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D: € 6,10
www.sound-and-recording.de
MIXPRAXIS
THE WEEKND
STARBOY
Traditionelles vs.
modernes Songwriting
20 MIXPRAXIS
THE WEEKND – STARBOY
50 ROLI BLOCKS
5D-MIDI-Controller
54 IZOTOPE RX 6
Problemlöser in der
sechsten Generation
RÜCKBL I C
E-G I T A
K
R
RECOR REN
DING
Works
mit Ha
ns-Ma
hop
46 ARTURIA AUDIOFUSE und In rtin
go Pow Buff
itzer
Audio-Interface im Test
Editorial
Um Songs zu schreiben, setzte man sich früher mit
Stift und Papier an sein Instrument und schrieb al-
les, was in den eigenen Gedanken so rumschwirrte,
auf. Später wurden die Text- und Musikbausteine
dann Stück für Stück zu einem Song aus Strophe,
Refrain, Bridge usw. zusammengestrickt. In diesen
Prozess waren schon mal eines oder mehrere der
Bandmitglieder involviert, und zum Schluss gab
dann vielleicht noch ein Produzent seinen Senf dazu.
Heute kommt es vor, dass an einem Song 20 Perso-
nen geschrieben haben. Es gibt jetzt »Top-Liner«,
die lediglich für die Hook, also die eine catchige Zeile im Refrain, verantwort-
lich sind. Dann gibt es die »Verser«, die sich lediglich darauf konzentrieren, die
Lyrics der Strophen zu schreiben. Es gibt auch Songwriting Camps, die von
großen Plattenfirmen veranstaltet werden, wo mehrere Songwriter zusammen
an Songs schreiben. Wo bleibt dazwischen eigentlich der Künstler selbst, oder
ist er nur noch Interpret?
Ein Gegenbeispiel ist The Weeknd, der gerade mit seinem neuen Album
Starboy durch die Decke geht. Ihr kennt den Typen nicht? Das ist der Song, der
nach Michael Jackson und Daft Punk klingt. Läuft im Radio rauf und runter,
habt ihr sicher schon mal gehört. Dass der Song nach Daft Punk klingt, hat den
Der aktuelle Katalog!
Grund, dass Daft Punk auch mitproduzierte. Abel Tesfaye, wie The Weeknd mit Kostenlos bestellen!
bürgerlichem Namen heißt, hat sich seit seinem Debütalbum Wicked Games Alternativ einfach im Online-Blätterkata-
2012 ein hochkarätiges Netzwerk aus Produzenten und Mitstreiter angelegt. log blättern: über 500 Seiten mit vie-
Darunter eben Daft Punk, aber auch Max Martin und Martin »Doc« McKinney,
len Videos, tagesaktuellen Preisen und
der insgesamt 11 der 18 Songs mitgeschrieben und produziert hat. In der Mix-
praxis liefert er uns Details zur Produktion von The Weeknds Starboy. Und wer
natürlich mit unglaublich vielen Deals!!!
hat’s geschrieben? The Weeknd hat bei allen zumindest mitgeschrieben und www.musicstore.de
auch mitproduziert.
Marc Bohn
Chefredakteur SOUND&RECORDING
@MarcBohn84 @MarcBohn84
MIXPRAXIS:
THE WEEKND − STARBOY
Das kohärent klingende Album Starboy lässt nirgends erahnen, wie viele Leute an
20 seiner Entstehung beteiligt waren. Zu verdanken ist dies mit einiger Sicherheit den
beiden Hauptverantwortlichen: Da wäre zu allererst The Weeknd himself, mit bürger-
lichem Namen Abel Tesfaye, der nicht nur als Executive-Producer fungierte, sondern auch
bei allen Songs mitkomponiert und immerhin 13 davon co-produziert hat.
TESTBERICHTE
32 Lewitt LCT 640 TS − Großmembran-Kondensatormikrofon mit
Twin-Output-Option
36 Yamaha HPH-MT8 − Studiokopfhörer
FIX MY MIX − MIXING TUTORIAL 40 KSdigital C5-Reference − 2-Wege-Coax-Nahfeldmonitor
62 Rocksongs müssen nicht immer gleich aus 150 Audiospuren bestehen und 30 46 Arturia AudioFuse − Audio-Interface
Gitarren beinhalten. In dieser Ausgabe haben wir uns eines Songs angenom- 50 Roli Blocks − 5D-MIDI-Controller
men, der sich am Classic-Rock der 60er/70er-Jahre orientiert. Ganz im Stil von 54 iZotope RX 6 − Problemlöser in der sechsten Generation
Thin Lizzy sollte der fertige Mix nach einer Band klingen, die den Song zusam-
58 Liquid Sonics Seventh Heaven Professional − Reverb-Plug-in
men live im Studio eingespielt hat. Leider konnte der alte Mix aber nicht da-
rüber hinwegtäuschen, dass die Band die meisten Instrumente im Overdub-
Verfahren eingespielt hat und somit nicht die Energie und den Groove einer
STORY
Live-Band erreicht. 26 E-Gitarren Recording Workshop mit Hans-Martin Buff und
Ingo Powitzer
68 Studioszene − Tonscheune Oleak, Berlin
PRAXIS
20 Mixpraxis: The Weeknd − Starboy
26 E-Gitarren Recording Workshop mit Hans-Martin Buff und
Ingo Powitzer
60 Sounddesign − Der klassische Telefonstimmeneffekt
62 Fix My Mix: Rock − Mixing-Tutorial
64 Studiotipps − Kniffe, die die Welt verbessern
KULT
72 Vintage FX: EMT 240 »Goldfolie« (*1971) − Stereo-Hall
76 Love The Machines: Yamaha Tenori-On − Synthesizer bis
Stepsequencer
www
SOUND & RECORDING ONLINE
46 ARTURIA AUDIOFUSE −
AUDIO-INTERFACE Videos & Klangbeispiele gibt’s auf unserer Website im Bereich »Aktuelle
Ausgabe« (bitte in der Navigation auf »HEFT« klicken). Direkt zu den ge-
Mit dem AudioFuse brachte der französische Hersteller Arturia ein kompak-
suchten Inhalten kommst du mithilfe eines Webcodes, den du aus Jahres-
tes Audio-Interface auf den Markt, das auf jedem Schreibtisch zu Hause ist
zahl, Nummer der Ausgabe (zweistellig, ggf. eine »0« voranstellen) und der
und auch auf dem Studiotisch eine gute Figur macht. Durch seine hochwerti-
(dreistelligen) Seitenzahl einfach selbst zusammenstellen kannst − also z. B.
gen Wandler ermöglicht es das Aufnehmen von Audiosignalen in höchster
»201706076«, um zu den Downloads des »Love The Machines«-Artikels
Klangqualität, und durch die zusätzlichen MIDI-Anschlüsse ist das Produzieren
dieser Ausgabe zu kommen.
mit externen Klangerzeugern möglich. Zusätzlich kann es auch als Monitor-
Controller fungieren. Ein Rundum-sorglos-Paket?
r www.sound-and-recording.de
CROSSTALK
Kolumne
Ich mische gerade. Wenn so ein Mix gen fer- schrieb mein Freund Pivo lesbar erfreut, bevor letzten Mix empfohlen hast.« Huch?! Egal.
tig tendiert und der Klanglümmel im frisch er mir mit drei Seiten Detailwünschen die Was geht mich mein dummes Geschwätz von
gebügelten Outfit tiptop dasteht, dann freuen Abendplanung erleichterte. gestern an?
sich Mischer und Bemischter. »Das klingt Manchmal gibt’s Probleme, etwa mit den Jeder Mix ist etwas Neues und Besonde-
jetzt so, als hätte vorher der alte sizilianische Vocals, und dann erlaube ich mir die Frage, res. Bei mir ist das Mischen keine tröpfchen-
Wandteppich von der Nonna auf den Laut- mit welchem Quatsch er denn da aufgenom- weise hier und da und eigentlich immer auf-
sprechern gelegen, und jetzt isser weg«, men hätte. »Na, mit dem, den du mir beim tretende Beschäftigungsform, sondern sie
1. Erzeugt eine neue Audiospur und nehmt dort ein kurzes Audio-
schnipsel auf. Dieses sollte möglichst kein Audiomaterial enthalten
Dieses und weitere »Cubase Pro 9«-Video- und eine Zählzeit lang sein.
Tutorials findet ihr unter: 2. Durch einen Doppelklick öffnen wir das Audioevent im Sample-
r www.soundandrecording.de/cubase Editor, bewegen uns an den Anfang des Samples und zoomen so
weit hinein wie möglich.
3. Nun wählen wir das Stiftwerkzeug und ziehen das erste Sample des
Audioevents komplett nach oben und das zweite komplett nach
unten.
4. Fertig. Nun kopieren wir dieses Audioevent einfach auf jede Zählzeit
unseres Songs, routen die Audiospur von der Summe auf den Side-
chain-Eingang unseres Kompressors und können dann dessen Zeit-
parameter mit maximaler Flexibilität nutzen.
Zynaptiq Tutorial −
VST3 in Morph 2
Kürzlich hat Zynaptiq alle Plug-ins mit VST3-Unterstützung ausgestattet.
Vor allem Morph 2 profitiert beim Einsatz in Cubase deutlich davon, denn
das Routing geht nun wesentlich einfacher von der Hand, wie man im
Video sehen kann:
SCHICKT UNS EURE FILES EINFACH MIT DEM BETREFF »FIX MY MIX« AN
DEN MIX AUS, DEN WIR GERNE FIXEN WÜRDEN, UND MELDEN UNS BEI EUCH!
Weitere Infos findet ihr auf
r www.soundandrecording.de/fixmymix
FUGU SPEAKERS C4
the nearfield speakers you need
www.fuguspeakers.com
Klangvergleich: Beyerdynamic Mikrofone
M201, M88 und M160 am E-Gitarren-Verstärker
In unserem E-Gitarren-Recording-Special haben wir von insgesamt 51 Mikrofonen Audiobeispiele vor dem Amp
gesammelt und miteinander verglichen. Darunter auch drei Modelle der Berliner Traditionsfirma Beyerdynamic:
die beiden dynamischen Mics M88 und M201 sowie den Klassiker unter den Bändchen-Mikrofonen, das M160.
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Weitere aktuelle News findest du unter r www.soundandrecording.de
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MUSIC SCENE
Kolumne
Futter fürs Feuilleton: Der junge Schweizer Chansonnier befeuert mit seinem balkanesquen Singer/Songwriter den deutschen Indie-Diskurs und ver-
weist gleichzeitig nicht nur die Befindlichkeits-Pop-Barden auf die billigen Plätze.
