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zeitschrift des mittelschüler-kartell-verbandes


Preis: 2,- >> politisch unabhängiges jugend- und mitgliedermagazin 01 | 11

Hat das Bundesheer


noch Zukunft?
noch Zukunft?

> Your Social Network


Wie Facebook dein Leben verändert
> Interview
mit Dr. Hannes Androsch

P.b.b. GZ 02Z031286S Verlagspostamt 1070 Wien DVR: 0014958


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editorial

Wie geht's weiter mit dem Bundesheer? .........4

GR Gottfried Forsthuber
Thema
Die Wehrpflichtdiskussion ist voll entbrannt

v/o Michelangelo (BDB) Wird die Solidarität zum leeren Schlagwort? ...6
Notwendige Reformen werden nicht vorgenommen
Chefredakteur
Und was sagst du dazu? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Interview mit den NR-Jugendsprechern

Politik
Denken Sie ruhig multikulti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Ein Brief von Dr. Spin an den Kanzler

Minenfeld Ostasien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Obamas Besuch war nur die Spitze des Eisberges

23 Milliarden durch Privatisierungen . . . . . . . . . . . . . . 15


Ist der Staat kein guter Unternehmer?
Das Jahr der Veränderungen Verband
Wer kein Ziel hat, verläuft sich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Kolumne des Kartellvorsitzenden
2011 hat es in sich. Zuerst die Umbrüche in Bildungsvolksbegehren
Nordafrika, dann das Beben (und die damit & Schulenquete Leserbriefe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Die Ausgabe 04/10 stieß auf reges Interesse
verbundene Veränderung der Erdrotation),
der Tsunami und der Atom-Unfall in Japan: Für Diskussionen sorgt auch das von Dr. Perspektivengruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Angesichts dieser Ereignisse scheinen Hannes Androsch initiierte Bildungsvolks- Ein Jahr Arbeit für den MKV
unsere alltäglichen Probleme bedeutungs- begehren. Um der geneigten Leserschaft
los. Unser Mitgefühl gilt den vielen
Opfern, Verletzten und ihren Familien. Vor
eine Entscheidungsfindung zu erleichtern,
findet sich in dieser Ausgabe sowohl ein
Bildung
„Österreich darf nicht sitzenbleiben“
Interview mit Dr. Hannes Androsch
. . . . . . . . . . . . . 20

allem wünschen wir unseren Kartell- Interview mit dem Initiator, als auch Die knallroten Fäden
brüdern in Japan Mag. Peter Schano ein kritischer Beitrag von Andreas in Androschs Volksbegehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
(BDB), Mag. Michael Schano (BDB) und Unterberger. Eines ist trotz aller Auf- Gastkommentar von Dr. Andreas Unterberger
Mag. Peter Mathä (ASO) auf diesem Weg
alles Gute und Gottes Segen.
fassungsunterschiede für den MKV klar:
Das Thema Bildung wird uns nicht so
Ad Fundum
Social Media verändert die Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
Möglichkeiten, Chancen und Risiken
schnell loslassen, denn am 12. April wird
Ein Versager als Minister? im Sitzungssaal der GÖD (Schenkenstraße Die verkannte Gefahr von links . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
4, 1010 Wien) genau darüber diskutiert. Ist der Linksterrorismus salonfähig geworden?
Das politische Kalkül war für jeden auch nur Bei der Enquete „Die Zukunft der Schule –
vom Wegschauen zu erkennen: Die meisten Wege zur Bildungsrepublik Österreich“, Austria: 12 Points! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Österreich ist im Songcontest-Fieber
Burschen mit 18 wollen alles, nur nicht zum soll erörtert werden, was Kinder und
Heer oder Zivildienst. Die meisten Burschen Jugendliche heute lernen müssen, um Von hockey moms und tigermothers . . . . . . . . . . . . . . 29
aus bildungsferneren Schichten wählen mit morgen ein erfolgreiches und sinnerfülltes Alternative Erziehungsmethoden haben wieder Hochsaison
18 den Heinz-Christian. Was tun also als Leben führen zu können, wie die Schule
SPÖ? Gib dem Affen ein Stück Zucker (frei der Zukunft aussehen soll und wie eine Die Großen sind von uns gegangen . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Kolumne von Martin Meixner v/o Arminius (BDB)
nach Max Reinhardt) und versprich, was du Reform der Höheren Schule (AHS, BHS
noch vor kurzem abgelehnt hast. und ihrer Oberstufenformen) durchgeführt
werden könnte.
Aber – und das dürfte jedem, der regel-
mäßig bei seiner Verbindung auf BCs geht,
klar sein – angesagte Revolutionen finden Impressum
nicht statt. Entweder sie sind dilettantisch
ausgeführt oder der Revolutionär stolpert
über sich selbst. Im vorliegenden Fall trifft Herausgeber: Mittelschüler-Kartell-Verband der Konzeption, Produktion und Anzeigenverwaltung:
wohl beides zu. katholischen farbentragenden Studentenkorporationen Druckservice Muttenthaler GmbH, Ybbser Straße 14,
Österreichs (MKV), Neubaugasse 25/21, 1070 Wien 3252 Petzenkirchen, Telefon: 07416/504-0*
Telefon: +43/1/5237434, Fax: +43/1/5237434-9 Auflage: 25.000 Exemplare
Wobei (und das muss man für die Nachwelt E-Mail: kanzlei@mkv.at, Internet: www.mkv.at Verkaufspreis: € 2,-, Jahresabo: € 4,80 (exkl. Porto)
festhalten) sich ja inhaltlich einiges ZVR-Zahl: 646503058
ZVR-Zahl AHB: 750161558 Verkaufsstellen: MKV-Kanzlei, Adresse s.o.;
„getan“ hat. Der thematisch bis Redak- WStV-Kanzlei, Wien 8. Laudongasse 16;
tionsschluss bekannte dritte Sinneswandel Geschäftsführer: StS a.D. Mag. Helmut Kukacka (TGW) Kamper Annemarie, Bruck/Mur, Herzog-Ernst-Gasse 23;
Vorstand: StS a.D. Mag. Helmut Kukacka (TGW), Denkmayr Thomas, Hartberg, Herrengasse 22; Wacker
des Herrn Ministers erschöpft sich in der Norbert, Hall/Tirol, Oberer Stadtplatz 9; Wacker Mar-
Michael Wilim (MDK), RA Dr. Alexander Kragora
Kopie des deutschen Vorgehens (Ausset- (VDW), Dr. Gregor Jansen (SOP) tin, Innsbruck, Museumstraße 38; Sezemsky Josef,
zung der Wehrpflicht). Da muss ich als ein- Innsbruck, Bruneckstraße 162
Chefredaktion: GR Gottfried Forsthuber (BDB)
facher Staatsbürger sagen: Das hätten wir Telefon: +43/699/13300140, E-Mail: couleur@mkv.at
Blattlinie: Das „couleur“ ist die österreichweite Ver-
auch billiger haben können! Was bleibt ist bandszeitung des Mittelschüler-Kartell-Verbandes und
Redaktion: Martin Meixner (BDB), Mag. Marc Vecsey als solche politisch unabhängig. Ziel ist die Informa-
ein angeschlagener Verteidigungsminister. (SOP), Mag. Axel Sonntag (MDK), Bernhard Sonntag tion aller Mitglieder und Interessenten im Rahmen
Wird er daraus lernen? Wohl kaum. Mit (MDK), Christoph Steinacker (AUP) eines kritischen, auf den Grundsätzen des MKV
seinen Mitarbeitern zu reden, kommt ihm bauenden Jugend- und Mitgliedermagazins.
Fotos: MKV, Europäische Kommission (EK), Namentlich gekennzeichnete Beiträge müssen nicht der Meinung
ja nach wie vor nicht in den Sinn. flickr.com, zur Verfügung gestellt des Herausgebers entsprechen.
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thema

Wie geht’s weiter mit


Ob es uns persönlich nun passt oder nicht: Die Wehrpflichtdiskussion ist ent-
brannt. Und im Sinne einer gelebten Demokratie gilt es, sich dieser zu stellen.
Feuerwehr (dann aber auch zum Sandsack-
schaufeln bei Hochwasser und Pistentreten
in Kitzbühel), eine Garde für die Repräsen-
tation („Fesch sind sie, unsere Burschen!“),
9 Militärmusikkapellen (zum Aufspielen
beim jeweiligen Landeshauptmann) und
dann aber auch eine nicht militärisch abge-
sicherte Neutralität (eben nicht nach
Schweizer Muster und entgegen unserem
Neutralitätsvertrag)? Dann benötigen wir
aber auch eine Diplomatie, die dieses Mo-
dell der EU und der Welt verkaufen kann.

Tatsache ist (und das zeigt uns auch die Um-


frage), dass eine Vielzahl unserer Mitbürger
mit dem derzeitigen Zustand des Bundes-
heeres unzufrieden ist. Wundern sollte uns
das nicht, denn was erleben zurzeit unsere
Wehrpflichtigen, wenn sie einrücken: Aus-
gedünnte Verbände mit einem Fehl an
Gruppenkommandanten mit schlechter Al-
tersstruktur, ungenügende Rahmenbedin-
gungen für die Ausbildung (geringes Muni-
tionskontingent, Kilometerbeschränkun-
gen bei Einsatzfahrzeugen, 40-Stundenwo-
che mangels Überstunden für Ausbildungs-
personal), daher auch fehlende Ausbil-
dungsintensität der Rekruten (im Vergleich
Doch sollte diese Diskussion, deren Aus- ger eigentlich heute das Bundesheer? In der mit 18 Wochen Ausbildung in der Schweiz
gang zu tiefgreifenden Veränderungen in Tageszeitung „Die Presse“ vom 15. De- mit folgenden jährlichen Wiederholungs-
der österreichischen Gesellschaft führen zember 2010 sind diesbezüglich interes- übungen), überhaltene Strukturen (unöko-
kann, dementsprechend sachlich und mit sante Umfragedaten zu lesen (siehe Grafik). nomisch kleine Kasernen mit halbvollen
Vernunft geführt werden. Oftmals erscheint
es uns als außenstehendem Beobachter so,
als ob die Hauptakteure dieser Debatte nicht
„ Verbänden), veralterte Logistik und vor al-
lem zu viele Funktionssoldaten (System-
erhalter). Und was sieht der Kadersoldat:
mehr Herr der Lage wären, sondern viel- Es geht in der kopflastige Strukturen wie etwa die Zen-
mehr Boulevardmedien konsequent den tralstelle oder die Militärkommanden, feh-
Marschtakt in Richtung Ende der Wehr-
Diskussion um die lende Zukunftsaussicht (keine Personalpla-
pflicht vorgeben würden. Wie sonst konnte Substanz unseres nung auf Zeit = alle wollen Beamte wer-
es dazu kommen, dass vom derzeitigen den).
Bundesminister für Landesverteidigung Sicherheitsapparates
und Sport, Mag. Norbert Darabos, bereits Reformen bis jetzt immer gescheitert
Modelle und Präferenzen präsentiert wur-
Bundesheer.
den, ohne dass sich die Politik zuvor Ge-
danken über die zukünftigen Aufgaben des
Österreichischen Bundesheeres gemacht Was erwarten sich die Österreicher?
“ Das Bundesheer der 2. Republik hat bereits
viele Reformen, Strukturänderungen,
Transformationen, Anpassungen (oder wie
und alle Konsequenzen der Abschaffung immer man diese Umgliederungen – sieben
der Wehrpflicht bedacht hat. Auch die ÖVP Was erwartet sich also der Österreicher von davon habe ich persönlich erlebt - genannt
ist relativ spät auf einen bereits abgefahre- seinem Heer? Reicht eigentlich eine Glie- hat) überstanden, an zwei Dingen sind bis-
nen Zug aufgesprungen. Wie sieht der Bür- derung für eine stark verbesserte freiwillige her alle Strukturreformen gescheitert: Am
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dem Bundesheer?
nötigen und von der Politik vorerst immer • die Möglichkeit der Auslagerung aller das Besoldungssystem im öffentlichen
zugesagten Budget und am nötigen Perso- derzeit von Funktionssoldaten (Systemer- Dienst sicher nicht erreichbar.
nal; letztlich ist auch die Heeresreform haltern) getätigten Arbeiten (und dazu ge-
2010 daran gescheitert, die erst im Juni hören nicht die immer wieder angeführten Keine Systemerhalter mehr!
2004 durch die Reformkommission unter Kellner für die Offiziere, sondern vor al-
dem Vorsitz des Altbürgermeisters Dr. Hel- lem Kraftfahrer, Mechaniker, Köche, Auch eine neue Dislozierung durch Auflö-
mut Zilk einstimmig (also auch mit der Wachsoldaten für unzählige Kasernen, sung von vielen Standorten wird realpoli-
Stimme eines Dr. Peter Pilz von den Grü- aber auch Schreiber, Wirtschaftsgehilfen, tisch nicht zu erreichen sein. Bleibt man
nen) beschlossen wurde. Nachschubgehilfen, Wehrpflichtige in allerdings bei der Wehrpflicht, so muss man

„ den Bekleidungskammern bis auf untere


Führungsebene) ebenfalls mangels ent-
alle Wehrpflichtigen aus der Systemerhal-
tung umgehend entfernen und die erforder-
Tatsache ist, dass sprechendem Budget zu Recht bezweifelt
werden kann und
lichen Leistungen am Markt zukaufen. In
einer „Wehrpflicht neu“, wie sie jetzt auch
eine Vielzahl unserer • eine Verbesserung des Gesundheitszu- von der ÖVP angedacht wird, darf es keine
standes unserer jungen Männer (viele für Systemerhalter in militärfremden Beschäf-
Mitbürger mit dem tauglich befundene Rekruten können nach tigungen (Küchen, Werkstätten, Kraftfah-
der Einstellungsuntersuchung – bis zu rer?, etc.) mehr geben. Zumindest das soll-
derzeitigen Zustand 20% eines Einrückungsturnusses - aus- ten wir uns doch leisten können!
des Bundesheeres schließlich im inneren Dienst eingesetzt
werden, also eben als Systemerhalter) Ich bin der Ansicht, es geht bei dieser Dis-
unzufrieden ist. nicht zu erwarten ist. kussion gar nicht mehr ausschließlich um


Wehrdienst oder Berufsarmee (alle Argu-
Wie soll sich der MKV verhalten? mente aller Parteien genau lesen!), es geht
Strukturänderung nicht in Sicht bereits um die Substanz unseres Sicher-
Also worauf sollen wir Bürger in den nächs- heitsapparates Bundesheer, und dieses ha-
Als gelernter Österreicher glaube ich daher ten Monaten bei dieser bereits peinlichen ben wir in den letzten Jahrzehnten leider oft
nicht, dass eine wesentliche Änderung des und im Ausland belächelten Diskussion ach- benötigt, wenn auch Gottlob nicht zur Lan-
derzeitigen Mischsystems (Berufssoldaten, ten, und wenn es zur Volksbefragung kom- desverteidigung im eigentlichen Sinn. Und
wehrpflichtige Rekruten und Milizsolda-
ten) möglich sein wird, weil:
• die dafür notwendigen gesetzmäßigen
men sollte, wie sollten wir uns als Couleur-
studenten entscheiden? Darauf jetzt schon
eine Antwort zu geben, wäre verfrüht.

Voraussetzungen für eine derart massive Geben Boulevard-
Änderung unseres Sicherheitssystems
vermutlich nicht geschaffen werden kön-
Ich bin allerdings der Ansicht: Eine Umstel-
lung auf ein angedachtes Freiwilligensys-
medien konsequent
nen (u.a. ist die Wehrpflicht immerhin in tem ist nur dann sinnvoll, wenn die Bezah- den Marschtakt
unserer Verfassung verankert; Artikel 9a lung aller Dienstgrade und Funktionen leis-
Absatz 3 B-VG), tungsorientiert erfolgt, d.h., dass bei einem in Richtung Ende
• sich bei dem angedachten Salär für Be- Einstiegsgehalt eines Schützen von etwa €
rufssoldaten nicht genügend „Freiwillige“ 2.000,– (Umfrageergebnis unter den derzei-
der Wehrpflicht vor?
melden werden (dies ist bereits in den
70er-Jahren mit der „Bereitschaftstruppe“
nicht gelungen und mit diesem Problem
tigen Präsenzdienern) ein Unteroffizier etwa
€ 5.000,– sowie ein höherrangiger Offizier
mindestens € 8.000,– netto verdienen müs-

unser Vaterland sollte uns eine Versiche-
haben fast alle europäischen Staaten nach ste. Dies ist aber in Österreich durch die rungspolizze „Sicherheit“ auch weiterhin et-
Abschaffung der Wehrpflicht auch heute Neidgenossenschaft und Auswirkungen auf was wert sein!
zu kämpfen),
• es durch die bereits vorgegebenen Bud-
getkürzungen in den nächsten drei Jahren
um 550 Millionen Euro vermutlich nie zur person
wieder zu einer Erhöhung des Heeresbud-
get kommt (die derzeitigen Berechnungen Obst iR Udo E. Liwa (OCW et mult.) war 37 Jahre Truppenoffizier, zuletzt lang-
im BMLVS gehen von jährlichen 2,2 jähriger Kommandant der Garde; auch jetzt noch u.a. als Generalsekretär von Alt-
Milliarden Euro aus; verschwiegen wird Neustadt, Absolventenvereinigung der Theresianischen Militärakademie, und als
dabei aber das darin enthaltene „Sport- Phx ev. Theresiana Wr. Neustadt eng mit Berufsoffizieren aller Führungsebenen
budget“ sowie die Ankaufrate für die Eu- verbunden.
rofighter),
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Wird die Solidarität zum


Ein jahrelanges politisches Führungsversagen hat das Bundesheer an den
Rand seiner Funktionsfähigkeit gebracht. Anstatt die notwendigen Reformen
endlich vorzunehmen, soll nun das Kind mit dem Bad ausgeschüttet werden.

