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verb Die deutsche Sprache kennt drei Tempussysteme, eines fürs Sprechen,
ein anderes für fiktionale Texte und schließlich eines für
nichtfiktionale Texte. Sie machen unterschiedliche Gebrauch von den
Vergangenheitsformen Präteritum (Imperfekt) und Perfekt. In diesem
Tutorial sehen wir uns an, wie die Vergangenheitsformen entstanden
sind, wie sie gebraucht werden und was sie vom englischen Simple past
und Present perfect unterscheidet. Außerdem ergründen wir, welche Rolle
die Vorsilbe ›ge∙‹ im deutschen Zeitengebrauch spielt.
Dauer: 106 Minuten.
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Tempussystem im Deutschen
Literarisches Deutsch ist heute in der Masse das Deutsch des Romans.
Dort spricht die Erzählstimme grundsätzlich im Präteritum. Dieses
Präteritum ist hier kein Vergangenheitstempus, sondern
verrichtet dieselbe Aufgabe wie das Präsens in der gesprochenen
Sprache.
* Der Kommissar blickte ratlos auf den Stadtplan von Berlin. Er war
sein ganzes Leben noch nie dort gewesen.
Das Plusquamperfekt als Tempus der Vergangenheit ist eine recht neue
Errungenschaft. In der klassischen Dichtung herrscht allein das
Präteritum:
O mein Sohn, mein Sohn! Du brichst dir selbst den Stab. Sehr
reizend malst du ein Glück, das — du mir nie gewährtest.
Ein Roman ist eine Erzählung. Die Ereignisse werden von der
Erzählstimme aufgezählt. Sie blickt dabei grundsätzlich nicht in
die Zukunft, weswegen der Roman (bis auf wörtliche Rede im Dialog)
kein äußerliches Futur kennt.
Foreshadowing ist nur mit dem Modalverb "sollen" möglich, das hier keine
Verpflichtung beschreibt, sondern wie im Mittelalter die Zukunft
"ich sol si mīden beide — Nibelungenlied, Str. 16.4: ich werde beide
meiden". Die folgende Konstruktion ist falsch:
Romane im Präsens
Neben dem Präteritum kommt auch das Präsens als Erzähltempus vor.
In diesem Fall steht die Vergangenheit statt im Plusquamperfekt im
Perfekt:
Imperfektiv ist ein Vorgang, der nicht in ein Resultat mündet, das
sich vom Anfang unterscheidet, sondern einfach endet, wie er
begonnen hat: "schlafen, leben, wachen, betrachten."
Dieses Sitzen verstehen wir auf Anhieb. Nicht jedoch das hier:
Althochdeutsch
Original Übersetzung
Sō mi thes uundar thunkit huuō it sō giuuordan mugi So dünkt es mich
wunder, wie es so werden möge,
sō thu mid thīnun uuodun gisprikis wie du es mit deinen Worten
ge∙sprichst (= aussprichst).
Das ging in allen Tempora, von denen es damals nur zwei gab: Präsens und
Präteritum. Perfektivierte Präsensformen haben
Zukunftsbedeutung, weil sie ja gesagt werden, während der
Vorgang sich vollzieht. Dabei muß das Resultat am Ende
zwangsläufig in der Zukunft liegen.
Nibelungenlied
Original Übersetzung
Sīt mir vrou Kriemhilt nimmer wirdet holt Da mir Frau Kriemhilt ohnehin
nie mehr holt werden wird,
sō muoz ouch hie belīben daz Sīfrides golt. deshalb muß auch Sigfrieds
Gold hierbleiben.
Zwiu sold ich mīnen fīnden lān sō michel guot Wozu sollte ich meinen
Feinden ein so großes Vermögen leihen?
Ich weiz vil wol, waz Kriemhilt mit disem schatze getuot. Ich weiß ganz
genau, was Kriemhilt damit anstellen wird (damit vorhat, damit tun wird).
Hier ist der Vorgang des Erlernens vollbracht. Das Perfekt sagt als
Tempus der Nichtvergangenheit, daß man die englische Sprache jetzt
oder grundsätzlich beherrscht.