Faber
Sei ein Faber im Wind
AUTOR: MAX BRAUN, FOTOS: STEFAN BRAUNBARTH, ANDREAS HORNOFF, ROBERT WINTER
Faber, bürgerlich Julian Pollina, Sohn des ita- Gab es im Falle von AnnenMayKantereit hat; dort, wo die Bouranis und Benzkos, aber
lienischen Musikers Pippo Pollina, hat sich auch immer mal den Rio-Reiser-Vergleich − auch teilweise alternative Acts in ihrer Bedeu-
2013 diesen Künstlernamen gegeben, weil er allerdings gerne an den Vorwurf gekoppelt, tungslosigkeit versinken, erhebt nun mal
bewusst nicht mit seinem Vater in einen Topf hier fehle es inhaltlich an Biss und Kante −, wirklich jemand seine Stimme.
geworfen werden und damit Vorschusslor- so gibt Faber das volle Programm: Reibeisen- Es mag Zufall sein, aber witzig ist es
beeren kassieren wollte. Sein eigenes Ding zu stimme mit provokant, antithetisch und un- trotzdem, dass diese charmante Mischung
machen, war die Devise. Seither ist einiges bequemen Texten. Seine Sprache ist die Poe- aus Raubeinigkeit und Zynismus an den
passiert: Touren im Vorprogramm von Sophie sie der Theke − schlicht, direkt, vulgär, ordi- gleichnamigen Dortmunder Tatort-Kommis-
Hunger, Von Wegen Lisbeth, OK Kid, Annen- när, aber dadurch eben extrem ungekünstelt sar erinnern. Auch empfiehlt Faber mittels
MayKantereit, eine EP namens Alles Gute und und glaubwürdig. »Einer von uns beiden war seiner Texte, man solle sich nicht treu sein,
nun das bald erscheinende Album Sei ein ein Arschloch. Und das warst du«, so Faber nur die wirklich blöden Fische würden gegen
Faber im Wind beim Musik-Major Universal, im Titelsong des Albums. Daran merkt man den Strom schwimmen, stattdessen solle man,
die eigenen Konzerte mittlerweile: ausver- auch, dass etwas Vergleichbares seit langer nun ja, ... lieber ein Faber im Wind sein. Das
kauft. Zeit in der deutschen Musiklandschaft gefehlt hat schon ein bisschen was Sponti-Romantik,
LOVE A WOMAN
»Wär so gerne wie die anderen / die, die scheinbar funktionieren / Happy Freedom ist das langerwartete Debütalbum von Woman aus
Doch statt die Nerven zu behalten / bin ich kurz vorm Explodieren« Köln. Ein Album, für das man sich Zeit genommen hat und das seine
(Nichts ist leicht) − Love A, eine der »stabilsten Konstanten des deut- Zeit brauchte. Seit der Bandgründung im Jahr 2012 wurde an Songs
schen Indie-Punkrocks«, sind zurück und machen mit Nichts ist neu und Demos gearbeitet, einiges davon wieder verworfen und dafür
da weiter, wo man mit Jagd und Hund (2015) zuvor aufgehört hat. Ir- neues geschrieben. Der Eigenanspruch des Trios ist hoch, man lässt
gendwo zwischen Hoffnung und Resignation pendelt auch das vierte sich Zeit, um die Skizzen, die am Laptop geschaffen wurden, analog in
Album des Quartetts aus Rhein-Pfalz. Jörkk Mechenbiers Gesang ist Sound zu übersetzen. Mit Bilderbuch-Produzent Zebo Adam ist der
oft theatralisch, immer am Anschlag, eben so, wie Zeilen zum Aus- geeignete Mann für die finalen Recordings gefunden. So erscheint im
druck gebracht werden müssen, die man schreibt, wenn die einen Frühjahr 2016 zunächst die EP Fever, auf die jetzt die erste LP folgt.
aktuell umgebenden Zustände zu erdrücken scheinen, gegen die Die besticht durch eine organische Mischung aus Electro, Pop, Funk
man ansingt: Neoliberalismus, Rechtsruck in der Gesellschaft, prekäre und Psychedelic − besonders hervorstechend: eine für diese Musik
Zustände. War klar erinnert mit seinen filigranen Indie-Gitarren an ungewöhnlich dominant immer wieder auftretende Gitarre, die Soul
Caspers 20 qm, Die Anderen schlägt eine Brücke zu den Smiths, wäh- und Blues in die Songs trägt. Gleichzeitig sind Sounds der 70er und
rend Unkraut als spröde-stoischer 80er-Wave-Punk-Song daherkommt. 80er immer wieder präsent, wodurch eine hohe Bandbreite geschaf-
»Wir haben gesagt, dass es uns traurig macht / Haben gesagt, dass es fen wird, die allerdings nicht zusammenhangslos oder diffus wirkt.
uns stört / Haben gesagt, so kann’s nicht weitergehen / Niemand hat Dass der Musikstandort Köln sich seit einiger Zeit im Aufwind befin-
auf uns gehört« − das stimmt so sicherlich nicht ganz, denn es wird det, ist mittlerweile nicht nur in der musikalischen Öffentlichkeit an-
Menschen geben, die das hier sehr zu schätzen wissen, weil es wichti- gekommen − Woman sorgen dafür, dass sich dieser Trend weiter fort-
ger Beitrag zur aktuellen gesellschaftspolitischen Entwicklung ist. setzt. n
r love-a.de r www.womanwoman.de
Vor langer Zeit und, wie es scheint, in einer Topline-Writer eine Melodie und einen Text davon co-produziert hat. Die zweite Schlüs-
weit, weit entfernten Galaxis schrieben Men- dazu schreibt. selfigur ist Tesfayes engster Mitstreiter, Mar-
schen Songs mit Bleistift auf Papier, an der Wie etabliert diese Arbeitsweise ist, er- tin »Doc« McKinney, der ebenfalls als Execu-
Gitarre oder am Klavier, meist alleine oder zu kennt man daran, dass die sogenannten tive Producer agierte und für elf der 18 Songs
zweit. Irgendwie hat sich seitdem mit jeder Topline-Writers inzwischen eine ganze Unter- als Co-Autor und Co-Produzent gelistet ist.
technischen Revolution die Zahl der Beteilig- gruppe der Musikindustrie darstellen. Wäh- Am Telefon in Los Angeles bestätigt
ten immer weiter vervielfacht. Mit dem Auf- renddessen wird der gesamte Prozess von McKinney seine zentrale Rolle in der Entste-
kommen von Drum-Machines und Samplern einer Handvoll Produzenten in Gang gehal- hung von Starboy, insistiert aber gleichzeitig,
in den 1980ern waren plötzlich Nicht-Musiker ten, die manchmal, aber nicht immer, die dass auch alle anderen wichtige Beiträge
in der Lage, Songs zu kreieren bzw. Teile be- Schöpfer des ursprünglichen Beats sind. geleistet haben, allen voran Tesfaye: »Abel
stehender Songs zu nutzen. Folglich mussten Ein typisches Beispiel für die immer wei- packt richtig mit an; er ist super-kreativ und
sowohl die Schöpfer des ursprünglichen Sam- ter expandierenden Listen von Songwritern ständig am arbeiten. Als ich zu diesem Pro-
ples wie auch die des neuen Werks als Song- ist das dritte, weltweit erfolgreiche Album jekt stieß, gab es bereits ein paar Songideen.
Autoren gelistet werden. von The Weeknd, Starboy. Keiner der 18 Abel arbeitet eng mit Max [Martin] zusam-
In den 1990ern wurde die DAW zum neu- Songs hat weniger als fünf Songautoren, und men, und die beiden Songs [Love To Lay und
en Produktionsmittel, und man sollte glauben, insgesamt sind für das Album nicht weniger A Lonely Night], die aufs Album sollten, hat-
dass die Musikszene nun von Bedroom-Song- als 40 Songwriter aufgeführt. Außerdem hat ten sie bereits größtenteils aufgenommen.
writern dominiert wurde, die ihre Songs ganz jeder Song zwischen zwei und fünf Produzen- Abel hatte außerdem die Basics des Songs
alleine schrieben, einspielten und produzier- ten, darunter so berühmte Namen wie Daft [Attention] ausgearbeitet, den er mit Benny
ten. Seltsamerweise war genau das Gegenteil Punk, Diplo, Max Martin, Labrinth und Ben- [Blanco] geschrieben hatte. Und er war be-
der Fall: Zumindest im Pop/R&B-Genre wurden ny Blanco. reits in Paris gewesen, um mit Daft Punk zu
die Song-Credits immer länger. Was schlicht Als negative Auswirkung dieser moder- arbeiten. Insofern war die Entstehung dieses
daran lag, dass es dank des Internets möglich nen Arbeitsweise gerät so manches Pop/R&B- Albums eine ganz andere Situation als bei
wurde, sich auf Knopfdruck Files zuzusenden Album mit endlosen Listen von Songautoren den anderen Alben, die ich mit Abel gemacht
und ortsungebunden gemeinsam an Songs und Produzenten zu Stückwerk. Doch es gibt hatte.«
zu arbeiten. auch Gegenbeispiele, wie das bemerkenswert Doc McKinney hat Tesfayes Karriere be-
Pop-, R&B- und HipHop-Songs entste- kohärent klingende Album Starboy, das nir- reits von Anfang an begleitet. McKinney war
hen heute üblicherweise so: Jemand kreiert gends erahnen lässt, wie viele Leute an seiner zusammen mit Carlo Montagnese aka Illan-
einen »Beat«, meist eine Kombination aus Entstehung beteiligt waren. Zu verdanken ist gelo Co-Produzent und Co-Songautor von
Drum-Pattern und einer charakteristischen dies mit einiger Sicherheit den beiden Haupt- fünf der neun Songs auf The Weeknds Debüt-
musikalischen Zutat wie eine Hook, ein Sam- verantwortlichen: Da wäre zu allererst The Mixtape House of Balloons (2011). Die beiden
ple, eine Akkordsequenz oder eine Melodie. Weeknd himself, mit bürgerlichem Namen co-produzierten auch alle Songs auf dem Fol-
Dieser Beat wird weitergereicht an jemanden, Abel Tesfaye, der nicht nur als Executive- low-up Thursday (ebenfalls 2011). Doch an-
der weitere musikalische Elemente hinzufügt. Producer fungierte, sondern auch an allen ders als Illangelo war McKinney nicht am
Und so geht es weiter, bis ein Künstler oder Songs mit geschrieben und immerhin 13 dritten Mixtape Echoes of Silence (2011) und
den ersten beiden Major-Label-Alben, Kiss ›Cirkut‹ Walter und Adrien ›AG‹ Gough ha- zwischen dem Künstler und seinem Produ-
Land (2013) und Beauty Behind the Madness ben an einem dieser Tracks gearbeitet; sie ge- zenten oder Songschreiber ergibt. Ich bin ei-
(2015) beteiligt, die The Weeknd zum interna- hörten zu einem Production-Team namens niges älter als er, habe zwei Kinder und eine
tionalen Durchbruch verhalfen. The Dream Machine, das ich betreute. Sie Familie, und sein drittes Mixtape hatte mehr
»Abel habe ich Anfang 2011 kennenge- meinten, ich solle unbedingt Abel auschecken. sexuellen Inhalt; das haben wir irgendwie
lernt«, erinnert sich McKinney. »Er hatte bereits Am ersten Januar habe ich Abel in mein nicht zusammen hinbekommen, also habe
mit verschiedenen Leuten Songs geschrieben Studio eingeladen, und wir haben sehr schnell ich mich aus diesem Projekt verabschiedet.
und aufgenommen und ein paar Monate zu- jene natürliche Verbindung zueinander auf- Auch bei seinen ersten beiden Alben waren
vor vier Songs ins Internet gestellt. Henry gebaut, die sich in der Musik manchmal wir nicht auf derselben Wellenlänge, doch
WORKSHOP
E-Gitarren-Recording
Am 10. Mai fand im Abbey Road Institute in Köln unser E-Gitarren-Recording-Workshop mit unseren Dozenten Hans-Martin Buff, Ingo Powitzer und
Stephan Lembke statt. Vor insgesamt zehn Teilnehmern überraschten die Protagonisten mit einfachen Tricks in ihrem Handwerk, die allerdings den
Sound der E-Gitarre sowohl vor als auch hinter dem Mikro maßgeblich verbesserten. Es gibt eben nicht nur diesen einen fundamentalen Trick, son-
dern viele kleine subtile!