Die Sicherheitspolitik eines jeden Landes sieht, um sich in allen möglichen Lebens- benötigten zusätzlichen Soldaten, Trup-
gehört zu den primären Kernaufgaben je- bereichen der Bürger breitzumachen, aber pen und Verbände kommen aus der beor-
des Staatswesens, die weder an Private genau die vom Bürger nicht selbst wahr- derten Miliz. Dies hat den Vorteil, dass
auslagerbar, noch an wen auch immer de- nehmbaren Kernaufgaben zusehends ver- immer nur so viel Bundesheer präsent ist
legierbar ist. Im Konkreten sind das die nachlässigt. und überdies bezahlt werden muss, wie
Landesverteidigung mit ihrem gesamten
Aufgabenspektrum: Landesverteidigung
im engeren Sinn, Schutz kritischer Infra-
„ man jeweils benötigt. Für ein neutrales
Land, das nicht der NATO angehört, ist
das ein kostengünstiges, zweckmäßiges,
struktur, Helfen wo andere nicht mehr Darabos ist unfähig demokratisches und vernünftiges System.
können, wie Katastrophenhilfe, Assi-
stenzeinsätze oder auch Hilfeleistungen
und kaltschnäuzig. Bundeskanzler ist Wehrdienstverwei-
im Ausland.

Weiters gehört dazu die innere Sicherheit Miliz – was bedeutet das?
“ gerer

Die Realität sieht freilich anders aus, weil


sowie die Justiz; all das sind staatliche sich die „große Politik“ seit Jahren nicht
Pflichtaufgaben. Viele andere Aufgaben Die Landesverteidigung kann ausschließ- mehr um das Bundesheer kümmert. Die
des Staates sind notwendig bzw. wün- lich der Staat wahrnehmen. Unsere Ver- Bundeskanzler der letzten Jahrzehnte wa-
schenswert, aber im Falle einer ungenü- fassung sieht die allgemeine Wehrpflicht ren befreit, untauglich oder, wie der der-
genden Qualität, können Bürger entweder vor und legt im Artikel 79 Absatz 1 fest, zeitige, gar Wehrdienstverweigerer und
selbst vorsorgen (Kranken-, Unfall-, Al- dass das Bundesheer nach den Grundsät- die fachliche Qualität der Verteidigungs-
tersversicherungen etc.) oder je nach zen eines Milizsystems einzurichten ist. minister war seit Otto Rösch und Robert
Vermögenslage Alternativen (Erziehung, Milizsystem heißt, präsente Kräfte für Lichal durchwachsen. Höhepunkt ist frei-
Ausbildung, Gesundheit etc.) in Anspruch Ämter, Behörden, Stäbe, Kommanden lich der Amtierende, der schon bei seiner
nehmen. Faktum ist, dass unser Staat eine und Spezialaufgaben wie Luftraumüber- Musterung vor der damals noch bestande-
der höchsten Steuerquoten Europas vor- wachung, Geheimdienste und die jeweils nen Kommission glaubhaft machte, dass
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leeren Schlagwort?
er es mit seinem Gewissen nicht verein- sich diese in der Vergangenheit auch ver- Norbert Darabos kann wohl willkürlich ei-
baren könne, seine Wehrpflicht beim halten und damit wesentlich zur gegen- nen General absetzen, aber es soll niemals
Bundesheer abzuleisten. Jahre später war wärtigen Misere beigetragen. Die einzi- ein Minister oder eine Regierung ein blindes
von diesem Gewissen keine Spur mehr gen, die in den letzten Jahren diese Fehl- Heer oder Soldaten gegen das eigene Volk
vorhanden, als es darum ging, Verteidi- entwicklungen und Missstände immer einsetzen können. Ich will in keinem Land
gungsminister zu werden, um als Befehls- wieder öffentlich aufgezeigt haben, waren leben, in dem sich die bewaffnete Macht
haber die Köpfe anderer hinzuhalten. die in Vereinsform organisierten Soldaten- nicht aus Mitbürgern zusammensetzt, die

„ verbände: die lange Zeit ungehörten Rufer


in der Wüste, überwiegend Milizoffiziere,
die ihrer Sorge Ausdruck verliehen.
ein Spiegelbild der Bevölkerung darstellen.

All-inclusive-Gratisgesellschaft
Ein Ende der
Dem Populismus des Wiener Bürgermeis- Die ganze derzeitige Debatte in Österreich
Wehrpflicht in Öster- ters drei Tage vor seiner Wahl und der Toll- entspringt keinem edlen, sondern einem
reich würde de facto patschigkeit des Verteidigungsministers ist schäbigen Motiv. Unser Land mit allen sei-
es zu verdanken, dass es nun endlich eine nen demokratischen Grund- und Freiheits-
ein Ende des bisherigen breite Diskussion über den Zustand des rechten, seinen wirtschaftlichen, sozialen,
Bundesheeres und die Landesverteidigung kulturellen Errungenschaften ist es auch
Bundesheeres mit in Österreich gibt. Für uns Milizoffiziere, wert, verteidigt zu werden. Wir leben zu-
seinem Leistungsspek- die wir uns zum Teil seit Jahrzehnten für ei-
ne positive Wehrgesinnung einsetzen, ist es
sehends in einer All-inclusive-Gratisge-
sellschaft, wo das Anspruchsdenken im-
trum bedeuten. natürlich schmerzlich, wenn die desaströ- mer größer wird und jeder alles vom Staat
sen Zustände ans Tageslicht kommen. Die haben will. Wenn es dann um persönliche

Bundesheer ist heruntergewirtschaftet


“ letzte große Bundesheerreformkommis-
sion (Zilk-Kommission) hat in ihrem 180-
Seiten-Bericht richtungsweisend aufge-
Leistungen und Pflichten geht, soll nicht
das Florianiprinzip mit einem Fingerzeig
auf den anderen vorherrschen. Die Idee,
zeigt, was notwendig wäre. Der im fünften den bisherigen Zivildienst nach Tariflohn
Faktum ist, dass das Bundesheer jedenfalls Amtsjahr stehende Verteidigungsminister zu bezahlen, ist besonders unverantwort-
in den letzten 10 Jahren mangels politischer ist für die wesentlichen Fehlentwicklungen lich, weil das geradezu ein Schlag ins Ge-
Führung und Umsetzung notwendiger Re- verantwortlich. Statt weniger Systemerhal- sicht für über 400.000 Freiwillige darstellt,
formen massiv heruntergewirtschaftet wur-
de. Der bisherige Input des Staates sind
24.000 Planstellen, 2 Milliarden Euro Bud-
ter gibt es mehr, statt einem sinngebenden
erlebnis- und abwechslungsreich gestalte-
ten Ausbildungsdienst gibt es Sinnlosig-

get und die allgemeine Wehrpflicht. Der keitdebatten, die vielen vielen, vorgeschla- Söldner zu rekru-
Output ist ein verbürokratisiertes Beamten- genen notwendigen Maßnahmen wurden
heer, ein jahrelanger Missbrauch der Wehr- nicht umgesetzt und die Abwärtsspirale
tieren ist demokratie-
pflicht durch zweckwidrige Verwendung ging weiter. Dennoch bezeichnet sich Da- politisch gefährlich.
der Rekruten (viel zu viel Systemerhalter, rabos als „fortschrittlicher Reformminister“
Burgenlanddienst als regionale Wirtschafts-
förderung etc.), die verfassungswidrige
Aushöhlung des Milizsystems (keine Übun-
und an den Missständen sind alle anderen
schuld. Hier paart sich in erschreckender
Weise Unvermögen mit Kaltschnäuzigkeit. die jahrein und jahraus Lebenszeit im

gen, keine Nachwuchsbildung, Massenen- Dienste des Nächsten unentgeltlich ein-
torderungen, keine Zuweisung von Aufga- Keine Söldner für Österreich bringen. Von dieser egoistischen gesell-
ben etc.) und die Nichterfüllbarkeit der ei- schaftlichen Entwicklung und ihren Urhe-
gentlichen Aufgaben. Wirklich einsatzfähi- Die Wehrpflicht in Österreich abschaffen bern kann man sich nur abwenden.
ge Soldaten gibt es kaum mehr als 4.000: ein heißt de facto das Bundesheer abschaffen.
Armutszeugnis und eine Bankrotterklärung. Österreich ist zu klein für ein Berufsheer. In

Generalstab in der Verantwortung


Konkurrenz zum Arbeitsmarkt könnte die
notwendige Anzahl von Berufssoldaten –
zur person
mit Ausnahme der Offiziere - nicht gefun- Brigadier Dr. jur. Michael
Als kleiner Staat im Staat hat sich ein Ge- den werden bzw. ist es demokratiepolitisch Schaffer (*15.2.1954 in Groß-
neralstab breitgemacht, der von seiner An- absolut nicht wünschenswert, Söldner zu re- gmain) ist Präsident des Österrei-
zahl her einer Großarmee voranstehen krutieren. Gerade die Revolutionen im ara- chischen Milizverbandes und bei
könnte. So manche der dortigen Herren bischen Raum zeigen, wie wichtig es ist, der Salzburg AG in der Personal-
wünschen sich ein Berufsheer, aber mit dass das Heer im Volk verankert und kein wirtschaft tätig.
allgemeiner Wehrpflicht; genau so haben willenloses Werkzeug von Machthabern ist.
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Und was sagst du dazu?


Couleur befragte die Bereichssprecher für Jugendangelegenheiten der
Parlamentsparteien zur Wehrpflicht-Debatte.
INTERVIEWS: BA BERNHARD SONNTAG V/O ARNIE (MDK)

1. In einigen europäischen Ländern wur- bitionierten Reformpläne von Norbert verändert. Minister Darabos wäre gut
de jüngst die Wehrpflicht außer Kraft Darabos. Das Modell eines Freiwilligen- beraten gewesen, eine solche neue Si-
gesetzt. Ist die allgemeine Wehrpflicht heeres ist eine Variante, die im Rahmen cherheitsdoktrin zu entwickeln. Ver-
nicht mehr zeitgemäß oder nur mo- einer gemeinsamen Sicherheitsstrategie stärkte Kooperation mit unseren EU-
mentan unpopulär? Welches Modell für Österreich diskutiert werden muss. Nachbarländern ist grundsätzlich nicht
würden Sie vorziehen? ausgeschlossen, es muss uns jedoch be-
2. Es erscheint mir eine verstärkte Koope- wusst sein, was dies bedeutet. Denn wer
2. Was halten Sie in diesem Bereich von ration mit EU-Nachbarländern – so wie A sagt muss auch B sagen…
einer verstärkten Kooperation mit EU- es der Wiener Bürgermeister Michael
Nachbarländern? Wäre eine Koordi- Häupl gefordert hat, für sehr sinnvoll. 3. Ich würde es beim Prinzip der Freiwil-
nation der Landesverteidigung mit an- ligkeit bei Frauen belassen. Sollte die
deren Unionsländern begrüßenswert? 3. Solange es auch in anderen gesell- allgemeine Wehrpflicht abgeschafft
schaftspolitisch relevanten Bereichen werden, so muss man über einen alter-
3. Ist in Ländern wie Österreich, die die keine Gleichberechtigung gibt – wie nativen Dienst an der Gesellschaft für
Gleichberechtigung der Geschlechter zum Beispiel Einkommen – stellt sich Männer und Frauen diskutieren. Es gibt
als erstrebenswert ansehen, die Ein- diese Frage für mich nicht. jedoch einige andere Berufs- und Pra-
ziehung ausschließlich männlicher xisfelder, in denen die Gleichstellung
Staatsbürger zum Wehrdienst nicht ein 4. Er muss nicht. Er kann. Wenn er es für von Mann und Frau Priorität hat.
Verstoß gegen ebendiesen Wert? Müss- sinnvoll hält. Er kann auch Wehrersatz-
ten im gegenwärtigen Wehrmodel dienst leisten. 4. John F. Kennedy sagte: „Fragt nicht,
nicht auch Frauen an der Landesver- was euer Land für euch tun wird - fragt,
teidigung partizipieren? 5. Nein. was ihr für euer Land tun könnt.“ Die
allgemeine Wehrpflicht stellt für einen
4. Was antworten Sie einem jungen öster- jungen Mann die Möglichkeit dar, aktiv
reichischen Rekruten, der Krieg nur für seine Heimat einzutreten. Die Ver-
aus Filmen und Geschichtsbüchern teidigung der österreichischen Souverä-
kennt, der Sie fragt, warum er die nität hat nicht an Bedeutung verloren.
nächsten 6 Monate in einer Kaserne Ksw. Mag. Unsere Werte, Rechte und Freiheiten
verbringen muss? Silvia Fuhrmann müssen wir schützen und im Notfall
(ÖVP) (VBN) auch bewaffnet verteidigen können.
5. Haben Sie selbst den Wehrdienst oder geb. 1981, Studentin
eine ähnliche Leistung absolviert? 5. Als Frau habe ich keinen Wehrdienst ge-
leistet, ich habe mich jedoch abseits der
1. Beide Modelle haben Vor- und Nachteile. Politik viele Jahre freiwillig und ehren-
Bevor in Österreich über die Abschaffung amtlich in der katholischen Kirche und
der Wehrpflicht entschieden werden in sozialen Vereinigungen engagiert.
kann, muss die Frage der Neutralität dis-
kutiert werden. Man muss in Österreich
Angela nicht nur über die militärische Landes-
Lueger (SPÖ) verteidigung diskutieren, sondern auch
geb. 1965, Beamtin über die geistige und den Zivilschutz. Ei-
ne Reform des Bundesheeres ist mit Ing. Christian
Sicherheit notwendig. Österreichs Sicher- Höbart (FPÖ)
1. Es gibt in Wahrheit nur noch drei Länder heit eignet sich nicht als Wahlkampfgag! geb. 1975, Angestellter
in der EU, die an der Wehrpflicht festhal-
ten. Die geopolitische Situation hat sich 2. Diese Fragen hängen unmittelbar mit
in den letzten Jahren stark verändert – da- der Sicherheitsdoktrin unseres Landes 1. Anfangs müssen die Sicherheitsinteres-
her muss man sich den neuen Herausfor- zusammen. Die Bedrohungsszenarien sen Österreichs klar definiert werden
derungen stellen. Ich unterstütze die am- (Terrorismus, cyberwar, u.ä.) haben sich („Sicherheitsdoktrin“) und an diesen
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Bedürfnissen die Streitkräfte ausgerich- 5. Ja, meinen 8-monatigen Wehrdienst ha-


