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durfte er als Notar nur für Deutsche tätig sein, nicht jedoch für Übersetzungen aus dem
Portugiesischen ins Deutsche. Noch im selben Jahr ernannte der König ihn zudem zum
corretor, zum offiziellen Handelsagenten, also zum lizenzierten Makler für in Lissabon
tätige deutsche Kaufleute. Damit war er zuständig für alle von Deutschen in Lissabon
getätigten Handelsgeschäfte sowie für die Kontaktpflege zwischen deutschen Händ-
lern und portugiesischen Behörden. Nur die von ihm als tabeliao gegengezeichneten
Schriftstücke hatten Gültigkeit. Die guten Beziehungen Fernandes’ zum Königshof
waren bereits 1502 mit seiner Ernennung zum escudeiro der Königin Eleonore auf ein
solides Fundament gestellt worden, denn seither hatte er als Schildträger beziehungs-
weise Knappe die Pflicht, die Königin auf Reisen zu Fuß oder zu Pferd zu begleiten.
Valentim Fernandes betätigte sich auch schriftstellerisch. Zu seinen Werken zähl-
ten eine portugiesische Geschichte aus der Sicht eines Zeitzeugen (erst posthum 1557
erschienen), eine genealogische Schrift über den mütterlichen Stammbaum Kaiser Ma-
ximilians I., verfasst auf Wunsch des Augsburger Humanisten Konrad Peutinger, sowie
ein Werk über die portugiesischen Fahrten und Entdeckungen an der Westküste Afrikas
und Indiens. Diese Schrift, eine Kombination aus Quellen wie dem Tagebuch des Hans
Maier und von Fernandes geschriebenen Zusammenstellungen, fand sich im Nachlass
Peutingers, wurde aber von diesem nie veröffentlicht. Eines der wichtigsten Werke des
Valentim Fernandes ging indes 1500 in Druck: eine Sammlung von Reiseberichten über
die portugiesischen Entdeckungsfahrten, die als erste Sammlung von Reiseberichten
des Entdeckungszeitalters überhaupt gilt. Diese Berichte konnte er sammeln, weil er
Zugang zu den von Indienreisen zurückgekehrten Schiffsführern erhielt, unmittelbar
nachdem diese dem König selbst berichtet hatten. Dieses Privileg lässt darauf schließen,
dass König Manuel selbst großes Interesse daran hatte, deutsche Handelsgesellschaf-
ten über die portugiesischen Entdeckungen in Übersee zu informieren, denn nur sie
konnten die in Afrika und Indien so begehrten Erze Silber, Kupfer und Messing direkt
nach Lissabon oder über Zwischenhändler in Antwerpen und anderes: europäischen
Emporien liefern.
Valentim Fernandes berichtete seinen Lesern aber auch über die Fertigkeiten der
Afrikaner bei der Herstellung von Kunstgegenständen. Besonders beeindruckt hatten
ihn offenbar die Schnitzereien, die vermutlich nach europäischen Vorlagen in Form von
Drucken und/oder Metallprototypen von afrikanischen Handwerkern aus dem Gebiet
des heutigen Sierra Leone angefertigt worden waren. Auch die exotischen Tiere, die
nach und nach von Afrika über Lissabon nach Europa kamen, faszinierten Fernandes
und wurden von ihm gezeichnet. So basiert wohl auch der berühmte Holzstich Das
Rhinozeros von Albrecht Dürer aus dem Jahr 1515 auf Zeichnungen, die Fernandes
angefertigt hatte – ein weiterer Hinweis auf seine künstlerischen Fertigkeiten.
Die Informationen, über die Fernandes in Lissabon verfügte, setzte er auch beim
Tausch von Geräten und neuen Erkenntnissen ein. So bot er dem Nürnberger Kauf-
mann Stefan Gabler in einem Brief die letzten Informationen über Indien an, wenn
dieser ihm ein Astrolabium, das Buch Imago Mundi von Pierre d’Ailly und eine neue,
korrigierte Ausgabe des Ptolomaeus schicken würde. Diese Liste zeigt, wie begehrt
möglichst aktuelle Informationen über die portugiesischen Reisen europaweit waren
und welche Bedeutung die möglichst genauen Kenntnisse von den entdeckten Ländern
für die Zeitgenossen hatte. Kaufleute konnten auf Grundlage dieses Wissens neue
Geschäftsstrategien entwickeln, Künstler sich zu Arbeiten inspirieren lassen, Gelehrte
ihren Horizont erweitern und römisch-katholische Kleriker über die Fortführung des
Kampfes gegen den Islam auch außerhalb Europas nachsinnen.