Wann kann man schon mal Hans-Martin Buff shop gaben sie allerdings den Teilnehmern E-Gitarre über die Kabelauswahl, die Amp-
und Ingo Powitzer bei E-Gitarren-Aufnahmen und unserem Team Schritt für Schritt einen Settings, die Mikrofonauswahl und -position
während einer Produktion der Scorpions über Einblick in dieses Szenario. Angefangen bei vor dem Amp bis hin zum Arrangement und
die Schulter schauen? Nie! In unserem Work- den Einstellungen und der Besaitung der der Platzierung des E-Gitarren-Signals im Mix.
Magneten drin, die die Saiten anziehen, und Humbuckern am Hals und Steg und einem sagt er und stellt fest: »Hier ist der Punkt, und
wenn die zu hoch liegen, dann klingt auf dem Single-Coil in der Mitte. Die Humbucker kann da stelle ich jetzt das Mikrofon hin! Ende der
Griffbrett im oberen Bereich plötzlich alles et- ich allerdings auch als Single-Coils verwen- Durchsage! Ist der mir nachher zu laut, gehe
was zu hoch, und man sucht ewig nach dem den. Damit kann ich im Grunde alle Sounds ich von diesem Punkt aus weiter nach außen.
Fehler. Der Hals-Pickup kann etwas tiefer lie- mit nur einer E-Gitarre anbieten. Wenn ich jetzt noch weitere Mikrofone auf-
gen, der mittlere etwas höher und der am Je nachdem, welche Gitarre ich verwen- stellen will, markiere ich mir diese Stelle mit
Steg nochmal etwas höher als der mittlere, de, stelle ich auch den Amp ein. Bei Single- einem Klebestreifen. Das gleiche mache ich
dann liegen alle in einer aufsteigenden Linie. Coils muss man allerdings aufpassen, dass dann auch für das zweite Mikrofon, dann habe
Wenn das richtig starke Pickups sind, empfeh- man sie nicht überfährt, denn sie sind sehr ich auch schon mein Grund-Setup, mit dem
le ich, diese etwas runterzuschrauben. Wenn anfällig für Einstreuungen und brummen ich schon tierisch weit komme.
diese Einstellungen stimmen, hast du schon ganz gerne. Man muss dann natürlich schon Ich nutze eigentlich immer ein SM57 und
mal die Basis für einen passablen Sound. mit Blick auf den Mix aufpassen und sich fra- ein weiteres Mikrofon, das ich für eine gute
Bei unseren Produktionen haben wir na- gen: Wie viel Brummen darf es denn sein?« zusätzliche Möglichkeit halte, wie zum Bei-
türlich verschiedene Gitarrenformate wie Les spiel das Bändchen Royer 121, was ich gerade
Paul, Telecaster oder Stratocaster dabei, um AUF ALLEN VIEREN ZUM TOP-SOUND entdeckt habe.«
den Sound umsetzen zu können, den der Pro- Mein Highlight des Workshops war, als Hans-
duzent gerade möchte. Bei vielen Produktio- Martin vor der Box kniete, mit dem Ohr an RAUMMIKROS UND DIE PHASE
nen, die Hans-Martin produziert, bringe ich der Membran gelehnt, und nach der richtigen »Ich hatte mal das Glück und konnte im
aber auch meine Gitarren mit, um einfach fle- Mikrofonposition suchte. Abbey Road Studio Mikrofone vergleichen«,
xibler in den Möglichkeiten zu sein. Am häu- »Ich suche mir jetzt den Punkt, wo das erzählt Hans-Martin. »Bei der Mikrofonliste
figsten benutze ich eine Gitarre mit zwei Eigenrauschen des Amps am lautesten ist«, hätte ich fast geweint vor Glück, nicht nur,
Ein Klassiker unter den Bändchen-Mikrofonen ist das M160. Für ein Das Kondensatormikrofon von Røde NT2-A hält hohem Schallpegel stand, ist dank etlicher Einstellmög-
Bändchen recht untypisch ist es sehr präsent. Der rote Punkt an der lichkeiten direkt am Mikro selber (Pattern-Auswahl, 40- & 80-Hz-Trittschallfilter, –5- & –10-dB-Pad) sehr
Oberseite gibt die Position des Bändchens an. flexibel und kann daher direkt vor dem Amp oder als Raummikro verwendet werden.
weil die einfach jedes Mikro da haben, sondern von jedem auch noch hören. Beim Einspielen gab es noch einige kritische bis gespannte
fünf! Vor einer Box habe ich dann erst mal meine üblichen positio- Gesichter, beim direkten Vergleich müssen selbst die Skeptischsten
niert, ein SM57 plus ein weiteres, und im Raum hatte ich ein U67 und akzeptieren, dass es einen Unterschied gibt. Man ist sich nicht ganz
das RCA44, also richtig großes Kino. Dann ist genau das passiert, was einig über den »besten« Klang.
man von ganz vielen älteren Aufnahmen kennt: Es klingt nasal. Da Im Vergleich zu seinen vielfach teureren Konkurrenten ist das
fehlt untenrum was, und das ist genau das Phasending. Thomann-Kabel etwas muffig und wenig klar, Hans-Martin ergänzt
In der DAW habe ich die Möglichkeit, die Raummikros virtuell allerdings: »Das kann aber auch im Mix gewollt sein und deshalb gut
nach vorne zu ziehen, indem ich die Spur einen Ticken verrücke, so- klingen.« Das Vovox-Kabel ist extrem neutral, Monster und Conish
dass sie in Phase mit den Spuren der Mikros ist, die direkt vor der Box
stehen. Dabei kopiere ich mir die Spur zuerst, die eine verrücke ich,
die andere nicht. Dann kann ich schnell entscheiden, was mir besser
gefällt.
Im Vergleich fallen die tiefen Mitten auf, die bei der unverrückten
Spur fehlen und einfach da sind, wenn alles in Phase ist. Die Gitarre
ist auch viel lauter, obwohl ich sie nicht lauter gemacht habe − das ist IRON Mastering Compressor
ein reines Phasenphänomen.
Dabei bin ich immer ein Freund von schnellen Entscheidungen.
Ich entscheide mich für die Mikros schnell und auch, ob ich das Pha-
senphänomen nutzen möchte oder eben nicht. Sobald ich mich für
eine Kombination an Mikros und ›Phase: ja oder nein‹ entschieden
habe, wird sie zusammengebounced.«
iron.spl.info | pq.spl.info
SOUND & RECORDING 06.2017
Hier spielte Ingo Powitzer ein Solo testweise über zwei verschiedene ... und zum Vergleich mit einer Strat, ebenfalls mit Humbuckern.
Gitarren ein: mit einer Les Paul ...
hingegen bringen etwas mehr Klangfärbung auf diesen einen besonderen Kniff gewartet sein, weil ich alle unsere Artikel lese. Bin ich
mit rein. haben, der der Ursprung eines guten Sounds aber definitiv nicht, weil mir neben dem Job
»In der Praxis allerdings kauft man sich ist. Sie warteten vergeblich und mussten fest- die Zeit fehlt, die Sachen intensiv auszupro-
eines, das einem gefällt und bleibt dabei, fer- stellen, dass es sich um eine Verkettung von bieren.
tig, aus! Auch ist das Kabel nicht am Ende vielen kleinen Sachen handelt, auf die man Das Ausprobieren und Anwenden der
daran schuld, wenn der Sound nicht stimmt. achten muss. Angefangen bei den Saiten und gelernten Sachen ist allerdings eine elemen-
In dem Fall ist in der Verkettung vorher schon den Settings der Gitarre über das Gitarrenka- tare Voraussetzung für einen Erfolg und für
etwas verkehrt«, betont Ingo. Und trotzdem bel bis hin zum Mikrofon und der Platzierung das Kennenlernen der klanglichen Auswir-
hat dieser Vergleich ein Grübeln über den im Mix. Ich glaube, es hat viele überrascht, kungen der Techniken −man muss sich den
nächsten Kabelkauf hinterlassen. dass es eigentlich die bekannten Basics sind, Prozess wirklich draufschaffen. Übung und
die zu einem soliden Gitarren-Sound führen. Erfahrung macht den Profi-Recording/Mi-
RESÜMEE Was allerdings dem einen oder anderen xing/Mastering-Engineer − los geht’s! n
Es war auch für mich sehr spannend, beim fehlt, ist die Erfahrung und die Praxis − eben
Workshop dabei zu sein und zu sehen, wie die Zeit, sich mit dem Thema so intensiv zu
Hans-Martin und Ingo im Recording-Alltag beschäftigen wie Hans-Martin und Ingo.
arbeiten. Man hat schnell gemerkt, dass die »Übung macht den Meister« ist eine alte Bau-
beiden ein eingespieltes Team sind und be- ernweisheit, die sich wieder einmal bewährt.
reits viele Gitarren für verschiedene Platten Es reicht eben nicht, sich auf YouTube Tuto- Unseren Klangvergleich mit über 51
Mikrofonen vor dem E-Gitarren-Amp
gemeinsam aufgenommen haben. rials anzuschauen oder sich das Know-how findest du unter
Vielen Teilnehmern war anzumerken, bei uns anzulesen. Denn sonst müsste ich der r www.soundandrecording.de/
dass sie während des Workshops ungeduldig Profi-Recording/Mixing/Mastering-Engineer klangvergleich
Beim Workshop forderte Hans-Martin die Teilnehmer auch am Pult Meister Hans-Martin Buff stellt sich der Herausforderung des
selbst heraus. E-Gitarren-Recordings.
Lange galten Mikrofone als »ausentwickelte« Technologie, die kaum noch Möglichkeiten für umwälzende Innovationen bot. Doch in den letzten
Monaten zeigt sich ein neuer Trend: die Vermählung von Schallwandlertechnik mit dedizierten Plug-ins zur (Nach-)Bearbeitung in der DAW. Diesen
Weg geht nun auch die Firma Lewitt mit ihrem neuen Topmodell, dem LCT 640 TS, und dem dazugehörigen Polarizer-Plug-in.
Doppelkopf
Lewitt LCT 640 TS Großmembran-Kondensatormikrofon mit Twin-Output-Option
TEXT, FOTOS & MESSUNGEN: DR. ANDREAS HAU
HARDWARE Für den Twin-Modus bietet Lewitt LCT 640 TS einen zusätzlichen »Seiten-
Für diejenigen, die mit dem Namen Lewitt weniger vertraut sind: ausgang«, über den sich das Signal der rückwärtigen Membran separat
abgreifen lässt.
Entwickelt werden die Mikrofone in Österreich, gefertigt werden
sie in China. Die Formgebung der Großmembran-Modelle mit
dem »Haltestil« am unteren Ende erinnert ein wenig an das AKG
C 414, allerdings wirken die Lewitt-Mikros noch etwas kantiger.
