrolytlösung
über 24 h
5 kontinuierliche Katecholamintherapie, z. B.
Noradrenalin 0,1–1 μg/kg/min
5 Desmopressin 2–4 μg alle 4–8 h
5 Hydrocortison 10 mg/h
4 bei Hyperglykämie: Insulinperfusor, nach
Blutzuckerwert 2–6 IE Insulin/h
4 bei Hypokaliämie: Substitution mittels KCl-In-
fusion nach Serumwert
4 bei Hypernatriämie: Furosemid (20 mg) +
Substitution mittels Glukose-5 %-Lösungen
. Abb. 31.1 Algorithmus zur Hirntodbestimmung 4 bei Hypothermie: externe Wärmung mittels
Gebläse oder Wärmedecken
> Als Todeszeitpunkt wird in Deutschland und 4 Ziel dieser Maßnahmen:
in der Schweiz der Zeitpunkt registriert, zu 5 Einhaltung eines mittleren arteriellen
dem Diagnose und Dokumentation des Hirn- Drucks von 70–110 mmHg, ZVD
todes abgeschlossen sind. Das Protokoll zur 7±2 mmHg, PCWP 10±2 mmHg, SVR 700–
Hirntoddiagnose gilt auch als Todesbeschei- 1000 dyn×s/cm5, CI 3,5–5 l/min×m² sowie
nigung. In Österreich gilt dagegen der Ein- einer ausreichenden Nierenfunktion (>1 ml/
tritt des Herz-Kreislauf-Stillstands als Todes- kg KG/h bzw. 100 ml/h)
zeitpunkt (. Abb. 31.1, . Abb. 31.2). 5 Aufrechterhaltung eines ausgeglichenen
Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushaltes
5 pulmonale Infektionsprophylaxe mit einem
Antibiotikum, z. B. Cephalosporine der
dritten Generation
554 Kapitel 31 · Hirntoddiagnostik und Therapie des Organspenders
31
Publikationen
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Internetadressen
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www.dso.de
557 32
Abdominelles Kompartment-
syndrom (AKS)
W. Zink
Herz Kompression der V. cava inferior o verminderter ve- Signifikante Reduktion des Herzzeitvolumens
nöser Rückfluss mit Senkung der kardialen Vorlast und Linksherzinsuffizienz o Ursache der
(»preload«), erhöhter intrathorakaler Druck mit Anstieg hohen Letalität des AKS!
der kardialen Nachlast (»afterload«) o SVR p
Niere Venöser Abstrom p mit arterieller Perfusion p Oligourie bei IAP 15–25 mmHg
GFR p
Intestinal- Portovenöse Stase und Reduktion des mesenterialen, Anaerober Stoffwechsel, Azidose, Freiset-
trakt hepatischen und mukosalen Blutflusses zung von toxischen Metaboliten und proin-
flammatorischen Zytokinen IL-1, IL-6, IL-8
und TNF-α o Erhöhung der Darmwandper-
meabilität
o Übertritt von Mikroorganismen in den
Pfortaderkreislauf (»bakterielle Transloka-
tion«)
Zerebraler Perfusionsdruck p
5Ileus jKlinik
5Aszites 4 Zunahme des Bauchumfangs
5Tumoren 4 prall-elastisch gespannte Bauchwand
5Blutungen, Hämatome 4 (reaktive) Darmatonie
4 sekundäres AKS (extraabdominell) 4 hoher Blasendruck (bei Blasendruck-
5 erzwungener Bauchdeckenverschluss messung)
5 Aorteneingriffe (abdominal) 4 Oligurie oder Anurie (in der Spätphase)
5 Bauchtucheinlage bei Blutung/Tamponade 4 kardiales Low-output-Syndrom
5 Kapnoperitoneum 4 Erhöhung des Beatmungsdrucks (in der Früh-
4 tertiäres AKS (chronisch) phase) und respiratorische Insuffizienz
560 Kapitel 32 · Abdominelles Kompartmentsyndrom (AKS)
. Abb. 32.1 Schematische Darstellung der pathophysiologischen Vorgänge bei AKS (beachte die gegenseitige Beeinflus-
sung im Sinne eines »Teufelskreises«). (Nach Ukegjini et al. 2013)
32
. Abb. 32.2 Auswirkungen des AKS auf die Organsysteme. (Nach Ukegjini et al. 2013)
32.1 · Grundlagen
561 32
Stumpfe oder penetrierende Bauchverletzungen Sepsis mit »capillary leak« Nach Bauchdeckenver-
Peritonitis Reperfusionsschaden mit Ödem schluss
Abdominelle Tamponade (Packing), Verbrennung Aus primärem und sekun-
Pneumoperitoneum Reanimation bei Polytrauma und därem AKS
Rupturiertes Bauchaortenaneurysma (BAA) Massivtransfusion Nach dekomprimierender
Beckentrauma Laparotomie
Retroperitoneales Hämatom
Forcierter Faszienverschluss
Massiver Aszites
Intraabdomnineller Tumor
. Abb. 32.3 Indirekte Messung des IAP mittels Blasenkatheter. (Nach Ukegjini et al. 2013)
4 Nach kompletter Blasenentleerung wird diese Desie N, Willems A, De Laet I et al. (2012) Intra-abdominal
wieder mit 25 ml steriler Kochsalzlösung auf- pressure measurement using the FoleyManometer does
not increase the risk for urinary tract infection in critically
gefüllt und die Messung vorgenommen
ill patients. Ann Intensive Care 2:1–10
4 ggf. intragastrale Druckmessung über spezi- Diaz JJ Jr, Cullinane DC, Dutton WD et al. (2010) The manage-
ellen Ballonkatheter ment of the open abdomen in trauma and emergency
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Iberti TJ, Lieber CE, Benjamin E (1989) Determination of in-
4 Optimierung der Beatmung (BIPAP mit
traabdominal pressure using a thransurethral bladder
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kapnie) logy 70: 47–50
4 ggf. Applikation von Glukokortikoiden (»capil- Kaplan M, Banwell P, Orgill DP et al. (2005) Guidelines for the
lary leak«) und Diuretika management of the open abdomen. Recommendations
from a multidisciplinary expert advisory panel. Wounds
4 frühzeitige dekompressive Laparotomie bei
17:1–24
hohem IAP (>25 mmHg) bzw. niedrigem IAP Kirkpatrick AW, Brenneman FD, McLean RF et al. (2000) Is
(<50 mmHg) und mindestens einer Organdys- clinical examination an accurate indicator of raised
funktion intra-abdominal pressure in critically injured patients?
4 offene Bauchbehandlung mit »open packing«, Can J Surg 43:207–211
Kron IL, Harman PK, Nolan SP (1984) The measurement of
Netzeinlage bzw. Vakuumverband
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4 abschließend frühelektive (innerhalb von 14 re-exploration. Ann Surg 199:28–30
Tagen) bzw. späte Rekonstruktion der Bauch- Kubiak BD, Albert SP, Gatto LA et al. (2010) Peritoneal negative
wand pressure therapy prevents multiple organ injury in a
32 chronic porcine sepsis and ischemia/reperfusion model.
! Ein sekundärer Bauchwandverschluss sollte Shock 34:525–534
erst durchgeführt werden, wenn der Blasen- Lui F, Sangosanya A, Kaplan LJ. (2007) Abdominal compart-
druck <10 mmHg beträgt! ment syndrome: clinical aspects and monitoring. Crit
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Internetadressen
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wsacs.org
565 33
Herzrhythmusstörungen
in der Intensivmedizin
W. Zink
jUrsachen
33.1 Bradykarde Rhythmusstörungen 4 . Tab. 33.1
Grad II (Typ Wenckebach) Zunahme des PQ-Intervalls, bis eine atrioventrikuläre Überleitung ausfällt, die Pause
bei der blockierten Überleitung ist kürzer als die doppelte PP-Zykluslänge
Grad II (Typ Mobitz) Einzelne Vorhofaktionen werden nicht auf die Kammer übergeleitet bei konstanten
PQ-Intervallen
4 transvenöser passagerer Schrittmacher zum Beweis des Gegenteils als ventrikuläre Tachy-
5 Vorschieben einer Stimulationselektrode kardie anzusehen ist.
über eine zentrale Vene (z. B. V. jugularis, EKG-Kriterien für das Vorliegen einer ventriku-
V. subclavia, V. femoralis) mittels Schleuse lären Tachykardie (VT) bei breitem QRS-Komplex:
in den rechtsventrikulären Apex (idealer- 4 QRS-Breite >140 ms (Rechtsschenkelblock,
weise unter Durchleuchtung, im Notfall RSB) bzw. >160 ms (Linksschenkelblock;
aber auch bettseitig möglich) LSB)
5 die Wahrnehmungsschwelle wird durch 4 RS-Intervall >100 ms in einer Brustwand-
eine schrittweise Erhöhung der Empfind- ableitung
lichkeitsschwelle mit einer eingestellten Fre- 4 negativer QRS in allen Brustwandableitungen
quenz unterhalb der Eigenfrequenz über- (negative Konkordanz)
prüft (z. B. 4–6–8–10 mV), bis der Schritt- 4 ventrikuläre Fusionsschläge oder Nachweis
macher die Eigensignale nicht mehr wahr- einer ventrikuloatrialen Dissoziation
nimmt und die Stimulation einsetzt. Eine
gute Empfindlichkeit liegen >8 mV
Einteilung der Tachykardien
5 Reizschwellentestung: mit absteigender
5 Supraventrikuläre Tachykardien (SVT)
33 Stromstärke wird mit einer Frequenz stimu-
– Sinusknoten-Reentry-Tachykardie
liert, die über der Eigenfrequenz liegt, bis
– AV-Knoten-Reentry-Tachykardie (AVNRT)
eine effektive Antwort des Ventrikels aus-
– Junktionale ektope Tachykardie
fällt
– Atrioventrikuläre Reentry-Tachykardie bei
5 Aggregateinstellung: der Schrittmacher
akzessorischer Leitungsbahn (AVRT)
wird jetzt auf die Wunschfrequenz im starr-
– Fokale atriale Tachykardie
frequenten oder im Demand-Modus (z. B.
– Sinustachykardie
70/min) eingestellt
– Atriale Makro-Reentry-Tachykardie
5 Elektrodenfixierung: die Elektrode ist auf-
– Vorhofflattern oder Vorhofflimmern
grund der mangelnden intramyokardialen
5 Ventrikuläre Tachykardien (VT)
Verankerung instabil → die Elektrode muss
– Monomorphe VT
deshalb in der Schleuse fixiert werden!
– Polymorphe VT
– »Torsade de pointes«
– Kammerflattern
33.2 Tachykarde Rhythmusstörungen
– Kammerflimmern
5 Fiebersenkung
. Tab. 33.4 Zeitliche Klassifikation des Vorhofflim-
mern
5 Reduktion endogener und exogener Kate-
cholaminspiegel
Klassifikation Klinik 5 Kontrolle der Schilddrüsenhormone
4 elektrische Kardioversion bei therapierefrak-
Paroxysmales Vorhof- Episodisches Auftreten, tärem tachykardem Vorhofflimmern und dro-
flimmern Dauer <7 Tage
hendem Kreislaufversagen. Unter Kurznarkose
Persistierendes Vorhof- Anhaltend, Dauer >7 wird eine R-Zacken-getriggerte Kardioversion
flimmern Tage, elektrische oder mit einer Energie von 50–200 J durchgeführt
medikamentöse Kardio-
version möglich
4 vor Kardioversion möglichst echokardiogra-
phischer Ausschluss von Vorhofthromben
Permanentes Vorhof- Anhaltend, keine Kardio-
oder 3-wöchige Antikoagulation bei länger
flimmern version möglich
bestehendem Vorhofflimmern (>48 h)
4 medikamentöse Kardioversion mit
5 Amiodaron (Cordarex) beim kritisch Kran-
gung und daraus resultierender mechanischer Dys- ken (Konversionsrate >80 %, HWZ: 18–
funktion beider Vorhöfe. Elektrokardiographisch 28 Tage, Dosis: 5 mg/kg KG i.v., anschlie-
sind die P-Wellen durch Flimmerwellen ersetzt, die ßend 900 mg/Tag kontinuierlich i.v.) oder
in Amplitude, Morphologie und Frequenz stark va- alternativ Dronedarone (Multaq = deio-
riieren (Vorhoffrequenz >350/min, Ventrikelfre- diertes Amiodaron 2×400 mg Filmtbl./Tag)
quenz durchschnittlich 130–150/min, vorwiegend 5 Ibutilide (neues Klasse-III-Antiarrhythmi-
in der V1-Ableitung). Die RR-Abstände sind unre- kum; Konversionsraten von 50–70 %, Dosis:
gelmäßig. Das Vorhofflimmern wird anhand er zeit- 1 mg über 10 min als Kurzinfusion, evtl. Re-
lichen Dauer in 3 Gruppen eingeteilt (. Tab. 33.4). petition nach 20 min bei Nichtansprechen);
Ibutilide zurzeit in Deutschland noch nicht
jKlinik erhältlich!
