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Wolfgang Cernoch

Infinitesimale Annäherung an die Wahrheit bei Leibniz und


die Identität als Äquivalenz von »Sich-decken« und »Ist-enthalten

Im Zuge meiner Beschäftigungen mit Leibniz hat die Idee der Anwendung der
universiellen Charakteristik auf Kameralistik als einen der Ursprünge
empirischer Sozial- und Ökonomiewissenschaften mein besonderes Interesse
geweckt. Insbesondere hat Bernhard Siegert (»Analysis als Staatsmaschine. Die
Evidenz der Zeichen und der Ausdruck des Infintesimalen bei Leibniz«, in: Inge
Baxmann, Michael Franz, Wolfgang Schäffner (Hrsg.), Das Laokoon-
Paradigma. Zeichenregime im 18. Jahrhundert, Akademie-Verlag 2000. XII).
von Deleuzes »Barocker Falte« ausgehend versucht, in der Monadologie
anhand mathematischer und logischer Aussagen von Leibniz die
durchgehende Analysierbarkeit der Einfaltung und Entfaltung der Monade,
und das zugleich als Einheit des individuellen Bewusstseins wie als
»Ganzheit« der Gesellschaft als Staatswesen, durchzuführen. Dazu untersucht
Siegert die Argumentationen Leibnizens zur unendlichen Analyse in der
Mathematik und in der Logik.
In »Wissen und Information bei Leibniz und Hayek« habe ich die unendliche
Analyse des Bewusstseins und der Gesellschaft als Monade bestritten, weil die
Monade nach Leibniz keine aktuale Unendlichkeit besitzt. Hier will ich die
Rolle der unendlichen Analyse in der Logik und das Problem der Bestimmung
des ununterscheidbaren Unterschiedes näher behandeln.
Siegert beginnt die Darstellung des Problems der unendlichen Analyse
deshalb als Reihe von Sätzen mit absteigender Komplexität. Offensichtlich
kann es sich bei der Einteilung in Sätzen absteigender Komplexität nicht um
aktuale Unendlichkeit handeln, und ebenso offensichtlich kann Kausalität nur
mittels Aktualität und Lokalität zwischen dem, was entfaltet ist, stattfinden,
gerade dann, wenn Kausalität als mit Kraft verbunden gedacht wird, und es
sich nicht um eine reine Modellkausalität handelt. Vgl. auch die Verhältnisse
der Kausalität in der Brownschen Bewegung und die Grund-Folge-Beziehung
(Modellkausalität) zwischen durchschnittlicher kinetischer Energie derselben
und der Temperatur. Allerdings kann eine Kausalkette dergestalt aufgebaut
sein, das zugleich mit dem Ablauf der aufeinander folgenden Ursache-
Wirkung-Verhältnisse auch eine perspektivische Entfaltung stattfindet, wenn
man von atomaren zu chemischen Prozessen aufsteigt, oder imgekehrt durch
Verbrennung von Holz (chemische Reaktion) das Eisen des Ofens zum Glühen
bringt (atomare Reaktion).
Cernoch, August 2018

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Es ist auch nicht richtig, daß die Evidenz der Reihe der Sätze absteigender
Komplexität allein von der algorithmischen Form und der
Rechengeschwindigkeit abhängt (Siegert 2000, S. 262). Neben der Bedingung,
daß jeweils die Differenz zwischen den verschieden komplexen Sätzen kleiner
ist, als jede gegebene Differenz hängt dies auch von der Großzügigkeit oder
Genauigkeit der Formalisierung dessen ab, was durch die arithmetischen
Reihen einen mathematischen Ausdruck erst erhält. Insofern ist die
Gegenüberstellung von Vernunftwahrheit (Sätzen) und Tatsachenwahrheit
(Algorithmus), wobei erstere rationale Werte, zweitere reelle Werte
verarbeiten (Siegert 2000, S. 251), nicht ganz richtig, weil nur die formale Seite
betrachtet wird. Diese Aussage reicht zwar für die Analyse der reinen
Mathematik, aber nicht für die Analyse der Monade zu. Vergleiche dazu Hans
Poser, Die Idee des Unendlichen und die Dinge infinitum und immensum bei
Leibniz, in: L'INFINITO IN LEIBNIZ. PROBLEMI E TERMINOLOGIA - Roma,
6-8 novembre 1986. A cura di A. Lamarra, Olschki ed, Firenze 1990 (in»Wissen
und Information bei Leibniz und Hayek«, S. 6).
Wohl reichen rationale Zahlen nicht aus, um eine dynamische Beschreibung
der Wirklichkeit zu erreichen, doch aber ist nicht jede Darstellung durch
konvergierende Reihen den dargestellten Prozessen gleich angemessen.
Zudem gibt es für die Integration keinen einfachen und alle Fälle
abdeckenden Algorithmus, was die Interpretation der Ergebnisse von
mathematisch möglicher Berechenbarkeit (Algorithmisierung) realer
Zusammenhänge erschwert. Zuletzt sind die Regeln eines Algorithmus selbst
Vernunftwahrheiten, dem Leibniz Rechnung trägt, indem er schließlich auch
für »absolute Wahrheiten« eine unendliche Analyse für nötig hält, die er
zunächst nur für kontingente Wahrheiten und deren Labyrinth vorgesehen
hatte, wobei diese Analysen gesetzmäßig vorgehen sollen.
Cernoch, August 2018

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Siegert 2000, S. 262 f.