Der Body des LCT 640 TS ist ein flacher Quader von 131 x 50 x
33 mm mit gebrochenen Kanten. Typisch Lewitt ist die konse-
quente Farbgestaltung in Schwarz mit einem leuchtenden Grün-
Gelb als Kontrastfarbe für das Logo und die Beschriftung. Sogar
der Membranring der 1-Zoll-Großmembran-Kondensatorkapsel
ist grün-gelb.
Das Lewitt LCT 640 TS kommt in einem äußerst robusten
Kunststoffköfferchen mit Innenpolsterung, das jederzeit den Ein-
druck erweckt, man könne damit auf Safari gehen. Neben dem
Mikrofon finden auch die mitgelieferten Zubehörutensilien darin
Platz, als da wären: Staubschutzbeutel, eine elastische Halterung,
ein Schaumstoff-Windschutz, ein Popp-Filter zum Aufstecken auf
die Mikrofonspinne sowie ein XLR-Adapterkabel für den zweiten
Mikrofonausgang, der sich in Form einer dreipoligen Minibuchse Clever: Der kompakte Popp-Schirm behindert nicht die Sicht und wird
von Magneten in Position gehalten.
an der Seite des Mikrofons befindet. Die Öffnung des zweiten Aus-
gangs wird bei Nichtbenutzung mit einem Gummistöpsel verschlos-
sen; dankenswerterweise liegen noch zwei Ersatzpümpel im Koffer,
falls der Originalstöpsel verloren geht.
Das LCT 640 TS muss also nicht ständig als Twin-Mikrofon
mit zwei Ausgängen verwendet werden. Für Aufgaben, die keine
zusätzliche Flexibilität in der Nachbearbeitung erfordern, kann
man das Mikrofon wie ein ganz normales LCT 640 (ohne TS) ver-
wenden. Genauso wie man bei McDonald’s seinen Hamburger
Royal TS auch ohne Tomate/Salat ordern kann.
Bereits die »normalen« Möglichkeiten zur Klanggestaltung In Nierencharakteristik arbeitet das LCT 640 TS in den unteren Frequenzen weitgehend linear, während
sind recht umfangreich. Auf der Frontseite des Mikrofons befindet die Kurve ab 1.000 Hz kontinuierlich ansteigt. Die Plots von Vorder- und Rückseite der Doppelmembran-
kapsel sind praktisch deckungsgleich, was für ein Twin-Mikrofon wichtig ist und für hohe Fertigungsqua-
sich ein beleuchtetes Display mit drei Tastern, welche die zuge- lität spricht.
hörigen Funktionen durchsteppen: Der linke Taster ist für den
Low-Cut zuständig (linear, 40, 80, 160 Hz), der mittlere für die
Richtcharakteristik (Kugel, Breitniere, Niere, Hyperniere, Acht)
und der rechte für die Vordämpfung (0, −6, −12, −18 dB). Letzte-
ren Taster wird man selten benötigen, denn das LCT 640 TS
kommt bereits ohne Pad auf einen Grenzschalldruckpegel von
üppigen 132 dB SPL. Das Eigenrauschen des LCT 640 TS ist mit
11 dB-A spezifiziert, was zwar numerisch deutlich mehr ist als
beim zuletzt getesteten ultra-rauscharmen Lewitt LCT 550; in
der Praxis wird man indes kaum einen Unterschied bemerken. Beim Wechsel zur Kugelcharakteristik verstärkt sich die Höhenbetonung des LCT 640 TS, während es in
In üblichen Anwendungen sind alle Mikrofone bis etwa 12 dB-A Stellung Acht (rote Kurve) eine stärkere Präsenzanhebung aufweist.
FAZIT
Das Lewitt LCT 640 TS ist ein technisch ausgereiftes und sau-
ber verarbeitetes Mikrofon mit einem ebensolchen Klangbild:
offen, luftig und quietschsauber mit klarer Kontur. Bis auf eine
breitbandige Höhenanhebung, die den gesamten Oberton-
bereich wie ein sanftes Tilt-Filter hervorhebt, arbeitet das
Über das Polarizer Plug-in kann die Richtcharakteristik nach der Aufnahme in der DAW
LCT 640 TS bemerkenswert linear. Auf interessante Weise justiert werden.
wirkt das LCT 640 TS zwar kantig, aber nicht scharf, was den
mit ihm aufgenommenen Stimmen und Instrumenten zu
Durchsetzungskraft im Mix verhilft. Den wohligen Schmuse-
Sound klassischer Großmembran-Kondensatormikrofone darf
man nicht erwarten. Das LCT 640 TS klingt so modern, wie es
aussieht. Dazu passt die 21st-Century-Ausstattung mit Twin-
Modus und Plug-in-Nachbearbeitung, die dem LCT 640 TS zu
neuer Flexibilität verhilft. Noch praktischer wäre es, wenn der
Hersteller auch die Stereomatritzierung ins Plug-in integrieren
würde.
Ein nicht zu unterschätzender Praxisvorteil ist, dass man
die Twin-Möglichkeiten zwar nutzen kann, aber nicht muss.
Denn längst nicht immer benötigt man diese neue Flexibilität,
die Richtcharakteristik nachträglich ändern zu können. Im nor-
malen Recording-Alltag kann man das LCT 640 TS als ganz
normales Großmembranmikrofon nutzen, ohne Adapterkabel.
Einfach so. Und das ist doch ultimative Freiheit: Modernen
Nebenbei lassen sich mit einem einzigen Lewitt LCT 640 TS auch Stereoaufnahmen
Schnickschnack auch mal ungenutzt lassen − wohl wissend, machen, wenngleich die Kapselanordnung dafür nicht optimal ist. Das Mikrofon wird
dass man könnte, wenn man wollte. n dazu so gedreht, dass der Rand der Kapsel auf die Schallquelle zeigt.
YAMAHA HPH-MT8
Studiokopfhörer
Yamaha gilt als weltweit größter Hersteller von Musikinstrumenten und ist »nebenbei« Eigentümer bekannter Marken wie Steinberg und Bösendor-
fer. Und das ist noch lange nicht alles: Der Konzern beinhaltet eigene Abteilungen für Consumer-Elektronik, Motorräder und vieles mehr, ja sogar
Golf Carts. Dass Yamaha auch Kopfhörer fertigt, blieb indes bislang weitgehend unbemerkt. Zeit, diese Wissenslücke zu schließen!
++
ausgewogenes Klangbild
++
hoher Tragekomfort
++
gutes Preis/Leistungs-
Verhältnis
Zum Transport
lässt sich der Yamaha +
HPH-MT8 platzsparend zeitloses Design
falten.
Kopfhörer leiden ja unter einem etwas topfi- Praktisch: Die rechte Muschel kann kom- FAZIT
gen Klangbild mit hörbar verfärbten Mitten. plett umgeklappt werden, was z. B. Sängern Der HPH-MT8 ist ein rundum gelungener
Das hat Yamaha seinem MPH-MT8 abge- entgegenkommt, die ein Ohr frei haben Studiokopfhörer. Als Yamahas derzeitiges
wöhnt; er spielt über den gesamten Hörbe- möchten. Eine automatische Signalabschal- Spitzenmodell bietet er umfassende Ausstat-
reich ungewöhnlich sauber und relaxt. Die tung gibt’s jedoch nicht, d. h. die nach außen tung, u. a. mit zwei auswechselbaren Kabeln,
Bässe wirken druckvoll, überschatten aber gedrehte Muschel muss man über den Kopf- und einen praktischen Faltmechanismus. Der
nicht die höheren Frequenzen. Prinzipbedingt hörerverstärker stumm schalten, um Über- Tragekomfort ist hoch für einen geschlosse-
kommen die Höhen nicht ganz so luftig und sprechen ins Gesangsmikro zu unterbinden. nen Kopfhörer, und vor allem stimmt der
»losgelöst« wie bei einem guten offenen Mo- Der HPH-MT8 ist ein sehr »lauter« Kopf- Sound: Der HPH-MT8 klingt druckvoll und
dell, doch im Direktvergleich mit anderen ge- hörer mit einer recht niedrigen Impedanz von ehrlich. Bässe, Mitten und Höhen werden
schlossenen Hörern macht der Yamaha eine 37 Ohm und einem hohen Schalldruckpegel ausgewogen und ohne störende Resonanzen
ausgezeichnete Figur. Auch die wichtigen von 102 dB/mW. In der Praxis konnte ich an abgebildet.
Mittenfrequenzen werden sauber und ohne jedem Kopfhörerausgang mehr als ausreichen- Damit ist Yamahas Spitzenmodell nicht
störende Resonanzen abgebildet. Die Stereo- de Lautstärke erzielen. Der HPH-MT8 ist auch nur ein sehr guter Monitoring-Kopfhörer, er
abbildung ist detailliert mit recht präziser nicht besonders wählerisch; selbst an strom- eignet sich auch fürs Mixing on-the-road
Ortung und nicht zu aufdringlicher Im-Kopf- sparenden Geräten wie Diktiergerät und am bzw. in Live-Situationen, wo hohe Isolation
Lokalisation der Phantommitte. Smartphone liefert der Yamaha-Hörer satten nötig ist. Und auch zum entspannten Musik-
Mit seinem angenehmen, detailreichen Sound und, bei Bedarf, hohe Lautstärke. Ne- genuss eignet sich der HPH-MT8 bestens,
Klangbild eignet sich der HPH-MT8 nicht nur benbei sei angemerkt, dass der Miniklinken- denn sein detailreiches Klangbild macht ein-
fürs Musiker-Monitoring bei Aufnahmen, son- stecker beider Kabel nicht mit der Kopfhörer- fach Freude!
dern taugt auch fürs Mixing. Zumal der Trage- buchse meines MacBook Pro 13 (late 2011- Gemessen an der umfangreichen Aus-
komfort hoch ist. Zumindest, wenn man ihn Modell) kompatibel ist; der Yamaha-Kopfhörer stattung und der tadellosen Performance ist
gelegentlich auch mal absetzt, denn nach blieb stumm − vermutlich weil der Stecker der Straßenpreis des Yamaha HPH-MT8 von
längerem Tragen tritt ein gewisser Hitzestau einen halben Millimeter länger ist als die unter 200,– Euro als günstig einzustufen.
unter den Muscheln auf, was bei einem ge- meisten. An meinem Apple iPad Air trat die- Damit gehört der Yamaha HPH-MT8 definitiv
schlossenen Kopfhörer kaum zu vermeiden ser Effekt nicht auf; es handelt sich also nicht zu den empfehlenswertesten geschlossenen
ist. Dafür ist die akustische Isolation nach um ein generelles Problem mit Apple-Hard- Kopfhörern der Preisklasse bis etwa 400,–
innen und außen recht hoch. ware. Euro. n
KSDIGITAL C5-REFERENCE
Nearfield Monitor
KSdigital C5-Reference
2-Wege-Coax als Nearfield-Monitor mit FIRTEC
AUTOR: ANSELM GOERTZ, FOTOS: DIETER STORK
FIRTEC
In der Bezeichnung FIRTEC steckt die Abkür-
zung FIR für »Finite Impulse Response«, die
einen digitalen Filtertyp mit endlicher Impuls-
antwort beschreibt. Daneben gibt es auch
noch die IIR-Filter (IIR steht hier für »Infinite
Impulse Response«) mit einer in idealisierter
Betrachtungsweise unendlichen Impuls-
antwort. IIR-Filter sind der Standard bei digi-
talen Filtern, da sie einfach und schnell zu
rechnen sind und die Funktion analoger Fil-
ter mehr oder weniger genau nachvollziehen.