4 Palpitationen oder Schwindel bis hin zur aku- 5 Vernakalant (Brinavess) bei kurz bestehen-
ten kardialen Dekompensation bei fehlender den VHF, das ≤3 Tage nach kardiochirur-
Kammerfüllung gischen Eingriff bzw. ≤7 Tage bei chirur-
33 gischen Patienten besteht. Dosierung: 3 mg/
jTherapie kg KG über 10 min Kurzinfusion, evtl. Re-
4 entweder Herstellung eines Sinusrhythmus petition mit 2 mg/kg KG als Kurzinfusion
durch elektrische oder medikamentöse Kar- (500 mg Infusionslösung mit 4 mg/ml)
dioversion (cave: erhöhtes thrombemboli- – Kontraindikationen für Vernakalant: ACS
sches Risiko bei Vorhof(ohr)thromben bzw. bzw. Infarkt innerhalb der letzten 30 Tage,
Vorhofflimmern >48 h) oder schwere Aortenklappenstenose, syst. RR
4 Frequenzkontrolle mittels folgender Substan- < 100 mmHg, Herzinsuffizienz NYHA III
zen: bzw. IV, schwere Bradykardie oder AV-
5 β-Blocker (z. B. Metoprolol) oder Block höheren Grades bzw. QT-Verlänge-
5 Kalziumantagonisten (Verapamil, Diltia- rung
zem) oder – Wechselwirkungen von Vernakalant: Ver-
5 Digitalis → nur zur Akuttherapie! Bei per- längerung der atrialen Refraktärzeit und
manenten VHF kein Digoxinapplikation in Verzögerung der Überleitungszeit
der Langzeitherapie aufgrund höherer Mor-
talität! (Whitbeck et al. 2012) ! Die Klasse-1-Antiarrhythmika wie Propafe-
4 »Harmonisierung« des Patienten: non oder Flecainid sollten nur nach Aus-
5 Elektrolyt- und Volumenausgleich schluss einer strukturellen Herzerkrankung
(Kalium-/Magnesiumsubstitution) eingesetzt werden!
33.2 · Tachykarde Rhythmusstörungen
571 33
Die Nebenwirkungen aller Antiarrhythmika sind: jKlinik
proarrhythmogener Effekt mit Auftreten polymor- 4 abhängig von Herzfrequenz und kardialer
pher ventrikulärer Tachykardien oder Torsaden. Komorbidität: Schwindel, Palpitationen, Syn-
kopen und kardiale Ischämie und Dekompen-
Vorhofflattern sation
Definitionsgemäß ist Vorhofflattern eine durch 4 im EKG findet sich eine schmale Komplexta-
anatomische oder funktionelle Barrieren fixierte chykardie mit einer durchschnittlichen Herz-
Kreiserregung in den Vorhöfen mit regelmäßiger frequenz zwischen 150 und 220/min, oft ohne
oder unregelmäßiger Überleitung auf die Ventrikel. eindeutig erkennbare P-Welle.
Im EKG finden sich typische sägezahnartige ne-
gative Flatterwellen mit einer Frequenz von 250– jTherapie
300/min in den Ableitungen II, III, aVF sowie posi- 4 Akuttherapie mit Vagusmanöver, Karotis-
tive Flatterwellen in V1. Durch vagale Manöver oder druck (Ib-Empfehlung), Adenosinbolus
Adenosin-Bolusapplikation (Adrekar 6–27 mg) in (6 mg, bei ausbleibendem Erfolg 12 und
eine große Vene können die P-Wellen demaskiert 18 mg, ggf. auch noch höher dosiert) bei or-
und so die Diagnose gesichert werden. thodromer Überleitung oder bei antidromer
Die Überleitung auf die Kammer erfolgt in der Überleitung Ajmalin oder Flecainid oder Pro-
Regel in einem fixen Verhältnis (2:1-Überleitung pafenon
mit starrer effektiver Kammerfrequenz um 75/ 4 notfalls bei therapierefraktärer Tachykardie
min). Gefährlich ist eine 1:1-Überleitung mit ent- und hämodynamischer Intoleranz elektrische
sprechend hoher Kammerfrequenz. Kardioversion
jTherapie jEinteilung
Bei hämodynamisch stabilen Patienten Therapie- 4 genetisch determiniertes LQTS (selten)
versuch mit Amiodaron (Cordarex) 150–300 mg 4 erworbenes, medikamenteninduziertes LQTS
langsam i.v., alternativ Ajmalin (Gilurytmal) 50 mg aufgrund einer Polypharmakologie und der
langsam i.v. über 10–15 min bei fehlendem akutem Kumulation vieler Pharmaka bei eingeschränk-
Koronarsyndrom oder kardialer Dekompensation. ter Nierenfunktion
Internetadressen
Medikamenteninteraktionen: www.qtdrugs.org
575 34
Schock
W. Zink
entsprechend 2–4 mg i.v.) unter engmaschiger – AV-Block II. Grades Typ Mobitz
Atmungs- und Kreislaufüberwachung – AV-Block III. Grades
4 vorsichtige Analgosedierung bei intubierten – bifaszikulärer Schenkelblock mit alter-
und beatmeten Patienten nierendem Blockbild
4 Korrektur von Elektrolytstörungen (K+, Mg2+) – medikamentös therapierefraktärer rezidi-
4 Azidosekorrektur (Na-Bikarbonat 1 mmol/ vierender Sinusarrest >3 s
kg KG bei »base excess ≤10 mmol/l und pH 5 Die transvenöse Stimulation ist vorzuzie-
<7,25 unter der Voraussetzung von Normoxie hen, da die transkutane Stimulation
und Normokapnie; ersatzweise Trometamol schmerzhaft ist und ggf. Analgosedierung
[THAM, TRIS]) erfordert.
4 ggf. vorsichtige Erhöhung der Vorlast bei 4 Tachykardie:
Hypovolämie (ZVD <10 mmHg; PCWP 5 Supraventrikuläre Tachykardien können
<15 mmHg) durch Gabe von Kristalloiden. Da sowohl schmale als auch (bei intraventriku-
kein Richtwert für einen optimalen ZVD oder lärem Leitungsblock) breite QRS-Komplexe
PCWP bei Patienten mit eingeschränkter aufweisen, während ventrikuläre Tachykar-
linksventrikulärer Pumpfunktion existiert, ist dien stets durch breite QRS-Komplexe ge-
unter Volumengabe ein engmaschiges hämo- kennzeichnet sind.
dynamisches Monitoring erforderlich! 5 Diese Rhythmusstörungen sind im kar-
4 Absetzen einer vorbestehenden Medikation dialen Schock allesamt zu therapieren, wo-
mit Nitraten, β-Blockern, Ca-Antagonisten, bei die R-Zacken-getriggerte Kardioversion
ACE-Hemmern und Angiotensinrezeptor-Blo- (7 Kap. 34) vor einem medikamentösen
cker für die Dauer des Schockzustandes, um Therapieversuch mit Amiodaron (150–
eine Verstärkung der bestehenden arteriellen 300 mg langsam i.v. beim Erwachsenen)
Hypotonie zu vermeiden durchgeführt werden sollte.
4 ggf. ultraschallgesteuerte Drainage von Peri- 4 (Supra-)ventrikuläre Extrasystolie: 7 Kap. 34.
kardtamponaden und -ergüssen
4 ggf. unverzügliche Entlastung eines klinisch kInotropiesteigerung
(hypersonorer Klopfschall bei fehlendem 4 Der Einsatz positiv-inotroper Substanzen dient
Atemgeräusch) oder radiologisch gesicher- primär der überbrückenden hämodyna-
ten Spannungspneumothorax mit hämo- mischen Stabilisierung, wobei die Effizienz ei-
dynamischer Instabilität und Schock mittels ner Kombination aus mehreren Katecholami-
Thoraxdrainage in Bülau- oder Monaldi- nen bislang nicht belegt ist (7 Kap. 3, 7 Kap. 30).
34 Position 4 Positiv-inotrope bzw. vasokonstriktorische
4 Therapie des Myokardinfarkts (7 Kap. 23), Substanzen sollten erst bei einem persistie-
Therapie der Lungenembolie (7 Kap. 26). renden MAP von <60 mmHg trotz allgemeiner
Optimierung von Vor- und Nachlast sowie
kAntiarrhythmische Therapie Herzfrequenz zur Anwendung kommen.
> Grundsätzlich ist bei der Therapie des > Als Therapiegrundsatz gilt, dass positiv-ino-
kardialen Schocks eine Frequenzkontrolle trope Substanzen so gering dosiert und so
mit Sinusrhythmus anzustreben. kurz wie möglich angewendet werden sollen.
kels mit Rückfuhr in die Aorta ascendens oder dingte, IgE-unabhängige anaphylaktoide Über-
abdominalis. empfindlichkeitsreaktionen ausgelöst werden
4 Neuerdings stehen auch endovaskuläre Turbi- kann (sog. distributiver Schock).
nenpumpen zur Verfügung, die entweder per- 4 Klinisch ist es oftmals nicht möglich, beide
kutan (über ein Femoralgefäß) oder offen-chi- Formen voneinander zu unterscheiden.
rurgisch in den rechten oder linken Ventrikel
eingebracht werden. jPathogenese und Pathophysiologie
4 Mittel- bis langfristig nutzbare Systeme da- kIgE-abhängige Anaphylaxie
gegen sind implantierbar oder extrakorporal 4 Nach Erstkontakt durch Plasmazellen syntheti-
gelegen, biventrikulär einsetzbar und können sierte, allergenspezifische IgE-Antikörper bin-
bis zu 1 Jahr lang verwendet werden. den reversibel über ihren Fc-Anteil an Rezep-
4 Intraaortale Ballongegenpulsationspumpe toren von Mastzellen und Basophilen, wobei
(IABP) die Antigenbindungsstelle in den Extrazellu-
5 Der Einsatz der IABP führt bei Myokard- lärraum weist.
ischämie zu einer Steigerung der Koronar- 4 Bivalente spezifische Antigene können nun 2
perfusion (diastolische Augmentation!) bei zellständige IgE-Moleküle überbrücken und
gleichzeitiger linksventrikulärer Nachlast- dadurch die Freisetzung von Histamin, Leuko-
reduktion, was in einer Zunahme des HZV trienen und weiteren sog. primären Media-
ohne Anstieg des myokardialen Sauerstoff- toren triggern, die das klinische Bild einer ana-
verbrauchs resultiert. phylaktischen Reaktionen verursachen.
5 Einsatz der IABP nach gegenwärtiger Stu- 4 Die Klinik ist gekennzeichnet durch eine gene-
dienlage beim kardiogenen Schock bzw. pe- ralisierte Ödembildung durch erhöhte Gefäß-
riinterventionell höchst umstritten (keine permeabilität, ausgeprägte Vasodilatation und
Ourcomeverbesserung bei nicht unerheb- Bronchospasmus.
licher Komplikationsrate). 4 Sekundäre Mediatoren werden dagegen z. B.
4 Extrakorporale Membranoxygenierung von Eosinophilen, Neutrophilen sowie Throm-
(ECMO) bozyten ausgeschüttet und sollen im weiteren
5 Die ECMO vereint mechanische Kreislauf- Verlauf modulierend auf das Entzündungs-
unterstützung durch ein Pumpensystem mit geschehen einwirken bzw. für sog. Spätreak-
Oxygenierung des geförderten Blutes über tionen (6–12 h nach dem initialen Ereignis)
einen integrierten Membranoxygenator und verantwortlich sein.
kann daher beim kardialen Schock mit 4 Neben diesem klassischen Reaktionsmuster
34 schwerer Lungenfunktionsstörung einge- werden gelegentlich auch Immunreaktionen
setzt werden (7 Kap. 7). vom Typ III nach Coombs u. Gell beobachtet,
die charakteristischerweise bei Patienten mit
hereditärem IgA-Mangel z. B. im Rahmen von
34.3 Septischer Schock Bluttransfusionen auftreten.
> Der IgE-abhängigen anaphylaktischen Reak-
7 Kap. 25.
tion liegt eine immunologische Sofortreak-
tion vom Typ I nach Coombs u. Gell zugrun-
de, die bei bereits auf das Allergen (in der
34.4 Anaphylaktischer Schock
Regel bivalente Proteine; MG 10–70 kD)
sensibilierten Personen nach erneuter Expo-
jDefinition
sition auftreten kann.