Im entsprechenden Beispiel von Gregorius von St. Vincent (Siegert 2000, S. 263
oben) hängt die Evidenz hingegen allein von den zu bildenden Dreiecken
zwischen Hyperbel und Asymptote ab, und nicht von einem weiteren Gebiet,
worauf diese Methode angewendet werden kann. Die logarithmische Fassung
des Integrals ist auch nicht nur eine abstrakte Umformung, sondern hängt
daran, daß die Formel der Hyperbel eine Exponentialgleichung ist.
Ob diese Umformung entspricht, hängt also nur von der ausreichenden
äußerlichen Ähnlichkeit logarithmischen Gesetzmäßigkeit mit der
Integrationsformel ab, oder vom konkreten Umstand, daß der Logarithmus
naturalis als Repräsentation der Hyperbel formell angesehen werden kann,
nicht aber von der Möglichkeit, beide Reihen aus der Regel von der
Konvergenz der Reihe der Sätze mit absteigender Komplexität formal zu
vereinbaren.
Innerhalb der mathematischen Semantik ließe sich die Vereinbarkeit mit dem
besagten Satz von Leibniz allerdings nur demonstrieren, indem die kleineren
Dreiecke zwischen Hyperbelast und Asymptote, und weil die kontinuierlich
kleiner werdende Zahlenreihe umgekehrte Exponentialfunktion des
Logarithmus als weniger komplex aufgefaßt werden könnte. — Allein bleibt
dann unklar, weshalb die kleineren Dreiecke und die kleineren Zahlen als
weniger komplex als die größeren angesehen werden sollten, um beide Reihen
mit dem Satz von Leibniz über die Konvergenz von absteigend weniger
komplexen Sätzen vereinbar zu machen.
Doch meint Leibniz aber mit dem Satz absteigender Komplexität nur die Idee,
analog zur Mathematik mit Begriffen zu rechnen, und bezieht sich allein auf
die formale, nicht auf eine semantische Ähnlichkeit vom Problem der
Unendlichkeit des Annäherungsprozesses zwischen Hyperbelast und
Cernoch, August 2018

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Asymptote und dem Streben einer Reihe nach einem Grenzwert. Die Analogie
zwischen quantitativen und qualitativen Verhältnissen garantiert aber
wiederum nicht die Integrierbarkeit der Reihe nach Komplexitätsgrad
absteigender Sätze. Das Kriterium dieser Reihe, »daß die Differenz zwischen
jenen, die sich decken sollen, geringer ist, als jede gegebene Differenz« bezieht
sich auf das Prinzip des ununterscheidbaren Unterschiedes, aber nicht
unbedingt auf die intensionalen Begriffsumfänge, d. i. die abnehmende
Anzahl der in einem Begriff enthaltenen Merkmale, was intensional
formallogisch in diesem Zusammenhang zu erwarten wäre. Die gegebene
Differenz, der gegenüber die Differenz zwischen den (kontinuierlich)
abnehmenden Komplexitätsgrad klein sein soll, wäre demnach (1) ein
Merkmal, wenn allein die Anzahl der Merkmale in Betracht gezogen werden
kann. Dann aber wären die minimal möglichen Differenzen der absteigenden
Reihe gleich groß wie die kleinste gegebene Differenz, nämlich die zwischen
zwei Merkmalen (vgl. die Linie von Dedekind zu Cantor: das unendlich Kleine
als contradictionis in adjectio), was auf ein mathematisches Minimum
hinausläuft. Doch ist nach Leibniz jedes Merkmal beliebig teilbar, was
allerdings ein weiteres, noch nicht gegebenes Kriterium erfordert, wie es
zustande kommt, daß die Differenz der Anzahl der Merkmale kleiner als jede
gegebene Differenz werden kann.
Gerade nach dem Prinzip des ununterscheidbaren Unterschiedes, welche die
Setzung von Identität erlauben soll, kann das angegebene Kriterium des Satz
von der Reihe von Sätzen mit absteigender Komplexität nicht erfüllt werden,
weil dieses Kriterium fordert, daß die Differenzen zwischen den Sätzen (bzw.
Begriffen) kleiner ist als jedes (woher?) gegebene Differenz sein soll, während
das berühmte Prinzip nur die Ununterscheidbarkeit fordert. Dieses wäre in
den angegebenen Beispielen allerdings erfüllt, nur ergibt dies eben keine an
Komplexität (als Anzahl der Merkmale angebbar) absteigende Reihe.
Allerdings verlegt Leibniz den Endpunkt des ununterscheidbaren
Unterschieds offenbar weder da noch da grundsätzlich ins Unendliche.
Das sich hier anzeigende Problem liegt nun tiefer, und ist schon in der
Begründung der notwendigen Asymmetrie des syntaktischen Kriteriums von
S-P-Sätzen in der Urteilstheorie Leibnizens zu finden. Das Problem liegt
generell in der Vermengung der Kopula (»ist«) welche Merkmale einem
Begriff zuschreibt, und der Kopula (»ist«), welche Merkmale oder gleich eine
Merkmalsgruppe als Konzept etwas außerhalb des Begriffes (oder Satzes)
identifizierend zuschreibt. Bolzano verwendete später für die erste Funktion
das Wort »hat« als Kopula, vergleichbar mit Aristoteles »zukommen« um die
Schwierigkeiten der Doppeldeutigkeit von »ist« zu vermeiden.
Cernoch, August 2018