Dazu gehört auch das minimalphasige Ver-
halten, d .h., jede Filterfunktion in der Ampli-
tude geht zwangsläufig mit einem minimal
zugehörigen Phasengang einher. Bei FIR-Fil-
tern können dagegen Amplitude und Phase
in Grenzen unabhängig voneinander definiert
werden. Z. B. lassen sich somit X-Over-Filter
ohne Phasendrehung erzeugen oder auch
komplexe Entzerrungen von Lautsprechern in
Amplitude und Phase vornehmen. FIR-Filter
sind dafür in der Berechnung und Ausfüh-
rung etwas komplexer als IIR-Filter, was bei
aktuellen Prozessoren und DSPs aber keine
entscheidende Rolle mehr spielt.
Für den Lautsprecherentwickler bieten
die FIR-Filter die verlockende Möglichkeit,
einzelne Wege oder auch komplette Mehr-
wege-Systeme in der Amplitude und Phase
zu entzerren und damit ein quasi »ideales«
MESSWERTE
Die kompakte C5-Reference hat einen sehr schön gleichmäßigen und für die Größe
der Box auch tief reichenden Frequenzgang. Abweichungen gibt es lediglich an
zwei Stellen. Unterhalb von 150 Hz steigt die Kurve bis 65 Hz um
5 dB an. Wie auch bei anderen Herstellern gerne gesehen, ver-
sucht man so, den bei sehr kleinen Monitoren zwangsläufig feh-
lenden Tiefbass ein wenig zu kompensieren. Johannes Siegler er-
klärt dazu, dass man ohne den kleinen Bass-Boost kaum eine
Chance hätte, beim schnellen Vergleich im Laden zu bestehen.
Knapp über 10 kHz gibt es noch einen scharfen Einbruch, der auf
den speziellen Aufbau des Coax-Chassis zurückzuführen ist, im
Höreindruck aber keine Relevanz hat. Der zugehörige Phasen-
gang in Abb. 2 ist weitgehend linearphasig. Auch hier gibt es wie-
der zwei Ausnahmen: der Sprung bei 10 kHz, der nicht sinnvoll zu
entzerren ist, und die mit dem Hochpassverhalten des Lautspre-
chers einhergehenden 360°-Phasendrehung am unteren Ende des
Frequenzbereiches. Das FIR-Filter kann die Phase an dieser Stelle
nicht mehr entzerren, da das zwingend mit einer zu hohen Filter-
latenz von ca. 25 ms einhergehen würde, die nicht mehr akzepta-
bel wäre. Für die C5-Reference beträgt die Gesamtlatenz für Filter
mit AD- und DA-Umsetzer jetzt ca. 5 ms, die auch für Nahfeld-
abhören problemlos sind.
Sehr schön fällt auch das Spektrogramm der C5-Reference in
Abb. 4 mit einem nahezu perfekten Ausschwingverhalten aus. Die
Isobarendiagramme aus Abb. 5 und 6 weisen für die horizontale
und vertikale Ebene erwartungsgemäß nur geringe Unterschiede
auf. Der −6-dB-Abstrahlwinkel zwischen 1 und 10 kHz beträgt bei
einem insgesamt gleichmäßigen Verlauf ca. 115°, womit auch bei
kurzen Distanzen noch hinreichend Bewegungsfreiheit möglich
ist. Die Maximalpegelmessung mit Sinusburst-Signalen liefert
Werte im Bereich von 100 dB ohne größere Schwachstellen. Le-
diglich unterhalb von 200 Hz fällt die Kurve dann ab, sodass in
der Kategorie Basstauglichkeit noch 94,4 dB abzulesen sind.
01 02 03
04 05 06
07 08 09
01 Frequenzgang auf Achse gemessen in 1,5 m Entfernung; die grüne Linie zeigt den Über- 06 Vertikales Abstrahlverhalten
tragungsbereich (—6 dB) von 51 Hz bis 22,9 kHz. In Blau und um 10 dB versetzt eine Mes-
sung unter einem horizontalen Winkel von 5°.
07 Messung der Intermodulationsverzerrungen mit einem Multitonsignal mit EIA-426B-
Spektrum und 12 dB Crestfaktor für maximal 10 % Verzerrungsanteil; auf 1 m im Freifeld
02 Phasengang auf Achse gemessen; dank FIRTEC arbeitet der C5-Reference in weiten bezogen wird dabei ein Pegel von 97 dB (94 dBA) als Leq und von 109 dB als Lpk erreicht. In
Bereichen linearphasig. den Höhen ist die Modulation durch die kräftige Auslenkung der Tieftonmembran zu
erkennen.
03 Maximalpegel bezogen auf 1 m Entfernung bei höchsten 3 % Verzerrungen (rote Kurve)
und bei höchstens 10 % Verzerrung (blaue Kurve) für den Tieftonbereich bis 300 Hz. 08 Gemittelte Frequenzgangmessung über je 30 Position für den linken und rechten Laut-
sprecher um den Hörplatz (blau). Zielfunktion für die EQ Einstellung in Orange und daraus
04 Spektrogramm der C5-Reference mit einem nahezu perfekten Ausschwingverhalten abgeleiteter EQ in Grün. Verlauf mit EQ in Rot.
05 Horizontales Abstrahlverhalten in der Isobarendarstellung, der Pegel ist beim Übergang 09 Filterfunktionen des Low- (rot) und High-Shelf-Filters (blau) jeweils in maximaler Ein-
von Gelb auf Hellgrün um 6 dB gegenüber der Mittelachse abgefallen.
stellung mit ±6 dB
Hinterm
Ereignishorizont
geht's weiter.
WORMHOLE
Otherworldy Audio Effects Processor
Von atemberaubend breiten Gitarren mit dem Glanz
oktavierter Hallfahnen, über surreal anmutende
Klangwelten und düstere Raumschiff-Atmosphären bis
Blitzsauberes Pitch- und Frequency-Shifting,
extravagantes Spektral-Warping, zwei butterweiche
Hallgeneratoren sowie das einzigartige Morphen vom
hin zu Stimmen von Außerirdischen, Monstern oder Original- zum Effektsignal lassen WORMHOLE so
Den Zynaptiq Fachhändler in Ihrer intelligenten Maschinen — WORMHOLE ist das neue fortschrittlich klingen, als käme es direkt aus einer
unverzichtbare Multieffekt-Kraftpaket aus dem Hause anderen Dimension.
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TESTBERICHTE
ARTURIA AUDIOFUSE
Audio-Interface
Es scheint mir, als habe Arturia hier einfach an wirklich alles denken wollen, viel-
leicht liegt es auch an der Nähe zur Schweiz, denn es scheint das Prinzip »Schwei-
zer Taschenmesser« zu gelten. Wie beim Messer versteckt sich hier im Inneren
alles, was man benötigt, um im Studio oder in der freien Natur zu überleben –
bzw. um dort Gesang aufzunehmen – oder etwas vom Plattenspieler zu sampeln.
Äußerlich kommt das kompakte Gerät im robusten Metallgehäuse daher, der
Formfaktor erinnert an den Mac mini, farblich hat man die Wahl zwischen den Ge-
schmackssorten Classic Silver, Spacey Grey oder, wie beim Testgerät, Deep Black.
Das zweiteilige Gehäuse besteht aus dem eigentlichen Interface und seinem Deckel,
der entweder als Unterbau oder als Schutzkappe dient. Sehr praktisch, denn so
bietet der Deckel im Studio und on the road Schutz vor klassischen Gefahren wie
Staub oder Feuchtigkeit.
Wird der runde Arturia-Button links oben gedrückt, öffnet sich die
Mixer-Software im Rechner — kleiner Kniff mit großer Zeitersparnis.
+++
Phono-Verstärker
+++
Mixer-Button
–
Qualität der Drehregler
einem dezidierten Line- und Mic-Pre-Amp What you see/press is what you get. Wenn FAZIT
pro Kanal verbaut. Arturia nennt diese Tech- ich von Monitor A zu B wechseln möchte, Arturia schlägt mit dem AudioFuse mehrere
nik »DiscretePRO«, und laut Hersteller lassen drücke ich eben den korrespondierenden Fliegen mit einer Klappe oder, um bei dem
sich hierdurch Werte für den Rauschabstand A/B-Knopf und muss nicht durch irgendwel- Schweizer Taschenmesser vom Anfang zu blei-
und Klirrfaktor erzielen, die eigentlich eher in che Ebenen steppen − sehr erfrischend. ben, hat einfach jedes Werkzeug mit an Bord.
teureren Wandlern zu finden sind. Zentral auf dem Bedienfeld finde ich den Ob Pre-Amp, Phono-Verstärker, Monitor-Con-
(leider gerasterten) Hauptregler für die Abhör- troller, USB-Hub, MIDI- oder eben als Audio-
UNTER KONTROLLE lautstärke, mit den kleineren Tastern lassen wandler, das AudioFuse überzeugt in allen
Auf der Bedienoberfläche des Interfaces tum- sich die Phantomspeisung aktivieren, die Teildisziplinen und bietet eine Vielzahl an
meln die wichtigsten Bedienelemente. Arturia Phase drehen sowie Pad- und Input-Signal durchdachten Features, die man in der Preis-
fährt hier eine andere Strategie als die Kon- auswählen. Haptisch gefallen mir die Dreh- klasse bei der Konkurrenz vergebens sucht.
kurrenz, denn wo RME, Apogee & Co ver- regler nicht. Ich finde, hier hätte man etwas Für einen Straßenpreis von knapp 600,–
suchen, möglichst viele Funktionen auf einen hochwertigere Regler verbauen können, denn Euro bietet Arturia ein USB-Audio-Interface,
Regler zu reduzieren, gehen die Franzosen ansonsten wirken die übrigen Bauteile sehr welches auf allen gängigen Betriebssystemen
den entgegengesetzten Weg und spendieren stabil. Zwei Highlights in diesem Bereich sind (OSX, WIN, Linux, iOS, Android) läuft und
jeder Funktion genau einen Regler. Zwar er- der Mono-Taster, um den Mix mono zu schal- dank der hohen Konnektivität alle erdenk-
gibt sich aus diesem Ansatz eine große Fülle ten, und der sogenannte Arturia-Button, mit lichen Tools für den Heimgebrauch und un-
an Knöpfen und Drehreglern, anderseits er- dem die Mixer-Software in der DAW geöffnet terwegs bietet − das Warten hat sich also ge-
übrigen sich hierdurch Doppelbelegungen: werden kann. lohnt. n
ROLI BLOCKS
5D-MIDI-Controller
Der britische Hersteller Roli hat sich besonders in den letzten Jahren einen Namen mit dem Seaboard gemacht. Diese Keyboard-Serie mit extravagant
anmutender Silikon-Tastatur bietet sehr expressive Spielmöglichkeiten mit insgesamt fünf Berührungsdimensionen dank Multidynamic Polyphonic
Expression, kurz »MPE«. Insofern war es nur eine Frage der Zeit, bis diese Technologie auch im Stile einer Matrix bzw. eines Drum-Pads auf den
Markt kommt.
