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Traumaspezifische Behandlungstechniken
Wolfgang Wöller
zeigt, dass Patienten die einzelnen Tech− voll sein, den Container (Tresor) nie wie− heilsame Licht die negativen Empfindun−
niken in unterschiedlichem Maße nutzen der zu öffnen. gen auflöst.
können. Da die meisten traumatisierten Eine weitere bewährte imaginative Bei der ¹Baumübung“ werden die Pa−
Patienten einzelne Techniken in der Ver− Distanzierungstechnik ist die Übung des tienten gebeten, eine innere baumbe−
gangenheit bereits erfolgreich ± wenn− ¹sicheren Ortes“. Hierbei werden die Pa− standene Landschaft zu imaginieren und
gleich unsystematisch und nicht mit der tienten gebeten, sich einen sicheren und zu einem Baum Kontakt aufzunehmen.
ausreichenden Konsequenz ± praktiziert schützenden Ort vorzustellen, den sie Sie sollen sich vorstellen, wie sie für ei−
haben, empfiehlt sich stets eine Explora− entweder real kennen oder mithilfe ihrer nige Zeit mit diesem Baum verschmelzen
tion der bereits intuitiv angewandten Fantasie erschaffen. Im Dialog mit den und die Wurzeln, den Stamm und die
Strategien und ein gezielter Ausbau die− Patienten werden so lange Veränderun− Äste spüren. Auf diese Weise können sie
ser Fähigkeiten. gen vorgenommen, bis der Ort ein umfas− aus dem Baum seelische Nahrung und
Techniken der Aufmerksamkeitsumfo− sendes Gefühl von Sicherheit, Schutz und Kraft gewinnen (Reddemann 2001).
kussierung lenken die Aufmerksamkeit Wohlbefinden vermittelt.
weg vom traumatischen inneren Erleben Das Prinzip der Ressourcenaktivierung
auf Stimuli der äußeren Realität. Die ge− bei traumatisierten Patienten macht sich Behandlungstechniken
zielte Konzentration der Aufmerksamkeit die Erkenntnis zunutze, dass positive zur direkten Trauma−
auf emotional neutrale oder positive Ak− Emotionen in der Lage sind, die Auswir−
tivitäten oder auf Körperempfindungen kungen negativer Emotionen zu verrin−
bearbeitung
kann eine Distanzierung von traumati− gern. Da sich Ressourcennetzwerke er−
schem Erleben und eine Reduktion der folgreich mittels Imagination aktivieren Die Methode des Eye Movement Desensiti−
Stressbelastung bewirken. Zur Reorien− lassen, kann die Aktivierung von Erinne− zation and Reprocessing (EMDR; Shapiro
tierung und Kupierung dissoziativer Zu− rungen an positive Lebensereignisse und 1998, Hofmann 2005) ist ein wirksames
stände hat sich die Applikation starker persönliche Erfolge ebenso als Ressource Verfahren zur Behandlung der Symptome
Sinnesreize bewährt. Beispiele sind: ei− genutzt werden wie die Erinnerungen an der posttraumatischen Belastungsstö−
nen Igelball oder einen Eiswürfel in die positive und unterstützende Beziehun− rung und ihrer Teilsymptome. Die Me−
Hand nehmen, laute Musik hören oder gen und Rollenvorbilder. Um positive Ge− thode beruht auf der gedanklichen Fo−
das Riechen geruchsintensiver Stoffe. fühlszustände zu evozieren, werden die kussierung traumatischer Erinnerungen
Imaginative Distanzierungstechniken Patienten aufgefordert, sich die Situatio− bei gleichzeitiger Applikation bilateraler
sind gut geeignet, um eine Verringerung nen, in der die Ressource zur Verfügung Stimulationen. Diese können in seitenal−
des traumatischen Affekts und ein besse− gestanden hat, mit größtmöglicher Le− ternierenden Augenbewegungen oder
res Gefühl von Kontrolle und Sicherheit bendigkeit vorzustellen. Für die Frage, auch in seitenalternierenden akustischen
zu erreichen. Durch die gezielte Aktivie− welche Erinnerungen als Ressourcen ge− oder taktilen Stimulationen bestehen.