4 Akute Verteilungsstörung des Blutvolumens,
die entweder durch IgE-abhängige, allergische,
klassisch-anaphylaktische oder aber durch
physikalisch, chemisch oder osmotisch be-
34.4 · Anaphylaktischer Schock
585 34
kIgE-unabhängige anaphylaktoide Reaktionen jDiagnostik
4 Bei IgE-unabhängigen anaphylaktoiden Reak- Die Diagnose ergibt sich aus den typischen klini-
tionen erfolgt die Mediatorfreisetzung aus schen Befunden im Zusammenhang mit einer vor-
Mastzellen und Basophilen antikörperunab- hergehenden Exposition gegenüber einem Antigen
hängig ohne vorausgehende Sensibilisierung, oder einem anderen Auslöser.
z. B. nach physikalischen (z. B. Kältereiz), os-
> Da in 20–30 % der Fälle keine eindeutige
motischen (z. B. Kontrastmittel) oder che-
Ursache erkennbar ist und Hauterscheinun-
mischen Reizen (z. B. Opiate) mit vergleich-
gen sowie Atemwegsobstruktionen fehlen
barem klinischem Bild.
können, sollte die Möglichkeit eines anaphy-
4 Neueren Erkenntnissen zufolge wird inzwi-
laktischen Schocks immer in die diagnosti-
schen auch die Fruchtwasserembolie als »ana-
schen Überlegungen mit einbezogen werden.
phylaktoides Syndrom der Schwangerschaft«
zu diesem Formenkreis gerechnet.
kInitiale Basisdiagnostik
jKlinik 4 Anamnese (Beginn und Dauer der Symptome,
4 klinisches Bild äußerst variabel und abhängig aktuelle Medikation, bekannte Allergien,
u. a. vom Eintrittsort des Antigens, der Ab- typische Auslösesituation)
sorptionsrate und dem individuellen Sensibili- 4 Beurteilung von Allgemeinzustand und
sierungsgrad Bewusstsein
4 Hauterscheinungen (>90 %) wie Pruritus, 4 Beurteilung von Hautveränderungen und
Flush und Erythem; in schweren Fällen auch Hautkolorit
Urtikaria und Angioödem (Synonym: 4 Inspektion der Mundhöhle (Ödeme!)
Quincke-Ödem; subkutanes Ödem) 4 Auskultation und Perkussion der Lunge
4 Blutdruckabfall, Tachykardie (bei fulmi- 4 initial nichtinvasive Blutdruckmessung
nantem Verlauf initial auch reflektorische 4 Erfassung von Pulsqualität und Herzrhythmus
Bradykardie) 4 Auskultation des Herzens
4 Atemwegsobstruktion sowohl extrathorakal 4 Pulsoxymetrie
(Ödeme im Larynx- und Pharynxbereich) als 4 kontinuierliche EKG-Ableitung
auch intrathorakal (Bronchialobstruktion) mit
Stridor und Heiserkeit kErweiterte diagnostische Maßnahmen
4 gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, 4 invasive Blutdruckmessung
Erbrechen, Durchfall, kolikartige Beschwer- 4 Messung von ZVD und SvO2 (ZVK!)
den, Harn- und Stuhldrang bzw. -abgang sowie 4 evtl. erweitertes hämodynamisches
(selten) Darmblutungen Monitoring
4 zerebrale Symptome wie Schwindel, Ver- 4 Flüssigkeitsbilanzierung durch Anlage eines
wirrtheit, Synkope, Krampfanfall und Bewusst- Blasenkatheters (Zielwert: Urinproduktion
seinsstörung ≥0,5 ml/kg KG/h)
4 allgemeine Laboruntersuchungen
> Das laryngeale Ödem ist die häufigste Todes-
5 arterielle/zentralvenöse Blutgasanalyse
ursache bei anaphylaktoiden Reaktionen und
5 Hb (cave: bei akuter Blutung kann
kann, ebenso wie die akute Schocksymptoma-
der Hb-Wert initial unauffällig normal
tik, einziges Symptom der Anaphylaxie sein!
sein!), Hkt
Das Intervall zwischen der Antigenexposition und 5 Gerinnungsstatus (INR- bzw. Quick-Wert,
dem Auftreten von Symptomen kann Minuten bis PTT, Antithrombin, Fibrinogen)
Stunden betragen. In schweren Fällen jedoch 5 kleines Blutbild (Thrombozytenzahl)
kommt es gelegentlich auch ohne Hauterscheinun- 5 Elektrolyte im Serum, Retentionsparameter
gen und Atembeschwerden unmittelbar zum (Kreatinin, Harnstoff), Glukose sowie Laktat
Schock (z. B. nach i.v. Applikation des Antigens). 5 ggf. Thrombelastogramm
586 Kapitel 34 · Schock
Physiologie
Kapitel 35 Physiologie der Atmung – 593
W. Zink
. Abb. 35.1 Trachea, Haupt-, Lappen-, Segmentbronchien. (Angabe der Segmentnummern sowie Längen- und Durchmes-
serangaben in Millimeter)
a
Volumen [l]
35.4.1 Closing volume und 5 Adipositas (FRC meist <CC, da bei Über-
Closing capacity gewicht ERV p)
5 Rauchen
4 Als Verschlussvolumen (»closing volume« = 4 Normalwerte für CV:
CV) wird das Lungenvolumen bezeichnet, bei 5 gesunder Jugendlicher: ≈10 % der Vital-
dem ein Kollaps der kleinen Luftwege beginnt. kapazität
4 Das CV ist abhängig von 5 65-jährige, gesunde Person: ≈40 % der
5 Lebensalter (mit zunehmendem Lebensalter Vitalkapazität
o CV n) 4 Die Verschlusskapazität (»closing capacity«,
5 Körperlage (Wechsel vom Stehen zum CC) ist die Summe aus »closing volume« (CV)
Liegen: CV n) und Residualvolumen (RV).
35.4 · Lungenvolumina und Lungenkapazitäten
599 35
4 Aus . Abb. 35.4 ist zu entnehmen, dass das (>1) besteht die Gefahr des Air trapping o
»closing volume« und das Residualvolumen Folge: intrapulmonale Shuntzunahme, Venti-
(Summe CC) im Laufe des Lebens konti- lations-/Perfusionsstörungen, Resorptionsat-
nuierlich an Größe zunehmen; während die elektasen.
totale Lungenkapazität (TLC) abnimmt!
4 Die CC liegt beim Lungengesunden oberhalb Bestimmung des »closing volume«
des Residualvolumens (RV) und ist in der ers- (. Abb. 35.5)
ten Lebenshälfte normalerweise kleiner als die 4 Fremd-Gas-Bolus-Test (FGB) o der Patient
funktionelle Residualkapazität (FRC) o atmet ein Inertgas (He, Ar, Xe) als Bolus ein
Grenzschwelle: 45.–50. Lebensjahr. 4 Single-breath-O2-Methode (SBM) o hier
4 Von Bedeutung ist das Verhältnis CC/FRC atmet der Patient 100 % O2 ein
o bei immer größer werdenden Quotienten
600 Kapitel 35 · Physiologie der Atmung
IRV ≈60
ERV ≈60
VC ≈50
TLC ≈40
FRC ≈30
Pleuradruck
4 Der intrapleurale Druck nimmt in Ruhelage von
oben nach unten im Stehen zu (–10 cmH2O auf
–2 cmH2O o Mittelwert von ≈–6 cmH2O).
4 Im Durchschnitt liegt der intrapleurale Druck
am Ende der Exspiration bei etwa 5 cmH2O
subatmosphärisch und am Ende der Inspira-
tion bei 8 cmH2O unterhalb des Atmosphären-
drucks.
4 Unter Spontanatmung ist normalerweise der
intrapleurale Druck während des kompletten
Atemzyklus negativ! Unter kontrollierter
Überdruckbeatmung kann der intrapleurale . Abb. 35.6 Statisches Druck-Volumen-Diagramm
Druck positiv werden.
35
. Abb. 35.8 Normale Flow-Volumen-Kurve . Abb. 35.10 Flow-Volumen-Kurve bei Tracheakompression
Beispiele für Kurvenverläufe bei bestimmten Venti- 4 sensibler Parameter für den Nachweis einer
lationsstörungen Mit Hilfe der Flow-Volumen- »small airway disease«, v. a. bei symptomfreien
Kurven lassen sich: Rauchern bei noch normaler FEV1!
4 die verschiedenen Ventilationsstörungen 4 ist der Quotient PEF/MEF50 >2, besteht eine
unterscheiden obstruktive Ventilationsstörung mit Verdacht
4 obstruktive Atemwegveränderungen durch auf exspiratorischen Bronchiolenkollaps
Bestimmung des mittleren exspiratorischen 4 ähnliche Ventilationsstörungen noch weiter
Flusses frühzeitig erkennen (MEF50 = Fluss differenzieren o der inspiratorische Spitzen-
nach Ausatmung von 50 % der FVC; Normal- fluss (MIF) dient zur Differenzierung zwischen
wert: 4,5–5,5 l/s) Lungenemphysem (MIF normal) und Asthma
35.6 · Berechnungen
603 35
35.6 Berechnungen
35.6.1 O2-Status
jDefinitionen
4 Hypoxie: paO2 p
4 Hypooxygenation: SaO2 p
4 Hypoxämie: caO2 p (= O2-Gehalt des Blutes p)
5 hypoxische Hypoxämie: paO2 p und SaO2 p,
normaler Hb-Wert o Störung der Lungen-
funktion oder Ventilation
5 anämische Hypoxämie: tHb p, normaler
paO2 und normale SaO2 o Blutung o
Anämie
. Abb. 35.11 Flow-Volumen-Kurve bei Restriktion 5 toxische Hypoxämie: fraktionierte SaO2 p o
COHb n oder MetHb n
bronchiale bzw. chronisch-obstruktiver Bron- 4 Ischämie: HZV oder Perfusion p, normaler
chitis (MIF vermindert) caO2
4 Die verschiedenen Formen der Hypoxämien
Veränderungen der Lungenvolumina, Lungenkapa- werden unterschiedlich toleriert: anämische
zitäten und Tests bei obstruktiven und restriktiven besser als hypoxämische, und diese wiederum
Lungenerkrankungen zeigt . Tab. 35.4. besser als toxische Hypoxämien.
Obstruktive VS Restriktive VS
1-Sekundenkapazität (FEV1) pp p
Residualvolumen (RV) n p
4 Die diagnostische Aussagekraft nimmt in fol- 4 Die fraktionelle Sättigung (SO2) gibt den An-
gender Reihenfolge zu: teil des oxygenierten Hämoglobins (HbO2) am
paO2 (Sauerstoffpartialdruck) < psO2 (Sauer- Gesamthämoglobin (einschließlich Dyshämo-
stoffsättigung) < caO2 (Sauerstoffgehalt) globin) an.
4 Der prozentuale Anteil des oxygenierten Hä-
moglobins (HbO2) am Oxy- und Desoxyhä-
35.6.2 O2-Bindungskapazität moglobin wird als partielle oder funktionelle
Sättigung (psO2) bezeichnet.
Die Hüfner-Zahl bezeichnet die Menge O2, die the-
oretisch maximal an 1 g Hb gebunden werden kann:
1,39 ml O2 pro 1 g Hb. 35.6.4 Arteriovenöse Sauerstoff-
Der Wert wird in den Lehrbüchern nicht ein- gehaltsdifferenz (avDO2)
heitlich angegeben o bei neueren Bestimmungen
mittels Blutgasanalyse wurden Werte von 1,34–1,36 4 avDO2 = caO2 – cvO2
ermittelt, da neben Desoxy-/Oxyhämoglobin auch 4 Normalwert: 5 ml/100 ml Blut
Met- und Carboxyhämoglobin existieren, die kaum 4 Eine avDO2-Veränderung >6 % weist bei kon-
Sauerstoff binden. Somit spiegelt die geringere Hüf- stantem Hb, konstantem Shunt-Volumen und
ner-Zahl das Verhalten des zirkulierenden Hämo- konstantem VO2 auf ein vermindertes HZV
globins exakter wieder. hin!
Die O2-Konzentration des Blutes (cO2) ergibt sich 4 O2-Ratio = (ca-vDO2/caO2) × 100
aus der Summe des an Hämoglobin chemisch ge- 4 Normalwert: 20–25 %
bundenen O2 und dem in den wässrigen Blutbe-
standteilen physikalisch gelösten O2.
4 chemisch gebundener O2 (ml/dl) = SO2 ( %) × 35.6.6 O2-Partialdruck (pO2)
cHb (g/dl) × 1,39 (ml/g)
4 physikalisch gelöster O2 (ml/dl) = pO2 Arterieller O2-Partialdruck: paO2
(mmHg) × O2-Löslichkeit (0,0031) in mmHg
4 Der paO2 bestimmt über die sog. O2-Bindungs-
Nach dem Henry-Gesetz ist das im Plasma gelöste kurve die zugehörige Sättigung des Hämoglo-
Gasvolumen direkt proportional dem Partialdruck bins (SaO2 in %).