Und genau das hat Roli offenbar mit seinen logie. Die erste Dimension namens »Strike« wandelt. Besonders interessant sind aber die
neuen Blocks realisiert. Das Lightpad, ein Teil verarbeitet die Anschlagsdynamik, während zwei folgenden Dimensionen: »Glide« erkennt
des neuen »Modular Music Studio«, unter- die zweite namens »Press« den Druck über Fingerbewegungen auf horizontaler und
stützt ebenfalls die hauseigene 5D-Techno- die gesamte Haltedauer in MIDI-Daten um- »Slide« auf vertikaler Ebene. Zu guter Letzt
»Project Sync« sichert alle Projekte im eigenen licher Form bereits von Ableton Push. Beim Auch ein Mixer-Block-Mode darf nicht
User-Account − sehr gut, um Backups anzule- Lightpad gibt es jedoch keine Funktion, die fehlen. Hier stehen vier Touch-Fader und vier
gen oder eine Komposition auf einem ande- alle Segmente der Matrix zusammenrückt stilisierte Buttons für die freie MIDI-Belegung
ren iOS-Geräte fertigzustellen. Der Online- bzw. lückenlos füllt, was den aktuell spielba- zur Verfügung. Die Kontrolle von vier Fadern
Speicher ermöglicht einen »Remix« von Pro- ren Notenbereich nicht optimal ausnutzt. in der DAW klappt gut − nach der Zuweisung.
jekten für andere User, sofern die Daten in der Die Dimensionen Slide und Glide sind Weil Blocks aber kein Steuerprotokoll wie
Community Noise.FM freigegeben wurden. durch das Design zwangsläufig eingeschränkt. beispielsweise Mackie Control unterstützt,
Im Gegensatz zum Seaboard lassen sich No- wandern die Fader in der DAW nicht mit, so-
DAS LIGHTPAD IM BETRIEB ten, die am unteren Rand des Lightpad lie- bald man einen fünften Kanal selektiert. Eine
Nun gut, kommen wir wieder zur Hardware. gen, nur nach oben transponieren. Diesbe- Bank/Nudge-Funktion fehlt ebenso.
Das Lightpad bietet diverse Modi, die man züglich wäre eine Funktion wie bei Ableton Die quadratische Touch-Oberfläche eig-
teils per App, Dashboard oder mit dem Mode- Push hilfreich, welche die Matrix frei − nicht net sich natürlich hervorragend als XYZ-Pad.
Button am Gerät selbst wechseln kann. Im nur in Oktaven − verschiebt. Der Modus Im gleichnamigen Modus wird für jede der
Modus »Melodic Block« verwandelt sich die »Drum Block« zeigt ein Raster mit 2x2, 3x3 drei Achsen ein eigener MIDI-CC gesendet,
Oberfläche in eine 5x5-Matrix, mit der man oder 4x4 Pads an, die sich bestens eignen, werksseitig 113, 114 und 115. Einmal einge-
Melodien innerhalb einer frei definierbaren um Drum-Sampler wie Battery oder Ultra- richtet, lassen sich recht komplexe Vorgänge
Tonart spielen kann − inklusive polyfonem Beat anzusteuern. wie etwa Frequenz, Resonanz und Drive des
Pitchbend und Aftertouch. Im Fader-Block-Mode erscheinen vier Auto-Filter in Ableton Live mit nur einem
Noten außerhalb der Skala lassen sich Schieberegler, die man beliebigen MIDI-CCs Finger bedienen.
durch den Befehl »Hide« verstecken. Optisch in der DAW zuweisen kann. Mit dem Mode- Getestet wurde u. a. mit dem Software-
ist das recht hilfreich, obwohl die Noten den- Schalter lässt sich zwischen insgesamt vier Synthesizer Strobe 2 von FXpansion, welcher
noch erklingen, wenn man einen der schwar- dieser Ansichten umschalten, was die Regler- die MPE-Technology offiziell unterstützt. Zahl-
zen Bereiche drückt. Das kennt man in ähn- anzahl auf 16 erhöht. reiche Patches sind dementsprechend mit dem
FAZIT
Die Bezeichnung »Modular Music Studio« ist leicht irreführend, da
die drei Block-Module selbst keine eigenen Klangerzeuger inne-
haben. In Verbindung mit der Noise-App hat man jedoch großen
+++
interessantes MORPH 2.0
Real-Time Structural Audio Morphing
Modular-Konzept
++
gute Haptik
+ www.zynaptiq.com/morph/ www.zynaptiq.com
mehrfarbige LEDs
–
App erlaubt keinen
Import von eigenem
Audio-Material
–
keine Android-
Unterstützung
IZOTOPE RX 6
Restaurations-Software
iZotope hat im April die neuste Auflage der populären Restaurations-Software RX veröffentlicht. Die sechste Version bringt eine ganze Reihe neuer
Features mit, die nicht nur für den Post-Produktionsbereich interessant sind, sondern ebenfalls die Arbeit in der Musikproduktion erleichtern können.
Mit welchen Kniffen iZotope in RX 6 aufwartet und wie sich diese in der Praxis schlagen, erfahrt ihr hier.
Seit der Veröffentlichung von iZotope RX im war, wurde durch iZotope einer breiten müssen. Die Updates RX 2 bis RX 5 brachten
Jahr 2008 hat sich viel getan. Was zuvor nur Masse zugänglich gemacht, ohne Abstriche viele nützliche Features mit, die jedoch in ers-
mit sündhaft teurer Software zu realisieren an der Klangqualität in Kauf nehmen zu ter Linie auf die Anforderungen und Work-
+++
Klangqualität und Handhabung
+
Gratis-Tutorials zu einigen
neuen Funktionen
–
Mehrkanal-Formate nur
bedingt unterstützt
Im Composite View können bis zu 16 Audiodateien gleichzeitig bearbeitet werden. Dadurch können Störge-
räusche viel schneller aus einer Mehrspuraufnahme entfernt werden, als dies bisher der Fall war. Die Ansicht
RX 6 zeigt eine übersichtliche Zusammenfassung der Spektren aller Dateien, und die Bearbeitung läuft wie mit
einer einzelnen Audiodatei ab.
Hersteller/Vertrieb
iZotope / Fachhandel
Preise
129,− Euro (Elements);
399,− Euro (Standard);
1.199,− Euro (Advanced);
1.499,− Euro (Post Produc-
tion Suite 2)
r www.izotope.com
Das Rascheln der Kleidung kann bei Ansteckmikrofonen zu Problemen führen. Das neue »De-rustle«-Modul
entfernt diese Störgeräusche schnell, obwohl es sich um recht komplexe und unterschiedliche Arten von Ne-
bengeräuschen handeln kann.
flows in der Film- und Fernsehtonproduktion auch dort viele Einsatzgebiete für Restaura- bisher eine eher untergeordnete Rolle. Das
abzielten. tions-Software gibt. Mit dem Update auf Ver- liegt vermutlich daran, dass die klanglichen
Genau deshalb hat iZotope sich mit RX sion 6 scheint es nun, als würde sich iZotope Probleme durch einen ausführlichen Sound-
im Bereich der Post-Produktion einen guten nun auch dieser Zielgruppe zuwenden. check, die Wiederholung eines Aufnahme-
Namen gemacht, und de Software gehört als Takes oder Veränderungen im Signalweg ge-
Problemlöser mittlerweile zum Standard- DIE ZEITEN ÄNDERN SICH löst werden oder gar nicht erst auftreten. Im
Arsenal vieler Produktionen. Im Musikstudio In vielen Tonstudios, die auf Musikproduk- Gegensatz zu einer Film- oder Fernsehpro-
sieht dies allerdings anders aus, obwohl es tionen spezialisiert sind, spielt iZotope RX duktion kostet die Zeit im Musikstudio deut-
NEUERUNGEN IN RX 6
Eine eindeutige Einteilung der Neuerungen
in Post- oder Musik-Features macht nur be-
dingt Sinn, da viele Module in beiden Berei-
chen eine Verwendung finden können.
Zur Verbesserung von Sprach- und Ge-
sangsaufnahmen wurden drei neue Module
Ein Wermutstropfen bleibt die immer noch nicht vorhandene Mehrkanal-Unterstützung
in RX 6 integriert. Als erstes Modul ist der in iZotope RX. Gerade für die neuen 3D-Audioformate, die spezielle Anforderungen für
De-Esser zu nennen, der die Bearbeitung ent- den Tonbereich mit sich bringen, sollte eine flexible Handhabung mehrerer Audiokanäle
weder im »Classic«-Modus oder auf spektra- implementiert werden.
FAZIT
iZotope RX 6 kommt mit einem sehr umfang-
reichen Feature-Set daher und rückt die Res-
DE-BLEED HAT DAS POTENZIAL, taurations-Software näher in Richtung der
Musikproduktion, ohne dabei die Kundschaft
SICH ZUM GÄNGIGEN »FIX IT IN THE aus dem Post-Produktionsbereich zu vernach-
lässigen. Viele der neuen Module schaffen es,
bestimmte Arbeitsschritte der Restauration
MIX«-WERKZEUG ZU MAUSERN. nun automatisch vorzunehmen, und ermög-
lichen somit eine zeitsparendere Bearbeitung
des Audiomaterials. Zudem lassen sich nun
weitere Workflow-Aspekte optimieren, was in
erster Linie der »Composite View« und den
Filter-Listen der Module geschuldet ist.
RX 6 bietet ein sehr umfangreiches Up-
date der beliebten Restaurations-Software,
Drum, ohne die anderen Schlagzeug-Kompo- verfügbaren RX-6-Module sind in drei Menüs und sowohl ein Upgrade von älteren Versio-
nenten zu stark hochzupumpen. kategorisiert, welche die Prozessoren jeweils nen als auch die Neuanschaffung einer RX-
Eine zweite Anwendung von De-bleed war ein- oder ausblenden lassen. Der eigentliche Variante wird sich schon bei kleinen Projek-
die Bearbeitung einer Bandaufnahme, die von Clou ist dabei jedoch das Erstellen von eige- ten schnell bezahlt machen. Und genau das
fünf Musikern gemeinsam im Aufnahmeraum nen Listen, die auf bestimmte Arbeitsschritte macht einen zuverlässigen Problemlöser aus.
eingespielt worden war. De-bleed machte es angepasst werden und die nicht benötigten Von meiner Feature-Wunschliste für die nächs-
möglich, die störenden Übersprechungen auf Module ausblenden lassen. So können eige- te RX-Version habe ich jedenfalls einige Ein-
der Akustikgitarren-Spur deutlich zu verrin- ne, auf den Workflow angepasste Werkzeug- träge streichen können.
gern, ohne starke Klangeinbußen hinnehmen paletten abgespeichert werden. Wer die aktuelle Version von RX selbst
zu müssen. Auch bei den Audiofiles des akus- ausprobieren möchte, kann bei iZotope eine
tischen Klaviers und des E-Gitarren-Amps ELEMENTAR BIS ADVANCED voll funktionsfähige 30-Tage-Demoversion
konnte durch De-bleed eine Verbesserung er- Die aktuelle Version der Software ist in drei downloaden, bei der lediglich die Speicher-
zielt werden. Dieses Feature hat meines Erach- Varianten verfügbar, die sich in Funktions- Funktion deaktiviert ist. Zusätzlich finden
tens ein sehr großes Potenzial, sich zum gän- umfang und Preis unterscheiden. »RX Ele- sich auf der Website von iZotope einige
gigen »Fix it in the mix«-Werkzeug zu mausern. ments« löst mit dem Release von RX 6 das Übungsdateien und zugehörige Tutorial-
Sehr nützlich für einen verbesserten Work- 2016 vorgestellte »RX Plug-In Pack« ab und Videos, mit denen sich die neuen Features
flow war der neue »Modul List Filter«. Alle ist, wie der Name schon verrät, die abge- auf einfache Weise ausprobieren lassen. n
Reverb-Plug-in +++
übersichtliche Bedienoberfläche
+++
umfangreiche Preset-Sammlung
++
Temposynchronisation von Pre-Delay
–
Der Modus »Low CPU« erfordert
einen Neustart.