tet werden. Erst die Zielvorgaben klar be ich mit einer EF-Ausbildung in Wöl- Tanja Wind-
definieren, danach die Festlegung der lersdorf und einer Funker-Ausbildung büchler-Souschill
Organisationsform. in St. Pölten absolviert. (GRÜNE)
geb. 1976,
Die FPÖ möchte an der Wehrpflicht Dipl. Sozialarbeiterin
festhalten. Das derzeitige System ist je-
doch in Teilen reformbedürftig. Denk-
bar wäre etwa ein Wehr- und Miliz- 1. Die Abschaffung der allgemeinen
system (Schweiz). Stefan Marko- Wehrpflicht ist dringend notwendig.
witz (BZÖ) Innerhalb der EU braucht es den ver-
2. Österreich wäre gut beraten, sich nicht geb. 1977, Unternehmer pflichtenden Wehrdienst nicht mehr.
in fremde Kriege einzumischen. Das Junge Männer sollen selbstbestimmt
Bundesheer darf in keine Kampfeinsät- entscheiden, welchen Weg sie gehen
ze eingebunden werden, sondern soll 1. Der Wehrdienst ist als Zwangsdienst wollen, ohne Zwang und Drill.
nur echte humanitäre und friedensstif- für junge Menschen nicht mehr zeit-
tende Einsätze unterstützen. Daran ist gemäß. 2. Im Katastrophenschutz ist Kooperation
auch die Kooperation mit EU-Nachbar- selbstverständlich, beim Schutz unse-
ländern auszurichten. Jugendliche werden nach Abschluss ih- rer verfassungsmäßigen Einrichtungen
rer Lehre einberufen – und so aus dem schwer vorstellbar. Eine gewisse Koor-
3. Von einer Dienstpflicht für Frauen hal- Arbeitsprozess herausgerissen und dination sehen die EU-Verträge schon
ten wir nichts. Das derzeitige System ist nach Beendigung der Grundwehr- vor, aber Österreich ist und bleibt neu-
sinnvoll und sollte beibehalten werden. dienstzeit gestaltet es sich äußerst tral. Wir wollen keine Stationierung
Man könnte aber immerhin über ein so- schwierig, wieder einen Arbeitsplatz zu fremder Truppen in Österreich, kein
ziales Jahr für junge Frauen nachden- finden. Das beim Bundesheer Gelernte Militärbündnis und keine Teilnahme an
ken, wenn man denn eine Dienstpflicht ist auch nicht wirklich in der Arbeits- Kriegen. Wir wollen die europäischen
verlangen würde. welt umsetzbar. Wir treten für ein ein- Partner überzeugen, dass sich die EU
satzfähiges und schlagkräftiges Berufs- nach diesen Vorgaben verhalten soll.
4. Abgesehen davon, dass junge Men- heer ein. Unser Ziel ist mehr Schutz bei
schen lernen sollten, Vorzüge in Katastrophen und mehr Sicherheit für 3. Die Wehrpflicht ist Teil eines veralteten
einer Demokratie zu leben und die Bevölkerung bei geringeren Kosten. Systems, das in einer Zeit des geteilten
diese auch mit dem Dienst am und nach dem Krieg traumatisierten Eu-
Vaterland und am Gemeinwohl verbun- 2. Das BZÖ strebt eine enge sicherheits- ropas entstand. Im Jahr 2011 sollten jun-
den sind, geht es nicht nur um die Fra- politische Zusammenarbeit mit den eu- ge Männer aus Gleichberechtigungs-
ge der Landesverteidigung, sondern ropäischen Partnern an, denn gemein- gründen nicht zum Wehrdienst einberu-
auch um den Erziehungsauftrag des sam sind wir stärker. fen werden!
Heeres.
3. Das BZÖ steht für Gleichberechtigung 4. Die allgemeine Wehrpflicht und der
Man lernt Kameradschaft – auch mit auch in diesem gesellschaftlichen Be- Zwang zur Systemerhaltung soll abge-
Menschen aus anderen sozialen reich. Frauen sollen auch in einem zu- schafft werden. Gleichzeitig wird das
Schichten –, man lernt Ordnung, Diszi- künftigen Berufsheer eine wichtige Po- Bundesheer bei Verzicht auf Panzer und
plin, Regeln ... Alles „weiche Fakto- sition innehaben. Artillerie auf 9.000 gut ausgebildete Per-
ren“, die man aber später im Berufs- sonen verkleinert. Anstatt verpflichten-
leben sehr gut gebrauchen kann. Und 4. Leider ist die derzeitige gesetzliche der Zivildiener werden motivierte Men-
die jungen Rekruten betreiben regel- Lage so, dass der Grundwehrdienst schen für die Arbeit im Gesundheits- und
mäßig Sport. von jungen Männern abgeleistet werden Sozialbereich adäquat entlohnt.
muss. Weil sich die Bedrohungsszena-
Die Debatte um die Wehrpflicht er- rien in den letzten zwei Jahrzehnten in 5. Nach der Matura habe ich mich in der
innert immer an einen Hausbesitzer der Europa drastisch geändert haben, ist Friedenspolitik als Geschäftsführerin
seine Feuerversicherung kündigen eine Bundesheerreform längst notwen- der Arbeitsgemeinschaft für Wehr-
möchte, nur weil es bei ihm seit Jahr- dig. dienstverweigerung und Gewaltfreiheit
zehnten nicht mehr gebrannt hat. Das engagiert. Dort gab es Zivildienerbera-
Bundesheer ist sozusagen unsere Feu- 5. Ich habe meinen Grundwehrdienst in tung und friedenspolitische Aktionen.
erversicherung, wenn es wirklich bren- der Graf-Starhemberg-Kaserne in Wien Unter anderem habe ich die Anti-NA-
nen sollte. abgeleistet. TO-BürgerInnen-Initiative mitinitiiert.
10 couleur 01 | 11
politik usw.

„Denken Sie ruhig multikulti“:


Vertrauliche Post aus Down Under. Doktor Spin ist mit der „Performance“
des Regierungschefs durchaus zufrieden.

Dear Mr. Chancellor! Damit ist auch sichergestellt, dass Sie der wicklung des amerikanischen „spoils sy-
Stimme des Volkes Rechnung tragen, stem“. Nur, dass dort die regierende Par-
Zunächst möchten wir Ihnen dazu gratu- denn die „Krone“ ist definitionsgemäß die tei die Spitzen der Verwaltung besetzt, in
lieren, dass Sie Ihre zeitweiligen Unstim- Stimme des Volkes. Ihr treuer Partei- Austria hingegen der Boulevard.
migkeiten mit der Familie Dichand berei- soldat, the Minister of Defense for the
nigen konnten. Wie das bei Greisen Burgenland, hat dieses Modell zudem Mr. Pandis Liste...
manchmal so ist, war der Alte (Ihr Onkel auf den Personalsektor übertragen – die
Hans) in seinen letzten Monaten etwas „Krone“ bestimmt, wer als Generalstab- Mehrere Medienzaren (darunter ein ge-
launisch, doch sein Sohn und Nachfolger schef amtieren darf, und vor allem, wer wisser Murdoch, der auch zu unserem
hat die Vorzüge Ihres Kooperationsmo- nicht. exklusiven Kundenkreis zählt) haben
dells rasch erkannt: Die „Krone“ kassiert bereits Interesse an Ihrem System an-
reichlich Geld von österreichischen Steu- Politologisch gesehen – was Sie weniger gemeldet – für die Lizenzgebühren schla-
erzahlern in Form von Regierungsinsera- interessieren dürfte, aber möglicherweise gen wir Ihnen den bewährten 50:50-
ten, und Sie machen dafür die Politik, die Ihre(n) Biografen – handelt es sich dabei Schlüssel (unsere Firma: SPÖ-Parteikas-
die „Krone“ Ihnen vorgibt. übrigens um eine innovative Weiterent- se) vor.
couleur 01 | 11 11
politik usw.

Ein Brief an den Kanzler


Bei dieser Gelegenheit darf ich Ihnen im Das Spektakel, das Ihre Partei, die Medien denten Nursultan Nasarbajew. Selbiger
Auftrag von Mr. Pandi gleich eine Liste und die „kritischen Intellektuellen“ zum verfügt nicht nur über einen reichen Er-
weiterleiten – Namen mit Krönchen darü- Bruno-Gedenken veranstaltet haben, kam fahrungsschatz (der weit in die kommunis-
ber sind zu höherer Verwendung be- gerade zur richtigen Zeit. Speziell die tische Zeit zurückreicht) hinsichtlich des
stimmt, rot durchgestrichene zur Abschie- Letzteren waren so sehr in ihrem Nostal- richtigen Umgangs mit der Opposition
bung beziehungsweise Entlassung. Öf- gie- und Hagiografietaumel gefangen, und unbotmäßigen Vasallen, sondern hat
fentliche Proteste dürften sich auch dass sie keine Zeit hatten, sich mit dem sich auch vor Kurzem zum „Führer der
weiterhin auf jene Publikationen be- neuen Demokratieverständnis der Sozial- Nation“ auf Lebenszeit ernennen lassen.
schränken, die ohnehin fast niemand liest, demokratie zu befassen (gilt natürlich
für eine breitere Öffentlichkeit wird sich auch für die eingeschriebenen, aktiven Denken Sie ruhig „multikulti“, lernen Sie
sicher wieder ein Kommentator des wie pensionierten GenossInnen). die politischen Vorteile der asiatischen
Staatsfernsehens finden, der Meinungs- Despotie kennen. Leider könnten bei der
äußerungen von Militärs zur Verteidi- Lernen von Nasarbajew Übernahme Lizenzkosten anfallen, für die
gungspolitik als Kennzeichen von Mili- der 50:50-Schlüssel nicht gilt. Nach zwei
tärdiktaturen denunziert. Sollte da doch noch ungenützte Energie sistierten Wahlen können Sie dann huld-
vorhanden sein, lässt sich diese leicht auf voll an eine Verbreiterung Ihrer politi-
Ansonsten wird der ORF-Generalinten- deren Lieblingsbeschäftigung, die Be- schen Basis denken – Mr. Strache ist dann
dant schon bald für Ruhe sorgen, schließ- kämpfung der „konservativen Reaktionä- auch nicht mehr der Jüngste und sicher
lich möchte er ja von Ihrem Freundeskreis re“, der ewig dräuenden „rechten Gefahr“ für eine Regierungskoalition reif.
wiedergewählt werden (Liste mit mög- und des „Neoliberalismus“ umleiten. Ver-
lichen „schwarzen Schafen“ für Niko gessen Sie bitte nicht, entsprechende Ausgelastete Frau Rudas
Pelinka im Anhang I). Textbausteine (Anhang II) in Ihrer nächs-
ten Grußbotschaft an das Projekt „Next Zuletzt noch eine kleine Unannehmlich-
Tripsups Taktik-Lektionen Left“ zur Neuaufstellung der Sozialdemo- keit. Bedauerlicherweise ist unsere letzte
kratie einzubauen. Honorarnote noch nicht beglichen – Frau
Sehr erfreut sind wir zudem, dass Sie Rudas war offensichtlich mit ORF-Perso-
jene Taktik-Lektionen, die Ihnen unser Bleiben noch zwei Handicaps. Zum einen nalien ausgelastet. Wir sind für alle Ge-
Spezialist, Mr. Tripsup, erteilt hat, mit die sogenannte „Meinungsfreiheit“ (nein, staltungsvorschläge offen – auch Insera-
Erfolg angewendet haben. Wie Sie Ihren nicht die der „Krone“, der müssen Sie na- teneinschaltungen, etwa des Bundeskanz-
Regierungsvize mit seinen Strukturre- türlich gebührend Rechnung tragen – in leramtes, des Infrastrukturministeriums
formideen haben anrennen lassen, indem jeder Bedeutung des Wortes). Zum ande- oder der Wiener Kommunalbetriebe in
Sie sich hinter seinem Rücken aber vor ren das wirkliche Ärgernis von Wahlen, unserer Kundenpostille „All Your Money
laufender Kamera mit seinen Länder-go- weil das blöde Stimmvieh letztlich unbe- Can Buy“ sind durchaus willkommen.
vernors verbündet haben, das war wirk- rechenbar ist, selbst wenn man es von
lich first class. Zeit zu Zeit mit entsprechenden Formu- Yours sincerely,
lierungen „volksbefragt“. Doktor Spin
Die Kirchturmmentalität von Regional- (Redvally Consultation, A Special
fürsten ist indeed eine wertvolle politische Gedankenaustausch mit Gusenbauer Branch of Greenberg Associates,
Ressource zur Verhinderung von change. Your Specialist for Abysmal Politics,
Mr. Pröll wird auf absehbare Zeit so sehr Für die Lösung beider Probleme dürfen Desolation Road, Down Under).
mit seinem Unglück, seinen Parteigran- wir Ihnen einen intensiven Gedankenaus-
den und seinen Beratern – die wir ihm tausch mit Ihrem Vorgänger Dr. Gusen-
undercover in Ihrem Auftrag vermittelt bauer (zu irgendetwas muss er ja gut sein) Dieser Beitrag erscheint mit freund-
haben – beschäftigt sein, dass er keine ans Herz legen. Wie Sie wissen, berät er licher Unterstützung der Tageszeitung
Plage mehr für Sie darstellt. seit einem Jahr den kasachischen Präsi- „Die Presse“.

Natürlich gibt es noch ein paar offene


Probleme. Die meisten davon sind nicht
wirklich gravierend. Der Bundespräsident zur person
ist zwar a pain in the ass, aber alles in al-
lem wird er es bei ein paar mahnenden Dr. Peter A. Ulram ist Dozent für Politikwissenschaft an der Uni Wien sowie
Worten belassen, allzu kontroversielle Bereichsleiter Politikforschung bei GfK Austria. Zahlreiche wissenschaftliche
Positionen waren noch nie seine Sache, Publikationen zur Wahlforschung und politischen Kultur im internationalen
wie schon Ihr länger verflossener Vorgän- Vergleich. Arbeitet gerade an einem Buch über Politik und Psychologie der
ger, der Sonnenkönig Bruno der I., fest- Wirtschaftskrise.
gestellt hat.
12 couleur 01 | 11
politik usw.

Minenfeld Ostasien
Der Besuch des chinesischen Präsidenten Hu Jintao bei seinem US-Amts-
kollegen Obama ist nur die Spitze des Eisberges.

Nachrichtenkanäle wie CNN und EURO- ner Kampf- bzw. Sanitätseinheiten. Unter munistische Nordkorea schreckte nicht ein-
NEWS wiesen auf eine Reihe von Pro- maßgeblicher Beteiligung der USA und ih- mal vor Anschlägen auf die Zivilluftfahrt zu-
blembereichen hin, nicht zuletzt die Span- rer Streitkräfte gelang es, das angegriffene rück, um Südkorea zu schädigen. Wie posi-
nungen um die Republik Taiwan und die Si- Südkorea vor der Vernichtung zu bewahren. tiv sich dieses trotzdem entwickeln konnte,
tuation auf der koreanischen Halbinsel mit macht die Tatsache deutlich, dass Südkorea
Nordkorea als Gefahrenherd. Dabei weisen Urheber des Koreakonflikts den jüngsten Gipfel der führenden Wirt-
betreffende Konflikte unabhängig von Ein- schaftsmächte der Welt bei sich ausrichtete.
zelpersonen der heutigen politischen Szene Dabei geht dieser Koreakonflikt – wie so Ban Ki-moon war bis zu seiner Wahl zum
auf ihre je eigene Geschichte zurück. vieles – auf die Politik der Hauptsieger- UN-Generalsekretär Außenminister Südko-
mächte des II. Weltkrieges zurück. Hatten reas. 1988 fanden in Südkorea glänzende
Der Überfall des von Sowjetunion und dem doch die Sowjetunion und die USA die Auf- Olympische Sommerspiele statt.
inzwischen kommunistischen China unter- teilung Koreas vereinbart. Aus beiden Be-
stützten kommunistischen Nordkoreas auf satzungszonen entwickelten sich die kom- In der kommunistischen Familiendiktatur
das prowestliche Südkorea im Jahre 1950 munistische Volksrepublik Nordkorea und Nordkoreas herrschen demgegenüber er-
wurde von den sonst meist nicht mit Ent- der südkoreanische Staat, beide mit dem An- schütternde Verhältnisse. Seit Jahren leidet
scheidungseffizenz glänzenden Vereinten spruch ganz Korea zu vertreten. Mit dem als die einfache Bevölkerung unter drasti-
Nationen mit der eindeutigen Verurteilung Abschluss des Koreakrieges 1953 verein- scher Lebensmittelknappheit. Jede Form
Nordkoreas beantwortet und dem Aufruf an barten Waffenstillstandes wurde in etwa die politischer Opposition wird erbarmungs-
die Mitgliedsstaaten, Südkorea als Opfer (Besatzungs-)Grenze von 1945 wiederher- los verfolgt. Zugleich ist Religionsfreiheit
militärisch beizustehen. Zahlreiche der da- gestellt, die Gesamtproblematik aber nicht in keiner Weise vorhanden. Vor allem wer-
maligen UN-Mitgliedsstaaten antworteten gelöst. Bis heute gibt es keinen Friedensver- den Christen am stärksten verfolgt. Im Be-
auf diesen Appell mit der Entsendung eige- trag für die koreanische Halbinsel. Das kom- richt für 2010 hielt Amnesty International
couleur 01 | 11 13
politik usw.