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Leibniz will nun die Relation »das-selbe-sein« aus der Relation des »sich-
deckens« (Generales inquisitiones de analysi notionum et veritatum, 1686,
erstmals veröffentlicht von L. Couturat, Paris 1903, p. 356-399 Allgemeine
Untersuchungen über die Analyse der Begriffe und Wahrheiten. Hrsg, von
Franz Schupp, Hamburg 1982, Meiners Phil. Bibl. 338), oder des
»Enthaltenseins« (aus der Zeit um 1679) ableiten, und gelangt zu einer
Variation von Sätzen, die das Problem lösen sollen. In Schupp. 4.3. »Die
Beziehung von »ist« (»enthält«) zu »ist dasselbe (deckt sich)« wird ein Entwurf
eines Kalküls aus der Vorzeit der GI vorgestellt, der »ist« (est) im Sinne von
»ist enthalten« (continent) verwendet (Schupp 1982, S. 167), der mit dem
besagten Satz über die absteigende Komplexität einer Reihe von Sätzen (GI, §
66), den Siegert als Unterpfand der infinitesimalen Differenzierbarkeit in
mathematischer Hinsicht ansieht, in Zusammenhang steht.

Schupp 1982, S. 167)


Diese auf Ernst Schröder zurückgehende Transkription geht wie Leibniz an
dieser Stelle auch, von der Inklusion von Klassen aus, und nicht wie George
Boole von der Identität von Klassen. Insofern ergibt sich hier Identität aus der
Relation des Enthaltenseins. Die von Couturat gewählte Transkription zeigt in
C 326 die Probleme der Anwendung des Prinzips des ununterscheidbaren
Unterschiedes als Grundlage der Identifizierung auf: Wenn a = b, dann gilt
auch b = a, womit in C 325 nicht nur die Substituierung von e durch d,
sondern auch die Substituierung von d durch e möglich ist Vgl. dazu die
Fußnote in GI, bei Schupp 1982 auf S. 23).
Dieses Ergebnis entspricht wohl nicht den Erwartungen Leibnizens. Es
entspricht auch nicht den Erwartungen, die von Siegert an den Satz der Reihe
absteigender Komplexität (GI § 66) gestellt werden. Und zwar, weil »>« in C
326 gerade nicht die Abstraktion (Schröders Analogie zur Division) des
vorhergehenden Zeichens (a, b) bedeutet, wenn »ist« rein intensional als »ist
enthalten« zu verstehen sein soll. In intensionaler Perspektive bleibt fraglich,
ob sich die Merkmalsumfänge gemäß der Relation »Ist-enthalten« nach dem
Prinzip des ununterscheidbaren Unterschiedes angleichen lassen. Die in C
Cernoch, August 2018

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325, 326 vorgestellten Verhältnisse gelten nur dann, wenn e und d, bzw. a und
b Individuen der selben untersten Art darstellen, die sich kaum oder nicht
unterscheiden lassen. M. a. W., wenn verschiedene Wahrnehmungen des
selben Dinges verschieden reichhaltig sind, und in Frage steht, ob es sich um
das selbe Ding handelt. Oder wenn unterste Arten, die Frage kommen, eine
Variation aufweisen, sodaß in Frage steht, ob es sich bei einem Mitglied der
Variation um eine neue unterste Art handelt, oder nicht. Leibniz versucht
anscheinend mit dem Zeichen »>« den horizontalen Differenzen der Attribute
und den vertikalen Differenzen des Gattungs-Art-Syllogismus eine
gemeinsame abstrakte Form gemäß der Relation des »Enthalten-seins« zu
geben.
Obige Formel bezieht sich noch auf die Versuche Leibnizens vor den
»Generales Inquisitiones«, ein Identitätskalkül mittels den Relationen »ist
enthalten« und »deckt sich« zu konstruieren. Hingegen versucht Leibniz 1686
in den GI die Syntax mittels den Relationen »ist dasselbe« und »deckt sich« zu
bestimmen, und stellt die Identität mittels Einführung einer unbestimmten
semantischen Konstante (Y, irgendeine Art von, irgendetwas), die ihm
schließlich zur Identifikation von A=AB geführt hat.

