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www.jammusiclab.com/de/news-events/article/kompositionspaedagogik-am-jam-music-lab
Marcus Ratka: Kompositions-Pädagogik ist eine relativ junge Disziplin. Wie ist sie
entstanden? Wodurch unterscheidet sie sich vom herkömmlichen
"Kompositionsunterricht"?
Entstanden ist die Kompositionspädagogik durch das Bedürfnis bzw. durch die Tendenz
der letzten Jahre, das „Komponieren“ nicht nur als eine „abgehobene“ Tätigkeit einiger,
weniger Genies zu betrachten und um deren Meisterwerke zu bewundern, sondern selbst
aktiv zu werden und zu zeigen, dass das Entwickeln eigener Ideen ein wichtiger Prozess
des Musizierens sein sollte. Durch entsprechende Methoden und strukturierte
Unterrichtskonzepte finden sowohl Studierende, Lehrende oder Schüler Unterstützung, um
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ihre Ideen entsprechend umzusetzen. Es geht also um „Tools“, die über Fächer wie
Harmonielehre, Tonsatz etc. hinausgehen, vergleichbar mit der Dramaturgie oder der
Regie bei der Entstehung eines Films.
MR: Das eigene Schaffen – wenn man so will "komponieren" – von Musikstücken
ist integraler Bestandteil im Pop, Rock, Jazz usw. InterpretIn und KomponistIn sind
in vielen Musikstilen der Gegenwart wieder eine Personalunion. Nimmt die
Kompositionspädagogik darauf Bezug?
RG: Das „künstlerische Forschen“ ist besonders in einem Feld, das sich mit dem Erfinden
und Kreieren von Musik beschäftigt, unabdingbar. Sowohl im Bereich der Komposition als
auch in der Kompositionspädagogik steht ein unendlich weites Feld an Möglichkeiten offen,
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um mithilfe strukturierter Methoden neue Erkenntnisse sowohl im künstlerischen Schaffen
als auch im didaktischen Bereich Ansätze zu entwickeln, neue Wirkungsfelder zu
erschließen um damit neue künstlerische und pädagogische Räume zu ermöglichen.
Dadurch ergänzen sich „Artistic Research“ und die Kompositionspädagogik nicht nur
großartig, sondern weisen eine klare Interdependenz auf. Unterschiedliche Zugänge zum
Gestalten von Musik kann Fragen im „Artistic Research“ aufwerfen, die wiederum im
Wechselspiel zur Komposition und zur Kompositionspädagogik neue Erkenntnisse
ermöglichen. Eine Fragestellung im Bereich „Artistic Research“ kann aber wiederum neue
Zugänge im Bereich des Komponierens und der Kompositionspädagogik ermöglichen.
RG: Dazu gehören sicher die Fragen nach stilübergreifenden und interdisziplinären
didaktischen Modellen und Methoden. Vor allem die Entwicklung prozessorientierter und
kollaborativer, aber auch "spielerischer", experimenteller Zugänge und die Einbindung von
Digitaltechnik sind von großem Interesse. Und da der Begriff Kompetenz in der
europäischen Bildungslandschaft ein Schlüsselwort geworden ist, stellt sich natürlich auch
in den Bereichen Komposition und Kompositionspädagogik die Frage: Welche
Kompetenzen erscheinen wichtig und wie können sie erlangt werden? Welche
Zielsetzungen sind im 21. Jh. richtungsweisend? Wie reagieren wir auf aktuelle
musikalische, aber auch auf gesellschaftliche Entwicklungen?
Die Musik spielt im Leben Jugendlicher eine sehr große Rolle und die Schule ist auch gut
beraten, diese Chance zu nutzen. Aber man kann Musik nicht mehr wie vor zwanzig
Jahren unterrichten, als die digitale Revolution so richtig eingesetzt hat. Demnach gehören
Forschungsgebiete wie Digital Music, Mobile Music und Interaktivität zu den aktuellen
Themen, aber auch neue Konzepte, die Grenzbereiche zwischen Komposition und
Improvisation beleuchten sowie Themen wie Produktion, Sounddesign, Mikrotonalität, n-
tolische Taktarten usw. einschließen, sollten seinen Platz finden.
D.h. die Kompositionspädagogik ist ein Forschungsfeld, das die Konzepte, Ideen und
Methoden nicht nur der komponierenden, sondern auch improvisierenden und
interpretierenden Künstler unter die Lupe nimmt um neue Möglichkeiten in der Vermittlung
von Musik und Komposition entwickeln. Das Komponieren ist ein Prozess, der zum Ziel hat,
etwas Neues zu schaffen, das die Individualität des Musikschaffenden widerspiegelt. Die
Möglichkeiten dabei sind unerschöpflich.
RG: Die Kompositionspädagogik ist ein junges Berufsfeld, dass sich insbesondere im
deutschsprachigen Raum in den letzten Jahren aus dem primären Bedürfnis heraus
etablierte, an Musikschulen Kompositionsunterricht anzubieten, aber auch den
Musikunterricht an Schulen durch aktives Gestalten von Musik zu beleben.
In Deutschland gibt es seit Ende 2016 einen bundesweiten Lehrplan für das Fach
Komposition (und Theorie) und in Österreich ist 2017 nun der Rahmenlehrplan für
Komposition, bei dem ich auch mitgearbeitet habe, fertiggestellt worden. Dies bedeutet,
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dass nun erstmals an österreichischen Musikschulen Komposition als Unterrichtsfach
genauso besucht werden kann wie Klavier oder Gitarre. Aber auch an Allgemeinbildenden
Schulen soll das „Erfinden von Musik“ für ein vertiefendes Verständnis für Musik sorgen.
Dies hat wiederum zur Folge, dass es auch entsprechende Lehrkräfte geben muss, die ein
derartiges Studium absolviert haben und die entsprechenden Kompetenzen mitbringen.
Pragmatisch betrachtet hat man mit dieser pädagogischen Ausbildung die Möglichkeit auch
an öffentlichen Institutionen (Schulen, Musikschulen) zu unterrichten. Gerade hier ist der
Bedarf an Personen, die im Popularmusikbereich nicht nur instrumentalpädagogische,
sondern auch kompositionspädagogische Kompetenzen haben, sehr groß und eine
entsprechende Ausbildung ist somit sehr zukunftsträchtig. Denn auch Fächer wie
Musikkunde, Ensembleleitung, Improvisation und schließlich Komposition werden in den
kommenden Jahren noch stärker im Fokus stehen und bieten ein vielversprechendes
Betätigungsfeld.
Seine Qualitäten als Workshopleiter und Vortragender sind im In- und Ausland gefragt und
führten ihn bislang nach Los Angeles (University of Southern California), zur IAJE Chicago,
an die Musikhochschule Bremen, Landesakademie Berlin, Folkwang Universität Essen
usw. Mehrere Lehraufträge (JAM MUSIC LAB, Donau-Universität Krems, Universität für
Musik und darstellende Kunst Wien) sowie seine Produzententätigkeiten runden seine
Aktivitäten ab.
www.richardgraf.com
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