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Abfederung der finanziellen und
65 wirtschaftlichen Folgen
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Verlagerungen ins Ausland dienen den
45 Interessen der Unternehmen. Kleine und
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mittlere Unternehmen (KMU) können
dadurch ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern.
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Gewisse schweizerische Industriebtriebe hal-
15 ten Verlagerungen ins Ausland für ein Mittel,
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um an billigere und schwerer verfügbare
Arbeitskräfte zu kommen. Nach einer Viel-
80 000 60 000 40 000 20 000 20 000 40 000 60 000 80 000
zahl von privaten Initiativen seitens der
Anmerkung: Gemäss BFS ist das Referenzszenario das Szenario «Mittel», das die Quelle: BFS (2009, 2006a) / Die Volkswirtschaft
in den letzten Jahren beobachteten Entwicklungen fortschreibt und die nach Unternehmen und angesichts der Tatsache,
dem Inkrafttreten des bilateralen Abkommens zum freien Personenverkehr dass das Angebot von Ausbildungsplätzen
feststellbaren Tendenzen berücksichtigt.
sowie die Nachfrage danach in den nächsten
Kasten 1 Arbeitskräften kein prioritäres Instrument des Nordens ergeben. Tatsache ist, dass diese
zur Bekämpfung der Alterung zu sein. Die Programme erst am Anfang stehen und dass
Bibliografie
Projektionen des BFS setzen den Migrations- sie stellvertretend für eine neue Tendenz in
– Bonoli Giuliano (2007), Politiques sociale, saldo auf dem Niveau des Durchschnitts der der Migration nach Europa sind. Angesichts
Immigration et natalité: Pourrons-nous letzten zehn Jahre fest, d.h. bei 0,3%, was der demografischen Alterung in den Indus-
éviter le Krach démographique?, in: Chap- einer Einwanderung von 20 000 Personen trieländern bekräftigt die UNO, dass der Mi-
pelet Jean-Loup, Contributions à l’action
pro Jahr entspricht. Zum Vergleich: Projekti- gration als Ersatz fehlender Arbeitskräfte
publique, Lausanne, IDHEAP, S. 1–12.
– Direktion für Wirtschaftspolitik (2007), onen in Italien und Deutschland rechnen mit durch aussereuropäische Arbeitnehmende in
Outsourcing, Produktionsstruktur und einem jährlichen Bedarf an Einwanderern den nächsten Jahrzehnten eine positive und
Wertschöpfungsquote, in: Konjunkturten- von 6500 bzw. 6000 pro Mio. Einwohner, um entscheidende Rolle für die betroffenen Län-
denzen, Bern, SECO, Sommer.
– Djajic Slobodan (2008), Reforming the
den Bevölkerungsrückgang aufhalten zu der zukommt.
System of International Migration, können.6 Die schweizerischen Projektionen
Genève, The Graduate Institute of Inter scheinen vergleichsweise bescheiden.7 Man
national Relations and Development,. Fazit
fragt sich, ob diese Zahlen verschiedenen
– Oberson José (2008), Swiss-Indian Voca-
tional Education and Training Initiative –
Einflussgrössen – wie z.B. der Auswanderung Zahlreiche schweizerische Unternehmen
A Public-Private Partnership Project, – genügend Rechnung tragen und die zu- haben heute Mühe, geeignete Fachkräfte zu
Newsletter of the Swiss-Indian Chamber of künftigen Bedürfnisse des Arbeitsmarktes rekrutieren – ein Problem, das sich im Lauf
Commerce (SICC), November–Dezember, tatsächlich reflektieren. In jedem Fall gehen der nächsten Jahrzehnte noch verstärken
Zürich, S. 13–16.
– Fibbi Rosita (2008), Politique d’asile et die Prognosen aufgrund der ökonomischen wird. Eine Vielzahl von Massnahmen wurde
questions migratoires, in: Annuaire suisse Konvergenzen von einem Rückgang der stän- bereits gegen dieses Ungleichgewicht ergrif-
de politique de développement, Faits et digen ausländischen Wohnbevölkerung mit fen. Eines der schnellsten und wirksamsten
statistiques, Genf, Institut de hautes étu-
Herkunftsländern in der EU aus, während Gegenmittel ist, auf ausländische Arbeits-
des internationales et du développement,
Bd. 27, Nr. 1, S. 197–217). gemäss denselben Statistiken die Einwande- kräfte zurückzugreifen. Die schweizerische
– BFS (2006a), Szenarien zur Bevölkerungs- rung aus Drittländern gleich bleiben sollte. Wirtschaft ist sich dessen schon heute voll
entwicklung 2005–2050, Bundesamt für Der Rückgang von Arbeitskräften aus der EU bewusst. Die Behörden setzen hingegen vor
Statistik, Neuenburg.
wird demnach einen beträchtlichen Verlust allem auf das Ausschöpfen der Arbeitsbeteili-
– Bundesamt für Statistik (2006b), Bevölke-
rungswachstum und demografische Alte- an qualifizierten Arbeitskräften zur Folge ha- gung der Bevölkerung. Zudem ist das Zulas-
rung: ein Blick in die Zukunft. Hypothesen ben, wenn die Schweiz ihre restriktive Politik sungssystem für ausländische Arbeitskräfte
und Ergebnisse der Bevölkerungsszenarien gegenüber Fachkräften aus Nicht-EU-Län- nur ungenügend auf die Nachfrage nach
für die Schweiz 2005–2050, Neuenburg.