35 des Gases 4 Der paO2-Wert unterliegt einer Altersabhän-
4 o 100 ml Blutplasma enthalten bei einem pO2 gigkeit und kann nach folgenden Formeln
von 100 mmHg 0,3 ml Sauerstoff in physika- berechnet werden:
lischer Lösung 5 Formel von Murray:
4 caO2 = SaO2 (%) × cHb (g/dl) × 1,39 (ml/g Hb) paO2 = 100,1 – (0,323 × Alter [Jahre])
+paO2 (mmHg) × 0,0031 (ml/mmHg/dl) 5 Formel von Reichel und Ulmer:
– für Männer: paO2 = 109,4 – 0,26 × Alter –
0,098 × IB; unterster Grenzwert: berech-
Normalwerte des cO2
neter Wert minus 14,1 mmHg
5 caO2 = 20,4 ml/dl (männlich) und 18,6 ml/dl
– für Frauen: paO2 = 108,86 – 0,26 × Alter –
(weiblich)
0,073 × IB; unterster Grenzwert: berech-
5 cvO2 = 15 ml/dl
neter Wert minus 15,1 mmHg, wobei IB
5 avDO2 = ca. 5 ml/dl
dem Broca-Index entspricht: IB = Ge-
wicht × 100/Länge – 100
35.6 · Berechnungen
605 35
4 ggf. von Konzentrationseffekten (N2O!)
. Tab. 35.5 paO2 und FIO2 bei lungengesunden Per-
sonen mittleren Alters pa CO 2
p A O 2 = (p B − pH 2O) × FO
l 2−
VCO 2
F IO 2 ≈paO2 in mmHg 2
VO
0,21 100 4 vereinfacht: pAO2 = pIO2 – (1,25 × paCO2)
0,4 235 4 bei Raumluft: pAO2 = (760 – 47 mmHg) × 0,21
0,6 378
– (40 mmHg/0,85) = ≈104 mmHg
4 pGas = pB × Gasanteil, z. B. O2 (trocken):
0,8 520
Barometerdruck von 760 mmHg × 0,21 =
1,0 663 159,6 mmHg
4 fraktionierter Gasanteil FAGas = Gaspartial-
druck/pB – pH2O × Vol.-%
4 zu erwartender paO2 bei Lungengesunden
(AaDO2 = 10 mmHg) mittleren Alters unter Die Partialdrücke der einzelnen Gase gibt . Tab.
verschiedenen FIO2-Größen 35.6 wieder.
4 Die Abhängigkeit des paO2 von der inspirato-
rischen Sauerstoffkonzentration (FiO2) zeigt
. Tab. 35.5. 35.6.7 Beurteilung des trans-
4 Der paO2 des Neugeborenen beträgt unter pulmonalen O2-Austauschs
Raumluft ≈40–60 mmHg.
Oxygenierungsindex (Horovitz)
Alveolärer O2-Partialdruck (pAO2)
pa O 2 (mmHg)
Der alveoläre Sauerstoffpartialdruck (pAO2) wird Oxygenierungsindex =
FO
i 2
von folgenden Faktoren beeinflusst:
4 Barometerdruck 4 wobei eine FiO2 von 100 % O2 = 1,0
4 inspiratorische O2-Konzentration o eine Er- 4 Normwerte: >450 mmHg
höhung der inspiratorischen Sauerstoffkonzen- 4 bei ALI: <300 mmHg
tration um 10 % führt bei Konstanz aller ande- 4 bei ARDS: <200 mmHg
ren Parameter zu einer Steigerung des pAO2
um ≈ 64 mmHg Alveoloarterielle Sauerstoff-
4 Sauerstoffverbrauch partialdruckdifferenz (AaDO2)
4 Herzzeitminutenvolumen o plötzlicher
AaDO2 (mmHg) = pAO2 – paO2
Abfall der Lungendurchblutung o primär
geringere pulmonale Sauerstoffaufnahme o 4 Bei der Beurteilung der AaDO2 muss die inspi-
pAO2 n ratorische Sauerstoffkonzentration (FiO2) be-
rücksichtigt werden!
. Tab. 35.6 Partialdrücke der Atemgase auf Meereshöhe (pB: 760 mmHg)
4 Normalwert: 10–20 mmHg bei Raumluft, 25– 4 paO2 <150 mmHg, dann
65 mmHg bei 100 % O2 (ccO2 − ca O2 )
QT = (ccO 2 − c vO 2 ) (Formel nach Berggren)
Qs
4 Neuere Untersuchungen geben auch unter rei-
nen Sauerstoffbedingungen einen korrigierten
AaDO2-Normalwert von 10–13 mmHg an wobei cvO2 der O2-Gehalt der Pulmonalarterie
(Korrektur der Liegezeit der Blutgasanalyse, (gemischtvenös) und ccO2 der O2-Gehalt der
des Spritzentypus und der Punktionstechnik Pulmonalkapillare (Abnahme bei geblocktem
[Aspiration von Luftblasen]). Ballon) ist.
Vereinfachte Formel für die AaDO2 bei Lungen- Schätzung der pulmonalen Shuntfraktion
gesunden unter Raumluftbedingungen: 4 nach Hessel: bei FiO2 = 1,0 und paO2
>150 mmHg
AaDO2 = 145 – (paO2 + paCO2)
AaDO 2 (mmHg)
4 Zunahme der AaDO2 infolge alveolokapillärer Shunt (%) =
Diffusionsstörung, Anstieg des intrapulmona- 20
len venoarteriellen Rechts-links-Shunts bzw. 4 nach Nunn: Bestimmung des Shunt-Anteils
Ventilations-/Perfusionsstörungen, intrakar- aus einem Nomogramm (. Abb. 35.12)
diale anatomische Shunts, langandauernde 4 Ab 25–30 % Shunt-Anteil bezüglich des HZV
hohe FiO2-Konzentrationen (Resorptionsat- bewirkt eine FiO2-Erhöhung fast keine Zu-
elektasen!). nahme des paO2 mehr!
4 Im Rahmen einer alveolären Hypoventilation
(respiratorisches Pumpversagen) ist der paO2 Sauerstoffangebot (DO2)
meist erniedrigt, der paCO2 erhöht und die
DO2 = caO2 (ml/dl) × HZV (l/min)
AaDO2 jedoch normal.
4 Normalwert: 800–1000 ml/min oder
Quotient nach Benzer 600 ± 50 ml/min/m² KOF
AaDO 2 2)
Sauerstoffaufnahme/-verbrauch (VO
pa O 2 4 nach dem inversen Fick’schen Prinzip:
4 von der FIO2 unabhängiger Index 2= avDO2 × HZV (l/min)
VO
4 Normalwert: 5 Normalwert: ≈250 ml/min
5 0,1–0,25 5 Mittels Pulmonalarterienkatheter (PAK)
5 >0,3 pathologisch kann durch Bestimmung der arteriove-
nösen Sauerstoffdifferenz (avDO2) und
35 Intrapulmonaler Rechts-links-Shunt des Herzzeitminutenvolumens der Sauer-
(QS/QT) stoffverbrauch (O2) berechnet werden.
4 Normalwert: 3–5 % des HZV (bedingt durch Das gemischtvenöse Blut muss dabei aus
den Zufluss von nichtoxygeniertem Blut über der A. pulmonalis und nicht mittels
die bronchialen Venen und Venae thebesii des ZVK aus der oberen Hohlvene entnommen
Herzens) sein!
4 paO2 >150 mmHg, dann 4 nach Kleiber:
2 = 10 × KG (kg)¾ (ml/min)
VO
Qs AaDO 2 ×0,0031
QT = AaDO 2 ×0,0031+avDO 2
Unter Annahme eines mittleren kalorischen Äqui-
wobei avDO2 = caO2 – cvO2 oder valents von 4,85 kcal/l O2 lässt sich der Energiebe-
darf anhand des Sauerstoffverbrauchs bestimmen:
Qs (pAO2 − pa O2 )×0,003
QT = (ca O 2 − c vO 2 ) + (p A O 2 − pa O 2 )×0,003 4 z. B. HZV = 6,4 l/min, avDO2 = 8 ml/100 ml
(= 80 ml/l)
35.7 · O2-Bindungskurve
607 35
auf die O2-Sättigung o paO2-Schwankungen wer- pulmonalen Speicher (= FRC von ca. 3000 ml
den hier schlecht und nur verzögert erfasst! beim Erwachsenen) mit reinem Sauerstoff auf-
Die Sauerstoffbindungskurve unterliegt folgen- gefüllt (Präoxygenierung) und gleichzeitig der
den Verschiebungen (. Tab. 35.7). Stickstoff aus der Alveole ausgewaschen wor-
den war (Denitrogenisierung) und ein weiteres
Bohr-Effekt Eindringen von exogenem Stickstoff in die
Verschiebung der O2-Bindungskurve durch Verän- Lunge verhindert wurde o simultaner paCO2-
derungen der H+-Konzentration und des pCO2 o Anstieg (bis auf 250 mmHg!)
Begünstigung der O2-Aufnahme in der Lunge und
O2-Abgabe ans Gewebe bzw. Azidose reduziert die
Affinität des Hämoglobins für O2. 35.8.1 Sauerstoffvorrat
m Linksverschiebung Rechtsverschiebung o
erhöhte Affinität bzw. schlechtere O2-Abgabe, p50* verringerte Affinität bzw. leichtere O2-Abgabe, p50*
erniedrigt erhöht
Temperatur p Temperatur n
Fetales Hämoglobin (HbF) und abnorme Hämoglobine Volatile Anästhetika (2–3 mmHg)
Anämie (um ca. 3,8 mmHg)
Hexokinasemangel Pyruvatkinasemangel
Hypokaliämie Hyperkaliämie
Hypernatriämie
*p50-Normalwert bei einer Temperatur von 37 °C, einem pH von 7,4 und einem BE von ± 0 beträgt 27 mmHg]
FAO2 (in %) paO2 (in SpO2 (in %) O2-Pool (in ml) = FRC × FAO2
mmHg)
Effektiver O2-Pool (ml) unter Hyperoxie, bis paO2 von 98 2250 1780 149
o 75 % (= Hypoxie) abgefallen ist
Effektiver O2-Pool unter Normoxie (ml), bis paO2 von 98 o 240 190 16
75 % (= Hypoxie) abgefallen ist
Ausgewählte Literatur
35
611 36
Wasser-, Elektrolyt-
und Säure-Basen-Haushalt
M. Fresenius
36.1.3 Osmolalität
. Tab. 36.1 Totales Körperwasser
Die Osmolalität ist die molare Konzentration aller
osmotisch aktiven Teilchen pro kg Wasser. Extra- Alter in Männer Frauen
Jahren (Anteil in %) (Anteil in %)
und Intrazellulärraum werden hauptsächlich durch
das osmotische Gleichgewicht extrazellulärer Na- 18–40 61 51
trium- und intrazellulärer Kaliumionen konstant
40–60 55 47
gehalten.
>60 52 46
36.1 · Wasserhaushalt
613 36
jIndikationen
. Tab. 36.2 Basis-Flüssigkeitsbedarf
4 Flüssigkeitsersatz bei Niereninsuffizienz mit
Pro kg ml/kg/h ml/kg/Tag Hyperkaliämie
4 Trägersubstanz zur Medikamentenverdünnung
1–10 kg 4 100 4 plasmaisotoner Flüssigkeitsersatz
11–20 kg 2 50
Dosierung
>20 kg 1 20
5 Basisflüssigkeitsbedarf und Ersatz von
geringeren Volumenverlusten
Kristalloide jIndikationen
4 Vollelektrolytlösungen: Na+ >120 mmol/l 4 Flüssigkeitsersatz bei isotoner und hypotoner
4 2/3-Elektrolytlösungen: Na+ 91–120 mmol/l Dehydratation
4 Halbelektrolytlösungen: Na+ 61–90 mmol/l 4 Verlust extrazellulärer Flüssigkeit
4 1/3-Elektrolytlösungen: Na+ <60 mmol/l 4 plasmaisotoner Flüssigkeitsersatz
Vollelektrolytlösungen Dosierung
Isotone Kochsalzlösungen (NaCl 0,9 %)
4 Na+ = 154 mmol/l, Cl– = 154 mmol/l (nicht 5 Basisflüssigkeitsbedarf und Ersatz von
physiologisch!) geringeren Volumenverlusten
4 Osmolalität: 308 mmol/l
614 Kapitel 36 · Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt
jKontraindikationen
. Tab. 36.4 Pädiatrische Fertiglösungen
4 Hypervolämie
4 Hyperkaliämie, Hyperkalzämie Päd-I-Lösung Päd-II-Lösung
(für Säuglinge und (für Kinder ab dem
Ringer-Laktat-Lösungen Kleinkinder bis 3. Lebensjahr)
4 Na+ ≈130 mmol/l, Cl– ≈112 mmol/l zum 2. Lebensjahr)
Malat 3 3
jIndikationen
4 Flüssigkeitsersatz bei isotoner und hypotoner
Dehydratation
4 Verlust extrazellulärer Flüssigkeit 4 Balancierte Lösungen:
4 plasmaisotoner Flüssigkeitsersatz 5 entsprechen weitgehend der Zusammenset-
zung menschlichen Plasmas.