(AI) fest: „Die Regierung verletzte syste- Kanonenboot am Yangste-Kiang eigene Exilregierung. Die tibetische ver-
matisch die bürgerlichen, politischen, dankt zwar erheblich dem Aushänge-
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bemerkenswertes hatte sich inzwischen schild Dalai Lama ihre besondere welt-
Rechte von Millionen von Nordkoreanern. auch in der Mandschurei, dem Stammland weite Popularität, ist aber alles andere als
Nahezu das gesamte Land war von Nah- der so lange über China herrschenden ein Ein-Mann-Betrieb.
rungsmittelknappheit betroffen“. Eigens Mandschu-Kaiser ereignet. Der 1911 in Pe-
wurden „willkürliche Inhaftierungen, Fol- king gestürzte letzte Mandschu-Kaiser Pu- Türkei kritisiert Völkermord
ter und andere Misshandlungen“ themati- Yi konnte dort 1932 mit Hilfe Japans an die
siert. Spitze des für unabhängig erklärten Staates In Hinblick auf Ostturkestan ist insbeson-
Manchukuo treten. Die Proklamation zum dere der Weltkongress der Uiguren aktiv.
Menschenrechtsverletzer Nr. 1 Kaiser von Manchukuo erfolgte 1934. Dieser vertritt als Mitgliedsorganisation
u.a. in der „Unrepresented Nations and
Dinge die auch in anderen Staaten an der Im Schatten des II. Weltkrieges und ange- Peoples Organization“ (Organisation der
Tagesordnung sind: Nach Beurteilung der trieben durch die Sowjetunion erklärte 1944 nichtrepräsentierten Völker und Staaten)
Internationalen Gesellschaft für Men- die Volksrepublik Ostturkestan ihre Unab- seine Volksgruppe. Ebenfalls in der UN-
schenrechte/IGFM ist China „eine Welt- hängigkeit. Chinesische Gebietshoheit hat- PO sind die tibetische Exil-Regierung und
handelsmacht und zugleich der Men- te in dem besonders von muslimischen Ui- die Republik Taiwan.
schenrechtsverletzer Nr. 1“. Die IGFM guren bewohnten Gebiet über weite Stre-
hielt in einer Stellungnahme fest: „Ein cken eh nur noch auf dem Papier bestanden. Da sich die uigurische Bevölkerung meist
Jahr vor Beginn der Olympischen Spiele Verfilmungen wie „Der bunte Schleier“ und zum Islam bekennt, verwundern Berichte
ist China unangefochtener Weltmeister in „Kanonenboot am Yangste-Kiang“ weisen über vielfältige Unterstützung aus der is-
Hinrichtungen, Folter, Überwachung sei- auf die komplizierten Verhältnisse der 20er- lamischen Welt keineswegs. Die türkische
ner Bevölkerung, Unterdrückung der und 30er-Jahre in China hin. Regierung etwa warf China vor, Völker-
Meinungsfreiheit, Gehirnwäsche und vie- mord gegen die auch sprachlich-kulturell
len anderen Disziplinen der Unterdrük- Chinesischer Blitzkrieg eng mit der Türkei verbundenen Uiguren
kung“. Mit seiner Kritik steht die IGFM zu betreiben. Die Bedeutung des Dalei
nicht allein. Zu nennen sind hierzu etwa Kam ab 1945 schrittweise das Gebiet Lama für den buddhistischen Kultur-
Amnesty International, die Gesellschaft Manchukuos mit Hilfe der Sowjetunion kreis und eine Pflege der Beziehungen in
für bedrohte Völker und Christian Solida- und der USA (wieder) zu China, so war diese Richtung braucht nicht eigens be-
rity International. Ein Blick auf den ge- Ostturkestan/Sinkijang 1949 fällig. Die tont werden.
schichtlichen Hintergrund kann die Pro- sowjetische Führung unter Stalin lieferte
blematik, Einzelkonflikte erhellen. ihre dortigen Genossen den im chinesi- Taiwan und Vatikan
schen Bürgerkrieg bereits erfolgreichen
Der letzte Kaiser Rot-Chinesen unter Mao ans Messer. Als Beachtlich auch, wie sehr das demokrati-
1950 der chinesische Blitzkrieg zur sche und religionsfreundliche Taiwan als
Weite Teile des sog. heutigen Chinas ge- Unterwerfung Tibets begann, wurde das eigener Staat der chinesischen Feindselig-
hörten über Jahrhunderte zum jeweiligen tibetische Volk und der junge Dalai Lama keit trotzt. Chinas Drohungen und Provo-
Tibetischen Großreich, Uiguren-Imperium in ihrem verzweifelten Abwehrkampf von kationen sorgen immer wieder für ernste
und dann dem Reich der Kalmücken. Das der Weltgemeinschaft alleingelassen. Auch Besorgnis in der Weltöffentlichkeit. De-
eigentliche China wurde lange von nicht- der spätere tibetische Volksaufstand konn- monstrativ pro-Taiwan sind Vatikan und
chinesischen Dynastien regiert. Die Mon- te daran nichts ändern. Mancher mag an Internationale Demokratische Union/IDU,
golenherrschaft ist dank Marco Polos auch den Film „Sieben Jahre in Tibet“ mit Brad mit der ÖVP als einer ihrer Gründerpar-
bei uns etwas in Erinnerung. Der Oscar-ge- Pitt in der Hauptrolle denken. teien. In diesen Kreisen gibt es große Sym-
krönte Film „Der letzte Kaiser“ setzte ins pathien gerade auch für Tibet.
Bild, dass die letzte Kaiserdynastie Chinas, Demonstrationen zu verschiedenen An-
ca. von der Mitte des 17. Jahrhunderts 1912, lässen und Menschenrechtsorganisatio- Es bleibt abzuwarten, ob es in Zukunft der
eine mandschurische Dynastie war. Deren nen weisen immer wieder auf das Schick- Exil-Regierung für Manchkuo gelingt, stär-
Unbeliebtheit bei richtigen Chinesen ist sal von Gebieten wie Tibet und Ostturke- keres internationales Interesse für sich zu
Thema im Genre von Eastern Action-Fil- stan hin. In beiden Fällen gibt es eine mobilisieren. Im Internet ist man schon.
men. Den Mandschu-Kaisern ist die Erobe-
rung Taiwans wie anderer Gebiete zu „ver-
danken“, auf die die heutige Volksrepublik
China Anspruch erhebt. War Taiwan von zur person
1895 bis 1945 Teil des Kaiserreiches Japan,
um dann erst den US-Amerikanern in die Dr. MMMMag., cand. phil. fac. theol. Matthias Martin v/o Nepomuk (NKW,
Hände zu fallen, so erhob sich 1948 die COT, TUT) ist Priester im Bistum St. Pölten, Verbindungsseelsorger der TUT
dortige Bevölkerung gegen die Herrschaft und Autor dreier Bücher („Für Gott und gegen den Führer?“; „Der kath. Weg ins
der bürgerlichen chinesischen Regierung Reich“ und „Staat, Recht und Kirche“) sowie Autor zahlreicher Artikel in ver-
Tschiang Kai-shek, dem die USA Taiwan schiedenen Medien.
überlassen hatte.
Job-Wahl ist entscheidend
für spätere Pension
Junge Menschen sollten sich bei ihrem Arbeitgeber über die betriebliche
Vorsorgelösung erkundigen, empfiehlt Mag. Andreas Zakostelsky (NMG)
Müssen junge Menschen, die in den
„Schlusslichter-Branchen“ arbeiten, be-
sorgt in ihre Zukunft blicken?

Zunächst empfehle ich, jenen Beruf zu


wählen, für den man sich geboren fühlt.
Niemand soll seine Berufsentscheidung
bloß aufgrund späterer Pensionserwartun-
gen treffen. Ich rechne damit, dass jene
Branchen, die zurzeit noch Schlusslichter
in der betrieblichen Vorsorge sind, in den
kommenden Jahren enorm aufholen.

Hat man als junger Arbeitnehmer über-


haupt Einfluss darauf, ob der Chef sich
für eine betriebliche Vorsorgelösung
entscheidet und wie viel er dabei tat-
sächlich für seine Mitarbeiter einbe-
zahlt?

Ich rate allen jungen Menschen, eine aner-


kannte Berufsausbildung abzuschließen.
Dazu gehört auch „lebenslanges Lernen“
(scientia!) – heute mehr denn je. Durch die
demografischen Entwicklungen entstehen
für die heutige Generation auch viele
Chancen. Die Überalterung der Gesell-
schaft wird zu einem Mangel an hochqua-
lifizierten Facharbeitern führen. Das
„Highly Qualified Personnel“ ist dann in
der beneidenswerten Lage, zwischen meh-
reren Arbeitgebern wählen zu können. Da-
bei empfehle ich dringend, nicht nur nach
dem Gehalt zu fragen, sondern sich auch
nach dem Niveau der betrieblichen Vorsor-
ge zu erkundigen. „Zahlen Sie auch für
Foto: Franz Helmreich

meine Betriebspension ein?“ – ist eine häu-


fig gestellte Frage von jungen Arbeitskräf-
ten an den Arbeitgeber. Jene Chefs, die sich
aktiv um die Vorsorge ihrer Mitarbeiter
Mag. Andreas Zakostelsky, Vorsitzender der Vorstandes der Valida Vorsorge Management kümmern, haben sehr gute Chancen, qua-
lifizierte Arbeitskräfte zu finden und sie
langfristig zu behalten. Das gilt in allen Be-
Welchen Job sollte ein junger Mensch in einzelnen Branchen unterschiedlich rufsbranchen.
wählen, um später in den Genuss einer stark ausgeprägt, wie eine Studie des WI-
möglichst hohen Betriebspension zu FO beweist. Nahezu jeder Arbeitnehmer www.valida.at
kommen? im Unterrichtswesen kann sich darauf ver-
lassen, dass er im Ruhestand neben seiner
Vielen jungen Menschen ist nicht bewusst, staatlichen Pension auch Leistungen aus ei-
dass sie bei der Wahl der Branche und des ner Pensionskasse bekommen wird. In der
Arbeitgebers unter anderem auch bereits Baubranche sind es hingegen nur 8 Pro-
über die Höhe ihres Einkommens in der zent. Die Schlusslichter sind Hotellerie und
Pension entscheiden. Die Häufigkeit von das Gastgewerbe mit gerade einmal 4 Pro-
betrieblichen Vorsorgelösungen ist derzeit zent.
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couleur 01 | 11 15
politik usw.

23 Milliarden durch
Privatisierungen
Der Staat ist kein guter Unternehmer –
Das hat sich in der Vergangenheit oft bewahrheitet.
Ein Staat hat viele Aufgaben, unter ande- Jährliche Zinsersparnis von einer Sparpaketen und Steuererhöhungen frag-
rem auch als Arbeitgeber. Allerdings soll- Milliarde Euro! lich erscheinen. Die dadurch freiwerden-
te diese Aufgabe vor allem durch die Ver- den Mittel könnten für Pflege- und Pen-
pflichtung zur öffentlichen Verwaltung Das in der Studie errechnete Privatisie- sionsvorsorge, für das Gesundheitssystem
wahrgenommen werden und nicht in rungspotenzial von bis zu 23 Milliarden oder für die Finanzierung der Universitä-
Form unternehmerischer Tätigkeit. Die Euro soll über Teilverkäufe von öffent- ten nachhaltig verwendet werden.
Weisheit, dass der Staat kein guter Unter- lichen Beteiligungen an Energieversor-
nehmer ist, hat sich nämlich in der Ver- gern, an der Bundesimmobiliengesell- Starker Kapitalmarkt schafft Arbeits-
gangenheit oft bewahrheitet: Der Wider- schaft sowie an Regionalflughäfen ver- plätze
spruch zwischen politischen Interessen wirklicht werden (siehe Tabelle). Nicht im
und betriebswirtschaftlich effizientem Economica Vorschlag enthalten sind die Eine Privatisierung über die Wiener Bör-
Management ist im Regelfall nicht lösbar
und geht schlussendlich zu Lasten der Ef-
fizienz der Unternehmen. Dazu bekom-
„ se ist nicht nur die transparenteste Form
einer Entstaatlichung, sondern bedeutet
auch eine Stärkung des österreichischen
men die Investoren – also die Österrei- Ein starker Kapitalmarktes.
cherinnen und Österreicher – kaum die
Rendite zu spüren und erhalten selten ei- Kapitalmarkt schafft Ein starker und liquider Kapitalmarkt
ne Rechtfertigung bei Verlusten, die dann treibt das Wirtschaftswachstum an,
auch noch vom Steuerzahler abgedeckt
Arbeitsplätze. schafft Arbeitsplätze und ist damit für die
werden müssen. Zusätzlich zeigen die Er-
fahrungen, dass der Einstieg privater In-
vestoren immer einen Schub an zusätzli-
“ heimische Volkswirtschaft außerordent-
lich wichtig. Diese Wechselwirkung ist
wenig überraschend, da Börsen eine wich-
chem Know-how und Technologie bringt. in diesem Zusammenhang oft genannten tige Funktion in der Unternehmensfinan-
ÖBB-Tochterunternehmen (zum Beispiel zierung haben und für die Eigenkapital-
Brisante Studie die Rail Cargo) oder der Autobahnbetrei- aufbringung eine wesentliche Rolle spie-
ber Asfinag, da diese Betriebe aufgrund zu len. Finanzierungsvolumina für neue In-
Anfang Februar 2011 wurde vom Econo- hoher Schulden und zu geringer Renta- vestitionen sind für Fremdkapitalmärkte,
mica Institut eine Studie präsentiert, die bilität derzeit nicht als privatisierbar ein- auf denen Kredite vergeben werden, auf-
das Privatisierungspotential in Österreich gestuft werden. grund der Höhe der erforderlichen Sum-
aufzeigt. Dem Vorschlag von Economica men oft zu risikoreich. Ein funktionieren-
nach eignen sich vor allem staatliche Be- Allein die Privatisierungen von bis zu 75 der Markt für Eigenkapitalfinanzierung
teiligungen an Infrastrukturunternehmen Prozent der genannten Unternehmen ist daher unerlässlich.
und Energieversorgern für Privatisierun- könnten durch den Gesamterlös von
gen. Diese sollten allerdings nicht voll- knapp 23 Milliarden Euro bereits eine Die Regierung täte also gut daran, Priva-
ständig veräußert werden, sondern auf ei- jährliche Zinsersparnis für den Staat von tisierungen wieder aufzunehmen und den
ne Kernaktionärsfunktion der Republik bis zu einer Milliarde Euro bringen. Dies volkswirtschaftlichen wie auch den poli-
mit Sperrminorität (25 Prozent plus eine ließe jedenfalls die Notwendigkeit von tischen Nutzen daraus zu ziehen.
Aktie) zurückgefahren werden. Dadurch
wird Stabilität in der österreichischen Ei-
gentümerstruktur des Unternehmens ga-
rantiert: Für einen externen Investor wür-
de eine vollständige Übernahme – und ei- zur person
ne damit eventuell verbundene Verlegung
des Unternehmens ins Ausland oder eine Kbr. Dr. Bernhard Marckhgott (A-D, Kb) ist seit 2005 Leiter der Abteilung
Zerschlagung – uninteressant werden, Public Affairs der Wiener Börse AG. Er war Büroleiter von MEP Mag. Othmar
denn ein Kernaktionär mit einem Viertel Karas (OLS), couleurstudentisch als EKV-Präsident aktiv und u.a. im KVHV
der Anteile kann nahezu jede grundlegen- (Brüssel) sowie bei den Kurien-Verbindungen Robert Schuman Argentorata
de Veränderung der Ausrichtung des Strasbourg und Merkenstein Wien im EKV.
Unternehmens verhindern.
16 couleur 01 | 11
verband

Wer kein Ziel hat, verläuft sich


Wer im Leben kein Ziel hat, verläuft sich. Das gilt auch für den MKV.
Deshalb hat sich die Verbandsführung (November 2010) durchgeführt. Für uns für uns aber auch kein politisches Dogma
klare Ziele gesetzt, versucht sie kon- gibt es derzeit auch keinen Grund, von der oder ein ideologisches Prinzip. Eine Än-
sequent umzusetzen und sich dabei an un- im MKV-Grundsatzprogramm vorgese- derung des Wehrsystems hängt von der
seren vier Prinzipien zu orientieren. henen Unterstützung der allgemeinen Entwicklung unseres geopolitischen Um-
feldes und von der weiteren Eingliede-
Am letzten Pennälertag in Waidhofen ha- rung Österreichs in ein europäisches Si-
ben wir ein Schulpolitisches Positionspa- cherheitssystem ab. Vor allem muss aber
pier „Das 30 Punkte-Schulprogramm des zuerst die Frage eines funktionsfähigen
MKV“ beschlossen, dabei klare Eckpfei- Zivildienstes geklärt sein, bevor das
ler für die Weiterentwicklung unseres Wehrsystem geändert wird. Im Fall einer
Schul- und Bildungssystems eingeschla- Abschaffung der Wehrpflicht fordert der
gen und uns als Impulsgeber für die der- MKV – im Sinne unseres Prinzips „patria“
zeitige schulpolitische Debatte erwiesen. – eine umfassende Diskussion über die
Einführung eines verpflichtenden allge-
Bildung ist nicht ohne Anstrengung zu meinen Sozialdienstes für Männer und
erreichen! Frauen.