– BFS (2008), Bildungsperspektiven. Szena-
dern beibehält. Fachkräften ausgerichtet. Die demografische
rien 2008–2017 für die Sekundarstufe II, Langfristig dürften die Alterung der Be- Alterung in den Industrieländern wird die
Bundesamt für Statistik, Neuenburg,. völkerung in den Industrieländern, das ra- internationalen Migrationsströme gravie-
– UNO (2001), Replacement Migration: Is It sante Bevölkerungswachstum in den Ent- rend verstärken und verändern. Davon wird
a Solution to Declining and Ageing Popu
lations?, New York, Economic and Social
wicklungsländern und die fortschreitende auch die Schweiz nicht verschont bleiben.
Council (Ecosoc). Globalisierung eine beträchtliche Verstär- Ein Einwanderungssystem, das aussereuro-
– Sheldon George (2008), Die Rolle der Be- kung der internationalen Migrationsströme päische Fachkräfte ausschliesst, dürfte aus
rufsbildung in der Bekämpfung des Fach- bewirken. Verschiedene Industrieländer pro- diesen Gründen nur schwer zu halten sein.
kräftemangels, Schlussbericht zu einem
Auftrag des Bundesamtes für Berufsbil- fitieren bereits vom fast unerschöpflichen Zwar ist die Einwanderung weder die einzige
dung und Technologie (BBT) an die For- Reservoir an Arbeitskräften der Entwick- Lösung, noch ist sie als völlig problemlos zu
schungsstelle für Arbeitsmarkt- und Indus- lungsländer. So hat etwa Kanada bereits früh- betrachten. Das Ausmass des durch die de-
trieökonomik (FAI) der Universität Basel.
zeitig Verträge mit Ländern wie Mexiko oder mografische Alterung verstärkten Arbeits
– Sutherland James (2008), Programme des
travailleurs étrangers temporaires, Sémi- den Philippinen abgeschlossen und immer marktungleichgewichts könnte jedoch die
naire de recherche stratégique sur la mi- weiter ausgebaut, um der steigenden Nach- schweizerischen Behörden davon überzeu-
gration temporaire, Ottawa, Ressources frage nach Fachkräften zu begegnen. Die en- gen, neue Modelle in der Einwanderungs
humaines et Développement des com-
ge Zusammenarbeit mit den Herkunftslän- politik vorurteilsfrei zu prüfen. m
pétences Canada.
– Thom N., Moser R. et Egger M. (2008), dern garantiert, dass die Stakeholder ihre
Arbeitsfähigkeit und Integration älterer Verpflichtungen auch einhalten (Rückkehr
Arbeitskräfte in der Schweiz – Datenlage in die Herkunftsländer, Arbeitsbedingungen
und Implikationen, in: Die Volkswirtschaft
1/2, S. 67–70.
in den Gastländern etc.).8 Auch in Europa
greifen Länder wie Spanien oder Frankreich
immer mehr auf Arbeitskräfte aus Ländern
des Südens zurück, die sie den Bedürfnissen
ihrer Wirtschaft entsprechend ausbilden. Da-
mit können diese Länder auf effiziente Weise
die Befriedigung ihrer Nachfrage nach Ar-
6 Vgl. UNO (2001). beitskräften mit dem Kampf gegen illegale
7 Für das mittlere Szenario prognostizieren die Statistiken
einen Höchststand von 8,2 Mio. Personen im Jahr 2036
Einwanderung verbinden. Gewisse Kreise se-
und einen anschliessenden Bevölkerungsrückgang. Mit hen in diesen Praktiken eine Instrumentali-
dieser Bevölkerungszahl hätte die Schweiz also einen
Bedarf an 2400 Einwanderern pro Mio. Einwohner. Das
sierung der Entwicklungszusammenarbeit;
entspricht einem um den Faktor 2,7 tieferen Wert als andere betonen hingegen die neuen Ent
derjenige, der von der UNO für Italien berechnet wurde
(vgl. BFS 2006b, S. 7).
wicklungsperspektiven, welche sich daraus
8 Vgl. Djajic (2008), S. 12–13. sowohl für die Länder des Südens wie auch