Dosierung 5 physiologische Elektrolytkonzentrationen
(v. a. Na+, K+ und Cl–)
5 Basis-Flüssigkeitsbedarf und Ersatz von
5 Isotonie mit Osmolalität von etwa 280–
geringeren Volumenverlusten
300 mosmol/kg bzw. Osmolarität von etwa
280–300 mosmol/l
5 Laktat, Malat bzw. Azetat als Ersatz für das
jKontraindikationen sonst galenisch problematische HCO3–
4 Hypervolämie 5 Azetat: schnelle, weitgehend leberunabhän-
4 Hyperkaliämie, Hyperkalzämie gige Umwandlung in Bikarbonat unter ver-
4 Hyperlaktatämie, Hirndruck (nach Verstoff- bessertem unter verbessertem respiratori-
wechselung des Laktats ist die Lösung hypoton schem Quotienten und geringerem Sauer-
o Hirnödem nimmt zu!) stoffverbrauch.
4 Bei Blutverlust müssen Kristalloide im Verhält- 4 Keine iatrogenen Störungen des Elektrolyt-,
nis 4:1 infundiert werden: z. B. bei 500 ml Blut- Osmolalitäts- und Säure-Basen-Status durch
verlust o 2000 ml Kristalloide. balancierte Elektrolytlösungen o (theoreti-
36 sche) physiologische Vorteile, allerdings Ergeb-
Für die Infusionstherapie von Kindern stehen eige- nisse großer prospektiver, randomisierter Stu-
ne Infusionslösungen zur Verfügung (. Tab. 36.4). dien noch ausstehend!
Balancierte Elektrolytlösungen
4 Die Zusammensetzung von Infusionslösungen 36.1.7 Kolloide (Plasmaersatzmittel,
spielt für den Erhalt eines physiologischen ex- -expander)
trazellulären Milieus eine entscheidende Rolle.
4 »Ideale« Elektrolytlösung: iso-ionisch, iso-to- Unterscheidungsmöglichkeiten bezüglich:
nischen, iso-hydrischen und iso-onkotisch, mit 4 Volumeneffekt
Plasmabestandteilen in physiologischer Kon- 5 Plasmaersatzmittel: (Volumeneffekt = zuge-
zentration. führte Menge)
36.1 · Wasserhaushalt
615 36
jWechselwirkungen
4 Blutgruppenbestimmung nach Dextrangabe
erschwert
4 Vorgabe eines Dextranhaptens (MG: 1000)
seit 1982 (Promit) obligat! o neutralisiert
präformierte Antikörper o Dextrangabe 1–2
min danach, spätestens 20 min nach Promit-
gabe!
. Abb. 36.1 Molekularer Aufbau der Hydroxyethylstärke
Hydroxyethylstärke (. Abb. 36.1)
4 Von Amylopektin abgeleitetes Polysaccharid 4 Die anästhesiologischen Fachgesellschaften
(Hauptkette 1,4-α-glykosidisch vernetzt), ge- haben fast zeitgleich dazu aufgerufen, HES
wonnen aus Kartoffel- oder Getreidestärke. aktuell nur bei solchen Patienten nach Risiko-
4 Substitutionsgrad: Anteil der Glukoseein- Nutzen-Abwägung einzusetzen, die mit ander-
heiten, der mit Hydroxyethylgruppen besetzt weitigen Mitteln bezüglich der Hämodynamik
ist: ca. 40–70 % (0,4–0,7). nicht zu stabilisieren sind!
4 Substitutionsmuster: Verhältnis der in C2- und 4 Grundlage für diese Entscheidung waren
C6-Position substituierten Glukoseeinheiten; verschiedene Studien (. Tab. 36.6) und Meta-
das C2/C6-Verhältnis ist für die Metabolisie- analysen.
rungsrate von Bedeutung o C6-Verbindungen
werden durch die α-Amylase schneller ge- jPharmakologie
spalten als C2-Verbindungen bzw. ein hoher 4 Künstliche Kolloide besitzen eine unterschied-
C2/C6-Quotient bedeutet hohe Speicherrate liche Molekülgröße (»polydisoperse Lösun-
oder geringe Speicherung bei niedrigem C2/ gen«). Es werden die mittleren Molekülgrö-
C6-Quotienten. ßen (MG) der Präparate angegeben. Die Präpa-
4 Die intravasale Verweildauer und somit die rate können in 3 verschiedene MG-Klassen
klinische Wirkdauer ist abhängig von der Mo- (Dalton) eingeteilt werden:
lekülgröße und zusätzlich noch vom Substitu- 5 ca. 450.000–480.000 (1. Generation)
tionsgrad und dem Substitutionsmuster. Das 5 ca. 200.000 (2. Generation)
Molekulargewicht ist für den kolloidosmo- 5 ca. 130.000 (3. Generation)
tischen Druck und die Pharmakokinetik von 4 Renale Ausscheidung bis MG 50.000–70.000
Bedeutung! nach Spaltung durch die Serumamylase, größe-
4 Die initiale Volumenwirkung der Kolloide ist re Moleküle werden primär gespalten und
36 im Wesentlichen proportional der zugeführ- renal ausgeschieden, hochmolekulare Substan-
ten Kolloidkonzentration (6 % HES zen werden im RES für Monate bis Jahre ge-
200/0,5:100 % und 10 % HES 200/0,5: 145 %). speichert! (Nebenwirkungen Juckreiz bei
4 Die Hydroxyethylstärke ist entweder in 0,9 % HNO-Patienten mit Tinnitus nach größeren
NaCl oder in einer balancierten/plasmaadap- HES-Mengen).
tierten Trägerlösung suspendiert! 4 Osmolalität: 308 mosmol/l
4 Anmerkung: Der Ausschuss für Risiko-
bewertung im Bereich der Pharmakovigi- jIndikationen
lanz der Europäischen Arzneimittelagentur 4 Volumenersatz
(EMA) hat im Juni 2013 ein Ruhen der Zu- 4 Hämodilution
lassung von Hydroyethylstärkelösungen
beantragt!
36.1 · Wasserhaushalt
617 36
. Tab. 36.6 Übersicht der aktuellen Studien zu den Nebenwirkungen von HES
CHEST-Trial l (18 % n (7,0 vs. 5,8 %) Multicenter-RCT; n=7000; 0,9 %NaCl vs. 6 % HES 130/0,4
(Myburgh et al. vs. 17 % (unbalanciert!); Indikation für Volumenbolus
2012) 28 d/90 d) MAP<75 mmHg; ZVD <10 mmHg, HF>90/min,
Urin <0,5 ml/kg kg/h
ICU-und KH-Verweildauer gleich
Heterogene Population!
CRYSTMAS- l 28 d (31 % n (24,5 % vs. 20 %) Doppelblinde RCT; Patienten mit schwerer Sepsis (n=174);
Study vs. 25,3 %) 0,9 %NaCl vs. 6 %HES 130/0,4; keine Beeinflussung der
(Guidet et al. n 90 d (40,4 Gerinnung; geringerer Volumenbedarf und längerer
2012) vs. 33,6) Stabilisierung in der HES-Gruppe
90-Tage-Mortalität in der Kristalloidgruppe höher!
CRYSTAL* l 28 d l (5,8 %vs. 7,0 %) Multinationale RCT, Patienten mit schwerer Sepsis +
(2013/2014) p 90 d Hypovolämie (n=2857)
(30,7 % vs. Freie Gabe von Kristalloiden und Kolloiden;
34,2 %) Kristalloide = 0,9 %NaCloder Ringerlaktat/acetat
Kolloide = Albumin, Dextrane, Gelantine und HES
>50 % der Studienpatienten hatten 6 % HES 130 erhalten!
Keine doppelblinde Studie!
BASES-Studie n (23,9 % vs. 0,9 %NaCl vs. 6 % HES 130/0,4; Patienten mit schwerer
(2013) 18,5 %) Sepsis und septischen Schock; n=241
Dosierung
jNebenwirkungen
4 unspezifischer Dilutionseffekt
5 Maximal 33 ml/kg KG/Tag 4 Anstieg der Mortalität und der Rate an Nieren-
funktionsstörungen bzw. Nierenersatzverfah-
ren (HES 450/0,7 >HES 200/0,5 > HES 130/0,4)
jKontraindikationen 4 Beeinflussung der Thrombozytenfunktion, nur
4 bestehende Nierenfunktionsstörungen nach höheren Mengen (>1,5 l)
4 Sepsis 4 Verminderung des Faktor-VIII-Komplexes
4 Schädelhirntrauma sowie verstärkte Fibrinolyse nach größeren,
4 dekompensierte Herzinsuffizienz hochmolekularen HES-Mengen o Präpa-
4 bekannte Allergie rate mit MG ≤200.000 und Substitutionsgrad
618 Kapitel 36 · Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt
Hemohes 6 %
Hemohes 10 %
* Hämostaseologisch empfohlen
. Tab. 36.8 Balancierte HES-Lösungen und zum Vergleich die Zusammensetzung des Blutplasma
Tetraspan (Braun) Kartoffel 140,0 4,0 2,5 1,0 118,0 24,0/5,0 296
Vitafusal (Bernburg) Kartoffel 130,0 5,5 1,0 1,0 112,5 27,0/– 277
4 Des Weiteren wird im Rahmen der Sterilfiltra- 5 Die Wirkdauer kann durch die simultane
tion bei der Albuminherstellung das Komple- Gabe einer hyperonkotischen Lösung ver-
mentsystem und das Präkallikreinsystem (Ha- längert werden.
gemann-Faktor) aktiviert o Gefahr des 4 hyperton-hyperonkotische Lösung
»hypotensive syndrome«! 4 NaCl 7,2 % und hyperonkotische 6 % Dex-
4 Humanalbuminlösungen: isoonkotisch 5 % tran-70- oder 6 % HAES-200.000-Lösungen o
oder hyperonkotisch 20–25 % rasche Normalisierung des intravasalen Volu-
mens, Verbesserung der Mikro- und Makro-
jPharmakologie zirkulation
4 MG: 66.000 4 Selbstherstellung der hypertonen Elektrolyt-
4 HWZ: 19 Tage lösung:
5 250 ml NaCl 0,9 % o 85 ml entfernen und
jIndikationen durch
4 Hypoproteinämie 5 85 ml NaCl 20 % ersetzen o ≈250 ml NaCl
4 ggf. Volumenersatz bei Früh- und Neugebore- 7,39 %.
nen (NaCl-freies Humanalbumin) und Er-
wachsenen jWirkmechanismus
4 rasche Erhöhung der Plasmaosmolarität o
jKontraindikationen Einstrom von Flüssigkeit aus Gefäßendothel,
4 Nierenfunktionsstörungen Interstitium und Erythrozyten in den Intrava-
4 dekompensierte Herzinsuffizienz salraum
4 Verbesserung der Mikrozirkulation durch
jNebenwirkungen Reduktion des Endothelödems mit nachlast-
4 allergische Reaktionen seltener senkender Wirkung und gleichzeitiger Erhö-
4 Hyperonkotische Albuminlösungen (Human- hung des HZV durch erhöhte Vorlast (Volu-
albumin [HA] 20 %) sollten erst dann einge- meneffekt)
setzt werden, wenn bei intakter Endstrombahn 4 beim schweren Schädel-Hirn-Trauma o
das Dosislimit für künstliche Kolloide ausge- Reduktion des Hirndrucks
schöpft ist und der KOD nur so auf etwa 15– 4 erhöhte Scherkräfte induzieren wiederum eine
20 mmHg gehalten werden kann. Bei HA 5 % vermehrte NO-Freisetzung
mit einem KOD von 20 mmHg kann kein posi-
tiver Effekt auf den KOD des Plasmas erreicht jIndikationen
werden. 4 hämorrhagischer Schock
4 traumatisch bedingte Hypotension
4 septische Patienten (Anstieg von AaDO2)
36.1.8 Small volume resuscitation 4 Schädel-Hirn-Trauma-Patienten (ICP-Abfall)
36 und ggf. gefäßchirurgische Patienten
4 Der Begriff »small volume resuscitation« wur- 4 Patienten mit Hypotension und schwerem
de erstmals von G. Kramer (1984) verwendet. Schädel-Hirn-Trauma zeigen nach »small vo-
Hierunter versteht man die Mobilisierung in- lume resuscitation« ein verbessertes Outcome
terstitieller Flüssigkeit und Zunahme des intra- im Vergleich zur Ringer-Laktat-Infusionsthe-
vasalen Volumens durch die Gabe kleiner rapie.