Zu unserem Prinzip „scientia“ haben wir Solidarität mit verfolgten Christen


auch zwei Enqueten veranstaltet, „Gym-
nasium für alle?“ (Oktober 2010) und Zu unserer inhaltlichen Arbeit gehört auch
„Die Zukunft der Höheren Schule“ (März die Auseinandersetzung mit der weiteren
2011). Einen weiteren schulpolitischen geistesgeschichtlichen Entwicklung Eu-
Schwerpunkt werden wird mit unserer ropas und des Islam. Der MKV hat sich
nächsten Veranstaltung „Die Zukunft der deshalb bereits im April 2010 in einer
Schule – Wege zur Bildungsrepublik hochkarätigen Podiumsdiskussion mit der
Österreich“ (12.4.2011) setzen. Die „Zukunft Europas – Das Christliche
Schul- und Bildungspolitik bleibt auch in
Zukunft ein ganz wesentliches Anliegen
bei der Umsetzung unseres Prinzips
„ Abendland zwischen Säkularisierung und
Islamisierung“ beschäftigt. Auch diese
Arbeit wird in einem Neuentwurf des
„scientia“. Angesichts der Tatsache, dass
Eine umfassende Europakapitels unseres bisherigen Grund-
die Einheits- und Gesamtschulen im inter- Bundesheer-Reform ist satzprogrammes ihren Niederschlag fin-
nationalen Vergleich keines ihrer Verspre- den.
chen eingelöst haben, wird sich der MKV dringend notwendig.
weiterhin gegen eine Nivellierung des Am 8. April wird sich der MKV auch
Bildungssystems nach unten wenden.
Bildung ist nicht ohne Anstrengung zu er-
reichen und bestmögliche Bildung und

Wehrpflicht abzugehen. Sie ist aus gutem
heuer wieder am „Schweigemarsch gegen
die Christenverfolgung“ beteiligen. In
vielen Ländern werden Christen als Men-
Ausbildung muss vor allem auf die För- Grund in der Bundesverfassung wie auch schen zweiter Klasse betrachtet, bedroht,
derung individueller Begabungen und im derzeitigen Regierungsprogramm ver- ihrer Freiheit beraubt und sogar ermordet.
Talente gerichtet sein. ankert (Verteidigungsminister Darabos Der MKV wird deshalb auch in Zukunft
noch am 3.7.2010 in der Tiroler Tageszei- ein Zeichen für unsere verfolgten Glau-
Das Prinzip „patria“ und die Wehr- tung: „Die allgemeine Wehrpflicht ist für bensgeschwister setzen. Wir ersuchen al-
pflicht mich in Stein gemeißelt“). Selbst Bundes- le Kartellbrüder und Farbengeschwister
präsident Fischer hat – gegen seine SPÖ – dabei zu sein! Das öffentliche Eintreten
Am Pennälertag 2011 wird auch ein Posi- deutliche Worte für die Erhaltung der für unser Prizip „religio“ und für das un-
tionspapier zur Umsetzung des Prinzips Wehrpflicht gefunden. veräußerliche Menschenrecht der freien
„patria“ vorgelegt, das auch die für uns Religionsausübung muss für alle Farb-
wichtigen Fragen der Wehrpflicht und des Selbstverständlich ist eine umfassende studenten und jeden MKVer ein grundle-
Zivildienstes umfassen wird. Auch zu die- Reform des Bundesheeres notwendig. gendes Anliegen sein.
sem Schwerpunkt haben wir bereits eine Wer diese in Abrede stellt, schadet dem
MAG. HELMUT KUKACKA
spannende Enquete „Brauchen wir noch Anliegen der umfassenden Landesvertei- V/O ORPHEUS (TGW)
eine Landesverteidigung – und welche?“ digung ganz massiv. Das Wehrsystem ist KARTELLVORSITZENDER
couleur 01 | 11 17
verband

lassen. Wenn er glaubt, dass die Proteste vor schung aus Berufssoldaten, Längerdienen-
LESERBRIEFE allem des katholischen Familienverbandes den, Rekruten und Milizsoldaten (auch Re-
maßlos übertrieben sind, hat er keine Ah- servisten), unterstützt durch die Angehöri-
VfM-Artikel in Couleur 04/10 nung wie es einem einfachen Familienvater gen der Heeresverwaltung, bisher jeden ein-
Sehr geehrte Redaktion! geht. zelnen Einsatzauftrag erfüllt hat.
Vorerst beglückwünsche ich Euch zur gut ge- Familie Rastl
lungenen Ausgabe 04/10 des „Couleur“. 8990 Bad Aussee Auch das spricht für die Beibehaltung von
Zum VfM-Artikel habe ich folgende Bemer- Wehrpflicht und Milizsystem; und auch des-
kungen: Lieber „Verband farbentragender MKV Enquete Landesverteidigung wegen, weil es das verfassungsmäßig Gebo-
Mädchen“, bitte bleibt aufrecht, kämpfe- Im Couleur 04/10 wird über die MKV-En- tene ist (und daher auch nur mit Zweidrit-
risch und standhaft in Zusammenhang mit quete „Brauchen wir noch eine Landesver- telmehrheit im Parlament änderbar!). Die
eueren/unseren Prinzipien! Nur vermischt teidigung - und welche?“ berichtet. Länge- neue Sicherheitsdoktrin wird hoffentlich
freundlicherweise nicht kritische Haltungen re Zeit schon wollte ich mich zum Vorgang nicht dazu herhalten müssen, um einen Zu-
gegenüber „couleurstudentischen Verbin- melden und empfehlen, es nicht mit dieser sammenhang zwischen Erfüllbarkeit (an-
dungen mit weiblichem Zugang“ sowie Enquete genug sein zu lassen. Dazu war das geblich) neuer Aufgaben und Abschaffung
„fehlende Akzeptanz“ im Allgemeinen. Das Ergebnis für die Nichtteilnehmenden viel- der Wehrpflicht als unvermeidbar darzustel-
erste ist historisch nicht zu begründen und leicht doch nicht ausreichend. So dachte ich len. Wird ernsthaft dargelegt und anhand
demzufolge heutzutage etwas seltsam anmu- mir, ich stelle einen in der „Kleinen Zei- von zumutbaren Alternativen einsichtig ge-
tend und nicht wirklich konstruktiv, das tung“ erschienenen Debattenbeitrag zur macht werden, ob eine echte Balance zwi-
zweite ist schlicht engstirnig, unangebracht Verfügung, in der Hoffnung, dass er im We- schen Inlands - und Auslandsaufgaben an-
und abzulehnen. Volle Unterstützung einer ge eines Leserbriefes in unserer Verbands- gesichts einer neuen Sicht von „Heimat-
„weiblichen Initiative“, wo unsere Grund- zeitschrift weitere Verbreitung und damit schutz“ in einer Heeresstruktur nach „BH
sätze genauso hochgehalten und gelebt wer- Anstoß zur Fortführung der Diskussion ge- 2010“ überhaupt beabsichtigt ist?
den – aber bitte in einer zeitgemäßen Form. ben kann:
Wir leben inzwischen im 21. Jahrhundert, Es darf nicht zu einem „Todesstoß für das
wo doch jeder durch Unverwechselbarkeit „Anmerkungen zur Wehrpflichdebatte“ Bundesheer“ kommen, wie Claus REITAN
zu überzeugen sucht! Ein Hauptvorwurf, der im Zusammenhang unlängst einen Beitrag in der „Furche“
Dipl.Ing. Thomas ECKER (BDB) mit der Debatte um eine Reform des Bundes- übertitelte. Seine Frage nach „dem Staats -
heeres erhoben werden kann, gilt dem Argu- u. Gesellschaftsverständnis Österreichs“ ist
Ad Couleur 04/10 mentieren mit der Abschaffung der Wehr- daher nur zu berechtigt. Kann eine Antwort
Gratuliere zu einer interessanten Ausgabe! pflicht als Voraussetzung für eine erfolgrei- nach dem derzeit erkennbaren politischen
Prof. Dr. Herbert Kaspar (Am) che Zukunft unseres Heeres. Fahrplan überhaupt erwartet werden? Oder
ACADEMIA - Herausgeber wird sie das Wahlvolk sich selber spätestens
Die Zweifel daran, dass plötzlich alles bes- dann geben müssen, wenn es „befragt“
Ad Interview mit Kbr. Dr Raidl ser wird, um ein „ganz anderes“ Bundes- wird? Aus heutiger Sicht halte ich ein Nein
Ich bin Familienvater von 4 Kindern, davon heer leistungsfähig aufzubauen, halten vie- zur automatischen Abschaffung der Wehr-
3 in Ausbildung und halte es für eine Un- le, darunter auch ich, für mehr als berech- pflicht beim Angehen einer Heeresreform
verfrorenheit sondergleichen einen Multi tigt. Dazu muss immer wieder betont wer- angebracht.
Abcasher wie Hrn Raidl zu Wort kommen zu den, dass das Bundesheer mit seiner Mi- Gen iR Karl Majcen (KRW)
18 couleur 01 | 11
verband

Perspektivengruppe:
Seit einem Jahr ist die Perspektivengruppe aktiv, die den MKV auf seinem
Weg unterstützt, die attraktivste Jugendorganisation zu werden. Zeit also,
eine Zwischenbilanz zu ziehen.

Diskussion mit den Verbänden und


Verbindungen

In den letzten Monaten wurden mit allen


Landesverbänden und einzelnen Verbin-
dungen Seminare abgehalten.

Dabei wurden bis jetzt insgesamt etwa


150 Mitglieder, vor allem Funktionäre,
angesprochen und motiviert, die spezifi-
schen Problemstellungen und vor allem
die Lösungsansätze für die positive
Weiterentwicklung in Angriff zu nehmen.

Die Kernthemen sind Keilung, die


öffentliche Wahrnehmung, die verbesser-
te Realisierung des Prinzips Religio und
die Rolle und die verbesserte Präsenz der
Alten Herren. Auch für die Verbindun-
gen, die das wünschen, wird es im
Sommersemester derartige Seminare ge-
ben (Anfragen an das LFI Leopold-Figl-
Institut).
Im Frühjahr 2011 endet die Analysepha- vom Sommer 2010, an der sich mit rund
se, in der sich die Gruppe mit folgenden 2.700 Antworten etwa 18 Prozent des Mit- Es wird also eine Reihe von Aktivitäten
Analysefeldern befasst hat: gesellschaftli- gliederstandes beteiligt haben, gibt ein ausgelöst, die die Perspektivengruppe
ches Umfeld, Jugendkultur und Jugend- hervorragendes Bild des Zustandes und gerne unterstützen wird und die auf allen
verhalten, Mitgliederstatistik und vor al- der Positionierung des Verbandes und der Ebenen beitragen werden, das gesteckte
lem die Meinungen und Haltungen der Zukunftsaufgaben – darüber wurde ja im Ziel zu erreichen, dem MKV eine glanz-
Mitglieder. Die erfolgreiche Umfrage „Couleur“ bereits berichtet. volle Zukunft zu bescheren.

Erfolgsbeispiele (‘Best Practices’) gesucht!

Die Perspektivengruppe wird bis zum Pennälertag 2012 Konzepte und Materialien erarbeiten und als „Masterplan MKV 2015“ vorlegen, die
den Akteuren auf allen Ebenen das Leben erleichtern sollen und den MKV weit attraktiver machen sollen. Wir suchen daher dringend soge-
nannte ‘Best Practices’: Erfolgsbeispiele für die erfolgreiche Bewältigung typischer Aufgabenstellungen. Wir wollen aus positiven Erfahrun-
gen lernen, diese verdichten und allen zur Verfügung stellen.
Wir ersuchen alle Verbindungen und die Landesverbände positive Erfahrungen und Beispiele für Keilung (Konzepte, Veranstaltungen, Do-
kumente), für die Realisierung großer Stiftungsfeste, für die Öffentlichkeitsarbeit (Medienarbeit und öffentliches Auftreten) und für Programme
und Betrieb (sowohl Inhalt und grafische Gestaltung, auch Chargenbehelfe etc.) der Perspektivengruppe zur Verfügung zu stellen. Lernen
kann man nur von guten Beispielen und die permanente Neuerfindung des Rades wollen wir vermeiden. Selbstverständlich werden alle Quel-
len korrekt dokumentiert.
Wir bitten, alle verfügbaren Unterlagen in Papier oder elektronischer Form möglichst bald an den Leiter der Perspektivengruppe zu übermit-
teln: E-Mail: ppg.mkv2015@chello.at • Post: Dipl.-Ing. Michael Sprinzl • Weyringergasse 11 / 26 • A-1040 Wien
couleur 01 | 11 19
ad fundum

1 Jahr Arbeit für den MKV


„Couleurstudententum soll Uns motiviert, dass wir gerade die Grund- nisse werden wir am Pennälertag 2011
zukunftsfähig werden“ lage für das Handeln von Menschen schaf- präsentieren. 2012 werden wir dann die
fen, die heute vielleicht noch gar nicht un- Erfolgsgrundlagen für die Zukunft im
Wie wird man Leiter der Perspektiven- serem Bund angehören, die aber berufen „Masterplan MKV 2015“ vorstellen. Da-
gruppe und was macht man da? sind, seine Zukunft zu gestalten. Wie die mit sollen den Verbindungen, den Lan-
zwei Alten aus der Muppets-Show dazu- desverbänden, den Funktionären und je-
Meine Verbindung Ostaricia Wien hat sitzen und herumzumäkeln, was man bes- dem MKVer die notwendigen Handrei-
2008 eine interne Perspektivengruppe ser machen könnte, ist kein Weg der Zu- chungen und Instrumente zur Verfügung
eingesetzt, um nach dem großartigen 100. kunftssicherung. Das Couleurstudenten- stehen, dem MKV auf allen Ebenen eine
Stiftungsfest dafür zu sorgen, dass wir tum kommt mit vielen Eigenschaften und erfolgreiche Zukunft zu sichern.
auch einmal ein 200. Stiftungsfest feiern Strukturen aus dem 19. Jahrhundert und
können. Über diesen erfolgreichen Pro- muss befähigt werden, auch das 21. Jahr-
zess habe ich dem h. KVors. Orpheus, an-
lässlich seines Besuchs bei OCW, erzählt
hundert zu bewältigen! – Ich vergleiche
das gerne mit der Dampflok: seinerzeit un-
zur person
– und schwupps, bald danach war ich entbehrlich und Grundlage einer großarti- Dipl.-Ing. Michael Sprinzl v/o
„verhaftet“ und wurde um die Leitung der gen Entwicklung, heute ist sie höchstens Zarathustra (OCW), seit 1970
PPG ersucht. Meine Aufgaben sind das noch eine museale Attraktion. Gefahren MKVer; mehrfach Senior, 7 Jahre

„ wird aber heute mit Strom und kommuni-


ziert wird elektronisch.
Phx, selbständiger Unternehmens-
berater für Public Affairs und Inter-
2012 werden wir Wann ist mit den Ergebnissen zu rech-
essenvertretung. Lektor an der Uni
Wien und an der FH des bfi Wien.
die Erfolgsgrundlagen nen und was wird der einzelne MKVer
davon spüren?
für die Zukunft im
Wichtige Ergeb-
„Masterplan MKV nisse haben wir be-
2015“ vorstellen. reits erzielt: Die
erstmalige Befra-

Management des gesamten Projektes und


“ gung aller Mitglie-
der hat ein sehr gu-
tes Bild des Verban-
die Leitung der Prozesse in laufender Ab- des und der Verbin-
stimmung mit der Kartellführung und im dungen erbracht.
Besonderem mit dem Kartellvorsitzenden. Wir wissen über
Stärken und Schwä-
Du bist ja ein erfahrener Couleurstu- chen, unsere Chan-
dent, was treibt Dich an, eine so komple- cen und Schwierig-
xe Aufgabe anzugehen? Ist das nicht keiten hervorragend
ziemlich aufwendig und anstrengend? Bescheid und kön-
nen davon eine
Ja, es kostet Zeit und auch Hirnschmalz, aber Menge weiterer Ak-
es ist eine spannende Aufgabe für jemanden, tivitäten und Ansät-
der sich beruflich mit ähnlichen Projekten ze zur Problemlö-
auseinandersetzt und der auch einmal ein sung ableiten. Allein
Post Graduate Studium über Verbandsma- die Tatsache, dass
nagement absolviert hat. Ich habe zwar fast wir mittlerweile in
die Hälfte meines Couleurlebens in Funktio- unseren Seminaren
nen und Chargen verbracht, mich aber nie im rund 150 Mitglieder,
Verband engagiert – so war es eine besonde- hauptsächlich Funk-
re Herausforderung und Motivation auch tionäre und Aktivi-
einmal etwas für die Gemeinschaft zu tun, sten direkt anspre-
ohne in „Verbandsmeierei“ zu verfallen. chen und motivieren
Aufgaben wie diese setzen geradezu voraus, konnten, ist ein gro-
über intime Kenntnisse zu verfügen ohne der ßer Erfolg.
Gefahr der Betriebsblindheit zu unterliegen. Die Analyse-Ergeb-
20 couleur 01 | 11
ad fundum

„Österreich da
nehmer-Länder. Natürlich können Tests
immer noch verbessert werden – und das
geschieht ja auch. Vor einem „Hintrainie-
ren“ der Schülerinnen auf Tests braucht
sich gerade Österreich nicht zu fürchten.
Im Vergleich zu den meisten anderen Län-
dern gibt es bei uns immer noch keine „na-
tionalen“ PISA-Tests. Sie werden aller-
dings sehr bald kommen, vermutlich drei-
mal im Verlauf der Schulzeit.