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Valentim Fernandes’ Kontakte ins Alte Reich verbanden ihn hauptsächlich mit
Nürnberg und Augsburg. So stand er in regelmäßigem Austausch mit dem erwähnten
Augsburger Humanisten Konrad Peutinger und verhalf Augsburger Kaufleuten im Jahr
1505 zur Teilnahme an einer portugiesischen Indienfahrt. Weitere Briefpartner Fernan-
des’ waren der Nürnberger Gelehrte Hieronymus Münzer, der 1491/92 Martin Behaim
bei der Herstellung seines berühmten »Erdapfels« geholfen und 1493 den portugie-
sischen König Johann II. aufgefordert hatte, die Entdeckungsfahrten fortzusetzen, auf
dem Weg nach Ostasien fortan aber die westliche Route über den Atlantik einzuschla-
gen, sowie der bereits erwähnte Stefan Gabler. Dieser war in den Jahren 1500/1501 als
Faktor des Hauses Fugger in Mailand tätig gewesen und vertrat bis 1509 die Interessen
des Hauses Höchstetter in Lissabon. Über Münzer und Gabler verfügte Fernandes also
über ausgezeichnete Kontakte zu führenden Wissenschaftlern und Kaufleuten im Alten
Reich.
Im Zusammenhang mit den Berichten über die Aufenthalte ausländischer Händler
in Lissabon um das Jahr 1500 herum stellt sich die Frage, warum diese damals über-
haupt die Mühen auf sich nahmen, an die südwesteuropäische Peripherie zu reisen.
Es ist anzunehmen, dass die Errichtung und Konsolidierung der recht engen Handels-
beziehungen zwischen Portugal und zahlreichen Handelsplätzen entlang der afrikani-
schen Westküste, die Entdeckung des Seewegs nach Indien sowie die Intensivierung
des portugiesischen Indienhandels, insbesondere von 1498 an mit der Malabarküste,
dahintersteckten. Die Einkünfte der portugiesischen Krone stiegen nämlich zwischen
1481 und 1521 uns mehr als das Dreifache von 60 auf 200 Millionen Real an. Lissabon,
das um 1500 zwischen 50000 und 60000 Einwohner zählte, erlebte eine erste große
Blütezeit, und der Hafen am Tejo war einer der größten der damaligen Welt. Die Stadt
übte auf Fremde, die von dem eindrucksvollen Wirtschaftsaufschwung profitieren woll-
ten, eine große Anziehungskraft aus, zumal das vergleichsweise kleine portugiesische
Königreich gar nicht in der Lage war, die in Übersee begehrten Waren selber herzustel-
len, ganz abgesehen davon, dass es erhebliche Schwierigkeiten hatte, die Bevölkerung
aus eigener Kraft zu versorgen. Dazu fehlte es sowohl an Arbeitskräften als auch an
Ressourcen.
Die Versorgung der portugiesischen Bevölkerung mit Getreide hing schon seit dem
14. Jahrhundert zu einem großen Teil von Importen ab. Auch andere Güter wie Textilien,
Holz und hochwertige Erze mussten eingeführt werden. So spielte im portugiesischen
Überseeimperium von vornherein auch eine starke gesamteuropäische Komponente
eine Rolle. Man könnte sogar sagen, dass im Verlauf des 15. Jahrhunderts ein eu-
ropäisches Handelsimperium in Übersee errichtet wurde, in dem die Portugiesen die
Hauptrolle als Entdecker, Kundschafter und Zwischenhändler spielten. Um den mit
dieser Rolle verbundenen Herausforderungen gerecht zu werden, entsandten sie Agen-
ten in alle bedeutenden europäischen Handelszentren. Im Mittelmeerraum waren das
die italienischen Stadtrepubliken und im Norden zunächst Brügge, später dann Ant-
werpen und Middelburg. Hierhin lieferten portugiesische Handelsschiffe hauptsächlich
Wein, Südfrüchte, Rosinen, Kork und Salz, im Gegenzug kaufte man im großen Stil
flandrische Tuche, Metalle, Erze, Felle, Getreide und Holz. Im Norden kamen die
Iberer nolens volens in Kontakt mit Kaufleuten der Hanse, die ein Interesse daran
hatten, Waren aus dem europäischen Nordosten direkt nach Lissabon zu verschiffen,
anstatt sie in Brügge oder Antwerpen umzuschlagen. Kaufleute und Schiffseigner aus
den nordosteuropäischen Hansestädten, die sich ins Portugalhandel engagierten, waren
schließlich so gefragt, dass sie Ende des 15. Jahrhunderts von der portugiesischen Kro-
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ne für ihren Einsatz mit Privilegien ausgestattet wurden. Der Bedarf an Waren aus dem
europäischen Nordosten war in Portugal ganz offensichtlich so groß, dass die eigene
Handelsflotte nicht ausreichte, um ihn zu decken. Von dieser Knappheit an Schiffstrans-
portraum profitierten nicht nur die Kaufleute der Hanse, sondern auch niederländische
Händler und Schiffseigner, die seit etwa 1500 mit stetig steigender Tendenz in die
Ostsee fuhren, um dort Waren einzukaufen, die dringend auf der Iberischen Halbinsel,
zunächst vor allem in Lissabon, benötigt wurden.