rung nur guter innerer Bilder kann eine eignet sind, ist der subjektive Grad des Der genaue Wirkmechanismus des
Deaktivierung von Traumanetzwerken Wohlbefindens entscheidend, der ein− EMDR ist bisher unbekannt.
und eine Aktivierung positiver Netzwer− tritt, wenn die Ressource aktiviert wird. Das Standardprotokoll des EMDR sieht
ke erreicht werden. Imaginationen sind Als besonders ressourcenaktivierend folgendes Vorgehen vor:
zentraler Bestandteil der Psychodyna− wird die Imagination der ¹inneren Helfer“ Nach Phasen der Diagnostik und der
misch−imaginativen Traumatherapie geschätzt. Bei dieser Übung werden die Stabilisierung werden die Patienten ge−
(PITT) von Reddemann (2004) und der Patienten aufgefordert, in der Fantasie beten, aus einer traumatischen Erinne−
traumazentrierten Psychotherapie von nach einem guten und hilfreichen Wesen rung dasjenige Bild auszuwählen, das
Sachsse (2004). zu suchen. Dies können gute Wesen aller die traumatische Erfahrung am besten
Besondere praktische Bedeutung hat Art ± Tiere, Schutzengel usw. ± sein, die repräsentiert. Anschließend wird die
die sog. ¹Container“−Technik (oder ¹Tresor− zu jeder Zeit Schutz, Hilfe, Rat und Trost wichtigste mit der traumatischen Szene
Technik“) erlangt. Die Patienten werden spenden können. ¹Innere Helfer“ sollten verbundene negative Überzeugung über
gebeten, einen Container (oder einen Tre− nach Möglichkeit nicht reale menschli− die eigene Person und die dazu passende
sor) zu imaginieren und sich vorzustel− che Wesen sein, da keine menschliche entgegengesetzte positive Kognition er−
len, wie sie das bedrängende negative Beziehung frei von Ambivalenz ist. fragt, außerdem das durch die traumati−
Material ± intrusive Erinnerungsbilder, Hilfreich ist auch die Lichtstrom−Übung, sche Erinnerung ausgelöste Körpergefühl.
negative Affekte, negative Körperempfin− bei der die Patienten gebeten werden, Das Prozessieren der traumatischen Sze−
dungen ± in ihn hineinlegen. Anschlie− sich vorzustellen, wie heilsames Licht ± ne erfolgt nun mit Sets von 20 bis 30 sei−
ßend soll der Container gut verschlossen das z. B. von einem imaginierten heilsa− tenalternierenden Augenbewegungen
werden. Dabei kann die Vorstellung hel− men Stern ausgeht und eine bestimmte oder anderen bilateralen Stimulationen.
fen, das intrusive Bild sei als Fotografie ¹heilsame“ Temperatur und Farbe hat ± Bei erfolgreichem Prozessieren wird eine
abgebildet oder die erinnerten Worte ne− in ihren Körper einflutet und sich dort Reduktion der subjektiven Belastung
gativen Inhalts seien auf einem Tonträger ausbreitet. Die Patienten sollen das Licht durch die traumatische Erinnerung be−
gespeichert. Die Patientinnen sollen das besonders in diejenigen Körperregionen richtet. Gleichzeitig nimmt der subjekti−
Weggepackte so lange in dem Container lenken, in denen sie die negativen Emp− ve Wahrheitsgehalt der positiven Kogni−
(Tresor) belassen, bis eine therapeutische findungen, Schmerzen oder Verspannun− tion zu. Abschließend wird die positive
Auseinandersetzung damit angezeigt er− gen wahrnehmen, und spüren, wie das Kognition mit wenigen langsamen Au−
scheint. Unter Umständen kann es sinn− genbewegungen verankert.