(Schupp 1982, S. 168)


Die Mehrdeutigkeit von »Y« könnte zwar die Verschiedenheit der
kontingenten Wahrheiten (Aussagen) von den »absoluten« Wahrheiten
betreffen bzw. die zu unterscheidende Gegenständlichkeit von empirischen
Cernoch, August 2018

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Verhältnissen und von logischen, mathematischen oder metaphysischen


Verhältnissen. Vermutlich wird es die Unbestimmtheit von »Y« als
»irgendeine Art von« oder »irgendein« sein, die ins Auge zu fassen sein wird.
Wobei die Unbestimmtheit von »Y« entweder
(1) horizontal ein Individuum einer bestimmten Art betrifft, egal welches;
oder
(2) vertikal eine »unbestimmte Art« bereits durch die Stelle des Ausdrucks
»Y« mittels übergeordneten Gattungsbegriff bereits als bestimmbar gedacht
werden kann, auch wenn der übergeordnete Gattungsbegriff noch nicht
bekannt ist, also irgend ein »B« auch die Art bestimmt, ob bekannt oder nicht;
oder aber, daß
(3) das »B« gar keine Art bestimmt (als zweite Interpretation von »irgendein«
als Idee ohne schematisierbaren Begriff außer der reinen Teilbarkeit der
Bestandstücke einer Idee als Kontinuum).
Die letzte Formel besagt soviel, das A als Subjektbegriff alle möglichen (oder
auch nur relevanten) Merkmale intensional beinhaltet (möglicher Begriff bei
Kant), und dem zweiten Satz »AB« insofern logisch äquivalent sei, weil nur
formal (analytisch) ein Merkmal aus A herausgehoben worden ist. »AB« ist
demnach nur in der Hinsicht »dasselbe«, weil das Merkmal von B auch im
Merkmalsumfang von A enthalten ist, nicht aber, weil nach der Relation des
»ist enthalten« sich etwa die Merkmalsumfänge von A und B restlos decken.
Dieser Nachweis bezieht sich auf eine semantische Konstellation von A und B,
die 1686 mit dem Substitutionsprinzip mittels »ist dasselbe« direkt operiert,
bevor Leibniz die infinitesimale Annäherung mittels »ist enthalten«
verwendet.
Die Mehrdeutigkeit von »Y« könnte zwar die Verschiedenheit der
kontingenten Wahrheiten (Aussagen) von den »absoluten« Wahrheiten
betreffen bzw. die zu unterscheidende Gegenständlichkeit von empirischen
Verhältnissen und von logischen, mathematischen oder metaphysischen
Verhältnissen. Insofern ist anhand des eingeführten Terminus »Y« auch die
Frage nach dem ontologischen Kommitment relevant geworden, die
letztenendes erst zwischen Meinong und Russell entschieden werden kann.
Es ist die Unbestimmtheit von »Y« als »irgendeine Art von« oder »irgendein«
sein, die ins Auge zu fassen sein wird. Wobei die Unbestimmtheit von »Y«
entweder (1) ein Individuum einer bestimmten Art betrifft, egal welches; oder
(2) eine »unbestimmte Art« bereits durch die Stelle von »Y« ohne den
Ausdruck »Y« bereits bestimmt werden kann, und die Interpretation von »Y«
Cernoch, August 2018

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durch »B« auch die Art bestimmt; oder aber, daß (3) das »B« als Interpretation
von »irgendein« gar keine Art bestimmt.
So liegt die Vermutung nahe, daß das »Y«, das als mit »irgendetwas« und
»irgend eine Art von« definiert wird, mit irgendeinem aus »A« intensional
extrahiertem »B« deshalb ersetzt werden kann, weil jeder Ausdruck »B« als
Interpretation von »Y« angesehen werden kann, wenn definitionsgemäß alle
»A« inklusive ihrer Varianz zur Basis genommen werden. Werden alle »A« in
einer Menge mit dem Klassenbegriff A zusammengefasst, gibt es keine
semantische Varianz. Soll die mit dem Klassenbegriff zusammengefasste
Menge von Elementen auch die Semantik der individuellen Varianz der
Entitäten der Elemente mit enthalten, dann kann das Attribut »B« sowohl dem
Klassenbegriff wie dem Individualbegriff zugehören, aber auch nur dem
Individualbegriff. Diese Unterscheidung wird unter den Voraussetzungen
Leibnizens zwischen den Relationen »Sich-decken« und »Ist-enthalten«
deshalb entscheidend, weil er die Wahrheitslogik nach der Unterscheidung in
Begriffslogik und Aussagenlogik mit der Anwendung des Prinzips des
ununterscheidbaren Unterschiedes schlussendlich doch auch für absolute
Wahrheit einer unendlichen Analyse unterwirft. Damit beginnt sich aber die
syllogistische Struktur von horizontalen Attributen (Prädikaten), die
Merkmale ausdrücken, und vertikalen Art- und Gattungsbegriffe (Prädikaten),
die Definitionen der Washeit klassifikatorisch ausdrücken, aufzulösen.
»B« selbst ist aber jedenfalls als Heraushebung aus dem Merkmalsumfang von
»A« als Individualbegriff zu verstehen, auch wenn die Definition als
Individualbegriff noch nicht bekannt sein sollte, oder die Definition des
Klassenbegriffes unzureichend, sodaß der Ausdruck »Y« die abstrakt-
allgemeine Form darstellt, nach welcher jedes extensional beliebige »B« als
mögliche intensionale analytische (semantische) Heraushebung aus »A« zu
verstehen ist, gleichgültig, ob die Heraushebung entlang der vertikalen oder
horizontalen Einteilung oder gar keinen dichotomen Einteilung der Semantik
erfolgt. »B« muß nur semantisch aus »A« herausgehoben worden sein, um die
abstrakte extensionale Position »Y« mit irgend einer rechtfertigbaren Aussage
»B« zu erfüllen. Demnach soll »B« auch unabhängig des Unterschiedes von
vertikalen und horizontalen Differenzen der konkretere Begriff sein, der
gemäß der Vorstellung der Analyse komplexer Erfahrung auf einfache Begriffe
bei Leibniz paradoxerweise dazu führt, den (weil nicht durchbestimmt)
abstrakteren Begriff »A« im Zuge der Individuation eines gegebenen Dinges
ersetzen können zu sollen. — Das widerspricht auch nicht mehr der
Auffassung, daß unter den Voraussetzungen der extensionalen Logik, die mit
den Umfängen der bezeichenbaren Dinge operiert, der extensionale Umfangs
Cernoch, August 2018