Dass Liquid Sonics umfangreiche Erfahrung hinsichtlich künstlicher Hall-Erzeugung vorweisen kann, zeigte der Hersteller bereits mit »Reverberate«
oder der iOS-App »Mobile Convolution«. Zudem brachten Kollaborationen mit Image Line den »Fruity Convolver« für FL Studio oder das kürzlich vor-
gestellte Plug-in »Verb Suite Classics« für Slate Digital hervor. Nun wendet sich die Softwareschmiede der Firma Bricasti Design Ltd zu, um eines
der meist verehrten Hallgeräte der gegenwärtigen Studioszene, den Bricasti M7, zu emulieren.
Im siebten Hall-Himmel
Liquid Sonics Seventh Heaven Professional Reverb-Plug-in
AUTOR: AXEL LATTA
Zwar erhielt Liquid Sonics die Genehmigung, INSTALLATION UND EINRICHTUNG GUI UND WORKFLOW
alle Samples zu nutzen und auch mit der Be- Das Plug-in ist mit den Schnittstellen VST, Seventh Heaven Professional zeigt sich mit
zeichnung »M7« hausieren zu gehen, auf eine AU und AAX für 32- sowie 64-Bit-Host ver- einer sehr übersichtlich gestalteten grafischen
offizielle Emulation der Edelhardware hat man fügbar. Der Installer wird werksseitig mit Oberfläche. Auf der linken Seite befindet sich
sich jedoch nicht geeinigt. Wie Liquid Sonics knapp 3,5 GB an Presets ausgeliefert. Zwei ein großzügig dimensionierter Drehknopf für
selbst verlauten lässt, erhalte man kein M7 weitere »Preset Expansions«, die etwa 7,5 GB das Einstellen der Nachhallzeit. Flankiert
als Plug-in, doch komme man dem Hardware- umfassen, gibt es optional zum kostenlosen wird dieser von je einem »Mix«- und einem
Original näher. Das Plug-in beinhaltet also Download. »Gain«-Regler. In der Mitte übernehmen zwei
nicht die originalen Algorithmen, die im 19"- Leider lässt sich während der Installation Felder die Programmauswahl. Das obere Feld
Gerät auf sechs DSPs berechnet werden. kein eigener Pfad für die Impulsantworten an- listet die Kategorien Ambience, Chambers,
Nichtsdestotrotz verhalte sich Seventh geben, und so landen auch die »Preset Expan- Halls, Plates, Rooms und Spaces, wobei es die
Heaven Professional wie ein algorithmischer sions« erst Mal auf der Systemplatte. Aller- letzten vier Kategorien in zweifacher Ausfüh-
Hall. Wie schon ein paar der Vorgänger arbei- dings kann man die Presets im Nachhinein rung gibt, denn neben der ersten Algorithmus-
tet auch die neuste Errungenschaft mit der aus dem »Data«-Ordner fischen und beliebig Version ist hier auch die Revision, mit dem
Technologie namens »Fusion-IR«, welche verschieben, sofern man dem Plug-in den Zusatz »2« gekennzeichnet, vorhanden. Da-
sehr flexible Parameteränderungen ermög- neuen Ort mitteilt. Für den Betrieb ist ein runter lassen sich die eigentlichen Program-
lichen soll. iLok notwendig. me auswählen. Ein Mouse-Over verrät die
SOUNDDESIGN
Klanglandschaft
Ach ja, irgendwann musste es ja so weit sein. Was wäre eine Sounddesign-Reihe ohne diesen absoluten Klassiker: den guten, alten Telefonstimmen-
effekt. In unzähligen Varianten wurde er schon in musikalischen Werken verwendet, und aus der Film- und Gaming-Landschaft ist er schon mal
überhaupt nicht wegzudenken, denn wir Menschen telefonieren nun mal gerne und viel.
Eigentlich ist der Telefonstimmeneffekt gar GRUNDLAGEN Haben wir eine Aufnahme zur Hand, die
nichts Besonderes und lässt sich sehr einfach Als Rohmaterial benötigen wir eine ganz nor- funktioniert, fangen wir mit dem Wichtigsten
reproduzieren. Man braucht nur ein steilflan- male Sprachaufnahme. Dabei sollten wir aller- für den Sound an: dem Filter oder alternativ
kiges Filter, und der grundlegende Effekt steht. dings darauf achten, dass diese von ordent- einem EQ mit flexiblen, steilflankigen Low-
Wer außerdem mal die Preset-Listen seiner licher Qualität ist, sprich: Auch wenn wir es und Hi-Cut-Bändern. Als Faustregel kann
Lieblings-EQs und -Filter durchforstet, der hier mit einem Lo-Fi-Effekt zu tun haben, man oft nachlesen, dass die Cutoff-Frequenz
wird dort sicher auch das eine oder andere schränken wir uns doch unnötig ein, wenn des Low-Cuts bei ca. 300 Hz und die des Hi-
Telefoneffekt-Preset finden. Wir gehen an das Quellmaterial qualitativ nur mittelmäßig Cuts bei ca. 3 kHz einzustellen sei. Ich per-
dieser Stelle deshalb einen Schritt weiter und ist. Außerdem wichtig: Die Aufnahme sollte sönlich weiche von diesen Werten leicht ab
schauen, wie wir diesen simplen Effekt noch möglichst trocken sein, das gibt uns später und schiebe den Low-Cut eher in Richtung
weiter verbessern und realistischer gestalten mehr Flexibilität, um die Stimme in verschie- 400 Hz und den Hi-Cut in Richtung 2 kHz.
können. dene Räumlichkeiten zu stellen. Diese Werte sind jedoch stark von der Flexibi-
FIX MY MIX
Mixing Tutorial
Rocksongs müssen nicht immer gleich aus 150 Audiospuren bestehen und 30 Gitarren beinhalten. In dieser Ausgabe haben wir uns eines Songs an-
genommen, der sich am Classic-Rock der 60er/70er-Jahre orientiert. Ganz im Stil von Thin Lizzy sollte der fertige Mix nach einer Band klingen, die
den Song zusammen live im Studio eingespielt hat. Leider konnte der alte Mix aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Band die meisten Instru-
mente im Overdub-Verfahren eingespielt hat und somit nicht die Energie und den Groove einer Live-Band erreicht.
Wie der eine oder andere vielleicht schon Tutorial, wie wir auf die Probleme der Einzel- weit über der Band, und man hörte an einigen
mitbekommen hat, haben wir seit ein paar spuren eingegangen sind und welche Lösun- Stellen, dass bestimmte Instrumente nach-
Monaten eine Video-Tutorial-Reihe mit unse- gen wir für den neuen Mix gefunden haben. träglich eingespielt worden waren. Außerdem
rem Partner Universal Audio, die sich mit hatte der gesamte Mix leider nicht den Punch
dem Mischen von Songs im Detail beschäf- ANALYSE und den Biss, den man von einem Rocksong
tigt: Fix My Mix. Hierzu können uns Musiker Für diese Folge hat uns Marcus Treinen den erwarten würde.
verschiedenster Genres ihre vermeintlich Song Schooldays von der Band Stairway to the
schlecht gemischten Songs schicken (an River aus Düsseldorf eingeschickt. Ein großes TIMING
redaktion@soundandrecording.de), und wir Problem im alten Mix ist, dass die Band leider Zuerst habe ich die Gitarren und den Bass
erstellen dann einen komplett neuen Mix. nicht so gut als Einheit funktioniert hat. Vom etwas mehr auf den Groove des Schlagzeugs
Außerdem zeigen wir euch in einemVideo- Lautstärkeverhältnis her stand der Gesang geschnitten. Dabei ging es nicht darum, alles
ANALOGER KLANG
Ich wusste, dass der alte Mix auf einem ana-
logen Mischpult gemischt worden war. Ich
wollte diese Klangcharakteristik übertragen
und habe deshalb eine Plug-in-Emulation
Der SSL 4000 Channel
von einem Mischpultkanal im Mix verwen- Strip war stark für den
det: den neuen SSL 4000 Channel Strip von Gesamtsound aller Instru-
mente verantwortlich.
Universal Audio. SSL steht wahrscheinlich
Der Fender ’55 Tweed
wie kein anderer Mischpulthersteller für den Deluxe hat hier aus dem
bewährten Rocksound. Damit hatte ich nicht DI-Signal eine zweite
Gitarrespur gemacht.
nur relativ viele Bearbeitungsmöglichkeiten
wie Distortion, Kompressor, Gate und EQ in
nur einem Plug-in, sondern im Grunde auch
die gleiche Klangfärbung auf allen Spuren.
Dazu kamen noch weitere Plug-ins zum
Waldemar Vogel − Credits:
Einsatz, wie der Transient Designer von SPL u. a. Engineer und Produzent
oder der SSL Buskompressor auf den Schlag- für Max Giesinger, Roger
Cicero, Jupiter Jones, Chilly
zeugspuren und der SPL Twin Tube Röhren-
Gonzales, Frida Gold, Stefa-
prozessor auf den E-Gitarren. Außerdem be- nie Heinzmann und Helene
nutze ich oft die Ampeg B-15N-Amp-Simula- Fischer
tion, um dem Bass-DI-Signal etwas mehr
Fundament und bei diesem Song auch etwas
mehr Zerrung zu geben.
lichen Gitarre zu meiner zweiten Gitarre um- Kopieren der Audiospur und das Vertauschen
STEREOBILD bauen. Als Erstes habe ich die »Fender ’55 der Refrains zwei unterschiedliche Aufnahmen
Generell klangen die meisten Spuren alleine Tweed Deluxe«-Gitarren-Amp-Simulation auf basteln und relativ schnell den Gesang etwas
sehr gut. Also musste ich gar nicht so viel re- die DI-Spur gelegt. Damit hatte ich schon mal breiter machen.
parieren, sondern viel mehr die Klangfarbe eine richtig gut klingende zweite Gitarre. Lei- Das waren zunächst einmal die wichtigs-
der einzelnen Instrumente aufeinander an- der würde das alleine aber nicht viel bringen, ten Bearbeitungsschritte. Weitere Einzelhei-
passen. Ein größeres Problem war, dass es nur weil die original Gitarrenspur und das DI-Sig- ten zum gesamten Mix findet ihr in unserem
eine Gitarre über den gesamten Song gab. Da- nal von derselben Aufnahme stammen. Video-Tutorial unter
her ging der Refrain leider nicht ganz so weit Also musste ich auf der DI-Spur die Re- r www.soundandrecording.de/fixmymix. n
im Stereobild auf, wie man es von einem sol- frains miteinander vertauschen, sodass sich
chen Song erwarten würde. Oft werden zwei beide Spuren in jedem Refrain tatsächlich
Gitarrenspuren nacheinander aufgenommen voneinander unterscheiden. Jetzt konnte ich
und nach links und rechts gepannt, um eine die Spuren komplett nach links und rechts
Die »Fix My Mix«-Video-Tutorials
gewisse Stereobreite zu erzielen. Vorausset- pannen und bekam einen richtig breiten findest du unter
zung für einen guten Stereoeffekt ist aber, dass Refrain.
rwww.soundandrecording.de/
es wirklich zwei Mal gespielt werden muss. Denselben Trick habe ich übrigens auch fixmymix
Nur dann entsteht auch dieser Effekt. bei den Gesangsdopplungen angewendet.