Sachlich ist dagegen nichts einzuwenden: Wer zehn Jahre in London lebt,
lernt bestimmt Englisch. Lexikalisch ist das Beherrschen der
englischen Sprache jedoch nicht das Ergebnis des Lebens identisch
(anderes Wort).
Das Beispiel ist kein Beispiel für das Perfekt. Denn es kann auch das
Präsens begründen. Lebt man noch in London, heißt es:
Deutsches Perfekt
und englisches present perfect
Oft heißt es, das Englische wäre bei der Verwendung der Zeiten
sorgfältiger oder präziser als das Deutsche. Wie oben gezeigt
wurde, ist diese Annahme falsch. Die Zeiten sind in den beiden
Sprachen unterschiedlich definiert.
Einzig das Perfekt in nichtliterarischen Texten <#nlt> läßt sich
mit dem present perfect vergleichen.
Das oben gezeigte Pseudoperfekt ergibt sich nur aus der Konstruktion
zweier Sätze mit verschiedenen Verben:
Die Annahme, das Perfekt in diesem Beispiel wäre ein echtes deutsches
Schriftperfekt, ist ein Anglizismus. Es ist ein mündliches
Perfekt <#mdl>.
Der Grund für diesen Unterschied ist darin zu suchen, daß das
Englische das Perfektivpräfix "ge-" schon im frühen Mittelalter
abgestoßen hat. Das System mit zusammengesetzten Zeiten hat
sich zu einer Zeit etabliert, als das Deutsche noch mit dem Präfix
"ge-" operiert hat.
Wie ist das Perfekt entstanden? Warum bildet man es einmal mit dem
Hilfsverb "haben", ein andermal mit "sein"?
Vom Urgermanischen zum Deutschen
"Haben" ist hier kein Hilfsverb, sondern ein Vollverb, das "besitzen"
bedeutet. Deshalb hat man auch lange das Verbum "eigen"
verwendet. Das Objekt des Besitzens ist der Baum. Er hat ein
Adjektivattribut, aber kein normales Adjektiv, sondern ein
Partizip. Partizipien sind Adjektive und keine Verbalformen, wie
oft in germanistischen Grammatiken behauptet. Das ist sowohl
syntaktisch als auch sprachgeschichtlich falsch.
Das Attribut steht jetzt jedoch an letzter Stelle im Satz. Diese Stelle
ist prominent. In anderen Sätzen steht hier das Prädikat:
Otfrid
Original Übersetzung
thaz eigut ir gihorit das habt ihr gehört
Notker
Original Übersetzung
habe ih keweinōt ihr habt geweint
wir eigen gesundōt wir sind gesund geworden
Dieses Zögern ist der Grund, warum im heutigen Perfekt zwei ganz
verschiedene Konstruktionen stecken und einige Verben das
Hilfsverb "sein" verwenden.
Oder:
Oder:
"Wanken" und dergleichen bilden also das Perfekt mit "haben", wenn der
Vorgang imperfektiv ist: Man wankt hin und her, ohne daß am Ende ein
Resultat erreicht wird. Der Vorgang ist in allen Phasen derselbe.
"Wanken" ist perfektiv, wenn es die Bewegung zu einem Ziel ist.
Schwimmen ist imperfektiv, wenn man herumschwimmt, aber
perfektiv, wenn man zu einem Ziel schwimmt. Das Schwärmen für einen
anderen endet, wie es begonnen hat (jedenfalls grammatikalisch).
Beim Ausschwärmen ist man zu Beginn an einem Punkt versammelt und
am Ende in der Gegend verteilt.
Aber auch andere Verben bilden das Perfekt mit "sein", wenn die
perfektiv sind:
Zudem muß der Vorgang aber auch intransitiv sein, was die Menge der
Verben erheblich einschränkt. Denn bei transitiven Verben
bildet das Hilfsverb "sein" mit dem Partizip das Passiv. Nicht nur
das, die Partizipien transitiver Verben haben auch als Attribut
passivische Bedeutung:
Einige Verben können eine Bewegung ausdrücken oder auch nicht. In jenem
Fall bilden sie das Perfekt mit "sein":
Echte intransitive Perfektiva bilden das Perfekt mit dem Hilfsverb "sein":
Zu dieser Gruppe gehört auch das Verbum "bleiben". Das Perfekt "ist
geblieben" verwundert einen, da Bleiben ja eine ausgesprochen
nichtperfektive Handlung ist. Historisch ist bleiben jedoch eine
Verkürzung aus "be-leib-en", wobei der Wortstamm "kleben"
bedeutet (daher "kleben bleiben").