Während die Waren aus Nordosteuropa zum großen Teil zur Bedarfsdeckung in
Portugal selbst genutzt wurden, verhielt es sich mit den Importen aus Süd- und Mittel-
deutschland anders. Beim Aufbau der Handelsbeziehungen mit Westafrika stellten die
portugiesischen Händler fest, dass es dort einen hohen Bedarf an Kupfer- und Messing-
produkten sowie großes Interesse an Textilien wie Leinen und Barchent 1 gab. Da dieser
Bedarf mangels eigener Ressourcen ebenfalls nicht von portugiesischen Produzenten
gedeckt werden konnte, wurden Kontakte zu oberdeutschen Produzenten und Händlern
hergestellt. Zu dieser Zeit pflegten diese gute Handelsbeziehungen nach Katalonien,
Aragon, Valencia und Mallorca und verfügten somit über eine gewisse ökonomische
und logistische Expertise auf der Iberischen Halbinsel. Insofern stellte der portugiesi-
sche beziehungsweise westafrikanische Markt für sie eine willkommene Erweiterung
ihrer Handelsbeziehungen auf der Iberischen Halbinsel dar. So existierte in Lissabon
bereits in den 1490er Jahren eine kleine deutsche Kolonie, vornehmlich gebildet aus
Kaufleuten beziehungsweise Repräsentanten von Handelshäusern, die sich in erster
Linie den Handelsbeziehungen mit Oberdeutschland verschrieb.
Wie attraktiv Portugal als Absatzmarkt damals war, zeigt die Reise einer kleinen
Handelsdelegation unter der Führung von Hieronymus Münzer nach Lissabon. Münzer
und drei weitere Händler aus dem Raum Nürnberg-Augsburg brachen am 2. August
1494 auf, um die Absatzmöglichkeiten in Portugal zu erkunden, aber auch zur Erledi-
gung einiger diplomatischer Geschäfte in Spanien und Portugal. Im November 1494
hielt sich die kleine Delegation am portugiesischen Hof in Évora im Alentejo auf.
Auch Valentin Fernandes fand sich dort ein, der unter anderem bei vier Festessen an
der königlichen Tafel als Dolmetscher zugegen war. Anschließend reiste die Gruppe
nach Lissabon weiter, wo sie im Hause des Josse van Huerter, des Schwiegervaters
von Martin Behaim, untergebracht war. Auf die Geschäftspolitik der oberdeutschen
Metallproduzenten wirkte sich diese Reise durchaus spürbar aus. Einer der Teilnehmer
erwarb wenig später einen Anteil an einer Metallhütte, deren Produktion weitgehend
für den Export nach Portugal bestimmt war. Um welche Mengen es dabei konkret
ging, sei am Beispiel des Einkaufs eines einzigen portugiesischen Agenten in Brügge
zwischen 1495 und 1498 gezeigt: In diesem Zeitraum erwarb er unter anderem 447484
Kessel, mehrere tausend Rasierschalen sowie 3254 Waschschüsseln, allesamt aus Mes-
sing. Anhand dieser hohen Stückzahlen lässt sich die starke Nachfrage nach solchen
beinahe ausschließlich für den Export nach Westafrika bestimmten Gütern in Portugal
ermessen. Eine Anweisung König Manuels sah daher vor, dass für den Afrikahandel
Stückzahlen von jeweils 100000 in Portugal auf Lager gehalten werden sollten, um die
Nachfrage aus Westafrika möglichst rasch und umfassend befriedigen zu können.
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Barchent [mhd. barchant ⟨ mlat. barchanus ⟨ mfrz. barraca, span. barag’an ⟨ arab. barrakān]: auf der
linken Seite aufgerauhter Baumwollflanell. [Duden Deutsches Universalwörterbuch, 21989 s. v.]