Deswegen musste ich hier etwas tricksen Auch hier gab es leider nur eine einzige Au- Wir suchen nach neuen Einsendungen für die weiteren Folgen. Schickt
uns einfach euren alten Mix an redaktion@soundandrecording.de.
und das vorhandene DI-Signal von der eigent- diospur. Und auch hier konnte ich durch das
STUDIOTIPPS
Kniffe, die die Welt verbessern
Vor vielen, vielen Jahren dachte ich mal, dass ein Exciter auf der Lead-Vocal uns endlich zu dem professionellen Gesamtsound führen würde, den
wir seit Jahren anstrebten. Damals gab es so etwas noch nicht als Software, also wurde die letzte Bandkohle zusammengeworfen und eine schicke
19"-Hardware gekauft. Die Ernüchterung kam relativ schnell, denn nun traten die Schwachpunkte des Gesangs noch deutlicher zum Vorschein, und
obendrein hatten wir jetzt mit S-Lauten zu kämpfen ...
In der letzten Folge der Studiotipps ging es mehr Qualität bewirkt. Es nützt schlicht nichts, de Aufnahmen lassen sich meist nicht dadurch
um die Frage, wie man einen Sound kreativ möglichst viele halbgare Signalquellen mit verbessern, indem du weitere Aufnahmen
und passend im Stereopanorama platziert. unterschiedlichsten Mikrofonen aufzuneh- hinzunimmst.
Auch dort haben wir schon bemerkt, dass der men und sich dabei in einem Wust aus Spu- Um eine Spur auch frequenzmäßig ein-
Grundsatz »Viel hilft viel« nicht unbedingt ren und Takes völlig zu verzetteln. Unpassen- zupassen, ist es ebenfalls unwichtig, wie viele
STUDIOSZENE
Tonscheune Oleak, Berlin
Leben und arbeiten unter einem Dach ist für Musikproduzenten ein eher schwieriges Vorhaben. Aber es ist möglich: Filmmusikkomponist Rainer Oleak
hat sich seinen ganz persönlichen Traum vom Homestudio verwirklicht. Besonderes Augenmerk wurde auf eine optimale Abhörsituation gelegt.
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07, 08 Die Abhöre besteht aus einem 5.1-Setup mit Geithein RL-
903-Monitoren sowie einer passiven Stereoabhöre mit Subwoofern
vom Schweizer Hersteller Strauss Elektroakustik. Sie dient als Haupt-
abhöre und ist momentan mit dem Trinnov ST-2 Pro (unten) opti-
miert. In Kürze soll auch das Surround-Setup mit Trinnov-Geräten
ausgestattet werden.
VINTAGE-FX
EMT 240 »Goldfolie«
Das EMT 240 − besser bekannt als »Goldfolie« — ist trotz seiner stattlichen Maße eine eher schlichte Erscheinung, die leicht über die verborgenen
Werte hinwegtäuscht. So besitzt das EMT 240 doch wortwörtlich ein Herz aus Gold.
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2005 stellte Yamaha mit dem Tenori-On einen elektronischen Klangerzeuger vor, der wie ein futuristischer Rechenschieber aussieht, aber eigent-
lich keine Vorbilder aus der realen Welt hat. Das merkwürdige, aber innovative Tool wurde u. a. von Björk und Little Boots eingesetzt.
Das Tenori-On ist ein unkonventioneller gehört zu den ersten Computerspielen, bei diversen Käfern, die Instrumente repräsentie-
Hardware-Sequenzer mit Lauflichtprogram- denen es dem Spieler möglich ist, selbst Musik ren und von rechts nach links laufen, zum
mierung und interner Klangerzeugung. Markt- zu generieren. Für Microsoft erdachte er das Klingen gebracht. Bekannt wurde Iwai aber
reif war das Tenori-On übrigens erst 2007, als Musikspiel Sim Tunes, bei dem man durch vor allem mit dem Musikspiel Electroplank-
man es für ca. 900,− Euro erwerben konnte. das Malen eines grobpixeligen Bildes (bei ton für Nintendo DS, bei dem man mit ver-
Der hohe Preis und der unkonventionelle dem jedes Pixel eine Note repräsentiert) ein schiedenen Modes spielerisch Ambient-artige
Ansatz verhinderten aber einen größeren Ver- Musikstück erschafft; die Pixel werden von Sounds erzeugt. Seine Erfahrungen mit der
kaufserfolg, und so wurde das magische Qua-
drat eher zu einem exotischen Tool für Bes-
serverdienende.
Zu der letztgenannten Gruppe gehören
neben Tenori-On-Usern wie Four Tet, Björk
und Little Boots auch Keyboard-Heroen wie
Jordan Rudess von Dream Theater. Yamaha
initiierte ein Jahr nach der Markteinführung
eine Tour mit Acts wie Safety Scissors, Sutekh,
Jim O’Rourke, Atom Heart und Pole. Auch
Filmkomponist Hans Zimmer setzte das
Tenori-On ein (u. a. bei der »Dark Knight«-
Premiere).
ELECTROPLANKTON
Toshio Iwai hatte schon immer ein Faible für
Dinge mit einem gewissen Anime-Niedlich-
Die iOS-App TNR-i ist dem
keitsfaktor und spielerischem Zugriff auf mu-
Tenori-On nachempfunden.
sikalische Ereignisse. Der japanische Medien- Die Software verfügt in der
künstler, der auch schon im Guggenheim- Variante TNR-e auch über
aktuelle Sounds aus den
Museum ausgestellt wurde, entwarf 1987 das
Bereichen Dubstep, House
Spiel Otocky für das Nintendo Famicon-Sys- und Techno.
tem, bei dem die Hintergrundmusik durch die
Bewegungen der Spielfigur erzeugt wird. Es
Game-Software flossen auch in die Konzep- außergewöhnliche Modi, die simultan editiert PUTZIGKEIT
tion des Tenori-On ein, das er für Yamaha werden können. Der Score-Modus bietet eine Die 32-fach polyfone Klangerzeugung basiert
entwarf. luxuriöse Lauflichtprogrammierung, die 16 auf einem ROM-Sample Player mit 253 Pre-
Tonhöhen verarbeiten kann. Im Random- sets, bei denen man nur Lautstärke und Re-
QUADRATISCH, PRAKTISCH, ABGEDREHT Mode wandert das Lauflicht nicht immer von lease-Phase verändern kann. Drei Presets las-
Herzstück des Gerätes ist eine Matrix mit links nach rechts, vielmehr werden die Noten sen sich (via SD-Karte) durch die Integration
16x16 runden Leucht-Tastern, die jeweils (wie bei manchen Arpeggiator-Modes) in der eigener Samples mit einer maximalen Länge
eine Spur eines intuitiv bedienbaren Step- Reihenfolge ihrer Programmierung abgespielt, von 0,97 Sekunden gestalten. Eine gewisse
Sequenzers mit 16 Tracks repräsentieren; wobei auch ungerade Loop-Längen möglich Putzigkeit ist auch der Soundauswahl des
man findet die Leuchtmatrix auch an der sind. Um noch mehr unvorhergesehene Be- Gerätes nicht abzusprechen, hier bleept und
Rückseite des ca. 700 Gramm schweren Ge- wegung ins Spiel zu bringen, lässt sich noch clonkt es meist Telespiel-mäßig und versprüht
rätes, sodass man bei der Live-Performance ein Rotate-Parameter aktivieren. Der Draw- oft eine Anime-Kinderzimmer-Seligkeit. Böses
bühnenwirksam agieren und programmieren Modus gibt das unquantisiert wieder, was oder gar Harsches ist hier kaum anzutreffen.
kann. Liefen bei Sim Tunes noch diverse Kä- man in Echtzeit mit den 256 Matrix-Tastern Aber das kann ja auch seinen Reiz haben,
fer durchs Bild, hat man hier eine leistungs- »gemalt« hat. zumindest hat die Klangauswahl einen eige-
fähige und intuitiv bedienbare Lauflichtpro- Spiel und Spaß bietet der Bounce-Mode: nen, jugendfreien Charakter. Außerdem ist
grammierung, die diverse Modi bietet und Inspiriert von diversen Computerspiel-Klas- das Tenori-On nicht unbedingt wegen seiner
vor allem polyfon arbeitet, was bei Hardware- sikern kann man hier u. a. die Lichtpunkte Sounds, sondern vor allem wegen seines ein-
Step-Sequenzern eher selten der Fall ist. wie Bälle vertikal springen und rhythmische zigartigen Sequenzers interessant, mit dem
Das ca. 20 x 20 cm große Gerät ist mit Strukturen erzeugen lassen. Um das Ganze sich per MIDI externe Klangerzeuger ansteu-
einem edlen, röhrenförmigen Rahmen aus harmonischer zu gestalten, kann man das ern lassen.
Magnesium ausgestattet, in den außer zwei Klanggeschehen mit einer der neun Master- Das Tenori-On wurde uns freundlicher-
kleinen, klanglich durchaus überzeugenden Skalen strukturieren. weise von Jörg Sunderkötter zur Verfügung
1-Watt-Lautsprechern auch ein SD-Schacht gestellt. n
und ein kleines hintergrundbeleuchtetes Dis- WEISS IST DAS NEUE ORANGE
play integriert sind. Zu den weiteren, eben- Yamaha brachte auch noch eine preisgünsti-
falls am Rahmen befindlichen Bedienelemen- gere Version des Gerätes heraus, die auf den
ten gehören ein Jog-Wheel für die Werteein- Namen Tenori-On Orange hört. Die Namens-
gabe und mehrere Taster. gebung verwundert etwas, da sich diese Vari-
ante, die mit einem Plastikrahmen ausgestat-
ENTER THE MATRIX tet ist, im blütenweißen Outfit präsentiert.
Klangbeispiele findest du unter
Das Tenori-On bietet dem Kreativen jede Verständlich wird es erst, wenn man das Teil
r www.soundandrecording.de/
Menge ungewöhnliche Programmiermöglich- anschaltet: Dann leuchtet die Taster-Matrix lovethemachines
keiten; so gibt es unterschiedliche und z. T. in fröhlichem Orange.
INSERENTEN
Apogee/Sound Service . . . . . . . . . . 53 SPL. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Fluid Audio/Hyperactive . . . . . . . . . 53 Steinberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Focal/Sound Service . . . . . . . . . . 2. US Thomann. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18, 19
Guitar Summit . . . . . . . . . . . . . . . 3. US Toontrack . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39, 53
MM-Musik-Media-Verlag. . . . . . 67, 75 Universal Audio . . . . . . . . . . . . . . 4. US
Music Store Köln . . . . . . . . . . . . 3, 6, 7 VSL – Vienna Symphonic Library. . 15
PreSonus/Hyperactive. . . . . . . . . . . 25 Zynaptiq/ComLine. . . . . . . . . . . 45, 53
Sontronics/Audiowerk. . . . . . . . . . . 43
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