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aller Dinge, welche vom Prädikat bezeichnet werden, größer sein muß als der
extensionale Umfang des Subjektbegriffes.
Ich habe bislang »Y« wegen möglichen Koinzidenz von Extensionalität und
Intensionalität als semantische Einheit identifiziert. Nunmehr tritt »Y« als
Funktor auf, der zwar nicht semantische Identität, aber die deictische
Identifikation herstellt, und so die wirkliche Identität des Gegenstandes als
Konjunktion der Bedeutungen von »A« und von »B« vorstellt, und mittels der
intensionalen Heraushebbarkeit von »B« aus »A« deren semantische Identität
aus der Perspektive von »B« rechtfertigt, während aus der Perspektive des
Subjektbegriffes »A« nur erwiesen wird, daß der Begriff im Prädikat einen
möglichen oder notwendigen Teil der Bedeutungen von »A« ausmacht, aber
weder alle Bedeutungen der Varianz von »A« abdeckt, noch mit dem
invarianten Klassenbegriff identifiziert werden kann.
Zu beobachten ist auch, wie der Subjektbegriff selbst in diesem Moment
semantisch sowohl einerseits abstrakt ist (Bolzano: Oberste Idee von »etwas«),
wie andererseits alle möglichen semantischen Interpretationen die Totalität
aller möglichen Merkmale des Begriffs vom Objekt in der Kategorie der Allheit
oder als alle möglichen Prädikate eines Dinges verstanden werden kann.
(Dialektik des Gegenstandsbegriffes im »transzendentalen Vergleich« des
Dinges mit der Totalität aller Prädikate).
Wird die prädikamentale Entwicklung als Maßstab der Reduktion von der
»natürlichen Sprache« zur rationalen Sprache als Reduktion kontingenter
Wahrheiten (Sätze) auf »einfache« Begriffe genommen, wären die Gründe für
die extensionale Geltung von »B«, wenn »A« gilt, intensional (semantisch)
bereits mit voraussetzt. Diese einfachen Begriffe sollten offenbar ursprünglich
einen starren referentiellen Konnex zu eindeutigen Ausschnitten der
Wirklichkeit besitzen, und sind nun als inferientielle Beziehungen auf
Konzepte zu verstehen.
»Y« steht m. E. derart für den Exponenten, der »B« in der Stelle des Prädikates
zum Repräsentanten des semantischen Kontinuums »A« in der Stelle des
Subjektbegriffs macht (Vgl. Kant, Reflexionen 4674-4684). Logisch gelingt dies,
wenn »B« intensional als Teil von »A« mittels eines gleichmäßigen Prinzips
der Einteilung erwiesen werden kann. Vgl. Schröders Auffassung von der
Analogie der arithmetischen Operationen mit den Operationen im logischen
Kalkül, nach dem nicht die Subtraktion, sondern die Division das Analogat
der Abstraktion ist (Ernst Schröder, Der Operationskreis des Logikkalküls,
Teubner, Leipzig 1877, S. 2). Damit fallen Prädikate wie »rot« aus (wenn »rot«
für das Konzept zufällig ist); es können so nur Teile einer konzeptuellen
Cernoch, August 2018

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Definition in Frage kommen. Im Satz »A=AB« kann »B« unter diesen


Voraussetzungen nur dann seinen Subjektbegriff substituieren, wenn »B« als
Annäherung eines durch »A« wie durch »B« bezeichenbaren Gegenstandes zu
verstehen ist, wobei »B« gemäß eines Individuierungsprinzipes »A« ersetzen
kann. Derart wird folgende Überlegung Leibnizens unschwer verständlich (I.
Schupp 22, 271 f.):

(Schupp, 1982, S. 23)