Ebenso im Volksbegehren verankert ist


„die Trennung der Kinder nach ihren
Interessen und Begabungen erstmals am
Ende der Schulpflicht“. Dies birgt wohl
traditionell einen der größten großkoali-
tionären Konfliktpunkte. Ich vermute,
dass Sie mit der konkreten Formulie-
rung versuchen die Debatte auf ein
sachliches Niveau zu heben …

Sie haben recht, es geht uns um eine Ver-


Ex-Vizekanzler Hannes Androsch will mit seinem sachlichung der Debatte. Dazu einige
Fakten: Nur mehr in Österreich und
Bildungsvolksbegehren ein Zeichen für mehr Deutschland werden Schülerinnen bereits
mit 10 Jahren getrennt. Sonst macht das
Reformen setzen. Im Couleur-Interview spricht er kein Land mehr. Wie aus einer jüngsten
über seine Beweggründe. Studie hervorgeht, führt diese Trennung
dazu, dass Österreich einen Spitzenplatz
INTERVIEW: MAG. AXEL SONNTAG V/O GALILEO (MDK)* bei der sozialen Diskriminierung im Bil-
dungsbereich einnimmt und uns daher
Vor Kurzem haben Sie das Volksbegeh- muss dringend etwas geschehen. Dassel- jährlich tausende von begabten Kindern
ren Bildungsinitiative mit dem auffor- be gilt für unsere Universitäten. Hier kom- aus bildungsfernen Schichten für eine
dernden Titel „Österreich darf nicht sit- men jährlich rund 50.000 neue Studieren- höhere Qualifikation verloren gehen. An
zen bleiben“ initiiert und damit innen- de, aber nur 24.000 verlassen die Unis mit diesem dramatischen Verlust kann keine
politisch viel Aufmerksamkeit erhalten. einem Abschluss. In manchen Massen- politische Partei in Zukunft mehr vorbei-
Was hat Sie dazu veranlasst? fächern werden bis zu 80 % der Inskri- gehen.
bierten im ersten Jahr wieder hinausge-
Die wachsende Bildungsarmut in unse- prüft. Das sind alarmierende Zustände. Weiters verbinden Sie die Kritik an der –
rem Land. Wenn jährlich 9.000 Schüle- im OECD-Vergleich – in Österreich
rinnen ohne Abschluss die Schulen ver- Wird in Österreich vom Thema Bildung unterdurchschnittlichen Akademiker/in-
lassen und sich weitere 15 % mit dem blo- gesprochen, ist der Begriff PISA-Test nen-Quote mit der Forderung, diese auf
ßen Pflichtschulabschluss begnügen, nicht weit. Was halten Sie persönlich von 40 % zu erhöhen. Wie stehen Sie aber zu
dann werden das zunächst einmal teure derartigen Ratings und dem bereits auf- dem Phänomen, dass früher viele Vor-
und traurige Fälle für die Sozialhilfe. Auf kommenden „Hintrainieren“ der Schü- stände „nur“ Matura hatten und damit
der anderen Seite fehlen uns qualifizierte ler/-innen auf zukünftige PISA-Tests? äußerst erfolgreich waren?
Kräfte. Dazu kommt noch, dass 21% der
15-Jährigen nicht sinnerfassend lesen Kein Staat weiß, wie leistungsfähig sein Die Zeiten ändern sich. Früher hat es auch
können und auch in Deutsch und Mathe- Bildungssystem ist, wenn er keine Ver- keine so komplexen Probleme gegeben
matik schwach sind. Das ist kein Ruh- gleiche hat. Sie sind daher unentbehrlich. wie heute, keine so engen internationalen
mesblatt für unser Bildungssystem. Da So empfinden das auch die 36 bis 41 Teil- Verflechtungen wie jetzt im Zuge der Glo-

*Mag. Axel Sonntag v/o Galileo (MDK) ist Dissertant und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Department für Volkswirtschaft der Wirtschaftsuniversität Wien.
couleur 01 | 11 21
ad fundum

arf nicht sitzen bleiben“


balisierung. Zu deren Bewältigung bedarf Bildungsniveau, steigen die Sozialkosten
es weltweit besserer Qualifikationen auf und es reduziert sich die wirtschaftliche Bis 1. Juli, 8.032
allen Ebenen. Daher wird immer mehr Leistungskraft. Unterschriften notwendig.
nicht nur das Schicksal der einzelnen
Menschen von ihrer Bildung und Kreati- Um das zu ändern, richtet sich das Volks- Unterstützt wird Androschs Initiative

„ begehren nicht gegen die Regierung, son-


dern will als überparteiliche Initiative die
beiden zuständigen Ministerinnen bei
derzeit von knapp 20 Organisationen.

Ablehnung kommt von Wissenschafts-


Mir geht es um ihren Bemühungen unterstützen, die Ver- ministerin Ksw. Dr. Beatrix Karl
eine Versachlichung krustungen aufzubrechen. (VCS), die das Volksbegehren mangels
Forderung als zu wenig mutig kriti-
der Debatte. Sie werden am 18. April bereits ihren 73. siert. Unterstützungserklärungen lie-
Geburtstag feiern und scheinen noch gen in allen Gemeindeämtern und


vität abhängen, sondern auch das ganzer
nicht daran zu denken „in Pension“ zu
gehen. Hätten Sie für die ÖBB gearbei-
tete, wären Sie im Durchschnitt schon
Magistratischen Bezirksämtern noch
bis 1. Juli auf. Das eigentliche Volks-
begehren soll im September stattfin-
Staaten und Regionen. Freilich müssen seit fast 24 Jahren im (Vor-)Ruhestand. den.
auch wir uns in Österreich daran gewöh- Woher nehmen Sie die Energie, sich bis
nen, dass z.B. ein Bachelor-Degree „nur“ heute derart aktiv einzubringen?
eine bessere Qualifikation bedeutet und Das Bildungsvolksbegehren
nicht etwa den Eintritt in einen „höheren Ich schätze dieses Land und kenne es auf- im O-Ton:
Stand“, also den der Akademiker. Dieses grund meines Alters schon sehr lange. Da-
altertümliche Standesdenken ist heute her weiß ich auch aus eigener Erfahrung, Wir fordern mittels bundes(verfas-
weltweit passé. was früher war und in welche Richtung sungs)gesetzlicher Regelung ein fai-
wir uns heute bewegen. res, effizientes und weltoffenes Bil-
Dem Vernehmen nach sind derzeit Volks- dungssystem, das vom Kleinkind an al-
begehren zu weiteren Politikfeldern Die rasante Talfahrt unserer Bildungs- le Begabungen fördert und Schwächen
(etwa von Kbr. Claus Raidl zum Thema entwicklung ist für mich – und nicht nur ausgleicht, autonome Schulen unter
Föderalismus) in Planung. Ist die öster- für mich allein - im höchsten Maße alar- Einbeziehung der SchulpartnerInnen
reichische Bundesregierung alleine mierend. Daher möchte ich sie mit aller und ohne Parteieneinfluss, eine leis-


nicht dazu in der Lage, maßgeblich den tungsdifferenzierte, hochwertige ge-
Ton anzugeben? meinsame Schule bis zum Ende der
Schulpflicht und ein Angebot von
Nicht nur PISA, auch andere internatio- Die überparteiliche ganztägigen Bildungseinrichtungen,
nale Studien dokumentieren, dass wir mit eine Aufwertung des LehrerInnenbe-
unserem Bildungsstandard im Länderver- Initiative will die rufs und die stetige Erhöhung der staat-
gleich weit ins Hintertreffen geraten sind. lichen Finanzierung für Universitäten
Längst hätten bei allen Verantwortlichen beiden zuständigen auf 2% des BIP bis 2020.
die Alarmsirenen anschlagen müssen.
Österreich befindet sich bezüglich seiner
Ministerinnen unter-
Bildungsergebnisse im freien Fall. stützen.
Jährlich bleiben 9.000 Schüler ohne
Abschluss. 25 % der 15-Jährigen können
nicht sinnerfassend lesen, ein etwa gleich

Kraft und allen zur Verfügung stehenden
zur person
großer Prozentsatz kann nicht ordentlich Mitteln aufhalten und umkehren. Das ist Dr. Hannes Androsch (* 18. April 1938 in
rechnen. 30 % unserer Kinder sind laut der einfache Grund meines Engagements Wien) ist Unternehmer, ehemaliger SP-Politi-
PISA Problemschüler. D.h. sie haben kei- in dieser Sache. Ich bin in meinem Selbst- ker und Steuerberater. Er war unter anderem
ne vertretbaren Erfolge beim Lesen, in verständnis ein Citoyen und sehr froh CA-Generaldirektor, Finanzminister, Vize-
Mathematik und Naturwissenschaften. In darüber, gesund zu sein und mein Selbst- kanzler, Konsulent für die Weltbank und Re-
Finnland sind das nur 5%. Die Folgen sind verständnis auch aktiv umsetzen zu gierungskommissär für die österreichische
katastrophal. Wer keinen Schulabschluss können, wie jetzt beim Bildungsvolks- Beteiligung an der Expo 2010 in Shanghai.
erreicht, findet schwer Arbeit. Sinkt das begehren.
22 couleur 01 | 11
ad fundum

Die knallroten Fäden in An


Das, was Hannes Androsch nun als Text seines „Volks“-Begehrens prä-
sentiert hat, ist noch schlimmer als erwartet: Es ist ein reines Partei-Be-
gehren geworden. – Eine Bilanz von Andreas Unterberger.
Dieses sogenannte „Volks“-Begehren ist Die Forderung nach noch mehr Geld ist Der dritte Rote Faden ist die absolute Leis-
eines für den ganz linken Schmied-Flügel: aber auch für jenen Ex-Finanzminister tungsfeindlichkeit des Androsch-Kon-
Denn darin findet sich nicht einmal eine mehr als kühn, unter dem einst – nach den zepts. Begabtenförderung kennt es nicht.
Andeutung der mutigen und klugen Ansät- stabilen 50er- und 60er-Jahren – die Es will vor allem das Durchfallen verbie-
ze, die einige SPÖ-Landeshauptleute vor- Spirale der ständig steigenden Staats- ten. Dass Lernen auch mit Anstrengung zu
geschlagen haben. Das wird natürlich die verschuldung mit voller Kraft eingesetzt tun hat, wird in der linken Traumwelt
von unseren Zwangsbeiträgen und korrup- hatte. Diese nimmt heute Österreich jeden natürlich absolut verschwiegen. Lernen
tionär verschobenen Steuergeldern leben- finanziellen Bewegungsspielraum. Der kommt höchstens mit einer weiteren Leer-
den SPÖ-Medien nicht hindern, wie ver- Kern des Androsch-Konzepts: Der blöde Phrase vor, als „kreatives Lernen“ vor.
rückt die Trommel dafür zu schlagen. Wie Mittelstand soll noch mehr zugunsten der
immer, wenn die Partei pfeift, marschiert linken Träume bluten – sowie alle jene, Parteipropaganda
das Zentralorgan ORF an der Spitze. Der die so blöd sind, der Republik auch künf-
ORF hat ja schon, bevor die Malaise tig langfristigen Kredit einzuräumen. In Parteipropagandisten-Lyrik wird statt
schriftlich vorgelegen ist, für Androsch Leistung postuliert: „Die Schule muss ei-
mehr Propaganda gemacht als jemals bis- Rote Phrasendrescherei ne faszinierende Welt werden“. Theater-
her für ein anderes Volksbegehren während spielen, Sport, soziale Fertigkeit, Freizeit,
dessen gesamter Laufzeit. Öffentlich- Der zweite Rote Faden ist eine inhaltsarme soziale Inklusion sind die Lieblingsvoka-
rechtlich ist halt wie im Ostblock immer Phrasendrescherei, die jedes Parteipro- bel der Konzeptschreiber. Sie erheben an
das, was der Partei nutzt. Genauso laut wer- gramm und auch die meisten Wahlkam- vielen Stellen die Forderung, dass sozial
den aber zweifellos auch alle Freimaurer-
Freunde Androsch Beifall klatschen. „ Benachteiligte, „Kinder mit besonderen
Bedürfnissen“ (also offensichtlich auch
geistig Behinderte, aber das ist in der An-
Aber gehen wir in die Details seines Papiers.
Eltern und Familien drosch-Schule auch schon wurscht), und
Der dickste Rote Faden, der es von Anfang spielen in diesem Migranten „bis zum Hochschulabschluss
bis Ende durchzieht, ist die Forderung nach dieselben Bildungs- und Berufschancen
unglaublich viel mehr Geld für zahllose Volksbegehren über- haben wie alle“.
Dinge. Damit will man offenbar in bekann-
ter sozialistischer Manier viele Gruppen be-
haupt keine Rolle. Das heißt natürlich, dass man nie irgend-
stechen, dem Papier zuzustimmen. Dabei
würde eine Erfüllung all seiner Forderungen
Österreich noch teurer kommen als das ge-

pagnen übertrifft. Da wimmelt es nur so
welche Konsequenzen daraus ziehen darf,
ob ein Schüler, ein Student auch etwas
kann, etwas leistet. Weder mit 10, noch mit
samte ÖBB-Defizit. Daher würde auch eine von schwammigen Formulierungen wie: 14, noch mit 18, noch mit 27 Jahren. Sonst
rein rot-grüne Regierung nicht einmal einen „Wir fordern ein modernes, unbürokrati- hätten sie ja nicht mehr alle dieselben
Bruchteil davon verwirklichen können. sches und weitgehend autonomes Schulsys- Berufschancen. Denn bei jeder noch so
Denn dann würde längst niemand mehr tem“ (was heißt „weitgehend“?), „ohne milden Auslese würden ja die sozial Be-
Österreich Geld borgen. parteipolitische Einflussnahme“ (in Wahr- nachteiligten automatisch wieder ins Hin-
heit will Androsch die Macht seiner Partei- tertreffen geraten. Daher müssen zwangs-
Sinnlose Geldverschwendung freundin Schmied gewaltig aufwerten, der läufig alle Selektionen unterbleiben.
er sogar die Kindergärten unterstellen
Was Androsch natürlich verschweigt: Im will!), „Wir fordern ein sozial faires, in- Verstaatlichte Kinder
internationalen Vergleich gibt Österreich klusives Bildungssystem“, „Jedes Kind in
ja durchaus respektable Summen für das Österreich hat Anspruch auf alle gebotenen Völlig inhaltsleer ist auch der Satz: „Die
Bildungssystem aus. Interessant und mu- Chancen“, „Wir fordern die Aufwertung Schnittstelle zwischen Kindergarten und
tig wäre es etwa aufzuzeigen, wo das Geld des Lehrerberufs“, (dass sich ein „Bil- Volksschule muss optimiert werden.“
sinnlos und verschwenderisch ausgegeben dungs“-Volksbegehren nicht an den Duden Kein Wort findet sich jedoch davon, dass
wird (etwa im Wiener Schulsystem, wo hält, fällt in dem Phrasensumpf kaum noch ein Kind wenigstens Deutsch können
nur die Hälfte der Lehrer auch wirklich in auf), „Wir fordern ein weltoffenes Bil- muss, bevor es in die Schule gehen darf.
Klassen steht). Daher kommen solche dungssystem“ und immer wieder „faire Dementsprechend fehlt auch jeder Hin-
Hinweise natürlich bei Androsch nicht vor. Bildungs- und Berufschancen“. weis auf Zugangstests und Ähnliches für
couleur 01 | 11 23
ad fundum

droschs Volksbegehren
die Hochschulen. Von Studiengebühren Wenige „echte“ Unterstützer? Wird die ÖVP diesmal klug genug sein, zu
ist natürlich schon gar keine Rede. erkennen, dass ihr jeder Millimeter Kon-
Androsch hat trotz der Macht seiner Netz- zession an Androsch und den roten
Der vierte Rote Faden ist die Forderung werke und Parteiverbindungen erstaunlich Zwischenwahlkampf noch weitere Wähler
nach umfassender Verstaatlichung der wenig qualifizierte Unterstützer für seine Ini- kosten wird? Strache waits for them.
Kinder. Für die Eltern und Familien gibt tiative gefunden. Diesbezüglich aufgefallen
es bei Androsch natürlich überhaupt kei- sind lediglich die Herren Taschner und Liess- PS: Einen positiven Punkt des Konzepts
ne Rolle (schließlich hat er zwei, also in mann. Werden Sie ihre guten Namen weiter habe ich schließlich doch gefunden: die
Wahrheit gar keine); statt dessen will er für so ein Machwerk hergeben? Nur um sich Forderung nach mehr Personalautonomie
das Land mit „Krabbelstuben“ überzie- in den Strahlen der Mächtigen zu sonnen? für die Schulen. Freilich auch das ohne
hen; auch will er die Ganztagsschule zur nähere Definition. Aber immerhin geht
Regelschule machen (also für alle ver- Eine Realisierung des Konzepts würde die wenigstens ein Punkt in die richtige
pflichtend). Staatskassen ruinieren und einen gewalti- Richtung.
gen Run auf die Privatschulen auslösen.
Das Papier scheut auch nicht vor offener Dorthin werden viele jener Eltern vor der
Lüge zurück: „In anderen Pisa-Ländern Schulnivellierung flüchten, die ihren Kin-
kennt man Nachhilfe so gut wie nicht.“ dern noch eine ambitionierte und diszipli-
Vielleicht setzen sich die Autoren einmal nierte Ausbildung verschaffen wollen. der autor
in ein Flugzeug ins aufstrebende Asien, Während die Superreichen (wie Androsch
um (neben den von Androsch exportierten selbst!!!) ihre Kinder längst in Privatschu- Dr. Andreas Unterberger war
Arbeitsplätzen) zu sehen, wie in den dor- len haben, wird diese „Reform“ vor allem u.a. Chefredakteur der Wiener
tigen – extrem erfolgreichen – Pisa-Län- den Mittelstand treffen, der bisher noch Zeitung, ist Lehrbeauftragter an
dern die Eltern noch so teure Zusatz-Lern- staatliche AHS benutzen konnte. Im Grun- der Universität Wien und betreibt
angebote wahrnehmen, damit ihre Kinder de geht es nämlich um nichts anderes als ei- den liberalkonservativen Internet-
in die besten Schulen kommen. nen Klassenkampf gegen den den linken blog www.andreas-unterberger.at
Apparatschiks so verhassten Mittelstand.
Versteckte Gesamtschule-Forderung?

Natürlich wird auch die Gesamtschule ge-


fordert. Aber auch dies geschieht mit ei-
nem unwahren und (noch dazu grammati-
kalisch wie vieles an dem „Bildungs“-Pa-
pier total verunglückten) Satz. Nämlich
„dass man erst mit 14 oder 15 Jahren die
eigentlichen beruflichen Begabungen und
Interessen eines jungen Menschen erken-
nen kann“. Viele Begabungen erkennt man
viel früher, viele andere deutlich später.
Gerade Jugendliche wechseln oft auch all-
jährlich ihre Interessen. Und sie sind vor
allem mit 14/15 in einem extrem schwie-
rigen Entwicklungsalter. „Berufliche“ Be-
gabungen erkennt man leider überhaupt
erst am Arbeitsplatz.

Wahr ist also, dass jedes Jahr vor dem 14.