Volumina hypertoner (hyperonkotischer) 4 . Tab. 36.9 gibt einen Überblick über die hy-
Lösungen. pertonen-hyperonkotischen Lösungen.
4 hypertone Elektrolytlösung
5 Alleinige Gabe von 7,2–7,5 %iger NaCl-Lö-
sung bewirkt nur einen positiven hämody-
namischen Effekt für ca. 30 min.
36.2 · Störungen des Elektrolythaushalts
621 36
Dosierung jTherapie
Das mval-Na+-Defizit berechnet sich:
5 3–4 ml/kg beim Erwachsenen (innerhalb 142 (mval/l) – Na+-Ist (mval/l) × kg KG × 0,1
von 2–3 min)
! Hyponatriämie mit normaler Plasmaosmola-
rität: o kein Natrium!
jNebenwirkungen
4 bei wiederholter Gabe gefährliche Hyper- Hypotone Hyperhydratation
natriämie und Hyperosmolarität (nach 250 ml 4 Hypoosmolarität (<270 mosmol/l), Hypo-
Serum-Na+-Anstieg um ca. 9 mmol/l) natriämie
4 Die in Deutschland eingesetzte HyperHAES-
Lösung hat eine Natriumkonzentration von jTherapie
1232 mmol/l und eine Osmolarität von 4 Diuretika
2464 mosmol/l! 4 Natrium, wenn Natrium <130 mval/l
4 Schnelle Infusion führt über erhöhte Prosta- (ab 130 mval/l kein Natrium mehr)
zyklinspiegel und einen Anstieg des 6-Keto- 4 evtl. Dialyse
PGF1a/Thromboxan-A2-Verhältnisses zu
einem Blutdruckabfall infolge einer Senkung Hypertone Hyperhydratation
des peripheren Widerstandes (keine myokar- 4 Hyperosmolarität (>320 mosmol/l), Hyper-
diale Depression). natriämie
jTherapie
36.1.9 Störungen des Wasserhaushaltes 4 Glukose 5 % + Diuretika
4 evtl. Dialyse
Hypertone Dehydratation
4 Hyperosmolarität (>320 mosmol/l)
4 Hypernatriämie 36.2 Störungen des Elektrolythaushalts
Serum-K+ n Serum-K+ p
jUrsachen jTherapie
4 Verlust an freiem Wasser größer als Zufuhr 4 Zufuhr von freiem Wasser in Form von Gluko-
4 exzessive Wasserdiurese se-5 %-Lösungen o langsame und nicht voll-
4 nach Hyperalimentation ständige Korrektur
4 nach Gabe von natriumhaltigen Medikamen-
ten (Penicillin, Bikarbonatlösungen, Sedierung
mit γ-Hydroxybuttersäure) 36.3 Säure-Basen-Haushalt
4 Diabetes insipidus
4 polyurisches Nierenversagen (in früherer Zeit 36.3.1 Blutgasanalyse
nach Methoxyflurananästhesien o ADH-
resistente Polyurie) Normalwerte für die arterielle, venöse, und kapillä-
4 ausgeprägte Perspiratio insensibilis re Blutgasanalyse sind aus . Tab. 36.11 zu entneh-
4 nach Verbrennungen men (. Tab. 36.12). . Tab. 36.13, . Tab. 36.14 und
. Tab. 36.15 geben die Laborkonstellation für die
jKlinik respiratorische Azidose, die respiratorische Alkalo-
4 Neurologische Störungen wie Unruhe, Schwä- se, die metabolische Azidose sowie die metaboli-
che, Verwirrtheit, gelegentlich Athetosen und sche Alkalose wieder.
choreiforme Bewegungen
4 trockene Schleimhäute, ggf. Durstgefühl
626 Kapitel 36 · Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalt
Therapie Primärursache
Therapie Puffersubstanzen
36
629 37
Blutgerinnung
M. Fresenius
IV Kalziumionen (Ca2+)
Rosenthal-Faktor
12 Fragen bezüglich der Gerinnung 5. Haben Sie den Eindruck, bei Schnitt- oder
(nach Strauß et al. 2006) Schürfwunden (z. B. Rasieren) länger nach-
1. Haben Sie bei sich selbst vermehrt Nasen- zubluten?
bluten ohne erkennbaren Grund festge- 6. Trat bei Ihnen bereits einmal eine verlän-
stellt? gerte oder verstärkte Nachblutung nach
2. Bekommen Sie leicht »blaue Flecken«, oder während Operationen auf (z. B. Man-
ohne sich anzustoßen? deloperationen, Blinddarmoperationen,
3. Haben Sie bei sich selbst Zahnfleischblu- Geburten)?
ten ohne erkennbaren Grund festgestellt? 7. Trat bei Ihnen eine längere und verstärkte
4. Treten Blutungen oder blaue Flecken mehr Nachblutung nach dem Ziehen von Zäh-
als 1- bis 2-mal pro Woche auf? nen auf?
6 6
634 Kapitel 37 · Blutgerinnung
PF3 Plättchenfaktor 3
Partielles Throm-
boplastin
Protein C 6 1,5–6 h
. Abb. 37.5 Übersicht der Thrombin- und Faktor-X-Inhibitoren. (Adaptiert nach Loew u. Riess 2012)
. Tab. 37.3 Übersicht der zugelassenen Indikationen (Thromboseprophylaxe) der niedermolekularen Heparine
+ = zugelassene Indikation
= fehlende Indikation
TVT: tiefe Beinvenenthrombose; AP: Angina pectoris; MI: Myokardinfarkt
der Thromboseprophylaxe sowie die Therapie- Apixaban (Eliquis) oral, Edoxaban (Lixiana)
empfehlungen zur Therapie der TVT ohne oral
und mit Lungenembolie und zur Therapie des 4 Antithrombin-abhängige Faktor-X-Inhibito-
akuten Koronarsyndroms. ren: Fondaparinux (Arixtra) subkutan, Dana-
37 4 Kumarine (Warfarin, Phenprocoumon) oral, paroid-Natrium (Orgaran) subkutan (auch ge-
Hemmung der vitamin-K-abhängigen Gerin- ringgradige, AT-vermittelte FII-Inhibition)
nungsfaktoren II, VII, IX und X
4 direkte Thrombininhibitoren: Dabigatran . Abb. 37.5 gibt eine Übersicht über medikamentö-
(Pradaxa) oral, Argatroban (Argatra) kontinu- se Möglichkeiten der plasmatischen Gerinnungs-
ierlich intravenös, Desirudin (Revasc) subku- hemmung, gegliedert nach parenteraler und entera-
tan und Bivalirudin (Angiox) intravenös ler Anwendungsform.
4 direkte, Antithrombin-unabhängige Faktor-X- . Tab. 37.5 und . Tab. 37.6 geben den Wirkme-
Inhibitoren: Rivaroxaban (Xarelto) oral, chanismus, die pharmakokinetischen Daten sowie
37.1 · Hämostase (Gerinnung, Gerinnungshemmung und Fibrinolyse)
637 37
. Tab. 37.4 Übersicht der zugelassenen therapeutischen Indikationen der niedermolekularen Heparine, bei TVT
ohne und mit Lungenembolie sowie bei akutem Koronarsyndrom
Tinzaparin Innohep 1 ml = + +
20.000 Anti- 20.000 Anti-Fxa IE 1-mal 175 Anti- 1-mal 175 Anti-
Fxa IE/ml Fxa U.E./ Fxa U.E./
kg KG kkg KG
+ = zugelassene Indikation
= fehlende Indikation
TVT: tiefe Beinvenenthrombose; AP: Angina pectoris; MI: Myokardinfarkt
Thrombozytäre Gerinnungshemmung . Abb. 37.6 zeigt einen Überblick über die throm-
Thrombozytenaggregationshemmer werden einge- bozytären Rezeptoren.
setzt Zur Hemmung der Thrombozytenaggrega-
4 zur Thromboseprophylaxe bei Risikopatienten, tion kommen folgende Substanzen zum Einsatz:
4 nach Splenektomie mit reaktiver Thrombozy- 4 Thromboxan-A2-Inbibitoren wie Acetylsali-
tose, cylsäure (ASS100)
4 in der Therapie des akuten Koronarsyndroms, 4 P2Y12-ADP-Rezeptorantagonisten wie Clopi-
zur Vermeidung der häufig letal verlaufenden dogrel (Plavix), Prasugrel (Efient) und Ti-
Stentthrombose cagrelor (Brilique)
638 Kapitel 37 · Blutgerinnung
Gruppe Thrombininhibitoren
Prodrug Ja Nein
Orale Bioverfügbar- 6,5%* Nur i.v. Gabe Nur i.v. Gabe Nur s.c. Gabe
keit
P-gp-Substrat Ja**
CYP-3A4-Substrat Nein
Besonderheit 10 % Dyspepsie
Dosis Beginn 1–4 h nach 0,1 mg/kg KG 0,5–2 μg/kg/min i.v. 2×15 mg s.c.
Operation mit Bolus + 0,25 mg/ nach aPTT 1,5- bis
110 mg p.o. kg KG/h bis zu 3-fach bzw. <100 s
Ab. 2 Tag 220 mg p.o. 72h
für 10 Tage (Knieope-
ration) oder 28–35
Tage (Hüftoperation)
Gruppe Thrombininhibitoren
P-gp = Effluxtransporter-P-Glykoprotein, der sich in der Plasmamembran des Enterozyten befindet und die Substanz
aktiv wieder ins Darmlumen befördert. Hierdurch sinkt die Resorptionsrate und somit der Wirkspiegel!
ACS: akutes Koronarsyndrom, PCI: perkutane Koronarintervention, TP: Thromboseprophylaxe, VHF: Vorhofflimmern
* PPI vermindert die Resorption von Dabigatran
** Beeinflussung der Dabigatranresorption durch den Effluxtransporter-P-Glykoprotein (P-gp), der wiederum durch
Verapamil, Amiodaron, Clarithromycin, Chinidin sowie Ketoconazol gehemmt wird (Wirkspiegel im Blut erhöht sich!)
und durch Rifampicin induziert wird (Wirkspiegel im Blut sinkt!).
Gruppe Faktor-X-Inhibitoren
P-gp-Substrat Ja Ja
640 Kapitel 37 · Blutgerinnung
Gruppe Faktor-X-Inhibitoren
CYP-3A4-Substrat Nein Ja Ja
Interaktion mit
Azol-Antimykotika
Besonderheit AT-III-vermittelt
Kein HIT-Risiko
Hohe Stent-Throm-
boserate nach PCI
Dosis Prophylaxe: 2,5 mg 1×10 mg/d zur vTE- 2×2,5 mg/d zur 2-(3) x 750 IE
s.c. 6 h postopera- Prophylaxe vTE-Prophylaxe
tiv bis Tag 33 2×15 mg/d zur vTE- 2×5 mg bei VHF
Therapie der Therapie; 6–8 h post-
NSTEMI bzw. operativer Beginn
STEMI: 2,5 mg s.c. 1×20 mg/d bei VHF
Zulassung
Orthopädische + + + +
venöse Thromboem- bei elektiven Hüft- wenn Heparin kontra-
bolieprophylaxe und Kniegelenkersatz indiziert ist
Internistische Throm- + – – +
boembolieprophylaxe wenn Heparin kontra-
indiziert ist
Therapie der + + – +
Thrombose wenn Heparin kontra-
indiziert ist
Vorhofflimmern – + + –
ACS + – – –
Mechanische Herz- – – – –
klappe
P-gp = Effluxtransporter, der sich in der Plasmamembran des Enterozyten befindet und die Substanz aktiv wieder ins
Darmlumen befördert. Hierdurch sinkt die Resorptionsrate und somit der Wirkspiegel!
37.1 · Hämostase (Gerinnung, Gerinnungshemmung und Fibrinolyse)
641 37
4 Glykopeptidrezeptor-IIb/IIIa-Antagonisten Plasminogenaktivatoren
wie Abciximab (Reopro), Tirofiban (Aggra- 4 t-PA (Gewebsplasminogenaktivator) aus der
stat), Eptifibatid (Integrilin) Endothelzelle
4 physiologische Substanzen und Medikamente
. Abb. 37.7 zeigt einen schematischen Überblick (Urokinase, Streptokinase, rt-PA) u. a.
über Möglichkeiten der medikamentösen, thombo-
zytären Gerinnungshemmung. Die Normwerte und Bewertungen der einzelnen
. Tab. 37.7 gibt den Wirkmechanismus, die Gerinnungstests sind in . Tab. 37.8 zusammenge-
pharmakokinetischen Daten sowie Indikation und stellt.