Auch hier ist die Bestimmung von »B« als Prädikat bereits mit der Bedingung
der Substituierbarkeit des Subjektbegriffes durch das Prädikat verknüpft. In
diesem Zitat wird deutlich, daß sich die Relation des »Sich-deckens« nicht auf
den ganzen intensionalen Begriffsumfang erstreckt, sondern sich unter den
gegebenen Voraussetzungen, daß »A« alle möglichen Merkmale, die
Prädikaten unterliegen können, enthält, nur darauf bezieht, daß der
Begriffsumfang von »B« im Begriffsumfang von »A« enthalten sein muß.
Leibniz erweist an dieser Stelle aus dem Umstand, daß die in C 325, 326
angegebene Stelle aus der Zeit um 1679 nur eine wechselseitige
Substituierbarkeit ergeben, mittels Negationen der Sätze. Ich will hier bloß
darauf verweisen, daß, wenn man von der extensionalen Logik ausgeht, in
welcher das Prädikat einen größeren Umfang an damit bezeichneten Dingen
umfaßt als der Subjektbegriff, auch dann die intensionale Betrachtung der
Begriffsumfänge gemäß ihrer Merkmale die gleiche Identifizierung von »A«
und »B« nach sich zieht, die nicht auf die Deckung des gesamten
Begriffsumfanges (oder des gesamten Umfangs gleich bezeichenbarer Dinge)
hinausläuft.
Weshalb Leibniz mit »ist enthalten, »deckt sich« und »ist dasselbe«
verschiedene sich überlappender Versuche mit unterschiedlicher
Schwerpunktsetzung gegeben hat, hängt wohl damit zusammen, daß die
Identifikation »ist das selbe« anhand einer Substitutionsregel einmal nach »ist
enthalten« und einmal nach »deckt sich« behandelt wird, wobei nur das in den
GI vorgestelltes Verfahren zu einer Lösung des Problems führt, welches der
durch Koinzidenz verbundenen Begriffe nun die Subjektstelle, und welche die
Prädikatsstelle einnimmt. Die eigentliche Schwierigkeit scheint mir aber darin
zu liegen, daß beide Ansatze intensionallogisch auf die Liste der Merkmale als
Cernoch, August 2018

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oder der Definition eines Konzeptes bezogen bleiben soll, die Identifikation
aber erst dann zu Ende kommt, wenn es gelingt, ein Phänomen oder ein
Irgendetwas zu identifizieren, was außerhalb der Semantik dieser zu Grunde
liegt, wie es in der extensionalen Logik bereits vorausgesetzt wird. Dieses
Problem wird später von Kant zum zentralen Thema der Erkenntniskritik
erhoben. Insofern bleibt Leibniz mit den Versuchen, die Identitätslogik formal
und semantisch zu fassen, einerseits modern, unternimmt aber nicht den
Versuch von Kant, die Identifizierung eines existierenden Objektes allein
intensional mit einer Regel der Schematisierung des Eidos zu versuchen. Der
Versuch zur Überschreitung der Semantik als mentale Entität in der
Identifizierung von Objekten, die nicht allein der Einbildungskraft oder
willkürlicher Konstruktion entspringen, liegt in der Wahrheitslogik
beschlossen; anzugeben wären die Kriterien des Gelingens und Versagens.
Leibniz setzt diese Identifikation wie in der extensionalen Logik mittels
deictischer Identifizierbarkeit voraus, ohne dem transzendentalidealistischen
Zweifel von Descartes oder Berkeley direkt nachzugehen. Erst in der Frage,
welche von den Erscheinungen der psychistisch verfassten Monade
wohlfundierte Phänomene sind, tritt dieses Problem bei Leibniz explizit
wieder auf. Leibnizens Strategie in seinen Versuchen zum logischen Kalkül ist
eine der Sprachlogik, die eher wie Frege von der axiomatische Identifikation
von Bedeutung der Terme mit deren Referenz ausgeht; er glaubte anscheinend
wirklich, die transzendentale Identifikation allein mittels Semantik und
Formalität mit starren Bezügen zu »Ausschnitten der Wirklichkeit« herstellen
zu können, was die Problematik der Übersetzung Schupps von »Koindizenz«
mit »sich-decken« ein wenig entschärft. In der Moderne hat Carnap mit der
Mannigfaltigkeit der Theorien der Quasianalyse des Quasiobjektes, schließlich
dessen Schüler Quine mit der Unterbestimmtheit einer jeden empirischen
Theorie (auch Poppers Abhängigkeit der empirischen Basissätze von
allgemeineren Sätzen einer Theorie) vor dem nämlichen Problem gestanden,
im Anschluß an Frege die semantisch identifizierbaren Konzepte mit einem
eindeutig identifizierbaren Ding (Geschehen, Ereignis) in einem notwendigen
Zusammenhang a priori zu bringen.

Leibniz hat nun nach den bisherigen Erörterungen die Absicht verfolgt, dieses
Problem mit der Substitutionsregel zu umgehen, und gelangt zu einer Lösung,
welche insofern in der Tradition des scholastischen Individuationsprinzipes
steht, als daß der konkretere Begriff den allgemeineren Begriff zu ersetzen
vermag. Nun ist zu zeigen, daß der besagte Satz von der Reihe absteigender
Komplexität (GI, § 66), den Siegert ins Zentrum seiner Überlegung zur
Cernoch, August 2018

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Berechenbarkeit des Staates in der Kameralistik als Vorläufer der


postmodernen Idee einer kybernetischen Staatsidee gestellt hat, genau das
Gegenteil zum Ziel hat, nämlich die Ersetzung des konkreteren Begriffs durch
den einfacheren und deshalb abstrakteren Begriff.