Einige Verben treten sowohl als verba movendi als auch als transitive
oder intransitive Verben ohne räumliche Veränderung auf. Hier
bilden sie das Perfekt mit "haben", dort mit "sein":
* ziehen: Die Lok hat den Wagon aufs Abstellgleis gezogen. Er hat an
der Pfeife gezogen. Johannes ist nach Frankfurt gezogen.
* fliegen und auffliegen: Er ist nach Berlin geflogen. Er hat mich in
den Dschungel geflogen. Die Krähen sind zum Himmel
aufgeflogen. Die Verschwörung ist aufgeflogen.
* fahren: Er ist im Zug nach Köln gefahren. Jürgen hat einen
Mercedes gefahren.
* gären: Der Wein hat lange gegoren. Er hat Trauben zu Wein gegoren.
* dringen: Er hat auf schärfere Maßnahmen gedrungen. Der
Einbrecher ist in den Garten eingedrungen. Sein Körper ist
gedrungen.
* treiben: Die Baumstämme sind auf dem Fluß hinabgetrieben. Seine Frau
hat ihn ins Verderben getrieben. Petra und Knut haben es die ganze
Nacht getrieben.
In der Zeit, als das Hochdeutsche allein von den Deutschen im Süden,
den Schweizern und Österreichern gesprochen wurde, konnten die
Verben "sitzen, stehen, liegen" perfektiv und imperfektiv gebraucht
werden. Mit der Vorsilbe "ge-" waren sie perfektiv, ohne dagegen
imperfektiv: Hochdeutsch im Süden (weiter unterteilt in
Mitteldeutsch, das vor allem Fränkisch und Obersächsisch ist, und
Oberdeutsch, bestehend aus dem Bairischen und dem
Alemannischen), Niederdeutsch im Norden. So ist es bis heute in
der Mundart. In gehobener gesprochener Sprache und im
Schriftdeutschen ist das Hochdeutsche des Südens aber
mittlerweile die Standardsprache aller Deutschen.
So wird das Perfekt dieser Verben auch heute noch im Süden mit "sein",
im Norden mit "haben" gebildet. Keine dieser Bildungen ist richtiger
oder besser als die andere. Es besteht auch keine Not, eine Form zum
Standard für alle Deutschsprecher zu machen.
Sprachwissenschaftlich die einzige gültige Regel ist jedoch: Wer aus dem
Süden kommt, bildet das Perfekt mit "sein", wer aus dem Norden
kommt, mit "haben". Aber auch eine persönliche Präferenz ist in
Ordnung: Wer aus dem Süden kommt, es aber lieber systematisch mag,
sagt "hat gesessen". Wer aus Hamburg stammt und gerne Lederhosen
trägt, sagt "bin gelegen".
Wie alle Menschen aus den katholischen Gefilden Europas haben die
süddeutschen Sprecher das Perfekt zum Vergangenheitstempus der
gesprochenen Sprache gemacht. Vorbild dürfte das Lateinische
gewesen sein. Zudem bietet das Perfekt gewisse Vorteile: Die
Vergangenheit ist zusammengesetzt, während die
Nichtvergangenheit (Präsens) nicht zusammengesetzt ist. Das
bietet einen guten Kontrast. Zudem ist das Perfekt länger als
Präteritum und verschafft dem Sprecher Zeit zu überlegen, was er
als nächstes sagen wird.
Das Lateinische erzählt im Perfekt. Wenn erst das eine getan wird,
danach das nächste, dann steht im Lateinischen das Perfekt. Es
schildert die Vollendung von Handlungen. Dagegen verwendet man
das Imperfekt für unvollendete Handlungen:
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