Zulassungsstudien der Thrombozytenaggrega-
tionshemmer wieder. Fibrinolysehemmung
Die Hemmung der natürliche Fibrinolyse erfolgt
durch folgende Komponenten:
37.1.4 Fibrinolyse 4 α2-Antiplasmin
4 α2-Makroglobulin
4 Die Fibrinolyse verhindert ein übermäßiges 4 Plasminogen-Aktivator-Inhibitor (PAI-1)
Anwachsen des Blutgerinnsels und verursacht
seine Auflösung. Hyperfibrinolyse
4 Plasminogen wird unter der Einwirkung von ! Bei diffuser postoperativer Blutungsneigung
Plasminogenaktivatoren zu Plasmin, dem zen- nach einer vorausgegangenen kurzen, guten
tralen proteolytischen Enzym der Fibrinolyse Gerinnungsphase bei sonst normalen plas-
umgewandelt. matischen Gerinnungstests und normwerti-
gen Thrombozytenzahlen und Funktion, soll-
te an eine Hyperfibrinolyse gedacht werden!
642 Kapitel 37 · Blutgerinnung
Gruppe Thrombozytenhemmer
CYP2C19
Proteinbindung 98 % >99 %
37.1 · Hämostase (Gerinnung, Gerinnungshemmung und Fibrinolyse)
643 37
Gruppe Thrombozytenhemmer
Studie ATC 2002 vs. Place- CURE, PCI-CURE, TRITON TIMI PLATO vs. Clopi-
bo CREDO, COMMIT 38 vs. Clopi- dogrel
dogrel
PTZ I Thrombin
PTT I II V X VIII IX XI XII Plättchenfaktor III
Quick I II V X VII Gewebefaktor III + Ca2+
37
37.1 · Hämostase (Gerinnung, Gerinnungshemmung und Fibrinolyse)
647 37
jLaborwerte
4 Fibrinogen niedrig
4 D-Dimere hoch
4 sekundärer Abfall des Plasminogens
4 Hyperfibrinolysenachweis im ROTEM: Abfall
des MCFEXTEM-Wertes innerhalb von 60 min
um >15 % oder Verkürzung der CFT im AP-
TEM-Test gegenüber EXTEM-Test
jTherapie
4 Gabe von Antifibrinolytika: Tranexamsäure
(Cyklokapron) 15–30 mg/kg KG i.v. (1–2 g i.v.)
37.1.5 Thrombozytenfunktionstests
. Abb. 37.9 Thrombelastogramme. a Normal, b Hämophilie, b1 schwere Hämophilie, b2 leichte Hämophilie, c Thrombozyto-
penie, d Fibrinolyse, e Hyperkoagulabilität, f erhöhte Fibrinolyse, g erhöhte Gerinnung mit erhöhter Fibrinolyse
648 Kapitel 37 · Blutgerinnung
37
. Abb. 37.11 Schematische Darstellung der Messung mit dem Rotationsthrombelastometer (ROTEM-Analyzer)
37.1 · Hämostase (Gerinnung, Gerinnungshemmung und Fibrinolyse)
649 37
HEPTEM Heparineffekt Zugabe von Heparinase o Detektion von Heparin als Ursache
einer Hypokoagulabilität!
»Coagulation time« 110–173 38–79 Entspricht der initialen Thrombin- und Fibrinbildung
(CT) [s] Abhängig von der Konzentration der Gerinnungsfak-
toren und Inhibitoren
»Clot formation 34–108 34–159 Zeit, die notwendig ist, um eine Gerinnselfestigkeit von
time«(CFT) [s] 20 mm zu erreichen
Abhängig von der Konzentration der Gerinnungsfak-
toren/Inhibitoren, aber auch von der Fibrinogenwirkung
Maximale »clot firm- 50–72 50–72 ≥8 Physiologischerweise kann die Gerinnselfestigkeit nach
ness« (MCF) [mm] >45 min wieder geringfügig abnehmen (<15 % der MCF)
Abhängig von der Funktion und der Zahl der Thrombo-
zyten, von der Konzentration des Fibrinogens und des
Faktor XIII
MCF <40 mm: verstärkte Blutungsneigung
MCF <35 mm: Gefahr der diffusen intraoperativen Blu-
tungsneigung
Cave: Ist die MCF sowohl im INTEM als auch EXTEM
erniedrig und der FIBTEM >10 mm (ausreichende Fibri-
nogenkonzentration), so sollten Thrombozyten substi-
tuiert werden!
Normalwerte können aus . Tab. 37.9 und . Tab. > Unterschiedliche Messergebnisse für arteriel-
37.10 entnommen werden. les und venöses Blut! Am besten immer arte-
. Abb. 37.11 gibt schematisch eine ROTEM- rielles Zitratblut verwenden!
Messung wieder.
Eine zu späte Korrektur von hämostaseologi- ROTEM erfasst nicht :
schen Störungen geht mit einem gesteigerten Blut- 4 Thrombozytenaggregationshemmer (ASS,
verlust und Transfusionsbedarf einher o Ziel ist Plavix, Iscover, ...)
daher eine frühe Diagnostik und eine zeitgerechte 4 Marcumar, NMH, Fondaparinux, Dana-
und bedarfsgezielte Substitution mit Gerinnungs- paroid, …
faktoren!
650 Kapitel 37 · Blutgerinnung
Gerinnung n n p pp n
Verbrauch l n n nn n
Fibrinolyse l l n nn l
Quick l l p pp pp–pp
PTT p l n nn n-nn
PTZ l l-n n nn l
Fibrinogen n l pp pp p–pp
Thrombozyten l lp p pp p–pp
AT III l p pp pp p–pp
FSP l l–n n nn l
TAT l–n n nn nn l
D-Dimere l–n n n nn l
l = normal, n = erhöht bzw. verlängert, nn = stark erhöht bzw. verlängert, p= erniedrigt bzw. verkürzt,
p p= stark erniedrigt bzw. verkürzt
jTherapie
5 Thrombozytensubstitution, wenn Thrombo-
4 Therapie der Grunderkrankung
zytenzahl <10.000–30.000/μl.
4 Beseitigung der Hyperkoagulabilität
5 Evtl. Antithrombinsubstitution (AT III), wenn
4 Unterbrechung der Umsatzsteigerung
<70 %.
4 Verhinderung der Mikrothrombosierungen
5 PPSB enthält aktivierte Faktoren, daher erst
4 Beseitigung der Mikrothromben im Gefäß-
dann, wenn AT III normalisiert bzw. ausrei-
system
chend substituiert worden ist.
5 Fibrinogen führt zur weiteren Gerinnungs-
Therapiehinweise bei Verbrauchs- aktivierung.
koagulopathie 5 Eine antifibrinolytische Therapie ist bei der
5 Die Strategie der Substitutionstherapie zielt DIC grundsätzlich kontraindiziert (Ausnah-
v. a. auf das Erhalten eines hohen Niveaus me: Überwiegen der reaktiven Fibrinolyse
an Inhibitoren der Blutgerinnung ab. Daher und Blutung)
werden Faktorenkonzentrate (mit überwie-
gend prokoagulatorischen Substanzen) nur
herangezogen, wenn ein ausreichender
Die Therapieansätze der DIC sind in . Tab. 37.12
Hämostaseausgleich durch FFP nicht mög-
dargestellt.
lich ist.
5 Kein Heparin bei blutenden Patienten. Therapie von Gerinnungsstörungen
6 Früher eher das »Gießkannenprinzip« (Gabe von
einem Cocktail an Gerinnungsfaktoren z.B. FFP
652 Kapitel 37 · Blutgerinnung
Heparin + + (+)? –?
FFP + + + +
Thrombozyten (+) + + +
Fibrinogen –? (+)
Plasminogen ?
Fibrinolytika (rt-PA) ?
Faktor VIII Normal bis Normal bis vermindert Normal bis Vermindert Stark
vermindert vermindert vermindert
> Eine »damage control resusitation« beinhal- gerte Blutungszeit) als auch Störungen des intrinsi-
tet die Gabe von Erythrozyten, Fresh-frozen- schen Gerinnungssystems (hämophiler Blu-
Plasma und Thrombozytengaben im Verhält- tungstyp, verlängerte aPTT) auf Typeneinteilung
nis von 5 EK/5 FFP/1–2 TK. des vWJS. Typeneinteilung des vWJS: . Tab. 37.13
und . Tab. 37.14.
1 70–80 % Quantitative Normale Verteilung Autosomal- Oft keine oder DDAVP, insbe-
Verminderung dominant mit nur milde Blu- sondere bei
des vWF variabler tungsneigung; normaler
Penetranz und oft erst bei ope- Thrombo-
Expressivität rativen Eingriffen zytenzahl
jDiagnostik jVon-Willebrand-Faktor
4 positive Familienanamnese und Klinik 4 HWZ: erste HWZ beträgt 3 h, die anschlie-
4 Bestimmung von Faktor VIIIc, Ristocetin-Ko- ßende zweite HWZ 12–20 h
faktor (Rcof), vWF, von-Willebrand-Antigen, 4 Konzentration ca. 10 mg/l bzw. 40–240 % (hohe
Multimerenanalyse inter- und intraindividuelle Variabilität)
4 in nur 60 % der Fälle verlängerte Blutungszeit 4 veränderte Spiegel bei: Blutgruppe 0 p, Farbi-
37 (bei Hämophilie normal) und aPTT-Verlänge- ge n, Entzündung n, Frauen > Männer, Schwan-
rung bzw. in 40 % normale Blutungszeit im gerschaft p
Screening-Test
! Erhöhte Spiegel im Rahmen der entzünd-
4 in 90 % der Fälle Nachweis eines verminderten
lichen Akutphase!
Ristocetin-Kofaktors (vWF: Rcof, Ausnahme
Typ 2N) und verlängerte Plättchenhaftungszeit 4 Synthese in den Endothelzellen und den
im »platelets function analyzer« (PFA) o PFA- Megakaryozyten, Speicherung in den
Test hat eine hohe Sensitivität (95 %) beim Thrombozyten (α-Granula) sowie den Weib-
vWJ-Syndrom le-Palade-Körperchen der Endothelzellen
37.2 · Hämorrhagische Diathesen
655 37
DDAVP (1-Desa- Synthetisches Freisetzung von Halbwertszeit 5–8 hvWF: Erhö- Intravenös und
mino-8-D- Nonapeptid mit vWF aus Endothel- hung des vWF:Ag um den subkutan: 0,3–
Arginin-Vaso- starker antidiure- zellen (V2-Rezep- Faktor 2–5 nach 60–120 min 0,4 μg/kg über
pressin), Minirin tischer und gerin- toren-vermittelt) über 8–10 h Faktor VIII: Erhö- 30 min intranasal:
(Ferring) ger vasokonstrikto- hung um den Faktor 2–5 nach 2–4 μg/kg
rischer Wirkung 30–60 min für 5–8 h
Haemate HS Virusinaktiviertes Hoher Substituti- Halbwertszeit VWF und Fak- 20–60 IE Fak-
(Aventis- Faktorenkonzentrat onseffekt für vWF tor VIII etwa 8–16 h. Recovery tor VIII+ 44–132 IE
Behring) mit vWF und Faktor und Faktor VIII von vWF und Faktor VIII ca. vWF:RCo/kg (bei
VIII (Verhältnis 80–90 % (1 h nach Gabe) Kindern 20 %
2,2:1) mehr) in Abhän-
gigkeit von der
Klink
jKomplikationen
37.2.4 Heparininduzierte Thrombozyto- 4 keine
penie (HIT)
jLabordiagnostik
4 Synonym: heparinassoziierte Thrombozyto- 4 keine
penie, -pathie (HAT)
4 Einteilung nach Chong in Typ I und Typ II jTherapie
4 Inzidenz: ca. 10 % für Typ I und 0,5–5 % für 4 keine spezielle Therapie notwendig
Typ II
HIT-Typ II (immunologisch)
HIT-Typ I (nichtimmunologisch) 4 1969 Erstbeschreibung der HIT II durch
jBeginn Natelson
4 unmittelbar nach Heparingabe 4 Bei der HIT wird das Antikoagulans plötzlich
zum Prokoagulans und es treten trotz Hepa-
656 Kapitel 37 · Blutgerinnung
Punkte 2 1 0
Thrombozytopenie (akut) 20–100/nl oder Abfall >50 % 10–19/nl oder Abfall um <10/nl oder Abfall
30–50 % <30 %
Timing des Thrombo- Beginn Tag 5–10 oder ≤1 Tag Beginn >10 Tage Beginn ≤4 Tage ohne
zytenabfalls (Reexposition 100 Tage) kürzliche Exposition
Thrombose oder andere Neue Thrombose, Hautnekrose Zunehmende oder wie- Keine
Manifestationen (z. B. akute systemische Reaktionen derholte Thrombose
dermatologische Erschei- nach i.v. UFH-Bolus Erythem im Bereich der
nungen) Einstichstelle
Andere (other) Gründe für Keine alternative Erklärung für Mögliche andere Ursache Definitive andere
Thrombozytopenie Thrombozytenabfall Ursache
6–8 Hoch
4–5 Mittel
0–3 Gering
ringabe in 30–50 % der Fälle arterielle und/ le Sekretionsprodukte aus a-Granula und
oder venöse Thromben (70 % aller Fälle) auf. »dense bodies« frei o u. a den heparinneutra-
lisierenden Plättchenfaktor 4 (PF4) mit hoher
jInzidenz Affinität zu Heparin (Heparin-PF4-Komplex)
4 bei UFH: 0,3–5 % und bei NMH: 0,1–1,0 % o antikoagulatorischer Effekt von Heparin n.