(Schupp 1982, GI S.57)


Es fällt gleich ein Grund auf, weshalb Siegert zu unrecht dieses Zitat
heranzieht, um die infinitesimale Aufeinanderbezogenheit der Individuen und
Institutionen der Gesellschaft zu berechnen: Die Aussage in § 66 trifft Leibniz
unter der Voraussetzung, daß es sich um notwendige Aussagen handeln muß.
Diese ist für empirisch-kontingente Aussagen über die Gesellschaft, worauf
Siegert dieses Zitat bezieht, aber nicht erfüllt. Im Allgemeinen sind für Leibniz
nur mathematische, logische und metaphysische Sätze notwendige Aussagen.
Offenbar geht Leibniz im von Siegert gegebenen Zitat wieder von einer Form
aus, die er schon vor den GI verwendet hat. Diese hat nur zur wechselseitigen
Substituierbarkeit von e und d bzw. von a und b geführt (vgl. Schupp 1982, S.
167). Allerdings soll nun die Annäherung an die (semantische) Identität,
welche mit dem Symbol »>« im Rahmen der Bestimmung der Syntax eines
Satzes mit den Verhältnissen der Relationen von »ist enthalten« und »sich
decken« gemäß des Prinzips des ununterscheidbaren Unterschiedes
ausgedrückt wurde, aber nur zur wechselseitigen Substituierbarkeit geführt
haben, nunmehr mittels einer Reihe von Sätzen mit absteigender Komplexität
dargestellt werden, welche »Identität« per Abstraktion, und nicht über den
Akt der »Bezeichnung« eines individuellen und konkreten Dinges
(Geschehens, Ereignisses) herstellt, welches nicht alle möglichen Merkmale
eines Dinges dieser Klasse besitzt, und intensional durch die Heraushebung
»B« erst eingeschränkt wird. — Ich gehe davon aus, daß bei Leibniz z. B. der
Begriff »Säugetier« der Möglichkeit nach alle Unterarten (alle »Y«) umfasst,
Cernoch, August 2018

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und erst das Prädikat »B« bestimmt, welches Säugetier gemeint ist. Dies
durchzuführen ist erst in den GI mittels den Relationen »»deckt sich« und »ist
das selbe« gelungen.
Das »Sich-decken« bedeutet im Rahmen der aus der Sprache zu entwickelnden
Kunstsprache, welche die Gedanken mittels »Charakteristika« verbinden
sollen (Schepers, Einleitung AA Bd.4) nur, daß die Semantik der empirischen
Vorstellungen, welche in der natürlichen Sprache ausgedrückt wird, durch
Reduktion mit den »einfachen Begriffen« identifiziert werden können, ohne
daß die Relation des »Enthalten-seins« die syllogistische Vertikale des
intensionalen Enthaltenseins von Merkmalen wie zwischen Gattung und Art
bedeuten können muß.

Was aber meint Siegert mit absteigender Komplexität? Seine Einsetzung in §


66 kehrt die Analyserichtung um. Stellt Leibniz nur die Analyse gemäß des
Individuationsprinzips dar, oder wechselt er die Analyserichtung, indem nun
der konkretere Begriff durch den abstrakteren substituiert werden soll?
Dabei wird deutlich, daß die Version der Identifikation mittels »sich-decken«
und »ist das selbe« aus der GI (1686) anhand der Suche nach »einfachen«
konkreten Begriffen zu einem infinitesimale Prozess der Substitution des
weniger abstrakten durch den abstrakteren (weniger komplexen) Begriffes
wird, obwohl eben ursprünglich nur die Deckung des Begriffsumfangs mit
dem Merkmalsumfang erreicht werden soll, und nicht die Substituierbarkeit
des abstrakteren bzw. allgemeineren Begriffs durch den konkreteren Begriff (I.
Schupp (22, 271 f.):

(Schupp, 1982, S. 23) ◊


Diese Kehre in der Untersuchungsrichtung auf Grund der gewählten Methode
hat eben die geschilderten Folgen: Weder kann »B« syllogistisch wegen eines
»sich-deckens« gemäß dem intensionalen Merkmalsumfange von »A«, noch
wegen seiner gegenüber dem Subjektbegriff extensional größeren Umfanges
mit »B« bezeichenbaren Gegenständen alle Gegenstandbegriffe »A«
substituieren. Das ist nur mit der ausschließlichen Verwendung der Relationen
Cernoch, August 2018