Lebensjahr, in dem man Kinder dem SPÖ-
Konzept zufolge nicht ihren Begabungen
entsprechend schulisch fordert, sondern in
Einheitsschulen verkümmern lässt, ein ver-
lorenes, ein gestohlenes Jahr ist. Und eben-
so wäre es ein Verbrechen, wenn man Kin-
dern nicht auch nach der von der Linken so
hochstilisierten Entscheidung mit 14 die
Möglichkeit gibt, die Ausbildungsrichtung
zu ändern.
24 couleur 01 | 11
social media

Couleur-Serie „Das Phänomen Social Media“


Social Media verändert die
Möglichkeiten, Chancen und Risiken von Facebook, Twitter & Co.

Auch wer nicht täglich mit dem PC arbei- wollten sich mitteilen, und mehr als 25 Facebook-Usern 750 Millionen (!) Fotos
tet, wer nicht dauernd im Internet surft, Prozent hinterlegten sogar ungefragt ihre hochgeladen. Man schätzt, dass im Som-
wer nicht seine gesamte Korrespondenz Handynummern“, wunderte sich Face- mer 2011 100 Milliarden Fotos auf Face-
per E-Mail abwickelt, hat es schon mitbe- book-Gründer Mark Zuckerberg schon book existieren.
kommen: Das Phänomen „Social Media“ 2007. Vielmehr ist es jedoch der Aus-
oder auch Web 2.0 hat die Kommunika- tausch an Meinungen, neuen Informatio- Doch was ist es, was die Menschen so fas-
tion zwischen Menschen verändert. Es hat nen und Empfehlungen, die Social Media ziniert? Menschen, die mehrmals am Tag
verändert was sie voneinander wissen, so dynamisch wachsen lässt. Gleichzeitig Facebook besuchen und sich dort solange
was sie über sich preisgeben und hat vor sollte man diesen Informationen auch aufhalten wie auf keiner anderen Internet-
allem vieles, was bisher individuell war, nicht blind vertrauen. Wer heute etwas zu seite. Es ist das menschliche Grundbe-
öffentlich gemacht. Das Couleur widmet einem bestimmten Thema wissen will, dürfnis nach Kommunikation, aber auch
sich in den nächsten Ausgaben dem The- „fragt“ zuerst Google und dann die Wiki- das Bedürfnis nach „Auffallen“ und „Ge-
ma Social Media und zeigt die Chancen pedia. Die Beurteilung was Wahrheit und hört werden“. Ganz normal Menschliches
und Risiken: für jeden Einzelnen aber Wahrhaftigkeit dieser Medien betrifft, ob- spielt sich Tag für Tag auf Facebook ab,
auch für Verbindungen und Verband auf. liegt aber jedem Einzelnen. nur eben etwas öffentlicher und schneller.
Um es noch einfach zu sagen: Auf Face-
Kommunikation 2.0: Die Interaktion Facebook - Das Phänomen schlechthin book sagen Menschen was sie mögen, was
wird öffentlich – und damit sozial ihnen gefällt, was sie tun und was sie tun
Erst vor sieben Jahren gründete der US- werden. Sie teilen diese Informationen mit
Die Idee ist eigentlich so alt wie das Inter- Student Mark Zuckerberg (mittlerweile anderen Menschen, denen das wieder ge-
net selbst: Vernetzung. Nicht einmal ein Multimilliardär) das Internet-Netzwerk fallen kann und die das wieder verbreiten
Jahrzehnt ist es her, dass dank immer Facebook – heute wächst keine andere können. Es geht auch um gute Produkte
schnelleren DSL-Verbindungen eine Plattform so stark wie sie. Mehr als 600 und schlechte Produkte, um interessante
zweite Welle das Web erreichte: Fotos und Millionen Benutzer sind weltweit auf Fa- Botschaften und langweilige Botschaften,
Videos konnten leichter getauscht werden cebook. In Österreich sind 2,3 Mio. „Fa- um Zufriedenheit und Unzufriedenheit,
und die Bereitschaft und der Spaß zur Ver- cebooker“ registriert. Am beliebtesten ist um Wünsche, Verbesserungsvorschläge,
netzung mit Freunden, Bekannten oder das Online-Netzwerk bei den 20- bis 29- Kritik. Nicht die Technik, keine Strategie,
auch Fremden nahm schlagartig zu – das Jährigen, gefolgt von den 13- bis 19-Jäh- keine Kampagne, sondern die Menschen
Web 2.0 war geboren. rigen. Am stärksten wächst jedoch die machen das Social Web zu dem was es ist.
Gruppe der über 55-jährigen Frauen. Die
„Vor dreieinhalb Jahren war es nicht ein- Zahlen die Facebook umgeben sind astro- Gleichzeitig ist Facebook natürlich ein
mal üblich, den echten Vor- und Nachna- nomisch und faszinierend zugleich: In der mächtiges Marketinginstrument. Trend-
men online zu benutzen. Doch die Leute Silvesternacht 2010/11 wurden von den Firmen wie Red Bull sind z.B. schon seit
couleur 01 | 11 25
social media

Welt, wie wir sie kennen.


der Anfangsphase auf Facebook vertreten Die aktuellen Krisenherde in der arabi- In der nächsten Ausgabe der Couleur-
und über 15 Millionen Facebook-User schen Welt zeigen uns das. Mit der Dich- Serie „Das Phänomen Social Media“ wid-
sind Fan! In den USA sind 75% Prozent te der Twitter-Meldungen können z.B. men wir uns ganz konkret Facebook und
der Klein- und mittelständischen Unter- auch Epizentren von Erdbeben gefunden was man als individueller Nutzer hier so
nehmen auf Facebook vertreten und ge- werden. alles beachten sollte.
ben an, dass sie Facebook als wichtiges
Marketing-Tool nutzen. Wir in Europa Auf Flickr werden Fotos hochgeladen, auf Mag. Philipp Ploner v/o Nexus (GZL),
stehen hier erst am Anfang. Linkedin und Xing Businesskontakte ge- Mag. Markus Cerenak v/o Cosmos (LIW)
knüpft und via Foursquare kann man und Martin Reinelt v/o Frosch (LIW)
YouTube, Twitter, Flickr und die vielen jedermann seinen momentanen Aufent- haben 2010 die Agentur „YourSocial-
anderen haltsort mitteilen. Natürlich hat das alles Network.eu“ gegründet, die sich auf
nicht nur positive Begleiterscheinungen, Facebook-Marketing spezialisiert hat.
Facebook ist zwar die größte, aber natür- doch die Geschichte der Massenmedien
lich nicht die einzige Plattform in der Web hat es uns gezeigt: Jedes neue Medium -
Mehr Infos zum Thema auf:
2.0-Welt. Auf YouTube teilen Millionen sei es das Radio, das Fernsehen, das Inter-
http://www.YourSocialNetwork.eu.
Menschen Videos und treten damit oft- net, das Mobiltelefon - erlebte eine Phase
mals einen Hype los, der in der Zeit vor des Hypes, des verantwortungslosen Um- Anfragen an:
Social Media nie denkbar gewesen wäre. gangs, um dann irgendwann seinen Platz office@YourSocialNetwork.eu.
Mit Twitter tauschen die Menschen über- in der zwischenmenschlichen Kommuni- Vorträge, Seminare & Workshops
all und immer Kurznachrichten aus und kation zu finden. Lassen wir uns überra- zum Thema auf:
sind so schneller als jede Nachrichten- schen, welchen Platz die „Social Medias“ www.plonercommunication.com
Agentur der Welt. einnehmen werden.

Kolumne von „Mr. Facebook“ Mag. Philipp Ploner v/o Nexus (GZL)

Ich bin auf Facebook – also bin ich


Vor gerade mal 7 Jahren gründete Mark Zuckerberg mit Chris Hughes, Dustin Moskovitz und
Eduardo Saverin das Unternehmen Facebook. Anfänglich nur als Internetplatt-
form für die Studenten der Universität von Harvard gedacht, wuchs Face-
book in rund 10 Jahren zum größten sozialen Netzwerk der Welt. Der Film
„The Social Network“ hat - natürlich ein wenig hollywood-mäßig dra-
matisiert – beschrieben, wie Facebook vom Hinterhofprojekt zweier Com-
puter-Freaks zum mächtigsten Kommunikationstool der Gegenwart wurde.
Wenn einst der Satz, Ego cogito ergo sum galt, so kann man heute wohl von
einem: Ich bin auf Facebook – also bin ich, sprechen.
Auch dieses Jahr wird wieder ganz im Zeichen der neuen Art und Weise stehen, wie
plötzlich die halbe Welt miteinander kommuniziert und sich befreundet. Facebook ermöglicht es Dir mit Deinen Liebsten, Freun-
den und Verwandten in Kontakt zu bleiben. Neue Bekanntschaften zu schließen oder sich um Dein Unternehmen und Self Marke-
ting zu kümmern. Für die einen ist Facebook die größte Kontakt- und Spaßmaschine der Welt. Für andere wiederum ein äußerst,
effektives Marketing Tool. Neue Funktionen wie Facebook Places und Deals sind gerade erst am Start! Besonders für KMUs er-
geben sich hier unglaublichen Chancen. Die Motive warum man auf, bei, im Facebook sein soll, sind so unterschiedlich wie die
Interessen der einzelnen Benutzer.
In dieser neuen Welt lauern jedoch auch Gefahren. In der nächsten Couleur-Ausgabe werden wir uns ein wenig mehr damit und
dem verantwortungsvollen Umgang mit dem Social Media-Instrumenten beschäftigen. Ein Leitsatz bzw. eine Art Grundgedanken
den man beim Nutzen von Facebook beherzigen sollte ist, Jonathan Postels Robustheitsgesetz: „be conservative in what you do,
be liberal in what you accept from others.
P.S. Gleich vorweg ein kleiner Tipp. Privatsphäre ist sehr wichtig. Wenn du z.B. nicht willst, dass Dein Facebook-Profil von Google
gefunden wird kannst du Folgendes tun: Gehe einfach in deinem Facebook-Konto unter „Privatsphäre-Einstellungen“ auf
„Anwendungen, Spiele und Webseiten“. Unter „Bearbeiten“ kannst Du die „Öffentliche Suche“ de-/aktivieren und dein Facebook-
Profil scheint in den Google Suchergebnisses schon nicht mehr auf!
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ad fundum

Die verkannte Gefahr von


Wenn in den letzten Jahren im deutschsprachigen Raum von Terrorismus
berichtet wurde, war meistens von Islamisten oder von Neonazis die Rede.
Der Linksterrorismus hingegen ist salonfähig geworden.

Wenn in den letzten Jahren im deutsch- Organisationen, werden diese entweder ig- fenen Aktivisten sich zu umschreiben pfle-
sprachigen Raum von Terrorismus berich- noriert oder als (interessanter) Diskussions- gen – „radikaldemokratisch“/ „antifaschis-
tet wurde, war meistens von Islamisten beitrag dargestellt. Ähnlich verhält es sich tisch“ ist. Das Bundesamt für Verfassungs-
oder von Neonazis die Rede. Dabei scheint in der Wissenschaft. An vielen Universitä- schutz und Terrorismusbekämpfung
die öffentliche Meinung aber auf den lin- ten des deutschsprachigen Raumes wirken (BVT) ist zusammen mit den neun Lan-
ken Terror vergessen zu haben, der in den – ideologisch mehr oder weniger geläuter- desämtern für Verfassungsschutz und Ter-
70er- und 80er-Jahren in Europa allgegen- te – alt-68er Professoren. So kommt es, dass rorismusbekämpfung (LVT) das zivile
wärtig war und nach wie vor nicht gebannt beispielsweise viele geisteswissenschaftli- Pendant der militärischen Geheimdienste
ist. Die Ursachen dafür sind verschieden; che Einrichtungen die Behandlung des his- Österreichs (offensives Heeresnachrich-
die „Dirigenten“ dieses gefährlichen Ver- torischen National-Sozialismus oder des tenamt und defensives Abwehramt). Es
gessens sind jedoch linke Organisationen aktuellen Rechtsextremismus wohlwollend überwacht gewissenhaft subversive Tätig-
und gealterte 68er, die heute an vielen unterstützen, während sie ebendort viel keiten, welche die verfassungsgemäße
Schalthebeln das Sagen haben. Gegenwind verursachen, wenn man die Ordnung in Österreich gefährden, und er-
Gräueltaten von Ceausescu, Guevara und stattet jährlich Bericht darüber. Bei seiner
Der Begriff des Linksextremismus ist ja an Hoxha oder jene des „Schreibtischterroris- Analyse beschränkt sich das BVT aller-
sich schwierig zu erfassen. Das liegt zu- ten“ Marx aufarbeiten will. dings fatalerweise bloß auf politisch moti-
nächst daran, dass die Linke alles daran vierte, strafbare Handlungen. Da jedoch im
setzt, jeglichen Vergleich mit dem Rechts- Linke Doppelmoral Gegensatz zu anderen Ländern bloß die
extremismus zu verhindern. So hat die Ju- Neugründung von rechtsextremen Organi-
gendorganisation der SPÖ, die Sozialisti- Ein weiteres Problem der komplizierten sationen sowie die Leugnung, Verharmlo-
sche Jugend, demokratie- und freiheits- Definitionssuche besteht darin, dass die ro- sung, Gutheißung und Rechtfertigung von
feindliche Äußerungen von Neonazis zu te Gefahr auf das reduziert wird, was laut Naziverbrechen unter Strafe steht, sind vie-
Recht als Verbrechen bezeichnet. Kommen Verfassungsschutz linksextrem, linksradi- le Formen des Linksextremismus nicht
jedoch inhaltsgleiche Aussagen von linken kal, linksfaschistisch oder – wie die betrof- ausgeleuchtet.
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ad fundum

Personen, die aufgrund linker Ideologien Salonfähiger Linksfaschismus

Links (z.B. Marxismus, Antikapitalismus, Anar-


chismus, Maoismus) die liberaldemokrati-
sche Grundordnung eines Staates durch die
Fazit: Die Definition des Linksextre-
mismus ist schwierig, aber nicht unmög-
Bekämpfung des Meinungspluralismus lich. Vor allem muss sie im Interesse der De-
Staatsfeindliche Sozialismusseminare zerstören wollen. Oft gesellt sich eine Ge- mokratie genauso weit ausgelegt werden,
ringschätzung von fremdem Eigentum wie bei Rechtsextremismus. Dieser Begriff
Die Gefahr von links wird somit zu eng oder gar von fremdem Leben dazu. verdeutlicht auch, dass nicht bloß Handlun-
ausgelegt: Potentiell demokratiegefähr- gen wie beispielsweise jene des prominen-
dende Personen, die bspw trotzkistische Kampf der Meinungsfreiheit! ten Grünpolitikers Joschka Fischer, der be-
Vereine gründen, anarchistische Musik kanntlich Polizisten mit Steinen schwer
hören, rote Sterne auf ihren Homepages Der dargestellte Begriff wirft jedoch nicht verletzt hatte, die Gesellschaftsordnung ge-
platzieren oder die Gulags schönreden, nur ein schlechtes Licht auf jene Gruppie- fährden können. Um Meinungsfreiheit und
sind in Österreich straffrei. Aufgrund die- rungen, die bereits vom BVT überwacht den Respekt vor Leben und Eigentum nach-
ser mehr als großzügigen Freiheitsrechte werden: Sowohl die linken Jugend- und haltig zu sichern, ist es nötig, auch für eine
für linke Gegner der Freiheit und der man- Studentenorganisationen der außerparla- entsprechende Hygiene in der Wissen-
gelnden Sensibilität in der Bevölkerung mentarischen KPÖ und der Sozialisti- schaft, in den Medien bzw. in den Köpfen
für diese Problematik kann auch ange- schen Linkspartei (SLP) als auch jener der der Menschen zu sorgen.
nommen werden, dass viele bloß sekundär im Hohen Haus vertretenen linken Par-
linksextreme Straftaten (z.B. Bekleben teien (SPÖ, Grüne) haben Erklärungsbe- Man muss die rote Gefahr auch dann ein-
von U-Bahnstationen mit Einladungen zu darf hinsichtlich jener Umsturzgedanken, deutig verurteilen, wenn es in Österreich –
staatsfeindlichen Sozialismusseminaren) die sie beziehungsweise viele ihrer Mit- im Gegensatz zu Deutschland – bisher nur
nicht als solche wahrgenommen werden. glieder mehr oder weniger verblümt pos- wenige Opfer dieser Bedrohung gibt. Daher
Ferner ist es allgemeinhin bekannt, dass tulieren. Doch ihre Mutterparteien sowie sind alle liberaldemokratisch denkenden
die Verhetzung von Juden, Moslems oder verschiedene Seilschaften, die ihren Ur- Personen aufgefordert, über den Tellerrand
anderen ethnischen/ religiösen Minderhei- sprung in der 68er-Bewegung haben und des eigenen Landes zu blicken, die perma-
ten in die jährliche BVT-Statistik über Ex- bedauerlicherweise viele Institutionen in- nente Gutheißung bzw. Rechtfertigung des
tremismen aufgenommen wird, nicht je- filtrieren konnten, verhindern mit allen ih- staatlich organisierten Linksfaschismus, der
doch die ebenfalls strafbare, (marxismus- nen zur Verfügung stehenden Mitteln die im ehemaligen Ostblock sowie (nach wie
motivierte) Verhetzung des Christentums kritische Auseinandersetzung mit linksex- vor!) in Fernost zu suchen ist, zu bekämp-
oder „der Reichen“. Und dass im Falle von tremem Gedankengut. Mehr noch, man- fen, den von der RAF bzw. von ähnlichen
§ 283 StGB (Verhetzung) überhaupt sehr cherorts versuchen diese Kreise in Öster- Gruppen verwirklichten linken Terror der
kasuistisch geurteilt wird, bedarf keiner reich sogar aktiv linksfaschistisches Ge- letzten Jahrzehnte entschieden zu verurtei-
weiteren Darstellung. dankengut etwa durch das Aufstellen einer len und Personen über die totalitaristischen
Che-Guevara-Büste, durch das jüngste Tendenzen vieler Linker zu warnen.
Freibrief für Extremisten? Logo des Wiener Volkstheaters (stilisierter
UNIV.-ASS. MAG. MARC VECSEY (SOP) IST AM
Sowjetstern) oder durch nordkoreanische FORSCHUNGSINSTITUT FÜR MITTEL- UND
Wenn man diese Statistiken im Sinne der Propagandaausstellungen noch salonfähi- OSTEUROPÄISCHES WIRTSCHAFTSRECHT
obigen Ausführungen vergleichbar macht, ger zu machen. (WU WIEN) LANDESREFERENT FÜR UNGARN
muss man feststellen, dass im vergangenen
Jahrzehnt jährlich durchschnittlich 100 bis
250 Anzeigen gegen „rechte“ Straftaten
(Sachbeschädigung, Körperverletzung,
gefährliche Drohung, …) erstattet wurden,
denen 90 bis 150 „linke“ Delikte gegen-
überstehen. Im Jahr des Antritts der
schwarz-blauen Bundesregierung waren es
sogar 1.039 (!) strafbare Handlungen von
linksaußen. Dabei muss man noch ergän-
zen, dass innerhalb der linksextremen
Gruppierungen der marxistisch-leninisti-
sche Flügel mit der autonom-anarchisti-
schen Szene und mit globalisierungskriti-
schen Organisationen verfeindet ist. Somit
ist – Gott sei Dank – ihr Bedrohungspo-
tential einigermaßen gehemmt.