Der Heparin-PF4-Komplex wird von neusyn-
jLetalität thetisierten Antikörpern der IgG-Klasse ge-
4 unbehandelt bis 30 %; unter alternativer Anti- bunden, welche sich an die Thrombozyten-
koagulation immer noch hoch: 8–20 %. membran binden o Thrombozytopenie.
4 Weder die Art des Heparins (unfraktioniertes
jBeginn oder fraktioniertes Heparin) noch die Menge
Frühestens am 5 Tage nach der primären Heparin- oder der Applikationsweg (i.v. oder s.c.) spielen
gabe. Bei bekannter HIT kann innerhalb der ersten bei HIT II eine Rolle!
3 Monate nach Diagnosestellung mit positiven 4 Heparin als Bestandteil in arteriellen Spül-
Antikörpern die HIT innerhalb der ersten 4 Tage systemen und Gerinnungspräparaten (z. B.
erneut auftreten. PPSB), daher kein PPSB mit Heparinzusatz
verabreichen.
jThrombozytenzahl 4 Bei Anwendung eines Pulmonaliskatheters
37 Thrombozytenzahl <100.000/μl oder schneller Abfall müssen spezielle heparinfreie Katheter ver-
<50 % des Ausgangswertes. Meistens zwischen 30– wendet werden.
80.000 Thrombozyten/μl. Thrombozytenwerte 4 HIT II ist auch bei Anwendung von niedermo-
<20.000/μl haben meist eine andere Ätiologie. Selten: lekularem Heparin (NMH) beobachtet wor-
Koinzidenz von Sepsis und nicht therapierte HIT II. den! o jedoch geringere Inzidenz unter NMH.
jPathomechanismus jKomplikationen
4 Antikörper gegen Heparin-PF4-Komplex (zu 4 Thrombenbildung (weißer Thrombus) im ve-
95 %): aktivierte Thrombozyten setzen multip- nösen und arteriellen System
37.2 · Hämorrhagische Diathesen
657 37
4 schwere Veränderungen der Mikro- und
. Tab. 37.17 Score nach Magnani. (Adaptiert nach
Makrozirkulation (»White-clot-Syndrom«) Magnani 1993)
4 Gerinnungsaktivierung (Verbrauchskoagulo-
pathie) Kriterium Score
4 Hautnekrosen und erythematöse Plaques an
der Heparininjektionsstelle Thrombozytenabfall von 30–40 % +1
. Tab. 37.18 Dosis für Danaparoid-Natrium: bei HIT-Patienten zur parenteralen Antikoagulation
HIT und Thrombose* 1250 IE (<55 kg) 400 IE/h i.v. über 4 h 0,5–0,8
dann
150–400 IE/h i.v. Erhal-
tungsdosis
HIT und Thrombose* 2500 IE (55–90 kg) 400 IE/h i.v. über 4 h
3750 IE (>90 kg) Dann 300 IE/h i.v. über 4 h
Dann 150–200 IE/h i.v.
Erhaltungsdosis
Hämofiltration 2000 IE (<55 kg) 600 IE/h i.v. über 4 h Unter der Erhaltungsdosis
2500 IE (>55 kg) Dann 400 IE/h i.v. über 4 h 0,5–1,0
Dann 200–600 IE/h i.v.
Erhaltungsdosis
Operationen an der Bolus: 125 IE/kg nach 7 IE/kg/h i.v. bei Start der Während Operation 1,5–2,0
Herz-Lungen-Maschine Thorakotomie: EKZ
(EKZ)
Priming-Flüssigkeit der Im Fall von Clotting: 750– Nach Operation: 1,0
HML: 3 IE/ml 1250 IE i.v. als Bolus, dann
postoperativ
Nachschlageteil
M. Fresenius, W. Zink
. Tab. 38.1.
Amikacin Biklin 1-mal 15 mg/kg 1-mal 7,5 mg/kg n. Sp 5–7,5 mg/kg p. HD 5–7,5 mg/kg
Amoxicillin/ Augmentan 3-mal 2,2–4,4 g 1- bis 2-mal 0,6 g 1-mal 2,2–4,4 g 3-mal 2,2 g
Clavulansäure p. HD
Ampicillin z. B. Binotal 3-mal 2,0–5,0 g 2- bis 3-mal 1,0–2,0 g 2-mal 1,0 g 2-mal 1,0 g
Ampicillin/ Unacid 3- bis 4-mal 3,0 g 1- bis 2-mal 3,0 g 1-mal 3,0 g p. HD –
Sulbactam
Aztreonam Azactam 2- bis 4-mal 2,0 g 1- bis 2-mal 1,0 g 1-mal 0,25–0,5 g 3-mal 1,0 g
Cefepim Maxipime 2- bis 3-mal 1-mal 1,0–2,0 g 1-mal 1,0–2,0 g 2-mal 2,0 g
1,0–2,0 g p. HD
Cefoxitin Mefoxitin 3- bis 4-mal 1- bis 2-mal 1,0–2,0 g 1- bis 2-mal 0,5– –
1,0–2,0 g 1,0 g
Ceftazidim Fortum 3-mal 1,0–3,0 g 1-mal 0,5–1,5 g 1-mal 1,0 g 3-mal 2,0 g
Ceftriaxon Racephin 1- bis 2-mal 1-mal 2,0 g 1-mal 4,0 g 2-mal 2,0 g
1,0–2,0 g
Cefuroxin Zinacef 3-mal 1,5–3,0 g 3-mal 0,75–1,5 g 1-mal 0,75 g 2-mal 0,75 g
Ciprofloxacin Ciprobay 2- bis 3-mal 0,4 g 2- bis 3-mal 0,3 g 2-mal 0,1 g 3-mal 0,2 g
Clindamycin z. B. Sobelin 3-mal 0,6–1,2 g 3-mal 0,3–0,6 g 3-mal 0,6–0,9 g 3-mal 0,6–1,2 g
Flucloxacillin z. B. Staphylex 3-mal 2,0–4,0 g 3-mal 1,0–3,0 g 3-mal 1,0 g 3-mal 2,0–4,0 g
38.2 · Score-Systeme
669 38
Fosfomycin Infectofos 2- bis 3-mal 1-mal 2,0–4,0 g 1-mal 4,0 g p. Hd 1-mal 2,0 g
4,0–8,0 g
Gentamicin z. B. Refobacin 1-mal 3–5 mg/kg 1-mal 1,5 mg/kg, 1–2 mg/kg, p. HD 1–2 mg/kg
n. Sp.
Imipenem/ Zienam 3-bis 4-mal 2- bis 3-mal 0,5 g 3-mal 0,25–0,5 g 3-mal 1,0 g
Cilastatin 0,5–1,0 g
Levofloxacin Tavanic 1-mal 0,5–1,0 g 1-mal 0,125–0,25 g 1-mal 0,125 g 1-mal 1,0 g
Meropenem Meronem 3-mal 0,5–2,0 g 1- bis 2-mal 0,5 g 1-mal 0,25–0,5 g 3-mal 1,0 g
Metronidazol z. B. Clont 1-mal 1,5 g 1-mal 1,0 g 1-mal 1,0 g 1-mal 1,5 g
Netilmicin Certomycin 1-mal 3–5 mg/kg 1-mal 2 mg/kg, n. Sp. 1–2 mg/kg p. HD 1–2 mg/kg
Piperacillin z. B. Pipril 3- bis 4-mal 2- bis 3-mal 4,0 g 2-mal 4,0 g 3-mal 4,0 g
2,0–4,0 g
Piperacillin/ Tazobac 3-mal 4,5–9,0 g 2- bis 3-mal 4,5 g 2-mal 4,5 g 3-mal 4,5 g
Tazobactam
Rifampicin z. B. Eremfat, 1-mal 10 mg/kg 1-mal 10 mg/kg 1-mal 5 mg/kg 1-mal 5 mg/kg
Rifa
Teicoplanin Targocid 1-mal 12–15 mg/ 1-mal 15 mg/kg, n. Sp. 12 mg/kg, p. HD 1-mal 12 mg/kg,
kg n. Sp
Tobramycin z. B. gernebcin 1-mal 3–5 mg/ 1-mal 1,5 mg/kg, n.Sp. 1–2 mg/kg, p. HD 1–2 mg/kg
kg
Vancomycin z. B. Vancomy- 2-mal 1,0–2,0 g 1-mal 15 mg/kg, n. Sp. 1,0 g, p. HD 1-mal 1,0 g
cin CP Lilly
0–10 mit
Modifizierter TISS-Score
akuter Nieren- Im DRG-Zeitalter wird ab 2005 die intensivmedizi-
insuffizienz nische Komplexbehandlung (Kode 8–980.–) mit
Harnzeitvolumen/24 h 0–15 Hilfe des modifizierten SAPS-II- und des auf 10
Kriterien reduzierten TISS-Score (. Tab. 38.4) abge-
S-Harnstoff 0–12
bildet!
HKT 0–4 0–3
. Tab. 38.5 Lung Injury Score . Tab. 38.7 Kardialer Risiko-Score nach Goldmann
Beurteilung nach der Anzahl der Qua- 0–4 Alter >70 Jahre 5
dranten mit alveolärer Verschattung
Myokardinfarkt in den vergangenen 10
Hypoxämie/Oxygenierungsstörung beurteilt nach 6 Monaten
Horovitz-Index
Körperliche Untersuchung
paO2/FIO2 ≥300 mmHg 0
3. Herzton, Galopprhythmus oder 11
225–299 mmHg 1 Jugularvenenstauung
Operation
Intraperitonealer, intrathorakaler 3
. Tab. 38.6 LIS-Bewertung oder Aorteneingriff
Notfalloperation 4
Punkte Bewertung
Mögliche maximale Punktesumme 53
0 Keine Lungenschädigung
II 6–12 2 5
III 13–25 2 11
IV >26 56 22
38.2 · Score-Systeme
673 38
Parameter Punkte
0 1 2 3
* Puls-Druck-Produkt = HF × (ZVD/MAP)
HF: Herzfrequenz, ZVD: zentralvenöser Druck, MAP: mittlerer arterieller Druck
38.3 Evidenzgrade
. Tab. 38.10 Mortalitätsrate
Punkte 1c Alle-oder-Keiner-Prinzip
Serviceteil
A Umrechungstabellen – 676
Stichwortverzeichnis – 682
A Umrechnungstabellen
Hämatokrit E ᄝ: 41–50 %
ᄛ: 46 %
ᄛ: 4,0–5,2 Mio./ml
MCH E 27–34 pg
MCHC E 30–36g/dl
MCV E 85–98 fl
Leukozyten E 4000–11.000/μl
Differenzialblutbild E
Granulozyten
Eosinophile G. 0–5 %
Basophile G. 0–2 %
Monozyten 2–6 %
Lymphozyten 25–45 %
Thrombozyten E 150.000–400.000/μl
ᄛ: 6–20 mm (1h)
Met-Hb S 0,2–1,5 %
Eiweißelektrophorese (Elektro- S
phorese)
678 Serviceteil
ᄛ: <15 U/l
ᄛ: <17 U/l
ᄛ: 4–18 U/l
Parameter Normwerte
U: Urin
* Werte stark nahrungsabhängig
680 Serviceteil
Parameter Normwerte
1 Pa (=1 N/m2 = 10 1 0,00001 1,01972 × 10–2 1,01972 × 10–5 0,98692 × 10–5 0,00750062
dyn/cm2)
* Gesetzliche Maßeinheiten
J* kWh* kcal
* Gesetzliche Maßeinheiten
681
A · Umrechnungstabellen
1 Esslöffel 15 cm3
1 Dessertlöffel 10 cm3
1 Teelöffel 5 cm3
* Gesetzliche Maßeinheit
682 Serviceteil
Stichwortverzeichnis