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»Ist-dasselbe« und »Sich-decken« möglich, die nicht intensionale, sondern nur


extensionale Umfänge berücksichtigt.
Zwar entspricht dieses Substitutionsprinzip sowohl den beiden intensionalen
Entwürfen (konkret = einfach = abstrakt) Leibnizens wie zugleich den
Konsequenzen der extensionalen Logik, indem bei der Distribution der
Merkmale auf die Menge aller Dinge mit diesen Merkmalen eben die gesuchte
Identifikation ohne der Relation »ist enthalten« möglich ist, indem das »Sich-
decken« bereits die Menge aller Gegenstände, die mit dem genannten
Merkmalen bezeichnet werden können, betrifft, und nicht ausschließlich die
semantische Identifikation in der singulären intensionalen Perspektive.
Das Schlüsselwort, um den Kontext herzustellen, ist hier die »Bezeichnung«
von etwas »als« etwas, was wieder auf die Koinzidenz von intensionaler und
extensionaler Logik verweist. Die Substitution von »A« durch »B« ist also
intensional nur dann möglich, wenn nur die Merkmale von »B« mit den
Merkmalen von »A« verglichen werden sollen, und diejenigen Merkmale, die
»A« intensional mehr hat als »B«, vernachlässigt werden. Genau das geschieht
aber bei der Heraushebung des »B« aus »A«. Nur innerhalb dieser
Heraushebung kann von »sich-decken« in intensionaler (semantischer)
Hinsicht die Rede sein. Ein »sich-decken« der intensionalen
Merkmalsumfänge von »A« und »B« ist nicht möglich.
Dem liegt also eine intensionale Untersuchung der Merkmalsumfänge voraus,
für die noch aristotelisch-nominalistisch gilt, daß unter der Voraussetzung,
daß das Prädikat extensional immer einen größeren Umfang als das
Satzsubjekt besitzt, der Satz: »Einige B sind A« wahr ist. In der modernen
Logik ist dieser Satz falsch, weil »A« extensional auch eine leere Menge sein
kann. Allerdings ist m. E. diese Schlussfolgerung in dieser Allgemeinheit
falsch, weil nicht behauptet werden kann, daß »A« extensional immer eine
leere Menge sei. Und nur dann ist der Satz »Einige B sind A« immer falsch.
Die moderne Logik kann also nur die Generalisation der Wahrheit oder
Falschheit des Satzes »Einige B sind A« verneinen, nicht den Satz selbst
generell verneinen. Hier liegt offenbar eine Verwechslung von
metasprachlicher und objektsprachlicher Ebene vor.

Mit der Relationen des »ist enthalten« wird die Relation des »sich deckens« in
einem Satz »A ist B« immer nur partiell möglich sein, doch ist nach diesen
Ausführungen ausschließlich semantisch möglich, die Relation »ist dasselbe«
sowohl mittels der Relation »sich decken« wie »ist enthalten« darzustellen.
Schupp übersetzt nun Koinzidenz mit »sich-decken«, sodaß die obige
Überlegung der Deckung von Merkmalen von »B« mit den Merkmalen von
Cernoch, August 2018

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»A« für Leibniz nicht ganz ausreichen könnte, wie auch meine Ausführungen
weiter oben zum Verhältnis von intensionaler und extensionaler Logik
nahelegen. Allein bleibt auch dann die damit erreichte Identifikation zuerst
eine semantische, doch könnte die Verwendung des Begriffs der Koinzidenz
auch den bezeichnenden Gegenstand betreffen. Doch auch dann bleibt das
Problem des »sich-deckens« in der intensionalen (semantischen) Erörterung
bestehen, das nun anhand des Prinzipes des ununterscheidbaren
Unterschiedes so oder so gelöst werden soll.
Leibniz versucht allerdings, die sich einstellende Differenz von semantischer
Identifikation im Sinne der Merkmalslehre (Begriffslogik) und semantischer
Identifikation im Sinne der Urteilslehre (Aussagenlogik) mit dem Gemeinten
doch innerhalb eines Formalismus zu erfassen. Nachdem aber die
Einschiebung eines selbst semantisch nur als beliebig charakterisierten
Elements »Y« als »irgendetwas« oder »irgend eine Art von« dieses Problem
transzendentaler Identifikation nicht lösen kann, sondern dieses Problem nur
zwischen Koinzidenz von intensionaler und extensionaler Logik einerseits und
der Relation des »sich-deckens« als Interpretation des »ist dasselbe«
andererseits benennt, verfällt Leibniz hier im Rahmen der Semantik der
intensionalen Logik auf einen infinitesimalen Ansatz, der jedoch nicht
zureicht, die Probleme zwischen »ist enthalten«, »sich decken« und »ist
dasselbe« im Rahmen einer einsinnig formalisierbaren Wahrheitslogik einer
rein mentalistischen Semantik aufzulösen. Diese Ansinnen scheitert schon
daran, daß eben die Relation des »ist dasselbe« zwischen bloßer Identifikation
semantischer Entitäten (Bedeutung) und der Identifikation von etwas als »A«
oder »B« nicht unterscheiden kann, ohne den Formalismus zu verlassen.
Diese Interpretation der Relationsbegriffe passt eben nicht zu der von Leibniz
noch 1679 verfolgten Strategie, die Relation des »sich deckens« innerhalb der
Möglichkeiten der Relation »ist enthalten« zu definieren. Diese bleibt
innerhalb der Bedeutungslehre (Semantik). Hingegen scheint »A« mit der
Heranziehung von »ist dasselbe« und »deckt sich« im Sinne von Koinzidenz
als Stellvertreter des transzendentalen Objektes oder eines Begriffes mit einer
unbestimmt-abstrakten Menge von Merkmalen vorstellbar zu werden.
Cernoch, August 2018

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