Linksextreme im Sinne des deutschen Ver-


fassungsschutzes bzw. der Politologen Ek-
khard Jesse und Uwe Backe sind solche
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ad fundum

Austria: 12 Points!
Ein Satz, den wohl viele gerne am 14. Mai bei der Übertragung des Eurovi-
sion Song Contest 2011 hören würden. Ja, Österreich und seine Künstler
sind wieder im Songcontest-Fieber. Aber warum eigentlich?

mania-Marionette Eric Papilaya zum Be- präsentiert hat sich eine gewisse Eva K. An-
werb nach Helsinki geschickt, um mit sei- derson, deren Kommentar in der MAZ kurz
nem vorletzten Platz das schlechteste Er- zuvor, dass sie sich wie eine Elfe fühle, je-
gebnis für Österreich seit Thomas Forstners doch schon von vornherein disqualifizierte.
0-Punkte-Fiasko von 1991 einzufahren.
Musikalischer Bodensatz
Doch ab dann war der ORF standhaft in sei-
nem Vorhaben. Bis eben Klein-Lena ver- Der absolute Bodensatz der Unverschämt-
gangenes Jahr ihren Satelliten in die Um- heiten hörte dann auf den Namen Trackshit-
laufbahn geschossen hatte. Jetzt war der taz feat. „Held“ von Morgen Lukas Plöchl
Songcontest auch in Österreich wieder cool und war ein Schlag ins Gesicht für jeden nor-
und schnell hatte man sich im ORF-Zentrum mal denkenden Menschen. Aber was solls,
dazu entschlossen 2011 auch endlich mal „die“ Jugend steht drauf und Einschaltquo-
wieder am Grand Prix Eurovision de la ten sind ja nichts Schlechtes. Danach kam
Chanson Européenne teilzunehmen. Grund als Pausenfüller Charlee (wer?), bevor mit
genug also dem österreichischen Vorent- Klimmstein feat. Joe Sumner der Höhe-
scheid live beizuwohnen und sich einen punkt des kreativen Abends folgte. Mit „Pa-
Abend lang am Küniglberg mit seichter ris, Paris“ spielten die Herren aus der Steier-
Unterhaltung berieseln zu lassen. mark (verstärkt mit Stings Sohn) eine sehr
eigenständige Nummer, die auch einen ge-
Volksphilosophen, Trinker und C-Pro- wissen Wiedererkennungswert hatte.
mis
Kein Mut zum Risiko
Und was bekam man da geboten? Der schon
zuvor erwähnte Eric Papilaya durfte den Ein- Nummer 9, Nadine Beiler, war Starmania-
peitscher spielen, bevor die Show losging Gewinnerin und durfte sich bei ihrer „Ich
und das Trio rund um das Porzellanpüppchen geh mal auf Nummer sicher und probier mal
Mirjam Weichselbraun die Moderation über- Mariah Carey zu kopieren“-Ballade über
nahm. Alles schön, alles prächtig. Startnum- Beifall von ihrem damaligen Castingkolle-
Wir erinnern uns an den 29. Mai 2010 zu- mer 1, die Band „WG“ aus Niederösterreich gen Papilaya freuen. Den krönenden Ab-
rück: Das Voting war beendet und Stefan legte dann auch vielversprechend los, hatte schluss unter den Abend setzte dann der
Raabs Castingstar Lena Meyer-Landrut hat- allerdings bei der Übertragung technische von Stermann & Grissemann protegierte
te 246 Punkte erhalten und somit den ersten Probleme und durfte zum Ende fairerweise Richard Klein.
Sieg Deutschlands beim Song Contest seit noch einmal auf die Bühne.
1982, als Nicole doch nur ein bisschen Frie- Und für was haben sich Herr und Frau Öster-
den wollte, erreicht. Die vorangegangene Startnummer 02 brachte dann aber gleich reicher dann schlussendlich entschieden?
und noch viel mehr die nachfolgende Hys- mit Patricia Kaiser & Leo Aberer und ihrer Nadine Beiler. Also kein Mut zum Risiko
terie in Deutschland um diesen Erfolg, dürf- 08/15-Ballade die erste Belanglosigkeit des oder einem Vertreter mit einer eigenen Iden-
te wohl auch am Küniglberg nicht ganz un- Abends auf die Bühne, während Oliver tität. Man konnte also nur mehr kopfschüt-
bemerkt geblieben sein. Wimmer (laut Wikipedia auch ein Starma- telnd das Studio verlassen und bei dem ein
nia-Irgendwer) mit seinem Auftritt der vor- oder anderen Bier auf der Aftershowparty
Peinliche Auftritte am laufenden Band läufige Tiefpunkt der Veranstaltung war. die österreichische Z-Prominenz (Sexy Do-
Rambazamba war dann bei den Meidlinger minik Heinzl inbegriffen) beim Sehen und
Noch 2005 hatte der ORF nach dem ka- Volksphilosophen von Alkbottle angesagt. Gesehen werden beobachten. Austria: 12
tastrophalen Abschneiden seines Lieblings Von diesen Herren und ihren Texten kann points? Forget it!
Global Kryner groß verkündet an dem Ge- man halten was man will (Motto: Besser ti-
sangeswettbewerb nicht mehr teilnehmen af, als seicht), von der Performance her bo- MANUEL DAUBÖCK V/O SCHNEEWEISSCHEN
zu wollen, bis das Punktevergabesystem fai- ten sie allerdings einen der besten Auftritte (COT) WAR BEIM SONCONTEST-
rer werden würde. Nur 2007 wurde die Star- des Abends. Ebenfalls auf der Bühne gut VORENTSCHEID AM KÜNIGLBERG.
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Von hockey moms und tiger mothers


Alternative Erziehungsmethoden haben wieder Hochsaison.
Am Jahresanfang sorgte eine Amerikane-
rin mit chinesischer Abstammung anläss-
lich des Staatsbesuchs Hu Jintao in den
Vereinigten Staaten mit einer Buchpräsen-
tation für Aufregung. Ihre Vorstellung von
Erziehung steht der von den hockey moms,
ebenfalls aus den USA stammend, diame-
tral gegenüber und beanspruchen ebenfalls
einen Namen für sich: tiger mothers.

Keine Erholung mit hyperaktiven


Müttern

Sie feuern laut schreiend ihre Kinder bei


Sportveranstaltungen an, gehen, karren sie
von einer Freizeitaktivität zur nächsten,
sind, weil nicht arbeitend, ständig im Haus-
halt präsent und lassen sich schon mal als
Präsidentschaftskandidatin aufstellen –
hockey moms wie Sarah Palin.

Auf der anderen Seite gibt es Mütter, die, die wirklich fördernden und entspannen- Entscheidungsfreiheit ihrer Kinder zu er-
wie es scheint, ihren Kindern schlichtweg den Tätigkeiten, mit denen man sich in sei- sticken. Der Tag ist ebenso klar durch-
keine Erholung gönnen. Mit rigiden Mit- nen Ruhephasen beschäftigt. Diese Quan- strukturiert, wie das von dem von Fürsor-
teln versuchen, ihre Zöglinge zu Höchst- tität bringt viele Eltern auf den Plan, so viel ge aufgefressenen Kind. Nur soll das Kind
leistungen anzuspornen. Ein Kind, welches wie möglich in Anspruch zu nehmen, um zu Höchstleistungen angespornt werden,
nicht erstklassig Violine spielen kann oder dem Spross alles Gute angedeihen zu las- um es „später“ einfacher zu haben. Der
nicht zu den Jahrgangsbesten einer Schul- sen und so viele Reize zu stimulieren. Ge- Hang zum Drill der eigenen Fähigkeiten
stufe zählt, kann eigentlich abgeschrieben rade diese geballte Fülle an auferlegten wurde aus China in die USA transportiert,
werden und ist zur zukünftigen Verelen- Verpflichtungen macht es den jungen wo sich chinesische Migranten stärker
dung verdammt. Amy Chua versuchte dies Menschen schwer, sich auf die Dinge zu anstrengen mussten, als die hiesige Bevöl-
durch ihr eben erschienenes Buch „Battle konzentrieren, die ihnen Freude bereiten kerung.
Hymn of he Tiger Mother“ (zu dt.: „Die könnten.
Mutter des Erfolgs“) zu veranschaulichen. Hohe Selbstmordraten
An diese Orientierungsschwäche fügt sich
Let me entertain you nahtlos die Berufsvorstellung an. Natürlich Der Beweis für den Erfolg dieser Metho-
soll sich das Kind entfalten, aber bitte in ei- de lässt sich heute in den Vororten der ame-
Es klingt in vielen Ohren wie ein Hohn, nem elitären Metier. Schließlich darf man rikanischen Metropolen finden. Und auch
wenn man zu hören bekommt, dass es die gewisse Anlagen nicht ungenützt lassen in den Selbstmordstatistiken bezugneh-
heutige Jugend schwer hat. Bei einem sol- und immerhin möchte man ja auch ein we- mend auf junge Amerikaner. Junge Asia-
chen Ausmaß an Freizeitvergnügungen, nig die eigene Eitelkeit pflegen. So kommt ten, die in Amerika aufwuchsen, fallen ei-
zur Verfügung stehender Technik oder den es vor, dass Menschen, die am liebsten ner viel höheren Selbstmordrate anheim,
Möglichkeiten an unbeschränkten Aus- Tierpfleger oder Krankenpfleger gewor- als ihre Gegenüber in China. Beide Mütter
bildungsmöglichkeiten, keimen schon den wären, sich in einem Großraumbüro mögen das Wohl ihrer Kinder im Auge ha-
manchmal Zweifel auf. Aber genau diese mit Depressionen wiederfinden. ben, vergessen dabei aber, dass das höchs-
genannten Punkte sind es, die den Jugend- te Gut eigentlich die Zufriedenheit und
lichen paradoxerweise auch gleichzeitig zu Zuviel Fürsorge erstickt Glückseligkeit ihrer Sprösslinge ist. Bleibt
schaffen machen, so der Tenor vieler Pä- nur zu hoffen, dass diese pädagogische
dagogen und Soziologen. All diese Fürsorge, die hockey moms ihren Modeerscheinung auch nur eine Erschei-
Kindern angedeihen lassen, erstickt diese nung bleibt und sich in Europa nicht ver-
Die Freizeitindustrie drängt uns dermaßen irgendwann einmal und lassen die eigene breitet.
viele Möglichkeiten auf, dass man ob des Meinung verstummen. Hingegen versu-
Angebots schnell blind werden kann, für chen tiger moms schon im Vorhinein die MARTIN MEIXNER V/O ARMINIUS (BDB)
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ad fundum

Die Großen sind von uns gegangen


Das neue Jahr beschert uns eine Fülle von Abgängen.
Alle sind sie weg. Hosni Mubarak, Wenn bei jemandem selbst unter der Glut-
Muammar Al-Gaddafi, Peter Alexander und hitze Zentralasiens und Sandstürmen
die Kartellbrüder Karl Theodor zu Gutten- noch immer die Frisur sitzt, dann muss das
berg und Thomas Gottschalk (beide TVer). ein Mensch mit echten Steherqualitäten
Das neue Jahr beschert uns eine Fülle von sein. Mensch, Karl Theodor, wie konntest
Abgängen, von denen wir nahezu überrollt Du nur? Anstatt wie ein mit Schlafzim-
werden und jede dieser Persönlichkeiten tut merblicken lächelnder Finanzminister in
dies auf ihre eigene Art und Weise. den Medien präsent zu sein, hast du uns
gezeigt, was echte – deutsche – Macher-
Bei den beiden Erstgenannten wird der qualitäten sind. Obendrein hat er die we-
Abschied wohl leicht verkraftbar sein. sentlich attraktivere Frau an seiner Seite,
Hosni war jetzt nicht gerade die schillern- die vermutlich mehr als Glitzersteinchen
de Medienfigur, welche uns mit seinen und Alpenromantik in der Birne hat.
Auftritten amüsiert hat, und auch nicht ein
Zampano vom Formate eines kubani- Locken und Klamotten
schen Revolutionsführers, aber immerhin
hat er es geschafft, ein Land solange und Ach Thomi! Du hast mir gewissermaßen
soweit zusammenzuhalten und aufzubau- gezeigt, wie man Menschen pflanzen und
en, dass es heute berühmt berüchtigt für trotzdem noch als Fernsehliebling der Na-
tion durchgehen kann. Es war mir immer
ein Vergnügen, auf „den“ Samstag zu war-
ten, um deine Lockenpracht und die tot-

Termine schicken „Klamotten“ zu bewundern.

08.04.2011
Die Termine
„ Dass nun einer aus der Reihe getanzt ist
und sich seine Zukunft und dein Dasein
als Moderator vermeintlich verbaut hat.
MKV gegen Christenverfolgung In den letzten drei Tja, immerhin bleibst du dem Goldbären
TP 16:15 Uhr plen.col., Wiener Staatsoper
(Herbert-von-Karajan-Platz). Monaten hat es die erhalten - und uns eventuell eine hübsche
Moderatorin mit ebenfalls schönem Haar.
Anschl. Schweigemarsch und
Wortgottesdienst im Dom zu St. Stephan Besten der Besten ge-
Bedrückt hat mich dann doch ein wenig
12.04.2011 troffen: Tyrannen, der leise Abgang von Peter Alexander. So
19:00 Uhr plen.col: Enquete ähnlich wie bei Rudi Carell konnte ich es
Macher, Entertainer mir nicht verkneifen, eine stille Träne
„Die Zukunft der Schule – Wege
zur Bildungsrepublik Österreich“
(GÖD- Sitzungssaal, Schenkenstraße 4,
1010 Wien)

seinen Straßenverkehr und seine Koral-
kullern zu lassen. Zufälligerweise fuhr ich
am Tag der öffentlichen Kondolenz am
Zentralfriedhof vorbei. Ambros hätte es
lenriffe ist. nicht besser treffen können: „Am Zentral-
30.04.2011 friedhof ist‘ Stimmung, wia’s sei Lebtog
Frühlingssoiree der christlichen Liebe und Leidenschaft no net woar …“.
Wiener Neustädter Studenten-
verbindungen (uA mit BBN) Ragazzo Silvio hat es wahrlich nicht Im Grund genommen hat es in den letzten
leicht. Zum einen ist Schluss mit Bunga- 3 Monaten die Besten der Besten getrof-
10.05.2011 Bunga und zum anderen muss er dem Fall fen. Tyrannen, Macher, Entertainer. Der
Redaktionsschluss von Bruder Oberst zusehen, der dank sei- Österreicher per se gilt ja als lernfähig.
Couleur 2/2011 ner Öllieferungen auch zum geliebten Wann werden eigentlich die Kasperln am
Bruder Italiens wurde. Vermutlich richte- Ring auf die Idee kommen, einmal zu ge-
10.-13.06.2011 hen. Ach so, dazu muss man ja einmal ei-
te er auch seine Rede an sein geliebtes
69. Pennälertag des MKV Volk eher an die Italiener, als an seine nen ersten Schritt tun. Aber auf den war-
in Hartberg, Oststeiermark ten wir ja jetzt schon seit 2008.
Landsleute. Denn eines haben Silvio und
Weitere Termine: www.mkv.at Muammar ganz gewiss: Ganz viel Liebe
und Leidenschaft. MARTIN MEIXNER V/O ARMINIUS (BDB)

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